Eine Einführung in Physiologie und
Short Description
Download Eine Einführung in Physiologie und...
Description
Die Schilddrüse Eine Einführung in Physiologie und Pathophysiologie
PD Dr. Knut Krohn Universität Leipzig Interdisziplinäres Zentrum für klinische Forschung
Gliederung: 1. Anatomie und Entstehung der Schilddrüse 2. Physiologie der Schilddrüse 3. Pathophysiologie der Schilddrüse
Warum ist gerade die Schilddrüse interessant? - große endokrine Drüse (aber nicht die wichtigste) - endokrine Drüse bei der pathologische Zustände von außen sichtbar werden können (Kropf) - Bedeutung der Schilddrüse für den Organismus - Anzahl der Schilddrüsen OPs (ca. 100.000 pro Jahr, Kahaly et al. 2002) In einem Alter zwischen 50 und 80 Jahren haben ca. 7% der Frauen und 2% Männer eine Schilddrüsenoperation (Seck et al. 1997)
- die Kosten zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen in Folge von Iodmangel betragen in Deutschland ca. 1 Mrd. jährlich (entspricht ca. 1% der gesamten Ausgaben von Krankenkassen und Arbeitgeber)
- eine breit angelegte Untersuchung (über 7000 Personen) in 32 Regionen in Deutschland ergab eine vergrößerte Schilddrüse in ca. 50% der Fälle (Hampel et al. 1995)
Medizingeschichte der Schilddrüse I 1600 v. Chr. chinesische Heilmethoden erwähnen Asche von Seetang oder Schwämmen gegen Kropf 1. Jhd. Celsus beschreibt als erster eine Wucherung im Halsbereich 1. Jhd. Plinius der Ältere (23-79 n.Chr.) beschreibt Kropf-Epidemien in den Alpen (beschreibt Seetang als Therapie) 2. Jhd. Galen beschreibt verkohlten Badeschwamm als Therapie gegen Kropf 7. Jhd. Sun Ssu-Mo empfiehlt getrocknete Schilddrüse als Therapie 10. Jhd. Ali-ibn-Abbas empfiehlt als erster chirurgische Eingriffe an der Schilddrüse 1110 erste Assoziation zwischen Exopthalmus und Schilddrüsenerkrankung 1450 erste anatomische Beschreibung der Schilddrüse durch Wang Hei um 1500 Paracelsus nimmt mineralisch verunreinigtes Wasser als Ursache für Schilddrüsenvergrößerungen an
Medizingeschichte der Schilddrüse II 1656 Thomas Wharton prägt den Begriff „Glandula Thyreoidea“ nach Kampfschildern im alten Griechenland
1811 Entdeckung des Iod bei der Schießpulverherstellung aus getrockneten Seetang
1840 beschrieb Carl Adolph von Basedow die später im deutschsprachigen Raum nach ihm benannte Krankheit. Die Symptome wurden als „Merseburger Trias“ bezeichnet
1880 erste operative Entfernung der Schilddrüse durch Rehn
1909 Kocher erhält den Nobelpreis für den Nachweis des Zusammenhang zwischen der operativen Entfernung der Schilddrüse und Schilddrüsenunterfunktion
1914 Kendall issoliert iodhaltige organische Substanzen aus der Schilddrüse
1934 Pitt-Rivers and Harrington klären die Struktur von Schilddrüsenhormonen auf
Gliederung: 1. Anatomie und Entstehung der Schilddrüse 2. Physiologie der Schilddrüse 3. Pathophysiologie der Schilddrüse
Anatomie der Schilddrüse I Henry Gray (1821–1865). Anatomy of the Human Body. 1918.
