Die Deutsche im Dorf - DAS Theater an der Effingerstrasse

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Darstellende Kunst, Theater
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Die Deutsche im Dorf von Lukas Hartmann

an der Effingerstrasse

«Wahrheit? Die Wahrheit? Welche denn? Schiess doch. Schiess doch, wenn Du Mut hast.» Emma Görres

Die Uraufführung Die Deutsche im Dorf von Lukas Hartmann Bühnenfassung von Tanja Geier Thomson Emma Görres Simon Otto Christian Werner Schwanbeck Vater von Simon Witwe Stucki

Gilles Tschudi Oliver Daume Simon Käser Philipp Buder Aaron Frederik Defant Wolfram Grüsser Helge Herwerth Christiane Wagner

Regie

Markus Keller

Regieassistenz Hospitanz Bühnenbild Kostüme Technik Licht

Ingrid Adler Sarah Laupper Peter Aeschbacher Sarah Bachmann Claudia Pfitzenmaier Stefan Meier

Bühnenbau Bühnenbildassistenz Programmheft Fotos

Röné Hoffmann Verena Dietze Christiane Wagner Severin Nowacki

Uraufführung

31. Oktober 2015

Aufführungsrechte

Hanser, Nagel & Kimche, Sanssouci, Hanser Berlin

Eine Pause Unter dem Patronat des Fördervereins DAS Theater an der Effingerstrasse

«Musik gegen das Auseinanderfallen: das ist wohl schon immer so gewesen.» Lukas Hartmann, «Die Deutsche im Dorf»

Der Autor

Lukas Hartmann wird 1944 in Bern geboren. In der kleinbürgerlichen Enge seines Elternhauses gibt ihm die Kunst notwendige Weite. «Am Anfang ist mir Malen und Zeichnen wichtig gewesen», erinnert er sich und ergänzt poetisch «dadurch wollte ich mir die Welt aneignen.» Seine Studien sind intensiv. Die holländischen Meister begeistern ihn. Mit dem Velo fährt der 13-jährige in die Landesbibliothek, denn dort stehen bebilderte Kunstbände, die ihm als Vorlage dienen. Da ihm seine Eltern keinen Zeichenunterricht zahlen können, ist er von Anfang an Autodidakt. Er beginnt in Öl zu malen, bringt sich erfolgreich Mischtechniken bei und kopiert bald Bilder von Rembrandt. Die Literatur erfüllt ihn. «Weite Räume» hätten sich dadurch für ihn aufgetan. In seiner Kindheit taucht er in die Romanwelt von Charles Dickens ein, liest vieles von Alexandre Dumas bis Edgar Allan Poe, den er als Jugendlicher sehr schätzt. Als 12-jähriger schreibt er erste eigene Texte. Durch seine Geschichten habe er sich selbst «etwas Wärme verschafft». Jetzt lebt er schreibend in der Ausweitung seiner Räume. Hier kann er sich als Held bewähren, Abenteuer erleben – alles was einen Jugendlichen interessiert. Seine musikalische Leidenschaft gilt dem Geigenspiel und der klassischen Musik, was bei seinem Vater, der Blas- und Militärmusik vorzieht, auf keine Gegenliebe stösst. Die Schule fällt ihm leicht, ein Umstand, der ihn als «Streber» zum Aussenseiter macht. Nach seinem Abschluss besucht er das Lehrerseminar. Seinen Zeichenlehrer beschreibt er als unfähig, doch den Deutschlehrer bewundert er. Dann passiert das, was Lukas Hartmann als «biografische Zufälligkeit» bezeichnet. Der Lehrer ist für

