BroschŁre-Ktn- Landesreg - Almwirtschaft Österreich

February 1, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Umweltwissenschaften, Klimawandel
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Broschüre-Ktn- Landesreg

04.09.2007

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ALPINE BRANDWIRTSCHAFT IN KÄRNTEN Die folgenden Ausführungen sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass das flächige Abbrennen von Almflächen derzeit verboten ist und nur innerhalb von Ausnahmebewilligungen (u. a. für wissenschaftliche Projekte) durchgeführt werden darf.

Alpine Brandwirtschaft – Einführung Durch „richtiges“ Abbrennen von Almweiden werden Zwergsträucher in den Beständen zurückgedrängt und schon vor dem Brand vorhandene Gräser und Kräuter kommen zu verstärkter Ausbreitung (vgl. ebd., LICHTENEGGER, E. 1998; SCHNEITER, F. 1970). So werden infolge schlechter Weideführung sekundär verheidete Borstgrasrasen in gräser- und krautreiche Borstgrasrasen mit vergleichsweise besserer Futterqualität überführt. Verantwortlich für die Veränderungen sind unterschiedliche Brandverträglichkeit der Pflanzen und damit geänderte Konkurrenzverhältnisse sowie geänderte Nährstoffverfügbarkeit. Durch vorwiegend vegetative Regeneration der krautigen Vegetation erfolgt ein erneuter Schluss der Vegetationsdecke innerhalb kurzer Zeit. Mit Zwergsträuchern verlieren vor allem jene Pflanzen an Konkurrenzkraft, die sich interspezifische Standortvorteile über Holzproduktion und Gerüstaufbau verschaffen (vgl. WILMANNS, O. 1989), weil die zuvor investierte Biomasse (Holzproduktion) ihre Funktion der Standortsbesetzung nicht weiter erfüllen kann. Umsetzungsschwache subalpine Lagen neigen zu Humusakkumulation, produzierte Biomasse wird aufgrund wärmebedingt gehemmter mikrobieller Tätigkeit nur langsam abgebaut. So ist ein Großteil der vorhandenen Nährstoffe für die Pflanzen nicht verfügbar. Ein Brand der oberirdischen Biomasse und des Auflagehumus bedeutet einen raschen Mineralisierungsschub vorhandener Nährstoffe, die, abzüglich der durch gasförmiges Entweichen (Rauch) oder durch Auswaschung verlustig gehenden Nährstoffe zur Biomassenproduktion beitragen. Die Düngewirkung des Abbrennens ist jedoch nur von bescheidenem Ausmaß. Sie vermag keinen Arten mit höheren Nährstoffansprüchen zur Durchsetzung zu verhelfen. Durch leicht gehobene Nährstoffversorgung und gehobenen pH-Wert kann kurzzeitig lediglich die Schmackhaftigkeit des Aufwuchses verbessert werden. So steht auf verheideten Borstgrasrasen als almwirtschaftliches Ziel des Feuereinsatzes ein annähernd zwergstrauchfreier Borstgrasrasen, der gegenüber den Ausgangsbeständen ein attraktiveres Futterangebot darstellt. Alpine Fettrasen sind durch den Feuereinsatz alleine nicht herzustellen. Der kombinierte Einsatz von Feuer und Einsaat und/oder Düngung scheint nur auf wenig geneigten, tiefgründigeren Böden als sinnvoll, auf steileren Flächen sinkt der Mehrertrag und stellt den erhöhten Aufwand in Frage. Insbesondere nach Brand artenarmer Wacholder-Alpenrosen-Bestände stellt die Einsaat von GrasKräutermischungen eine brauchbare Ergänzung dar, weil im Ausgangsbestand Österreichische Almwirtschaftstagung 2007

