Getreidebroschüre 2016 [PDF 3323 KB]

January 31, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Biologie, Botanik, Pflanzen
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WISSEN ERLEBEN

GETREIDE

„Saatgut ist ein Geschenk der Natur, vergangener Generationen und unterschiedlicher Kulturen. Wir haben die Verantwortung, es zu schützen und an künftige Generationen weiterzugeben“ Edith und Robert Bernhard/Burgeis Liebe Leserinnen und Leser, Die Salerner Schulgemeinschaft freut sich, Ihnen diese gelungene Produktbroschüre der Fachlehrerinnen Gabriele Falschlunger, Nadine Laqua und Michaela Krause zum Thema Getreide vorstellen zu dürfen. Sie ist Auftakt und Begleitung zur Sonderausstellung „Salerner Getreidetage“ im November 2016 an der Fachschule Salern. Erarbeitetes Wissen wird dokumentiert: informativ, aufschlussreich und nachhaltig dargestellt. Getreide in seiner Vielfalt und in seinem Artenreichtum ist wieder stärker in das Bewusstsein von Produzenten und Konsumenten gerückt und stärkt die Biodiversität der Südtiroler Landwirtschaft. Gehen Sie mit uns auf die Reise in eine der Wunderecken unserer Natur! Juliane Gasser Pellegrini Direktorin Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern

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INHALTSVERZEICHNIS 04 Vorgeschichte 06 Geschichte 10 Botanik 12 Anbau und Verarbeitung 16 Getreide in Südtirol 20 Portrait Weizenfamilie 24 Portrait Einkorn und Emmer 26 Portrait Dinkel und Khorasan 28 Portrait Weich- und Hartweizen 30 Portrait Gerste 32 Portrait Roggen 34 Portrait Hafer 36 Portrait Reis 38 Portrait Hirsen 40 Portrait Mais 42 Portrait Pseudogetreide 45 Märchen 46 Inhaltsstoffe und Verwendung 54 Rezepte 64 Quellen und Impressum

VORGESCHICHTE

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VORGESCHICHTE Bereits vor rund 15 Jahren setzten wir uns an der Fachschule Salern das Ziel, den Anbauern, Interessierten und Konsumenten zu vermitteln, welche enorme Vielfalt und Verwendungsmöglichkeiten von Gemüse- und Ackerkulturen es gibt. War es zu Beginn „nur“ unser öffentlich zugänglicher Schaugarten, spezialisierten wir uns bald auf bestimmte Pflanzengruppen und zeigten sie in umfangreichen Ausstellungen. Am Anfang waren es die Kürbisgewächse, die uns in ihren Bann gezogen hatten. Wir bauten unzählige Sorten an, trugen Informationen zusammen und präsentierten sie den Besuchern. Die Faszination für die bunten und skurrilen Formen dieser Pflanzenfamilie schwappte bald auf andere Gemüsegruppen über und es folgten in jährlichen Abständen zahlreiche weitere Ausstellungen quer durchs Gemüsebeet. Seit Jahren spielen wir nun schon mit dem Gedanken eine Ausstellung über eine typische Ackerkultur des Alpenraumes zu gestalten. Was liegt da näher als Getreide? Wohl kein anderes Nahrungsmittel ist so eng mit der Menschheitsgeschichte verbunden. Die Erfindung des Ackerbaus war der Auftakt für die rasante Entwicklung der Menschheit und schlussendlich die Voraussetzung für die Entstehung vieler Hochkulturen. Das „Sesshaftwerden“ des Menschen war nur durch die gezielte Nutzung von Körnerfrüchten wie Einkorn, Emmer und Hirse möglich. Seit rund zwei Jahren bauen auch wir in Salern verschiedenstes Getreide an, um Ihnen liebe Leser und Besucher der Ausstellung, einen Einblick in die enorme Vielfalt unseres wohl wichtigsten Nahrungsmittels zu gewähren. Die lange Evolutionsgeschichte und Vielfalt des Getreides hat unzählige Sorten, Formen und Varietäten hervorgebracht, so dass uns bereits die Planung und Beschaffung des Saatgutes vor enorme Herausforderungen stellte. Hinter uns liegt eine intensive Zeit, in der wir unglaublich viel dazugelernt haben. Neben langen Arbeitstagen brachte sie uns auch freundschaftliche Kontakte zu Menschen, die unsere Leidenschaft für den Pflanzenbau teilen. Einhergehend mit der Ausstellung haben wir Informatives, Kurioses und Unterhaltsames zusammengetragen und in dieser Broschüre veröffentlicht. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen. Das Team der Fachschule Salern Gabriele Falschlunger – Michaela Krause – Nadine Laqua

GESCHICHTE

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WIE ALLES BEGANN GUTEN TAG, ICH BIN DIE KLEINE GERSTENPFLANZE AKBAS¸. Ich mag ja – so wie andere Getreide auch – recht unscheinbar aussehen. Aber wir gehören zu den ältesten Kulturpflanzen und haben in unserer langen Geschichte schon viel erlebt. Darf ich euch ein bisschen über uns erzählen? Der Name Akbas¸ bedeutet „knospende Gerste“ und kommt aus dem Türkischen. Er verrät damit etwas über meine Herkunft. Denn meine wilden Vorfahren wachsen im östlichen Mittelmeerraum, dem sogenannten „Fruchtbaren Halbmond“ (s. Skizze). Schon vor über 40.000 Jahren sammelten die Menschen, die dort als Nomaden lebten, die Samen der Wildgerste. Vor gut 10.000 Jahren begannen sie Gerste, Einkorn und Emmer gezielt anzubauen und wurden langsam sesshaft. Die Getreidesamen aßen die Menschen in der ersten Zeit einfach roh oder geröstet. Bald schon mahlten sie die Körner und stellten Brei oder Fladen daraus her. Im alten Ägypten gab es bereits gesäuerte Brote. Auch das Bierbrauen lernten die Menschen recht schnell und sie entwickelten immer bessere Mühlen und Lagermöglichkeiten. Vor mindestens 7.000 Jahren entstanden auch in Mittelame-

Das Gebiet des „Fruchtbaren Halbmonds“ (= Vorderer Orient) gilt als Ursprungsregion vieler Kulturpflanzen.

