2016-04-05 Selbstmedikation beim Haustier Ausdruck

January 24, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Biologie, Zoologie
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Prof. Dr. med. vet. Melanie Hamann Fachtierärztin für Pharmakologie und Toxikologie Institut für Pharmakologie und Toxikologie Fachbereich Veterinärmedizin

Selbstmedikation beim Haustier – Möglichkeiten und Grenzen

Selbstmedikation beim Tier? Ursachen von Vergiftungen beim Hund Curti et al. 2009, Schweiz. Arch. Tierheilk. 151(6):265-273 26% der Vergiftungen beim Hund durch Humanarzneimittel: Präparate für Hunde ungeeignet Falsche Anwendung/Überdosierung

Ursachen von Vergiftungen bei der Katze Curti et al. 2009, Schweiz. Arch. Tierheilk. 151(6):265-273 14% der Vergiftungen bei der Katze durch Humanarzneimittel: Präparate für Katzen ungeeignet Falsche Anwendung/Überdosierung

32% der Vergiftungen bei der Katze durch Humanarzneimittel: Präparate für Katzen ungeeignet (Antiparasitika!!!) Falsche Anwendung/Überdosierung 2

Selbstmedikation beim Tier? Hinterfragen der „Diagnose“ des Tierbesitzers • • • •

Tierart? Rasse? Alter des Tieres? Impfstatus? Symptome, Dauer, Intensität usw.? Bestehen weiterer Erkrankungen? Anwendung weiterer Arzneimittel? …

Selbstmedikation

Selbstmedikation

Ja

Nein

Auswahl des richtigen Präparates

Verweis an einen Tierarzt

Hinweis zur richtigen Dosierung Anwendungshinweise

Hinweis über Rücksprache mit Tierarzt nach X Tagen erfolgloser Behandlung bzw. mit Apotheke/Tierarzt bei UAW

3

Selbstmedikation: Rechtliche Vorgaben Verkehrsstatus: Tierarzneimittel und Humanarzneimittel verschreibungspflichtig (und apothekenpflichtig): § 48 AMG – VO über die Verschreibungspflicht… (AMVV) apothekenpflichtig (nicht verschreibungspflichtig): §§ 43, 44, 45 AMG – VO über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel

~ 90% apothekenpflichtig! spielen im Rahmen der Selbstmedikation eine Rolle

freiverkäuflich: Abgabe z.B. auch über Zoofachgeschäfte

4

Selbstmedikation: Rechtliche Vorgaben Vorgaben für den Tierhalter: Unterscheidung von Tieren in zwei Kategorien Lebensmittelliefernd

Nicht Lebensmittelliefernd

Erwerb und Anwendung apothekenpflichtiger AM:

Erwerb und Anwendung apothekenpflichtiger AM:



Nur Stoffe aus Tab. 1 der VO (EU) 37/2010 bzw. bei Equiden zusätzlich aus der sog. „Positivliste“



(Fast) alle Arzneimittel für Lebensmittelliefernde Tiere unterliegen der Verschreibungspflicht: Selbstmedikation entfällt (§ 57 a AMG)



Wenige „nur“ apothekenpflichtige Ausnahmen: Halter von lebensmittelliefernden Tieren darf nicht „umwidmen“ (§ 58 Abs. 1 AMG) und muss Nachweise über Erwerb und Anwendung führen! ⇒

Pferdehalter haben häufig keine Kenntnisse darüber!

⇒ Verstoß gegen § 58 AMG: Straftat!!!



Keine Anwendung verschreibungspflichtiger AM ohne tierärztliche Verschreibung (§ 57a AMG) und damit auch kein Bezug aus der Apotheke



Bezug apothekenpflichtiger AM durch den Tierhalter nur in der Apotheke oder beim Tierarzt (§ 57 AMG)



„Umwidmung“ eigentlich Tierarzt vorbehalten (§ 56a Abs. 2 AMG) , aber „Umwidmungsverbot“ für Tierhalter (§ 58 Abs. 1 AMG) bezieht sich nur auf Lebensmittel-liefernde Tiere (alles, was nicht explizit verboten ist, ist erlaubt???)



Tierhalter muss keine Nachweise über Erwerb und Anwendung führen

5

Selbstmedikation: Rechtliche Vorgaben Vorgaben für die Apotheke bei der Abgabe apothekenpflichtiger (nicht verschreibungspflichtiger) AM für Tiere: •

Vorschriften des § 20 ApBetrO müssen beachtet werden!



Abgabe von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln bzw. Tierhomöopathika im Rahmen der Zulassung/Registrierung unproblematisch, Dokumentation nicht erforderlich



Abgabe von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln/-homöopathika für andere als in der Zulassung/Registrierung vorgesehene Tierarten sowie von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln/-homöopathika: 1. für Nicht Lebensmittel-liefernde Tiere (Hund, Katze, Hamster,…): formalrechtlich erlaubt aber sachgerechte Beratung gemäß § 20 ApBetrO??? fachliche Absicherung durch Tierarzt daher dringend zu empfehlen im Schadensfall könnte ggf. Fehlberatung/Verstoß gegen § 20 ApBetrO geltend gemacht werden 2. für Lebensmittel-liefernde Tiere (Schlachtpferd, Rind, Schwein,…): Tierhalter begeht Straftat (Verstoß gegen § 58 AMG) daher Abgabe verweigern (§ 17 Abs. 8 ApBetrO) 6

Weitere Kriterien zur Auswahl des Arzneimittels Pharmakologisch-toxikologische Auswahl-Kriterien: •

Wirkungen



Unerwünschte Wirkungen



Kontraindikationen

Tierartliche Besonderheiten!

Berücksichtigung von: • •

Alter des Patienten Trächtigkeit



Weitere Erkrankungen/Arzneimittelgaben

7

Weitere Kriterien zur Auswahl des Arzneimittels Arzneimittelformulierung als Auswahl-Kriterium: Geeignete Formulierungen für Tiere: •

Tabletten



Tropfen



Säfte/Sirupe



ggf. Suppositorien



Spezielle Formulierungen für Tiere (z.B. neben den oben genannten auch Kapseln, Dragees, Spot on-Präparate bzw. oral einzugebende Pasten)

Bedingt geeignete Formulierungen für Tiere •

Topische Anwendung von Salben/Cremes (je nach Lokalisation: Ablecken)

Nicht geeignete Formulierungen für Tiere •

Humanmedizinische (nicht teilbare) Kapseln, Dragees und Suppositorien (Dosierung für Tiere?) Es kann nie ausgeschlossen werden, dass pharmakokinetische/pharmakodynamische Parameter bei Tieren völlig anders sind als beim Menschen! 8

Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis Die Dosis von (fast) jedem humanmedizinischem Präparat ist auf einen Erwachsenen mit einem Körpergewicht (KGW) von 65 kg ausgelegt.

