Die fabelhaften Millibillies

February 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Musik
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Die fabelhaften Millibillies Eine Ensembleproduktion mit Liedtexten von Volker Ludwig und Musik von Birger Heymann Für Menschen ab 5 Jahren

»Die fabelhaften Millibillies«

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»Die fabelhaften Millibillies«

Liebe Leserin, lieber Leser! Eine ganze Band hat sich Emilia herbei fantasiert: Schlagzeug, Gitarre, Keyboard und Bass. Und plötzlich taucht da Tobias, ein Junge aus ihrer Klasse, auf und will partout nicht aus ihrem Traum verschwinden! Halb so schlimm - gemeinsam gehen die Kinder auf Entdeckungsreise. Zwei Spieler (und drei Musiker) bringen mit Fantasie die Welt zum Tanzen: Bühne frei für »Die fabelhaften Millibillies« und für ein Wiedersehen (und Wiederhören!) mit den schönsten GRIPSHits für große und kleine Kinder. GRIPS-Ohrwürmer wie "Mattscheiben-Milli" und "Wir werden immer größer" haben Generationen von Kindern beim Aufwachsen begleitet, die Noten sind in Liederbüchern gedruckt worden, in vielen Berliner Kitas und Schulen werden die Lieder auch heute gespielt und gesungen. Für die Aufführung im GRIPS hat Regisseurin Franziska Steiof zusammen mit einem Ensemble aus GRIPS-Schauspielern und –Musikern eine Geschichte rund um die GRIPS-Songs entwickelt, die von der Begegnung zweier unterschiedlicher Kinder erzählt und zudem zum spielerischen Umgang mit Musik animiert: Kann man Töne auch sehen? Darf ich Dir die Klänge aus meinem Kopf leihen? Wie sieht stille Wut aus, wie hört sie sich an, wenn sie laut ist? Und können Bäume tanzen? (Na klar!) Inhaltlich bieten die Lieder Anlass für Situationen u.a. zu den Themen: Freundschaft, Ausdruck der eigenen Gefühle, Spiel mit „fremden“ Rollen, Wunsch und Wirklichkeit. Abgeschlossen wird die musikalische Entdeckungsreise mit einem brandneuen Song und der Botschaft »Träume machen fit«. Das vorliegende Material bietet Texte mit Hintergrundinformationen zu den stückrelevanten Themen, aber hauptsächlich möchten wir Ihnen Spielanregungen bieten die Sie in den Unterricht einbinden können. Diese sind nicht nur für den Musikunterricht gedacht, sondern können grundsätzlich genutzt werden, um im Unterricht entweder wieder fit zu werden, Konzentration zu schaffen oder einfach einmal kräftig zu lachen! Viel Spaß beim Ausprobieren! Laura Klatt & Stefanie Kaluza (Theaterpädagogik)

Winfried Tobias (Dramaturgie)

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»Die fabelhaften Millibillies«

Inhaltsverzeichnis Besetzung der Uraufführung

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Zum Stück

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Kapitel 1: »Und jetzt: Auf die Plätze, fertig, los!« Einsteigen und erinnern

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Kleine Tipps zum Theaterspielen im Klassenzimmer Stückbezogene Gesprächsanregungen Aufwärmspiele

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Kapitel 2: »Heute will ich eine Band haben.« Die Bedeutung von Musik

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Spiele und Übungen zum Thema »Musik« Zum Weiterlesen Schon Babys haben Rhythmusgefühl Die Bedeutung des musikalischen Gestaltens im Leben des Kindes »Musik bringt gute Laune – bei mir und den Kindern!« Interview mit Simone Praetz Musikalische Grundschule (Bertelsmann Stiftung)

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Kapitel 3: »Das ist mein Traum!« Die Aufgabe von Träumen

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Spiele und Übungen zum Thema »Träume« Zum Weiterlesen Was Kinder träumen Kinder träumen schöner Von genauen und ungenauen Wünschen

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Kapitel 4: »Soll ich dir mal meine Stimmen geben?« Der Ton macht die Musik...

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Spiele und Übungen zum Thema »Der Ton macht die Musik Zum Weiterlesen Lob muss glaubwürdig und richtig dosiert sein Die Macht der Worte

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»Die fabelhaften Millibillies«

Kapitel 5: »Die fabelhaften Millibillies« - Noten und Bilder zum Stück

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Anregungen zur Nutzung der Kopiervorlagen Noten Ausmalbilder Wimmelbild

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Links und Adressen

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Dank und Impressum

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»Die fabelhaften Millibillies«

Die fabelhaften Millibillies für Menschen ab 5 Jahren Eine Ensembleproduktion mit Liedtexten von Volker Ludwig und Musik von Birger Heymann Uraufführung am 25. Januar 2012, 18.00 Uhr, im GRIPS Klosterstraße

Besetzung Mit: Jennifer Breitrück Thomas Ahrens George Kranz Jens Mondalski Robert Neumann

Emilia / vocals Tom / guitar Commander George / drums Tobias & JayJay / bass Professor Bob / keyboard

Regie: Ausstattung: Dramaturgie: Regieassistenz: Theaterpädagogik:

Franziska Steiof Jan A. Schroeder Winfried Tobias Celine Jünger Stefanie Kaluza und Laura Klatt

Licht, Ton, Bühne: Bühnenbau: Requisite: Schneiderei: Maske:

Jerry Geiger, Joe Maubach Günther Pöchtrager, Mark Eichelbaum Tobias Schmidt Anne Rennekamp, Sabine Winge, Kaye Tai Sedija Husak, Sara-Jane Ruhnow

Aktuelle Besetzung Tom Emilia Commander George Tobias und JayJay Professor Bob Dramaturgie Theaterpädagogik Regie Bühne und Kostüme

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guit Thomas Ahrens vocals Nina Reithmeier dms George Kranz bass Jens Mondalski keys Robert Neumann Winfried Tobias Stefanie Kaluza / Laura Klatt Franziska Steiof Jan A. Schroeder

»Die fabelhaften Millibillies«

Zum Stück 1. Heute will ich eine Band Ein Mädchen kommt auf die Bühne und spricht davon, dass sie sich in ihrem Traum befindet, beschlossen hat, heute Geburtstag zu haben und sich eine Band herbeiwünscht. Die sitzt dann auch tatsächlich in der großen Kiste, die das Mädchen auspackt. Die Musiker sehen ganz anders aus, als Emilia, das Mädchen, sie sich vorgestellt hat, aber Musik machen können sie sehr gut und stellen auch gleich ihre Instrument vor: Commander George an den Drums, Tom an der Gitarre und Professor Bob am Keyboard. Mit Verspätung kommt auch JayJay dazu, der Bassist, und endlich spielt die Band das erste Lied: WIR WERDEN IMMER GRÖSSER. 2. Mein oder dein Traum? Während die Band über musikalische Spielarten diskutiert, verschwindet JayJay im Bühnenhintergrund und kommt als ein Junge wieder auf die Bühne gejoggt, den Emilia kennt: das ist doch Tobias, ihr Klassenkamerad! Aber was hat er in ihrem Traum zu suchen?! Aus der Diskussion der beiden entsteht ein Berühr-Ton-Spiel aus der musikalischen Rauferei geht Emilia als Siegerin hervor, die Tobias nun Bedingungen stellen darf: Er soll zum nächsten Lied tanzen: KLEINER BAUM. 3. Genaues Wünschen Tobias wird von den Stimmen seiner Eltern gerufen: Abendessen! und verwandelt sich in Jay Jay. Emilia richtet unerfüllbare Wünsche an die Band, im Gespräch mit den Musikern findet sie heraus, dass sie genauer formulieren muss, was sie will. Der nächste Song: BRATKARTOFFELLIED. 4. Sich etwas trauen Ein Tausch der Instrumente in der Band führt zu lärmender Musik, nach einem kurzen Versuch wünscht sich Emilia stattdessen von den Musikern, sie mögen ihr erzählen, was sie sich einmal getraut haben. Für den schüchternen Professor Bob wird das nächste Lied gespielt: TRAU DICH Szene 5: Stimmen / Stimmen tauschen Die Band-Kollegen schimpfen über JayJays ungenaues Spiel, die Stimmen gehen über in eine Familiensituation, JayJay verwandelt sich wieder in den gehetzten Tobias, der sich bei Emilia beklagt, dass alle ihm Stress machen. Emilia und Tobias halten sich die Ohren zu und öffnen sie wieder, die verschiedenen Stimmen ihrer Eltern, schimpfend bzw. freundlich und unterstützend werden hörbar. Emilia bietet Tobias an, ihm ihre freundlichen Stimmen zu leihen, der Junge genießt diese neuen Töne sichtlich. Das Spiel mit Stimmen, Worten und Tönen verselbständigt sich und geht schließlich über in den nächsten Song: DOOF GEBOR'N IST KEINER. 6. Wut haben Wieder muss sich JayJay für einen unsauberen Abschlag beschimpfen lassen, als Tobias gerät er zusehends in Rage, sucht nach Möglichkeiten, seine Wut zu artikulieren, er und Emilia (und die Band!) hauen sich abwechselnd Schimpfwörter um die Ohren. Mit Emilia zusammen erforscht Tobias in zwei Kreidekreisen, einem Wutkreis und einem Glückskreis die Möglichkeit, Empfindungen verschieden auszudrücken. Lied: MANCHMAL HAB ICH WUT 7

»Die fabelhaften Millibillies« 7. Mattscheiben Nicht nur mit Wut wird in Emilias und Tobias' Familien sehr verschieden umgegangen, auch der Fernseher hat einen unterschiedlichen Platz in den beiden Haushalten: in jedem Zimmer ein TV bei Tobias, auf der anderen Seite totaler Fernsehverzicht für Emilia, die dieses Verbot ihrer Eltern auch noch mit vielen Argumenten (ihrer Mutter) belegen kann. Obwohl sie doch schon auch gerne einmal schauen würde... Tobias zappt sie durch ein paar Kanäle (von den Musikern eingesprochen) und Emilia ist sofort vollkommen Mattscheiben-fixiert - - - Zeit für ein Lied: MATTSCHEIBEN-MILLI. 8. Jeder Mensch sieht anders aus und das ist gut so! Die TV-Glotzer-Augen erinnern Emilia an ein Mädchen aus dem Ballett, Tobias fällt ein Junge mit komischem Gang ein, die Kinder spielen verschiedene körperliche Eigenarten durch, fliegen mit Ottos Segelohren durch die Welt, von oben sehen doch alle sehr schön aus. Song: OTTOKAR HAT SEGELOHREN. 9. Kann man Stille auch hören? Wie sehen Töne aus? Über die großen Ohren kommt Emilia aufs Hören und die Frage wie Töne entstehen. Die Musiker helfen ihr, die Schwingungen der Töne und ihre Bewegung durch die Luft sichtbar zu machen. Aus der Stille heraus entwickelt Commander George einen Klatschrhythmus, als der zu Ende geht, ist Tobias verschwunden (und auch JayJay muss plötzlich fort.) Emilia ist traurig, wieder allein in ihrem Traum zu sein, sie möchte lieber aufwachen und Tobias suchen. Als sie ihm begegnet, hat auch er von ihr geträumt, gemeinsam erinnern sie sich an ihren Traum und singen das Abschlusslied: ICH TRÄUM SO GERN.

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»Die fabelhaften Millibillies«

Kapitel 1:

»Und jetzt: Auf die Plätze, fertig, los!« Einsteigen und erinnern

Breitrück

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»Die fabelhaften Millibillies«

Kleine Tipps zum Theaterspielen im Klassenzimmer Hier finden Sie ein paar Ieen und etwas »Handwerkszeug« aus der theaterpädagogischen Praxis, um in jedem Klassenraum Theaterfeeling entstehen lassen zu können:

»Ab die Post!« Es empfiehlt sich, für die Entwicklungsphase nicht zu viel Zeit einzuplanen. Lieber nur fünf Minuten. Dabei können die Kinder dazu ermuntert werden, die Szene zu proben, also ins Spiel zu kommen, und nicht zu lange zu diskutieren.

drapiert und ihre Ausgangspositionen eingenommen haben, werden sie gebeten kurz »einzufrieren«, also in ihrer Haltung vollkommen zu erstarren. Entweder reicht dieser Moment aus, das Publikum ruhig zu bekommen und die Spielleitung eröffnet mit einem »Bitte« oder »Los« die Szene.

Präsentation Wenn die Szenen dann entwickelt sind, geht es zur Präsentation. Dafür kann in jedem Raum eine Bühne festgelegt werden, zum Beispiel vor der Tafel. Es empfiehlt sich in jedem Fall, die Tische an die Seite oder auf den Flur zu räumen (schon gleich zu Beginn), um Bewegungsfreiraum zu schaffen. Vor der definierten B ühne richtet sich nun das Publikum ein.

Einklatschen Die Szenen können jedoch auch eingeklatscht werden. Dafür klopfen sich die Zuschauenden zunächst auf die Oberschenkel, klatschen dann dreimal in die Hände (wobei laut mitgezählt werden kann) und rufen schließlich alle gemeinsam »Bitte«, das Zeichen für die Kinder mit ihrer Szene zu beginnen. Zum Abschluss jeder Szene muss es natürlich immer Applaus geben – wie im Theater eben.

»1-2-3- und bitte!« Damit die Kinder auf der (Klassenzimmer-)Bühne nicht einfach drauflos spielen und das Publikum noch gar nicht mitbekommen hat, dass es schon los geht und sich noch unterhält, ist es ratsam (in Ermangelung der Abdunkelung und der Scheinwerfer, die angehen) ein Zeichen zu vereinbaren, damit die Kinder und das Publikum Bescheid wissen. Wenn die Kinder sich auf der Bühne eingerichtet, also eventuell Tische und Stühle als Bühnenbild

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Zeit für brennende Fragen Vielleicht haben die Kinder Fragen, die sich ihnen beim Theaterbesuch aufgedrängt haben. Vielleicht haben sie etwas wirklich nicht verstanden oder wollen gerne wissen, wie das mit den Scheinwerfern eigentlich geht. In der einstimmenden Fragerunde haben alle diese Fragen Raum – egal, ob inhaltlich oder auf den Theaterbesuch bezogen.