ihn eine Art Vaterfigur, er möchte ihm gefallen und vertieft sich intensiv ins Schreiben, das von nun in seinem Leben zentral wird. Als junger Lehrer auf dem Land schreibt er erste Manuskripte in seiner Freizeit, verschickt sie an Verlage, doch sie werden abgelehnt. Er beginnt ein weiteres Studium, arbeitet als Jugendberater. Mit Ende zwanzig kommt die Krise. Zwei Jahre schreibt er nichts. Soll er seine Träume begraben? Doch «der übermächtige Wunsch etwas zu erschaffen und zu gestalten» ist grösser. Es sind nun Geschichten, die er aus seiner Erfahrungswelt als Jugendberater erzählt. Nach insgesamt 10 Jahren Suche wird sein erstes Buch 1975 beim Zytglogge Verlag veröffentlicht. Drei Jahre später gelingt ihm der Durchbruch mit «Pestalozzis Berg». Jetzt kann er das aussprechen, was er sich bis dahin nicht zugestanden hat: «Ich bin Schriftsteller.» Inzwischen arbeitet er als Radioredakteur, lernt viel über journalistische Arbeit und Dramaturgie. Während fünf Jahren nimmt er sich jährlich zwei Monate Urlaub, um zu schreiben. 1983 bekommt Hartmann ein Stipendium am Istituto Svizzero in Rom. Die Stadt ist von Kulturgeschichte durchdrungen und begeistert den an Historie interessierten Autor. Das Jahr wird zum biografischen Knotenpunkt. In Rom lernt er seine heutige Frau Simonetta Sommaruga kennen. Hier fasst er den Entschluss vom Schreiben zu leben. Ein grosser Schritt für den Vater dreier Kinder. Der Weg geht weiter. Rückblickend sagt er, dass es ihn am meisten erstaune, dass er nie aufgegeben hat. Lukas Hartmann schreibt Kinderbücher und Romane, darunter zahlreiche historische. «Die Deutsche im Dorf» ist das zweitletzte Buch, das er bei Nagel & Kimche 2005 veröffentlicht. Der Wechsel zum Diogenes Verlag eröffnet ihm eine grosse Leserschaft. Er ist angekommen, der Schriftsteller reist weiter. Immer weiter durch die Welt der Geschichten.

«Vom 28. April stammte das letzte Lebenszeichen, da setzte er noch Meldungen an seine engsten Vertrauten ab.»

Die Gerüchte Freitag, 27. Juli 1945. Jacksons Team betritt den Tatort der Verschwörung: Hitlers Reichskanzlei, nicht weit vom ramponierten Brandenburger Tor: «Das war ein grossartiges Gebäude, und die grosse Halle schien weder besonders hoch noch besonders weiträumig, aber sie strahlte – sogar halb zerstört, eine Wucht aus, vor der man sich ganz unbedeutend fühlte.» So hat es auch sein sollen: Die Reichskanzlei ist das Werk des Architekten Albert Speer, der nun auch als Kandidat für Jacksons Tribunal in Nürnberg in alliierter Haft sitzt. Der Haupttäter und Hausherr aber hat sich entzogen. «Wahrscheinlich ist Hitler in der Reichskanzlei gestorben, zusammen mit Eva Braun», notiert der Ankläger. Wahrscheinlich. So richtig glauben mochte Jackson das immer noch nicht. Adolf Hitler, alias «Schicklgruber», stand noch immer auf den Fahndungslisten. Es gab keine Sicherheit, dass der Mann sich, wie berichtet wurde, wirklich am Nachmittag des 30. April hier im Keller erschossen hatte. Zwar hatten am 4. Mai Rotarmisten im Garten die zwei verkohlten Leichen gefunden, doch deren Identität liess sich nicht sicher beweisen. Gebissuntersuchungen der Sowjets hatten bestätigt, dass der männliche Tote Hitler war. Das wissen wir heute. Doch als Jackson sein Tagebuch schrieb, kannte er die Untersuchungsergebnisse nicht – weil Stalin sie geheim hielt. Zwar hatte am 6. Juni die Rote Armee auf einer Pressekonferenz berichtet, man habe Hitlers Leiche identifiziert und als Todesursache das Zerbeissen einer Giftkapsel festgestellt. Doch zugleich streute Moskau, dass Hitler wahrscheinlich noch immer auf der Flucht sei, sogar unter Schutz des Westens stehe. Bald darauf verbreitete die sowjetische Nachrichtenagentur TASS einen Bericht aus Kairo, wonach Hitler als Frau verkleidet, in Dublin gelandet sei und sich nun in Irland versteckt halte.

