Beyerlin/Marauhn

January 9, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Umweltwissenschaften
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Europäisches und internationales Umweltrecht Stefan Lorenzmeier

Einführung - Gliederung

• Völkerrechtliches Umweltrecht Einführung, Rechtsquellen, Verträge, Gewohnheitsrecht, einzelne Rechtsgebiete (insbes. Klimaschutz) • Europäisches Umweltrecht Einführung, Primär- und Sekundärrecht, einzelne Rechtsgebiete (insbes. Klimaschutz)

Einführung - Literatur

• Beyerlin, Umweltvölkerrecht, 2000 • Beyerlin/Marauhn, International Environmental Law, 2011 • Epiney, Umweltrecht der europäischen Union, 3. Aufl. 2013 • Meßerschmidt, Europäisches Unweltrecht, 2011

Einführung - Grundbegriffe

• Definition Umwelt • Gesamtheit der äußeren Lebensbedingungen, die auf eine bestimmte Lebenseinheit (Mensch, Tier etc.) einwirken. • Gesamte belebte und unbelebte Umgebung • Uferlos und für Juristen unpraktikabel • Natürliche Umwelt

Natürliche Umwelt

• Elementaren Lebensgrundlagen des Menschen • Umweltmedien Boden, Luft, Wasser, Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen, Bodenschätze, klimatische Bedingungen oder die Ozonschicht untereinander und in ihrer Beziehung zum Menschen

Umweltschutz

• Umfasst alle Maßnahmen, die dazu dienen bereits eingetretene Umweltschäden zu beseitigen – reparativ-wiederherstellende Funktion • Gegenwärtige Umweltbelastungen zu begrenzen und zu vermindern – repressivzurückdrängende Funktion • Künftigen Umweltbelastungen vorzubeugen – präventiv-vorsorgende Funktion • Querschnittsaufgabe

Umweltschutz

• Schicksalsaufgabe des modernen Staates • Ökonomisches Dilemma: • Knappheit der Umweltressourcen lässt kein unbeschwertes Wachstum zu • Sicherung der Zivilisation ist ohne Technikeinsatz, industrielle Produktionsformen und stabile volkswirtschaftliche Entwicklung kaum denkbar

Nachhaltigkeitsprinzip

• Leitprinzip des Umweltrechts im 21. Jhdt. • Gedanke der Begrenztheit • Verhältnis der Komponenten Ökologie, Ökonomie und Soziales • Elemente stehen in einem unauflösbaren Zusammenhang und müssen in ausbalancierter Perspektive gesichert werden • Wirtschaftliche Entwicklung darf nicht zu Lasten der anderen und künftiger Generationen gehen

Verhältnis Ökologie - Ökonomie

• Komplex, kein notwendiger Gegensatz • Umweltschutzmaßnahmen müssen im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung Beachtung finden • Vorsorgeprinzip • Umweltschutzinitiativen können sich belebend auf die Konjunktur auswirken

Schutzzweck des Umweltschutzes

• Welche ethischen Grundlagen verfolgt der Umweltschutz? • Anthropozentrischer Umweltschutz • Ökozentrischer Umweltschutz • Ressourcen-ökonomischer Umweltschutz

Umweltschutz

• Aufgabe des Staates: • Abwendung einer ökologischen Existenzkrise, um eine dauerhaft tragfähige Entwicklung menschlicher Gesellschaften zu gewährleisten • Erforderlich erscheint ein langfristiger Wandel der Lebens- und Arbeitsweise der Industriestaaten

Umweltvölkerrecht

Völkerrecht

• Problemstellungen des modernen Umweltvölkerrechts • Klimaschutz, Umweltverschmutzung • Historische Entwicklung des Umweltvölkerrechts

Umweltvölkerrecht

• Umweltprobleme sind häufig grenzüberschreitender Natur • Bsp.: Treibhauseffekt, Ozonloch, Vergiftung von Meeren und Flüssen, Waldsterben, Abfalltourismus • Bedürfnis nach internationalen Regelungen aus ökologischen und ökonomischen Gründen