Anatomie der Schilddrüse II
Anatomie der Schilddrüse II
Mikroskopische Anatomie der Schilddrüse I
Mikroskopische Anatomie der Schilddrüse II
thyroid follicle thyroid epithelium parafollicular cells
Mikroskopische Anatomie der Schilddrüse III
Embryogenese der Schilddrüse II
Endodermaler Ursprung E 8,5 bis E13 (Maus) Wochen 6 bis 12 (Mensch) Ausstülpung Wanderung (Migration) Proliferation der Progenitoren Differenzierung in Epithelzellen Hormonsynthese
Embryogenese der Schilddrüse I
Embryogenese der Schilddrüse III
Einwandernde Vorläuferzellen (Progenitoren) der Schilddrüse führen zur Ausprägung einer Patch-Struktur
Gliederung: 1. Anatomie und Entstehung der Schilddrüse 2. Physiologie der Schilddrüse 3. Pathophysiologie der Schilddrüse
Die Schilddrüsenhormone
L-Tyrosin
Thyroxin (T4) Triiodothyronin (T3)
reverses T3 (inaktiv)
Wirkung der Schilddrüsenhormone Allgemein: - Wachstum und Homeostase von Geweben und Organen - Entwicklung des Nervensystems - Beeinflussung vieler Stoffwechselwege Speziell: - fördert die Wärmeentwicklung, - erhöht den Sauerstoffverbrauch, - beschleunigt die Kohlehydrataufnahme, - steigert die Neubildung von Glukose sowie die Mobilisation des Glykogen, - aktiviert die Freisetzung körpereigener Fettbestände, - beschleunigt den Cholesterinaufbau und -abbau, - fördert die Proteinsynthese, - beeinflußt den Wasserhaushalt und Knochenstoffwechsel.
Das Schilddrüsenhormon T3 wirkt direkt im Zellkern T4 T4 T4
T4
Zellkern
T3
T4 T3 T3
T4
T3
T3
TR T3 TR TRTR TR T3 TR TR TR TR TR TR T3 TRTR TR T3
T3
T3
T3
RXR TR
Deiodinase
TRE
Gen
Zytoplasma Transkripte/mRNA
Zelle
Parakrine Steuerung der Schilddrüsenaktivität Hypothalamus
Hypophyse TSH
Autoregulation Iod
Schilddrüse
Rückkopplung
TRH
Schilddrüsenhormone (T3, T4)
Zielorgane Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-System
Steuerung der Aktivität in der Hypophyse TRH Rezeptor
TRH
G-Protein
TSH
TSH
+
TSH TSH TSH
T3
Signal
+
TSH TSH
-
+
Freisetzung
TRHR mRNA
T4 TSH mRNA
Proteinsynthese
Nucleus Transkription
Hypophysenzelle T3
Schilddrüse
T4
Ablauf der Hormonsynthese in der Schilddrüse
Gliederung: 1. Anatomie und Entstehung der Schilddrüse 2. Physiologie der Schilddrüse 3. Pathophysiologie der Schilddrüse
Schilddrüsenerkrankungen - Einteilung (1) Vergrößerung der Schilddrüse Struma Dadurch Einengung wichtiger Strukturen im Hals Probleme kosmetischer Art (2) Probleme bei der Hormonproduktion Überfunktion - Unterfunktion (3) Knoten oder Zystenbildung in der Schilddrüse Knoten können benigne oder maligne Tumore sein (4) Autoimmunprozessen Thyreoditis - Immunhyperthyreose
Vergrößerung der Schilddrüse - Struma Einteilung in Bezug auf die Stoffwechsellage euthyreot (normale Hormonproduktion) hyperthyreot (erhöhte Hormonproduktion) hypothyreot (erniedrigte Hormonproduktion) Einteilung in Bezug auf die Struktur struma diffusa (ohne Knoten) oder nodosa Symptome der euthyreoten Struma Druck- und Kloßgefühl, Schluckbeschwerden, Luftnot bei Belastung, Luftnot bei bestimmten Kopfhaltungen
Schilddrüsenunterfunktion – Hypothyreose Bei der Hypothyreose werden zu wenig Schilddrüsenhormone produziert.
