Alpenbau - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und

February 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Architektur
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Erste Alpenbaukonferenz „Towards Net Zero Energy Buildings (NZEB)“ am 16./17. März 2016 in Garmisch-Partenkirchen Konferenz zum Thema „Niedrigstenergiegebäude – Entwicklungen und Innovationen in den Alpenländern“ Endbericht

Forschungsprogramm Zukunft Bau, ein Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Projektlaufzeit 10. Dezember 2015 bis 31. Oktober 2016 Aktenzeichen 10.08.17.7-16.43 im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) bearbeitet vom Lehrstuhl für Energieeffizientes und Nachhaltiges Planen und Bauen, Technische Universität München

Inhalt 1

Einführung ................................................................................................................................................. 3

2

Konferenz .................................................................................................................................................. 4

2.1

Eröffnung der Konferenz ........................................................................................................................... 4

2.2

Keynotes ................................................................................................................................................... 5

2.2.1

„High Comfort – Low Impact“..................................................................................................................... 5

2.2.2

„Contextual Architecture“ ........................................................................................................................... 6

2.2.3

„Building in the Alps – Sustainable Regionality“ ........................................................................................ 7

2.3

Input Jakob Dietachmair ............................................................................................................................ 7

2.4

Sessions .................................................................................................................................................... 8

2.4.1

Session A - Niedrigstenergiegebäude und Baukultur ................................................................................ 8

2.4.2

Session B - Nachhaltiges Bauen im Bestand .......................................................................................... 10

2.4.3

Session C - Strategien für Klimagerechte Quartiere................................................................................ 12

2.4.4

Session D - Niedrigstenergiequartiere: Bauen im Bestand ..................................................................... 14

2.4.5

Session E - Ganzheitliche Gebäudeplanung und Zertifizierungssysteme ............................................... 15

3

Statements der Session Chairmen .......................................................................................................... 17

4

Kurzzusammenfassung der Stakeholder ................................................................................................. 19

5

Diskussion ............................................................................................................................................... 22

Anhang . ................................................................................................................................................................ 24 A

Kurzfassung des Berichts ........................................................................................................................ 24

1

Vorbemerkungen ..................................................................................................................................... 24

2

Eröffnung ................................................................................................................................................. 25

3

Präsentationen / Sessions ....................................................................................................................... 25

3.1

Key-Note Präsentation „High Comfort – Low Impact“ von Thomas Auer, Transsolar Stuttgart, D .......... 25

3.2

Session A - Niedrigstenergiegebäude und Baukultur .............................................................................. 26

3.3

Session B - Nachhaltiges Bauen im Bestand .......................................................................................... 26

3.4

Session C- Strategien für Klimagerechte Quartiere................................................................................. 27

3.5

Session D - Niedrigstenergiequartiere: Bauen im Bestand ..................................................................... 27

3.6

Key-Note Präsentation „Contextual Architecture“ von Hermann Kaufmann, Schwarzach, A .................. 28

3.7

Keynote-Präsentation „Building in the Alps – Sustainable Regionality“ von Andreas Gottlieb Hempel, Brixen, I ................................................................................................................................................... 28

3.8

Session E - Ganzheitliche Gebäudeplanung und Zertifizierungssysteme ............................................... 28

4

Statements der Stakeholder .................................................................................................................... 29

5

Diskussion ............................................................................................................................................... 31

B

Programm................................................................................................................................................ 32

C

Teilnehmerliste ........................................................................................................................................ 33

D

Impressum............................................................................................................................................... 36

E

Beteiligte Institutionen ............................................................................................................................. 37

Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 2

1

Einführung

Das internationale Abkommen der Alpenkonvention entstand zwischen den acht Alpenstaaten Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz und Slowenien sowie der Europäischen Union und verfolgt das Ziel, die nachhaltige Entwicklung des Alpenraums zu fördern. Die Bundesrepublik Deutschland hat anlässlich der XIII. Alpenkonferenz am 21. November 2014 in Turin von Italien den Vorsitz der Alpenkonferenz übernommen. Der deutsche Vorsitz endet mit der XIV. Alpenkonferenz am 13. Oktober 2016 auf der Insel Herrenchiemsee. Als Teil des Programms des deutschen Vorsitz fand am 16./17.03.2016 in Garmisch-Partenkirchen die "1st Alpine Building Conference: Towards Net Zero Energy Buildings (NZEB)“ statt. Organisiert wurde die Konferenz vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gemeinsam mit der Bayerischen Architektenkammer, der Technischen Universität München und mit Unterstützung des Ständigen Sekretariats der Alpenkonvention. Im Rahmen der Konferenz sollten die Themenfelder "Niedrigstenergiegebäude" und „nachhaltige Quartiere“ im Zusammenhang mit dem Bauen im Alpenraum dargestellt und erörtert werden, um hieraus Impulse für die weitere Zusammenarbeit der Alpenstaaten zu Bauthemen sowie zur nationalen Umsetzung des Niedrigstenergiegebäude-Standards zu geben. Vor dem Hintergrund der spezifischen Eigenheiten des Alpenraums waren topographische, klimatische, kulturelle, sowie materialbezogene und handwerkliche Aspekte unter Beachtung der im Alpenraum vorhandenen vielfältigen, regionalen Baukultur besonders zu berücksichtigen. Die Konferenz bot für die Alpenländer die Gelegenheit für einen grundlegenden Austausch zu Erfahrungen und Best-Practice-Bespielen sowohl im Neubaubereich als auch der Modernisierung und Renovierung von Bestandsgebäuden. Zudem wurde die Entwicklung zukunftsfähiger Konzepte für Stadtquartiere sowohl im Bereich des Stadtumbaus als auch der Neuentwicklung von Siedlungen besonders berücksichtigt. Insbesondere wurden die folgenden, aktuell relevanten Themenschwerpunkte aufgearbeitet: -

Energieeffizienz und erneuerbare Energien / integrierte Konzepte für die Gebäudehülle / spezifische Ansprüche an das Bauen in der Alpenregion

-

Strategien für klimaneutrale Quartiere / Effizienzanalysen und Carbon-Footprint-Betrachtungen

-

Energieeffizienz auf dem Gebiet der Gebäudesanierung / Erhalt eines hohen baukulturellen Standards

-

Öffentlich rechtliche Anforderungen an Wohn- und Nichtwohngebäude / Konzepte für die Erfolgskontrolle

-

Bauen mit lokalen Materialien / Lebenszyklusbetrachtung / Graue Energie.

Die Beiträge aus den Mitgliedsstaaten der Alpenkonvention zielten daher darauf ab, Strategien und Lösungsansätze vorzustellen, die vor dem Hintergrund der lokalen Baukultur die Umsetzung von Niedrigstenergie-Gebäuden und –Quartieren unterstützen. Neben den Vorträgen von international anerkannten Fachleuten wurde der interdisziplinäre Austausch zwischen Entscheidungsträgern auf gesellschaftlich-politischer Ebene, Architekten, Planern und Ingenieuren sowie Vertretern aus der Forschung gefördert. Im Rahmen einer breit angelegten Diskussion wurden die Konferenzteilnehmer in die Auseinandersetzung mit den genannten Fragestellungen aktiv eingebunden.

Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 3

2

Konferenz

2.1 Eröffnung der Konferenz

Abbildung 1: v.l.n.r.: Andreas Kronthaler, Hans-Dieter Hegner, Rudolf Scherzer und Markus Reiterer; Werner Lang

Hans-Dieter Hegner, Ministerialrat im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, eröffnete die Konferenz. Er wies auf ihre Wichtigkeit hin insbesondere im Hinblick auf die Neufassung der EU Richtlinie zur Niedrigstenergiegebäuderegelung, welche ab 2021, beziehungsweise bereits ab 2019 für Bauten der öffentlichen Hand, umzusetzen ist. Der Fokus der Konferenz liege auf den Themen Neubau und Modernisierung. Der Themenbereich Niedrigstenergiegebäude könne dabei nicht unabhängig von Baukultur betrachtet werden. Hegner erhofft, durch die Konferenz einen langfristigen Austausch in diesem Bereich zu initiieren. Markus Reiterer, Generalsekretär der Alpenkonvention, wies in seinem Grußwort darauf hin, dass das Thema Bauen bereits seit Gründung der Alpenschutzkonvention in deren Diskurs eine wichtige Rolle spiele und fest im Themenbereich Energie verankert sei. Er sieht ein großes Verbesserungspotenzial im Hinblick auf das nachhaltige Bauen in den Alpen, worin für ihn der Schwerpunkt der Konferenz liege. Dieses Potential könne u.a. über Wettbewerbe und Preise durch die hierdurch unterstützte Bewusstseinsbildung der Bevölkerung genutzt werden. Er wünsche sich einen regen Expertenaustausch und hoffe auf eine Fortsetzung der Veranstaltung in den kommenden Jahren. Andreas Kronthaler von der Obersten Baubehörde Bayern erläuterte im Rahmen seiner Begrüßung, in welchen Bereichen des energieeffizienten Bauens Bayern bereits heute herausragende Initiativen und realisierte Projekte vorzuweisen hat. Energiethemen spielen in der Wohnbauförderung und der Städtebauförderung sowie in Sonderbauprogrammen eine wichtige Rolle. Mit vielen öffentlichen Bauten im Passivhausstandard und durch die ausschließliche Nutzung regenerativer Energien seit 2011 nehme die öffentliche Verwaltung selbst eine Vorreiterrolle ein. In Bezug auf die Umsetzung der neuen Energiestandards erhofft sich Kronthaler grundsätzliche Vereinfachungen der komplexen Regelwerke. Rudolf Scherzer, Vizepräsident der Bayerischen Architektenkammer, wies in seiner Rede auf die Dringlichkeit hin, die mit der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie dem Thema des energieeffizienten Bauens Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 4

zukommt. Es müsse eine Diskussion über die Entwicklung der Berechnungsmethoden geführt werden und die Frage gestellt werden, ob sich die Energieeinsparverordnung bewährt habe und ob sie in dieser Form weiterzuführen sei. Dabei müsse insbesondere der Einbezug der Infrastruktur und des Umfelds, der grauen Energie sowie der Einfluss der Nutzer diskutiert werden. Die Alpen bildeten dabei als infrastrukturell und kulturell komplexer Raum eine gute Diskussionsgrundlage. Werner Lang, TUM, betonte, dass es im alpinen Raum im Besonderen darum gehe, individuelle und lokal angepasste Antworten auf verschiedenen Maßstabsebenen zu finden. In Anbetracht der zukünftigen Verfügbarkeit regenerativer Energien müsse man die Frage diskutieren, in welchem Maß normierte Verfahren wie etwa der Passivhausstandard angewendet werden sollen und können. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, die Diskussion nicht nur über Neubauten, sondern auch über Bestandssanierungen und passende Werkzeuge zu führen. Vor diesem Hintergrund wurden die Themenbereiche der Konferenz sowohl im Hinblick auf die Key-Note Präsentationen, als auch auf die 5 Sessions angelegt.

2.2 Keynotes

Abbildung 2: Thomas Auer; Thomas Auer und Hermann Kaufmann; Hermann Kaufmann

2.2.1

„High Comfort – Low Impact“

Thomas Auer von Transsolar, Stuttgart, stellte an den Anfang seiner Präsentation die zentrale Forderung, die Nutzer in die Betrachtungen einzubeziehen. Ein Blick in die historische Baukultur der Alpen zeige, dass energetische Aspekte seit jeher in die Bauten eingeflossen seien, da aus Gründen der Ressourcenknappheit automatisch der Nutzer im Fokus stand. So wurde etwa der Grundriss unterteilt in Wohn- und Wirtschaftsteil, um die Abwärme des Viehs zur Raumheizung nutzen zu können. Heute stelle sich die Frage, wie man den nächsten Schritt in Richtung Nullenergiegebäude schaffen kann, ohne die historische Baukultur der Alpen zu vergessen. Ein Vergleich der Klimadaten von unterschiedlichen Standorten in den Alpen verdeutliche, dass beim Bau eines Gebäudes die Anpassung an den Standort eine zentrale Rolle spielt. So würden in höheren Lagen vor allem die Feuchtigkeit und die Temperatur sinken, weshalb dort ein passives solares Bauen sinnvoll ist. In tieferen Lagen hingegen sei eine aktive solare Nutzung angebrachter. Auer stellte hier das Projekt Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 5

eines Spiegels für die italienische Ortschaft Viganella vor, mit dem solare Strahlung in das im Tal und damit im häufigen Schatten liegende Dorf reflektiert wird. Anhand des Projekts einer Ricola-Lagerhalle unterstrich Auer die Bedeutung der Materialeigenschaften der Fassade in Bezug auf ihre Beanspruchung durch das Klima. So trage ein Lehmbau wie diese Lagerhalle beispielsweise stark zur Entfeuchtung bei, wodurch aufwendige technische Lösungen vermieden werden können. Hier wies Auer auf die dringliche Problematik hin, dass graue Energie bisher noch viel zu wenig in Energiekonzepte und –zertifizierungen einfließe. Anhand einer Energiebilanz über 100 Jahre für die Ricola-Lagerhalle konnte etwa nachgewiesen werden, dass die ausgeführte Lehmkonstruktion sich in der Gesamtbilanz vorteilhafter darstellt als eine Variante mit gedämmter Fassade. Thomas Auer wies darauf hin, wie wichtig es sei, dass Bauten auch in Zukunft noch auf ihr Umfeld reagieren können. Dies treffe aufgrund der extremen klimatischen Verhältnisse für den Alpenraum besonders zu. 2.2.2