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Was hatte ich der Siegfried-Garde entgegenzusetzen? » Fortsetzung

Vom 28. April stammte das letzte Lebenszeichen, da setzte er noch Meldungen an seine engsten Vertrauten ab. «Zwischen diesem Tag und dem 1. Mai fand Hitler den Tod, entweder, indem er Gift einnahm, sich erschoss oder seinen Unterstand in die Luft zu sprengen befahl. Ein Gefangener, ein Wachmann vom Sicherheitsdienst der Reichskanzlei, sagte, er habe Eva Braun am 1. Mai in der Reichkanzlei jammern hören, sie würde lieber dort sterben, anstatt zu flüchten. Später am Abend, als er die Tür des Notausganges öffnete, sah er die Leichen von Hitler und Eva Braun brennend am Boden liegen. Reicht das? Es reicht immer noch nicht. Die Gerüchte hielten sich weiter, gespeist von alliierten Geheimdiensten, falschen Agenten und echten Spinnern. Im September sollte es eine regelrechte Hitlerhysterie geben. Ein Rundfunkbericht aus Rom meldete, Hitler sei in Hamburg gesehen worden, wo er unter falschen Namen lebe. Unter dem Namen Schicklgruber? Tagelang durchkämmten britische Geheimdienstler die Stadt. Suchschiffe fuhren los, um den Diktator und seine Angetraute zu fangen, die angeblich in einer Luxusjacht über die Nordsee auf dem Weg in die Weltmeere waren. Tausende Briefe wurden von Geheimdienstlern heimlich geöffnet und gelesen – vielleicht fand sich ja irgendwo ein Hinweis? Noch im Januar 1946, als der Prozess schon seit Wochen lief, meldeten die heimlichen Mitleser Treffer: Ein Briefeschreiber hatte die Überzeugung formuliert, Hitler werde als Sozialdemokrat zurückkehren». Thomas Darnstädt in Nürnberg, Menschheitsverbrechen vor Gericht 1945

Antwerpen: Hier pulsiert das Leben! Schiffe aller Nationen liefen diesen Hafen an. Hier gab es alles, was sich ein Seemann wie ich wünschen konnte. Bei schönem Wetter sass ich vor dem «Café Golding». Es war angenehm, einfach nur dazusitzen, ohne Angst zu haben, von der Gestapo belauscht zu werden. Ein Herr mittleren Alters fragte, ob er bei mir Platz nehmen könne. Er war ein gutaussehender, eleganter Mann. Wir schauten uns in die Augen. Schliesslich meinte er, ob ich gewillt sei, ein schönes Stück Geld zu verdienen? Zunächst machte ich dem Herrn klar, dass ich ein Transsexueller und zu 70 Prozent Frau war. «Macht gar nichts», lachte er mich an, «kommst du mit?» Was konnte mir schon passieren. Mit dem Typen würde ich allemal fertig, dachte ich mir. In seiner Bude angekommen, zeigte er mir zu meiner Überraschung zuerst die Garderobe: Von Damenunterwäsche über Kleider und Röcke bis zum Pelzmantel war alles vorhanden. Selbst eine mir gut sitzende Perücke war dabei, alles vom Feinsten. «Bedien dich», meinte er, «es ist alles wie für dich geschaffen.» Mein Herz klopfte fürchterlich. Endlich ganz ungehindert ausleben können, was ich wirklich bin – eine Frau in einem Männerkörper! Ich begann mich zu verkaufen, um wenigstens ab und zu mal in Frauenkleidern mein gefühlsmässig weibliches Leben führen zu können. Dies dürfte für normale Menschen nicht zu verstehen sein. Mannhaftigkeit, gutes Aussehen, gradlinig, treu und zuverlässig, anständig und ehrlich, das waren die Vokabeln für richtige Männer. Hatten sie nicht das Recht und die Pflicht, Menschen wie mich auszumerzen? Was hatte ich der Siegfried-Garde entgegenzusetzen? Meinen Rock? Bruno Stephan, German Girl Bruno

