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January 20, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Schreiben, Journalismus
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Medienethik zwischen Publizistik und Ökonomie Funktionen von Massenmedien und Werte 25. September 2009; IPMZ, HS 2.48; 10.15-11.45 Uhr Prof. Dr. Vinzenz Wyss [email protected]

Forschungsleiter IAM, ZHAW Winterthur

Zürcher Fachhochschule

1

Was ist Journalismus? • Statements von (ehemaligen) Chefredaktoren: • Marco Färber, ehem. Radio DRS

• Hannes Britschgi, ehem. Facts • Balz Hosang, Schweizerischer Beobachter

Zürcher Fachhochschule

2

Pragmatische Definition von Journalismus • Journalismus recherchiert, selektiert und präsentiert Themen, die neu, faktisch und relevant sind. Er stellt Öffentlichkeit her, indem er die Gesellschaft beobachtet, diese Beobachtung über periodische Medien einem Massenpublikum zur Verfügung stellt und dadurch eine gemeinsame Wirklichkeit konstruiert. Diese konstruierte Wirklichkeit bietet Orientierung in einer komplexen Welt.

• Merkmale: – Aktualität, Faktizität, Relevanz – Gesellschaftsbeobachtung, Herstellung von Öffentlichkeit

– Publikumsbezug, Konstruktion von Wirklichkeit, Orientierungsstiftung

Zürcher Fachhochschule

3

Systemtheoretische Perspektive: Selbstbeobachtung und Synchronisation von Gesellschaft Politik Demonstration

Wirtschaft

Urteil

Recht

Öffentlichkeit

Public Relations

Report

Kunst

Film

Journalismus Verkündigung

Religion Zürcher Fachhochschule

Wissenschaft

Vermittlung

Erziehung

4

Funktion des Journalismus Selbstbeobachtung und Synchronisation der Gesellschaft Journalismus beobachtet zur Ausübung seiner gesellschaftlichen Funktion gleichzeitig mehrere Systeme und deren Irritationen zwischen einander. Er löst mit dieser Leistung für die Gesellschaft ein zentrales Problem:  Der Journalismus knüpft die anderen dynamisch auseinander driftenden Teilsysteme zeitlich und sozial aneinander.  Der Journalismus übernimmt für die anderen Systeme die Aufgabe Synchronisation und die Beobachtung der jeweils anderen Systeme, womit diese allein überfordert wären.

Zürcher Fachhochschule

5

Code des Journalismus: Mehrsystemrelevanz

• Journalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er Bezüge von einem gesellschaftlichen System zu einem anderen herstellt. • Er bearbeitet und thematisiert eher solche Themen, die über den Bereich und Ort hinaus, in dem sie passieren, Bedeutung erlangen können. • Journalisten berichten deshalb, weil ein Thema gleichzeitig in mehr als einem und in (möglichst) vielen gesellschaftlichen Teilsystemen als relevant erscheint und aktuell Resonanz (Anschlusskommunikation) erzeugt.

Zürcher Fachhochschule

6

Aufgaben der Massenmedien soziale

politische

ökonomische

Informationsfunktion

Informationsfunktion

Informationsfunktion

Sozialisationsfunktion

Herstellen von Öffentlichkeit

kapitalökonomische Funktion

soziale Orientierungsfunktion

Transparenz

warenzirkulierende Funktion

Rekreationsfunktion

Artikulationsfunktion

regenerative Funktion

politische Sozialisations- bzw.

herrschaftliche Funktion

(Unterhaltung, Eskapismus) Integrationsfunktion

Bildungsfunktion Kritik- und Kontrolle

soziales System

Politisches System

Ökonomisches System

Zürcher Fachhochschule

Quelle: Burkart (1998)

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Journalistische Qualitätsdimensionen Unabhängigkeit Politik

Perspektivenvielfalt

Demonstration

Wirtschaft

(Mehrsystem-) Relevanz Aktualität

Faktizität, Richtigkeit Kunst Transparenz

Recht

Urteil

Öffentlichkeit

Public Relations Film

Journalismus

Report

Wissenschaft

Verkündigung Vermittlung

Religion

Erziehung

Narrativität

Zürcher Fachhochschule

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Auf journalistisches Handeln bezogene Dimensionen

Unabhängigkeit

Die Unabhängigkeit ist letztlich für die Glaubwürdigkeit des Journalismus verantwortlich. Medienunternehmen und Redaktionen sollen jegliche Versuche, die Redaktion zu beeinflussen, abwehren und bezahlte Inhalte (Werbung) klar von redaktioneller Berichterstattung trennen.