angeborene oder erworbene H. primäre (Hormonprodukton ist betroffen) sekundäre (Stimulation durch Hypophyse ist betroffen) tertiäre (Stimulation durch Hypothalamus ist betroffen) Formen der primären Hypothyreose entzündlich (Thyreoiditis), neoplastisch, iatrigen (postoperativ, nach Strahlentherapie oder Radioiodtherapie, medikamentös), Iodexzeß oder extremen Iodmangel, autoimmun,
Symptome der Hypothyreose Energiestoffwechsel: Frieren, Gewichtszunahme Herz-Kreislauf: niedriger Puls Psyche/Nervensystem: Müdigkeit, Verlangsamung, Interessenlosigkeit, Antriebmangel, Gedächtnisschwäche Haut: Kühl und trocken Haare: trocken, stumpf Nägel: brüchig, langsam wachsend Magen-Darm: Obstipation Reproduktion: Zyklusstörungen, Fehl-, Frühgeburten
Schilddrüsenüberfunktion – Hyperthyreose Bei der Hyperthyreose werden mehr Schilddrüsenhormone produziert, als der Körper braucht.
Funktionelle Autonomie (Schilddrüsenzellen sind von der parakrinen Kontrolle abgekoppelt) oder Immunhyperthyreose (Schilddrüsenzellen werden durch autoimmune Prozesse aktiviert)
Symptome der Hyperthyreose Energiestoffwechsel: Erhöhung der Körpertemperatur, starkes Schwitzen, Hitzeintoleranz Herz-Kreislauf: Herzjagen, Tachykardie Psyche/Nervensystem: allgemeine Unruhe, Nervosität Haut: überwärmt, feucht Haare: Haarausfall Nägel: brüchig Magen-Darm: häufiger Stuhlgang oft mit Durchfall Reproduktion: Libido- und Potenzprobleme
Thyreoiditis Hervorgerufen durch zerstörende autoimmune Prozesse oder durch Entzündungen (z.B. Sepsis, bakterielle Herde). Symptome: Schmerzen im Halsbereich, Druckempfindlichkeit Schwellung, Fieber Schweißausbruch, Tachykardien,
Benigne oder maligne Tumor der Schilddrüse Häufig ohne Symptome Können aber auch Ursache einer Struma oder und Hyperthyreose sein. Karzinome werden nach dem histologischen Befund eingeteilt. Papilläre, follikuläre Karzinome.
Szintigraphie der Schilddrüse
heißer Knoten
kalter Knoten
Iodmangel
diffuse Struma
andere Krankheiten
funktionelle Autonomie
Karzinom
Entzündungen
hypofunktionelle Knoten, Zysten Immunthyreopathie
Jodmangel löst Hyperplasie der Schilddrüse aus Epidemiologische Befunde
Knotige Schilddrüsen 0 bis 10 jährige
Normale Schilddrüsen
11 bis 18 jährige
18 bis 70 jährige
Schilddrüsenvergrößerung Hampel et al. Med. Klin. 1995, 90:324
Parakrine Steuerung der Schilddrüsenaktivität Hypothalamus
Hypophyse TSH
Autoregulation Iod
Schilddrüse
Rückkopplung
TRH
Schilddrüsenhormone (T3, T4)
Zielorgane Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-System
Parakrine Steuerung der Schilddrüsenaktivität Hypothalamus
Jodmangel
Hypophyse TSH
Schilddrüse
( ) Schilddrüsenhormone
Hyperplasie Hypertrophie
(T3, T4)
Zielorgane
Rückkopplung
Veränderungen sind abhängig vom Alter, von der Joddosis und von der Dauer des Jodmangels
TRH
TSHR
TSH
G-Protein Aktivierung
Thyreozyt cAMP
Funktion Hypertrophie
IP
Wachstum Hyperplasie
Häufigkeit von Schilddrüsenknoten in Abhängigkeit von der Jodversorgung
Jodmangelregion Stichprobe
Kontrollregion
1683
1253
Knoten gesamt
86 (5,1%)
24 (1,9%)
Heiße Knoten Warme Knoten Kalte Knoten
9 (0,5%) 5 (0,3%) 72 (4,3%)
2 (0,16%) 1 (0,08%) 21 (1,7%)
Patienten mit
Belfiore et al. Cancer 1987, 60:3096
Somatische TSH-Rezeptormutation in unifokalen Autonomien
Normales Schilddrüsengewebe
Wild-Typ TSH-Rezeptor
Unifokale Autonomie
somatische Mutation des TSH-Rezeptor (Val 623 Ala)
Die unifokale Autonomie
normal
TSH
supprimiert (
View more...
Comments