rika Ackerbaukulturen. Die Menschen dort ernährten sich von Amarant und Quinoa, zwei getreideähnlichen Pflanzen, und von Mais. In China begannen die Menschen fast zeitgleich mit dem Anbau von Hirse und Reis. Und in Europa? Hier wanderten in der Jungsteinzeit ab 5.000 v. Chr. Einkorn, Emmer und meine Gersten-Vorfahren von Südosten her ein. Besonderen Erfolg hatte das kleine, robuste Einkorn. Während es in unserer warmen, fruchtbaren Heimat eher ein Schattendasein geführt hatte, startete es im kühleren Europa so richtig durch. Roggen breitete sich als Unkraut mit aus. Weil er unempfindlich ist, stieg er in raueren Gebieten Europas, wie etwa in den Alpen, später zur Kulturpflanze auf. Nach und nach kamen weitere Getreidearten in Europa an: anfangs ursprüngliche Weizenformen, um 2.000 v. Chr. die Rispenhirse und weitere 1.000 Jahre später der Dinkel. Auch der Hafer, der zuerst als Unkraut auf den Äckern wuchs, wurde in der Bronzezeit gezielt angebaut. Der Anbau einer neuen Kultur ging oft mit ackerbaulichen Neuerungen einher und deutet manchmal auf geänderte klimatische Bedingungen hin. Die Menschen rodeten für den Getreideanbau große Waldflächen in den Tälern. Die Viehhaltung verlagerte sich teilweise weit ins Gebirge hinauf (Almen). Ab der Römerzeit entwickelten sich erste größere Mühlen und ein umfangreicher Getreidehandel. Im Mittelalter entstanden – meist in Klöstern – erste große Brauereien. Im Lauf der Jahrhunderte änderte sich die Bedeutung der einzelnen Getreidearten. Der Anbau der wenig ertragreichen Urgetreide Einkorn und Emmer ging in vielen Gebieten zurück. Im Alpenraum herrschten ab dem Mittelalter Gerste, Hafer, Hirse und Roggen vor. In klimatisch begünstigten Gebieten stieg Dinkel zum Hauptgetreide auf. Weizen blieb in Mittel- und Nordeuropa noch einige Jahrhunderte hindurch ein seltener Luxus. In Südeuropa wurde er häufiger angebaut. Dort waren seit der Römerzeit außerdem Kolbenhirse und Hartweizen, und nach wie vor Emmer weit verbreitet. In Südwesteuropa gewann der aus Asien stammende Buchweizen, eine getreideähnliche Pflanze, an Bedeutung.

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WIE ALLES BEGANN Bis ins Mittelalter stellten die Menschen aus Getreide vorwiegend Brei und Fladenbrot her. Doch langsam kamen neue Verwendungsmöglichkeiten auf. In Mittel- und Nordeuropa setzten sich Hefebrote und gesäuerte Brote als Volksnahrung durch. In Südeuropa begannen die Menschen mit der Herstellung von Nudeln. Von Beginn des Mittelalters bis zum 17. Jahrhundert wurde der Getreideanbau durch einfache Fruchtfolgen und etwas leistungsfähigere Geräte verbessert. Trotzdem blieb der Anbau arbeitsintensiv und die Erträge waren spärlich. Große Neuerungen kamen auf unsere vielseitige Familie mit den großen Entdeckungsreisen nach Asien und Amerika zu. Aus Asien brachten die europäischen Eroberer Reis mit, der in der Poebene schon um 1550 zum wichtigsten Getreide aufstieg. Die „Amerikaner“ Mais und Kartoffel brauchten etwas länger, um sich durchzusetzen. Doch ab dem 18. Jahrhundert war der Siegeszug dieser ertragreichen Pflanzen nicht mehr aufzuhalten. Sie drängten vor allem den Breigetreideanbau zurück. Besonders stark getroffen hat es die Hirse. Aber auch Hafer und – es nützt nichts, es zu verheimlichen – auch ich, die Gerste waren nicht mehr so beliebt. Wobei ich noch Glück hatte: Das Brauwesen befand sich im Aufschwung und ich blieb weiterhin eine begehrte Getreideart. Im Alpenraum ging ab dem 19. Jahrhundert der Getreideanbau zurück. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Bauern verwendeten immer mehr Flächen für den Kartoffelanbau, Arbeitskräfte wanderten in andere Wirtschaftsbereiche ab und es war dank der Eisenbahn möglich, Getreide aus Gunstlagen zu importieren. Ganz deutlich zeigte sich diese Entwicklung beispielsweise im Vinschgau, der ehemaligen „Kornkammer Österreichs“, wo heute kaum mehr Getreidefelder zu finden sind. In der Ernährung spielt Getreide aber nach wie vor eine zentrale Rolle. Die weltweit bedeutendsten Getreide sind heute Mais, Reis und Weizen. Ein großer Teil der weltweiten Getreideernte wird als Futtermittel und Industrierohstoff verwendet. Mehr darüber und über all meine Verwandten steht auf den folgenden Seiten. Lest ruhig noch ein bisschen weiter!

BOTANIK

11 VON HALMEN, ÄHREN UND SPELZEN Zu den Getreiden gehören Reis, Mais, Weizen (Weich- und Hartweizen, Dinkel, Einkorn, Emmer, …), Roggen, Hafer, Gerste und Hirse. Sie weisen zahlreiche gemeinsame Merkmale auf. Getreide sind einkeimblättrige Pflanzen und gehören zur Familie der Süßgräser (Poaceae oder Gramineae), die weltweit verbreitet und von großer Bedeutung für die menschliche und tierische Ernährung ist. Sie sind fast ausschließlich einjährig, d.h. die gesamte Entwicklung vom Keimen des Samenkorns bis zur Bildung neuer Samen läuft in einer Vegetationsperiode ab. Allerdings werden Wintergetreide bereits im Herbst des Vorjahres ausgesät. Stängel und Blätter Der Stängel wird Halm genannt, ist rund und meist hohl (Ausnahme: Mais). Die Knotenpunkte, aus denen die Blätter entspringen, sind verdickt. Das Blatt ist lang und schmal, der untere Teil umschließt den Halm. Die Blattadern verlaufen parallel. Blüten Getreideblüten bestäuben sich selbst oder werden vom Wind bestäubt, sie sind klein und unauffällig. Die Blüten sind von schützenden Spelzen umgeben. Bei manchen Getreiden ist die Deckspelze zu einer Granne verlängert. Die einzelnen Blüten sind zu Ähren, Rispen oder Kolben zusammengefasst. (s. Skizze) Bei den Wildformen der Getreide brechen die Ähren zur Reife auseinander und die Körner fallen, weiterhin in die Spelzen gehüllt, zu Boden. Diese Eigenschaft hat der Mensch im Lauf der Jahrtausende gezielt weggezüchtet. Die ersten Getreide waren bespelzt, später haben sich auch Nacktformen entwickelt. Diese müssen nach der Ernte nicht entspelzt werden, sondern die Körner fallen von selbst aus den schützenden Hüllen (z.B. Weizen).