»Die fabelhaften Millibillies«

Stückbezogene Gesprächsanregungen Was würdet ihr jemandem, der das Stück nicht gesehen hat, unbedingt davon erzählen? Was hat euch am besten gefallen im Stück? Was hat euch nicht so gut gefallen? Welche Figuren kamen im Stück vor? Gemeinsam sammeln. Wie würdet ihr Emilia beschreiben? Wärt ihr gerne mit ihr befreundet? Warum ja, warum nein? Wie würdet ihr Tobias beschreiben? Wo hat das Stück gespielt? Was ist Emilias großer Traum? Warum ist Tobias traurig? Sind Emilia und Tobias Freunde? Was passiert, wenn sich Emilia und Tobias wieder in der Schule treffen? Fragen zu Form und Mitteln Wie sah das Bühnenbild aus? Welche Beleuchtung gab es? Wie sahen die Kostüme aus? Welche Instrumente gab es?

Ensemble

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»Die fabelhaften Millibillies«

Aufwärmspiele Blickrunde

Momentaufnahme

Alle sitzen im Kreis. Die Spielleitung beginnt, dem Nachbar in die Augen zu schauen und zu gucken, wie es der anderen Person geht. Dabei wird nicht gesprochen. Nun wird der Blick von einem Kind zum nächsten weiter gegeben, bis er wieder bei der Spielleitung ankommt.

Die Kinder schließen die Augen. Sie sollen sich an bestimmte Bilder, kleine Situationen, oder auch Requisiten, Kostümteile, Farben, Töne, Stimmungen usw. aus dem Stück erinnern, die ihnen aus irgendeinem Grund besonders im Gedächtnis geblieben sind. Es geht hierbei nicht um eine Nacherzählung des Inhalts, sondern um eine Art Momentaufnahme von persönlichen Eindrücken. Wenn jeder eine besondere Sache aus dem Stück vor Augen hat, öffnen die Kinder die Augen wieder und der Reihe nach schildert jeder dieses Detail.

Ziele: sich gegenseitig wahrnehmen, sich trauen, dem anderen in die Augen zu schauen und dies einen Moment lang auszuhalten

Blickwechsel Alle sitzen im Kreis und man schaut alle Kinder aufmerksam an. Wenn man jemanden gefunden hat, der zurück schaut, dann werden die Plätze gewechselt. Dabei wird nicht gesprochen. Wenn immer nur Jungen und nur Mädchen miteinander tauschen, kann auch die Anweisung geben werden, dass nur noch Mädchen mit Jungen die Plätze wechseln können. Erweiterung: Immer nur ein Paar tauscht den Platz. Alle Kinder müssen aufeinander achten, damit nicht zwei Paare gleichzeitig wechseln. Ziele: sich gegenseitig wahrnehmen, nonverbale Kommunikation, aufbrechen der normalen Sitzordnung in der Klasse

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Ziel: Erinnerung an das Stück, persönliche Wahrnehmungen mitteilen

Wisst ihr noch... Die Kinder werden eingeladen, einen Moment des Stückes pantomimisch nach-zuspielen, entsprechend ihrer Erinnerung. Jedes Kind tritt in die Mitte der Stuhlkreises und zeigt die Szene, den Moment an den er sich erinnert. Wenn das Kind fertig gespielt hat, dürfen die anderen Kinder raten, welche Figur das Kind gespielt hat und an welcher Stelle des Stücks die Szene stattgefunden hat. Wurde die Szene erraten, darf das nächste Kind spielen. Die Aufgabe sollte absolut freiwillig sein.

»Die fabelhaften Millibillies«

Kapitel 2:

»Heute will ich eine Band haben.« Die Bedeutung von Musik

Ahrens,, Kranz, Mondalski, Neumann

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»Die fabelhaften Millibillies«

Spiele und Übungen zum Thema: »Musik« Mit Musik wachsen

Micky Mousing: Berühr – Ton – Spiel

Jedes Kind bekommt ein »Instrument« (oder einen Stift um auf den Tisch zu klopfen). und überlegt wie es damit zeigen kann, wie wachsen klingt. Gemeinsam wird mit der Gruppe überlegt, wie es wohl klingt wenn man »Wachsen« mit Musik präsentieren würde. Nun versucht jedes Kind mit Geschwindigkeit und/ oder Lautstärke Klänge zu erzeugen, die für ihn das Geräusch von »Größer werden« darstellen. Wiederum kann man mit Tönen auch »Schrumpfen« hörbar machen. Hierfür kann den Kindern einige Minuten Zeit gelassen werden zum Ausprobieren. Die Ergebnisse werden vor den anderen präsentiert.

Immer zwei Kinder gehen zusammen. Nun tippen sie sich gegenseitig an unterschiedlichen Körperstellen an. Das Kind das angetippt wird macht zu jeder Berührung einen neuen Ton. So geht es abwechselnd, dass jeder einmal angetippt wird und selbst antippt. Variation: Anstelle dessen, das der Berührte einen Ton von sich gibt, kann es auch ein »Orchester« aus einigen Kindern geben, die die Berührungen mit Geräuschen unterlegen. Vorher kann überlegt werden, dass Tipper im Beinbereich eher dunkle Töne sind und Tipper weiter oben helle Töne sind.

Anmerkung: Bei kleinen Kindern kann das Ausprobieren und Präsentieren auch zusammen im Kreis ablaufen.

Ziele: Ton und Bewegung verbinden, Körperwahrnehmung schulen, Berührungen werden in der Intensität in Laut/ Ton umgesetzt

Ziele: Auseinandersetzung wie mit Musik etwas ausgedrückt werden kann, Fantasie anregen

»Wie geht laut?«

Emilia

(Zu Tom) Und du bist ja total klein. Sogar noch kleiner, als mein Vater. Kannst du mal wachsen?

Tom

Klar.

Emilia

Wie denn?

Tom

Ich wachse mit meiner Gitarre.

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Dieses Spiel sollte nur gespielt werden, wenn die Kinder wirklich laut sein dürfen! Alle Kinder zeigen nacheinander im Kreis wie laut sie sein können. Hierfür dürfen sie trampeln, schreien, was auch immer ihnen einfällt. Danach zeigt jedes Kind im Kreis wiederum wie leise es sein kann ohne zu schweigen.

»Die fabelhaften Millibillies« Rhythmuskreis Alle Kinder stehen im Kreis. Sie suchen sich einen Grundrhythmus, indem sie mit dem linken und rechten Fuß einen Takt auf den Boden stampfen. Haben sie einen gemeinsamen Grundrhythmus gefunden fängt ein Kind an, einen Rhythmus zu klatschen. Die anderen machen diesen nach. Nach einiger Zeit beginnt der Nächste im Kreis einen neuen Rhythmus zu klatschen.

Geräuschekreis Alle Kinder stehen im Kreis. Jeder im Kreis denkt sich ein Geräusch aus, ohne die Stimme zu benutzen. Beispielsweise auf den Oberschenkel klopfen, mit den Fingern trommeln, etc.. Einer beginnt und macht ein Geräusch vor, das die anderen nachmachen. Dann ist der Nächste dran. Die Kinder laufen nun durch den Kreis, tauschen ihre Plätze im Kreis und führen davor immer zu zweit eine kleine Unterhaltung mit ihren Geräuschen.

Hände zu den Knien bewegt, bedeutet dies, die Geräusche ganz leise zu machen, Hände zur Hüfte bedeutet mittel laut, Hände bis zum Brustbereich bedeutet laut, über den Kopf sehr laut und Hände vor der Brust verschränken absolute sofortige Stille. Der Dirigent macht als erstes einmal alle vier Stufen durch und beginnt dann die Stufen zu variieren. Die Kinder sollen Ge-räusche einer unmotivierten Schulklasse machen. Nach diesem Durchlauf findet ein weiterer statt, bei dem die Kinder die Ge-räusche einer lerneifrigen Klasse imitieren. Ziele: Auseinandersetzung mit Klängen und Geräuschen, Akustische Wahrnehmung schärfen

Variation: Zu den Geräuschen nehmen die Kinder eine bestimmte emotionale Haltung (traurig, fröhlich, etc.) ein. Wenn sie ihren Platz tauschen, machen sie das nicht nur mit Geräuschen, sondern spielen nun zusätzlich noch eine Rolle.

Störorchester Alle Kinder setzen sich wie im Frontalunterricht mit Stühlen vor die Spielleitung, wenn sie Schreibzeug dabei haben, sollen dies mit zu ihrem Platz nehmen. Die Spielleitung erklärt, dass alle nun die Aufgabe haben, Klassenzimmer-Geräusche (z.B. gähnen, mit den Füßen stampfen, reden) zu machen. Hierfür gibt es verschiedene Lautstärkestufen, die die Spielleitung, von nun an Dirigent, vorgibt. Z.B. wenn er die

Kranz

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»Die fabelhaften Millibillies« Vokale rufen

Geräuschmaschine

Alle stehen im Kreis und fassen sich an den Händen. Gleichzeitig und gemeinsam werden die Hände in die Kreismitte geschwungen, die Arme erhoben und dabei stimmlich anschwellend der Vokal »Aaa« gerufen. Die Kinder gehen dabei etwas aufeinander zu. Alle gehen wieder nach außen, holen erneut Schwung und es folgt »Eee«. Dann »Iiii«, »Ooo« und schließlich »Uuu«. Die Lautstärke und der Schwung steigern sich dabei. Bei »Uuu« ist das Maximum erreicht, die Kinder lösen oben ihre Hände und lassen den Kreis auseinander brechen.

Die Gruppe bildet einen großen Kreis. Ein Kind beginnt und stellt sich in die Mitte vom Kreis. Sie macht eine klare Bewegung und dazu ein Geräusch. Beides wiederholt sie in gleich bleibender Geschwindigkeit fortlaufend. Ein weiteres Kind stellt sich dazu und macht auch ein Geräusch und eine Bewegung. Nach und nach treten alle Kinder dazu. So bildet sich eine Geräusch-Bewegungsmaschine. Mit Zeichen, die vorher vereinbart werden, kann die Spielleitung die Maschine dirigieren und sie schneller oder langsamer, lauter oder leiser laufen lassen.

Ziele: Aufwärmen der Stimme, Konzentration und Entspannung

Stampf – Klatsch – Lauf Alle Kinder stehen in einem Kreis. Gemeinsam laufen alle zehn Schritte in die Mitte. Wenn sie bei zehn angekommen sind, klatschen sie einmal in die Hand. Nun laufen sie rückwärts zurück und klatschen wieder bei zehn in die Hände. Beim nächsten Durchgang zählen sie nur bis neun und klatschen dann wieder. So geht es weiter bis man bei null angekommen ist, dann bleibt man stehen. Variation: Es kann festgelegt werden, dass beim Hinweg in die Mitte alle ganz doll mit den Füßen stampfen und beim Rückweg schleichen Ziele: Rhythmusgefühl entwickeln

Variation: Alle Kinder müssen in irgendeiner Weise durch Körperkontakt miteinander verbunden sein Ziele: Rhythmusgefühl, Konzentration, Motorik

Bayrisches Capoeira Die Gruppe kommt in einem Kreis zusammen. Sie entwickeln durch gleichmäßiges Hin- und Herwippen vom rechten auf den linken Fuß einen Rhythmus. Zudem beginnen sie mit den Händen einen Rhythmus zu klatschen. Im letzten Takt wird eine Hand in die Mitte des Kreises gestreckt und ein lautes DA gesagt. Ein Kind geht dann in die Mitte des Kreises und tanzt zu dem immer gleich bleibenden Rhythmus, den die Gruppe klatscht. Immer, wenn das DA kommt und alle ihre Hände in die Mitte strecken, klatscht das Kind eine von diesen Händen ab und tanzt dann weiter. Wenn er nicht mehr möchte, zieht er beim DA eines der Kinder an der Hand aus dem Kreis in die Mitte und reiht sich selbst wieder im Kreis ein. Ziele: Rhythmusgefühl, Körperwahrnehmung

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»Die fabelhaften Millibillies« Geräuschszenen basteln

Orchester:

In den Kleingruppen überlegen sich die Kinder zu einem beliebigen Thema eine kleine Szene. Diese Szene kann einmal mit normalem Sprechen gespielt werden und danach sollen die Dialoge nur noch über Geräusche erfolgen. Nach ca. 5 Minuten kommen alle wieder zusammen und spielen sich gegenseitig die erarbeiteten Szenen vor.

Materialien: Ein Instrument für jedes Kind (es reichen Rasseln, Tröten, Melodika, Flöten etc.) ansonsten gehen aber auch sehr gut Gegenstände aus dem Klassenzimmer (Stifte, Trinkflaschen, Papier, etc.)