Einfachste Möglichkeit der Umrechnung: Dosis der Packungsbeilage x KGW des Tieres = Dosis/Tier 65 kg

Probleme bei dieser Umrechnung: körpergewichtsabhängige Unterschiede • in der Stoffwechselaktivität • in der Größe der Verteilungsräume Unterdosierung bei Kleintieren, Überdosierung bei Großtieren

9

Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis Möglichkeit 1: Dosisermittlung über die Körperoberfläche

Ermittlung der Körperoberfläche für ein bestimmtes Körpergewicht nach der Formel von Lowe: 3 Oberfläche [m²] = √0,1 x Körpergewicht [kg]²

Umrechnung einer bekannten Humandosis von mg/kg in mg/m²: Körperoberfläche eines Erwachsenen (65 kg) = 1,62 m² 65 kg = 40 kg/m² ⇒ Umrechnungsfaktor: 40 1,62 m²

Ermittlung der Gesamtdosis für ein beliebiges (Tier-)Körpergewicht aus der Dosis/m²: Oberfläche Tier [m²] x Humandosis [mg/kg] x 40 [kg/m²] = Dosis/Tier Findet auch Anwendung in der Pädiatrie und ist bis zu einem Körpergewicht von 100 kg möglich! 10

Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis Möglichkeit 2: Dosisermittlung über das metabolische Körpergewicht

Ermittlung des metabolischen Körpergewichtes für Körpergewicht: Metabolisches Körpergewicht [kg] = Körpergewicht0,75 [kg]

ein

bestimmtes

Umrechnung einer bekannten Humandosis von mg/kg in mg/kg metab. KGW: Metabolisches Körpergewicht eines Erwachsenen (65 kg) = 650,75 kg = 22,9 kg 65 kg = 2,84 ⇒ Umrechnungsfaktor: 2,84 22,9 kg

Ermittlung der Gesamtdosis für ein beliebiges (Tier-)Körpergewicht aus dem metabolischen Körpergewicht: Metab. Körpergewicht [kg] x Humandosis [mg/kg] x 2,84 = Dosis/Tier Auch für Körpergewichte >100 kg anwendbar!

11

Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis Körpergewicht [kg]

Körperoberfläche [m²]

Metab. Körpergewicht [kg

0,5

0,06

0,59

1

0,1

1

2

0,16

1,7

5

0,29

3,3

10

0,46

5,6

15

0,61

7,6

20

0,74

9,5

30

0,97

12,8

40

1,17

15,9

50

1,36

18,8

100

2,15

31,6

200

53,2

300

72,1

400

89,4

500

105,7

700

136,1

Erwachsener (65 kg)

1,62

22,9

Umrechnungsfaktor

40

2,84

0,75]

12

Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis Gewichtsbeispiele: A. • • • • • •

Hunde: Chihuahua: 0,5 – 3 kg Jack Russel Terrier: 5-6 kg Dackel: 7-10 kg Beagle: 10-18 kg Labrador/Golden Retriever/Schäferhund: 25-40 kg Bernhardiner/Neufundländer: 60-80 kg

B. Katzen: • Britisch Kurzhaar („normale“ Hauskatze): 3-4 kg • Maine Coon: 6-8 kg C. • • •

Kaninchen: Zwergkaninchen: < 2 kg Kleine – mittelgroße Rassen: 2-5 kg Große Rassen: 5-8 kg

D. Meerschweinchen: 700-1500 g E. Hamster: • Zwerghamster: 30 – 80 g • Goldhamster: 85-200 g 13

Dosierung: Homöopathika Richtwerte zur Dosierung: Dilution

Globuli

Kleinnager

1-2 Tropfen

1-2 Globuli

1/8-1/4 Tab.

30-60 mg

0,2 – 0,4 ml

Vögel (mit Trinkwasser)

1-2 Tropfen

1-2 Globuli

1/8-1/4 Tab.

30-60 mg

0,2 – 0,4 ml

Katze/ Hund klein

3-5 Tropfen

3-5 Globuli

1/2 Tab.

125 mg

0,5 ml

5 Tropfen

5 Globuli

1 Tab.

250 mg

1 ml

5-8 Tropfen

8 Globuli

2 Tab.

300 mg

2 ml

Hund mittel Hund groß

Tablette

Trituration

Injektion

Richtwerte zur Potenz/Anwendungshäufigkeit: Akute Erkrankungen:

Potenzen bis D12, 2-4 x tgl.

Chronische Erkrankungen:

Potenzen ab D30, 1-2 x tgl. bis 1 x wöchentlich)

14

Anwendung: Wie kommt die Tablette in den Hund…

Tablette auf den Zungengrund ins geöffnete Maul – Abschlucken kontrollieren!

Leberwurst

Schokolade

„Pilleneingeber“ für Tiere

„Frolic“

15

Lösungsvorschläge für Katzen

„Spot-onPräparate“

„Pilleneingeber“ für Tiere

Leberwurst

„Nutrical“

16

Symptomkomplex „Erkältung“

17

Symptomkomplex „Erkältung“: Selbstmedikation? ACHTUNG!!! Neben schwerwiegenden Infektionskrankheiten (Impfstatus!) gibt es folgende Möglichkeiten, die sich hinter dem Symptom „Erkältung“ bei Hund und Katze verbergen können: • Hinter einem vermeintlich „harmlosen“ Husten verbirgt sich gerade bei älteren Hunden > 8 Jahren in der Vielzahl der Fälle eine nicht kompensierte Herzinsuffizienz!!! Rasseprädisposition hier v.a. Dackel und Pudel! • Husten bei Hund Herzwurmbefall?

und

Katze:

massiver

Bandwurm-

bzw.

