126. B. Schott`s Söhne an Anton Schindler Mainz 12t Mai 1827

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Darstellende Kunst, Theater
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Brief 126

Quelle: Autograph, Beethoven-Haus Bonn (HCB Br 371). 1 2 3

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August Röckel (1783–1870), Tenor am Theater an der Wien, sang in der zweiten Fassung der Leonore 1806 den Florestan. Dies ist höchstwahrscheinlich eine Erfindung Schindlers. Beethoven war 1826 völlig taub und hatte mit Schindler zudem in dieser Zeit so gut wie keinen Kontakt. Es handelt sich vermutlich um dieselben drei Nummern, für die Moscheles in Schindlers Namen in London einen Verleger suchen sollte (siehe Brief 117). Schindler hatte sie zuvor bereits Schott angeboten (siehe Brief 128) und bot sie 1841 auch Breitkopf & Härtel zum Kauf an (die Briefe an Breitkopf & Härtel sind publiziert von Wilhelm Lütge, Anton Schindler. Briefe Schindlers über 3 Stücke aus der „Leonore“, Schottische usw. Lieder und die deutschen Texte zur C-Dur-Messe, in: Der Bär, Jahrbuch der Firma Breitkopf & Härtel auf das Jahr 1927, Leipzig 1927, S. 110–121, sowie ders., Beethovens Leonoren-Ouvertüre Nr. 2, in: ebenda, S. 147–158). Es handelt sich um das Duett von Leonore und Marzelline „Um in der Ehe froh zu leben“, Nr. 10 der ersten Fassung, das Terzett von Marzelline, Jaquino und Rocco „Ein Mann ist bald genommen“, Nr. 3 der ersten Fassung, sowie den Schluss des Finale I „Auf Euch will ich bauen“. Sie wurden jedoch anders als von Schindler behauptet erst 1814 aus der Oper gestrichen. Die einzige Nummer, die bei der Umarbeitung 1806 vollständig gestrichen wurde, ist die „Goldarie“ von Rocco, die in Schindlers Brief allerdings überhaupt nicht erwähnt wird. Zu den Details dieser angeblichen Änderungen, den damit verbundenen Missverständnissen und Auswirkungen auf die Beethoven-Biographik siehe Kap. 4.2, außerdem Helga Lühning, Vom Mythos der Ur-Leonore, in: Von der Leonore zum Fidelio, hrsg. von Helga Lühning und Wolfram Steinbeck, Frankfurt 2000, S. 41–64. Gegenüber Breitkopf & Härtel gab Schindler später an, die 3 Nummern nicht als Andenken, sondern „als Belohnung für eine außerordentliche Dienstleitung geschenkt“ bekommen zu haben. Vgl. Wilhelm Lütge, Anton Schindler (wie Anm. 3), S. 114. Schindlers Aussagen zu der „große[n] Arie mit Chor von Pizzaro“ entwickelten ein merkwürdiges Eigenleben: Röckel erzählte Ries, basierend auf Schindlers Schilderung, Beethoven habe die Nummer für den Bassisten Meyer durch eine andere ersetzt. Schindler schmückt diese Geschichte dann in der dritten Auflage der Beethoven-Biographie wiederum deutlich aus (vgl. Schindler 1860, Bd. 1, S. 131). Siehe Helga Lühning, Vom Mythos der Ur-Leonore, (wie Anm. 3), S. 58 f..

126. B. Schott’s Söhne an Anton Schindler Mainz 12t Mai 1827. Herrn Anton Schindler Kapellmeister in Wien Im angenehmen Besitz Ihrer werthen Zuschriften sind wir Ihnen besonders dankbar für die gütige Aufmerksamkeit uns die Begebenheiten aus des verblichenen Beethoven letzten Tagen umständlich mitgetheilt zu haben.1 Es hatte das größte Intereße für uns die letzten Aeußerungen eines so außerordentlichen Genie’s zu vernehmen, das obwohl zu frühe heimgegangen, dennoch der Mit- und Nachwelt unvergeßlich bleiben wird. Die Nachricht von deßen Hinscheiden verbreitete sich mit ungewöhnlicher Schnelle und machte bei allen Kunstfreunden den tiefsten Eindruck. Dem Herrn Hofrath Breuning haben wir nun unsere Verfügung über den bewußten Wein gegeben2 in so ferne solche angenommen werden kann: wir sagten