Entwicklung

• Drei Phasen: • Punktueller Artenschutz: Schutz bestimmter Tierarten (Robben, Vögel, Wale etc.) und Aufteilung der Nutzungsrechte (Fischerei, Schifffahrt etc.); vorrangig ökonomische Interessen • Völkerrechtliches Nachbarrecht: Koexistenzrecht, Prinzip der Staatensouveränität und der territorialen Integrität („Trail Smelter“) • Internationales Kooperationsrecht (Bsp.: Klimaschutz)

Entwicklung: Konferenzen

• Stockholmer Konferenz 1972, Verabschiedung von 26 Prinzipien, wichtig Prinzip 21: • Die Staaten haben nach Maßgabe der Charta der Vereinten Nationen und der Grundsätze des Völkerrechts das souveräne Recht zur Ausbeutung ihrer eigenen Hilfsquellen nach Maßgabe ihrer eigenen Umweltpolitik sowie die Pflicht dafür zu sorgen, dass durch Tätigkeiten innerhalb ihres Hoheits- und Kontrollbereichs der Umwelt in anderen Staaten oder in Gebieten außerhalb ihres nationalen Hoheitsbereichs kein Schaden zugefügt wird.

Entwicklung: Konferenzen

• Rio de Janeiro Konferenz 1992 • Rio-Deklaration: 27 Prinzipien, Weiterentwicklung der Stockholmer Prinzipien • Einführung des Begriffs der „nachhaltigen Entwicklung“, Verbindung von Ökologie und Ökonomie, Verzahnung Umweltschutz und Entwicklungspolitik • Begriff der „intergenerationellen Gerechtigkeit“ • Agenda 21: Politisches Programm zur Umsetzung der Prinzipien • Vereinbarung mehrerer völkerrechtlicher Verträge (Biodiversitäts-Übereinkommen, Klimarahmenkonvention)

Entwicklung: Konferenzen

• Kyoto-Konferenz 1996 • Johannesburg-Konferenz 2002 […] • Paris 2015: Weltklimakonferenz

Völkerrecht - Rechtsgrundlagen

• Art. 38 I lit. a) – c) IGH-St • Völkerrechtliche Verträge • Gewohnheitsrecht 2 Elemente: (dauerhafte) einheitliche Praxis & Rechtsüberzeugung (opinio iuris) • Allgemeine Rechtsgrundsätze

Völkervertragsrecht, Art. 38 I lit. a) IGH-St

• Bi- oder multilateral • Wichtigste Rechtsquelle des Umweltvölkerrechts • Genauere Regelung einer Rechtsfrage • Müssen in das deutsche Recht transformiert werden, Art. 59 II GG • Häufig fehlende Effektivität, sehr vage • Verträge sind nur für die Staaten rechtlich verbindlich, die den Vertrag auch ratifiziert haben • Erwartung der Gegenseitigkeit (Reziprozität)

Völkergewohnheitsrecht, Art. 38 I lit. b) IGH-St

• Einheitliche und dauerhafte Übung (consuetudo) • Rechtsüberzeugung (opinio iuris) • Sind nur sehr allgemeine Regeln • Völkergewohnheitsrecht ist eine „allgemeine Regel des Völkerrechts“ gemäß Art. 25 GG und es gilt in Deutschland

Prinzipien des Völkergewohnheitsrechts

• Verbot erheblicher grenzüberschreitender Umweltbeeinträchtigungen • Widerstreit von absoluter Souveränität und absoluter Integrität – kein Staat darf auf seinem Territorium Aktivitäten vornehmen, fördern oder dulden, die auf dem Gebiet eines Nachbarstaates erhebliche Schäden verursachen • Trail Smelter • Ultra-hazardous activities: nicht untersagt