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Weidearten, die das Wiederanwachsen der Brandfläche übernehmen sollten, stark zurückgedrängt sind. Wenn Brandflächen nach dem Brand mit gleicher Besatzdichte und Weideführung bewirtschaftet werden, setzt nach einigen Jahren allmählich eine erneute Verheidung ein. Diese beginnt auf steileren sonnseitigen Hängen früher als auf produktiveren Flächen geringerer Neigung. Emissionen Immer stärker wird mit Blickrichtung auf den Treibhauseffekt der Freisetzung von dreiatomigen Gasen - insbesondere dem beim Abbrennen von Vegetation entstehenden Kohlendioxid Aufmerksamkeit geschenkt, weil diese hauptverantwortlich für die Erwärmung des globalen Klimas sind. Auch wenn das Abbrennen mit Kohlendioxid-Emissionen verbunden ist, wird darüber der Treibhauseffekt nicht forciert. Insoferne alpine Brandwirtschaft die Produktivität der Standorte nicht vermindert - und davon kann ausgegangen werden - ist sie CO2 neutral, weil das beim Brand emittierte Kohlendioxid im Rahmen der nachfolgenden, im Vergleich zu Bedingungen vor Brand eher gesteigerten photosynthetischen Leistung wieder in Biomasse eingebaut wird. "Im Fall von periodisch wiederkehrenden Bränden (...) wird der Kohlenstoff durch die nachwachsende Vegetation dann wieder vollständig gebunden, wenn die Produktivität des Standortes durch Feuer oder andere begleitende Einflussfaktoren nicht reduziert wird." (GOLDAMMER, J. G. ET AL. 1997:8) Handwerkliche Ausführung des Almbrennens - Wie brennen? Der Erfolg brandwirtschaftlicher Maßnahmen hängt entscheidend von der handwerklichen Ausführung ab. Bei richtiger, den handwerklichen Regeln entsprechender Handhabe, von der schon im ersten Jahr wieder ergrünten Brandflächen Zeugnis geben, sind deutlich verbesserte Weideflächen herzustellen. Falsches Brennen hingegen kann kontraproduktiv sein, wenn z. B. Zwergsträucher durch Brand eine Förderung erfahren oder die Deckung der Vegetationsdecke stark zurückgeht und so Oberflächenerosionen entstehen können. Entscheidend für die Brandwirkung sind Temperatur und Brandtiefe, weil davon einerseits die Zusammensetzung und Menge der überdauernden vegetativen und generativen Erneuerungsorgane bzw. Samen abhängig sind, andererseits der Humusgehalt des verbleibenden Bodens. Dieser bestimmt die Geschwindigkeit und Art der pflanzlichen Wiederbesiedelung der Brandfläche. Temperatur und mittelbar Brandtiefe sind wiederum abhängig von der Menge des Brennmaterials und der Verweildauer des Feuers und damit von Windeinfluss sowie Geländeneigung. Die Menge des Brennmaterials hängt nicht ausschließlich vom Umfang tatsächlich vorhandener, sondern von der Menge nicht durchfeuchteter organischer Substanz ab. Im Rahmen Alpiner Brandwirtschaft kommen mit Blick auf das Zurückdrängen der Zwergsträucher und auf einen raschen Schluss der Vegetationsdecke ausschließlich "Kalte Feuer" mit kurzer Verweildauer und geringer Brandtiefe zur Anwendung, um einen entsprechend starken Humusboden mit Diasporenvorrat von der Feuerwirkung Österreichische Almwirtschaftstagung 2007