Variationen: Es können auch bestimmte Themen vorgegeben werden, zu denen sich die Spieler Szenen einfallen lassen – diese können auch Vorab in einer Diskussion gemeinsam beschlossen werden. Es kann vorgegeben werden, dass die Kinder nur Geräusche mit den Füßen oder Händen machen. Ziele: Fantasie anregen, ohne Sprache kommunizieren

Neumann

Alle nehmen sich ein Instrument und stellen sich wie in einem Orchester auf. D.h. in die eine Ecke die Blasinstrumente, in die andere die Tasteninstrumente usw. Nun wird ein Dirigent ausgesucht, der sich vor das Orchester stellt. Der Dirigent vereinbart mit den Musikern ein Zeichen, damit sie wissen, wann sie lauter oder leiser, schneller oder langsamer spielen. Nach einiger Zeit wird der Dirigent ausgetauscht und ein anderes Kind kann sich im Dirigieren ausprobieren. Variationen: Balaleika-Orchester: Anstelle eines Instrumentes, machen die Kinder ein Geräusch (Pfeifen, auf die Knie klopfen, klatschen, etc.) WICHTIG: Dieses »INSTRUMENT« sollen alle das ganze Konzert über durchgängig spielen und nicht mitten drin ein anderes beginnen. Alle legen einen Gegenstand, den sie bei sich haben, in die Mitte des Kreises. Im Anschluss nimmt sich jede Person einen anderen Gegenstand aus der Mitte wieder heraus. Die Gegenstände werden nun zu Instrumenten erklärt. Alle überlegen sich, welche zusammenpassen könnten und stellen sich wie in einem Orchester auf. D.h. in die eine Ecke die Flaschen, in die andere die Schuhe. Jede Orchestergruppe überlegt kurz, welche Musik mit dem Instrument gemacht werden kann und welcher Rhythmus. Nun wird ein Dirigent ausgesucht, der sich vor das Orchester stellt. Vorher werden mit dem Orchester Zeichen vereinbart, damit es weiß, wann es lauter oder leiser, schneller oder langsamer spielend. 17

»Die fabelhaften Millibillies« Nach einiger Zeit wird der Dirigent ausgetauscht und eine andere Person kann ausprobieren, ein Orchester anzuleiten. Ziele: Aufeinander hören, eindeutige Signale geben, Konzentration, Rhythmusgefühl

Jeder Ort hat Musik Es werden Kleingruppen gebildet. Jede Gruppe überlegt sich einen Ort in der Schule (Bsp.: einen Lieblingsort oder ein Ort an dem man selten ist, ein Ort in der Nähe etc.). Dann geht die Gruppe an diesen Ort und überlegt, was es dort gibt, was sich in ein Instrument verwandeln lässt (Bsp.: Wände, Boden, Heizung, Treppe, Geschirr). Jedes Kind entscheidet sich für ein Instrument. Ein Dirigent wird ausgesucht, der die Gruppe anleitet. Variation: Gemeinsam wird überlegt, welche Stimmung an diesem Ort oft herrscht und die Gruppe versucht diese Art von Stimmung in das Musikstück einzubauen. Anschließend prä-

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sentieren sich die Gruppen gegenseitig ihre Musikstücke Vorort. Ziele: Wahrnehmung von Orten, Kreativität anregen, Rhythmusgefühl

Instrumente selber bauen Sehr einfach lassen sich aus Alltagsgegenständen Instrumente bauen. Beispielsweise kann aus recycelten Joghurtbechern, Kies, Butterbrotpapier und einem Plakatgummi eine Rassel entstehen. Der Fantasie sollte hier keine Grenzen gesetzt sein. Lassen Sie von den Kindern Gegenstände und Materialien mitbringen und entwickeln Sie gemeinsam eigene Instrumente. Für Anregungen finden Sie in diesem Heft unter: Links ein paar Homepages die erste Ideen zum Instrumentebauen geben.

»Die fabelhaften Millibillies«

Zum Weiterlesen: Schon Babys haben Rhythmusgefühl Schon Babys bewegen sich spontan im Takt von Musik, es ist ihnen angeboren. Echte synchrone Bewegungen hingegen müssen aber erst erlernt werden. Sie klappen erst ab dem Kindergartenalter. Schon kleine Kinder mögen klare Rhythmen: Hören sie Musik oder auch nur einen regelmäßigen Trommelschlag, bewegen sie sich spontan im Takt mit. Das hat jetzt ein Forscherduo in einer Studie mit 120 Kindern im Alter zwischen fünf und 24 Monaten beobachtet. Die Kleinen können sich dem Tempo der Musik sogar schon ziemlich gut anpassen, auch wenn es relativ schnell wechselt. Spaß macht das rhythmische Bewegen offenbar auch – die Kinder, die am intensivsten mitwippten, lächelten auch mehr als die anderen, schreiben Marcel Zentner von der University of York und Tuomas Eerola von der Universität im finnischen Jyväskylä im Fachmagazin »PNAS«. Die meisten Menschen werden von Musik zu irgendeiner Bewegung animiert. Sie klopfen mit Fingern oder Füßen den Takt mit, wippen mit den Beinen oder schwenken den Oberkörper hin und her. Was auf den ersten Blick noch relativ trivial erscheint, ist tatsächlich eine nahezu einzigartige Fähigkeit im Tierreich, nämlich die automatische Koordination einer Bewegung mit einem von außen kommenden Sinnesreiz. Möglich wird diese Koordination, weil beim Menschen die für das Hören und die Bewegungssteuerung zuständigen Regelkreise im Gehirn ungewöhnlich eng miteinander gekoppelt sind, wissen Forscher seit einiger Zeit. Eine zentrale Frage ist aber bislang unbeantwortet:

Ist diese Kopplung angeboren oder wird sie mit der Zeit erlernt? Hinweise gibt es in beide Richtungen. So scheinen schon Neugeborene den Takt regelmäßiger Laute wahrnehmen zu können, kleine Kinder bevorzugen Musik in einem Rhythmus, den sie bereits aus Bewegungsübungen kennen. Echte synchrone Bewegungen hingegen lernen Menschen im Lauf der Zeit, denn sie sind erst ab dem Kindergartenalter zu beobachten. Tendenz zu rhythmischen Bewegungen, aber keine Synchronität Zentner und Eerola versuchten mit der neuen Studie nun, die Wissensbasis zum Thema zu erweitern, indem sie testeten, ob sich schon Säuglinge und Kleinkinder spontan im Rhythmus bewegen. Als Testklänge benutzten sie Stücke von Mozart und dem französischen Komponisten Charles SaintSaëns, ein Kinderlied, zwei ausschließlich aus Trommelschlägen bestehende Rhythmen und ein Saint-Saëns-Stück mit einem schnell wechselnden Tempo. Zur Kontrolle beobachteten sie, wie die Kleinen auf Gesprochenes reagierten. Ergebnis: Alle Kinder bewegten sich zu den Testklängen mehr als während der gesprochenen Sequenzen. Sie machten dabei kaum einen Unterschied zwischen der Musik und den Trommelrhythmen. Allerdings fiel die Bewegung umso stärker aus, je klarer der Rhythmus war. Von einer echten Synchronität könne man jedoch trotzdem nicht sprechen, schränken die Forscher ein: Die Bewegungsdauer entsprach nicht der der Musikstücke, und auch bei einem Tempowechsel folgten die Kinder nicht exakt der 19

»Die fabelhaften Millibillies« Taktführung. Die Ergebnisse deuteten daher zwar darauf hin, dass eine Tendenz zum rhythmischen Bewegen und die dafür nötige Kopplung im Gehirn angeboren sind, wirklich belegen können die Wissenschaftler das jedoch nicht. Ebenso bleibe die Frage offen, wofür sich die ungewöhnliche Kopplung

ursprünglich entwickelt hat und welche Funktion sie im Lauf der Evolution erfüllte. Aus: http://www.focus.de/gesundheit/baby/news/musikschon-babys-habenrhythmusgefuehl_aid_489900.html

Die Bedeutung des musikalischen Gestaltens im Leben des Kindes Von Rolf Schweizer

Frühes Reagieren der Kinder auf Musik Das »musikalische Weltbild« des Kindes entwickelt sich bereits im Mutterleib über das empfindlichste menschliche Sinnesorgan, das Ohr. In der sogenannten »Schnecke« des Innenohrs – der Cochlea – findet sich die höchste Dichte von Nervenenden. Im Gegensatz zu den anderen Organen des Fötus, die noch viele Jahre nach der Geburt wachsen müssen, um ihre vollständige Größe zu erhalten, zeigt sich in der Mitte der Schwangerschaft die Schnecke des Innenohrs bereits vollständig ausgebildet. Das Gehör erweist sich als empfindlichster Punkt im menschlichen Nervensystem, es dient nicht nur als akustische Membrane zur Aufnahme von Klängen und Geräuschen, sondern es fungiert gleichzeitig als Gleichgewichtsorgan, ohne das kein aufrechter Gang möglich wäre. Wir stellen somit fest: Bereits der Fötus kann »hören«. Sein Gehör ist für ihn das erste »Tor zur Welt«. Er hört die Herzschläge der Mutter und erlebt somit den Rhythmus als Element des Lebens. Eine schwangere Frau, die singt, vermittelt somit dem Ungeborenen die ersten Kontakte mit dem Medium Musik. So wie die Schwangere durch eigene musik-alische oder sprachliche Äußerungen ent-scheidende Impulse für das musikalische Er-leben ihres Kindes bereits im pränatalen Zu-stand zu 20

geben vermag, so ist der Säugling auch weiterhin auf akustische Zuwendungen angewiesen, wenn er nicht psychisch und physisch verkümmern soll. Die kanadische Psychologin Sandra Trehub kann aufgrund vieler Experimente die Empfänglichkeit des Säuglings für musikalische »Reize« (z. B. Dissonanzen oder Rhythmuswechsel) belegen. Neurologen sind heute in der Lage, die Gehirnaktivitäten zu messen, welche beim Hören von Musik im menschlichen Organismus ausgelöst werden. Musik und Sprache Es ist keineswegs so, dass der Mensch seine Sprache von Anfang an in sich trägt. Er nimmt vielmehr Musik und Sprache über das Gehör wahr und wird erst dadurch kommunikationsfähig. Ein Säugling, der in China aufwächst, erlernt eine andere Sprache als ein Kind hierzulande. Gestatten Sie mir an dieser Stelle den Hinweis auf eine historische Episode: Der Staufer-Kaiser Friedrich II. wollte im 13. Jahrhundert die »Ursprache« des Menschen dadurch entdecken, dass er Säuglinge sofort nach der Geburt von Ammen in einem abgesonderten Heim betreuen ließ. Die Ammen sollten die Kinder zwar bestens versorgen, durften aber mit ihnen weder sprechen noch singen oder nonverbale Kommunikation vornehmen. Das

»Die fabelhaften Millibillies« verbriefte Ende der Geschichte ist schlimm: Die Kinder brachten es in ihren eigenen Lautgebungen nur zum Weinen oder Wimmern und starben schließlich nach wenigen Monaten. Musik und Sprache gehören zusammen. Das Kleinkind unterscheidet nicht »säuberlich« zwischen Sprache und Gesang. Unterschiede in der Tonhöhe sind aus dem klagenden Lamento des Kleinkindes genauso zu entnehmen wie aus dessen jauchzenden Begeisterungsrufen. Auch Erwachsene haben ihre Sprachmelodie und ihren Sprechrhythmus, wenngleich Kinder in der Tat mit diesen Phänomenen fantasievoller umzugehen vermögen. Noch in den Kinderreimen bricht sich die rhythmische Urgewalt des »gehobenen Sprechens« Bahn: • Ringel, rangel ratze, wir tanzen mit der Katze, da kommt der Hund gelaufen und rennt uns übern Haufen! • Ich bin einer kleiner Pumpernickel, ich bin ein kleiner Bär, und wie mich Gott erschaffen hat, so zottel ich daher. Beim Kleinkind tritt zum sprachlichen und musikalischen Gestalten der Drang zur Bewegung hinzu. Ein gesundes Kind wird in der Regel seine Sing- oder Sprechverse mit Gebärden und Tänzen unterstreichen. Viele Kinderlieder sind deshalb Bewegungslieder. In diesem Zusammenhang soll an drei melodisch gleich lautende Gesänge erinnert werden: • »Backe, backe, Kuchen, der Bäcker hat gerufen« • »Hoppe, hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er« • »Ringel-Rangel Rosen, Pfirsich, Aprikosen« Obwohl die genannten Kinderlieder dieselbe Melodie aufweisen, empfindet sie das Kind aufgrund der konträren »Gebärdensprache«, welche durch Text suggeriert wird, als völlig unterschiedliche Situationskommentare. Leben und Lied, Bewegung und Ausdruck gehören deshalb untrennbar zusammen und bilden eine Einheit!