• Häufiges Niesen (v.a. in Verbindung mit einseitigem Nasenausfluss) bei Tieren: Fremdkörper (z.B. Grannen, Mücken, usw.) in der Nase? Fazit: Die Entscheidung zur Selbstmedikation ist bei „Erkältungen“ von Hund und Katze immer extrem schwierig - Tierarzt!!! 18

Symptomkomplex „Erkältung“: Selbstmedikation? Ja – wenn überhaupt

Nein

Adultes Tier

Welpe, altes Tier (Hunde!)

regelmäßig geimpft und entwurmt

ohne Impfungen/Entwurmungen

Dauer ≤ 2 Tage

Dauer ≥ 3 Tage

mäßig erhöhte Temperatur

hohes Fieber oder kein Fieber

„Erkältung“ steht im Zusammenhang mit eindeutig identifizierbaren auslösenden Faktoren: Bad im kalten See, Zugluft wegen Autofahrt bei heruntergelassener Scheibe

Nasen-/Augenausfluss eitrig und/oder einseitig bzw. Auswurf des Hustens eitrig sehr häufiges Niesen

19

Symptomkomplex „Erkältung“: Auswahl

• Pharmaka mit Wirkung auf den Respirationstrakt: • Antitussiva • Expektorantien: Mukolytika/Sekretolytika/Sekretomotorika • Rhinologika

• Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID)

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Symptomkomplex „Erkältung“: Auswahl

• Pharmaka mit Wirkung auf den Respirationstrakt: • Antitussiva • Expektorantien: Mukolytika/Sekretolytika/Sekretomotorika • Rhinologika

• Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID)

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Dosierung: Antitussiva

Dosierungsempfehlungen Dextrometorphan: •

Hund: 3 x tgl. 1-2 mg/kg



Katze: 3 x tgl. 2-4 mg/kg

„Wick Hustensirup“

Dosierungsempfehlungen Pentoxyverin: •

Keine (ggf. Umrechnung der Humandosis möglich, aber besser auf Wirkstoffe mit Dosierungsempfehlung für Tiere zurückgreifen)

„Silomat Saft“

„Sedotussin Hustenstiller Saft“

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Anwendungshinweise: Antitussiva

Einsatz nur für kurze Zeit (wenn innerhalb von 2 Tagen keine Besserung eintritt, Besuch beim Tierarzt zwingend erforderlich)! Auf mögliche Nebenwirkungen hinweisen (kann auch als Hinweis auf eine mögliche Überdosierung gewertet werden)!

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Auswahl: Expektorantien - Mukolytika N-Acetylcystein Dosierungsempfehlungen: •

Hund: 3 x tgl. 3 mg/kg, Katze?

Achtung Recht! • Laut Arzneimittelverschreibungsverordnung ist Acetylcystein nur von der Verschreibungspflicht ausgenommen zur oralen Anwendung bei akuten Erkältungskrankheiten bei Menschen • unterliegt damit bei Tieren immer der Verschreibungspflicht • demnach greift § 57a AMG: keine Anwendung verschreibungspflichtiger AM ohne tierärztliche Verschreibung!

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Auswahl: Expektorantien - Sekretolytika

Bromhexin (Bisolvon®, Bromhexin Krewel Meuselbach®…) Ambroxol (Mucosolvan®, Ambroxol AL®, Ambroxol Heumann®…) • Bromhexin (Ambroxol ist dessen aktiver Metabolit) ist ein Alkaloid aus einer

in der Ayurveda-Medizin verwendeten Heilpflanze (Adhatoda visica) • Dosierungsempfehlungen:

Bromhexin: Hund und Katze 1 mg/kg oral Ambroxol: Anwendung unsicher wegen fehlender klinischer Erfahrungen

Wasser • Dehydratation führt zur Produktion eines zähen Bronchialschleims

• Anwenderhinweis: vermehrte orale Wasseraufnahme (unter Umständen mit Spritze ins Maul, Trinkwassermenge Hund/Katze: 50-60 ml/kg/Tag)

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Auswahl: Expektorantien - Sekretomotorika Guaifenisin •

Präparat: • Wick Hustenlöser Sirup® (als Kombinationspräparat)



Dosierungsempfehlung: • Zur Hustenbehandlung: keine • wird in der Veterinärmedizin hauptsächlich als

zentrales Muskelrelaxanz zur Narkoseprämedikation verwendet!

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Auswahl: Expektorantien - Sekretomotorika Pflanzliche Extrakte/Ätherische Öle (Bronchicum®, Tussamag®, Prospan®, Wick Vaporup®, Bronchipret®) • Glycyrrhizin (Süßholzwurzel-Extrakt), Aucubin (Spitzwegerichkraut),

Saponine (Primelwurzel), Flavonglykoside (Schachtelhalmkraut),… • Menthol, Myrtol, Thymol, Anisöl, Eukalyptusöl, Campher, Terpentinöl,

Latschenkiefernöl, …: nicht bei Katzen anwenden!!! • Anwendung: oral, inhalativ, perkutan • UAW: Jungtiere und Katzen: Überempfindlichkeitsreaktionen,

Bronchospasmus (!), v.a. ätherische Öle • Dosierungsempfehlung: nur Umrechnung Humandosis möglich (s. oben)

Latschenkiefer

Menthol

Thymol

Anis

Eukalyptus

Terpentinöl aus Harz

Campher

27

Auswahl: Rhinologika Imidazolin-Derivate: Wirkstoff-/Präparateauswahl: •

Oxymetazolin (z.B. Nasivin®, Wick Sinex®, …)



Tramazolin (z.B. Rhinospray®, Ellatun N®, …)



Xylometazolin (z.B. Nasic®, Olynth®, …)



Naphazolin (Rhinex Nasenspray®)

Dosierungsempfehlungen: •

Keine (schwierig!), allerdings kaum Resorption, daher selten Vergiftungen



wenn überhaupt: Säuglings-/Kinderpräparate

UAW: •

Vorsicht bei Welpen (die ja eigentlich sowieso nicht in Selbstmedikation behandelt werden sollten): Gefahr zentraler Wirkungen mit Atemstörungen!



Reaktive Hyperämie der Nasenschleimhäute mit verstärkter Schwellung



Nasenschleimhaut-Atrophie durch Sauerstoffmangel (Vasokonstriktion!)