Transvestitismus Der Begriff «Transvestit» ist eine Wortschöpfung von Magnus Hirschfeld. Er definiert «Transvestitismus»: «Es ist dies der Drang, in der äusseren Gewandung des Geschlechtes aufzutreten, der eine Person nach ihren sichtbaren Geschlechtsorganen n i ch t zugehört. Wir haben diesen Trieb als transvestitischen bezeichnet, von trans entgegengesetzt und vestitus gekleidet, wobei wir gern zugeben wollen, dass mit diesem Namen nur das Augenfälligste der Erscheinung getroffen wird, weniger der innere rein psychologische Kern.» (Hirschfeld 1918)

Hirschfeld stellt fest, dass die Kleidung für das körperliche und seelische Wohlbefinden von Transvestiten von lebenswichtiger Bedeutung ist. Transvestiten, denen stark daran liegt, ihren Vornamen der angestrebten Geschlechtszugehörigkeit anzupassen, bezeichnet Hirschfeld als «Namenstransvestiten». Er setzt sich erfolgreich für die Realisierung dieses Wunsches ein. Anfang der 20er Jahre dürfen männliche und weibliche Transvestiten mit behördlicher Genehmigung ihre Vornamen in geschlechtsneutrale umändern, z.B. in Alex, Toni oder Gert. Auch tragen Institutsmitglieder dazu bei, dass «Transvestitenscheine» eingeführt und polizeilich anerkannt werden. In diesen Bescheinigungen wird festgehalten, dass die betreffende Frau als «Männerkleidung tragend», bzw. der betreffende Mann als «Frauenkleidung tragend» bekannt ist. Ende der 20er Jahre berichtet sein Institutskollege Felix Abraham über die ersten operativen Genitalumwandlungen, die unter der Mitwirkung von Ludwig Levy-Lenz durchgeführt werden. In der Regel gibt es eine Schrittfolge auf dem Weg zum anderen Geschlecht: Namensänderung, Transvestitenschein, Operation.

«Hitler! Ich frage mich, woran man bei einem Menschen das Böse erkennt.» Simon

Porträts Markus Keller «Sprich ganz normal, mit deiner Stimme». Vor drei Tagen hat Markus Keller mit den Proben zu «Die Deutsche im Dorf» begonnen. Heute steht zum ersten Mal Gilles Tschudi in der Rolle der Emma Görres auf der Bühne. Der Schauspieler trägt Frauenkleider, eine blonde Perücke und ein erstes Paar Pumps, die ihm sogar etwas zu gross sind. Markus Keller will einen echten Ton, nichts Falsches oder Aufgesetztes von Tschudi hören. 2005 ist «Die Deutsche im Dorf» veröffentlicht worden. «Die Geschichte hat mich sofort begeistert, als ich sie gelesen habe», erzählt Markus Keller nach der Probe. Er lobt, dass Hartmann «scharf beobachtet» hat. Genauso «scharf» schaut Keller heute auf seine Inszenierung und hört den Schauspielern sehr genau zu. Drei Romane des Berner Autors Lukas Hartmann hat Markus Keller schon im Theater an der Effingerstrasse mit grossem Erfolg auf die Bühne gebracht. Gilles Tschudi Es gibt verschiedene Legenden, die Auskunft über Gilles Tschudis Berufswunsch geben wollen. «Ich bin am Faschingsdienstag geboren», beginnt Gilles Tschudi die erste Legende zu erzählen. Alle Verwandten wären in Larven ins Geburstzimmer gekommen. Dieser erste Anblick soll Gilles Sichtweise auf Menschen geprägt haben. Masken wurden zum Gesicht. Bei einem unmaskierten Gesicht fragt er sich später, welche Maske er wohl trägt. Die zweite Legende lebt im Theater. Damals war der gebürtige Basler zwölf Jahre alt. Seine Mutter nahm ihn mit ins Theater. «Das war ‹Der eingebildete Kranke›», erinnert sich Gilles. Fasziniert wäre er vom Hauptdarsteller gewesen, der das Bett kaum verliess. Gilles war auch vom Puppenspiel beindruckt, denn einige