Prinzipien des Völkergewohnheitsrechts

• Verbot erheblicher grenzüberschreitender Umweltbeeinträchtigungen • Widerstreit von absoluter Souveränität und absoluter Integrität – kein Staat darf auf seinem Territorium Aktivitäten vornehmen, fördern oder dulden, die auf dem Gebiet eines Nachbarstaates erhebliche Schäden verursachen • Trail Smelter • Ultra-hazardous activities: nicht untersagt

Prinzipien des Völkergewohnheitsrechts

• Verfahrenspflichten • Information über umweltbelastende Vorhaben • Einschätzung von Umweltauswirkungen • Warnung über umweltbelastende Vorhaben • Konsultationspflicht? Umstritten • Vetorecht: nicht anerkannt • Kein Recht zur ökologischen

Allgemeine Rechtsgrundsätze, Art. 38 I lit. c) IGHSt

• Rechtssätze, die sich übereinstimmend in den innerstaatlichen Rechtsordnungen nahezu sämtlicher Staaten finden, ohne dass sie eine völkervertragliche oder – gewohnheitsrechtliche Geltung erlangt haben • Treu und Glauben • Verbot des Rechtsmissbrauchs

Hilfsquellen

• Entscheidungen nationaler und internationaler Gerichte • Soft law • Empfehlungen, Beschlüsse, Deklarationen etc. • Z. B. Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen

Umweltschutz und WTO-Recht

• Welthandel und Umweltschutz stehen nicht unverbunden nebeneinander • Bsp.: Importverbot der EU von Robbenprodukten • Problem: Importbeschränkung nach Art. XI GATT: mengenmäßige Beschränkungen der Ein- oder Ausfuhr sind grundsätzlich verboten • Rechtfertigung: Art. XX GATT

Umwelteuroparecht

Grundlagen

• Primärrecht: EUV; AEUV, Grundrechte-Charta • Völkerrechtliche Verträge • Sekundärrecht: Verordnungen, Richtlinien, Art. 288 AEUV • (Anwendungs-)Vorrang • Unmittelbare Wirkung • Umweltpolitische Aktionsprogramme, Art. 192 III AEUV • Unverbindliche Handlungen

Überblick Primärrecht

• Art. 3 III, V 2 EUV: Ziel der Union • Art. 4 II lit. e) AEUV: Geteilte Zuständigkeit, beachte Subsidiarität • Art. 11 AEUV, Art 37 GrCh: Querschnittsklausel • Art. 114 AEUV: Harmonisierung; beachte IV-VI • Art. 191-193 AEUV

Bedeutung der Vorschriften

• Umweltschutz ist eine Aufgabe der EU • Kompetenzzuweisung • Qualitative Anforderungen an das Handeln der EU • Abweichungsmöglichkeit für die MS nach oben • Gesetzgebungsverfahren, Art. 289 ff. AEUV

Aktionsprogramme, Art. 192 III AEUV

• Keine Rechtsverbindlichkeit im Außenverhältnis • Festlegung von Zielen und Prioritäten der EU-Umweltpolitik • Pflicht zum Erlass? • Zweistufiges Verfahren, Art. 192 III UAbs. 1, 2 AEUV: Erlass eines Aktionsprogramms und der Durchführungsmaßnahmen

Unverbindliche Handlungen

• Mitteilung(en) • Grün- oder Weißbuch • Umweltvereinbarungen, Absprachen der EU-Institutionen

Völkerrechtliche Verträge

• Kompetenz? • Stellung im Unionsrecht, Art. 216 II AEUV • Unmittelbare Wirkung? • Hinreichend genau und unbedingt • Anwendung von Art. 193 AEUV?