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Auswahl: Rhinologika Phytotherapeutika: Sinupret® •

Wirkstoffe: Enzianwurzel-Extrakt, Sauerampfer-Extrakt, HolunderblütenExtrakt, Primelblüten-Extrakt, Eisenkraut-Extrakt



Erfahrungen bei Tieren??? Daher keine Dosierungsempfehlung, wenn überhaupt Umrechnung der Humandosis

Gelomyrtol® bzw. Soledum® •

Wirkstoffe: Ammonii glycyrrhizas, Myrtol, Cineol



Erfahrungen bei Tieren??? Keine Dosisempfehlung



Aufgrund von ungeeigneter Formulierung (unteilbare Kapseln) nur bedingt geeignet zur Therapie von Tieren

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NSAID: Selbstmedikation?

Grundsätzlich:

JAIN!

Wirkstoffe, die für den Menschen relativ gut verträglich sind, können bei Tieren zu schweren Vergiftungen führen!!! Selbst nach Verabreichung von Präparaten, die speziell für Hund und Katze zugelassen sind, kommt es vereinzelt zu lebensbedrohlichen Magen-Darm-Blutungen!!! Katze: •

nur sehr beschränkte Glucuronidierungsfähigkeit



verlangsamter Metabolismus/verlangsamte Ausscheidung Acetylsalicylsäure und Paracetamol): Gefahr der Kumulation!



ab 2 × täglich 25 mg/kg ASS bzw.: toxische Akkumulation des Wirkstoffes: Todesfälle möglich!



Paracetamol-Vergiftung wurde in einer amerikanischen Studie als vierthäufigste Intoxikation der Katze beschrieben (orale letale Dosis von Paracetamol 50 mg/kg)!

(v.a.

30

NSAID: Selbstmedikation? Hund: •

stark ausgeprägter Kumulation

enterohepatischer

Kreislauf:

Gefahr

der



Diclofenac: schwere Magen-Darm-Läsionen und –Blutungen bis hin zu Todesfällen nach Gabe der für Menschen empfohlenen Dosis von 3 mg/kg



Ibuprofen: bereits unterhalb der therapeutisch erforderlichen Dosis (10 mg/kg/Tag) kommt es zu gastrointestinalen Reizungen und Blutungen

Symptome einer Überdosierung/Vergiftung bei Hund und Katze: •

Appetitlosigkeit, Depression, Polydipsie (Nierenfunktion!), Erbrechen



Hypothermie oder Fieber



Ataxie, Inkoordination, Krämpfe



Schock und Koma nach Schleimhautperforationen



… Grundsätzlich auf den Einsatz humanmedizinischer NSAID bei Tieren verzichten! 31

Was dann gegen Fieber und Schmerzen, wenn nicht NSAID? Bei „Erkältungen“ schwierig, unterstützend evtl.: Homöopathika: Aconitum D6-D12 Belladonna D6-D12 Exkurs: Bei schmerzhaften Zuständen des Bewegungsapparates zur Unterstützung z.B.: Fortiflex® (Chondroitinsulfat, Chitosan, Grüntee-Extrakt)

Canosan® (Grünlippmuschelextrakt)

32

Symptomkomplex „Erbrechen/Diarrhoe“

33

Antiemetika: Selbstmedikation? Ja

Nein

Adultes Tier ohne weitere Erkrankungen

Welpe, altes Tier (Katzen!), Tier mit bekannten Erkrankungen

regelmäßig geimpft und entwurmt

ohne Impfungen/Entwurmungen

Dauer ≤ 1-2 Tage

Dauer ≥ 2 Tage

als Prävention (Reisekrankheit)

Blutbeimengungen Fremdkörper verschluckt? gleichzeitig schwere Diarrhoe gleichzeitig starke Abgeschlagenheit (v.a. Katze) (hohes) Fieber …

34

Auswahl: Antiemetika In der Veterinärmedizin eingesetzte Antiemetika: • H1-Antihistaminika • Dopamin-D2-Antagonisten • Neuroleptika (H1-Antihistaminika und D2-Antagonisten) • 5-HT3-Antagonisten • Neurokinin (NK)1-Antagonisten • Anticholinergika (M1/M2-Antagonisten)

35

Auswahl: Antiemetika Tierarzt (verschreibungspflichtige Präparate): • H1-Antihistaminika • Dopamin-D2-Antagonisten • Neuroleptika (H1-Antihistaminika und D2-Antagonisten) • 5-HT3-Antagonisten • Neurokinin (NK)1-Antagonisten • Anticholinergika (M1/M2-Antagonisten)

36

Auswahl: Antiemetika Selbstmedikation: • H1-Antihistaminika • Dopamin-D2-Antagonisten: V • Neuroleptika (H1-Antihistaminika und D2-Antagonisten): V • 5-HT3-Antagonisten: V • Neurokinin (NK)1-Antagonisten: V • Anticholinergika (M1/M2-Antagonisten): V • Karminativa V = verschreibungspflichtig 37

Auswahl: Antiemetika H1-Antihistaminika Indikationen: Erbrechen, Prävention der Reisekrankheit!

Wirkstoff

Präpatebeispiel

Dosis (mg/kg) Hund/Katze

Wirkungsdauer (h)

Dimenhydrinat

Vomex A® Vomacur®

4-8/10-12

<

8

Diphenhydramin

Emesan®

2-4

<

8

38

Auswahl: Antiemetika Karminativa •

ätherische Öle: Anis, Fenchel, Kümmel, Koriander, Pfefferminzblätter, Kamillenblüten



Präparatebeispiel: Iberogast®



Dosierungsempfehlung: Keine ⇒ ggf. Umrechnung der Humandosis (Achtung: enthält 31 Vol.-% Alkohol!)

39

Antidiarrhoika: Selbstmedikation? Ja

Nein

Adultes Tier

Welpe, altes Tier

regelmäßig geimpft und entwurmt

ohne Impfungen/Entwurmungen

Dauer ≤ 1-2 Tage

Dauer ≥ 2 Tage

mäßiger Durchfall

Blutbeimengungen gleichzeitiges Vorliegen von Juckreiz (Nahrungsmittelallergie? Stoffwechselerkrankung?) gleichzeitig starkes Erbrechen (hohes) Fieber …

40

Auswahl: Antidiarrhoika – orale Rehydratation Orale Rehydratation Mittel der Wahl zur Behandlung unspezifischer Durchfälle bei Tieren! Dosierung: •

am besten auf das Veterinär-Präparat zurückgreifen („Rehydration Support“)



oder das Humanpräparat („Oralpädon“) wie in der Packungsbeilage angegeben ansetzen und dem Tier die entsprechende Menge der isotonen Lösung verabreichen

Anhaltspunkt Flüssigkeitsaufnahme/-ersatz: Normale Trinkwassermenge Hund/Katze im Durchschnitt: 50-70 ml/kg/Tag (Tiere < 10 kg: 70-130 ml/kg/Tag, Tiere > 40 kg: 30-45 ml/ kg/Tag)

41

Auswahl: Antidiarrhoika - Loperamid Loperamid-Präparate – Eine gute (2.) Wahl!.... Aber nicht für alle Hunderassen geeignet!!!