der Figuren wurden mit Puppen dargestellt. Als die Vorstellung vorüber war, soll er zu seiner Mutter gesagt haben, dass er Schauspieler werden will. Soweit die Welt der Legenden. Vielleicht ist beides ein Stück der Wahrheit, die Gilles nach Abbruch der Schule verwirklichte: Den Wunsch, Schauspieler zu werden. Zunächst drei abenteuerliche Monate an einer Privatschule in Basel, dann der Sprung nach Zürich. Dort besuchte er die Schauspielakademie. Bei seinem abschliessenden Vorsprechen war auch ein Redakteur vom ZDF anwesend: Nachdem Gilles den Mann mit «Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht, Heil Hitler!» begrüsst hatte, konnte er sich ganz seiner Theaterkarriere widmen. Philipp Buder Eine Anzeige brachte Philipp zum ersten Mal mit der Welt des Theaters in Verbindung: «Damals hat das Staatstheater Cottbus junge Schüler gesucht.» Kurz darauf war Philipp besetzt, spielte einen Schüler und stand mit Profis auf der Bühne. In diesem Moment spürte er, dass er seinen Beruf gefunden hatte. Deshalb machte er als Zwanzigjähriger ein Praktikum am Staatstheater, durchlief innerhalb eines Jahres sämtliche Abteilungen, vom Souffleur bis zur Bühnentechnik. Ihm gefiel die besondere Atmosphäre während einer Vorstellung, die hinter der Bühne herrscht. Technische Abläufe, schnelle Umzüge der Schauspieler, das Zusammenwirken vieler Kräfte, damit die Vorstellung gelingt. Er beobachtete die Schauspieler beim Proben und Spielen – vieles konnte er dabei lernen. Philipp begann sich an Schauspielschulen zu bewerben. In Potsdam hatte er Erfolg. Nach vier Jahren Studium machte er im letzten Jahr seinen Abschluss. An «Christian», den er in «Die Deutsche im Dorf» spielt, reizt Philipp die starke Entwicklung der Figur. «Er übernimmt bald die Führerrolle», erklärt er. Die Besessenheit, die Christian entwickelt, erinnere ihn an Hitler. Am Theater an der Effingerstrasse ist Philipp Buder zum ersten Mal zu sehen. Es ist sein viertes Engagement an einem Theater.

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» Fortsetzung Aaron Frederik Defant Im Stück spielt er den Aussenseiter Werner, eine Figur, die Aaron Defant nicht mit seinem Leben in Verbindung bringen würde. «Eher ruhig» und «für mich» wäre er in seiner Kindheit gewesen, aber selbstgewählt. «Ausgeschlossen» hat er sich nie gefühlt. Die Lust am Theaterspielen entstand aus einer Notlösung. In der Schule unterrichtete ein Lehrer, den er nicht mochte, ein Fach, mit dem er nichts anfangen konnte. Als einzige Möglichkeit bot sich der Kurs Pantomime und Theater an. Den Berufswunsch ins Rollen brachte allerdings eine Filmbesetzung. In seiner Heimatstadt Stuttgart wurden junge Darsteller für einen Film gesucht. Aarons Mutter versuchte, ihren Sohn zu diesem Casting zu bewegen. Denn der damals 16-jährige Aaron wollte eigentlich lieber mit dem Mofa und seinem Kumpel die Nachmittage verbringen. Irgendwann fuhren sie dann doch um die Ecke und als dann noch zufällig eine Mitarbeiterin des Besetzungsbüros vor der Tür stand und sie fragte, ob sie noch zum Casting kommen wollen, konnte Aaron nach mehreren Runden besetzt werden. Die Fernsehserie «Fabrixx» folgte, dann schloss er mit 18 Jahren die Schule ab. Vor der Schauspielschule arbeitete er 6 Monate im Schichtdienst bei Daimler. «Einfach, um Geld zu verdienen und etwas zu machen.» Einfach nur herumsitzen ist nicht Aarons Sache. Simon Käser Wenn man mit Simon Käser über seinen Beruf spricht, spürt man schnell, dass eines für ihn im Vordergrund steht: «SPIELEN». Es gibt weder eine bestimmte Form des Theaters, die er bevorzugt, noch gibt es irgendeine Schublade, in der er Inszenierungsstile sortiert hätte. «Manche Leute denken, sie wissen, wie Theater zu sein hat», erklärt Simon, «Theater kann so vieles sein.» Als Schauspieler ist es für ihn wichtig, offen zu sein und nicht zu wissen, wie es funktioniert. «Das beste