Primärrecht

Art. 191 I AEUV – Ziele und Aufgaben

• Konkretisierung von Art. 3 III EUV, Art. 4 II lit. e) AEUV • Beitragen: Gleichrangigkeit der Ziele betont • Abschließende Aufzählung des Tätigkeitsfeldes • Weit und offen formulierte Ziele

Art. 191 I AEUV – Ziele und Aufgaben

• Pflicht der EU zum Erlass der unerlässlichen Maßnahmen • Keine Rechte Einzelner, Vorschrift ist nicht unmittelbar anwendbar • Weiter Gestaltungsspielraum der EUOrgane • Rechtsverbindlich (str.)

Art. 191 II 1 AEUV - Handlungsprinzipien

• Statuiert Anforderungen an die Ausgestaltung der Umweltpolitik • Hohes Schutzniveau? • Rechtliche Verpflichtung, die zur Nichtigkeit eines Sekundärakts führen kann • Nicht „höchstes Schutzniveau“

Art. 191 II 1 AEUV - Handlungsprinzipien

• Unterschiedliche Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der EU sind zu berücksichtigen • Nur relativer Charakter des hohen Schutzniveaus • Ergebnisverpflichtung für jeden einzelnen Rechtsakt, nicht für eine Politik insgesamt • Sukzessive Verwirklichung möglich

Art. 191 II 2 AEUV - Handlungsprinzipien

• Vorsorgeprinzip • Temporär/zeitliche Dimension • Präventionsgedanke (vorausschauendpräventiv; Bsp.: Abfallvermeidung Vorrang vor Abfallverwertung) • Maßnahmen können bereits bei Bestehen von Risiken/wiss. Unsicherheiten ergriffen werden

Art. 191 II 2 AEUV - Handlungsprinzipien

• Verhältnismäßigkeit ist zu beachten • Keine ressourcenschonende Dimension • Umfasst auch das Vorbeugeprinzip (h.M.; a.A.: temporär, weniger anspruchsvoll, nur Gefahrenabwehr erfasst)

Art. 191 II 2 AEUV - Handlungsprinzipien

• Ursprungsprinzip • Wann und wo Umweltbelastungen primär zu bekämpfen sind, lokale Dimension • Quelle (in zeitlicher und örtlicher Hinsicht) • Verhältnismäßgkeitsprinzip

Art. 191 II 2 AEUV - Handlungsprinzipien

• Vorrang der Emissionsverhinderung vor der Emissionsreduzierung und vor dem Immissionsschutz • Bsp.: Abfallvermeidung

Art. 191 II 2 AEUV - Handlungsprinzipien

• • • •

Verursacherprinzip Personale Dimension Verursacher: direkt oder indirekt Kostentragungs- und Zurechnungsprinzipprinzip für eingetretene Umweltschäden und Vermeidung von Umweltbelastungen

Art. 191 II 2 AEUV - Handlungsprinzipien

• Enger Zusammenhang mit dem Vorsorgeprinzip • Internalisierung externer Kosten

Handlungsprinzipien, Art. 3 III 2, V 2 EUV, Art. 11 AEUV

• Nachhaltige Entwicklung • Nachhaltigkeitsgrundsatz: angemessener und dauerhafter Ausgleich von Wirtschaft, Sozialem und Umweltschutz unter Berücksichtigung der rechte künftiger Generationen („DreiSäulen-Modell“) • Ergänzende Zielsetzung

Handlungsprinzipien, Art. 3 III 2, V 2 EUV, Art. 11 AEUV

• Integrationsprinzip: Querschnittsaufgabe der EU, andere Politiken werden ökologisch flankiert; externe Integration von Umweltschutzbelangen • Ressourcenschutz: Nachhaltigkeit im engen Sinne; Regenerationsprinzip, Substitutionsprinzip, Anpassungsfähigkeit (der Ökosysteme)

Umweltkompetenz; Art. 192 AEUV

• Grundlage: Art. 192 I AEUV, als Annexkompetenz auch strafrechtliche Sanktionen zur vollen Wirksamkeit des EU-Rechts (str.); RL 2008/99/EG über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt • Art. 192 II AEUV: eng auszulegende Ausnahme

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