2 Anatomisch-physiologische Grundlagen: Hormonsystem

January 13, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Gesundheitswissenschaften, Endokrinologie
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Anatomisch-physiologische Grundlagen: Hormonsystem

Pia, Olga und Tim sitzen in der Schulpause zusammen. Tim hat eine naturwissenschaftliche Zeitschrift dabei, für die er von seinem Onkel ein Abo geschenkt bekommen hat. „Hört euch das mal an“, sagt er, und liest vor: „Leonid Stadnik wurde in das Guiness-Buch der Rekorde aufgenommen. Der Mann hat ein Problem: Er kann nicht aufhören zu wachsen. Schuld daran ist vermutlich eine Gehirnoperation.“ „Wie groß ist er denn?“ will Olga wissen. „Aktuell ist er bei 2,57 Metern. Oje, der hat bestimmt eine Menge Probleme.“ Versuchen Sie sich den Zusammenhang zwischen einer Hirnoperation und verstärktem Wachstum zu erklären. Welche Hormone kennen Sie bereits?

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Hormone sind chemische Botenstoffe, die langsame Regulationsvorgänge im Körper steuern. Das Hormonsystem beeinflusst die biologischen Abläufe im Körper sowie die Empfindungen und das Verhalten eines Menschen. Leonid Stadnik

Hormone © regulieren die chemische Zusammensetzung des inneren Millieus eines Organismus, den Stoffwechsel und Energiehaushalt, © unterstützen den Körper bei Belastungssituationen, z. B. Infektionen, Stress, © fördern Wachstum und Entwicklung, © steuern die Fortpflanzung, z. B. Eizell- und Spermienbildung. Hormone werden von endokrinen Geweben abgegeben und mit dem Blut im Körper verteilt. Organe, an denen Hormone wirken, nennt man Erfolgsorgane. Sie haben spezifische Hormonrezeptoren (Schlüssel-Schloss-Prinzip). Die Hormonausschüttung wird über so genannte Releasing (auslösende) Hormone und Inhibiting (hemmende) Hormone gesteuert.

Jedes Hormon passt an spezielle Rezeptoren eines Erfolgsorgans

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Hormonsystem

Das Hormonsystem wird gebildet durch: © Hypothalamus und Hypophyse © Epiphyse © Schilddrüse © Thymus © Nebenschilddrüse © Nebennieren © Eierstöcke bzw. Hoden © viele endokrine Zellen, z. B. Langerhans-Insel-Zellen in der Bauchspeicheldrüse

Verteilung der Hormondrüsen im Körper

2.1

Hypothalamus

Der Hypothalamus ist die übergeordnete Hormondrüse und kann nervale Reize in hormonelle Botschaften umsetzen. Er produziert die Hormone Oxytocin und Adiuretin (ADH), die im Hypophysenhinterlappen gespeichert werden. Oxytocin ist u. a. verantwortlich für das Auslösen der Wehen vor der Geburt. Adiuretin, auch als antidiuretisches Hormon (ADH) bezeichnet, ist ein Hormon, das bei Wassermangel im Körper ausgeschüttet wird und auf das Nierengewebe einwirkt. 153

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Außerdem steuert der Hypothalamus die Hormonproduktion in den Körperdrüsen indirekt durch Releasing und Inhibiting Hormone. Diese Hormone bewirken in der Hypophyse das Ausschütten von Hormonen, die direkt an der Drüse wirken: © für die Schilddrüse: TRH (Thyreotropin Releasing Hormon) © Für die Nebennieren: CRH (Corticotropin Releasing Hormon) © für die Sexualorgane: Gn-RH (Releasing Hormon für FSH und LH aus der Hypophyse © Wachstumhormone: GH-RH (Growth Hormon Releasing Hormon) GH-IH (Somatostatin) © für die Milchdrüsen: PRL-RH (Prolaktin Releasing Hormon) PRL-IH (Prolaktin Inhibiting Hormon)

Alkohol verringert die Wirkung von Adiuretin

2.2

Hypophyse

Die Hypophyse liegt unterhalb des Hypothalamus (Hirnanhangdrüse) und wird in zwei Lappen aufgeteilt, 75 % der Hypophyse bilden den Hypophysenvorderlappen (HVL), 25 % bilden den Hypophysenhinterlappen. Die Hypophyse steuert die Funktion der anderen Hormondrüsen über die glandotrope (auf eine Drüse bezogen) und nicht glandotrope Hormone. Hormone der Hypophyse Hormon der Hypophyse