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«Ich sage Euch nur eins: Die unglaublichsten Dinge haben sich schon als wahr herausgestellt. Und dann werden wir berühmt. Weltberühmt.» Christian

» Fortsetzung Rezept ist es, kein Rezept zu haben.» Für den gebürtigen Freiburger steht «Spielen» an erster Stelle. Sein Wunsch, Schauspieler zu werden, ist wie ein Baum gewachsen. Er spielte in einer Schultheatergruppe, die sich immer dienstags traf. Dieser Abend wurde zu seiner Insel. Als er mit 18 Jahren ein Austauschjahr in Südafrika verbrachte, spürte er, dass er das Spielen richtig vermisste. Er belegte Theaterkurse. Die Leiterin drückte ihm ein Empfehlungsschreiben in die Hand, lobte ihn in den höchsten Tönen. «Es ist das, was ich machen muss», wusste Simon und besuchte die Schauspielschule in Bern. Direkt im Anschluss spielte er für zwei Jahre am Schauspielhaus in Graz. Otto gehört zu der Sorte Figuren, die Simons Spiellust wecken: «geradeheraus, unreflektiert, und dominant.» Für die Rolle hat er sogar seinen Bart geopfert. Oliver Daume Dass Oliver Schauspieler wurde, zeichnete sich weder in seiner Kindheit noch in seiner Jugend ab. In seiner Familie spielten Theater und Literatur keine Rolle. Seine Leidenschaft lebte er auf dem Spielfeld aus. «Ich war eher der FussballTyp», erzählt Oliver Daume entspannt. Vierzehn Jahre spielte der gebürtige Appenzeller in einem Club, stand schon als Siebenjähriger auf dem Rasen und hängte dann doch die Fussballschuhe an den Nagel. Inzwischen hatte er eine kaufmännische Lehre und erste journalistische Erfahrungen bei einer Appenzeller Zeitung gesammelt. «Ganz solide» lächelt Oliver, bis er an einem Nachmittag ins Kino ging. «Ich sass ganz alleine im grössten Kino in St.Gallen», erinnert er sich an diesen klaren Wintertag. Dann begann der Film. Fightclub. Als er nach der Vorstellung wieder auf der Strasse stand, schneite es. Es hatte sich etwas verändert. «Ich spürte, dass da etwas war, das aus mir raus musste». Das war 1999. Vier Jahre später besuchte er eine Schauspielschule in Zürich, die sich auf Filmarbeit

spezialisierte und lies sich ausbilden. Neben seiner Arbeit als Schauspieler schreibt er für ein Online-Magazin und hört fleissig Radio. «Ich arbeite als freier Radioanalyst im Auftrag für das Bundesamt für Kommunikation.» Ob die Sender ihren Auftrag einhalten, ist die Hauptaufgabe seiner Analyse. Und seine Rolle im Stück? «Mich reizt an meiner Rolle, dass Simon nicht nur auf der Suche nach Informationen über Görres, sondern auch auf der Suche nach seiner Sexualität ist.» Die Deutsche im Dorf» ist Olivers dritte Produktion am Theater an der Effingerstrasse. Christiane Wagner Warum ich Schauspielerin werden wollte? Als ich elf Jahre alt war, stand ich im Studio Werkhaus des Nationaltheaters in Mannheim auf der Bühne. Ein Märchen für Kinder. Ich war der König. Überhaupt spielte ich immer die Männer, da die Genetik meines Vaters mein Wachstum kräftig vorantrieb. Als die Vorstellung begann, war ich gebannt von der Atmosphäre. Ich erinnere mich an den Geruch der Luft und daran, wie unzählige Staubteilchen im Scheinwerferlicht tanzten. Ich erinnere mich, dass ich glücklich war. «Hier kann ich sein», dachte ich. Das Stück begann. Ich sprach den ersten Satz: «Ich will Dir alles geben, was Dein Herz nur wünschen kann.»