„Contextual Architecture“

Hermann Kaufmann, TUM, machte in seiner Keynote deutlich, dass beim Bauen im alpinen Raum an vorderster Stelle stehen muss, sich mit dem Ort auseinanderzusetzen. Dabei gehe es nicht nur um die Materialisierung und die Rohstoffe, sondern vor allem darum, an die alpine Kultur anzuknüpfen und eine Integration in die landschaftliche Situation zu erreichen. Hierbei stellten vorhandene Gebäude eine Leistungsschau für Baukultur und handwerkliche Fertigkeit dar. Früher sei das primäre Ziel gewesen, gute Häuser mit vernünftigem Energieaufwand und –verbrauch zu errichten. Diese pragmatischen Gründe hätten zusammen mit einer konstruktiv bedingten Ornamentik zu einer ausgeprägten Ästhetik und einer Ablesbarkeit der Nutzung geführt. Die Orientierung der Bauten nach Topographie und Himmelsrichtung führten außerdem zu einer Einheitlichkeit in der Landschaft. Heute gehe es darum, diese Baukultur weiterzuentwickeln. Kaufmann stellt sich darunter weder ein Kopieren der historischen Elemente noch einen radikalen Bruch vor. Er plädiert für eine neue Tradition des alpinen Bauens, ein traditionelles Bauen mit Kontrasten. Dies gelte auch für die Energieeffizienz. Mit Massivholz könne man beispielsweise eine hohe Speichermasse und ausgezeichnete Wärmedämmung erreichen. In den Alpen sei es entscheidend, mit Konstruktion und Materialisierung auf die klimatischen Bedingungen zu reagieren. Anhand mehrerer Beispiele erläuterte Kaufmann, welche Vorteile das Bauen mit einfachen Holzkonstruktionen aufweise. Dazu gehöre, dass der Rohstoff vor Ort produziert und verarbeitet wird. Am Beispiel der Olpererhütte werde zudem deutlich, dass nicht überall Hochtechnologie verwendet werden muss, sondern der gesamte Lebenszyklus zu beachten sei, was vor allem einen nachhaltigen Rückbau einschließt. Hermann Kaufmann ist überzeugt davon, dass es möglich ist, die Anforderungen an die Energieeffizienz mit einfachen Bauten zu erfüllen. Zudem dürfe nicht nur Energieeffizienz im Vordergrund stehen, sondern auch andere Faktoren wie der Schutz des biologischen und geologischen Umfelds müssten respektiert werden.

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2.2.3

„Building in the Alps – Sustainable Regionality“

Abbildung 3: Andreas Hempel; Andreas Hempel und Oliver Heiss (Bayer. Architektenkammer)

Andreas Gottlieb Hempel, Architekt aus Brixen, machte anhand zahlreicher Beispiele gebauter Umwelt auf den Charme der alten, traditionellen Bauweise der Alpenregion aufmerksam. Sämtliche architektonische Elemente, die von Alpenbesuchern als „romantisch“ empfunden werden und gerne nachgeahmt würden, seien rein aus klimatischen Notwendigkeiten abgeleitet. Hier sprach Hempel beispielsweise über den gemütlichen Kachelofen als einzige Beheizung aller angrenzenden Räume, über die die Fassade dominierenden Klappläden, die dem Wetter-, Kälte-, und Sonnenschutz dienten, sowie dem Dachboden als thermische Pufferzone und zum Trocknen von Lebensmitteln. Ganz gegensätzlich dazu verhalte sich die momentane Bauaktivität in einer sich wandelnden Alpenregion. Es sei vermehrt erkennbar, wie sich Landschaften urbanisieren, wie Tourismus und Verkehr die Regionen prägen und wie eine unaufmerksame Architektur zunimmt, im Sinne einer globalisierten Moderne mit Alpencharakter. Hempel sieht es als Verlust, dass die regionale Baukultur zunehmend vernachlässigt wird. Als Positivbeispiele stellte er dagegen Preisträger der Initiativen „Constructive Alps“ und „klimahaus“ vor, die sowohl durch eine bedachte, sensible Architektur überzeugten, als auch in energetischer Hinsicht hervorragend ausgeführt wurden. Mit einem Apell zu einer behutsamen und doch modernen Architektursprache schloss Hempel seinen Vortrag in der Hoffnung, dass dadurch „Tiroler Dekorationskitsch“, „hässliche Architektur von Ingenieurbauten“, eine „Verschmutzung der Ortschaft“ oder eine „Lederhosenarchitektur“ überwunden werden können. Es sei an der Zeit, Elemente wie Lokalität, bestehende Gebäudeensembles und Naturlandschaften in den Fokus der Architektur von Alpenbauten zu stellen.

2.3 Input Jakob Dietachmair Mit einer kurzen Ansprache gewährte Jakob Dietachmair von CIPRA Einblicke in die Aktivitäten und Geschäftsfelder der Internationalen Kommission zum Schutz der Alpen (CIPRA). Dabei gelte die einfache Gleichung: Alpenschutz + Alpenleben = nachhaltige Entwicklung in den Alpenregionen. Um dies zu gewährleisten, stelle CIPRA zahlreiche Programme für eine nachhaltige Entwicklung der Alpenregionen auf. So unterstütze die Kommission beispielsweise die Erhaltung und Förderung der Bio-

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diversität in den Alpenregionen. Im Bereich der Mobilität werde insbesondere der Transitverkehr ökologisiert. Auf politischer Ebene arbeite CIPRA aktiv mit und auch die Jugend solle durch Programme in die Diskussion miteinbezogen werden. Dietachmair betonte, dass für eine nachhaltige Entwicklung besonders der Dialog mit der nachfolgenden Generation geführt werden müsse. Dies liege im Grundsatz des Nachhaltigkeitsgedankens. Des Weiteren engagiere sich CIPRA im Bereich Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie durch Initiativen zum Nachhaltigen Bauen. Bei dieser Arbeit werde besonders auf eine transparente Kommunikation Wert gelegt. Mit der Metapher des Schweizer Käses appellierte Dietachmair an Planer, natürliche Zutaten, Detailliebe und Erfahrung in Gebäude einfließen zu lassen, um so für eine nachhaltige Entwicklung im Gebäudesektor Sorge zu tragen. Zur Umsetzung seiner Aufforderung nannte Dietachmair einen sechs-Punkte Plan, den CIPRA für eine nachhaltige Entwicklung befolge -

Organisation von Auftaktveranstaltungen

-

Unterstützung in der Vorplanung

-

Unterstützung in Ausschreibung und Auftragsvergabe

-

Unterstützung in der Gebäudeplanungsphase

-

Durchführung von Qualitätskontrollen

-

Instandhaltung und Monitoring.

2.4 Sessions 2.4.1

Session A - Niedrigstenergiegebäude und Baukultur

Abbildung 4: v.l.n.r.: Peter Büchel, Helmut Krapmeier, Bernardo Bader

Helmut Krapmeier vom Energieinstitut Vorarlberg erläuterte zu Beginn seines Vortrages, dass zwar 3000 m2 Wald in Europa pro Person zur Verfügung stünden, diese jedoch nicht ausreichten, um unseren aktuellen pro-Kopf Energiebedarf zu decken. Besonders relevant sei die Nutzungsphase eines Gebäudes. Mithilfe von Diagrammen verdeutlichte Krapmeier, dass selbst ein Holzhaus mit 60 cm Wärmedämmung nicht alleine durch nachwachsende Holzbestände beheizt werden könne. Krapmeier appellierte an Ge-

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bäudeplaner, zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs zu bedenken. Beispielsweise könne eine solare Trinkwarmwasserunterstützung oder die Installation von Wärmetauschern im Lüftungssystem zu einer nachhaltigen Bauweise beitragen. Auch die Reduzierung des Flächenbedarfs pro Person spiele eine entscheidende Rolle im pro-Kopf Energieverbrauch. Nach einer kurzen Vorstellung der Klimaschutzinitiative „klimaaktiv“ und deren Engagement im Gebäudesektor betonte Krapmeier die Relevanz guter Architektur in Verbindung mit Nachhaltigkeit. Der „Austrian State Prize for Architecture and Sustainability“ verbinde die beiden Themen in einer ganzheitlichen Betrachtung von anspruchsvollem Design und nachhaltigem Denken. Von besonderer Bedeutung sei dabei das Verbindungswort „and“ zwischen „Architecture“ und „Sustainability“, welches dafür Sorge trage, dass beide Themengebiete, die Architektur und die Nachhaltigkeit, gleichwertig und unabhängig voneinander betrachtet werden. Mit zahlreichen Beispielen intelligenter Architektur und mit Preisträgern des „Austrian State Prize for Architecture and Sustainability“ bewies Helmut Krapmeier den Erfolg dieses Denkansatzes. Er entließ das Publikum mit einem klaren Appell zu einem differenzierten und nachhaltigen Denken. Peter Büchel vom schweizerischen Club Arc Alpin e.V. gewährte mit seinem Vortrag einen Einblick in die besondere Thematik von Energiebilanzen in Alpenhütten. Neben dem grundlegenden Einverständnis, mit Energie müsse in Alpenhütten sehr bedacht umgegangen werden, stellte Büchel verschiedene Fragen an die energetische Bilanzierung der Hütten: Auf welcher Höhe befindet sich das Gebäude? Welche Ansprüche bestehen seitens der Besucher an die Raumlufttemperatur oder an die Verpflegung? Wie ist die Stromversorgung der Alpenhütte geregelt (on-Grid/offGrid)? Besteht eine Seilbahnverbindung zu Ortschaften im Tal? Wie lange bleiben die Besucher durchschnittlich? Wird die Hütte im Winter bewirtschaftet? Schnell wurde klar, dass gewöhnliche Energiebilanzierungsmethoden für Alpenhütten nicht einsetzbar sind, da die Energieversorgung und die Benutzung von Alpenhütten stark von herkömmlichen Wohngebäuden abweichen. Büchel verdeutlichte die Relevanz von Energiespeichersystemen und von individueller energetischer Planung jeder Hütte mit sorgfältiger Betrachtung der lokalen Gegebenheiten. Er schlussfolgerte, die energetische Bilanzierung von Alpenhütten wäre am besten in der Einheit Wärmebedarf pro Schlafplatz durchzuführen. Aus dem Ansatz, dass beim Vergleich zwischen ganzjährig bewirtschafteten Hütten und ausschließlich im Sommer bewirtschafteten Hütten zu unterscheiden sei, ergaben sich auch unterschiedliche Empfehlungen an den energetischen Gebäudestandard. Passivhausprinzipien seien dabei eher für ganzjährig bewirtschaftete Hütten empfehlenswert. Teilweise bewirtschaftete Hütten dürften auch weniger stark gedämmt werden, wobei sie dann auf mögliche Feuchteprobleme hin untersucht werden müssten. Peter Büchel schloss seinen Vortrag mit dem Statement, Energieeffizienz sei ein zentrales Thema für Alpenhütten, müsse jedoch jeweils individuell betrachtet werden. Bernardo Bader, österreichischer Architekt, vertrat in seinem Vortrag „Place and People“ die These, Architektur sei nicht zu differenzieren in nachhaltig und nicht nachhaltig. Vielmehr bediene sich die Architektur den Themen des Ortes und des Menschen. Im Einklang resultiere daraus von selbst eine nachhaltige Baukultur. Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 9

Vor dem Hintergrund des „Bauens am Land“ wurden Methoden des Planen und Bauens aufgezeigt, die in enger Verbindung mit Mensch und Ort arbeiten. Dabei spiele die Kommunikation und die Zusammenarbeit mit der örtlichen Bevölkerung sowie mit lokalen Handwerkern eine große Rolle. Wichtig sei vor allem das Prinzip „Finden statt Erfinden“ von baulichen Lösungen. Diese müssten demnach nicht jeweils neu erfunden werden, vielmehr sind sie in lokalen Beispielen neu zu entdecken. Hier zeigte Bader das Foto eines Bauernhauses im Bregenzerwald, bei dem der Eingang das „Zwischendrin“ auf eine selbsterklärende Art löst, die auch zu einem modernen Wohngebäude einen großen Mehrwert beitragen könnte. Außerdem sieht Bader ein wichtiges Potenzial im „Bauen mit dem Handwerk“ und in der Wertschöpfung innerhalb der Gemeinde. Hier stelle die Verwendung von lokalem Material einen Schlüssel für Engagement der Einwohner an neuen Bauprojekten dar. Mit zwei Projekten seines Architekturbüros verdeutlichte Bader, wie eine lokal angepasste und moderne Architektur unumgänglich sämtliche Aspekte der Nachhaltigkeit bediene. Es wurde dabei besonders deutlich, wie das frühzeitige Einbeziehen des Bauherrn in die Entscheidung zur Gebäude-Materialität von unrealistischem Wunschdenken befreit und natürliche, lokale Lösungen ermöglicht. Mit einem starken Abschlussstatement schloss Bernardo Bader seinen Vortrag in dem Wunsch, weiterhin auf Wärmedämmverbundsysteme verzichten zu können, so wie er das schon immer getan habe. 2.4.2