Ähre

Granne: borstenförmiger, starrer Fortsatz der Deckspelze Spelze: trockene Blütenhülle

Rispe

Kolben

ANBAU UND VERARBEITUNG

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VOR DER ERNTE Getreide wird entweder maschinell in Reihen oder auf Kleinflächen von Hand gesät. Der Boden muss für die Aussaat in einem lockeren, krümeligen Zustand sein. Wintergetreide wird – je nach Getreideart und Sorte – zwischen September und November gesät. Es beginnt noch im Herbst zu wachsen. In den Wintermonaten legt es eine Wachstumspause ein. Es benötigt die tiefen Wintertemperaturen um im Folgejahr Blüten und Samen zu bilden. Wintergetreide liefert üblicherweise höhere Erträge als Sommergetreide, das im März oder April gesät und spät im Sommer desselben Jahres geerntet wird. Ist das Getreide aufgegangen, in der Fachsprache „aufgelaufen“, gelten dieselben Grundregeln wie bei allen anderen Kulturpflanzen: Unkraut muss bekämpft werden, solange es klein ist, an besten direkt nach der Keimung. Auch Pilze, Bakterien oder Insekten können Wachstumsstörungen verursachen und werden mit verschiedensten Maßnahmen bekämpft. Bei großen Ähren mit vielen Körnern und langen Halmen besteht die Gefahr des Umkippens, „Lagern“ genannt. Die in Bodennähe liegenden Halme sind durch die Feuchtigkeit krankheitsgefährdet. Um das Lagern zu verhindern, werden teilweise wachstumshemmende Pflanzenschutzmittel gespritzt. Die Düngung beginnt bei einer guten Pflege des Bodens. Nur ein gesunder, lockerer Boden, der reich an Bodenleben und Humus ist, kann Nährstoffe speichern und umwandeln. Eine organische Grunddüngung vor der Saat im Herbst oder Frühjahr mit Stallmist oder Gülle enthält die wichtigsten Nährstoffe. Auch chemisch-synthetische Dünger (Kunstdünger) können fehlende Nährelemente gezielt ergänzen. Bevor es Mähdrescher gab, wurde bereits zur Gelbreife geerntet, um das Ausfallen der Körner zu verhindern. Die Garben reiften auf dem Feld nach und wurden im Winter gedroschen. Für die maschinelle Ernte jedoch muss das Korn ganz reif und so trocken wie möglich sein. Im Mähdrescher werden die Körner aus den Ähren gedroschen und in einem Tank gesammelt. Das Stroh wird zu Strohballen gepresst oder untergepflügt. Um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, sollte das abgeerntete Feld nicht längere Zeit ohne Pflanzenbewuchs bleiben.

Mit der Ernte des Getreides ist es noch nicht getan. Bis zum genussfertigen Lebensmittel müssen die Körner noch einige Arbeitsschritte durchlaufen. Diese werden direkt am Hof, bei anderen Bauern oder in der Mühle durchgeführt. Entspelzen Spelzgetreide (Dinkel, Reis, Gerste,…) muss vor der Weiterverarbeitung als Nahrungsmittel in einer Schälmühle von den Spelzen, die das Korn fest umschließen, befreit werden. Dieser Arbeitsgang wird auch „Gerben“ genannt. Trocknung und Lagerung Um lagerfähig zu sein, darf Getreide maximal 14% Feuchtigkeit enthalten. Ist das Korn feuchter, können sich Schimmel und andere Krankheiten bilden. Zu feucht geerntetes Getreide wird durch verschiedene technische Verfahren getrocknet. Während der Lagerung wird das Getreide belüftet, um neu entstehende Feuchtigkeit zu entziehen. Getreidespeicher werden vor der Ernte gründlich gereinigt und auf Schädlinge überprüft. Grünkern, darunter versteht man unreif geernteter Dinkel, enthält noch sehr viel Feuchtigkeit und wird vor der Weiterverwendung gedarrt. Diese spezielle Form der Trocknung verleiht dem Grünkern ein leichtes Röstaroma. Reinigung Vor der Verarbeitung wird Getreide in mehreren Schritten von Staub, Spelzen, Steinen etc. gesäubert. Leichte Teile werden ausgeblasen, danach werden Steine und Unkrautsamen ausgesiebt.

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NACH DER ENRTE Mahlen Ein Großteil des Getreides wird anschließend zu Mehl, Grieß, Flocken und vielem mehr weiterverarbeitet. In modernen Mühlen werden die Körner zwischen Stahlwalzen gemahlen und für die Gewinnung von Weißmehl anschließend gesiebt. Dieser Prozess wird öfters wiederholt, bis das Mehl die gewünschte Feinheit aufweist. Mälzen Ein wichtiger Verarbeitungsschritt für die Bierherstellung ist die Herstellung von Malz. Darunter versteht man eine kontrollierte Keimung der Getreidekörner und die anschließender Darrung. Je nach Dauer und Temperatur des Darrens erhält das Malz sein charakteristisches Aroma. Saatgut und Vermehrung In früheren Zeiten mussten die Bauern stets selbst einen Teil ihrer Ernte als Saatgut für das nächste Jahr zurückbehalten und hüteten diesen wie einen Schatz. Man wusste, dass nur die besten und größten Samen auch gute Pflanzen hervorbringen würden. Ließ die Keimkraft und der Ertrag der eigenen Samen nach, wurde Saatgut mit anderen Höfen getauscht. Mit Beginn der kommerziellen Pflanzenzüchtung zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die Bauern die Möglichkeit, das Saatgut ertragreicherer Sorten zuzukaufen. Durch Auslese, Kreuzungs- und Hybridzucht sowie Einsatz biotechnischer Methoden, entstanden und entstehen bis heute jährlich neue Sorten und Varietäten für den kommerziellen Anbau. Gleichzeitig sterben viele Landsorten aus, da ihr Anbau wirtschaftlich uninteressant geworden ist. Einigen Landwirten und Züchtern, die den großen kulturellen und pflanzenbaulichen Wert alter Sorten schätzen, ist es zu verdanken, dass diese heute noch bzw. wieder angebaut und verwendet werden.