Wolfram Grüsser Die Entscheidung fiel an seinem Schreibtisch. «Bin ich dafür da, anderen Betrieben ihre Gewinne auszurechnen?» fragte sich Wolfram Grüsser in den 60-er Jahren. Damals hatte er eine gute Stelle als Steuergehilfe in Stuttgart. Den Traum, Schauspieler zu werden, hatte er nach der Absage einer Schauspielschule auf Eis gelegt. Bis zu dem Tag, als sein Blick auf den mächtigen Stapel Akten fiel. Er spürte, dass er einen «Abenteuertag» brauchte. Gut gelaunt und ohne eigenen Erwartungsdruck fuhr er nach Bochum, um an der Schauspielschule vorzusprechen. Die Absage

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» Fortsetzung gab er sich vorab schon selbst, aber er wollte spielen. Und dann passierte es: Wolfram wurde aufgenommen. Dem unerwarteten Triumph folgte die Niederlage. «Wochen später sollten wir improvisieren.» Wolfram erklärt, dass seine Kehle «wie zugeschnürt» war. Er war komplett blockiert. Erst ein StrasbergKurs, den er Jahre später in München besuchte und die Arbeit mit Andrea Breth am Neumarkt Theater in Zürich, gaben ihm Selbstvertrauen und lösten seine Ängste auf. «Andrea liess uns stundenlang improvisieren». Dann das entscheidende Feedback der Regisseurin: «Am ehrlichsten wart ihr, als euch nichts eingefallen ist.» Helge Herwerth musste sich in die Rolle des Vaters von Simon erst einfühlen. «Ich wäre eher ein heiterer Vater», erklärt er. Die Beziehung zu seinen jungen Eltern hat ihn geprägt. Helges Mutter ist nur 18 Jahre älter als er. «Wir sind zusammen mit den Aufgaben gewachsen», erinnert er sich und gerät ins Schwärmen, wenn er von seiner Kindheit auf dem Land bei Hamburg erzählt. In seiner Rolle als Vater in «Die Deutsche im Dorf», sieht er auch Herausforderungen. Er erklärt, dass gerade kleinere Rollen die schwierigen sind. «Du musst immer auf dem Punkt sein, wenn Du auftrittst». So gesehen gibt es keine kleinen Rollen. Seinen Berufswunsch musste Helge Herwerth nicht finden. Früh stand für ihn fest, dass er eine Schauspielausbildung machen wird. Noch während seiner Ausbildung bei Hiltrud Frese, begann er sich an Theatern zu bewerben. Auch das Schauspielhaus Zürich war darunter. Als die schriftliche Absage kam, wunderte er sich. Er hatte gehört, dass sie jemanden suchen. Helge griff zum Hörer – seine Nachfrage wurde belohnt, denn er wurde zum Vorsprechen nach Zürich eingeladen. Helge wurde sofort engagiert. Und er blieb in der Schweiz, auch wenn er dies nicht geplant hatte.

Effinger Tresen-Talks Sonntag, 8. November 2015: Die Deutsche im Dorf Lukas Hartmann, Tanja Geier Thomson und Gilles Tschudi diskutieren über die Bühnenfassung des Romans und die Inszenierung. Das Ensemble liest drei Passagen aus dem Roman «Die Deutsche im Dorf», von Lukas Hartmann. Nach dem TresenTalk, der diesmal im Zuschauerraum stattfindet, können Sie Bücher von Lukas Hartmann erwerben.

Sonntag, 13. Dezember 2015: Die Wunderübung Diesmal steht das Thema «Wunderübung Beziehung» im Mittelpunkt unseres Tresen-Talks. Zu Gast sind Regisseurin Ingrid Adler und der Psychotherapeut Raphael Romano. Der Notfallpsychologe und erfahrene Paartherapeut wird mit uns in Beziehungswelten eintauchen. Unser Ensemble wird ausgesuchte Texte lesen, die sich thematisch mit «Paar oder nicht Paar» beschäftigen.