Session B - Nachhaltiges Bauen im Bestand

Abbildung 5: v.l.n.r.: Peter Haimerl und Muck Petzet; Cedric Delahais; Lauranne Marcel

Muck Petzet, Architekt aus München und Berlin, paraphrasierte in seinem Vortrag den Begriff der Neuen Architektur „New Architecture“ für seine These einer „New Rchitecture“ – einer Architektur der nachhaltigen Entwicklung, welche den Baubestand als Startpunkt einer jeden Entwicklung respektiere. Das „R“ in „Rchitekture“ stehe dabei als ein Akronym für die Planungsprinzipien „Reduce, Reuse, Recycle“. In einer bildreichen Präsentation führte Petzet zur Argumentation, dass nur eine Effizienzsteigerung allein nicht das Ziel sein könne. Außerdem habe der Effizienzgedanke häufig den sogenannten Rebound-Effekt zur Folge – eine Konsumsteigerung als Folge von effizienzsteigernden Maßnahmen. Petzet zeigte tatsächliche Problemstellungen auf, die zu bekämpfen seien: Eingriffe in Umwelt und bestehende Bausubstanz würden bei der Nachhaltigkeitszertifizierung nicht erfasst. Die graue Energie des Gebäudebestandes werde ebenso in der Energiebilanzierung vernachlässigt. Das Bevölkerungswachstum in Ländern, die noch in der Entwicklung sind, werde in der öffentlichen Diskussion untergraben, obwohl genau dort mit einem erhöhten Baubedarf zu rechnen sei.

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Gestützt von zahlreichen Argumenten appellierte Petzet dazu, eine effektive Strategie zur Energieeinsparung zu verfolgen, statt sich auf eine maximale Energieeffizienzsteigerung zu versteifen. Ein pragmatischer Ansatz, das Pareto-Prinzip (80/20-Prinzip) sei dabei von hoher Bedeutung. Man müsse beachten, dass bereits 80 % der Ergebnisse mit 20 % des Gesamtaufwandes erreicht werden können, für die restlichen 20 % der Ergebnisse jedoch mit 80 % die meiste Arbeit geleistet werden müsse. Mit diesen und ähnlichen Prinzipien wies Petzet darauf hin, dass Aufmerksamkeit, Analyse und Respekt für das Bestehende den wichtigsten Teil der Arbeit eines Architekten ausmachen sollten. Nur mit effektiven Umweltschutzmaßnahmen könnten tatsächliche Stellschrauben für eine nachhaltige Zukunft identifiziert und beeinflusst werden. Muck Petzet beendete seinen Vortrag mit dem erneuten Aufruf an Planer, umzudenken und sich vertieft und respektvoll mit dem Gebäudebestand auseinanderzusetzen. Cédric Delahais und Lauranne Marcel stellten in einem zweiteiligen Vortrag Studien des französischen Forschungsinstituts Cerema (Centre d'études et d'expertise sur les risques, l'environnement, la mobilité et l'aménagement) vor. Mit einer Einführung in den geschichtlichen Kontext der Normandie veranschaulichte Delahais den lokalen Gebäudebestand und vermittelte damit ein Gefühl für diese Architektur des Wiederaufbaus. In der vorgestellten Studie wurde aus der Baubestandsanalyse eine Gebäudetypologie der Normandie erstellt, um Gebäudetypen pauschal für energetische Sanierungsmaßnahmen erfassen zu können. Mithilfe von in-Situ Analysen, Thermografien und thermischen Computersimulationen wurden mögliche energetische Schwachstellen am Gebäudebestand bestimmt und Sanierungsmöglichkeiten hergeleitet. Delahais benannte wichtige Erkenntnisse über energetische Schwachstellen am Gebäudebestand als: -

fehlende Gebäudedämmung

-

Wärmeverluste über Außenwände, Fenster und Decken

-

unkontrollierte und hohe Lüftungswärmeverluste über die Fensterlüftung.

Weiter wurden in der Studie mögliche Sanierungsmaßnahmen für identifizierte Gebäudetypen erstellt. Wichtig war dabei, die Architektur des Gebäudebestands mit hoher Priorität beizubehalten. Zuletzt wurden Gebäudesanierungen nach Empfehlung der Studie durchgeführt und aufgezeichnet. Im darauffolgenden Vortrag präsentierte Lauranne Marcel „Prebat“, eine Studie über den Einfluss von Gebäudenutzern am Energiehaushalt von Gebäuden. Dazu wurden zwei Testhäuser mit umfangreicher Messsensorik ausgestattet, um Energieverbräuche und thermische Zustände im Gebäude erfassen zu können. Außerdem wurden Interviews mit den Gebäudenutzern geführt. Ziel der Studie war es, den tatsächlichen Energieverbrauch mit dem errechneten Energiebedarf abzugleichen und damit den Einfluss der Gebäudenutzer auf die Energiebilanz des Gebäudes einschätzen zu können. Frau Marcel benannte als zentrale Erkenntnisse der Studie -

Probleme in der Messsensorik

-

unerwartet hohe innere und solare Wärmegewinne, selbst im Winter

-

häufige, aufwändige und teure Instandhaltung von technischer Gebäudeausrüstung Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 11

-

eine über die Jahre abnehmende Luftdichtheit der Gebäudehülle

-

die Wichtigkeit von gedämmten Rohrleitungen

-

Saisonal-Wärmespeicher in Verbindung mit Wärmetauschern als großes Potential zur Energieeinsparung.

Zusammenfassend betonte Frau Marcel den großen Einfluss der Gebäudenutzer auf den Gebäudeenergiehaushalt. Sie verwies zudem auf die Fortführung von „Prebat“, und damit auf mögliche weitere Ergebnisse und Ausblicke der Studie. Peter Haimerl, deutscher Architekt, rief mit dem Aufruf „verweile doch“ dazu auf, Bestandsgebäude im Kontext ihrer Vergangenheit zu betrachten und diesen damit ein Recht auf Weiterbestehen zu verleihen. Ein altes Bauernhaus diente dabei als Illustration verschiedener Thesen. Zuallererst sei die Zukunft von Gebäuden immer ein Echo der Vergangenheit. Damit sei auch die Differenz zwischen Stilen der Vergangenheit und der Zukunft aufgehoben. Haimerl statuierte, jedes Gebäude erzähle seine eigene Geschichte. Weiter provozierte der Architekt mit der These, man brauche keinen Künstler, wenn man ein altes Gebäude nutzen könne. Dieses habe nämlich immer einen bildhaften Charakter – sei es durch historische Konstruktionen oder durch natürliche Verwitterung – und könne damit als Kunstobjekt wahrgenommen werden. In einer ganz eigenen Herangehensweise zeigte Haimerl auf, wie man sich des alten Gebäudes annehmen kann. Er erzählte mit dem Gebäude und über das Gebäude eine Fotogeschichte und nahm diese als Grundidee zur Gebäudesanierung. Dabei sollten bildgebende Elemente im Gebäude auch nach der Sanierung erhalten bleiben, selbst wenn diese nicht mehr in ihrer ursprünglichen Funktion verstanden, sondern als Kunstelemente interpretiert werden müssen. Haimerl führte die Bildergeschichte über das alte Bauernhaus fort, bediente sich historischer und religiöser Elemente und stellte schlussendlich den Bauherrn im Himmel dar – im frisch sanierten, paradiesisch anmutenden Bauernhaus mit Ziegen, Hühnern und Kälbern auf Sichtbetonelementen im Sonnenspiel. 2.4.3

Session C - Strategien für Klimagerechte Quartiere

Abbildung 6: v.l.n.r.: Christian Wagner und Mark Michaeli; Josef Mathis; Mark Michaeli

Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 12

Christian Wagner, Professor an der HTW in Chur, ging in seinem Vortrag „Places – Values – Visions“ im Speziellen darauf ein, dass ein Dorf als erstes eine Vision braucht, um nachhaltige Lösungen entwickeln zu können. Dies treffe in der Schweiz insbesondere in der Alpenregion zu, die durch aktuelle wirtschaftliche und klimatische Bedingungen vor große Herausforderungen gestellt sei. Am Beispiel der Gemeinde Fläsch erläuterte Wagner, wie anhand der in vielen Gesprächen entwickelten Zielvorstellung „Weindorf Fläsch“ eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung eingeleitet werden konnte. Die Herausforderung bei energetischen Entwicklungen sei vor allem der Konflikt mit der gleichzeitigen Erhaltung baukultureller Qualitäten. Dazu gehöre etwa auch, dass Sonnenkollektoren eine Dachlandschaft beeinträchtigen könnten, was beachtet werden müsse. Mark Michaeli, Professor an der TU München, geht in seinem Beitrag "Towards Sustainable Alpine Cities“ am Beispiel der Schweiz auf den großräumigen Zusammenhang ein, da dieser entscheidend sei für die Diskussion um Nachhaltiges Bauen in den Alpen. Der richtige Standort eines Gebäudes habe größten Einfluss auf die gesamte Energiebilanz. Je suburbaner ein Gebiet sei, desto mehr Verkehr entstehe. Es gelte zu beachten, dass speziell in den Alpen die räumlichen Unterschiede die gesellschaftliche Logik prägen – im Fokus der Überlegungen sollte deshalb eine differenzierende Siedlungsentwicklung stehen. Übergeordnete Strategien wie EUSALP würden hingegen Ansätze zur Homogenisierung aufweisen. Dabei spielt gemäß Prof. Michaeli die Infrastruktur als Steuerungsinstrument eine besondere Rolle, um den Flächenverbrauch zu vermindern. Da gewisse Themen weder auf (supra-) nationaler Ebene, noch von unten geplant werden können, trete der Maßstab der Region in den Vordergrund. Zudem gelte es, die Sektoralpolitiken besser zu koordinieren. Josef Mathis, Vorarlberg, ging in seinem Vortrag „Building Culture“ am Beispiel der Gemeinde Zwischenwasser auf die Wichtigkeit ein, die Bürger in den Prozess der Dorfentwicklung zu integrieren. Baukultur brauche Gesprächskultur. Zwischenwasser habe es dadurch beispielsweise geschafft, beim e5-Programm für energieeffiziente Gemeinden einen Spitzenrang einzunehmen. So konnten bereits vor Jahrzehnten mit großer Akzeptanz eine Solarschule und eine Solarsiedlung errichtet werden. In Zwischenwasser sei es gelungen, Baukultur zu fördern, indem man u.a. einen Gestaltungsbeirat eingesetzt habe und eine kostenlose Bauberatung anbiete. Zudem gelte es, gute Beispiele zu belohnen, etwa in Form von Auszeichnungen für gutes Bauen, anstatt die Schlechten zu bestrafen. Die Gemeindeverwaltung selbst habe zudem eine Vorbildrolle bezüglich nachhaltigem Bauen inne. So könne schlussendlich ein Schneeballeffekt entstehen, der gemeinsame Projekte ermögliche. Baukultur werde so zum Katalysator für zukunftsfähige Dörfer.

Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 13

2.4.4

Session D - Niedrigstenergiequartiere: Bauen im Bestand

Abbildung 7: v.l.n.r.: Emil Müller; Markus Berchtold-Domig; Etienne Vienot

Peter Zoderer von Feld 72 Architekten stellte in seinem Vortrag „Different but Familiar“ mehrere Projekte seines Büros aus Südtirol vor, bei denen neben dem ökologischen vor allem der soziale Faktor im Vordergrund stand. Baukultur bedeutet für Zoderer, dass ein Projekt mit der Gemeinschaft entwickelt werde. In solch gemeinschaftlich entwickelte Projekte könnten Niedrigenergie-Konzepte problemlos integriert werden. So konnten Feld 72 Architekten auch in kleineren Orten architektonisch und energietechnisch hochwertige Bauten realisieren, die durch große Volumen eine hohe städtebauliche Dichte aufweisen. Bei Verdichtungen im Dorf müsse vor allem Wert auf die Qualität des kollektiven Freiraums gelegt werden. Dieser habe als Aneignungsraum und Treffpunkt einen wichtigen Stellenwert. Die Essenz der Architektur ist für Zoderer demnach „nichts architektonisches“, wie er zum Schluss betont. Markus Berchtold-Domig und Etienne Vienot stellten die Diskussion mit dem Publikum über die Harmonisierung und die europäischen Strategien in den Vordergrund ihres Beitrages zu „CESBA and EUSALP-Strategy“. In einem kurzen Input erläuterten sie, dass sich die CESBA bereits seit langer Zeit damit auseinandersetzt, wie es möglich sein könnte, alpenweite Indikatoren zur Operationalisierung der unterschiedlichen Messmethoden der Länder zu etablieren. Die Frage sei, ob trotz der europäischen Regulierungen genug Platz bleibe für lokale und regionale Spezialisierungen. In der Diskussion stellte sich unter anderem heraus, dass der Begriff Harmonisierung schwierig zu definieren ist. Eine differenzierte Meinung über Harmonisierung könne erst formuliert werden, wenn der Begriff klar definiert sei. Markus Berchtold-Domig und Etienne Vienot hoben folgenden Kernpunkt hervor: „We have to bring the regional and local specialities to Brussels“. Dafür müsse es allerdings möglich sein, die Nachhaltigkeit eines Gebäudes auf regionaler Ebene zu vergleichen. Das Ziel von CESBA sei es, diesen Prozess im Dialog mit der Bevölkerung zu gestalten. Emil Müller, Gemeindepräsident von Zernez, ging in seinem Vortrag „Project Zernez Energia 2020“ auf die Planung und die Umsetzung eines Energiekonzeptes für eine ganze Gemeinde ein. Das Projekt „Zernez Energia 2020“ wurde zusammen mit der ETH Zürich entwickelt und basiert auf einer genauen Aufnahme des Gebäudebestands, anhand welcher eine Gesamtstrategie entwickelt wurde. Ziel sei es, in Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 14

Zukunft den gesamten Energiebedarf aus eigener erneuerbarer Energie zu liefern. Die Finanzierung geschehe über einen Energiefonds, in den alle Bewohner einzahlen. Emil Müller verschwieg nicht, dass die Umsetzung auch mit Schwierigkeiten behaftet sei und gar ein Scheitern des Projekts nie ausgeschlossen sei. So würden etwa die tiefen Ölpreise den Umstieg auf nachhaltigere Heizsysteme erschweren. Auch scheine es, dass die beträchtlichen Subventionen für gewisse Bürger noch zu wenig Anreize zur Sanierung schaffen würden. 2.4.5

Session E - Ganzheitliche Gebäudeplanung und Zertifizierungssysteme

Abbildung 8: v.l.n.r.: Nadège Vetterli, Simone Magdolen, Stefano Prosseda

Simone Magdolen, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule München, beleuchtete in ihrem Vortrag verschiedene Herangehensweisen an die Beurteilung von Nachhaltigkeit im Gebäudesektor. Ein großer Nutzen von Nachhaltigkeits-Zertifizierungssystemen im Gebäudesektor zeige sich in der Qualitätssicherung durch einen Auditor, durch die Projektsteuerungsfunktion über Checklisten oder durch einen nun etablierten Wettbewerb im nachhaltigen Bauen. Außerdem helfe eine umfangreiche Dokumentation der Vermarktung von Gebäuden und der Erstellung von Benchmarks im Bausektor. Nach einer Vorstellung der etablierten Zertifizierungssysteme DGNB und BNB, verdeutlichte Magdolen den Bedarf für weitere Zertifizierungssysteme zur Bilanzierung von Kleinwohnungen. Ein Baubedarf von weiteren 2,9 Millionen Wohnungen bis 2025 lasse nachvollziehen, warum eine Beschäftigung mit dem Markt für energieeffiziente Kleinwohnungen lohnenswert ist. Dabei bestehe die Herausforderung darin, die Bewertung möglichst praktikabel, zeitsparend und kostengünstig zu gestalten. Mit dem Bewertungssystem „Nachhaltiger Kleinwohnhausbau“ (BNK) stellte Frau Magdolen den Ansatz zur Umsetzung des Zertifizierungssystems vor. Abgeleitet von dem DGNB System beschränke sich dieses auf 19 Bewertungskriterien und verzichte außerdem auf größere Bewertungskategorien wie auf die Bewertung der technischen Qualität und des Gebäudestandorts. Mit einem Ausblick auf weitere Entwicklungen von Zertifizierungssystemen, insbesondere für Gebäude in alpinen Regionen, schloss Magdolen ihren Vortrag. Stefano Prosseda von TIS Innovation Park verdeutlichte in seinem Vortrag über Nachhaltigkeitskonzepte die Wichtigkeit unternehmerischer Innovation für das Nachhaltige Bauen. Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 15

Die Eingangsfrage, wie viele Besucher der Alpenbaukonferenz aus dem Unternehmertum kommen, stand dabei stellvertretend für das geringe Engagement von Unternehmen im Nachhaltigen Bauen. Fast ausschließlich Planer und Architekten seien die Treiber für Nachhaltigkeit im Bauwesen. Mit einem vier-Punkte Plan zeigte Prosseda, wie die Land- und Handelskammer IDM Südtirol unternehmerische Innovation fördere. Dabei übernehme IDM Südtirol die Kommunikation in neu gegründeten Arbeitsgruppen wie zum Beispiel der Arbeitsgruppe Fassade mit 22 beteiligten Institutionen. Im Bereich der Innovationsförderung organisiere IDM Südtirol Projekte für Professoren und Studenten, wobei diese in kleineren Unternehmen forschen und damit eine Schnittstelle zwischen Markt und Betrieb bilden. Mit Unternehmensstrategien unterstütze die Land- und Handelskammer Startup-Gründungen für mehr innovative Unternehmen in der Region Südtirol. Lobbyarbeit in Ausschüssen zu Regelwerken und Vorschriften seien ein viertes Aktionsfenster der IDM Südtirol zur Förderung von innovativen Unternehmen. Prosseda schloss seinen Vortrag mit der These, dass nur mit beidseitiger Innovationsbereitschaft, auf planerischer sowie auf unternehmerischer Seite, der Nachhaltigkeitsgedanke im Bausektor konsequent umgesetzt werden könne. Nadège Vetterli präsentierte ihre Arbeiten an der Universität Luzern im Bereich „Gebäude als System“. Als Beispiele für den systematischen Ansatz eines Gebäudes dienten dabei die Monte Rosa Alpenhütte und das Suurstoffi Projekt. Bei der Alpenhütte sei völlige Energieautarkie gefordert gewesen, da diese nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen ist. Komfortable Raumlufttemperaturen, eine hygienische Luftqualität, die Frischwasserversorgung, die Warmwasserbereitstellung und auch die Abwasseraufbereitung müssten in einem gesamten System für die alleinstehende Hütte gewährleistet werden. Die intelligente Umsetzung dieses Systems wurde von Frau Vetterli ausführlich erklärt. Dabei wurden Photovoltaikanlagen, solarthermische Anlagen und eine mikrobiologische Abwasserbehandlung für das Energiesystem installiert. Eine völlig andere Herausforderung bestand in der Vernetzung vieler Gebäude durch öffentliche Infrastruktur. Während die Versorgung der Gebäude bislang meist direkt von zentralen Anlagenbetreibern ausgehe, wurde in dem Forschungsprojekt Suurstoffi untersucht, wie Gebäude miteinander vernetzt Energie bereitstellen und verbrauchen könnten. Saisonale Wärmespeicher in Form von Erdsonden oder Niedertemperaturnetzen in Verbindung mit Wärmepumpen dienten dabei als günstige Systeme einer vernetzten Energieversorgung. Mit einer Auswertung von Messergebnissen im Suurfstoffi Projekt verwies Frau Vetterli auf den dringenden Bedarf, den tatsächlichen Energieverbrauch zu protokollieren und diesen mit den berechneten Prognosen zu vergleichen. Nadège Vetterli beendete ihren Vortrag mit der Aufforderung zu weiterer Forschung und zu mehr Lösungen, die ein Gebäude, ob völlig autark oder gänzlich vernetzt, als energetisches System untersuchen.

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3

Statements der Session Chairmen

Abbildung 9: v.l.n.r.: Jakob Dietachmair, Martin Ploss, Oliver Heiss; Nadja Häupl; v.l.n.r.: Jakob Dietachmair, Martin Ploss, Oliver Heiss, Roberto Lollini

Martin Ploss resümierte die Session A in Form von vier Punkten. Punkt eins stellte die Frage dar, wie Architektur, Ortsplanung und Energieeffizienz zusammen funktionieren können. Die Immobilienwirtschaft wünsche eine Nicht-Reglementierung und kritisiere teilweise Gestaltungsbeiräte. Es gehe hierbei darum, den Konflikt zu entschärfen zwischen der Immobilie als Wirtschaftsfaktor auf der einen Seite und als Architektur und Teil des Ortsbilds auf der anderen Seite. Punkt zwei bildete laut Ploss der Zusammenhang zwischen der energetischen Qualität eines Gebäudes und den Nutzeransprüchen. Hier gelte es, suffizienter zu denken und zu handeln, die zeitliche Bewirtung der Hütten zu beachten und schließlich aus den extremen Bedingungen in Alpenlagen zu lernen. Als dritten Punkt nannte Ploss den Einfluss des Energiemarkts auf das einzelne Gebäude ebenso wie der Einfluss eines Gebäudes auf den gesamten Energiemarkt. Es sei eine hohe energetische Qualität nötig, wenn der Strombedarf gedeckelt werden solle. Energiesparmaßnahmen seien deshalb unumgänglich, da zur erneuerbaren Erzeugung des aktuellen Strombedarfs schlichtweg nicht genügend Fläche zur Verfügung steht. Schließlich sprach Ploss als vierten Punkt die Wirtschaftlichkeit an. Der Versuch der Kostenminimierung verhindere viele Maßnahmen. Deshalb seien weitergehende Kosten-Nutzen-Analysen nötig, welche alle Phasen des Lebenszyklus eines jeden Gebäudes einbeziehen. So würde sich zeigen, dass energiesparendes Bauen, etwa auf dem Level des Passivhausstandards, nicht unwirtschaftlich sei. Oliver Heiss verdeutlichte in einer Zusammenfassung der Session B, dass es sich speziell in den Alpen um bautechnisch extreme Situationen handle, für die Lösungen anderer Art gefragt seien als in anderen Gegenden. Es gäbe jedoch auch hier technische und konstruktive Konzepte, die energetisch hervorragende Gebäude auch im Plusenergiestandard ermöglichten. Muck Petzet sei diesbezüglich der Frage nach den Systemgrenzen nachgegangen. Er habe betont, dass der Bestand als Wert in die Rechnung mit einzubeziehen sei. Es gehe nicht um die Frage, wie effizient wir seien, sondern wie effektiv, so Petzet. Lauranne Marcel und Cédric Delahais aus Frankreich hätten Lösungen gefunden, indem sie eine lokale und kleinteilige Typologisierung vorgenommen hätten. Sie hätten deutlich gemacht, dass die Bedeutung der Nutzer in die Berechnungen aufzunehmen sei. Die Frage sei hierbei, ob die Technik dem Nutzer helfe oder der Nutzer der Technik. Peter Haimerl schließlich habe hervorgehoben, dass jedes Gebäude es wert sei, im Kontext seiner Vergangenheit betrachtet zu werden. In den Berechnungssystemen spielten Geschichte, Ort und Personen bisher überhaupt keine Rolle, weshalb gemäß Haimerl eine Überarbeitung dieses Ansatzes und Neubewertung des Gebäudebestands angebracht wäre.

