Behandlungszugänge bei psychosomatischen - Seminare
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Dr. Roland Stettler
PSYCHOSOMATIK – Wenn die Seele durch den Körper spricht Behandlungsgrundsätze
Psychosomatik: Behandlungsgrundsätze
Psychosomatik in der Klinik
30-50% zeigen seelische Belastung entweder in
Zusammenhang mit körperlicher Erkrankung oder im Sinne einer eigenständigen psychischen Störung Häufigste Symptome • Ängste und Depressionen im Rahmen der Krankheitsverarbeitung • Körperliche Beschwerden ohne ausreichenden Organbefund • Suchterkrankungen Ca. 25% stärkere psychosoziale Belastungen • Familiäre und Partnerschaftsprobleme • Einsamkeit und soziale Isolation Arolt et al. 1997
Psychosomatik in der Klinik
1.
2. 3. 4. 5.
Fallbesprechungen von Ärzten und Pflegepersonal (ggf noch andern Berufsgruppen), bei der komplexe Krankheitsbilder unter bio-psycho-sozialer Sicht besprochen werden Gruppensupervision für Ärzte und Stationsteams bei der schwierige Patienten vorgestellt werden Einzelsupervision für Ärzte, Pflegeteam u.a. Berufsgruppen Stationsvisite, Oberarzt- und Chefarztvisite sind patientenzentriert gestaltet Patienten, bei denen kürzere Gesprächskontakte nicht ausreichen bekommen längere Einzelgespräche
Psychosomatische Stationsvisite
1. 2. 3. 4.
5.
Vor Zimmertür: Kurvenvisite, Austausch zw. Arzt und Pflege Im Patientenzimmer: Gespräch mit Patient: Begrüssung, Einbeziehung der Gefühle, Eingehen auf neue Symptome und Fragen Körperliche Untersuchung (bei Bedarf) Gespräch mit Patient: Kurvenwerte, Diskussion weiterer Massnahmen (diagnostisch, therapeutisch); „Haben sie noch Fragen?“ Vor Zimmertür: Nachbesprechung, ggf neue Arbeitsverteilung
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Innehalten, Geduld haben, abwarten – 3-Sekunden-Regel – Konzentration auf den Patienten – Konzentration auf die eigenen Gefühle und Gedanken
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Zuhören – Hören mit dem 3. Ohr – Zuhören und gleichzeitig beobachten – Gesprächsführung im Stil des Verhörs macht den Patienten stumm und passiv „Zuhören bedeutet, sich in die Welt des anderen Menschen hineinzuversetzen, zu ermöglichen, auf ausgesprochene und – noch wichtiger – auf unausgesprochene Botschaften zu reagieren, Zuhören bedeutet auch, sich seiner eignen Gefühle, Bilder, Phantasien und Assoziationen gewahr zu werden“ Strupp, 1996
Hören mit dem 3. Ohr
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Fragen – Mit offenen Fragen beginnen, damit Patient Raum bekommt, seine Beschwerden bzw. seine Anliegen zur Sprache zu bringen
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Die Person des Arztes als diagnostisches Instrument
– Wahrnehmen der Gefühle, mit denen auf Patient reagiert wird – Es ist unmöglich ein neutraler Beobachter zu sein, die eigene Subjektivität prägt die Gesprächsführung
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Die Person des Arztes als Medikament – Ärzte, denen es gelingt, eine warme, freundliche und vertrauensvolle Beziehung zu ihrem Patienten aufzubauen, haben bessere Behandlungsergebnisse (Milieu) – Ein Gespräch kann eine „heilende“ oder eine „schädigende“ Wirkung haben (Selbsterfahrung, Übertragungs-Gegenübertragungsphänomene)
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Von der subjektiven zur gemeinsamen Wirklichkeit – Empathie (Echtheit, Anteilnahme, Wertschätzung) als Voraussetzung für das Einfühlen in die Lebenswelt des anderen – Patient wird als eigenständiger, selbstverantwortlicher Partner für Gesundheit und Krankheit angesehen
Die bio-psycho-soziale Anamnese
Behandlungsprozess und Behandlungsergebnis
Ziele der Basistherapie
Gestaltung einer tragfähigen Arzt-Patient-Beziehung Förderung der Patientenautonomie durch