Blutgefäß

Blut-Hirn-Schranke

42

Auswahl: Antidiarrhoika - Loperamid Loperamid-Präparate – Eine gute (2.) Wahl!.... Aber nicht für alle Hunderassen geeignet!!!

MDR1-Gendefekt

Blutgefäß

43

Auswahl: Antidiarrhoika - Loperamid Hunderassen mit einem MDR1-Gendefekt, für die Loperamid als Antidiarrhoikum ungeeignet ist (auch Mischlinge!):

Collie

McNab

Silken Woundhound

Longhaired Whippet

Wäller

Old English Sheepdog (Bobtail)

Australian Shepherd

Weißer Schäferhund

English Shepherd

Shetland Sheepdog

Border Collie

Deutscher Schäferhund

44

Auswahl: Antidiarrhoika - Loperamid Übersicht über problematische Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen bei Hunden mit MDR1-Defekt:

Quelle: http://www.vetmed.unigiessen.de/pharmtox/md r1_defekt/arzneistoffe 45

Auswahl: Antidiarrhoika - Racecadotril

Racecadotril (Vaprino®) In der Humanmedizin unproblematisch, für Tiere hingegen… … ist keine Empfehlung zur Verabreichung möglich, da es bislang keine validen Studien zur Verabreichung und damit zu möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei Tieren gibt.

46

Auswahl: Antidiarrhoika – Adsorbentien/Adstringentien Unspezifische Maßnahmen: Adsorbentien und Astringentien: Vertreter: • Adsorbentien: Aktivkohle, Kaolin/Pektin, Huminsäuren, Siliziumdioxid,… • Adstringentien: Pflanzliche Gerbstoffe (Tannin), Schwermetall-/Wismutsalze,… Probleme: • Therapeutische Wirksamkeit bei Tieren nicht belegt! • Beeinträchtigung der Darmselbstreinigung • Verweildauer von Bakterien und Toxinen im Darm steigt! • Adsorption/Zerstörung protektiver Substanzen ⇒ Eigentlich nur Kotverfestigung bei unveränderter Morbidität!!

47

Auswahl: Antidiarrhoika – „Kombipräparat“

Canikur® Kautabletten für Hunde

1. Glucose/Elektrolyte („Rehydratation“) 2. Natriumbicarbonat und Dinatriumcitrat (Vermeidung einer Azidose) 3. Adsorbentien (Kaolin, Magnesiumtrisilikat, Zitrustrester als Pektinquelle)

48

Auswahl: Antidiarrhoika - Probiotika Wiederherstellung einer gesunden Darmflora: Probiotika Häufig als Probiotika für Tiere eingesetze Mikroorganismen: Lactobacillus

acidophilus casei plantarum delbrueckii reuteri gasseri fermentum

Bifidobacterium bifidum lactis

„Perenterol“

Bacillus

subtilis cereus coagulans licheniformis

Saccharomyces cerevisia boulardii Aspergillus

oryzae

Escherichia

coli subsp.

Enterococcus

faecium

Pediococcus

pentosaceus 49

Auswahl: Antidiarrhoika - Probiotika Probleme in Entwickung und Anwendung von Probiotika bei Tieren: • begrenzte Kenntnisse über die tierartlichen Unterschiede der mikrobiellen Besiedlung des GIT • extrem unterschiedliche Studienergebnisse zur Wirksamkeit • Sicherheit? • Berichte über höhere Diarrhoe-Inzidenz in Probiotika-behandelten Fohlen • erhöhte Adhäsion des Zoonose-Erregers Campylobacter sp. in Probiotikabehandelten Hunden nachgewiesen • Möglicher Transfer von Resistenzen (Enterokokken – bedeutende weit verbreitete und Krankenhaus-assoziierte pathogene Erreger) • Qualität? • Kommerzielle Produkte: hohe Variabilität in Überlebensfähigkeit, Menge und Gehalt sowie in der Kennzeichnung nicht gelisteter Spezies! Zur Zeit kann der therapeutische Einsatz humanmedizinischer Probiotika bei Tieren als Antidiarrhoikum nicht empfohlen werden! 50

Auswahl: Antidiarrhoika - Probiotika Wenn überhaupt (Klinische Wirksamkeit/Unbedenklichkeit?) sollte eines der zahlreichen speziellen Probiotika-Präparate für Hund und/oder Katze eingesetzt werden.

PHA Durchfallstop®

Vetvisan Probiotikum®

Symbiopet Pro Dog®/Vet®

Bene-Bac Plus®

Canikur Pro®

Eher zur Prävention/Nachsorge als zur Therapie! 51

Dosierungen und Anwendungshinweise: Antidiarrhoika

Dosierungsempfehlung Loperamid: Hund und Katze: • 0,08 mg/kg oral als Initialdosis • dann 0,04 mg/kg nach jedem ungeformten Kotabgang • Tageshöchstdosis: 0,16 mg/kg

Dosierungsempfehlung Kaolin/Pektin: allgemein für Tiere: • 20 g Kaolin + 4,5 g Pektin in 100 ml Wasser einbringen • 1-2 ml/kg dieser Mischung alle 4-6 Stunden

Dosierungsempfehlung Aktivkohle: allgemein für Tiere: • gibt es nur im Rahmen der Behandlung von Vergiftungen • als Antidiarrhoikum wenn überhaupt nur über Umrechnung der Humandosis möglich

52

Anwendungshinweise: Antiemetika und Antidiarrhoika Wichtige Anwendungshinweise: •

Sollte nach 1-(2) Tagen keine Besserung eintreten oder sich der Zustand des Tieres verschlechtern (Apathie, Blutbeimengungen,…): Tierarztbesuch unbedingt erforderlich!



Auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr achten! Sollte das Tier stark ausgetrocknet sein (Hautfalten-Test!), ist Tierarztbesuch und Infusion erforderlich!



Kontakt mit anderen Tieren vermeiden!