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ihm nemlich die Flaschen im Kreise von Beethoven’s Freunde zu leeren, indem wir auf den Wein, der von vorzüglicher Qualität ist keinen Anspruch machten. Die uns eingesandte Eigenthumserklärung haben wir richtig erhalten.3 Das Quartett in Cis moll ist in Arbeit und wird in ungefähr drey Wochen fertig werden. Sie haben ja die Meße von Beethoven mehrmalen dirigirt,4 könnten Sie uns die Metronomisirung davon, die der verewigte nicht mehr selbst ausführen konnte, besorgen?5 Durch eine gefällige Antwort hierüber würden Sie uns sehr verpflichten; in deren Gewärtigung verbleiben wir mit ausgezeichneter Hochachtung B Schott’s Söhne Quelle: Autograph, Beethoven-Haus Bonn (BH 213,257). 1

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Kurz nach Beethovens Tod, am 12. April 1827, schrieb Schindler einen Brief an Schott und übermittelte dem Verlag die Eigentumserklärung für das cis-Moll-Quartett op. 131. In diesem Brief schildert Schindler auch seine Eindrücke von den letzten Tagen in Beethovens Leben: „Beethoven sagte mir dann: ich bitte Sie nun noch um das, an Schott zu schreiben, und ihm das Dokument zu schicken. Er wird’s brauchen. Und schreiben Sie ihm in meinem Nahmen, denn ich bin zu schwach.“ BGA 2291. Gemeint ist Stephan von Breuning (siehe Brief 33, Anm. 7). Beethoven hatte Schott am 22. Februar um die Sendung eines „sehr guten, alten Rheinwein[es]“ zur Verbesserung seiner Gesundheit gebeten (BGA 2262), die Schott am 8. März erfüllte (BGA 2276). Siehe Anm. 1. Wie der Verlag zu dieser Annahme kommt, ist unklar. Möglicherweise ging man davon aus, dass Schindler in seiner Funktion als Konzertmeister am Kärntnertortheater, die er allerdings erst ab 1826 innehatte (zuvor war er am Josephstädter Theater angestellt gewesen) auch die dortige Akademie am 7. Mai 1824 leitete, bei der neben der Uraufführung der neunten Sinfonie auch die Sätze Kyrie, Credo und Agnus Dei der Missa solemnis aufgefürt wurden. Die Leitung der Akadmie hatten aber Umlauf und Schuppanzigh inne. Vgl. Shin Augustinus Kojima, Die Uraufführung der Neunten Symphonie Beethovens – einige neue Tatsachen, in: Bericht über den internationalen musikwissenschaftlichen Kongress Bayreuth 1981, hrsg. von Christoph H. Mahling und Sigrid Wiesmann, Kassel 1984, S. 392–393. Dass Schindler die Messe nicht selbt dirigiert hatte, zeigt auch die Aufzählung der vollständigen Aufführungen der Messe in seiner Beethoven-Biographie (Schindler 1860, Bd. 2, S. 85 ff.). Eine Aufführung unter seiner Leitung hätte Schindler in diesem Zusammenhang sicherlich nicht verschwiegen. Beethoven hatte Schott mehrfach Metronom-Angaben für die Messe op. 123 versprochen, dieses Versprechen aber nicht mehr erfüllt. Vgl. Kap. 2.4.

127. B. Schott’s Söhne an Anton Schindler Mainz 30t Juni 1827. Seiner Wohlgebohren dem Herrn Musikdirektor Anton Schindler Krugerstraße No 1014. 3t Stock in Wien. Ihr geehrter Brief vom 13t d überbringt uns wieder eine traurige Nachricht, daß Herr Hofrath v Breuning unserm Freunde Beethofen so schnell in die andere Welt nachgefolgt ist und dadurch vielleicht ein Unternehmen die Lebensbeschreibung des vorbesagten treulich zu liefern, unvollendet bleibet.1

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