Singen und Leben gehören zusammen Ganz gewiss ist das Singen die beste Möglichkeit, kindliches musikalisches Gestalten zu fördern. Entspringen doch Singen und Sprechen, wie oben schon angemerkt wurde, denselben Lautwurzeln und denselben körperlichen Impulsen. Es ist entscheidend wichtig, dass die Spontaneität des Singens oder anderer weit gefasster musikalischer Lautgebungen als elementare Lebensäußerungen erkannt und ernstgenommen werden, denn wenn man solche Lebensäußerungen unterdrückt, können physische und psychische Schäden aufkommen. Dagegen kommt es durch die Freisetzung des kindlichen musikalischen Gestaltens zu einem Zugewinn an heilenden Kräften. Christop Schwebe äußerte sich zu diesem Phänomen in seiner Schrift »Musiktherapie bei Neurosen und funktionellen Störungen« wie folgt: »Jeder Mensch besitzt die Fähigkeit und Voraussetzung zum Singen, jedoch kommt die Fähigkeit, sich singend zu äußern, bei vielen Menschen nur wenig oder gar nicht zur Entfaltung«. Derselbe Autor kann deshalb, nachdem bei Menschen entsprechende Gesundheitsstörungen festgestellt wurden, das Singen als Gruppentherapie empfehlen und verweist in derselben Abhandlung auf seine musiktherapeutische Indikation: »Die Gruppensingtherapie ist im besonderen Maße für Patienten mit folgenden Verhaltensweisen und Symptomen indiziert: bei Gehemmtheit und mangelnder Kontaktfähigkeit verschiedener Genes, bei reduzierter Erlebnisfähigkeit, bei Ich-gerichteten Haltungen, gespannten und verkrampften Persönlichkeiten, bei Angstzuständen, funktionell bedingten Schlafstörungen und allen funktionell bedingten Organsymptomen.« Kinder reagieren in jedem Falle auf verbale oder singende Zuwendungen, auch wenn sie zunächst nicht sofort alles nachsprechen, respektive mitsingen können. Sie »speich21

»Die fabelhaften Millibillies« ern« gleichsam Worte und Melodien in ihrem Gedächtnis und setzen diesen Schatz zu Zeiten frei, in denen man es nicht vermutet. Vielfach habe ich die Beobachtung gemacht, dass Kinder im Vorschulalter in der Gruppe zunächst nicht mitsingen, sondern nur aufmerksam zuhören, jedoch zu Hause imstande sind, die Lieder fehlerfrei aus ihrem Gedächtnis singend oder sprechend zu reproduzieren. Zur Entfaltung der musikalischen Kreativität Je mehr Kinder mit dem Singen und der musikalischen Sprachgestaltung in Berührung kommen, desto mehr werden sie imstande sein, eigene musikalische Ausdrucksmöglichkeiten zu finden. Wer hat nicht schon Kinder beobachten können, die ihr Spielen mit Bauklötzen oder mit der Puppe singend kommentieren und dabei ganz eigene Worte und Melodien finden. Kinder werden in der Regel nicht schweigend im Kinderzimmer verweilen, sondern es wird von selbst zu hörbarem Sprechen und Singen kommen, falls sie nicht von außen abgelenkt werden. Sind unentwegt Fernseher, Radio oder Cassettenrecorder zu Gange, wird allerdings das eigene kindliche Gestalten im Keim erstickt. Auch ältere Kinder, Jugendliche oder Erwachsene werden durch die Verfügbarkeit von akustischen Reizen in eine Konsumentenhaltung gezwungen. Ein Konsument wird durch stets neue Angebote in ein Abhängigkeitsverhältnis gebracht, aus dem es schließlich kein Entrinnen mehr gibt, wenn nicht seitens der Musikerziehung eigenständige Impulse gegeben werden. Da das musikalische Gestalten des Kindes stets mit einer bestimmten Situation oder einem charakteristischen Lebensgefühl verbunden ist, finden es jene Kinder, welche ein gewisses Repertoire an Liedern vorweisen können, absurd, wenn sie anlässlich eines Besuchs bei der Tante oder bei den 22

Großeltern ein Lied vorsingen sollen, das überhaupt nicht in die betreffende Lebenssituation hineinpasst. Daraus ersehen wir, dass Kinder ihr musikalisches Gestalten als höchst komplexes Geschehen erleben, bei dem die seelische »Gestimmtheit« mit den äußeren Bedingungen übereinstimmen muss. Es ist deshalb keine Frage, dass Lied und Leben, Erlebnis und emotionale Äußerung zusammengehören. Das Kind ist immer ganz bei »der Sache«. Sein musikalisches Gestalten ist auf Ganzheitlichkeit angelegt. – Der Umkehrschluss ist jedoch auch zu beachten: Nur dort werden Kinder musikalische »Angebote« annehmen, wo sie sich persönlich »angesprochen« fühlen; dies sollte beim vokalen und instrumentalen Unterricht nie vergessen werden. Der Atem im musikalischen Gestalten Die Ganzheitlichkeit von Leib und Seele, Singen und Tanzen kommt in der Tiefatmung des Kleinkindes zum Ausdruck. Diese Einheit von Leben und Atem wird alsbald durch Zwänge von außen verdrängt. Martin Wolf macht dies in seinem Buch »Miteinander Musizieren« zum Gegenstand seiner Untersuchungen: »Während kleine Kinder noch vor dem Alter der Ich-Findung, also etwa bis zu 3 Jahren, gelöst und physiologisch harmonisch aus der Mitte des Körpers mit der Kraft des Zwerchfells und der Zwischenrippenmuskulatur atmen, setzt mit den ersten Leistungsanforderungen eine verhängnisvolle Entwicklung ein. Im Kindergartenalter beginnend und im ersten Jahr der Grundschule mit größerer Schnelligkeit fortschreitend, verlagert sich die Atemintensität aus der Mitte des Körpers immer weiter nach oben, um sich schließlich bei den meisten Kindern am Ende des ersten Schuljahres als sogenannte ›Hochatmung‹ zu verfestigen.« Im Zusammenhang mit der Schwächung der Tiefatmung muss auch die Bewegungsarmut beim musikalischen Gestalten der Kinder

»Die fabelhaften Millibillies« genannt werden. Kinder sollten sich zu ihren Liedern bewegen dürfen. Reigen, Tänze, Gebärdenspiele fördern die körperliche Lockerheit, die Koordination der Gliedmaßen untereinander und die Möglichkeiten sozialer Kontaktierungen mit der ganzen Gruppe. Singen und moderne Lebensgewohnheiten Die Wichtigkeit des musikalischen Gestaltens mit Kindern, insbesondere des Singens, steht außer Frage. Schaut man jedoch in die Familien unserer Gesellschaft, so wird man unschwer feststellen können, dass die frühkindlichen Kontakte mit dem Singen in der Familie gegenü ber früheren Zeiten erheblich zurückgegangen sind. Diese Situation entstand nicht von heute auf morgen, sie hat sich erst allmählich entwickelt; Gründe hierfür gibt es genug. Sie wurden teilweise vorseitig schon genannt: • Vorherrschaft der elektronischen Medien in den Haushalten (Man singt nicht mehr, sondern man »lässt« singen.) • Zeitliche Belastungen der Erziehenden; dadurch werden gerade die gemeinsamen kreativen Tätigkeiten mit den Kindern zurückgedrängt: Es fehlen die »Muse«Stunden. • Schon früh wird nach dem »Nützlichkeitseffekt« gefragt, so dass nicht selten bereits in der frühkindlichen Phase die vorschulische Erziehung unter dem Gesichtspunkt eines „materiellen Gewinns“ gesehen wird. Auch in der Schule bleibt unter solchen »Vorgaben« das kreative kindliche Gestalten nicht selten auf der Strecke. • Kinder wachsen heute zumeist in Kleinstfamilien auf. Bei Großfamilien war das gemeinsame Singen zu früheren Zeiten ganz gewiss einfacher. • Höchstwahrscheinlich sind sich die Erziehenden weithin dessen nicht bewusst, wie wichtig das Singen und Musizieren mit Kindern ist. (Die heutige Elterngeneration

musste größtenteils selbst ohne singende Impulse in der Familie aufwachsen.) [...] Neben die akustische Reizüberflutung ist verstärkt die visuelle Beeinflussung getreten. Folglich wird den Kindern die Entwicklung ihrer eigenen »Innenwelt« verwehrt. Sie werden, wie weithin unsere ganze Gesellschaft, manipulativ »gleichgeschaltet«. Individualität und persönliches Erleben werden verdrängt. Im Bewusstsein der Kinder bleiben die oft gewalttätigen Fernsehbilder, von denen sie sich später mü hsam in der »Puppenecke« des Kindergartens oder im Schulhof mit handgreiflichen Aggressionen abreagieren müssen, bevor sie wieder Raum für eigenes Erleben und Gestalten finden. Wie kann auf solch einem Boden eine menschenbildende musisch-kulturelle Arbeit gedeihen? Wer kennt einen Ausweg? Hören und reagieren Wir haben oben von der Wichtigkeit des Gehörsinns für die Entwicklung des Kindes gesprochen. Der Berater, Therapeut und Gehörforscher Fred Warnke aus Hamburg konnte aufgrund seiner Untersuchungen den Beweis erbringen, dass Grundschüler in ihrer akustischen Wahrnehmung um ein Drittel langsamer reagieren als Kinder vor 10 Jahren. Das Gehör hält also nicht ungestraft dem Ansturm diffuser und oft die Schmerzgrenze übersteigender Sinnesreize stand. Das folgende Zitat stammt aus einer Rundfunksendung von Reinhard Kahl aus dem Jahre 1994: »So wird das Gleichgewicht von zwei Seiten bedroht: zu viele Reize von außen, zu wenig selbstregulierende, gewissermaßen verdauende Aktivitäten von innen.« Die mit Warnke zusammenarbeitende Sprachheiltherapeutin Judith Eulenburg aus Hamburg beschreibt den selben Tatbestand aus ihren Erfahrungen mit Kindern wie folgt: »Ich kenne kein Kind in der Schule bei mir, das abends eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen, geschweige denn frei erzählt bekommt. D. h. Kinder werden von den Me23

»Die fabelhaften Millibillies« dien akustisch und visuell stimuliert, aber nicht von Menschen (...). Dadurch, dass das Kind sich selber weniger ausprobieren kann, auch in der eigenen Sprache, verlangsamt sich seine Wahrnehmung.« Die einzige Möglichkeit, aus dem Kreislauf von akustischem Terror und individuellem Verstummen herauszukommen, ist eine ganz persönliche Beschäftigung der Kinder mit Musik. Dabei fällt dem Singen zwangsläufig die größte Bedeutung zu, denn die Stimme kann sofort wiedergeben und individuell modifizieren, was das Ohr aufnimmt. Singen als (Über-)Lebenstherapie Die Wichtigkeit des Singens mit Kindern kann unter vier Aspekten zusammengefasst werden: 1. Psychologischer Aspekt • Kinder können sich im musikalischen Gestalten emotional ausleben. Singen ist das natürlichste musikalische Gestaltungselement; es erwächst aus dem gehobenen Sprechen, dem emotional erlebten Dialogisieren, dem Schrei, dem Ruf, dem Lachen, dem Weinen, der Lautmalerei und anderer »nonverbaler« Äußerungen. • Im musikalischen Gestalten kann das Kind einerseits Gefühle bündeln und mit einem bestimmten Erlebnis in Einklang bringen; andererseits können im Zusammenwirken von Gesang und Bewegung antriebsschwache Kinder gefördert werden. Aggressiven Kindern bietet dagegen das musikalische Gestalten Möglichkeiten, sich

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emotional »zu entladen«. Folglich hat die Musik einen hohen therapeutischen Wert, der viel zu wenig beim Umgang mit diesem Medium reflektiert wird. 2. Soziologischer Aspekt • Im gemeinsamen Singen kann Gemeinschaft erlebt und klanglich konkretisiert werden. • Im musikalischen Gestalten werden kollektive Erfahrungen und Empfindungen gebündelt, welche einen deutlichen Sozialisationsschub ermöglichen, d. h. singende Kinder werden sich schneller in einer größeren Gruppe »heimisch« fühlen. • Im Singen wird eine Gegenwelt zur Vereinsamung des Menschen unserer Zeit geschaffen. Auch Kinder können bereits an ihren heimischen Computerspielen »vereinsamen«! 3. Körperlicher Aspekt • Beim Singen kommt es zu einer intensiveren Atmung als beim Sprechen; die Tiefatmung wird reanimiert. • Das Singen regt durch die Vibrationen in den Klangräumen des Körpers die Tätigkeiten des menschlichen Drüsensystems an. • Das Singen weckt in Verbindung mit Tanz und Gestik den Willen zu freier und ungezwungener Bewegung, dadurch wirkt es persönlichkeitsbildend. [...]

Aus: www.cs-vsg.de/download/schweizer.pdf

»Die fabelhaften Millibillies«

»Musik bringt gute Laune – bei mir und bei den Kindern!« Interview mit Simone Praetz

Simone Praetz ist seit 18 Jahren Lehrerin an der Christian Morgenstern Grundschule in Spandau Staaken. Sie unterrichtet Deutsch und Musik. Seit dem Schuljahr 2009/2010 ist sie Musikkoordinatorin an ihrer Schule in Zusammenhang mit dem Projekt »Musikalische Grundschule«, das von der Bertelsmann Stiftung und vom Senat des Landes Berlin initiiert wird. Desweiteren ist sie Regionalkoordinatorin innerhalb der Musikalischen Grundschule. Wa s h at D ic h an dem P ro jekt » Musikalische Grundschule« begeister t? In der »Musikalischen Grundschule« geht es nicht darum, den Musikunterricht zu stärken, sondern mehr Musik von mehr Kolleginnen und Kollegen zu mehr Gelegenheiten in den Unterrichtsalltag einfließen zu lassen. Der Großteil unserer Schüler ist auf Grund der Struktur des Einzugsbereiches über Sprache nur schwer zu erreichen. Deshalb sollen verstärkt musikalisch rhythmische Elemente in den Unterricht eingebunden werden. Außerdem erhoffen wir uns ein noch besseres soziales Miteinander an unserer Ganztagsschule. Dies vorweg. Neben diesen Überlegungen und der mittlerweile wissenschaftlichen Feststellung, dass Musik bzw. der aktive Umgang mit Musik konzentrationsfördernd ist und nicht zuletzt ein erfolgreicheres Lernen möglich macht, sprach mich das Konzept der »Musikalischen Grundschule« auch ganz persönlich an. Ich habe vorher schon oft rhythmisch musikalische Elemente in meinen Unterricht einfließen lassen, jetzt „darf“ ich ganz offiziell auch in meinem Deutschoder Mathematikunterricht mit den Kindern singen, klatschen, mich bewegen. Musik bringt gute Laune – bei mir und bei den Kindern, somit macht das Lernen (hoffentlich) mehr Spaß. W i e k ö nnen wir uns das Projekt praktisch vorstellen? Gibt es Beispiele a u s d e m A l l tag vo n denen D u uns berichten kannst? Unsere Schule hat sich nicht grundsätzlich verändert. Musikalisch waren wir schon vorher recht gut »aufgestellt«. Es gab unsere regelmäßig stattfindenden Musikabende und die Trommelgruppe war auch schon erfolgreich unterwegs. Viele Gesamtkonferenzen beginnen jetzt aber mit einem kleinen musikalischen »Erfrischer«, der sofort auch von den Kolleginnen und Kollegen übernommen werden kann und übernommen wird. Wenn ich in anderen Klassen Vertretungsstunden geben muss, höre ich oft von den Kindern: »Das kennen wir! Das haben wir bei Frau/Herrn XY auch schon gemacht.« Außerdem gibt es Miniaufführungen in den Pausenfluren. Klassen, die nette „Sachen“ im Unterricht erlernt haben, tingeln durch die Schule und präsentieren anderen Klassen ihre musikalischen Ergebnisse. Und somit können Kinder, die Schwierigkeiten beim Lernen haben, in der Gruppe und vor anderen Kindern zeigen, dass sie auch was »drauf« haben. Das stärkt enorm das Selbstbewusstsein und macht stolz. Andererseits respektieren diese Kinder dann auch musikalische Arbeiten anderer Kinder. Ich weiß, an anderen Schulen gibt es auch genügend gute, musikalische Aktionen. Und diese Schulen sind keine offiziellen »Musikalischen Grundschulen«. Was macht uns denn nun besonders?? Ich glaube, das ist der mittlerweile gelassenere und selbstverständlichere Umgang mit Musik. Die Schwellenängste vor musikalischen Aktivitäten von Kolleginnen und Kollegen 25