Funktion

TSH Thyreoidea stimulierendes Hormon

stimuliert die Hormone der Schilddrüse

ACTH Adrenocorticotropes Hormon

beeinflusst die Hormonbildung der Nebennierenrinde

FSH Follikel stimulierendes Hormon

stimuliert die Follikelreifung in den Eierstöcken fördert Bildung der Spermien

LH Luteinisierendes Hormon

stimuliert Eierstöcke und die Spermienentwicklung

Die Epiphyse (Zirbeldrüse) ist noch wenig erforscht. Sie liegt ebenfalls im Gehirn und bildet das Hormon Melatonin. Die Funktion des Melatonin ist noch nicht genau bekannt. Vermutlich steuert es den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers. 154

Hormonsystem

2.3

Schilddrüse

Die Schilddrüse liegt im Halsbereich, rechts und links vom Kehlkopf. Hormon der Schilddrüse und Nebenschilddrüse

Funktion

Thyroxin (Tetrajodthyronin T4)

– erhöhen die Aktivität des Nervensystems

Trijodthyronin (T3)

– fördern das Wachstum und die Reifung des Gehirns – steigern den Energieumsatz im Körper

Parathormon (Nebenschilddrüse)

erhöht den Kalziumspiegel im Blut, indem es körpereigene Reserven angreift

Calcitonin (Nebenschilddrüse)

senkt den Blutkalziumspiegel und hemmt den Knochenabbau durch Einlagerung von Kalzium

Es gibt einige nicht selten auftretende Krankheiten, die auf einer Fehlfunktion der Schilddrüse beruhen. Da die Hormone der Schilddrüse Jod benötigen, wirkt sich Jodmangel negativ auf die Funktion der Schilddrüse aus. Der geringe Hormonspiegel im Blut bewirkt, dass vermehrt TSH von der Hypophyse gebildet wird, was u. a. zu einem Wachstum der Schilddrüse führt (Struma). Eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) verursacht eine vermehrten Grundstoffwechsel, schnellen Herzschlag, Gewichtsabnahme. Eine Hypothyreose bewirkt einen sehr geringen Grundumsatz mit einer geringen Leistungsfähigkeit, Gewichtszunahme und teigiger Haut (Myxödem). 155

Erkrankungen der Schilddrüse Band 3, C 4.4 Medikamentöse Therapie von Schilddrüsenerkrankungen Band 4, D 6.2

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2.4

Thymus

Der Thymus liegt im Brustkorb über dem Herzbeutel. Er ist nur bei Kindern und Jugendlichen voll ausgebildet. Dann produziert er das Hormon Thymosin oder Thymopoetin zur Reifung der Immunzellen. Beim Erwachsenen ist er inaktiv.

2.5

Nebennieren

Anatomisch sitzen die Nebennieren wie Mützen auf den Nieren. Man unterteilt diese kleinen Organe noch in Nebennierenrinde und Nebennierenmark, da beide Strukturen sehr unterschiedliche Hormone produzieren. Hormon der Nebennierenrinde

Funktion

Glukokortikoide (Cortison)

– wirkt entzündungshemmend

Aldosteron

– fördert die Rückresorption von Natrium in der Niere – verursacht Durstgefühl

Sexualhormone (Androgene)

– beeinflussen und entwickeln der männlichen Geschlechtsorgane

Hormone des Nebennierenmarks

Funktion

Adrenalin/Noradrenalin

– erhöhen den Blutzuckerspiegel (Abbau von Glykogen) – steigern den Grundstoffwechsel als „Stresshormon“; werden bei Stress ausgeschüttet (erhöhter Herzschlag, weite Bronchiolen usw.; siehe Sympathikus)

Höchstleistungen mit Adrenalin

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Hormonsystem

2.6

Hoden

Die Hoden sind die Keimdrüsen beim Mann. Sie produzieren die männlichen Geschlechtshormone (Androgene), von denen das wichtigste das Testosteron ist. Testosteron ist verantwortlich für die Ausprägung der männlichen Geschlechtsmerkmale und fördert das Wachstum der Muskulatur.

2.7

Eierstöcke

Die fruchtbare Phase einer Frau beginnt mit der Pubertät und hält in der Regel 40 Jahre an. Jeden Monat, im Durchschnitt dauert der Zyklus von Eisprung und Regelblutung 28 Tage, bereitet sich ihr Körper auf eine Schwangerschaft vor. Ausgelöst und gesteuert wird dieser Vorgang von den Sexualhormonen Östrogen und Progesteron (Gelbkörperhormon), die jeweils in den Eierstöcken bzw. Letzteres vorwiegend im Gelbkörper und im Mutterkuchen (Plazenta) produziert wird. Weiterhin spielen zwei Hormone der Hypophyse eine entscheidene Rolle: FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon). Der weibliche Zyklus wird in mehrere Phasen eingeteilt, deren Ablauf von dem jeweiligen Zustand der Gebärmutterschleimhaut abhängig ist. Für eine genaue Beschreibung des Zyklus können vier Phasen unterschieden werden: © Menstruationsphase (Blutungsphase) © Proliferationsphase (Aufbauphase) © Sekretionsphase (Gelbkörperphase) © Ischämiephase (Sauerstoffmangelphase) Menstruationsphase