GETREIDE IN SÜDTIROL

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SPUREN DES GETREIDEBAUES IN SÜDTIROL Unser Bergland Südtirol ist für den Getreidebau kein Gunstraum. Nie, auch nicht in besten Erntejahren, konnte der Eigenbedarf an Getreide erzeugt werden. Doch waren einzelne Gegenden, der Vinschgau, der Ritten und Lajen für schönen Roggen bekannt. Des Korns ist der Vinschgau eine Mueter, heißt es im Tiroler Landreim, einem Lehrgedicht aus der Zeit um 1500. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ging der Anbau von Getreide unter dem Einfluss der Agrarindustrie zurück und ist heute bis auf bescheidene Reste aus unserer Landschaft verschwunden. Es gibt jedoch hoffnungsvolle Ansätze. Spuren alten Getreidebaues Immer seltener werden daher auch die sichtbaren Spuren, die vom einstigen Kornbau künden. Im oberen Vinschgau, z.B. in Matsch kann man im Gelände noch Ackerterrassen erkennen. Im östlichen Pustertal gibt es noch die Harpfen, die Trockengestelle zum Nachreifen des Korns. Dazu dienten auch die Pfostenspeicher, luftige Blockbauten, die auf Säulen stehen. Die Scheunen oder Stadel älterer Bauart sind dreistöckig angelegt: ebenerdig befindet sich der Stall, darüber der Heuboden, und noch darüber der Bergeraum für die Garben mit dem Dreschstadel (Tenne). Viele alte Futterhäuser haben an der Sonnseite einen Söller, der im Herbst zum Lagern ungedroschener Garben diente. Das gereinigte Korn wurde sorgfältig aufbewahrt, entweder in Truhen oder in gemauerten, gut verschließbaren Bauwerken, den Korn- oder Getreidekästen. Solche Kornkästen sind noch in Pfalzen und Terenten zu sehen.

Vom Korn zum Brot ist ein weiter Weg. Das Getreide muss auch gemahlen werden. Dafür hatten die Bauern die Mühlen am Bach. Auch diese Meisterwerke der Volkstechnik haben ausgedient, nur noch wenige sind gut erhalten. Im Gadertal (Campill) und im Mühlental von Terenten stehen restaurierte Mühlen, in denen von Zeit zu Zeit das Mahlen vorgeführt wird. Zeugnisse des Getreidebaues sind auch die Backöfen. Man sieht sie noch als kleine, gesonderte Bauwerke auf der Hofstatt oder als Erker am gemauerten Bauernhaus. Ausgestorben sind die Bräuche, die einst den Anbau, den Kornschnitt und das Dreschen begleiteten. Andere Bräuche sind noch lebendig: alle Jahre in der Bittwoche (um Christi Himmelfahrt) machen Männer aus dem Ahrntal - zu Fuß- eine zweitägige Wallfahrt zur Kornmutter nach Ehrenburg. Dort wird seit Jahrhunderten ein Gnadenbild verehrt, Maria im Ährenkleid. In Raas bei Brixen wird alljährlich am 1. September das Ägidi-Brot verteilt. Der Brauch der Brotspende geht auf ein Gelöbnis zurück, als die Kirche bei einem Brand verschont blieb. Ein ähnlicher Brauch ist das Agatha-Brot in Lana (5. Februar). Als Rest der weit verbreiteten Brotspende

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zu Allerheiligen und Allerseelen lebt noch das Pitschele-Singen im Ahrntal. Früher waren es arme Leute, die von den Bauern kleine Brote (Pitschelen) erhielten. Eine Tiroler Heilige, deren Legende vom Kornschnitt erzählt, soll genannt sein: die hl. Notburga mit der Sichel, Patronin der Schnitterinnen, deren Bildnis in kaum einer Dorfkirche fehlt. Der Ackerbau hat Niederschlag gefunden in der Geschichte, in Bauwerken, in Bräuchen und nicht zuletzt auch in der einstigen Bauernkost, in der Nahrung der einfachen Leute, ganz besonders aber in der Wertschätzung des Brotes. Hans Grießmair

PORTRAIT: WEIZENFAMILIE

21 GROSSE SIPPSCHAFT Eine Gruppe innerhalb der Getreide sticht durch ihre große Zahl an Kulturformen besonders hervor: die Gattung Weizen (Triticum). Im Lauf der Jahrtausende entwickelte sich eine weit verzweigte, große Sippschaft an Triticum-Arten. Sie entstanden durch Verdoppelungen von Chromosomensätzen, die sich bei zufälligen Mutationen und Kreuzungen ergaben. Getreidearten mit mehrfachen Chromosomensätzen liefern in der Regel höhere Erträge als die Urformen. Manche Ernährungswissenschaftler vermuten allerdings, dass Unverträglichkeiten mit diesen mehrfachen Chromosomensätzen zusammenhängen. Die genaue Entstehungs- und Verwandtschaftsgeschichte ist nicht restlos geklärt. Klar ist jedoch mittlerweile, dass es keine lineare Entwicklung gab. So ist beispielsweise Einkorn nicht wie früher angenommen ein direkter Vorfahre des modernen Weichweizens. Die beiden gehen vielmehr auf gemeinsame wilde Vorfahren zurück. Wissenschaftler teilen die Weizensippe nach Anzahl der Chromosomensätze in drei Gruppen ein (s. auch Seite 22 und 23). Wichtige Vertreter sind: Einfacher Chromosomensatz (AA): • Einkorn Triticum monococcum Doppelter Chromosomensatz (AABB): • Emmer Triticum dicoccum • Rauweizen Triticum turgidum • Hartweizen Triticum durum • Polnischer Weizen oder Gommer Triticum polonicum • Khorasan-Weizen (Kamut®) Dreifacher Chromosomensatz (AABBDD): • Macha-Weizen Triticum aestivum macha • Dinkel Triticum aestivum ssp. spelta • Zwerg- oder Binkelweizen Triticum aestivum ssp. compactum • Kugelweizen Triticum aestivum sphaerococcum • Weich- oder Saatweizen Triticum aestivum Viele dieser Arten spielen heute wirtschaftlich keine Rolle mehr, waren aber früher in bestimmten Gebieten weit verbreitet. In Mitteleuropa wurden beispielsweise Rauweizen und Binkel in größeren Mengen angebaut. Die bedeutendsten Vertreter der Triticum-Gruppe (fettgedruckt) werden auf den folgenden Seiten genauer vorgestellt.