Evtl. bei Hunden 1 Tag „Nulldiät“! Schonkost anbieten: 1/3 Reis, 1/3 Karotte, 1/3 gekochtes Huhn oder Hüttenkäse

53

Desinfektionsmittel Geeignete Mittel zur Haut-/Wunddesinfektion sowie Unverträglichkeiten:

• Alkohole (Ethanol, n-Propanol, Isopropanol, Propylenglykol, Triethylenglykol)

• Pyridine (Octenidin) • Wasserstoffperoxid (3%ig) • Acridinfarbstoffe (Ethacridin, Acriflavin) • Jod/Jodverbindungen Achtung Hund: Polyvinylpyrrolidon-Jod ist beim Hund Histaminliberator! Kann allergische Reaktionen auslösen! Achtung Katzen: neigen zu Schilddrüsenüberfunktion! • Phenole (Alkylphenole, Biphenyle) Achtung Katzen: Katzen vertragen keine Phenole! Intoxikationen mit Atemdepression, Krämpfen, Blutdruckabfall • Guanide (Chlorhexidin) Achtung: teilweise schlechte Resistenzlage • Detergentien (Alkaliseifen, Invertseifen, Ampholytseifen) 54

Desinfektionsmittel

Zum Bezug von Informationsmaterial und Unterlagen: Geschäftsstelle der DVG Friedrichstraße 17, 35392 Gießen Tel: 0641/24466, Fax: 25375, email: [email protected] Für sachliche Fragen: Herr Dr. Wolf-Dieter Kraetzl Am Mitterfeld 11, 85354 Freising Tel.: (08161) 13959 Fax: (08161) 44713 e-mail: [email protected]

Ständig aktualisierte Listen auf der DVG-Homepage:

www.dvg.net unter dem Stichwort „Desinfektion“

55

Angst/Verhaltensstörungen

56

Angst/Verhaltensstörungen •

stärkere Sedativa unterliegen der Verschreibungspflicht



bei stark ängstlichen Hunden aber evtl. Verhaltenstherapie in Kombination mit starken Sedativa erforderlich



bei leichteren Symptomen sind folgende Tier-Präparate empfehlenswert: • Adaptil®:

in Anlehnung an Geruchsbotenstoffe, die die Hündin 3-5 Tage nach der Geburt ausschüttet • Calmeze®, Primeval StressLess Hund®, Telizen®, Calmex®:

der Gehalt an den Aminosäuren L-Theanin und L-Tryptophan (beide stehen in Bezug zum Neurotransmitter Serotonin) sowie an B-Vitaminen soll Angst-mindernd wirken • Zylkene®:

enthält α-Casozepin, ein Extrakt des Milcheiweißes Casein, welches einen Einfluss auf GABA-Rezeptoren ausüben soll und darüber Angst-mindernd wirkt Keine Baldrianpräparate bei Katzen anwenden!!! Baldrian ist „Katzen-Aphrodisiakum“, man erreicht keine Beruhigung, sondern einen Rauschzustand der Tiere!!!

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Antiparasitika

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Auswahl: Antiparasitika Auswahlkriterien/Anforderungen für Antiparasitika: • Wirksamkeit in Bezug auf die Art der Parasiten (Lokalisation, Stoffwechsel,…) • Therapeutische Breite, Verträglichkeit (für Zieltierart und Anwender!) • Persistenz der Wirkung • Anwendung, Praktikabilität • Resistenzen • Ökologische Verträglichkeit

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Auswahl: Ektoparasitika

Juvenilhormonagonisten Insektenwachstumsregulatoren

Chitinsyntheseinhibitoren

Parasympatho-

ätherische Öle

Organophosphate/ Carbamate

Neonicotinoide chlorierte zyklische KWs

Ektoparasitika

ChloridkanalModulatoren

Formamidine Phenylpyrazole

Pyrethrine & Pyrethroide

Semicarbazone

Avermectine 60

Auswahl: Ektoparasitika

Organophosphate/ Carbamate Parasympatho-

ätherische Öle Juvenilhormonagonisten Insektenwachstumsregulatoren

Neonicotinoide chlorierte zyklische KWs

Ektoparasitika

Chitinsyntheseinhibitoren

ChloridkanalModulatoren

Formamidine Phenylpyrazole

Pyrethrine & Pyrethroide

Semicarbazone

Avermectine 61

Auswahl: Ektoparasitika - Parasympathomimetika Parasympathomimetika: Organophosphate und Carbamate

ACh-Esterase-Hemmstoffe (Antidot: Atropinsulfat)

Hemmung

Organophosphate

Carbamate

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Auswahl: Ektoparasitika - Parasympathomimetika Parasympathomimetika: Organophosphate und Carbamate

Organophosphate

Carbamate

(= organische Phosphorsäureester) Toxizität • rel. geringe therapeutische Breite → !CAVE! Welpen, Katzen

Indikationen • Insekten, Zecken, Milben (auch tief-sitzende!) Wirkstoff Selbstmedikation • Dimpylat (diverse Floh- & Zeckenhalsbänder)

Toxizität • deutlich geringer als bei Organophosphaten

→ auch bei Welpen und Katzen relativ gut verträglich

Indikationen • Flöhe, Läuse, Haarlinge und Zecken Wirkstoffe • Propoxur (Bolfo®, Trixie® in diversen Formulierungen; Kiltix® in Kombi mit Flumethrin)

Katze

!

Katze kein KiltixHalsband wegen Kombination mit Flumethrin

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Auswahl: Ektoparasitika - Parasympathomimetika Parasympathomimetika: Neonicotinoide

Toxizität • nur geringe Affinität zu nACh-Rezeptoren von Säugern • nicht bei Welpen anwenden! • kein spezifisches Antidot

Indikationen • Therapie und Prophylaxe des Flohbefalls Wirkstoffe • Imidacloprid (diverse Präparate, auch in Kombi: Advantage®, Adventix®,...) • Nitenpyram (Capstar®)

Nebenwirkungen: Speicheln nach Ablecken des Wirkstoffs

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Auswahl: Ektoparasitika - Pyrethroide Natriumkanalmodulatoren: Pyrethroide Wirkung • guter „Knock-down“, repellierend („Fuß-Rückzieh-Effekt“), „Anti-Feeding-Effekt“ (Abhalten vom Stechen)