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Jakob Dietachmair erklärte im Rückblick auf Session C, dass diese besonders durch die Zusammensetzung aus Vertretern der Gemeindeebene, Länderebene und nationalen Ebene ausgezeichnet wurde, wodurch neue Zusammenhänge aufgezeigt werden konnten. Dietachmair präsentierte drei zentrale Diskussionspunkte. Der erste Punkt sei die Wichtigkeit der Kommunikation und ihre sehr frühe Integration in den Entwurfsprozess. Als Beispiel für eine gelungene Kommunikation könnten etwa die Maßnahmen in Zwischenwasser gesehen werden, wozu die Energieplakette oder ein Dorffest gehören oder wie es Josef Mathis sagte: „Es gibt kein Projekt, das zu klein ist, um nicht ein Fest dafür zu veranstalten“. Der zweite Punkt sei, dass eine Gemeinde und auch die Regionen Visionen brauchen und auf diese Visionen müsse ein Projekt immer wieder überprüft werden. Als Drittes hätten die Referenten verdeutlicht, dass es wichtig sei, Synergien zu nutzen, sowie die projektspezifischen, verschiedenen Nutzergruppen zu berücksichtigen. Wenn diese Dinge beachtet würden, so Dietachmair, könne dies zu einer positiven Wahrnehmung der Kultur und der Landschaft beitragen. Nadja Häupl stellte fest, dass in der Vielfalt der Sprecher der Session D - vom Architekten über Beobachter bis zum Gemeindepräsidenten - die Tiefe des Themas sehr gut abgedeckt wurde. Peter Zoderer sei auf den Punkt Energieeffizienz eingegangen und habe verdeutlicht, dass auch Flächenverbrauch und Nutzerdichte beachtet werden müssten. Zoderer habe die Frage aufgeworfen, ob ein Einfamilienhaus überhaupt nachhaltig sein könne. In seinen Augen brauche es auch in den Alpen mehr genossenschaftlichen Wohnungsbau, welcher jedoch mit einer hohen Qualität des öffentlichen Freiraums einhergehen müsse. Markus Berchtold-Domig und Etienne Vienot hätten sich mit den Kernfragen befasst, ob und wie man Standards harmonisieren könne und welche Indikatoren und räumliche Maßstäbe gelten sollten. Der Vortrag habe verdeutlicht, dass noch mehr diskutiert werden müsse, in welchem Grad Harmonisierung sinnvoll sei. Emil Müller aus Zernez habe insbesondere die Umsetzung eines Energiekonzepts mit der Bürgerschaft in den Vordergrund gestellt. Dabei seien einfache Kommunikationsmittel wichtig, um die Bevölkerung zu motivieren. Nadja Häupl fand es besonders interessant, wie Emil Müller darstellte, dass der Erfolg eines Projekts, trotz Rückhalt und Zuschüssen, abhängig sei vom wirtschaftlichen und politischen Umfeld wie etwa der Wasserkraft oder vom Heizölpreis. Roberto Lollini brach den Inhalt der Session E auf die kurze, aber komplexe Frage herunter, wie man Nachhaltigkeit umsetzen könne. Selbstverständlich gehe es dabei um klimatische Faktoren und um Ressourcen. Daneben spielten aber auch die Unternehmen eine große Rolle, wie Stefano Prosseda aufgezeigt habe. Wie können beispielsweise Innovationsprozesse angestoßen werden und wo können Unternehmen investieren? Die Session E habe außerdem gezeigt, dass die Komplexität der Berechnungsmethoden die Umsetzung erschwere. Die Bewertung sei aus dem Kontext zu entwickeln. Zudem müsse der Komfort in die Bewertung einfließen. Es seien Dienstleistungen zu entwickeln, die speziell die Zertifizierungs- und Anfangsphase abdeckten. Für eine gute Qualität im Bauwesen brauche es diese Unterstützung in energetischen Themen. Lollini erwähnte abschließend sechs Punkte, die ihm in Bezug auf seine Session entscheidend erschienen. 1.

Einfachheit, das heißt, dass die Systeme und Prozesse verständlich gemacht werden sowie die Instandhaltung in die Berechnung einbezogen wird

2.

Robustheit

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3.

Flexibilität in Bezug auf die Zweckbestimmung eines Gebäudes und auf das Klima

4.

Machbarkeit im Sinne einer Ausgewogenheit zwischen Zeit und Nutzen. Dazu könnten Business Modelle für Energieeffizienz beitragen

5.

Prüfbarkeit: Projekte sollen über theoretische Modelle, aber auch über Monitoring überprüft werden, um dadurch zu besseren Lösungen zu gelangen

6.

Ein multi-disziplinärer Denk- und Arbeitsansatz sowie das Einbeziehen von allen Beteiligten im Sinne einer Partizipation sind für die Entwicklung und Umsetzung von NiedrigstenergieMaßnahmen zwingend erforderlich.

4

Kurzzusammenfassung der Stakeholder

Abbildung 10: v.l.n.r.: Florent Moretti, Wolfgang Thaler, Saša Galonja, Peter Büchel; Florent Moretti; v.l.n.r.: Wolfgang Thaler, Saša Galonja, Peter Büchel, Günther Hoffmann

Florent Moretti vom Französischen Ministerium für Wohnungsbau und territoriale Gleichheit begann seinen Vortrag mit einer Zusammenfassung der klimapolitischen Ziele in Frankreich. Dabei sei die Reduktion von Atomstrom von oberster Priorität, außerdem solle der generelle Strombedarf reduziert werden und Plusenergiehäuser gefördert werden. Moretti wies darauf hin, dass für Investitionen im Gebäudesektor nicht allein der Heizwärmebedarf relevant sei. Eine Vernetzung von Gebäuden in der Stadt sei ebenso wichtig wie die individuelle Energieeffizienz im Gebäude. Auch müsse an Gebäuden die CO2 Bilanz von Baustoffen betrachtet werden. Dabei hätten biogene Baustoffe für das zukünftige Bauen ein großes Potential. Als Maßnahmen für die energetische Ertüchtigung des Gebäudebestands verwies Moretti auf drei relevante Aspekte: -

Durch Beratung und neues Lobbying müssten neue Plattformen geschaffen werden, die über nachhaltiges Bauen aufklären.

-

Finanzierungsmodelle müssten etabliert werden, um nachhaltiges Bauen zu ermöglichen.

-

Das Nutzerverhalten müsse zukünftig eine größere Rolle für die Auswahl der Energiesysteme spielen.

Moretti gewährte mit seinem Vortrag einen Einblick in die klimapolitischen Ziele für den Gebäudesektor und forderte zu einer aktiven Teilnahme an der Energiewende auf. Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 19

Wolfgang Thaler von der italienischen Architektenkammer stellte in seinem Vortrag zunächst die Provinz Bozen und Südtirol vor. Zum Thema energetische Maßnahmen an Gebäuden nannte Thaler konkrete Schritte in Richtung energieeffizientes Bauen in Italien. Dabei sei besonders die „klimahaus“ Initiative zu erwähnen. Mit einem Rückblick auf Kulturgrund und Raumplanung in Bozen verwies Thaler auf das enorme Potential für energetische Sanierungen des Gebäudebestands in der Region Bozen. Für den Raum Südtirol könne dies insbesondere durch Gebäudeerweiterungen und Aufstockungen umgesetzt werden. Bauherren müssten dabei nicht einmal groß finanzieren – sie müssten lediglich eine Aufstockung an ihrem Gebäude zulassen. Eine weitere Maßnahme zum Umweltschutz im Bauwesen sah Thaler im Einsatz wiederverwertbarer Materialien. Mit einer Gesetzeseinführung, welche vorschreibt, 15% aller Baumaterialen müssten im Neubau wiederverwertbar sein, sieht Thaler ein weiteres Potential für eine nachhaltige Baukultur im Südtiroler Raum. Saša Galonja vom slowenischen Ministerium für Umwelt und Raumplanung gewährte mit seinem Vortrag einen Einblick in die slowenische Baukultur und deren Gesetzgebung. Dabei wurden die gesetzesmäßigen Anforderungen an die thermische Gebäudehülle und an den Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudesektor vorgestellt. Außerdem sei die Anforderung, Holz im Gebäude zu verbauen, maßgebend für einen Trend zur Holzbauweise. Interessant sei diese Anforderung insbesondere darum, weil auch die traditionelle slowenische Bauweise fast ausschließlich Holz als Werkstoff benutzte. Nach ca. 200 Jahren anderer Bauweisen sei nun wieder ein Trend zur Holzbauweise erkennbar. Galonja erklärte, dass für Gebäudesimulationszwecke und zum Zwecke der Forschung in Slowenien Klimadaten aufgezeichnet und ausgewertet werden würden. Hierdurch sei ein merklicher Anstieg des Klimas innerhalb der letzten 30 Jahre erkennbar. Gestützt von Fonds für energieeffizientes Bauen registriere man in Slowenien ein erhöhtes Aufkommen von Gebäudesanierungen – insbesondere in Geschosswohnungsbauten. Galonja verwies aber auch auf Probleme in der slowenischen Energiewende. So werden Investitionen primär von wohlhabenden Gebäudebesitzern getätigt. Einkommensschwächere Haushalte müssten für die energetische Gebäudesanierung besser unterstützt werden. Es sei außerdem schwierig, ein Verständnis für eine nachhaltige Bauweise zu vermitteln, da bisweilen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz als Synonyme verstanden würden. Für die besondere Situation der alpinen Region verwies Galonja auf die folgenden Arbeitsfelder: -

Sanierung des Gebäudebestands

-

Schulung der Bevölkerung im Bereich Nachhaltigkeit und Energieeffizienz

-

Förderung von Holzbauten

-

Menschen müssten in der Region gehalten werden

-

Ausbau von Telekommunikationssystemen

-

Energieautarkie für Alpenbauten.

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Peter Büchel vom Club Arc Alpin e.V. stellte in seinem Vortrag über Alpenhütten die These auf, Berg und Tal könnten voneinander lernen. Dabei seien vor allem die Technologievielfalt im Tal und die Robustheit und Flexibilität von Alpenhütten relevant. Thaler betonte die Wichtigkeit sich interdisziplinär auzutauschen. Die Alpenbaukonferenz diene dabei als gute Plattform, um verschiedene Fachdisziplinen zu diskutieren und dabei voneinander zu lernen. Auch Alpenhütten seien ein gutes Beispiel des interdisziplinären Planens. Transportbedingt werden Alpenhütten mehrheitlich aus Holz gebaut, das Knowhow zum Bau komme aus dem Tal. Die Monte Rosa Hütte verkörpere einen Ansatz des Suffizienten Bauens. Büchel rief außerdem Planer dazu auf, ehrlich zu sein, insbesondere bei der Diskussion zu passiven und aktiven Gebäudekomponenten. Ein einziges Prinzip sei dabei nicht zwingend erstrebenswert. Passive und aktive Gebäudekomponenten könnten sehr gut, und müssten sogar teilweise, zusammen funktionieren. Weiter verdeutlichte Büchel sehr anschaulich, wie energieeffektiv gedacht werden kann. Bei Alpenhütten mache die Bereitstellung der Gebäudeenergie lediglich 1 % des gesamten Energieverbrauchs aus, den ein Besucher für dessen Erholungstätigkeit benötigt. Dabei stünden mindestens 90 % des Energieverbrauchs in Form eines Autos im Tal. Günther Hoffmann, Ministerialdirektor und Leiter der Bauabteilung im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit bekräftigte mit einem abschließenden Statement zur Alpenbaukonferenz, dass der Themenschwerpunkt der Alpenbaukonferenz „Niedrigstenergiegebäude“ richtig gesetzt sei. Man merke, dass die Diskussion nicht nur technisch geführt werde, sondern ebenfalls andere Themenschwerpunkte bediene. Hoffmann forderte auf, die Diskussion um Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Kreislaufwirtschaft weiterzuführen und dabei insbesondere die Themenbereiche Lebenszyklusbetrachtung und graue Energie zu vertiefen. Die Alpenregion könne dabei eine Vorreiterrolle einnehmen, da diese als eine Region der Extreme gelte. Die Diskussion im Alpenraum bringe bauliche Problemstellungen auf den Punkt (scherzhaft: auf die Spitze) und finde Lösungen dafür. Mit dem Statement, man solle über gute Beispiele sprechen und schlechte Beispiele nicht verschweigen, gab Hoffmann ein positives Feedback zu den vorangegangenen Vorträgen. Er resümierte, es gelte weiterhin Wohnraum zu schaffen, systemisch, ressourceneffizient und kostenbewusst zu bauen und dabei den Klimaschutz voranzutreiben. Hoffmann beendete seinen Vortrag mit der Ermutigung an die Anwesenden zum Weiterreden, Weiterdenken, Weitermachen!

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5

Diskussion

Abbildung 11: Fragen aus dem Publikum und Antworten vom Podium; Pinnwände mit Fragen/Anmerkungen

Nach den Vorträgen wurde im Rahmen einer Diskussion auf Fragen aus dem Publikum näher eingegangen. Im Folgenden werden die wichtigsten Kernpunkte der Diskussion zusammengefasst: Mobilität und Zersiedelung im Alpenraum Aus der Überlegung, dass durch die stark flächige und disperse Besiedlung der Alpen sehr viel Energie für Mobilität aufgewendet wird, entstand die Frage, ob eine Rücksiedlung denkbar wäre. Nach Meinung der Referenten ist eine systematische Rücksiedlung definitiv nicht vertretbar. Eine Rücksiedlung in zentralere Lagen wäre fatal für die Infrastruktur der Alpen, deren Durch- und Überquerungsmöglichkeiten sowie Übernachtungsmöglichkeiten absolut abhängig von Besiedlung sind. Kleine Siedlungen schafften Netze der Kommunikation, der Energieversorgung und der Absicherung. Bestehende Dörfer und Gemeinden hätten folglich uneingeschränkte Relevanz. Darüber hinaus stelle das Siedeln in den Alpen einen hohen kulturellen Wert dar. Der Energieaufwand für Mobilität könne vielmehr durch Infrastrukturprojekte und zentrale Versorgungseinheiten wie Schulen, Wärmeerzeugung und anderes reduziert werden. In diesem Bereich existierten bereits mehrere Pilotprojekte. Suffizienz als Leitgedanke für Entwicklungen im Alpenraum In der Folge wurde über die Frage diskutiert, ob eine Debatte über bedeutende Veränderungen aufgrund von Energiefragen überhaupt moralisch vertretbar sei, da es trotz allem um die Existenz der Bewohner dieser Regionen gehe. Mit großer Akzeptanz und Relevanz wurde die Frage aus dem Publikum betrachtet, ob die Alpenregion tatsächlich noch mehr Stauseen und Flächen für Energieinfrastruktur benötige, beziehungsweise ob bei deren Anlegen nicht die Ortsgebundenheit vieler dort lebender Menschen verletzt würde. Sowohl die Referenten als auch das Publikum sahen hiervon den Tourismus im Besonderen betroffen. Man müsse den Sprung schaffen vom Massentourismus zu einem Qualitätstourismus. In diesem Zusammenhang wurde über Suffizienz gesprochen und darüber, dass der Ausspruch „Less is more“ auch für den Alpentourismus gelte. Hier sei das eigene Anspruchsdenken jedes einzelnen Alpenurlaubers zu überdenken.