Sonntag, 24. Januar 2016: Verschwunden Einen Monat nach Weihnachten findet unser erster Tresen-Talk in 2016 statt. Diesmal steht die Produktion «Verschwunden» im Mittelpunkt. Wir starten mit der Blue Cocktail Bar des Blauen Kreuzes ins Jahr. Lassen Sie sich von Rezepten inspirieren, die ganz ohne Alkohol verführen. Unsere Überraschungstexte liest Ihnen unser Ensemble vor. Eintritt frei WANN UND WO? Von 19.00 Uhr bis 20 Uhr in der Theaterbar WER? Auch Gäste, die keine Vorstellung besuchen, sind willkommen. Die Tresen-Talks werden unterstü tzt von Felsenau Bier und Stauffacher – Die Welt der Bücher & Multimedia.

Schenken Sie ein Stück Kultur zu Weihnachten Dieses Jahr bieten wir Ihnen neben unseren bewährten klassischen Abo und unseren beliebten Geschenkgutscheinen etwas Neues an: Mit dem Wahl-Abo erhalten Sie ein Gutscheinheft für 9 Vorstellungen und 1 Getränk nach freier Wahl an unserer Theaterbar. Wählen Sie ihr Wunschdatum und bestellen Sie aus den noch verfügbaren freien Plätzen Ihren Platz per Internet oder per Telefon. Das Wahl-Abo ist ein Jahr nach Kauf gültig und übertragbar. Preise für 9 Vorstellungen und 1 Getränkegutschein: 1 Kategorie Fr. 320.– / 2. Kategorie Fr. 260.– / 3. Kategorie Fr. 160.– Wussten Sie, dass Schüler, Studenten und Lehrlinge auf allen Abonnementen 50% Ermässigung haben?

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Genuss-Theater Unser Genuss-Theater-Gutschein macht den ganzen Abend zum Erlebnis: 3-gängiges Nachtessen und Kaffee im Hotel Bellevue Palace ab 18.00 Uhr (Nach Reservationsstand im Restaurant La Terrasse oder Bar) ----Tramfahrt direkt zum Theater an der Effingerstrasse (Tram 6, 7 + 8, bis Kocherpark) ----Reservierter 1. Platz für die Vorstellung ----Cüpli an der Theater-Bar in der Pause ----Tramfahrt zurück zum Zytglogge Und das alles für Fr. 115.– (exklusive Getränke) Abo-Besitzer zahlen sogar nur Fr. 80.– (wenn sie am Abo-Tag oder beim Umtausch des Abo-Tages das Genusstheater kombinieren) Reservationen über E-Mail: [email protected] telefonisch: 031 382 72 72 (Mo –Sa 16.00 –20.00 Uhr) oder an der Vorverkaufskasse des Theaters an der Effingerstrasse

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DAS Theater an der Effingerstrasse Postfach 603 3000 Bern 8 Telefon 031 382 72 72 www.dastheater-effingerstr.ch [email protected]

Merci!

Wir danken für die Unterstützung Gemeinden: Allmendingen, Bolligen, Bremgarten, Ittigen, Kirchlindach, Moosseedorf, Münsingen, Muri, Rubigen, Schwarzenburg, Wohlen, Worb, Zollikofen Förderverein DAS Theater an der Effingerstrasse Effinger Fauteuil-Club Berner Theaterverein

GESELLSCHAFT ZU MITTELLÖWEN BERN

Stiftung Hausammann für Kunst Eva M. Rufer-Stiftung Quellennachweis: – Foto Lukas Hartmann: © Bernard van Dierendonck – Thomas Darnstädt in Nürnberg, Menschheitsverbrechen vor Gericht 1945, Piper, München 2015 – Transvestitismus, Magnus Hirschfeld: http://www.hirschfeld.in-berlin.de/institut/ – Bruno Stephan, German Girl Bruno, Als Transsexueller unter dem Hakenkreuz, Bella Vista Verlag, Bad Schwartau 2004 – Dirk Swaab, Wir sind unser Gehirn, Droemer, München 2011 – Text über Lukas Hartmann und alle Texte «Ensemble» von Christiane Wagner. Auslassungen innerhalb der Texte sind nicht gekennzeichnet. Titel wurden zum Teil geändert.

Die Antiquitäten und ein Teil des Mobiliars wurden von HAUSER-ANTIQUITÄTEN, Schwarzenburg, zur Verfügung gestellt.

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