Indikationen • Vorbeugung/Behandlung: Flöhe, Fliegen, Bremsen, Zecken Kontraindikationen • Einsatz bei Katzen! (Glucuronidierung!) Wirkstoffe • Permethrin (verschreibungspflichtige Präparate - Exspot®) • Flumethrin (z.B. Kiltix®), Cyfluthrin (Bolfo® Umgebungsspray), Deltamethrin (z.B. Scalibor®)

Intoxikationen Übererregbarkeit, Salivation, Erbrechen, Tremor, klonische Krämpfe, Choreoathetose

Katze

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Auswahl: Ektoparasitika - Phenylpyrazole GABAA-Rezeptor-Blockade: Phenylpyrazole Wirkung/Eigenschaften • geringe Säugertoxizität (↓ Bindungsaffinität bei Vertebraten) • schnell wirkendes Kontaktgift; sehr guter „Knock-down-Effekt“ Flöhe kommen nicht mehr zur Eiablage • geringe perkutane Resorption (CAVE! Hautverletzungen) • relativ lange Verhaftung im Haarkleid

Indikationen • Vorbeugung und Behandlung von Befall mit Flöhen & Zecken

Kontraindikationen • Hunde < 2 kg (Welpen!); Kaninchen! • Hautläsionen

Wirkstoffe • Fipronil (Frontline®) Wirkungsdauer: Flöhe ca. 12 Wochen, Zecken ca. 4 Wochen • Pyriprol (Prac-Tic®, verschreibungspflichtig!) Wirkungsdauer: ca. 4 Wochen gegen Flöhe und Zecken

Kaninchen 66

Auswahl: Ektoparasitika – Chitinsynthesehemmer & Juvenilhormonagonisten Chitinsynthesehemmer

Juvenilhormonagonisten

Wirkstoffe/Toxizität

Wirkstoffe/Toxizität

Lufenuron • wirksam gegen die unreifen Stadien des Hunde- & Katzenflohs bei bestehendem Befall zusätzlich Mittel gegen adulte Formen verabreichen! • Aufnahme über adulte Flöhe in die „Flohovarien“ Störung des Eischlupfes Tod im frühen Larvenstadium • große therapeutische Breite, gut verträglich • Umwelttoxizität? • Program® - Tabletten (Hund; Wirkungsdauer ~ 1 Monat) - Suspension (oral, Katze; WD ~ 1 Monat)

S-Methopren • nur geringe Säugertoxizität, schneller Abbau im Boden, UV-empfindlich; keine Fisch/Bienentox. • Wirkungsdauer bis zu 8 Wochen • FrontlineCombo® (verschreibungspflichtig), Bolfo® Umgebungsspray

Katze kein Bolfo Umgebungsspray, weil neben S-Methopren (verträgt die Katze) zusätzlich Pyrethroide enthalten sind!

! 67

Auswahl: Ektoparasitika – Repellentien (äth. Öle) Ätherische Öle als Repellentien • heben aufgrund ihres Geruches die Lockstoff-Wirkung von Körpersekreten auf Arthropoden auf („Duftmantel“) • z.B. Citronellol, Eukalyptusöl, Menthol, Perubalsam, Nelkenöl, Geraniol, Lavendelöl, Teebaumöl, Neembaumöl, … • repellierende Wirkung unsicher, werden i. d. R. in Kombination mit anderen Wirkstoffen verwendet (häufig Imidacloprid) • Toxizität: • Studie aus 2009: 99 Vergiftungsfälle bei Katzen innerhalb eines Jahres durch Einsatz von Neembaumöl! • Symptome: Abgeschlagenheit, übermäßigen Speichelfluss, Schwindel, Schwanken, Zittern, Zuckungen und Krämpfe bis hin zum Tod der Tiere

Katze: ätherische Öle sind häufig Phenole/Terpene – kann die Katze aufgrund fehlender Glukuronidierungsfähigkeit nicht metabolisieren – toxische Kumulation! 68

Anwendungshinweise: Ektoparasitika Wichtige Anwendungshinweise beim Einsatz von Ektoparasitika: •

Äußerlich anzuwendende Produkte (Halsbänder, Spot-on) immer mit Einmalhandschuhen anlegen bzw. verabreichen!



Spot-on bei Katzen: Applikation an Schädelbasis, sonst Ablecken möglich!



Kinder von behandelten Tieren fernhalten (bei Spot-on-Präparaten Herstellerangaben zur Dauer nach Applikation beachten, bei Halsbändern grundsätzlich)



Nicht anwenden auf nassem Fell!



Bei Spot-on-Produkten auf Herstellerangaben achten: Karenzzeiten bis zum nächsten Baden des Tieres?



Tiere mit Halsbändern grundsätzlich nicht baden lassen: Wirkungsverlust, Ökotoxizität



Kein Witz: Hinweis in der Packungsbeilage mancher Spot-on-Präparate: Tier über 30 Minuten nach Applikation von jeglicher Zündquelle fernhalten!



Entsorgung laut Packungsbeilage



Hinweis auf erforderliche Weiter-/Wiederholungsbehandlung nach X Wochen (Präparat-abhängig)

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Anwendungshinweise Ektoparasitika Zeitraum der Behandlung: Holzbock (Ixodes ricinus) •

Saison hat typischerweise zwei Gipfel: März - Juni und September – November



Überträger der Borreliose und der Anaplasmose

Auwaldzecken (Dermacentor reticulatus) •

Saison beginnt früher und endet später: unter guten klimatischen Bedingungen sogar von Februar bis Dezember



Überträger der Babesiose

Braune Hundezecke (Ripicephalus sanguineus) •

überlebt in Deutschland üblicherweise nicht im Freien



kann jedoch nach Einschleppung aus dem Ausland in Wohnräumen, Tierheimen oder Hundezwingern auch hierzulande ganzjährig vorkommen



Überträger der Babesiose, Ehrlichiose und Hepatozoonose 70

Auswahl: Anthelminthika

Helminthen Nematoden

Cestoden

Trematoden

(Rundwürmer)

(Bandwürmer)

(Saugwürmer)

Spulwürmer: Hund – Toxocara canis/leonina Katze – Toxocara cati/leonina Hakenwürmer: Hund/Katze – Ancylostoma/Uncinaria spec.

Bandwürmer: Echinococcus granulosus/multilocularis (Hd.) Dipylidium caninum (Hd/Ktz) Taenia taeniaeformis (Ktz)

Leberegel: Hund/Katze Heterophyes und Opisthorchis spec.