S TA M M E S G E S C H I C H TL I C H E

Legende: T. = Triticum [....] = Genom BP = before present / vor heutiger Zeit

WILDFORMEN

„Unkraut“ gesammelt / angebaut Ährenspindel brüchig, Die reifen Körner fallen aus der Ähre T. urartu

Einkornreihe DIPLOID Einfacher Chromosomensatz

Genom AA, BB oder DD [2n=14 Chromosomen]

E

URWILDEINKORN [AA Genom]

Äh Die Körn

T. boeoticum

T. monoc

[AA Genom]

[AA Ge Spelzw 9.000

T. dicoccoides

T. dicoc

[AABB Genom] Spelzweizen 500.000 BP

[AABB G Spelzwe nicht freidr 10.000 – 9

WILDES EINKORN

WILDGRASS

Aegilops speltoides [BB]

EINKO

GÄNSEFUSSGRAS Aegilops squarrosa [DD] Aegilops tauschii

Emmerreihe

WILDER EMMER

TETRAPLOID Doppelter Chromosomensatz

Genom AABB

EMM

[2(x2)n=28 Chromosomen]

Dinkelreihe

T. aestivu

ASIATI DIN

HEXAPLOID Dreifacher Chromosomensatz

Genom AABBDD [2(x3)n=42 Chromosomen]

(Hexaploide Wildformen von Dinkel oder Brotweizen sind nicht bekannt)

[AABBD Spelz 7.00

Die stammesgeschichtliche Entwicklung des Weizens lässt zwei Prinzipien erkennen: die Kreuzung verwandter Arten und die durch den Menschen erfolgte Selektion von Arten mit fester Ährenspindel, bei dene Chromosomensätzen. Von beiden Typen gibt es Wildformen und domestizierte Formen (also solche mit festen Ährenspindeln), von denen einige auch „freidreschend“ sind. Weitere Kreuzungen brachten hexap Umweltbedingungen anzupassen vermochten.

* Exkurs zum Dinkel: Obwohl man mit Dinkel gefühlsmäßig sofort Eigenschaften wie besonders alt oder urtümlich in Verbindung bringt, handelt es sich hier entstehungsgeschichtlich eigentlich um ein „junges werden: Während asiatischer Dinkel auf einen gemeinsamen Vorfahren (Ac. squarrosa) mit Brotweizen zurückzuführen ist, ist europäischer Dinkel ein „Spezialfall“, was seine sehr viel spätere Entstehung betr entstanden. Um die Standfestigkeit der alten Dinkel-Landsorten zu verbessern begannen Züchter im 20. Jahrhundert den Brotweizen in europäische Dinkelsorten einzukreuzen. Die so entstandenen „moderne den. Zur Klassifizierung mittels Gelelektrophorese wurden bestimmte Gliadinbanden von Dinkel und Weizen herangezogen.

23 WEIZENKOMPENDIUM

E N TWI C KL UN G

Frühe KULTURFORMEN

aktives kultivieren und domestizieren

hrenspindel neigt noch etwas zur Brüchigkeit, ner sind nach dem Dreschen noch vom Spelz umhüllt

coccum

D E S

W EI Z E N S

Heutige ZUCHTFORMEN Auslesezucht / Kreuzungszucht

Ährenspindel stabil, Die reifen Körner bleiben in der Ähre T. sinskajae

ORN

EINKORN

enom] weizen 0 BP

[AA Genom] Spelzweizen, freidreschend

ccum

MER

Genom] eizen reschend 9.500 BP

um spelta*

ISCHER NKEL

DD Genom] zweizen 00 BP

T. parvicoccum

ÄLTESTER NACKTWEIZEN [AABB Genom] Nacktweizen freidreschend 9.500 BP

T. durum

HARTWEIZEN (für Teigwaren) [AABB Genom] Nacktweizen 8.000 BP

T. aestivum vulgare T. aestivum vulgare ssp. compactum var. creticum

BINKELWEIZEN [AABBDD Genom] Nacktform, freidreschend

BROTWEIZEN

[AABBDD Genom] Nacktform, freidreschend 9.500 BP T. aestivum spelta*

EUROPÄISCHER DINKEL [AABBDD Genom] Spelzweizen, 4.000 BP

en die Körner durch Dreschen gewonnen werden. Die einfachsten Weizenarten sind diploid, d. h., sie besitzen zwei Sätze von je sieben Chromosomen. Kreuzungen führen dann zu tetraploiden Arten mit vier ploide Weizenarten hervor, d. h. mit sechs Chromosomensätzen. Sie bilden die heutigen Brotweizenarten. Die Kombination diversen genetischen Materials hat bewirkt, dass sich die Weizenarten an neue

Quelle: www.goodmillsinnovation.com

s“ Getreide. Wissenschaftlich ist heute erwiesen, dass Dinkel erst lange nach Brotweizen in Europa aufgetreten ist. Dabei muss zwischen europäischem und asiatischem Dinkel (Iran) unterschieden rifft. Der europäische Dinkel ist im Gegensatz zum asiatischen Dinkel aus einer Rückkreuzung einer Brotweizenvarietät (Zwerg- oder Binkelweizen, T. vulgare subs. compactum var. creticum) mit Emmer en“ Dinkelsorten dominieren heute den Dinkelanbau. In der Schweiz wurde deshalb eine Zeitlang zwischen „reinem“ (A-)Dinkel und „unreinem“ (B-)Dinkel (Dinkel mit Brotweizeneinkreuzung) unterschie-

Was wäre der heutige Getreideanbau ohne Einkorn und Emmer? Gemeinsam mit Gerste, Erbse, Linse und Lein gehörten sie zu den ersten Pflanzen, die der Mensch im Vorderen Orient gezielt anbaute. Von dort hat sich der Ackerbau und mit ihm die beiden Urgetreidearten entlang der großen Flüsse und alten Handelswege nach Europa ausgebreitet. Sie waren von großer Bedeutung für die ersten sesshaften Menschen. Auch Ötzi hatte auf seinem Weg über den Gletscher Einkorn bei sich. Ab der Bronzezeit drängten „neuere“ Getreidearten wie Spelzgerste, Dinkel, Rispen- und Kolbenhirse Einkorn und auch Emmer langsam zurück. Einkorn und Emmer sind Spelzgetreide. Beide Arten können sowohl als Winterals auch als Sommergetreide angebaut werden. EINKORN Triticum monococcum Der Name „Einkorn“ kommt daher, dass pro Blüte nur ein Samenkorn entsteht. Einkorn ist eine sehr zarte Pflanze, aber umso anspruchsloser und widerstandsfähiger. Seine biegsamen Halme wurden bis in die Neuzeit zum Flechten von Bienenkörben, zum Aufbinden von Weinreben und für Strohseile verwendet. Die Einkorn-Ähren sind begrannt und zerfallen, wenn sie reif sind, leicht in ihre Einzelteile, was die Ernte erschwert. Als Getreide spielt Einkorn heute kaum mehr eine Rolle, denn die Erträge sind mäßig und die Backeigenschaften entsprechen nicht den heutigen Ansprüchen. Allerdings zeichnet sich Einkorn durch einen überdurchschnittlich hohen Gehalt an gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen und einen intensiven, nussigen Geschmack aus und ist deshalb bei Feinschmeckern wieder gefragt.