Wahrnehmung vorhandener Ressourcen Lösungsorientierung durch Problemklärung, -lösung, akzeptanz, -bewältigung Symptomlinderung oder Heilung Verhinderung unnötiger Massnahmen Hilfe bei der Überwindung von Lebenskrisen (schwere Krankheit, Trennungssituation) Spezifische Behandlung bei psychischen Störungen (Psychopharmakotherapie, Psychotherapie) Kooperation mit Selbsthilfegruppen
Mängel und Fehler im Gespräch
Unterbrechen von Schilderungen des Patienten
(durchschnittlich nach 18 Sekunden) Mangelnde Strukturierung des Gesprächs Einengung durch Suggestivfragen und geschlossene Fragen Nichteingehen auf emotionale Äusserungen Unklare und missverständliche Erklärungen Vertikale Kommunikation – der Arzt als Lehrer Zu rasche Psychologisierung bei fehlendem psychosomatischen Krankheitsverständnis des Patienten
Die familienmedizinische Perspektive
Balint-Gruppenarbeit
Fallbesprechungen unter besonderer Berücksichtigung der
Arzt-Patient-Beziehung Gruppe spiegelt Beziehung aus verschiedenen Blickwinkel wider, so dass anderer Blickwinkel für Behandler möglich Störende unbewusste Einflüsse sowie eigene Anteile können wahrgenommen werden Neues Verständnis und neue Qualität der Beziehung Anstösse für befriedigenderen Behandlungsverlauf
Suizidalität: Zahlen Schweiz
Suizidtote (1999) – Frauen – Männer – Total
Suizide/100000 Einwohner (1997) Suizidversuche/Jahr (Schätzung) Suizidversuche/100000 Einwohner – Frauen – Männer
367 929 1296 16.3 8-10000 177 129
Suizidalität: Hilfreiche Fragen
Hatten Sie in Ihrem Leben schon einmal
Krisen oder psychische Probleme? Geht es Ihnen manchmal so schlecht, dass Sie auch daran denken, das Leben habe keinen Sinn mehr? Dachten Sie auch schon daran, mit dem Leben Schluss zu machen? Haben Sie Vorstellungen, wie Sie dies tun würden?
Suizidalität: Narrativer Zugang
Wenn es um die Geschichte des
Patienten geht, ist dieser der Experte seiner selbst!
NF-Studie: • Die grosse Mehrzahl der Patienten braucht 10 bis 20 Minuten, um die Geschichte seines Suizidversuches zu erzählen. Michel K, 2002
Suizid: Psychiatrische Diagnosen
Psychiatrische Diagnosen bei erfolgten Suiziden – Affektive Störungen 70% – Sucht (Alkohol, Drogen) 50% – Persönlichkeitsstörungen – Psychiatrische Störung insges.
402530% >90%
Lebenszeitrisiko für Suizid – Major Depression – Schizophrenie – Sucht
15% 10% 3% Hawton, van Heeringen,2000
Suizidalität: Risikofaktoren
Geschlecht Alter Familienstand Soziale Schicht Arbeitsstand Jahreszeitliche Schwankungen Stadt-Land-Unterschiede Religionszugehörigkeit
Suizidalität: Präsuizidales Syndrom
Einengung der persönlichen Möglichkeiten Verstärkte und gleichzeitig gehemmte Aggression Flucht in die Irrealität
Ringel, 1953
Suizidalität: Ambivalenz
Suizidabsicht korrigiert – 68-80%
in weniger als 2 Tagen
– 90-99%
in weniger als 10 Tagen
Suizidalität: Prädiktoren
vorausgegangener Suizidversuch vorausgegangene psychiatrische Behandlung Suchterkrankungen Persönlichkeitsstörung
Cave: niederige Spezifität und Sensitivität Bürk u. Möller, 1985
Beurteilung der Suizidgefährdung
aktive vs passive Suizidgedanken konkrete Planung vs ungerichtete
Aktivitäten häufige, drängende vs seltene Gedanken Gefährlichkeit einer geplanten oder ausgführten suizidalen Handlung Art des Suizidmotivs
Indikatoren für akute Suizidalität
Personale Faktoren Patient distanziert sich nicht von Suizidideen, auch
nicht nach ausführlichem Gespräch drängende Suizidideen ausgesprochene Hoffnungslosigkeit fehlende Zukunftsperspektive soziale Isolation / sozialer Rückzug in letzter Zeit Konflikt der zu Suizidideen führte ist noch nicht gelöst gereizt/aggressive Reaktion; starke Agitiertheit schwere depressive Verstimmung, evtl. Wahnideen Bronisch, 2000
Indikatoren für akute Suizidalität
Anamnestische Aspekte Suchterkrankung vorhanden akute Psychose Suizidversuche in der Vorgeschichte Suizidarrangement, das Auffindung schwierig oder unmöglich macht Suizidversuch /-gedanken mit harter Methode positive Familienanamnese bzgl. Suizid/-versuche mangelnde Impulskontrolle (Alkohol, etc.)