»Die fabelhaften Millibillies« sind geringer geworden. Der Gedanke der »Musikalischen Grundschule« hat im Laufe der Zeit Platz in den Köpfen der Unterrichtenden, der Erzieherinnen und Erzieher und auch der Kinder gefunden. W a s m u s s eine Schule Deiner Meinung nach mitbringen, wenn sie eine m u s i k a l i s ch e Grundsc hule werden möchte? Zum einen benötigt sie eine Musiklehrerin/ einen Musiklehrer, der sich mit dem Projekt identifizieren kann und bereit ist, die Mehrarbeit auf sich zu nehmen. Zum anderen benötigt sie eine Schulleitung, die dem Projekt offen und interessiert gegenübersteht und dem »Musikkoordinator« den Rücken stärkt. Und nicht zuletzt benötigt sie ein Kollegium, das bereit ist, Neues auszuprobieren, den Mut hat, sich auf die Musik einzulassen und somit an der Profilbildung im Schulentwicklungsprozess beteiligt ist. W a s s i e h s t Du als die größte Schwierigkeit an, wenn man Musik in der Sc h u l e s t ä r k er integrieren mö c hte? Die wenigsten Lehrerinnen und Lehrer haben Musik studiert. Viele Menschen hören gern Musik, gehen tanzen und bewegen sich somit zur Musik. Die meisten Menschen haben überhaupt kein Problem sich mit Musik zu umgeben. Man schaltet das Radio ein, man wippt mit dem Fuß den Takt, man pfeift eine kleine Melodie, man singt sogar schon mal unter der Dusche. Da geht es den meisten Lehrerinnen und Lehrern nicht anders. Aber sage mal einem Nicht – Musik – Lehrer, dass er bitte mit Kindern musikalisch tätig werden soll. Die meisten Nicht – Musik – Lehrer geben dir als Antwort: »Ich kann nicht singen, ich spiele kein Instrument und Noten kann ich schon gar nicht lesen!!« Und somit sind wir eigentlich schon bei der größten Schwierigkeit angekommen. Wie will ich Musik integrieren, wenn ich niemanden habe, der diese Aufgabe übernehmen möchte? Die Erkenntnis, dass fast alles um uns herum Musik ist (absolute Stille, diverse Geräusche, Klatschrhythmen, einfaches Laufen zur Musik,…) muss erst von vielen gewonnen werden. Das selbst der unmusikalischste Lehrer Musik in den Unterricht integrieren kann (CD hören, Definitionen als Sprechrhythmus aufsagen lassen, Wörtersilben klatschen,…), ist ein Gedanke, der nicht selbstverständlich ist. Man kann Musik nur stärker in den Unterricht einbinden, wenn man auch die Leute hat, die bereit sind, diesen Weg zu gehen. Eine zweite Schwierigkeit sehe ich im „Älterwerden“ der Kinder. Anfangs lassen sich noch alle Kinder musikalisch begeistern. Bis zur 4. Klasse läuft es musikalisch meistens problemlos. Aber in Klasse 5/6 gehen mir hin und wieder auch die Ideen aus. Da die Kinder in diesem Alter ja »voll cool« sind, sind sie nicht mehr so offen für meine Ideen. Also eigentlich schon, aber man kann es ja vor seinen Freunden nicht zeigen, dass man beispielsweise gerne tanzt, auch wenn die Musik kein Hip-Hop ist. Und wie integriere ich bitte Musik in den Erdkundeunterricht?? W a s i s t D e i n er M einung nac h die Wir kung von Musik auf K inder? Wieso nur auf Kinder? Musik wirkt auf die meisten Menschen auf unterschiedliche Art und Weise. Je nach Musikrichtung kann Musik, die man hört, entspannen, traurig machen, fröhlich machen, trösten, Kraft geben, Mut machen usw. Wenn man aber selbst tanzt, singt, musiziert, dann steigt das Selbstbewusstsein, man hat Spaß am Musizieren mit anderen Kindern. Dies wiederum stärkt das Wir–Gefühl, die Gruppenzusammengehörigkeit. Wenn man selbst erkennt, dass man sich durchaus konzentrieren kann, um bei einem Lied genau an der richtigen Stelle in genau der richtigen Lautstärke die Triangel zu 26

»Die fabelhaften Millibillies« schlagen, dann erkennt man früher oder später auch, dass man sich beim Erlernen der 1x1 Reihen genauso konzentrieren kann. Wa s k ann mit M usik beso nde r s gut unter stützt/ geför dert wer den? Stärkung der eigenen Persönlichkeit, Stärkung der Gruppe durch gemeinsames Üben, die Fähigkeit sich unterzuordnen (auf den Dirigenten achten und seine Anweisungen befolgen), die Fähigkeit selbst eine führende Rolle einzunehmen (selbst Dirigent sein und Anweisungen geben), Konzentrationsfähigkeit, Entspannung. Wa n n setzt D u M usik im U nterricht ein? Ich nehme an, du meinst nicht meinen Musikunterricht, denn der ist komplett musikalisch durchzogen. Ansonsten beginne ich gern meinen Unterricht mit einem kleinen Lied oder einem Rhythmusspiel. Ich benutze musikalische Erfrischer, wenn ich merke, dass die Kinder (oder auch ich) eine kleine Pause brauchen. Ich setze Musik lernunterstützend ein, z.B. lernt sich ein Gedicht als Rap wesentlich einfacher. Musikalische Fantasiereisen, malen nach Musik und das Einprägen von Unterrichtsinhalten mit Hilfe von Liedern habe ich auch schon angewendet.

Breitrück, Mondalski

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»Die fabelhaften Millibillies« E t w a s P r a k t isches zum Schluss: Kannst Du uns eine Übung beschreiben, die w i r f ü r d i e A rbeit mit Kindern übernehmen können? Das wäre toll! Oh je! Ich soll also eine musikalische Aktion beschreiben. Machen wäre leichter, aber ich versuche es mal: SPRECHEN Morgens um sieben unten am Bahnhof steh´n die Züge all´ in einer Reih´.

Kommt der Schaffner, dreht an einem Rädchen und hui sind sie vorbei

tuuuuuut

BEWEGUNG Mit rechter Hand auf Armbanduhr zeigen (im Sprechrhythmus) Mit beiden Zeigefingern nach unten zeigen (im Sprechrhythmus) Hände an die Hosennaht und gerade stehen Handflächen zueinander gewandt (ca 10 cm Abstand), Fingerspitzen zeigen nach vorn, so mit beiden Händen eine Reihe beschreiben, bzw. auf imaginäre nebeneinander stehende Dinge zeigen laufen am Platz Mit der rechten Hand ein imaginäres Rädchen rechts oben drehen Rechte Hand „huscht“ vor dem Gesicht von links nach rechts Rechte Hand über die Augen halten (nicht die Augen damit bedecken) und den Zügen hinterher schauen Mit der rechten Hand die Leine der Tröte ziehen

H e r z l i c h e n Dank, Simone, dass Du Dir Zeit genommen hast, unsere Fragen zu bea n t wor t e n! Das Interview führte Laura Klatt

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»Die fabelhaften Millibillies«

Musikalische Grundschule Berlin Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung startet zusammen mit der Bertelsmann Stiftung für das Schulentwicklungsprojekt »Musikalische Grundschule Berlin« eine zweite Staffel. An der ersten Staffel haben seit dem Schuljahr 2009/2010 17 Berliner Grundschulen erfolgreich teilgenommen. Das Projekt Schulen sind heute mehr denn je aufgerufen, im Sinne der individuellen Förderung jedem Kind die ihm gemäßen Bildungschancen zu eröffnen. Insbesondere an Grundschulen treffen Kinder unterschiedlicher Herkunft und Bildungserfahrungen zusammen. Um das Potenzial jedes Kindes zu entfalten und zugleich den gestiegenen Bildungsanforderungen zu begegnen, bietet sich die Musik als ideales Medium an: Eigenes Musizieren und die aktive Auseinandersetzung mit Musik unterstützen die Entwicklung des sinnlichen, sprachlichen und motorischen Selbstausdrucks und damit die Persönlichkeitsentwicklung. So werden positive Lernerfahrungen unabhängig von Alter, Herkunft, Sprache und Bildungsstand möglich. Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt Musikalische Grundschule mit dem Ziel entwickelt, einen Beitrag zu Teilhabe und Chancengerechtigkeit zu leisten. Die Musikalische Grundschule nutzt Musik als Medium und Motor eines Schulentwicklungsprozesses hin zu einer methodisch und didaktisch lebendigen, phantasievollen Schule, einer gemeinsamen pädagogischen Arbeit des Kollegiums sowie einem verbesserten sozialen Miteinander an der Schule.

Ensemble

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»Die fabelhaften Millibillies« In der ersten Projektphase (2005-2010) wurde das Projekt gemeinsam mit dem Hessischen Kultusministerium entwickelt und an rund 90 Schulen etabliert. Der erste Transfer des Projektes erfolgte 2009 nach Berlin.

Die zweite Projektphase (2011-2015) ist nun dem Transfer der Musikalischen Grundschule in ausgewählte Bundesländer gewidmet: Zum Schuljahr 2012/2013 setzt Berlin das Projekt mit einer zweiten Staffel fort; Bayern und Thüringen starten neu. Andere Bundesländer werden folgen.

Aus: http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/102263.htm

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»Die fabelhaften Millibillies«

Kapitel 3:

»Das ist MEIN Traum!« Die Aufgabe von Träumen

Ensemble

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»Die fabelhaften Millibillies«

Spiele und Übungen zum Thema: »Träume« Mein Traum

Live - Übertragung

Jedes Kind überlegt sich wie sein eigener Traum aussähe. Die anderen Kinder erfüllen spielerisch einen Wunsch daraus. Beispielsweise:“ In meinem Traum würde ich im Zoo leben.“ Alle Kinder spielen daraufhin Tiere. Nun ist das nächste Kind dran.

Aus einer Pappe wird ein Rahmen geschnitten, der aussieht wie ein Fernseher. Die Pappe sollte ca. 2 Meter lang sein und 1 ½ Meter hoch. Der »Fernseher« sollte nun so aufgestellt werden, dass die Kinder hinter ihn treten können und es so aussieht als befänden sie sich im Rahmen. Die Kinder werden nun in zweier bis vierer Gruppen aufgeteilt. Sie haben einige Minuten Zeit sich eine eigene Fernsehsendung auszudenken. Nach ca. 5 – 10 Min. kommen alle wieder zusammen und die Kinder nehmen vor dem »Fernseher« platz. Nacheinander präsentiert jede Gruppe ihre eigene Fernsehsendung.

Ziele: Auseinandersetzung mit eigenen Träumen, Verbalisierung der eigenen Träume

Emilia Was machst du denn hier Tobias? Das ist mein Traum, da gehörst du nicht rein. Tobias Ich trainiere. Siehst du doch. (Joggt weiter, zählt dazu. Emilia hält ihn erneut auf) Emilia Ich frag dich jetzt nochmal: was hast du in meinem Traum zu suchen? Wir sind hier doch nicht in der Schule.