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Die Erwähnung des Suffizienzgedankens warf die Frage auf, wie das Prinzip der Suffizienz zukünftig besser vertreten werden könne, da dieses doch stets einhergehe mit dem Begriff „weniger“. Die Lösung wurde hier in einer Überzeugung der Bevölkerung gesehen. Es wäre wichtig, dass den Bewohnern der Alpen ebenso wie den alpinen Urlaubern bewusst wäre, dass Reduzierung und Entschleunigung ein Gewinn sein können. Hier tauchte erneut ein Verweis auf das Wort „Qualitätstourismus“ auf. Gesetzliche Vorgaben im Konflikt mit neuen Entwicklungen Aus dem Publikum wurde die Feststellung geäußert, dass Planer, Bauherren, Institutionen etc. im Bereich der Regularien häufig an die von den Ländern selbstgeschaffenen Grenzen stoßen würden. Was könne man also verändern, damit das normative System besser funktioniert? Hierzu kamen zwei Lösungsansätze zur Sprache. Zum einen sei beispielsweise in Italien festzustellen, dass sich in den letzten 60 Jahren viele Instrumente betreffend Messung, Aufzeichnung und Zertifizierung von Bauprojekten und Energiethematiken geändert hätten. Es müssten demnach nicht Regularien neu erfunden werden, vielmehr müssten die Instrumente neu eingesetzt werden. Mit neuen Messinstrumenten entstünden dabei neue Lösungen. Zum anderen wurde Kommunikation als eine Stellschraube in diesem Bereich angesprochen. Etwa der Verband von Architektenkammern verschiedener Länder in Südtirol befördere einen solchen Dialog, mit dem Regularien neu beeinflusst werden könnten. Bedürfnisse des Nutzers im Konflikt mit energetischer Optimierung Ein wichtiges Anliegen der Zuhörerschaft war es außerdem, auf den Bewohner respektive Nutzer als den eigentlichen Beweggrund für einen architektonischen Entwurf näher einzugehen. Es sei festzustellen, dass durchaus Nutzungs- und Interessenskonflikte insbesondere bei energetisch vorbildlich ausgeführten Gebäuden auftreten können. Hierbei wurden beispielsweise emotionale und gesundheitliche Aspekte angesprochen, die gegen die Installation von Photovoltaik auf dem Dach des eigenen Hauses sprächen. Unter den gleichen Gesichtspunkten wie andere gesundheitsbeeinträchtigende Eigenschaften von Gebäuden, etwa das „Sick Building Syndrome“ oder Auswirkungen durch die Luftqualität, sollten auch die Folgen eines „Solarkraftwerks“ in direkter Nähe des Schlafplatzes untersucht werden. Aus dieser Diskussion wurde erkenntlich, dass Referenten wie Gäste dieses Thema als besonders wichtig erachten und die Debatte über den Menschen im Mittelpunkt bei energetischen Themen befördert werden sollte. Anmerkungen zur Konferenz im Allgemeinen Im Laufe der Diskussion kam die Anmerkung zur Sprache, dass auf den Podiumsplätzen auffallend wenige Frauen zu sehen seien. Es wäre interessant, hier zukünftig ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis zu schaffen, da dies eine andere Argumentationsstimmung in die Debatte einbringen könne. Des Weiteren wurde vorgebracht, dass bei einer nächsten Alpenbaukonferenz der alpine Kontext in Bezug auf Gebäude noch näher betrachtet werden sollte. Dabei sei nicht nur der landschaftliche oder städtebauliche Kontext interessant, sondern auch lokale Fähigkeiten, Infrastrukturen und lokale Mobilität spielten eine Rolle. Beispielsweise aus dem 2000-jährigen Umbau der Stadt Garmisch lasse sich eventuell eine Entwicklung für die nächsten 40 Jahre prognostizieren.

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Anhang . A Kurzfassung des Berichts 1

Vorbemerkungen

Das internationale Abkommen der Alpenkonvention entstand zwischen den acht Alpenstaaten Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz und Slowenien sowie der Europäischen Union und verfolgt das Ziel, die nachhaltige Entwicklung des Alpenraums zu fördern. Die Bundesrepublik Deutschland hat anlässlich der XIII. Alpenkonferenz am 21. November 2014 in Turin von Italien den Vorsitz der Alpenkonferenz übernommen. Der deutsche Vorsitz endet mit der XIV. Alpenkonferenz am 13. Oktober 2016 auf der Insel Herrenchiemsee. Als Teil des Programms des deutschen Vorsitz fand am 16./17.03.2016 in Garmisch-Partenkirchen die "1st Alpine Building Conference: Towards Net Zero Energy Buildings (NZEB)“ statt. Organisiert wurde die Konferenz vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gemeinsam mit der Bayerischen Architektenkammer, der Technischen Universität München und mit Unterstützung des Ständigen Sekretariats der Alpenkonvention. Im Rahmen der Konferenz sollten die Themenfelder "Niedrigstenergiegebäude" und „nachhaltige Quartiere“ im Zusammenhang mit dem Bauen im Alpenraum dargestellt und erörtert werden, um hieraus Impulse für die weitere Zusammenarbeit der Alpenstaaten zu Bauthemen sowie zur nationalen Umsetzung des Niedrigstenergiegebäude-Standards zu geben. Vor dem Hintergrund der spezifischen Eigenheiten des Alpenraums waren topographische, klimatische, kulturelle sowie materialbezogene und handwerkliche Aspekte unter Beachtung der im Alpenraum vorhandenen vielfältigen, regionalen Baukultur besonders zu berücksichtigen. Die Konferenz bot für die Alpenländer die Gelegenheit für einen grundlegenden Austausch zu Erfahrungen und Best-Practice-Bespielen sowohl im Neubaubereich als auch der Modernisierung und Renovierung von Bestandsgebäuden. Zudem wurde die Entwicklung zukunftsfähiger Konzepte für Stadtquartiere sowohl im Bereich des Stadtumbaus als auch der Neuentwicklung von Siedlungen besonders berücksichtigt. Die Beiträge aus den Mitgliedsstaaten der Alpenkonvention zielten daher darauf ab, Strategien und Lösungsansätze vorzustellen, die vor dem Hintergrund der lokalen Baukultur die Umsetzung von Niedrigstenergie-Gebäuden und –Quartieren unterstützen. Neben den Vorträgen von international anerkannten Fachleuten wurde der interdisziplinäre Austausch zwischen Entscheidungsträgern auf gesellschaftlich-politischer Ebene, Architekten, Planern und Ingenieuren sowie Vertretern aus der Forschung gefördert. Im Rahmen einer breit angelegten Diskussion wurden die Konferenzteilnehmer in die Auseinandersetzung mit den genannten Fragestellungen aktiv eingebunden. Insgesamt besuchten die Konferenz über 250 Teilnehmer aus den Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Frankreich, Liechtenstein, Slowenien, Slowakei und Großbritannien. Die aus dieser ersten Alpenbaukonferenz gewonnenen Erkenntnisse und Empfehlungen werden in einem eigenständigen Dokument zusammengefasst.

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2

Eröffnung

Hans-Dieter Hegner, Ministerialrat im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, eröffnete die Konferenz. Er wies auf ihre Wichtigkeit hin insbesondere im Hinblick auf die Neufassung der EU Richtlinie zur Niedrigstenergiegebäuderegelung, welche ab 2021, beziehungsweise bereits ab 2019 für Bauten der öffentlichen Hand, umzusetzen ist. Der Fokus der Konferenz liege auf den Themen Neubau und Modernisierung. Der Themenbereich Niedrigstenergiegebäude könne dabei nicht unabhängig von Baukultur betrachtet werden. Hegner erhoffte sich durch die Konferenz einen langfristigen Austausch in diesem Bereich zu initiieren. Markus Reiterer, Generalsekretär der Alpenkonvention, wies in seinem Grußwort darauf hin, dass das Thema Bauen bereits seit Gründung der Alpenschutzkonvention in deren Diskurs eine wichtige Rolle spiele und fest im Themenbereich Energie verankert sei. Er sieht ein großes Verbesserungspotenzial im Hinblick auf das nachhaltige Bauen in den Alpen. Dieses Potential könne u.a. über Wettbewerbe und Preise durch die hierdurch unterstützte Bewusstseinsbildung der Bevölkerung genutzt werden. Er wünsche sich einen regen Expertenaustausch und hoffe auf eine Fortsetzung der Veranstaltung in den kommenden Jahren. Andreas Kronthaler von der Obersten Baubehörde Bayern erläuterte im Rahmen seiner Begrüßung, in welchen Bereichen des energieeffizienten Bauens Bayern bereits heute herausragende Initiativen und realisierte Projekte vorzuweisen hat. Energiethemen spielen in der Wohnbauförderung und der Städtebauförderung sowie in Sonderbauprogrammen eine wichtige Rolle. Rudolf Scherzer, Vizepräsident der Bayerischen Architektenkammer, wies in seiner Rede auf die Dringlichkeit hin, die mit der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie dem Thema des energieeffizienten Bauens zukommt. Dabei müsse insbesondere der Einbezug der Infrastruktur und des Umfelds, der grauen Energie sowie der Einfluss der Nutzer diskutiert werden. Die Alpen bildeten dabei als infrastrukturell und kulturell komplexer Raum eine gute Diskussionsgrundlage. Werner Lang, TUM betonte, dass es im alpinen Raum im Besonderen darum gehe, individuelle und lokal auf die jeweils vorhandenen Bedingungen angepasste Antworten auf verschiedenen Maßstabsebenen sowohl für den Neubau als auch den Bestand zu finden. Vor diesem Hintergrund wurden die Themenbereiche der Konferenz im Hinblick auf die Key-Note Präsentationen und auf die 5 Sessions angelegt.

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Präsentationen / Sessions

3.1 Key-Note Präsentation „High Comfort – Low Impact“ von Thomas Auer, Transsolar Stuttgart, D Thomas Auer führte aus, dass die historische Baukultur der Alpen zeigt, wie vor dem Hintergrund eines nutzerbezogenen Ansatzes energetische Aspekte seit jeher in die Bauten im Alpenraum eingeflossen sind. Aus Gründen der Ressourcenknappheit mussten effiziente Lösungen gefunden werden, die unter Einsatz der vorhandenen Materialien und Beachtung des lokalen Klimas durch intelligente Grundrisse und eine maßgeschneiderte Raumgestaltung das Überleben unter schwierigsten Rahmenbedingungen Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 25

über Jahrhunderte hinweg ermöglichten. Heute stelle sich die Frage, wie man den nächsten Schritt in Richtung Nullenergiegebäude schaffen kann, ohne die historische Baukultur der Alpen zu vernachlässigen.

3.2 Session A - Niedrigstenergiegebäude und Baukultur Session Chairman Martin Ploss resümierte die Session A in Form von vier Punkten. Punkt eins stellte die Frage dar, wie Architektur, Ortsplanung und Energieeffizienz zusammen funktionieren können. Die Immobilienwirtschaft wünsche eine Nicht-Reglementierung und kritisiere teilweise Gestaltungsbeiräte. Es gehe hierbei darum, den Konflikt zu entschärfen zwischen der Immobilie als Wirtschaftsfaktor auf der einen Seite und als Architektur und Teil des Ortsbilds auf der anderen Seite. Punkt zwei bildete laut Ploss der Zusammenhang zwischen der energetischen Qualität eines Gebäudes und den Nutzeransprüchen. Hier gelte es, das Thema Suffizienz intensiv aufzugreifen und entsprechend zu handeln. Zudem sei es wichtig, im Zusammenhang mit Berghütten die zeitlich begrenzte Bewirtung und Nutzung der Hütten im Rahmen des gewählten Energie- und Betreiberkonzepts zu beachten und aus den extremen Bedingungen in Alpenlagen zu lernen. Als dritten Punkt nannte Ploss den Einfluss des Energiemarkts auf das einzelne Gebäude ebenso wie den Einfluss eines Gebäudes auf den gesamten Energiemarkt. Es sei eine hohe energetische Qualität nötig, wenn der Strombedarf gedeckelt werden solle. Energiesparmaßnahmen seien deshalb unumgänglich, da zur erneuerbaren Erzeugung des aktuellen Strombedarfs schlichtweg nicht genügend Fläche zur Verfügung steht. Schließlich sprach Ploss als vierten Punkt die Wirtschaftlichkeit an. Der Versuch der Kostenminimierung verhindere viele Maßnahmen. Deshalb seien weitergehende Kosten-Nutzen-Analysen nötig, welche alle Phasen des Lebenszyklus eines jeden Gebäudes einbeziehen. So würde sich zeigen, dass energiesparendes Bauen, etwa auf dem Level des Passivhausstandards, nicht unwirtschaftlich sei.