Bronisch, 2000
Psychotherapeutische Krisenintervention Akzeptieren des suizidalen Verhaltens als
Notsignal Verstehen der Bedeutung und subjektiven Notwendigkeit dieses Notsignals Bearbeitung der gescheiterten Bewältigungsversuche Aufbau einer tragfähigen Beziehung Wiederherstellung der wichtigsten Beziehungen gemeinsame Entwicklung alternativer Problemlösungen auch für künftige Krisen Kontaktangebot als Hilfe zur Selbsthilfe Einbeziehung von Angehörigen Sonneck, 1985
Suizidalität: Ängste von Therapeuten
Angst Angst Angst Angst Angst
vor vor vor vor vor
der Ohnmacht der Aggression Tod und Sterben Strafe Identitätsverlust Pohlmeier, 1982
Suizidalität: Ängste von Therapeuten
“Eine Grundbedingung für Selbstmordverhütung ist das Eingeständnis der Angst und ihrer Wahrnehmung” “Es geht darum, mit Ängsten umgehen und leben zu lernen, nicht sie zu beseitigen”
Pohlmeier, 1992
Suizidalität: Fragen für TherapeutInnen
Habe ich Angst vor dem Thema Tod oder
Selbsttötung? Hatte ich schon mal den Gedanken, mich umzubringen? Mit wem habe ich darüber gesprochen? Was könnte mich hindern, mein Leben zu beenden? Hat mich schon mal ein Patient überzeugt, dass Suizid für ihn besser ist? Sollten Therapeuten eine bewusste Entscheidung für Selbsttötung akzeptieren?
Suizidalität: Ängste von Therapeuten
Angst vor den Themen “Tod” und “Sterben” Vermeidung des Themas wegen möglicher eigener
Suizidalität bei ähnlichen Lebenssituationen Angst vor den möglichen intensiven Gefühlen des Klienten Eigene religiöse / ethische Unsicherheiten bzgl. des Themas Angst vor der Verantwortung Angst vor den Konsequenzen eines Patientensuizids Angst vor möglichen aggressiven Impulsen des Patienten Angst, den eigenen Lebenssinn hinterfragen zu müssen
Suizidalität: Ängste von Therapeuten
Angst vor Fehleinschätzung und den damit
verbundenen Konsequenzen Angst, den Patienten durch das Ansprechen erst auf die zu bringen Angst vor dem Manipuliertwerden durch den Patienten Angst vor mangelndem eigenen Einfühlungsvermögen Angst, die dem Thema angemessene Sprache nicht zu finden Angst, keine Interventionsmöglichkeiten zu bieten zu haben
BURNOUT - Notbremse der Seele?
Burnout ist eine körperliche und emotionale Erschöpfung aufgrund dauernder Anspannung, ständiger sozialer Begegnungen, täglichen Stresses.
Burnout ist besonders tiefgreifend, wenn aufreibende Arbeit und dauernde Belastung von wenig Anerkennung und mitmenschlicher Unterstützung begleitet sind.
Ein Beispiel Aus dem Bericht über die Depression bei einer Krankenschwester:
Sie habe sich nicht abgrenzen können gegen das Leiden der Menschen, sich nicht wehren können gegen deren Anforderungen. Sie habe sich wie ohne Möglichkeit zum Selbstschutz gefühlt. Wörtlich: "Ich trage die Biographien der Menschen wie einen Abfallsack umher und sie werden zu meiner eigenen Last." Das sei so weit gegangen, dass sie sich von den Patienten terrorisiert und ausgenützt gefühlt habe.
Stressoren am Arbeitsplatz
Zu große Arbeitsmenge zu komplizierte Aufgaben unklare Erwartungen Ihres Chefs unklare Verantwortungsbereiche wenig Handlungsspielraum zu viele Projekte Angst vor Arbeitsplatzverlust Konkurrenzdruck keine bzw. negative Rückmeldungen Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten zu viele Überstunden keine Ferien
Stressoren in Familie und Freizeit
Konflikte mit Partner / Partnerin
Konflikte mit Kindern
Konflikte mit Freunden
Mehrfachbelastungen (Haushalt / Erziehung / Beruf)
Mangel an Kontaktmöglichkeiten
Aufgeben von Hobbys oder sportlichen Aktivitäten
Vernachlässigung des Privatlebens
Was merkt die betroffene Person?