25 URGETREIDE EMMER Triticum dicoccum Emmer hatte aufgrund höherer Erträge (pro Blüte bilden sich zwei Samenkörner) in seiner Ursprungsregion bald eine größere Bedeutung als Einkorn. Er war das Hauptgetreide der Ägypter und Römer und wurde auch im Alpenraum und im restlichen Europa kultiviert. Noch heute gibt es in einigen Regionen Italiens nennenswerte Anbauflächen. Emmer eignet sich aufgrund seines geringen Nährstoffbedarfs und seiner geringen Krankheits- und Schädlingsanfälligkeit besonders gut für den Anbau auf mageren, trockenen Standorten. Beim Emmer hat sich eine besondere Farben- und Formenvielfalt entwickelt. So gibt es weiße, blaue, rote und braunschwarze Sorten. Er schmeckt intensiv würzig, die Backeigenschaften und Inhaltsstoffe ähneln denen von Dinkel und Hartweizen und machen Emmer zu einem interessanten Brotgetreide. In den letzten Jahren hat der Anbau von Emmer vor allem in der ökologischen Landwirtschaft wieder etwas zugenommen, da auch die Erträge neuerer Züchtungen vielversprechend sind.

DINKEL Triticum spelta Dinkel gehört zur Weizen-Sippe. Wildformen des Dinkels wurden nie gefunden, weshalb man annimmt, dass er aus älteren Getreidearten wie Hartweizen oder Einkorn hervorgegangenen sein könnte. Die ältesten belegten Funde von Dinkel stammen aus dem Kaukasus und werden auf 5.000 v. Chr. datiert. Augenscheinlichste Merkmale des Dinkels sind sein hoher, schlanker Wuchs und seine kräftigen Ähren. Manche Sorten erreichen eine Höhe von zwei Metern. Die je nach Sorte gelblichen oder rötlichen Ähren sind meist unbegrannt. Aufgrund seiner Wuchshöhe ist Dinkel, ähnlich wie Roggen, lagergefährdet (= die Halme mit den schweren Ähren biegen sich zum Boden). Moderne Sorten, die aus Kreuzungen mit Weichweizen entstehen, sind daher häufig niedriger. Dinkel wird überwiegend im Herbst als Winterform gesät. Er gilt als robust und relativ anspruchslos, lange Zeit war er in Mitteleuropa deshalb die Hauptbrotgetreideart. Beim Dreschen zerfällt die Dinkelähre in einzelne Abschnitte. Die Spelzen halten die Körner noch fest umschlossen. Erst durch mechanisches Bearbeiten, das sogenannte Entspelzen, werden die Körner frei. Danach werden Körner und Spelzen durch Sieben getrennt. Das Dinkelkorn weist ähnliche Inhaltsstoffe wie Weizen auf, gilt aber als aromatischer und leichter verdaulich. Dinkel enthält wie Weizen das Klebereiweiß Gluten. Seinen gesundheitsfördernden Ruf verdankt der Dinkel Hildegard von Bingen. Wissenschaftliche Belege dafür gibt es nicht. Trotzdem wird Dinkel von Weizenallergikern häufig gut vertragen. Eine Sondernutzung des Dinkels ist Grünkern. Dabei handelt es sich um unreif geernteten Dinkel der über Holzfeuer geröstet und getrocknet wird.

27 WIEDERENTDECKT KHORASANWEIZEN Khorasanweizen, auch Pharaonenkorn genannt, ist eine Art Hartweizen und vor allem unter dem Markennamen „Kamut“ bekannt. Genetische Untersuchungen ergaben, dass es sich beim Khorasanweizen um eine natürliche Kreuzung aus Hartweizen und polnischem Weizen handelt, die sich nach und nach genetisch festigte und als eigene Art existiert. Die Herkunft dieser Getreideart dürfte im Vorderen Orient liegen, viel mehr ist nicht bekannt. Bis heute wird sie in der Türkei und dem Iran vereinzelt angebaut. In den 1940er Jahren gelangten einige Körner in die Hände findiger US-Farmer. Die großen Körner stießen auf reges Interesse. Dennoch dauerte es bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, bis das Getreide in großem Umfang angebaut, verarbeitet und vermarktet wurde. Der Farmer Bob Quinn ließ 1990 den Markennamen „Kamut“ schützen und verknüpfte damit strenge Regeln. Unter anderem darf „Kamut“ nicht mit anderen Sorten verkreuzt und nur unter ökologischen Anbaubedingungen produziert werden. Für jede Form des Anbaus fallen Lizenzgebühren an. Der Name „Kamut“ stammt aus dem Ägyptischen und bedeutet „Seele der Erde“. In seiner orientalischen Heimat wird Khorasanweizen auch als Kamelzahn-Weizen bezeichnet. Die heutigen Hauptanbaugebiete sind die USA und Südeuropa. Das Korn des Khorasanweizens enthält bei guten Wachstumsbedingungen wesentlich mehr Proteine, Kohlenhydrate und Mineralstoffe als Weichweizen. Das Mehl ist von goldgelber Farbe und hat einen aromatischen Geschmack. Es ist backfähig und enthält Gluten, wird aber von Weizenallergikern häufig trotzdem gut vertragen.