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Beispiel: Fernsehserie über ein Kind das in seinen Träumen alles machen kann was es will. Ziele: Auseinandersetzung mit dem Medium Fernsehen, Fantasie fördern

»Die fabelhaften Millibillies«

Zum Weiterlesen: Was Kinder träumen Interview mit dem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Richard Koch: Eltern.de wollte von dem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Richard Koch wissen, was das Träumen für Kinder und Eltern bedeutet. Von Marion Walter

A b we l c hem Alter wird geträu mt? Die internationale Studiengemeinschaft für pränatale Psychologie hat herausgefunden, dass schon im Mutterleib geträumt wird. Durch Messungen der Hirnaktivität konnte man feststellen, dass sich ab der 24. Schwangerschaftswoche der Schlaf von Babys in REM- und Tiefschlafphasen teilt. Säuglinge schlafen nicht nur mehr, sie haben auch doppelt so viele REM-Phasen wie Erwachsene. We l c h e F unktio n hat der Traum? Zum einen werden Erlebnisse und Eindrücke, Freud nannte sie Tagreste, in Träumen verarbeitet. Zum anderen lernen Kinder im Traum. Schlafbiologen haben herausgefunden, dass im Traum dieselben Hirnareale wie im Wachzustand, wenn Kinder spielen, stimuliert sind. REM-Phasen sind wichtig für den kindlichen Lernprozess. W i e s ol len E ltern mit Kindert räumen umgehen? Kleinkinder sind erst im Vorschulalter in der Lage, zwischen Traum und Realität zu unterscheiden. Erst mit fünf, sechs Jahren haben 90 Prozent der Kinder verstanden, Traum und Wirklichkeit zu trennen. Umso wichtiger ist es, Träume von Kindern nicht aus der Sichtweise von Erwachsenen zu betrachten und herunter zu spielen. [...] Mü s s e n sic h Eltern bei Alpträumen ihr er K inder Sor gen machen? Nein. In der Regel besteht kein Grund zur Sorge. Alpträume sind Teil der kindlichen Entwicklung. Anders ist es, wenn sich die Träume der Kinder auf das Verhalten am Tag niederschlagen, wenn Alpträume über einen längeren Zeitraum wiederkehren und stark belasten. Eltern sollten aufhorchen, wenn ihnen etwas sehr komisch und fremd vorkommt und sich Rückschlüsse auf traumatisierende Erlebnisse ziehen lassen können. Das erfordert viel Einfühlungsvermögen und die Unterstützung von Fachleuten. Anlaufstellen sind kinderpsychologische Beratungsstellen und Kindertherapeuten. S e h r g e ehrter H err Ko c h, viel en Dank für das Gespräch! Aus: http://www.eltern.de/kindergarten/entwicklung/kindertraum.html

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»Die fabelhaften Millibillies«

Kinder träumen schöner Forschung – Was Mädchen und Jungen nachts im Schlaf erleben, zeigt eine neue Studie. Fazit: kein Grund zur Sorge! Von FOCUS-Autorin Eva Meschede

Es ist eine wunderbare Welt, in der Außerirdische zu Besuch kommen: »Plötzlich erscheint so eine neongrün leuchtende Eins, wie ein Ufo, gerade auf Augenhöhe so schräg vor mir«, erzählt ein 13-Jähriger über seinen Traum. Ein gleichaltriges Mädchen muss in einem Dorf mit Trollen und Zwergen ein Feuer löschen. Kinder leiden häufig unter Furcht er-regenden Albträumen, heißt es. Falsch, hat die Zürcher Psychologin Inge Strauch in einer aufwändigen Langzeituntersuchung herausgefunden. Die meisten finden ihre Schlafphantasien angenehm entspannend oder abenteuerlich. »Wir träumen, damit uns im Schlaf nicht langweilig wird«, meinen zwei elfjährige Mädchen. Neben einer älteren amerikanischen Studie mit jüngeren Kindern ist die Forschung von Inge Strauch die einzige, bei der die Entwicklung von Kinderträumen über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren im Labor untersucht wurde. Zwölf Mädchen und zwölf Jungen, die zu Beginn der Studie zwischen zehn und zwölf Jahren alt waren, übernachteten immer mal wieder im Schlaflabor, wurden geweckt und erzählten von ihren Träumen. So ergab sich ein anderes Bild, als es Eltern daheim gewinnen, denn meist wecken uns nur Angstträume. Von den vielen angenehmen erfahren wir selten, weil Kinder durchschlafen und vor allem Jüngere nur über karge Erinnerungen verfügen. Nächtliche Phantasien: Traumforscherin Strauch wollte vor allem herausfinden, wie sich Kinderträume im Lauf des Lebens 34

ändern. Sie stellte fest, dass den Kleineren ihre Träume meist noch egal sind, dagegen erinnert sich die große Mehrheit der Jugendlichen gern an ihre Träume. Überraschend ist, dass die Schule, die ja in der Wirklichkeit alle heftig beansprucht, nur in jedem zehnten Traum vorkommt, und die Szenen dort spielen dann da, wo es Spaß macht: in den Pausen, auf dem Schulhof. Träume von Prüfungen sind rar, entweder gefühlsneutral oder mit Unlust verbunden, versetzen aber kaum jemanden in Angst und Schrecken. Zwar phantasieren Kinder überwiegend Positives, haben aber immerhin noch doppelt so häufig Angstträume wie Erwachsene, sagt Michael Schredl. Der Leiter des Mannheimer Schlaflabors hat sich vor allem mit quälenden nächtlichen Erlebnissen befasst und vermutet, »dass Kinder die Strategien zur Angstbewältigung erst lernen müssen«. Deshalb schrecken vor allem Sechs- bis Zehnjährige öfter nachts auf. Schredl hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass auch extreme Albträumer nach einer einfachen Konfrontationstherapie wieder ruhig schlafen. Einen Fünfjährigen ließ er die schrecklichen Gespenster, die ihn im Dunkeln verfolgten, aufzeichnen. Auf dem Papier ans Licht gebracht, konnte sich der Junge erstmals mit den fiesen Biestern auseinander setzen. Er war ihnen nicht mehr hilflos ausgeliefert und hatte selbst eine Idee, wie er sich wehren konnte: Er malte eine Spinne, die den Schläfer mit einem großen Netz schützt. Kinder träumen einfach anders, hat Traumforscherin Strauch herausgefunden. Solange sie jünger sind, verhalten sie sich im Traum passiv, es erscheinen viele Tiere in

»Die fabelhaften Millibillies« phantastisch bizarren Situationen. Erst mit etwa zehn Jahren entwickeln Kinder langsam ein eigenes Traum-Ich, das dann aktiv eingreift. Mit Beginn der Pubertät mischt man immer mehr im Traum selbst richtig mit, ist nicht immer nur Nehmender oder Opfer, sondern auch Gebender und Täter. Das Alltagsgeschehen wird nachts neu sortiert. Sport, Spiel und Abenteuer sind die Lieblingsthemen: Jungen träumen überwiegend von Jungen, und daran wird sich auch im Erwachsenenalter nichts ändern. Ganz anders die Mädchen, die zwar als Kinder die Rollen in ihren nächtlichen Phantasien auch überwiegend mit Mädchen besetzen, aber als erwachsene Frauen beide Geschlechter gleich häufig vorkommen lassen. In keinem anderen Alter erinnert man sich so gut an seine Träume wie in der Pubertät. Strauch glaubt, dass Jugendliche sich sehr stark mit sich selbst beschäftigen. Sie finden sich, indem sie im Traum ihre Rollen für das wirkliche Leben ausprobieren. Lernen im Schlaf? Auch wenn Wissenschaftler noch nicht wissen, warum wir träumen, zweifelt niemand daran, dass unsere Schlaferlebnisse nützlich sind und der Psyche gut tun. Ob ein Schüler aber im Traum die langen chemischen Formeln des Zitronensäure-Zyklus auswendig lernen kann, ob ein Vokabelbuch unter dem Kopfkissen das Erinnerungsvermögen tatsächlich stärkt, ist bisher umstritten. Alle Studien, die behaupten, man könne im Schlaf pauken, wurden bisher überzeugend

angezweifelt. Immerhin dürfte das vor dem Einschlafen Gelernte nachhaltiger im Gedächtnis haften. Zudem fördert das Erinnern und Auseinandersetzen mit Träumen die Kreativität: »Es bringt sicher etwas, wenn man über seine Träume nachdenkt und sie mit den Eltern bespricht«, weiß Schredl. Außerdem können Träume Wünsche erfüllen, die einem in der Wirklichkeit oft versagt bleiben werden. Besonders für Kinder und Jugendliche ist das manchmal noch schöner als Weihnachten. Der Traum eines 14-Jährigen in Strauchs Schlaflabor spricht für sich selbst: »Ich habe geträumt, dass meine Eltern wieder geheiratet haben. Sie haben einfach so angefangen zu sprechen an einem Tisch. Und mit der Zeit haben sie sich wieder versöhnt.« Literaturhinweise: Inge Strauch: „Träume im Übergang von der Kindheit ins Jugendalter – Ergebnisse einer Langzeitstudie“, Verlag Hans Huber, 2004. Aus: http://www.focus.de/schule/lernen/forschung/wissenkinder-traeumen-schoener_aid_231811.html

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»Die fabelhaften Millibillies«

Von genauen und ungenauen Wünschen Von Paul Maar

»Das war knapp!« sagte Herr Taschenbier zum Sams. Sie standen zu Hause in seinem Zimmer. »Hätte ich uns nur zehn Sekunden später hierher gewünscht, hätten sie uns auf dem fremden Speicher entdeckt. Das wäre ziemlich peinlich gewesen, was?« »Sieben«, sagte das Sams. »Wie bitte?« »Jetzt habe ich noch sieben Punkte«, sagte das Sams. »Dann muss ich wirklich ganz genau wünschen, damit ich nicht noch einen verschwende. Ich wünsche, dass wir beide auf unserem Dachboden direkt vor der Wunschmaschine stehen!« »Sechs«, sagte das Sams, und dann standen sie auch schon dort. Herr Taschenbier ging um die Maschine herum, betrachtete sie und wischte ein paar Spinnweben weg. Sie war ziemlich verstaubt. »So, nun werde ich sie gleich in Gang bringen«, sagte er voller Vorfreude. »Moment, halt, stopp, Papa!« rief das Sams. »Ich muss dir erst alles erklären, damit du nichts Verkehrtes tust. Was hast du denn vor?« »Ist doch klar: Ich werde mir einen Druckknopf an die Maschine wünschen, damit sie funktioniert, dann... « »Halt! Ein Drehgriff ist viel besser. Den kann man leichter einstellen!« »Na gut, einen Drehgriff. Dann...« »Es ist aber nicht gut, wenn du dir hier oben einen Drehgriff wünschst.« »So, warum?« »Wenn die Maschine einmal funktioniert, dann soll man sie möglichst ruhig stehen lassen. Sie ist nämlich sehr empfindlich. Ich weiß nicht, ob du jedesmal auf den Speicher steigen willst, wenn du einen Wunsch hast.« »Nein, natürlich nicht«, sagte Herr Taschenbier. »Ich wünsche, dass diese Maschine sofort unten in meinem Zimmer auf dem Tisch steht!« »Fünf«, sagte das Sams. »Hättest du uns wenigstens gleich mitgewünscht.« 36

»Das kann ich ja nachholen. Ich wünsche, dass wir beide unten in meinem Zimmer sind!« »Vier«, zählte das Sams, und die beiden standen unten in Herrn Taschenbiers Bett. »Siehst du«, sagte das Sams, während es vorn Bett sprang, »Jetzt hast du wieder ungenau gewünscht. Du hast nicht gesagt, wo im Zimmer wir sein wollen. Gut, dass wir auf dem Bett gelandet sind. Wir hätten auch im verschlossenen Schrank, stehen können, das wäre schließlich auch in deinem Zimmer gewesen.« Herr Taschenbier aber hörte gar nicht richtig zu. Ihn interessierte mehr die Tischdecke. »Meine beste Tischdecke!« jammerte er. »Wie die aussieht!« Die Wunschmaschine stand nämlich so schmutzig und staubig auf dem Tisch, wie sie vorher oben auf dem Speicher gestanden hatte. Gerade kletterte eine dicke Spinne an einer Spinnwebe hoch, die vom Trichter der Maschine herabhing, und verschwand irgendwo im Gehäuse. »Prr«, machte Herr Taschenbier und schüttelte sich. »Ich wünsche, dass sofort aller Schmutz hier im Zimmer verschwunden ist und die Maschine genauso glänzt und strahlt wie am Anfang, als ich sie bekommen habe!«. »Drei«, sagte das Sams vorwurfsvoll, als aller Schmutz aus dem Zimmer verschwunden war und die Maschine sauber und glänzend auf dem Tisch stand. »Jetzt muss ich aber aufpassen, dass ich keinen Fehler mache«, sagte Herr Taschenbier besorgt. »Viele Punkte sind ja nicht mehr übrig. Ich glaube, jetzt hab ich's: Ich wünsche, dass diese Maschine einen Drehgriff hat, mit der man sie an- und abstellen kann.«

»Die fabelhaften Millibillies« »Zwei«, sagte das Sams. »Was ist denn, wo bleibt denn der Griff? Ich sehe ja gar keinen«, rief Herr Taschenbier aufgeregt. »Geh doch mal um die Maschine herum«, sagte das Sams. Und wirklich entdeckte Herr Taschenbier an der anderen Seite, der Maschine einen Metallhebel, der vorher nicht da gewesen war. Neben dem Hebel brannte ein kleines rotes Lämpchen. »Was soll denn das Licht bedeuten?« fragte Herr Taschenbier. »Das ist das Zeichen, dass die Maschine startbereit ist«, erklärte das Sams. »Du musst den Hebel auf EIN stellen und deinen Wunsch dort oben in den Trichter hineinsprechen. Wenn er erfüllt ist, stellst du den Hebel auf AUS. Das ist alles.« . »Ich muss die Maschine gleich ausprobieren«, sagte Herr Taschenbier. »Ich kann's kaum erwarten. Was soll ich denn nur wünschen?« Er stellte. den Hebel auf EIN und überlegte. Das Lichtchen begann ganz schnell zu blinken. »Ich wünsch mir ganz viel Geld! « sagte Herr Taschenbier in den Trichter. »Wohin?« flüsterte ihm das Sams zu. »Du musst sagen, wohin du es dir wünschst, sonst landet es irgendwo ... « »Ach so: Ich wünsche mir ganz viel Geld hier in dieses Zimmer!« Die Maschine gab einen' Summton von sich, und das rote Licht hörte auf zu blinken. Herr Taschenbier schaute sich um. Neben der Maschine auf dem Tisch lag ein Fünfmarkstück, das vorher nicht da gelegen hatte. Auf dem Stuhl entdeckte er einen Zwanzigmarkschein, auf dem Teppich unter dem Tisch noch einmal drei Geldscheine. »Ist das alles?« fragte Herr Taschenbier ein wenig, enttäuscht. »Das soll ganz viel Geld sein?« Er hob die drei Scheine vom Boden auf und betrachtete sie. »Dreimal zehn Dollar! Was soll ich denn mit amerikanischem Geld?!«

»Das ist ganz bestimmt nicht alles. Du musst nur danach suchen«, sagte das Sams. »Hier schau, im Schuh: sieben Fünfzig-LireMünzen! Und da im Buch: ein HundertRubelSchein! Schau mal in die Lampe: acht Schweizer Franken und ein Zehnmarkschein! Hierin der Vase: vierzehn Dinar! Es ist genau so, wie du es gewünscht hast; es ist ganz viel Geld im Zimmer. Du musst es nur finden.« »Ich merke schon, ich habe wieder einmal nicht genau genug gewünscht«, sagte Herr Taschenbier. »Ich werde es gleich noch einmal versuchen: Ich wünsche, dass hier auf diesem Stuhl ein ganzer Waschkorb voll mit deutschem Geld steht!« Die Maschine begann wieder zu blinken und zu summen. Gleich darauf stand ein ganzer Waschkorb voller Pfennige auf Herrn Taschenbiers Stuhl.