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unbeschadet zu belassen (vgl. LÜTKEPOHL, M., STUBBE, A. 1997; MIRSCH, A. 1997). Offengelegter Mineralboden hingegen fördert bei insgesamt verzögertem Anwachsen der Brandfläche vor allem generative Vermehrung der Besenheide und steht damit der almverbessernden Intention entgegen. Zentrales Element des „Kalten Feuers“ ist das Brennen in Richtung Wind und von unten nach oben, das kurze Verweildauer und relativ niedrige Temperaturen bewirkt. Die Feuergeschwindigkeit steigt mit zunehmender Hangneigung. Schon die kurze Verweildauer hat Einfluss auf die Eindringtiefe der für Pflanzen letalen Temperaturen. Zusätzlich gewährleistet die Durchfeuchtung tiefer liegender humushaltiger Bodenschichten nur oberflächlichen Brand. Analog wirkt Bodenfrost. Dementsprechend soll der Brandzeitpunkt in schneearmen Perioden des Winters, der Zeit der Vegetationsruhe liegen, in der gute Bodendurchfeuchtung und Bodenfrost die Regel sind und die zu fördernden Pflanzen ihre Speicherstoffe in die vom Brand unberührten Wurzeln eingelagert haben. Die Auswahl der Standorte - Wo Brennen? Neben der Brandtechnik ist die Auswahl geeigneter Standorte für den Erfolg des Brennens entscheidend. Die wichtigsten standörtlichen Parameter sind Gründigkeit des Bodens und Hangneigung. Auf seichtgründigen Böden, in denen Humus und Erneuerungsorgane nur knapp unter der Oberfläche liegen, darf kein Feuer zum Einsatz kommen. Ebenso wenig auf Hängen mit einer Neigung von größer als rd. 50 Prozent, weil auf steileren Flächen der durch den bergwärts streichenden Wind in Richtung Hang gedrückte Feuer- und Hitzebereich zunehmend Kontakt mit Vegetation und Boden bekommt und so tiefgreifende Humusbrände mit zahlreichen negativen Auswirkungen auf die „Wiederbegrünung“ entstehen. Die nach Geländeneigung differenzierten Brandwirkungen bzw. Brandtypen werden nachfolgend an Hand eines kleinen Geländeschnittes im Bereich eines Viehsteiges mit kleinräumig stark wechselnder Neigung gezeigt. Auf den Flächen zwischen den sogenannten Viehgangeln mit mäßiger Neigung brennen oberirdische Pflanzenteile, Streu (L-Horizont) und Auflagenhumus (Of- ggf. Oh-Horizont), entsprechend ist der Brand als Auflagenbrand zu bezeichnen. Auf solchen Flächen entwickelt sich die Vegetation nach Brand rasch, die „Wiederbergünung“ benötigt kurze Zeiträume, weil der Humus samt pflanzlichen Regenerationsorganen den Brand überdauern kann und zudem der Standort feinerdereicher ist als im kuppierten Gelände. Die Flächen dieser Neigung markieren typische Brandflächen. Auf linearen Versteilungen unterhalb der Viehgangeln hingegen dringt das Feuer tiefer in den Boden ein, sodass auch der Humus-Horizont (Ah) verbrennt. Im durch Humusbrand offen gelegten Mineralboden, der in diesem Bereich zudem einen geringen Feinerdeanteil aufweist, fehlt eine Vegetationsdecke weitgehend. Dort nimmt die Wiederbesiedelung lange Zeiträume in Anspruch. Auf offenem Mineralboden in Südostexposition erfolgt sie erfahrungsgemäß mit Besenheide (Calluna vulgaris) und damit mit einer Pflanze, die durch das Brennen zurückgedrängt hätte werden sollen. Das Brennen von Standorten, die flächig die gezeigte Steilheit aufweisen, ist jedenfalls zu unterlassen.

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Auf den kaum geneigten und großteils mit niedrigwüchsigem Borstgras bewachsenen Trittflächen der Viehgangeln kommt das Feuer meist zum Erliegen, oder es verbrennen bei entsprechender Länge nur die oberirdischen Pflanzenteile, samt unzersetzter Streu (L-Horizont). Beim Streubrand fehlen brandbedingte Veränderungen in der Pflanzendecke.

Dipl.-Ing. Norbert Kerschbaumer

Zum Autor: Dipl.-Ing. Norbert Kerschbaumer studierte Landschaftsplanung und –pflege an der Universität für Bodenkultur, Wien. Er arbeitet als Landschaftsplaner in Klagenfurt und Afritz am See. Kontaktadresse: Am Bach 9, 9542 Afritz am See

Literatur: GOLDAMMER, J.G., HAGE, H., PRÜTER, J., 1997: Feuereinsatz im Naturschutz in Mitteleuropa – Ein Positionspapier. Schneverdingen. HUBER, T., KERSCHBAUMER, N., BERGTHALER, G. J., BRAUN, B., LEDERER, E. 2002: Alpine Brandwirtschaft – Auswirkungen auf Vegetation und Fauna. Studie im Auftrag der Kärntner Landesregierung, Abt. 10L. Afritz. KERSCHBAUMER, N., HUBER, T., BERGTHALER, G. J., DERBUCH, G., FRIESS, T. 2006: Pilotprojekt Alpine Brandwirtschaft – Auswirkungen auf Vegetation und Fauna. Studie im Auftrag der Arge Naturschutz. Afritz. KERSCHBAUMER, N., HUBER, T., BERGTHALER, G. J., DERBUCH, G., FRIESS, T. 2007: Fallbeispiele zur Alpinen Brandwirtschaft – Auswirkungen auf Vegetation und Fauna. Studie im Auftrag der Arge Naturschutz. Afritz. LICHTENEGGER, E. 1998: Brandrodung auf Almweiden aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht. In: Der Alm- und Bergbauer, Folge 5/98. LÜTKEPOHL, M., STUBBE, A. 1997: Feuergeschichte in nordwestdeutschen CallunaHeiden unter besonderer Berücksichtigung des Naturschutzgebietes Lüneburger Heide. Schneverdingen. MIRSCH, A. 1997: Vegetationskundliche Untersuchungen auf Heide-Brachflächen im Naturschutzgebiet „Lüneburger Heide“ im Hinblick auf Brand als Pflegemaßnahme. Schneverdingen. SCHNEITER, F. 1970: Agrargeschichte der Brandwirtschaft. Graz

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