3.3 Session B - Nachhaltiges Bauen im Bestand Oliver Heiss verdeutlichte in seiner Zusammenfassung der Session B, dass es sich speziell in den Alpen um bautechnisch extreme Situationen handle, für die Lösungen anderer Art gefragt seien als in anderen Gegenden. Es gäbe gerade auch hier technische und konstruktive Konzepte, die energetisch hervorragende Gebäude auch im Plusenergiestandard ermöglichten. Der Architekt Muck Petzet sei diesbezüglich der Frage nach den System- bzw. Betrachtungsgrenzen nachgegangen. Petzet habe betont, dass der Bestand als Wert in die Rechnung mit einzubeziehen sei. Es gehe nicht um die Frage, wie effizient wir seien, sondern wie effektiv, so Petzet. Lauranne Marcel und Cédric Delahais aus Frankreich haben laut Heiss Lösungen für Niedrigstenergiegebäude gefunden, indem sie eine lokale und kleinteilige Typologisierung vorgenommen hätten. Sie hätten deutlich gemacht, dass die Bedeutung der Nutzer in die Berechnungen aufzunehmen sei. Die Frage sei hierbei, ob die Technik dem Nutzer helfe oder der Nutzer der Technik.

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Peter Haimerl schließlich habe hervorgehoben, dass jedes Gebäude es wert sei, im Kontext seiner Vergangenheit betrachtet zu werden. In den aktuellen Berechnungssystemen spielten Geschichte, Ort und Personen bisher überhaupt keine Rolle, weshalb gemäß Haimerl eine Überarbeitung dieses Ansatzes und Neubewertung des Gebäudebestands angebracht wäre.

3.4 Session C - Strategien für Klimagerechte Quartiere Jakob Dietachmair erklärte im Rückblick auf Session C, dass diese sich besonders durch die Zusammensetzung aus Vertretern der Gemeindeebene, Länderebene und nationaler Ebene ausgezeichnete, wodurch neue Zusammenhänge aufgezeigt werden konnten. Dietachmair präsentierte drei zentrale Diskussionspunkte. Der erste Punkt sei die Wichtigkeit der Kommunikation und ihre sehr frühe Integration in den Entwurfsprozess. Als Beispiel für eine gelungene Kommunikation könnten etwa die Maßnahmen in Zwischenwasser gesehen werden, wozu die Energieplakette oder ein Dorffest gehören. Der zweite Punkt sei, dass eine Gemeinde und auch die Regionen Visionen brauchen, die für jedes neue Projekt immer wieder überprüft werden müssen. Drittens hätten die Referenten verdeutlicht, dass es wichtig sei, Synergien zu nutzen sowie die projektspezifischen verschiedenen Nutzergruppen zu berücksichtigen. Wenn diese Dinge beachtet würden, so könne dies zu einer positiven Wahrnehmung der Kultur und der Landschaft beitragen.

3.5 Session D - Niedrigstenergiequartiere: Bauen im Bestand Nadja Häupl stellte fest, dass in der Vielfalt der Sprecher der Session D - vom Architekten über Beobachter bis zum Gemeindepräsidenten - die Tiefe des Themas sehr gut abgedeckt wurde. Peter Zoderer sei auf den Punkt Energieeffizienz eingegangen und habe verdeutlicht, dass auch Flächenverbrauch und Nutzerdichte beachtet werden müssten. Zoderer habe die Frage aufgeworfen, ob ein Einfamilienhaus überhaupt nachhaltig sein könne. In seinen Augen brauche es auch in den Alpen mehr genossenschaftlichen Wohnungsbau, welcher jedoch mit einer hohen Qualität des öffentlichen Freiraums einhergehen müsse. Markus Berchtold-Domig und Etienne Vienot hätten sich mit den Kernfragen befasst, ob und wie man Standards harmonisieren könne und welche Indikatoren und räumliche Maßstäbe gelten sollten. Der Vortrag habe verdeutlicht, dass noch mehr diskutiert werden müsse, in welchem Grad Harmonisierung sinnvoll sei. Emil Müller aus Zernez habe insbesondere die Umsetzung eines Energiekonzepts mit der Bürgerschaft in den Vordergrund gestellt. Dabei seien einfache Kommunikationsmittel wichtig, um die Bevölkerung zu motivieren.

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3.6 Key-Note Präsentation „Contextual Architecture“ von Hermann Kaufmann, Schwarzach, A Hermann Kaufmann machte in seiner Keynote deutlich, dass beim Bauen im alpinen Raum die Auseinandersetzung mit dem Ort an vorderster Stelle stehen muss. Dabei gehe es nicht nur um die Materialisierung und die Rohstoffe, sondern vor allem darum, an die alpine Kultur anzuknüpfen und eine Integration in die landschaftliche Situation zu erreichen. Hierbei stellten traditionelle Gebäude eine Leistungsschau für Baukultur und handwerkliche Fertigkeit dar. Heute gehe es darum, diese Baukultur weiterzuentwickeln. Kaufmann stellt sich darunter weder ein Kopieren der historischen Elemente noch einen radikalen Bruch vor. Er plädiert für eine neue Tradition des alpinen Bauens, ein traditionelles Bauen mit Kontrasten. Dies gelte auch für die Energieeffizienz. Mit Massivholz könne man beispielsweise eine hohe Speichermasse und ausgezeichnete Wärmedämmung erreichen. In den Alpen sei es entscheidend, mit Konstruktion und Materialisierung auf die klimatischen Bedingungen zu reagieren. Zudem dürfe nicht nur Energieeffizienz im Vordergrund stehen, sondern auch andere Faktoren wie der Schutz des biologischen und landschaftsbezogenen Umfelds müssten respektiert werden.

3.7 Keynote-Präsentation „Building in the Alps – Sustainable Regionality“ von Andreas Gottlieb Hempel, Brixen, I Andreas Hempel machte anhand zahlreicher Beispiele auf die Entstehung, Wirkung und Bedeutung der traditionellen Bauweise der Alpenregion aufmerksam. Die wesentlichen architektonischen Elemente sind in der traditionellen Architektur ausschließlich aus klimatischen Notwendigkeiten heraus entstanden. Ganz gegensätzlich dazu verhalte sich die momentane Bauaktivität in einer sich wandelnden Alpenregion. Es sei vermehrt erkennbar, wie sich Landschaften urbanisieren, wie Tourismus und Verkehr die Regionen prägen und wie eine unaufmerksame Architektur zunimmt, im Sinne einer globalisierten Moderne. Hempel sieht es als großen Verlust, dass die regionale Baukultur zunehmend vernachlässigt wird. Es sei an der Zeit, Elemente wie Lokalität, bestehende Gebäudeensembles und Naturlandschaften in den Fokus der Architektur von Alpenbauten zu stellen.

3.8 Session E - Ganzheitliche Gebäudeplanung und Zertifizierungssysteme Roberto Lollini brach den Inhalt der Session E auf die kurze, aber komplexe Frage herunter, wie man Nachhaltigkeit umsetzen könne. Wie können beispielsweise Innovationsprozesse angestoßen werden und wo können Unternehmen investieren? Die Komplexität der Berechnungsmethoden erschwert die Anwendung dieser Methoden. Zudem muss die Bewertung alternativer Maßnahmen zur Steigerung der energetischen Qualität von Gebäuden aus dem Kontext heraus entwickeln. Zudem müsse der Komfort in die Bewertung einfließen. Es seien Dienstleistungen zu entwickeln. Sechs Punkte seien im Rahmen der Session besonders deutlich geworden: Erste Alpenbaukonferenz | Endbericht | Seite 28

1.

Einfachheit, das heißt, dass die Systeme und Prozesse verständlich gemacht werden sowie die Instandhaltung in die Berechnung einbezogen wird.

2.

Robustheit.

3.

Flexibilität in Bezug auf die Zweckbestimmung eines Gebäudes und auf das Klima.

4.

Machbarkeit im Sinne einer Ausgewogenheit zwischen Zeit und Nutzen. Die Entwicklung von Businessmodellen für die Umsetzung von energetischen Maßnahmen könnten hier zielführend sein.

5.

Prüfbarkeit: Projekte sollen über theoretische Modelle, aber auch über Monitoring überprüft werden, um dadurch zu besseren Lösungen zu gelangen.

6.

Ein multi-disziplinärer Denk- und Arbeitsansatz sowie das Einbeziehen von allen Beteiligten im Sinne einer Partizipation sind für die Entwicklung und Umsetzung von NiedrigstenergieMaßnahmen zwingend erforderlich.

4

Statements der Stakeholder

Florent Moretti vom Französischen Ministerium für Wohnungsbau und territoriale Gleichheit begann seinen Vortrag mit einer Zusammenfassung der klimapolitischen Ziele in Frankreich. Dabei sei die Reduktion des Anteils von Atomstrom von oberster Priorität. Außerdem solle der Strombedarf reduziert werden und Plusenergiehäuser gefördert werden. Für Investitionen im Gebäudesektor sei nicht allein der Heizwärmebedarf relevant; vielmehr sei eine energetische Vernetzung von Gebäuden auf quartiersbezogener Ebene notwendig. Auch müsse die CO2 Bilanz von Baustoffen betrachtet werden. Dabei hätten biogene Baustoffe für das zukünftige Bauen ein großes Potential. Als Maßnahmen für die energetische Ertüchtigung des Gebäudebestands verwies Moretti auf drei relevante Aspekte: -

Durch Beratung und neues Lobbying müssten neue Plattformen geschaffen werden, die über nachhaltiges Bauen aufklären.

-

Finanzierungsmodelle müssten etabliert werden, um nachhaltiges Bauen zu ermöglichen.

-

Das Nutzerverhalten müsse zukünftig eine größere Rolle für die Auswahl der Energiesysteme spielen.

Wolfgang Thaler von der italienischen Architektenkammer stellte das enorme Potential für energetische Sanierungen des Gebäudebestands in der Region Bozen dar. Für den Raum Südtirol könne dies insbesondere durch Gebäudeerweiterungen und Aufstockungen umgesetzt werden. Bauherren müssten dabei nicht einmal groß finanzieren – sie müssten lediglich eine Aufstockung an ihrem Gebäude zulassen. Eine weitere Maßnahme zum Umweltschutz im Bauwesen sah Thaler im Einsatz wiederverwertbarer Materialien. Mit einer Gesetzeseinführung, welche vorschreibt, 15% aller Baumaterialen müssten im Neubau

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wiederverwertbar sein, sieht Thaler ein weiteres Potential für eine nachhaltige Baukultur im Südtiroler Raum. Saša Galonja vom slowenischen Ministerium für Umwelt und Raumplanung gewährte mit seinem Vortrag einen Einblick in die slowenische Baukultur und deren Gesetzgebung. Dabei wurden die gesetzesmäßigen Anforderungen an die thermische Gebäudehülle und an den Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudesektor vorgestellt. Außerdem sei die Anforderung, Holz im Gebäude zu verbauen, maßgebend für einen Trend zur Holzbauweise. Gestützt von Fonds für energieeffizientes Bauen registriere man in Slowenien ein erhöhtes Aufkommen von Gebäudesanierungen – insbesondere in Geschosswohnungsbauten. Einkommensschwächere Haushalte müssen zur Durchführung von Maßnahmen für die energetische Gebäudesanierung besonders unterstützt werden. Hierzu gehöre auch die Schulung der Bevölkerung im Bereich Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sowie die Förderung von Holzbauten. Peter Büchel vom Club Arc Alpin e.V. stellte in seinem Vortrag über Alpenhütten die These auf, Berg und Tal könnten voneinander lernen. Dabei seien vor allem die Technologievielfalt im Tal einerseits und die Robustheit und Flexibilität von Alpenhütten andererseits relevant. Thaler betonte die Wichtigkeit eines interdisziplinären Austauschs, wofür Alpenhütten ein gutes Beispiel seien. Im Rahmen von Energiefragen im Bauen sei Offenheit bei der Diskussion von passiven gegenüber aktiven Maßnahmen besonders wichtig; die Reduktion auf ein einziges Prinzip sei dabei nicht zwingend erstrebenswert. Zudem wies Büchel auf die Notwendigkeit einer gesamtheitlichen Sichtweise hin. Bei Alpenhütten mache die Bereitstellung der Gebäudeenergie einen verschwindend geringen Anteil des gesamten Energieverbrauchs eines Besuchers für dessen Erholungstätigkeit aus. Weitaus höher sei der Anteil des Energieverbrauchs für Verkehrsbewegungen im Tal. Günther Hoffmann, Ministerialdirigent und Leiter der Bauabteilung im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit bekräftigte mit einem abschließenden Statement zur Alpenbaukonferenz, dass der Themenschwerpunkt der Alpenbaukonferenz „Niedrigstenergiegebäude“ richtig gesetzt sei. Man merke, dass die Diskussion nicht nur technisch geführt werde, sondern soziale, wirtschaftliche und kulturelle Themenschwerpunkte ebenfalls bediene. Hoffmann forderte auf, die Diskussion um Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Kreislaufwirtschaft weiterzuführen und dabei insbesondere die Themenbereiche Lebenszyklusbetrachtung und graue Energie zu vertiefen. Die Alpenregion könne dabei eine Vorreiterrolle einnehmen, da diese als eine Region der Extreme gelte. Die Diskussion im Alpenraum bringe bauliche Problemstellungen auf den Punkt und finde Lösungen dafür. Mit dem Statement, man solle über gute Beispiele sprechen und schlechte Beispiele nicht verschweigen, gab Hoffmann ein positives Feedback zu den vorangegangenen Vorträgen. Es gelte weiterhin Wohnraum zu schaffen, systemisch, ressourceneffizient und kostenbewusst zu bauen und dabei den Klimaschutz voranzutreiben. Hoffmann beendete seinen Vortrag mit der Ermutigung an die Anwesenden, den mit der 1. Alpenbaukonferenz begonnenen Diskurs weiter fortzuführen.