Mondalski, Breitrück

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»Die fabelhaften Millibillies« Herr Taschenbier ärgerte sich. »Wieder falsch!« sagte er unwillig. »Ich kann doch nicht in ein Geschäft gehen und mit lauter Pfennigen bezahlen. Bevor ich wieder wünsche, muss ich mich erst mal hinsetzen und alles genau durchdenken.« Er versuchte, den zentnerschweren Waschkorb vom Stuhl zu zerren - mit dem Erfolg, dass der umkippte und Tausende von Pfennigen durch das Zimmer rollten. Mit einem missbilligenden Blick auf die verstreuten Pfennige im Zimmer murmelte er: »Jetzt muss ich wohl erstmal Ordnung schaffen.« Dann baute er sich vor der Wunschmaschine auf und sagte: »Ich wünsche, dass dieser dumme Waschkorb hier aus dem Zimmer verschwindet und dazu noch das ganze Geld. Und zwar auf der Stelle! «

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Sofort summte und blinkte die Maschine wieder, der Waschkorb verschwand so schnell, wie er erschienen war, und mit ihm' alle Pfennige, Markscheine, Dollar, Rubel, Dinar - kurz, das ganze Geld, das sich im Zimmer befinden hatte. Dann hörte das rote Licht auf zu leuchten, und der Hebel stellte sich mit einem leisen Klicken automatisch auf AUS. »Was ist denn nun schon wieder?« fragte Herr Taschenbier gereizt. »Die Maschine ist wahrscheinlich überarbeitet«, meinte das Sams. »Dann stellt sie sich automatisch aus, bis sie sich erholt hat. Mehr als drei Wunsche in so kurzer Zeit schafft die beste Wunschmaschine nicht.« Aus: Paul Maar: „Am Samstag kam das Sams zurück“, Oetinger 1980

»Die fabelhaften Millibillies«

»Soll ich dir mal meine Stimmen geben?« Der Ton macht die Musik

Mondalski, Breitrück

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»Die fabelhaften Millibillies«

Emilia

Komisch, meine Stimmen sind ganz anders als deine. Willst du mal hören?

Tobias

Klar.

Mutter Na, meine Süße? Wie war’s in der Schule? Was möchtest du denn heute essen? Ich fahr dich nachher zum Ballett. Und Papa will dir auch bei den Matheaufgaben helfen. Meine Hübsche. Du schaffst das schon... Tobias

Boah. Ist das schön!

Emilia

Soll ich dir mal meine Stimmen geben?

Tobias

Au ja, her damit!

(Sie wirft ihm die Stimmen wie einen Luftballon zu, den Tobias auffängt.) Stimmen

Das hast du gut gemacht, mein Junge! Ich bin stolz auf dich. Was möchtest du denn heute zum Abendbrot? Papa und ich wollen mit dir ins Kino am Sonntag. Soll ich dir die neue Jeans rauslegen? Eine fünf in Mathe? Das macht nichts, das nächste Mal wird’s wieder besser. Super.

Ahrens, Neumann, Mondalski

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»Die fabelhaften Millibillies«

Spiele und Übungen zum Thema: »Der Ton macht die Musik« Stimmen-Stopp-Ohren Spiel Im Gespräch wird mit den Kindern überlegt, welche Worte für sie positiv konotiert sind und welche negativ. Nun gehen immer drei Kinder zusammen. Ein Kind hält sich die Ohren zu. Die beiden anderen Kinder sind nun jeweils für ein Ohr zuständig. Wenn das Kind mit den zugehaltenen Ohren jetzt beispielsweise das rechte Ohr frei macht, muss das Kind welches für dieses zuständig ist ihm nette Worte sagen. Genauso funktioniert es auf der linken Seite. So entsteht mit abwechselndem »auf und zu machen« eine Art Beatbox. Ziele: Rhythmusgefühl stärken, Auseinandersetzung mit Lob und Kritik, Konzentration, Sprachförderung, Rechts und Links lernen

Tobias

Wenn die das sagen, dann bin ich manchmal so wütend….

Emilia

Wenn die was sagen?

Tobias

Na, dass ich zu doof bin. Das macht mich so wütend, dann könnte ich alles kaputt hauen, oder zerbeißen… (beißt in seinen Bassriemen). Diese…. diese Neunmalver-drecker.

Gesprächsanregung GLÜCK

zu

WUT

und

Wann seid ihr wütend? Wie verhaltet ihr euch, wenn Ihr wütend seid? Was macht ihr gegen/oder mit der Wut? Wann seid ihr glücklich? Woran sieht man, dass ihr glücklich seid? Wo im Körper spürt man Glück und Wut?

WUT – Probe

Tobias Da könnte ich platzen vor Wut. Emilia

Ich bin nie wütend.

Tobias

Glaub ich nicht.

Emilia

Ist aber so.

Tobias

Wie machst du das bloß?

Emilia Ich finde die anderen sowieso doofer als mich. Und dann kann ich mich einfach nicht aufregen. Aber dafür hab ich Allergie.

Zwei Kreise werden auf den Boden gezeichnet – wenn die Kreide nicht hält, kann man auch mit einer Schnur Kreise legen. Der eine Kreis ist der WUT–Kreis, der andere der GLÜCKS–Kreis. Die Kinder dürfen nun nacheinander, oder zu zweit in den WUTKreis und dann in den GLÜCKS–Kreis springen. Sie dürfen nun ausprobieren, wie laute und stille Wut aussieht und genauso wie nach innen- und nach außengekehrtes Glücklichsein wirkt. Ziele: Auseinandersetzung mit WUT und GLÜCK, Ausdrucksmöglichkeiten des Körpers wahrnehmen

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»Die fabelhaften Millibillies« Irgendwie sind alle schön...

Ich möchte...

Jedes Kind überlegt für sich was es Besonderes hat wie beispielsweise große Augen mit denen es gut sehen kann. Nun darf jedes Kind den anderen dies erzählen.

Die Kinder laufen durch den Raum. In einer Ecke steht ein Stuhl. Nacheinander stellen sich die Kinder auf den Stuhl und sagen, was sie von den anderen möchten. Sie können z.B. sagen: »Ich möchte, dass ihr alle hoch hüpft.« Alle Kinder müssen dies nun tun. So geht es weiter, bis jeder mal dran war. Es sollte darauf geachtet werden, dass keine Wünsche genannt werden, bei denen Verletzungsgefahr verbaler wie physischer Art besteht.

Variation: Alle Kinder sitzen im Kreis. Nun präsentiert ein Kind nach dem anderen seinen Nachbarn und zwar erzählt es was das Kind Besonderes an sich hat und was es damit Unglaubliches machen kann. Beispielsweise: »Johannes ist so groß, der kann mit seinen Händen die Sterne vom Himmel holen.« oder »Amelie hat so viele Locken, dass, wenn sie Kopfstand macht, sie den perfekten Wischmob hat«. Ziele: Auseinandersetzung mit dem Thema: Alle sind anders und jeder hat etwas ganz Besonderes, Lernen »das Andere« an sich positiv zu sehen, Lernen sich gegenseitig Komplimente zu machen, Selbst – und Fremdwahrnehmung stärken Tobias

Und die da – die hat ganz glitzernde Brillengläser!

Emilia

Die mit den roten Backen ist wie ein Leuchtkäfer im Dunkeln!

Tobias

Und der mit dem hellen T-Shirt sieht aus, wie ein richtiger Fußballer.

Emilia

Irgendwie sind alle schön, oder?

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Ziele: Lernen die eigenen Wünsche zu formulieren, Wünsche von anderen ernst nehmen

»Trau Dich!« Gemeinsam wird mit den Kindern überlegt was sie sich schon mal getraut haben. Jeder darf etwas erzählen. Nach jeder Geschichte, bekommt der Erzähler von der Gruppe Applaus. In einer zweiten Runde kann überlegt werden, was sich jeder gerne mal trauen würde. Gemeinsam kann überlegt werden, wie die Person noch mehr Mut bekommen könnte, um sich seinen Wunsche zu erfüllen. Ziele: sich gegenseitig Mut zu sprechen, feststellen, dass man etwas geschafft hat, Auseinandersetzung mit Mut und Angst

»Die fabelhaften Millibillies«

Zum Weiterlesen: Lob muss glaubwürdig und richtig dosiert sein [...] Es muss ein »echtes Lob« sein, lehrt die Motivationspsychologie. Das bedeutet: Richtig dosiert und glaubwürdig. Eine Dauerberieselung mit Komplimenten, ein routiniertes Abspulen der Feststellung, wie großartig und genial wir unser Kind finden, das wird sehr bald von ihm abtropfen. Es ist zwar gut, wenn wir unseren Kindern sagen, welche Charaktereigenschaften wir an ihnen toll finden. Aber diese Form von Lob, die sich nicht an speziellen Situationen festmacht, in denen das Kind eine neue Aufgabe gelöst, eine Herausforderung angenommen oder sich als sozial und lebensklug erwiesen hat, die hat auch ihre Tücken. Carol Dweck, Psychologin an der kalifornischen Stanford-University, hat sich lange Zeit mit diesem Thema befasst. Und sie rät uns mit Nachdruck davon ab, unser Lob in der Erziehung so zu gestalten wie der Preisredner auf einen Jubilar: „Mein Schatz, du bist so intelligent, so superintelligent.“ Das nämlich helfe nicht: ein solches Lob macht sich an »statischen Persönlichkeitseigenschaften« fest, nicht an Erreichtem oder guten Taten. Und es kann, das zeigen die Studien der Professorin, sogar dazu führen, dass die Kinder am Ende denken, alles müsse ihnen zufallen, da sie doch so ausnehmend klug sind - und in der Folge jeder echten Hürde künftig lieber ausweichen.

Welche Art von Lob ist in der Erziehung wichtig? Das Argument hat etwas für sich, sagt der gesunde Menschenverstand - denn was würden wir wohl lieber hören wollen: »Mein Sohn, du bist zwei Meter fünfzehn groß! Zwei Meter fünfzehn, das muss man sich einmal vorstellen! Hundertprozentig wirst du ein Basketball-Champion werden. Ohne jede Mühe. Da gibt es nicht den geringsten Zweifel!«. Oder doch lieber: »Heute hast du großartig gekämpft. Taktisch raffiniert! Und du hast den Ball abgegeben, weil dein Partner besser stand, statt ihn selbst zu werfen. Das war klasse. So kannst du es echt weit bringen!«. Das ist Lob! Und Kinder sehen das genauso. Thies (12) und Tjark (10), den beiden großen von drei Brüdern, fällt allerlei ein, für das sie gern ein Lob hören möchten: Fürs Entspanntbleiben zum Beispiel: »Wenn Torge, unser kleiner Bruder, uns ärgert, und wir ihn nicht zurückärgern.« Für Staunenswertes: »Wenn ich ein Buch in unglaublich kurzer Zeit geschafft habe«, sagt Thies. Natürlich für Triumphe: »Meine Eins in Mathe«, meint Tjark. Und, man staune, sogar für clevere Missgeschicke: »Einen meiner Lehrer finde ich richtig toll - wenn man Fehler macht, lobt er einen, weil er darauf zurückkommen kann und wir gemeinsam die richtige Lösung finden. Wenn man nur Fehler macht, findet er das selbstverständlich nicht gut. Aber wenn man eine Lösung versucht, lobt er uns.«

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»Die fabelhaften Millibillies« Lob gibt Kindern wichtiges Feedback So nämlich funktioniert die »düngende« Wirkung des Lobes in der Erziehung: Die Keime und Knospen sind schon drin, in unseren Kindern. Sie möchten etwas lernen, verstehen, sich in der Gemeinschaft mit anderen entfalten. Aber sie wollen auch wissen: Wie mache ich das? Findet ihr das gut, interessiert euch, was ich tue? Darauf achtet zum Beispiel die dreifache Mutter Gerhild: »Ich mag es am meisten, wenn die Kinder unaufgefordert etwas machen: Teilen, aufeinander Rücksicht nehmen. Oder wenn Elise etwas noch nicht kann, und Charlotte geht hin und sagt: ›Ich les' dir das jetzt mal vor.‹ Diese Art von Sozialverhalten lobe ich am meisten - denke ich zumindest. Auch die Überwindung, dass die Kinder etwas tun, was sie nicht so gern machen. Aber vor allem lobt man natürlich Dinge, über die man sich freut.«