Proliferationsphase

Sekretionsphase

Ischämiephase

1. bis 7. Tag

5. bis 14. Tag

15. bis 28. Tag

Ende des Zyklus

Mit dem ersten Tag der Menstruation beginnt der Zyklus. Die oberste Schicht der Gebärmutterschleimhaut (Funktionalis) löst sich und vermischt sich mit Blut, das wiederum mit Unterstützung der Gebärmuttermuskulatur ausgeschieden wird.

Unter dem Einfluss von Östrogenen, die das Follikel im Eierstock ausschüttet, wird die Funktionalis der Gebärmutterschleimhaut wieder aufgebaut. Übersteigt die Konzentration von Östrogen im Blut ein bestimmtes Maß, beginnt die Hypophyse mit der vermehrten Ausschüttung von LH, welches wiederum den Eisprung auslöst.

Nach dem Eisprung gibt der Gelbkörper Progesteron ab, was die Drüsen der Gebärmutterschleimhaut zu einer vermehrten Produktion von Sekret anregt. So kann in die Gebärmutterschleimhaut vermehrt Glykogen (Speicherform von Glukose) eingelagert werden, zur Ernährung eines möglichen Embryos in den ersten Wochen.

Bei ausbleibender Schwangerschaft stellt der Gelbkörper die Produktion von Progesteron ein. Die Arterien der Gebärmutter verengen sich und es entsteht ein Sauerstoffmangel (Ischämie), der wiederum zum Absterben der Funktionalis führt.

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Geschlechtsorgane Band 2, B 1.4

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2.8

Hormone produzierende Zellen

Im gesamten Körper befinden sich einzelne Zellen, die Hormone produzieren. Am bekanntesten sind die Zellen, die sich im Verdauungstrakt befinden und den Verdauungsprozess beeinflussen. Dazu gehören die Zellen der Bauchspeicheldrüse, z. B. die Langerhans-Inseln. Bei der Beschreibung der Funktion dieser Hormone muss man beachten, dass viele von ihnen ihre Wirkung nur im Zusammenspiel mit anderen Molekülen erreichen. Einige dieser Stoffe, z. B. Serotonin, wirken im Gewebe als Hormon und gleichzeitig im Nervensystem als Neurotransmitter. 158

Hormonsystem

Hormone produzierende Zellen und ihre Funktion Zellen

Hormon

ausgewählte Funktionen

ß-Zellen (Langerhans-Inseln) der Bauchspeicheldrüse

Insulin

senkt Blutzuckerspiegel

-Zellen

Glukagon

erhöht den Blutzuckerspiegel

-Zellen

Somatostatin

hemmt Ausschüttung von Insulin und Glukagon

-Zellen

Gastrin

fördert die Magensäurebildung

Zellen der Dünndarmschleimhaut

CholezystokininPankreozymin

fördert Peristaltik; Gallenblasenmuskulatur

Zellen der Dünndarmschleimhaut

Sekretin

hemmt Gastrin; stimuliert Insulin

Zellen der Darmschleimhaut

Serotonin

fördert Darmperistaltik

Zellen des Nierengewebes

Renin

wirkt regulierend bei Blutdruckabfall

Leberzellen

Angiotensin

blutdruckregulierend gefäßverengend; wird aktiviert durch Renin

Nervenzellen

Histamin

vielfältige Funktionen; u. a. Jucken und Schmerz bei Entzündungen (wichtig bei Allergien)

Zellen aller Gewebe

Prostaglandin

sehr vielfältig; u. a. Gefäßkontraktion, auslösen von Wehen

1 Nennen Sie mindestens vier Organe, die Hormone produzieren. 2 Erklären Sie die Funktion der Hypophyse. 3 Nennen Sie Hormone, die von der Schilddrüse produziert werden. Wie werden sie beeinflusst? 4 Nennen Sie hormonproduzierende Zellen und deren Funktion. 5 Nennen Sie das Hormon, das auch als „Stresshormon“ bezeichnet wird. Erklären Sie seine Bedeutung für den menschlichen Körper. 6 Erläutern Sie in einen Regelkreis der Hormone am Beispiel der Schilddrüse. Zeichnen Sie einen Zeitstrahl über einen Monat. Tragen Sie anschließend die Phasen des weiblichen Zyklus ein (Beginn der Blutung, möglicher Zeitpunkt der Ovulation, erneuter Beginn der Blutung). Zeichnen Sie anschließend die ungefähre Verteilung der Hormone Östrogen und Progesteron ein.

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