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5

Diskussion

Nach den Vorträgen wurde im Rahmen einer offenen, alle Teilnehmer einschließenden Diskussion auf Fragen aus dem Publikum näher eingegangen. Zu den wichtigsten Kernpunkten gehörten u.a. folgende Aspekte: Zersiedelung und Mobilität im Alpenraum: Konzentrierte, kleine Siedlungen schafften Netze der Kommunikation, der Energieversorgung und der Absicherung. Darüber hinaus stelle das Siedeln in den Alpen einen hohen kulturellen Wert dar. Bestehende Dörfer und Gemeinden hätten folglich uneingeschränkte Relevanz. Eine Zersiedelung der Landschaft muss auch vor dem Hintergrund des Energieaufwands für Mobilität verhindert werden. Suffizienz als Leitgedanke für Entwicklungen im Alpenraum: Im Zusammenhang mit der Diskussion von Energiefragen wurde diskutiert, ob die Alpenregion künftig neue Stauseen und Flächen für Energieinfrastruktur benötige, um die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Alpenraums sicher zu stellen. Suffizienz als Grundkonzept biete hierbei alternative Denk- und Arbeitsansätze. Hinsichtlich des Tourismus wurde bemerkt, dass man den Sprung schaffen müsse vom Massentourismus zu einem Qualitätstourismus. Auch in diesem Zusammenhang wurde über Suffizienz gesprochen und darüber, dass das Anspruchsdenken jedes einzelnen Alpenurlaubers zu überdenken sei. Gesetzliche Vorgaben im Konflikt mit neuen Entwicklungen: Aus dem Publikum wurde die Feststellung geäußert, dass Planer, Bauherren, Institutionen etc. im Bereich der Regularien häufig an die von den Ländern selbstgeschaffenen Grenzen stoßen würden. Was könne man also verändern, damit das normative System besser funktioniert? Es müssten keine neuen Regularien erfunden werden, vielmehr müssten vorhandene Instrumente neu eingesetzt werden. Eine verbesserte Kommunikation mit allen Beteiligten sei hierbei ein wichtiges Mittel. Bedürfnisse des Nutzers im Konflikt mit energetischer Optimierung: Von der Zuhörerschaft wurde angeregt, auf den Bewohner respektive Nutzer als den eigentlichen Beweggrund für einen architektonischen Entwurf näher einzugehen. Hierbei sei die Berücksichtigung der emotionalen und gesundheitlichen Bedürfnisse der Nutzer besonders zu achten, wie z.B. das „Sick Building Syndrome“ bei mechanisch belüfteten Gebäuden. Aus der intensiv geführten Diskussion wurde erkenntlich, dass Referenten wie Gäste dieses Thema als besonders wichtig erachten und die Debatte über den Menschen im Mittelpunkt bei energetischen Themen befördert werden sollte. Anmerkungen zur Konferenz im Allgemeinen: Im Laufe der Diskussion kam die Anmerkung zur Sprache, dass auf den Podiumsplätzen auffallend wenige Frauen zu sehen seien. Es wäre interessant, hier zukünftig ein ausgewogeneres Verhältnis zu schaffen, da dies eine erweiterte Sichtweise in die Debatte einbringen könne. Des Weiteren wurde vorgebracht, dass bei einer nächsten Alpenbaukonferenz der alpine Kontext in Bezug auf Gebäude noch näher betrachtet werden sollte. Dabei sei nicht nur der landschaftliche oder städtebauliche Kontext interessant, sondern auch lokale Fähigkeiten, Infrastrukturen und lokale Mobilität spielten eine Rolle.

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B Programm

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C Teilnehmerliste

Abbildung 12: Gruppenfoto einiger Teilnehmer, Sprecher und Organisatoren der Alpenbaukonferenz

Nachname Aichner Auer Bader Bannert Baumann Baumgärtner Becker BerchtholdDomig Berten Bongio Bornemann Botzler Brasche Brauner Brückl Brunner Büchel Cao Cédric Dehio del Barba Dietachmair Dillis Dotzler Eberhardt Eberl Egold Eßig Fichtner Fischer Flatz Forth

Vorname Dorothea Thomas Bernardo Stefan Wolfgang Sandra Klaus Markus

Ort Bruneck München Dornbirn München Nürnberg Garmisch- P. Mering Schwarzenberg

Peter Icaro Vera Sebastian Julia Lilly Thomas Robert Peter Zulue Delahais Romuald Oscar Jakob Carolin Christina Tim Sebastian Christine Natalie Silvia Peter Michael Kasimir

Berlin Traona Innsbruck München München München Pettendorf Garmisch-P. Weinfelden München Grand Quevilly München Morbegno Schaan München München Ottobrunn Penzberg Wolfratshausen München Aalen Oberstdorf Alberschwende München

Nachname Franke Freifrau Loeffelholz von Colberg Freistätter Fuchs Gadelhak Galonja Gayer-Lesti Gemsjäger Georgi-Tomas Goerres Gomes da Silva Gonzalo Gonzalo Gramm Grasegger Greulich Grießhammer Hach Haimerl Halstenberg Hanuscak Hartung Hasler Haß Häupl Haupt Heese Hegner Heider

Vorname Laura Alexandra

Ort München Neubiberg

Roman Johannes Mahmoud Saša Florian Maximilian Andrea Johannes Flavia Elisa

München Chieming München Ljubljana Pfronten München Darmstadt München München

Roberto Susana Rafael Peter Birgit Stefan Uli Peter Michael Michal Horst Johannes Sebastian Nadja Aurèle Roland Hans-Dieter Katharina

München München München Garmisch-P. München München München München Düsseldorf Bratislava Gräfelfing München Bergen München Gilching Hannover Berlin Seeshaupt

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Nachname Heißler Held Hemmerle Hempel Hitzler Höbinger Hodapp Hoffmann Högenauer Hohenadl Hohndorf Holzer Huß Iandolino Izlakar Jarolin Joas Kapferer Kappelt Kargl Kaufmann Keltsch Kierdorf Knoll Köbler Köhler Kortyka Krapmeier Krönert Kronthaler Lang Lange Langenberg Larass Laszlo Ledinek Leitgeb Lenz Lichtblau Liebetanz Lohde Lollini Lux Mack Magdolen Marcel Mathis Mayser Meier

Vorname Karl-Martin Thomas Claudia Andreas Hermine Roman Marc Günther Josef Anton Maurice Christian Wolfgang Astrid Samo Michael Martin Roland Heike Franz Hermann Michael Daniel Konrad Kalle Florian Thomas Helmut Simon Andreas Werner Tobias Jana Stefan Zsolt Branko Andreas Daniel Florian Kai Martin Roberto Andreas Ingeborg Simone Lauranne Josef Friederike Georg

Ort München Innsbruck München Bressanone/Brixen Bernried a. S. Wien München Berlin Gernlinden Marktoberdorf Tübingen Wolfratshausen München Miesbach Maribor Hall in Tirol Innsbruck Innsbruck München Murnau Schwarzach München München Schongau München Kochel am See Dietramszell Dornbirn Augsburg München München Rosenheim München München Kempten Race Beinwil am See Garmisch-P. München München Fürstenfeldbruck Bolzano Grünwald Baldham München Le Grand Quevilly Zwischenwasser München Dachau

Heiss Nachname Mencin Meusburger Mianowicz Michaeli Modell Morelle Moretti Mueller Müller Müntener Musselmann Nagelschmiedt Negri Neuberger Neuner Niemann Niggl Otter Paap Paillet Patz Peter Petzet Pfanzelt Pfeil Pfoh Plata Gröber Ploß Pohl Pollak Prosseda Reich Reiterer Reuß Reyzbikh Richter Rinn Ritter-Staller Röger Rose Salfner Scharf Schelker Schelle Scherzer Schneider Schneider Schröck

Oliver Vorname Tanja Thomas Tomasz Mark Gert Nathalie Florent Andreas Emil Garry Burkhard Peter Paolo Christine Christine Anne Tobias Barbara Angela Isabelle Christina Theo Muck Alexander Andrea Sandro Mariano Martin Ingrid Michael Stefano Karin Markus Fabian Ekaterina Norman Annette Annegret Christine Arnd Simone Philipp Kaja Rupert Rudolf Nori Thomas Franz

München Ort Ljubljana Kempten München München Garmisch- P. Innsbruck Paris La Defense München Susch München London Hall in Tirol Trento Fellbach Garmisch-P. München Kempten Ebersberg Gstadt Paris La Defense München Münsing München Lechbruck a.S. Berlin München München Dornbirn München Erlangen Bozen München Innsbruck München München Bad Aibling Muenchen Unterschleißheim München Bonn München München München München München Gräfelfing Miesbach Kempten / Allgäu

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Nachname Seifert Stauch Stefanova Steidl Steinhauser Stetter Stoll Stumpf Thaler Varges Vetterli Viénot Vogler Vollmann von Fürstenberg von Vegesack Wagner Wagner Wagnerberger Wankerl Wankner Wei Well Wissel Wolfertstetter Wollbrink Wu Zang Zimmermann Zimmermann Zoderer

Vorname Peter Michaela Kristina Johannes Bernhard Markus Marlene Wolfgang Wolfgang Johannes Nadège Etienne Waltraud Brigitte Andreas

Ort München München München München München Sonthofen München Wien Bozen Hall Horw Villeurbanne München München München

Sandra Christian Angela Sebastian Xaver Kristina Shaochen Friederike Paul David Anke Niao Johannes Patrick Liselotte Peter

München Chur Starnberg Chieming München Günzenhausen Freiburg München München München Stuttgart München Freising München Sauerlach Wien

Schweiger

Jakob

München

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D Impressum

Besonderen Dank an:

Organisation:

a collaboration project between the Bayerischer Bauindustrieverband e. V. and the Technical University of Munich

Presidency of the Alpine Convention for the period 11/2014-10/2016 Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation, Building and Nuclear Safety MinDir Günther Hoffmann MinR Hans-Dieter Hegner Andrea Pfeil Bavarian Chamber of Architects Rudolf Scherzer Oliver Heiss Technical University of Munich Werner Lang Jutta Bergmann Franziska Grimm Michael Keltsch Jana Langenberg Sandro Pfoh Fabian Reuß Student assistants Garry Müntener Lilly Brauner Kasimir Forth Rafael Gramm Philipp Scharf

Energy Project Platform

Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG DETAIL®

Partner: ediundsepp Gestaltungsgesellschaft mbH Florian Hugger Nadine Mollien Anja Voit Juli Drehobel Astrid Eckert Photographie Astrid Eckert Kongresszentrum Garmisch-Partenkirchen Stephanie Bierprigl Adlwärth Gastronomie GmbH & Co KG Gaby Adlwärth Volkstrachtenverein Garmisch Josef Karg

Marlene Stoll Sandra v. Vegesack Friederike Well

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E Beteiligte Institutionen

Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation, Building and Nuclear Safety (BMUB) Stresemannstraße 128 - 130 | 10117 Berlin Tel.: +49 (0)30 18 305-0 E-mail: [email protected] Bavarian Chamber of Architects Waisenhausstraße 4 | 80637 München Tel.: +49 (0)89 13 98 80-35 E-mail: [email protected]

Technical University of Munich Institute of Energy Efficient and Sustainable Design and Building Arcisstr. 21 | 80333 München Tel.: +49 (0)89 289 23990 E-mail: [email protected]

Alpine Convention – Permanent Secretariat Office Innsbruck Herzog-Friedrich-Straße 15 | 6020 Innsbruck, Austria Tel.: +43 (0)512 588589-0 E-mail: [email protected] | www.alpconv.org

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