Ahrens

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Für selbständiges Problemlösen Kinder loben Professor Gerald Hüther, der bekannte Göttinger Hirnforscher, hebt hervor: »Die entscheidenden Lernprozesse geschehen dadurch, dass man sie als eigene Erfahrung machen konnte« - deshalb ist es in der Erziehung besonders hilfreich, Lob und Ermutigung für selbstständiges Problemlösen zu geben. Und vor das Lob die Geduld zu stellen: Es kann leicht passieren, dass wir fünf Minuten zu früh aufgeben und beim Rechnen, Bauen oder Diskutieren allzu rasch mit unserer Lösung herüberkommen. Das bringt uns um Lob- und Lernchancen. Also: Lieber das Kind machen und experimentieren lassen. Und dann loben, auch für Schritte auf dem richtigen Weg, das ist viel entscheidender für Kinder als etwa die sofortige Überreichung eines verbalen Geschenks, sagt Hüther: »Was wir mit unserem Lob bewirken möchten, ist doch, dass unser Kind das Gefühl hat, stolz auf sich sein zu können und das, was es geleistet hat. Wenn Kinder nur stolz darauf sind, dass sie eine größere Belohnung bekommen haben, wäre etwas schief gelaufen.« Chronik des Erfolgs Und so bildet sich, wenn wir nur ein wenig achtsam sind, auch ein Schatz an »Geschafft-Geschichten«: Beispiele aus dem Leben, wo unsere Kinder etwas bewältigt haben, wo sie ihr Lob verdient haben und an das wir uns erinnern können, um uns auch in neuen Situationen optimistisch zurechtzufinden. Die Quelle solch fruchtbaren Lobens in der Erziehung ist Vertrauen: darauf zu setzen, dass unsere Kinder einen Weg zur Selbstständigkeit gehen, auf dem sie von einem inneren Orientierungssinn zuverlässig geleitet werden. Klar, stellen wir Verkehrsschilder an diesem Weg auf. Und unsere guten Worte, unsere Rückenstärkung, unser von Herzen kommendes Lob, das sind

»Die fabelhaften Millibillies« sozusagen die Tankstellen, an denen die Kinder immer wieder Kraft und Stolz und Freude holen für den neuen Tag. Kinder konstruktiv kritisieren Neben Lob gehört auch Kritik zur Erziehung dazu: Wie wir Kinder am besten erklären, dass etwas besser laufen könnte • Kritik will helfen - es geht nicht darum, Dampf abzulassen, sondern darum, etwas für die Zukunft zu lernen. Also erst ein wenig abkühlen, dann miteinander reden. • Kritik soll annehmbar sein - sie ist das Spiegelbild des Lobes. Also sollte sie sich auf konkrete Fehler und begrenzte Anlässe konzentrieren und sich nicht gegen Charakter und Persönlichkeit richten. »Du wirst es nie begreifen« und Ähnliches unbedingt vermeiden. • Kritik muss fair sein - und Kinder müssen kleine Ärgernisse von schwerwiegenden

Fehlern klar unterscheiden lernen. Deshalb weder über Mikro-Dummheiten schulterzuckend hinweggehen, noch sie zu Staatsaffären aufblähen. • Kritik braucht Ruhe - wenn der Haussegen einmal arg in Schieflage geraten ist, lässt sich das im ersten Affekt kaum diskutieren. Unser Kind könnte die Schotten dicht machen, weil es sich schämt. Das ist ein guter moralischer Impuls, aber es ist keine gute Idee, seinen Stolz genau in diesem Moment noch weiter zu mindern. Lieber warten, bis die Denkblockade vorbei ist. • Kritik braucht Konsequenzen - am Ende vereinbaren wir gemeinsam, wie es beim nächsten Mal besser werden soll. Aus: http://www.familie.de/kinder-loben/?sat1=nhpgh arwqdbskorpion%2Fwidder%2Floewe%2Fzwilling%2F

Die Macht der Worte Von Birgit Widmann-Rebay von Ehrenwiesen

»Schmeiß die Flasche nicht um!«; »Ärgere deine Schwester nicht!«; »Verletz dich nicht!« - das Wörtchen »nicht« ist in vielen gut gemeinten Sätzen, die wir an unsere Kinder richten, enthalten. In diesem Artikel erfahren Sie, weshalb seine Verwendung oft kontraproduktiv ist und warum positive Botschaften sinnvoller sind. Warum wir auf das Wörtchen nicht" verzichten sollten Mit der Art und Weise wie wir Sprechen, beeinflussen wir unsere Kinder. Je nachdem, wie wir Botschaften formulieren, legen wir fest, wie sie sich verhalten - und ob wir das von uns gewünschte Ergebnis erzielen. Das Wort »nicht« spielt dabei eine ganz besondere Rolle. Dieses Wort wird im alltäglichen Sprachgebrauch oft benutzt, um

zu sagen, was nicht passieren soll oder was wir nicht möchten. Anstatt positiv zu formulieren, was wir wollen, konzentrieren wir uns also auf das zu Vermeidende. Ebenso verfahren wir auch mit unseren Kindern. Um eine bestimmte Sache zu verhindern, sagen wir ihnen genau, was sie nicht tun sollen. Natürlich tun wir dies immer mit einer guten Absicht, zum Beispiel um sie vor Gefahren zu schützen. Wir lenken also ihre Aufmerksamkeit auf das, was sie vermeiden sollen - und wundern uns hinterher, wenn sie genau das tun. Dabei ließen sich sehr leicht auch positive Formulierungen für unsere Wünsche und Absichten finden. [...]

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»Die fabelhaften Millibillies« Die Funktionsweise unseres Gehirns Der Grund dafür, dass wir das Wort »nicht« vermeiden sollten, hängt mit der Funktionsweise unseres Gehirns zusammen. Es übersetzt alle Wörter, die wir hören, in innere Bilder und dazugehörige Emotionen. Das Wörtchen »nicht« kann es dabei nicht »verarbeiten«. Deutlich lässt sich dieser Vorgang anhand des folgenden kleinen Experiments veranschaulichen. Lesen Sie den fett gedruckten Satz, schließen Sie für einen Moment die Augen und versuchen Sie, der Bitte nachzukommen. Bitte denken Sie nicht an eine lila Giraffe. Was haben Sie gesehen? Eine helllila, mittellila, dunkellila Giraffe mit einem schönen langen Hals? Stand die Giraffe auf der Stelle oder ist sie gelaufen? Hat sie etwas gefressen oder nur geschaut? War sie groß oder klein, aus Stoff oder lebendig? Die Aufmerksamkeit unseres Gehirns wurde auf die lila Giraffe gelenkt - um dieses Bild dann gedanklich wieder verschwinden zu lassen. Es ist aber unmöglich, an etwas nicht zu denken, was vorher ausgesprochen wurde. Die Aufmerksamkeit auf das Nützliche lenken Vor allem Kinder neigen dazu, alles was wir sagen wörtlich zu nehmen. Zudem haben sie eine sehr rege Fantasie und eine wunderbare Vorstellungskraft. Wenn Sie Ihrem Kind sagen: »Stürz nicht von der Schaukel!«, dann muss es zwei Dinge denken. Erstens das »von der Schaukel stürzen«: Das Kind stellt sich vor, wie es von der Schaukel herunterfällt, und überlegt sich vielleicht, wie weh es tut, auf dem Boden aufzuschlagen. Zweitens das »nicht«: Das Kind muss das Gehörte sowie die gesehenen und gefühlten Bilder in

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Gedanken wieder durchstreichen. Das Problem dabei ist, dass wir durch diesen Satz die Wahrscheinlichkeit, dass unser Kind wirklich von der Schaukel fällt, erhöhen. Denn seine Aufmerksamkeit ist ja vor allem auf das Herunterstürzen gerichtet, und erst in zweiter Linie auf das NichtStürzen. Um einem Unfall vorzubeugen, wären deshalb folgende Formulierungen hilfreicher: »Halte Dich beim Schaukeln gut fest.«; »Setz dich mit dem ganzen Po auf das Schaukel-brettchen.«; »Halte Deinen Körper in der Mitte, um gerade zu schaukeln.« Durch solche Sätze wird die Aufmerksamkeit des Kindes auf etwas für die Situation Nützliches gerichtet - auf das Festhalten, den richtigen Sitz und die Balance - also auf das, was es benötigt, um sicher zu schaukeln. Positiv formulieren lässt sich üben Positiv und konstruktiv zu formulieren kann man trainieren, indem man sich selbst folgende Fragen stellt: Was möchte ich mit meinen Worten erreichen? Was ist in dieser Situation hilfreich? Wie unterstützte ich mein Kind? Mit diesem Wissen kann man seine Aufmerksamkeit und die des Kindes auf die Dinge lenken, die geschehen sollen und die wichtig sind. Sicherlich wird Ihnen das eine oder andere mal noch ein Satz herausrutschen, den Sie besser anders formuliert hätten. Denken Sie dann an die lila Giraffe - und ergänzen Sie den negativen Satz durch einen positiven. Indem Sie zielgerichtet und unterstützend mit Ihrem Kind sprechen, helfen Sie ihm, positiv zu denken und zu handeln, Probleme konstruktiv anzugehen und Selbstvertrauen zu gewinnen. Aus: http://www.mobile-elternmagazin.de/erziehung/ alltag/details?k_onl_struktur=385569&k_beitrag=8353 28

»Die fabelhaften Millibillies«

Kapitel 5:

»Die fabelhaften Millibillies« Noten und Bilder zum Stück

Breitrück, Mondalski

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»Die fabelhaften Millibillies«

Anregungen zur Nutzung der Noten und Bilder Auf den folgenden Seiten finden Sie einige Lieder mit Noten aus dem Stück. (Die Texte aller Lieder finden Sie auf unserem Programmheft zum Stück. Auf der CD »Wir werden immer größer« sind viele Hits zu hören => siehe Literatur und Links) Desweiteren bietet das Kapitel Ausmalbilder und ein Wimmelbild zum Theaterstück. Lassen Sie die Kinder gemeinsam überlegen, an welche Lieder aus dem Stück sie die Bilder erinnern und welche Situation auf dem Bild geschildert wird. Viel Spaß beim Singen, Bewegen, Malen, Suchen und Finden!

Emilia

Breitrück, Mondalski

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In meinem Traum geht einfach alles. Und ich steh dann hier an einem Mikrophon und singe (meine) Songs. Ich rufe mal: Band komm her, Band komm her. (Ins Publikum) Macht ihr mit?

Ich träum so gern

Text: Volker Ludwig Musik: Kranz/Neumann

bE ! C ! ! D E ! ! ! D E ! B O E ! ! !E ! F D D E ! & . . . . . . . . . . . . . . . . ich träum so gern, wer träumt, der hat es gut. Ich träum so gern, Ich C ! ! D E ! BO E ! E E ! Gsus4 DDE O . . . ! . & . . . . . . . . . . " " " . flie- ge in der Welt her- um und spuck euch auf den Hut. Ich

! ! ! ! D E ! BO E ! ! ! FDDE ! & . . . . . . . . . . . . . . . . träum ich bin ein Su- perstar, ich sing und spiel Kla- vier. und C BO ! D Gsus4 D ! !D # O . O . . & . . . . -# . . . . C

manch- mal träu- me

D

&

G

&

G

D

ich so- gar

ein

biss-

chen

von

dir!

O ! ! C D . F.! ! E ! D E ! OB. . . ! ! . . . . . . . . . -

Bald bin ich

groß

und reich und

cool

und

aus der Schu- le raus.

! ! D E ! B O E ! E E Gm7sus4 DDE ! . . . O . . . . . .. . " " . . . - . " " . C

F

Und wenn ich nachts da- von träu- - me,

pro-

bier ich's

schon

mal

aus.

Ich

BO F D D E D E ! D E E ! ! ! ! ! ! ! ! ! & . . . . . . . . . . . . . . . träum so gern, ich träum so gern, denn Träu- me ma- chen fit. C

BO G C ! ! D & . . . . . . . . O- - P- - , C

wenn du was er-

le- ben willst,

träum

ein-

fach

mit

mir

mit!

Und

,

F

.DD

C

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»Die fabelhaften Millibillies«

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»Die fabelhaften Millibillies«

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Literatur Die Noten zu allen Liedern der Aufführung (bis auf »Ich träum so gern«) finden Sie in folgendem Buch: Ludwig, Volker/Heymann, Birger/ Hachfeld, Rainer: »Das GRIPS – Liederbuch«, 2. Auflage 2005, Berlin. Viele Hits von Volker Ludwig und Birger Heymann sind auf folgender CD zusammengestellt: Ludwig, Volker/Heymann, Birger: »Wir werden immer größer«, Sauerländer Audio. Diese erhalten Sie im GRIPS Theater am Hansaplatz und online im GRIPS Shop (www.gripstheater.de).

Links Um mehr über das Projekt Musikalische Grundschule, der Bertelsmann Stiftung zu erfahren, folgen Sie dem anhängenden Link: http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/102263.htm Wie Sie mit Kindern einfach Musikinstrumente bauen können, finden Sie unter: Kidsweb: http://www.kidsweb.de/basteln/instuinh.htm Musikinstrumentenbau: http://www.musikinstrumentenbau.de/Instrumentenbau/instrumentenbau.htm »Musikpraxis«, Ausgabe 101, 2004. Informationen über Rhythmik und die Bedeutung und Auswirkung auf Kinder finden Sie unter: www.kindergartenpaedagogik.de/1362.pdf

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»Die fabelhaften Millibillies«

Dank Simone Praetz für Ihre Informationen über die Musikalische Grundschule, die Tipps wie man Musik im Unterricht in den Unterricht einbauen kann und ihren Beitrag beim Themenabend zu den FABELHAFTEN MILLIBILLIES, der Christian Morgenstern Schule für ihre große Offenheit und ihre Freude am Ausprobieren neuer Unterrichtskonzepte, Der Band, Franziska Steiof, Jennifer Breitrück, Jens Mondalski, Volker Ludwig und Birger Heyman

Impressum GRIPS Theater GmbH Altonaer Straße 22 10557 Berlin

Impressum

GRIPS Theater Künstlerischer Leiter:GmbH Philipp Harpain Altonaer Straße Geschäftsführer: Volker22 Ludwig 10557 Berlin www.grips-theater.de Redaktion: Laura Klatt, Winfried Tobias Künstlerischer Leiter: Stefan Fischer-Fels Fotos: David Baltzer/bildbuehne.de Geschäftsführer: Volker Ludwig Gestaltung: Stefanie Kaluza www.grips-theater.de Illustrationen: Thekla Priebst Redaktion: Laura Klatt, Winfried Tobias anschlaege.de Fotos: David Baltzer/bildbuehne.de Gestaltung: Stefanie Kaluza Art Direktion: anschlaege.de Titelillustration: Thekla Priebst anschlaege.de

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