alles zuviel körperliche Erschöpfung: konstante Übermüdung und Lustlosigkeit, innerlich angetrieben, psychosomatische Beschwerden (Schwitzen, Herzklopfen, Kopfweh, Rückenschmerzen, Impotenz) emotionale Erschöpfung: keine Belastbarkeit, reizbar, den Tränen nahe, keine Distanz keine Fähigkeit mehr, Aufgaben zu planen. Schlafstörungen nicht abschalten können, auch in der Freizeit an den Beruf denken Entmutigung: „Ich schaffe es doch nicht“
Anzeichen für Burnout am Arbeitsplatz
Klagen über Arbeitsunlust und Überforderung keine neuen Ideen und Projekte, die die Person früher auszeichneten Negative Grundeinstellung, Dienst nach Vorschrift Widerstand gegen Veränderungen weniger Kontakt mit Kollegen vermehrt krankheitsbedingte Absenzen „innere Kündigung“
Wer ist besonders gefährdet?
Burnout trifft oft die besten Mitarbeiter Hohes persönliches Engagement im täglichen Umgang mit anderen Menschen Hoher Anspruch an sich selbst: „Ich will gut sein - Ich will erfolgreich sein - Ich will es den andern zeigen!“ Sensibilität für Mitarbeiter und Situationen ethisches Verantwortungsgefühl schlechte Abgrenzungsfähigkeit
Der Burnout-Zyklus
Stadium 12
BURNOUT
Stadium 1 Sich beweisen wollen
völlige Erschöpfung
Stadium 2 Verstärkter Einsatz
Stadium 11
Stadium 3
Depression
Subtile Vernachlässsigung eigener Bedürfnisse
Stadium 10 Innere Leere
Stadium 4
Stadium 9
Verdrängung von Konflikten
Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit Stadium 8 Beobachtbare Verhaltensänderungen
Stadium 5 Umdeutung von Werten
Stadium 7
Stadium 6
Rückzug
Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme
Leistung
Mehr Anstrengung bringt nicht mehr
Normale Anstrengung
BurnoutGefahr!
Anstrengung
Was macht die Beziehung zu Betroffenen schwierig?
fühlt sich isoliert schämt sich sieht sich als Versager durch jede kleine Anstrengung und Begegnung sehr erschöpft wagt sich nicht nach draußen, weil man ihn/sie erkennen / sehen könnte Begegnung mit Bekannten läßt auslösende Konflikte wieder aufleben Angst vor Wiedereinstieg
Wie kommuniziert man Burnout? Spannungsfeld zwischen Selbstschutz und Informationsbedürfnis
Eine offene Mitteilung ist besser als Ausreden
Selbstschutz: keine Details über persönliche Angelegenheiten
keine Schuldzuweisungen
Ansprechsperson benennen, die den Kontakt hält
nach Cash / Suva
Überlebensstrategien
Kräfte gezielt einsetzen; jeder Mensch hat nur begrenzte Energie
Verschnaufpausen in den Alltag einbauen
Wenn es zu hektisch wird: Halten Sie inne und fragen Sie sich: „Was kann passieren, wenn ich die Arbeit aufschiebe? Sind die Folgen wirklich so schlimm?“
Lernen Sie NEIN zu sagen!
Nehmen Sie sich Zeit für Hobbys und für Entspannung
nach Cash / Suva
Überlebensstrategien - 2
Überprüfen Sie ihren Tagesrhythmus. Sind Sie ein Morgen- oder ein Nachtmensch? Passen Sie Ihren Arbeitsalltag an.
Verlagern Sie berufliche Probleme nicht ins Privatleben.
Nehmen Sie sich Zeit, Wochenendarbeit, Jetlags oder Übermüdung auszukurieren.
nach Cash / Suva
Überlebensstrategien - 3
Haben Sie schon an ein Sabbathical gedacht?
Überlegen Sie, ob es Sinn machen kann, sich versetzen zu lassen, die Stelle zu kündigen oder gar den Beruf zu wechseln.
Stichwort: Peter-Prinzip
Wie kann man wieder einsteigen?
Verständnisvolle Vorgesetzte
Anpassung des Arbeitspensums
Dazu stehen, dass man eine Krise hatte
Veränderung der inneren Einstellung
stufenweiser Aufbau der Leistung
Burnout als Chance
Erkennen, dass wir auch wertvoll sind, wenn wir an unsere Grenzen geraten sind
Neue Weichenstellung für die Gestaltung des Lebens
Mehr Verständnis für andere Menschen
Relax
Enjoy
Have a nice day
The End
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