WEICHWEIZEN Triticum aestivum Weich- oder Saatweizen ist eine in unserer Ernährung allgegenwärtige Getreideart. Er wurde erstmals zwischen 6.000 und 7.000 v. Chr. in Kleinasien kultiviert. Erste Funde in Mitteleuropa gehen auf 4.000 v. Chr. zurück und stammen aus den fruchtbaren Ackerbauregionen Ostdeutschlands. In der Römerzeit dehnten sich die Weizenanbauflächen in Europa langsam aus. Nach dem zweiten Weltkrieg löste der Weichweizen den Roggen als wichtigstes Brotgetreide ab und ist heute eine der weltweit am häufigsten angebauten Getreidearten. Weichweizen ist im Gegensatz zum wärmeliebenden Hartweizen gut an das gemäßigte Klima Mitteleuropas angepasst. Die nördliche Anbaugrenze liegt heute in Schottland. Im Alpenraum findet er sich vor allem in den Tallagen, auf der klimatisch begünstigten Alpensüdseite bis auf einer Seehöhe von 1.500 Metern. Weichweizen wird ungefähr einen Meter hoch. Die kompakten Ähren sind begrannt oder unbegrannt. Beim Dreschen fallen die rundlichen, meist gelbbraunen Körner von selbst aus den Spelzen heraus. Moderne Hochleistungssorten liefern Erträge bis zu zehn Tonnen pro Hektar. Allerdings stellen sie hohe Ansprüche an Klima, Boden und Düngung. Jenseits moderner Hochleistungssorten hat der Weichweizen eine riesige Vielfalt an Formen, Farben und Varietäten zu bieten. Besonders alte und farbige Sorten enthalten Antioxidantien und große Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen. Weichweizen enthält je nach Sorte und Wachstumsbedingungen ca. 13% Eiweiß und 60-70% Kohlenhydrate. Die Verwendungsmöglichkeiten sind enorm vielfältig. Durch die charakteristische Zusammensetzung seiner Proteine (hoher Gehalt an Kleberprotein Gluten) eignet er sich gut zum Backen. Neben der Nutzung als Brotgetreide werden aus Weichweizen die Industrierohstoffe Ethanol und Stärke gewonnen.

29 BROT UND NUDELN HARTWEIZEN Triticum durum Hartweizen, auch Durumweizen genannt, ist eng mit Emmer, Rauweizen sowie dem Khorasanweizen verwandt und das Nudelgetreide schlechthin. Durumweizen ist eine wärmeliebende Pflanze mit hohem Nährstoffbedarf und kommt mit wenig Niederschlag zurecht. Mit einer Höhe von knapp über einem Meter überragt er den Weichweizen. Seine rundliche Ähre ist von langen, meist weit abstehenden, gelben, oder schwarzen Grannen umgeben. Die Körner fallen beim Dreschen aus den Spelzen, zum Vorschein kommen große, glasige Körner, die meist von kräftig gelber Farbe sind. Wie der Name Hartweizen vermuten lässt, ist das Korn hart und spröde. Obwohl es einige Sorten gibt, die eine gewisse Frosthärte aufweisen, wird er meist als Sommergetreide gesät. In subtropischen Regionen ermöglicht der vom regenreichen Winter noch nasse Boden einen guten Feldaufgang, die Wärme des Frühjahrs führt zu raschem Wachstum und die Hitze im Sommer schließlich zu zügiger Abreife. Bedeutende Anbaunationen sind Italien, die USA, die Ukraine sowie Spanien. Im Zuge der Klimaerwärmung wurden in den letzten Jahren neue Anbaugebiete in Österreich und Deutschland erschlossen. Das Korn des Hartweizens enthält weniger Stärke als das des Weichweizens, ist aber sehr proteinreich. Es weist einen hohen Anteil an Gluten und Kleberproteinen auf. Dank dieser Zusammensetzung eignet sich Hartweizen besonders gut für Nudelteige, weil er bissfeste Pasta ermöglicht. Werden Hartweizenkörner gröber vermahlen als dies für Mehl üblich ist, entsteht Hartweizengries („semola di grano duro“). Teig aus Hartweizengries ist klebrig, sehr elastisch und Ausgangsstoff für Nudeln, Nocken oder Bulgur. Zum Backen wird er kaum verwendet, da Teige aus Weichweizen einfacher zu verarbeiten sind. Gebäck aus Hartweizen ist meist sehr voluminös und hat eine harte Kruste (z.B. Ciabatta).

PORTRAIT: GERSTE

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VIELSEITIG UND GENÜGSAM GERSTE Hordeum vulgare Die Gerste gilt als eine der ältesten Kulturpflanzen der Erde. Unsere heutigen Sorten gehen allesamt auf die Wildgerste Hordeum vulgare spontaneum zurück, ein unscheinbares Steppengras aus dem Vorderen Orient, dessen Körner im reifen Zustand von allein ausfallen. Durch züchterische Selektion bildeten sich nach und nach Formen, deren Körner von den Spelzen fest umschlossen sind. Die ältesten Funde dieser gezüchteten Gerste sind ca. 10.000 Jahre alt. Gerste wird ca. einen Meter hoch, ein charakteristisches Merkmal sind die deutlich nach unten gebogenen Ähren und deren meist sehr lange Grannen. Heute sind zahlreiche Formen und Varietäten bekannt: Winter- und Sommerformen, zwei- und mehrzeilige, lang und kurz begrannte Ähren. Das Korn der Gerste muss, soll es der menschlichen Ernährung dienen, mechanisch bearbeitet werden, um es aus den Spelzen zu lösen. Eine Ausnahme bildet die sogenannte „Nacktgerste“, deren Körner nur mehr lose in den Spelzen sitzen und beim Dreschvorgang herausfallen. Gerste ist bekannt als anspruchslose Getreideart, die auch bei rauem Klima sowie in großen Höhen noch gut wächst. Auch mit Hitze und Trockenheit kommt sie zurecht, moderne Sorten brauchen jedoch erhebliche Wassermengen für gute Erträge. Gerste wird häufig im Herbst gesät (Wintergerste), allerdings ist sie nicht ganz so kälteresistent wie Weizen und Roggen. Bis zu -15°C sind jedoch kein Problem. Wintergerste wird fast ausschließlich als Viehfutter genutzt. Sommergerste ist weniger ertragreich und enthält wenig Eiweiß, weist aber gute Eigenschaften zur Herstellung von Gerstenmalz auf und eignet sich damit zum Bierbrauen. Die Inhaltsstoffe des Korns ähneln denen des Weizens, auch Gerste enthält das Klebereiweiß Gluten. In der menschlichen Ernährung spielt Gerste eine marginale Rolle.