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Auswahl: Antiparasitika - Anthelmintika

Veterinärmedizinisch relevante, verschreibungs-/apothekenpflichtige Anthelminthika gegen

Nematoden • Benzimidazole - Thiabendazol, Mebendazol, Fenbendazol, Oxfendazol, Febantel, Flubendazol, Albendazol

Cestoden • Praziquantel • Epsiprantel • Nitroscanat

Trematoden • Benzimidazole - Triclabendazol, Albendazol

• Salicylsäureanalide - Closantel, Oxyclonazid

• Pyrimidine - Pyrantel, Morantel

• Imidazothiazol - Levamisol

• Makrolide als Endektozide - Avermectine/Milbemycine

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Auswahl: Antiparasitika - Anthelmintika

Selbstmedikation: Veterinärmedizinisch relevante, apothekenpflichtige Anthelminthika gegen

Cestoden

Nematoden • Benzimidazole - Thiabendazol, Mebendazol, Fenbendazol, Oxfendazol, Febantel, Flubendazol, Albendazol

• Pyrimidine - Pyrantel, Morantel

• Imidazothiazol - Levamisol

• Makrolide als Endektozide - Avermectine/Milbemycine

• Praziquantel • Epsiprantel • Nitroscanat

Trematoden • Benzimidazole - Triclabendazol, Albendazol

• Salicylsäureanalide - Closantel, Oxyclonazid

Problem: Gerade bestimmte für Hund und Katze gefährliche (Dirofilaria immitis = Herzwurm) oder auch auf den Menschen übertragbare Nematoden (Toxocara canis/cati = Hunde- bzw. Katzenspulwurm) bzw. Trematoden (Heterophyes) werden mit Praziquantelhaltigen Präparaten nicht erfasst!

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Schema zur Entwurmung: ESCCAP-Empfehlungen Hund/Katze Freier Auslauf ohne Aufsicht

Kein freier Auslauf oder Auslauf unter Aufsicht

Kontakt mit Artgenossen außerhalb des Haushaltes

Kein Kontakt mit Artgenossen außerhalb des Haushaltes Frisst keinen Kot, kein Aas, keine Beutetiere

Risikogruppe A: 1-2 x im Jahr gegen Spulund Bandwürmer

Frisst keinen Kot oder nur von artfremden Tieren

Frisst kein Aas Frisst keine Beutetiere und/oder geht nicht mit zur Jagd Risikogruppe B: 4 x im Jahr gegen Spulund Bandwürmer

Frisst Kot von Artgenossen

Frisst Aas

Frisst Beutetiere und/oder geht mit zur Jagd Risikogruppe C: 12 x im Jahr gegen Bandwürmer 4 x im Jahr gegen Spulwürmer

Risikogruppe D: 12 x im Jahr gegen Spul- und Bandwürmer

http://www.esccap.de oder http://vimeo.com/5272086 74

Anwendungshinweise Anthelminthika Bei Abgabe eines Praziquantel-haltigen Präparates wie Droncit® sollten unbedingt folgende Hinweise erfolgen: • Gefahr der Resistenzentwicklung bei häufiger wiederholter Verwendung desselben Präparates • Kein Erfassung von verschiedenen, für Tier und Mensch (!) nicht unbedenklichen Wurmarten • Evtl. Hinweis auf Entwurmungsempfehlungen der ESCCAP Verweis an Tierarzt für die nächste Entwurmung

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Pferde

Rechtlicher „Sonderstatus“: • Pferde (Equiden) gelten generell als Lebensmittel-liefernde Tiere •

Ausnahme: Deklaration als „Nicht-Schlachtpferd“ im sog. „Equidenpass“



Besitzer/Halter von „zur Schlachtung vorgesehenen Pferden“ müssen Rechtsvorgaben beachten! Außerdem zu beachten: Dopingrelevanz vieler Stoffe!



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Selbstmedikation bei Pferden Husten Selbstmedikation? • JAIN • Nie • bei Fieber (>38,5°C) • Husten bereits in Ruhe, eitriger Auswurf bzw. Nasenausfluss • Dauer bei akuter Erkrankung: >4-5 Tage Auswahl/Dosierung? Expektorantien Mukolytika: N-Acetylcystein • Dosierung Pferd: 2 x tgl. 10 mg/kg (~ 10g/Pferd/Tag) • Achtung Recht: mit Equimucin® existiert ein verschreibungspflichtiges ACC-Präparat für Pferde! Anwendung humanmedizinischer Präparate bei LeMi-Pferd: Straftatbestand! Sekretolytika: Bromhexin, Ambroxol, Dembrexin • Dosierung Pferd: Bromhexin 1-2 x tgl. 0,3 mg/kg, Ambroxol ?, Dembrexin 2 x tgl. 0,3 mg/kg • mit Sputolysin® existiert ein Dembrexin-Präparat für Pferde (apothekenpflichtig aber nich verschreibungspflichtig)! Sekretomotorika: äth. Öle/Phytotherapeutika z. B. Bronchicum®, Tussamag®, Teemischungen, Doping-relevant!!! 77

Selbstmedikation bei Pferden Strahlfäule Selbstmedikation? • JAIN • Nie • bei auftretender Lahmheit • eitrigen Prozessen • chronischer Erkrankung: >3-4 Wochen

In den seltensten Fällen geht es hier aber um eine Beratung, sondern es besteht ein konkreter Präparate-Wunsch:

Jodoformäther? Nur abgabefähig als Rezeptur auf Verschreibung eines Tierarztes! Es existieren keine Fertigarzneimittel ⇒ Rezeptur unter Verwendung apothekenpflichtiger Stoffe – darf ein Tierhalter gemäß § 59a Abs. 2 AMG nur auf Verschreibung eines Tierarztes beziehen! Verstoß: Straftatbestand (wer entgegen § 59a … erwirbt, anbietet, … in den Verkehr bringt…) 78

Weiterführende Informationen www.vetidata.de www.clinipharm.ch Artikel zum Vertiefen des „Rechts“: Herold/Richter: Tierarzneimittel in der Apotheke - Rechtliche Grenzen und Möglichkeiten der Beratung bei der Rezeptbelieferung und der Erfüllung von Kundenwünschen DAZ 2015, Nr. 17, S. 58 Zahlreiche Bücher, z.B.: „Kraft: Dosierungsvorschläge für Arzneimittel bei Hund und Katze“ „Homöopathie für Katzen“, „Homöopathie für Hunde“, „Quickfinder Homöopathie für Hunde“ [email protected]

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