Richtigkeit

Faktentreue

Fairness

Qualität des Rechercheprozesses (z.B. Prinzip des „audiatur et altera pars“)

Aktualität

Neuigkeit, Gegenwartsbezug des Themas, Schnelligkeit

Relevanz

Themenauswahl nach Wichtigkeit/Bedeutsamkeit; Orientierung an professionellen Selektionskriterien (keine beliebige Auswahl)

Originalität

Eigenrecherche, Exklusivität, Themenfindung, intellektueller Anspruch (hier ist nicht „originell“ im Sinne von „komisch“, „humorig“ gemeint, sondern „original“ im Sinne von „einzigartig“, „schöpferisch“)

Dialogfähigkeit einer Redaktion; auf „Augenhöhe des Publikums“;

Interaktivität Zürcher Fachhochschule

Mitwirkungsmöglichkeiten des Publikums an Themenfindung und Medieninhalten

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Auf das Produkt bezogene Dimensionen Vielfalt

von der Vielfalt des redaktionellen Gesamtangebots (Themenspektrum) bis zur Vielfalt in einem einzelnen Beitrag (verschiedene Perspektiven und Quellen)

Unparteilichkeit

Ausgewogenheit (als Gegenteil von Einseitigkeit); Unvoreingenommenheit und Distanz zum Berichterstattungsgegenstand; Trennung von Nachricht und Kommentar

Verständlichkeit

sachgerechte Sprache, anschaulicher und prägnanter Stil, klarer Aufbau; weiter gefasst

auch: funktionale Mediengestaltung (z.B. im Online-Journalismus: Usability) Sinnlichkeit

Spannungsbogen, Dramaturgie eines Beitrags, einer Sendung oder eines Heftes; Zusammenspiel von Text und Bild, von Sprecher, O-Ton und Atmo

Attraktivität

Herstellung von Aufmerksamkeit; zielgruppengerechte Ansprache des Publikums;

passende Genrewahl; packende Titel, Teaser, Trailer etc. Nutzwert

Anwendbarkeit im Alltag des Publikums – als Orientierung, Rat und Entscheidungshilfe

Transparenz

Quellenangaben und Quellenkritik; Offenlegen der Berichterstattungsbedingungen; Eingeständnis von Fehlern (z.B. in einer „Correction Corner“) Zürcher Fachhochschule

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Politisches Wissen

Wirtschaftliches Wissen

Ethisches Wissen

Code A

Code B

Code C

Code D

Problem der Legitimation

Wissenschaftliches Wissen:

Problem der Verkettung

Journalismus als Narrator

Narratives Wissen

Narrativität als zentraler journalistischer Kommunikationsmodus Zürcher Fachhochschule

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Verkettung über Meta-Narration

z.B. mörderische oder befreiende List

z.B. Macht (Aufstieg und Fall, z.B. bedrohte Vergeblichkeit, Gier Sicherheit,

nach ...) Erlösung

Narration

Narration

Narration

Narration

Narration

wissenschaftlicher Diskurs:

wirtschaftlicher Diskurs:

religiöser Diskurs:

politischer Diskurs:

x-Diskurs

transzendent / immanent

kollektiv verb. Entscheide / n.k.v. E

x/ nicht x

wahr/ unwahr

verkaufen / nicht verkaufen

Narrativität als zentraler journalistischer Kommunikationsmodus Zürcher Fachhochschule

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Narration als Sinnstruktur  Über Narration strukturieren wir die Zeit und den Raum.  Erzählend ordnen wir die Dinge, stellen sie in Bezug, hierarchisieren sie, stellen also Bedeutung und Sinn her.  Über Narration verständigen wir uns über eine gemeinsame Wahrnehmung der Dinge.  Narration bedient sich Techniken wie Erinnerung, Anschluss an Erfahrung, erzählerischen Grundmustern und Motiven.

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Motive •

Macht (Aufstieg und Fall, Vergeblichkeit, Gier nach ...)



Anklage und Rechtfertigung



Scheitern und Wiederauferstehung



Das Unbekannte, Unheimliche und



Bedrohte Sicherheit, Erlösung



Liebe in allen Variationen



Gerechtigkeit



Das Paradox



Rettung aus Not



Verzehrende Passion für eine Sache



Verrat



Erdrückende Schuld und Sühne



Initiation (Entwicklungsromane etc.)



Mörderische oder befreiende List



Rache, Brudermord



Autonomie, Freiheit

und Bruch •

Tod, Selbstopferung

Zürcher Fachhochschule

seine Entdeckung

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Narrativität - Elemente einer Story 1) Die Elemente einer journalistischen Story stehen in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge. 2) Die Story braucht Charaktere, die möglichst archetypische Rollen (Täter, Helden, Opfer, Erlöser, Verlierer, Kritiker etc.) übernehmen. 3) Die Story beinhaltet Hinweise darauf, wie sie zu deuten ist: sie verfügt über mehrere Bedeutungsebenen: die konkrete Handlung repräsentiert ein generelles Thema, das über die unmittelbare Aktualität hinausweist.

Zürcher Fachhochschule

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