PORTRAIT: ROGGEN

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GEBIRGSGETREIDE ROGGEN Secale cereale Roggen stammt wie Weizen und Gerste aus dem Vorderen Orient. Er gelangte ursprünglich als Unkraut mit dem Weizen nach Europa und wurde erst viel später in Kultur genommen als andere Getreidearten. Die Römer hielten ihn sogar für minderwertig und magenschädlich und nur für Notzeiten geeignet. Die wichtigsten Anbauländer sind heute Deutschland, Polen und Russland. Roggen hält innerhalb der Getreide den Rekord an Kältetoleranz und Widerstandsfähigkeit. Gerste und Weizen wurden zwar ebenfalls in alpinen Tälern angebaut, der Roggen schaffte es aber noch höher hinauf. Einige Landsorten wachsen noch auf 1.900 Metern Seehöhe. Roggen wird fast immer als Wintergetreide angebaut. Er keimt bereits bei geringen Temperaturen und kann bis in den Spätherbst hinein gesät werden. Seine offene Blütenform macht ihn besonders anfällig für Mutterkorn, eine Pilzkrankheit, die besonders in früheren Jahrhunderten zu ernsthaften Vergiftungen und sogar zum Tod geführt hat. Roggen hat weniger gute Backeigenschaften als Weizen und kann nicht so vielseitig verwendet werden. Für die Herstellung von reinen Roggenbroten muss der Teig angesäuert werden (Sauerteig). Meistens wird Roggenmehl für Mischbrote oder für Vollkornbrote verwendet. Eine besondere Form des Roggens ist der Waldstaudenroggen, auch Johannisroggen genannt. Im Unterschied zu anderen Getreiden ist er mehrjährig. Er wurde bis weit in das 19. Jahrhundert hinein angebaut. Traditionell wird er um Johannis (24. Juni) gesät und im ersten Sommer beweidet. Nach der Überwinterung reift das Korn dann aus und kann geerntet werden. Die Halme sterben jedoch nicht ab wie bei den anderen Roggensorten, sondern treiben erneut aus und können mehrere Jahre lang genutzt werden.

PORTRAIT: HAFER

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GOLDGELBES PFERDEFUTTER HAFER Avena sativa Der Saathafer gilt als relativ junge Kulturpflanze. Älteste Funde aus dem Schwarzmeergebiet reichen bis 5.000 v. Chr. zurück. Nach Mitteleuropa gelangte der Hafer erst um 1.000 v. Chr. Seine genaue Zuchtgeschichte ist nicht gänzlich geklärt, wahrscheinlich wurde unser heutiger Saathafer aus Ackerunkräutern wie dem Flughafer (Avena fatua) domestiziert. Neben dem Saathafer wird im Mittelmeerraum der Byzantinische Hafer (Avena byzantina) angebaut. Der Saathafer benötigt ein gemäßigtes eher kühl-feuchtes Klima und ausreichend Niederschläge. Hafer wird fast immer als Sommergetreide angebaut. Im zeitigen Frühjahr gesät, wächst er bei ausreichender Wasserversorgung rasch. Hafer bildet keine Ähren sondern reichverzweigte Rispen. Die Körner sind von Spelzen umgeben, die nach dem Dreschen mechanisch entfernt werden müssen. Neuere Züchtungen brachten „nackten“ Hafer hervor, eine Form, welche die Körner bereits beim Dreschen aus den Spelzen entlässt. Hafer wird nicht von ungefähr zum „Aufpäppeln“ von Kindern und Kälbern und für ein kraftspendendes Frühstück (Porride, Müsli…) verwendet. Hinsichtlich der Inhaltsstoffe nimmt Hafer nämlich eine Sonderstellung ein: er ist fettreicher als alle anderen Getreidearten, vor allem die Gehalte an ungesättigten Fettsäuren und Lezithin sind bemerkenswert. Sein Proteingehalt liegt über dem von Weizen, Roggen und Gerste und hat vor allem essentielle Aminosäuren vorzuweisen. Des Weiteren enthält Hafer Schleimstoffe. Dieser hohe gesundheitliche Wert macht ihn als Diätnahrung interessant. Hafer enthält Klebereiweiß, ist aber nicht backfähig. Der Großteil des in Mitteleuropa angebauten Hafers wird als Viehfutter verwendet.

PORTRAIT: REIS

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GETREIDE AUS FERNOST REIS Oryza sativa Wenn wir an Getreide denken, ist Reis wahrscheinlich nicht das erste, was uns einfällt. Doch global gesehen ist Reis das meistgegessene Getreide. Der Begriff „Reis“ ist in manchen asiatischen Sprachen gleichbedeutend mit „Essen“. Funde lassen darauf schließen, dass Reis vor mindestens 7.000 Jahren in China und Indien in Kultur genommen wurde. Heute finden sich Reisfelder in tropischen und subtropischen Zonen rund um den Globus. Nach wie vor wird der meiste Reis in asiatischen Ländern in Handarbeit produziert und auch dort verbraucht. Reis wird normalerweise auf wassergefluteten Feldern angebaut (Nassreisanbau). Dank dieser Methode machen dem Reis Schädlinge und Krankheiten weniger zu schaffen und der Ertrag ist höher. Reis ist allerdings nicht von Natur aus eine Wasserpflanze, sondern wurde durch Züchtung an den Anbau im Wasser angepasst. Kritikpunkt am Nassreisanbau ist der hohe Methanausstoß. Reiskörner sind reich an Kohlenhydraten (Stärke), Magnesium und B-Vitaminen. Diese Nährstoffe liegen hauptsächlich in den äußeren Schichten des Korns und im Keimling. Diese werden jedoch abgeschliffen, damit der Reis weiß wird und länger haltbar ist. Um die wertvollen Inhaltsstoffen zu erhalten, wurde das „Parboil“-Verfahren entwickelt. Dabei werden vor dem Abschleifen Mineralstoffe und Vitamine durch Einweichen gelöst und dann mit Wasserdampf ins Innere des Korns gepresst. Es gibt weltweit über 100.000 Reissorten, die drei Gruppen zugeordnet werden: • Langkornreis: z.B. Basmati, Duftreis etc. als Beilage und für asiatische Gerichte • Mittelkornreis: z.B. Sushi-Reis, viele Risotto-Reissorten • Rundkornreis: z.B. für Milchreis Seit dem 15. Jahrhundert bauen Bauern in der Po-Ebene Reis an. Italien ist heute die bedeutendste Reisanbaunation in Europa.

PORTRAIT: HIRSEN

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FLADENBROT UND BREI HIRSEN Wer kennt sie nicht, die Märchen vom süßen Brei und vom Schlaraffenland. In beiden Fällen bewahrt die Hirse die Menschen vor dem Hungertod. Die Märchen haben einen wahren Kern, denn Hirse wächst auch auf mageren, kargen Böden und bewahrte die Menschen in trockenen Jahren vor Hungersnöten. Heute kennen wir sie vor allem als Unkraut oder Vogelfutter. „Hirse“ ist eine Sammelbezeichnung für eine ganze Pflanzengruppe von großer Vielfalt. Ein wichtiges gemeinsames Merkmal sind die kleinen, rundlichen, bespelzten Samen. Hirse-Arten gehören zu den ältesten Kulturpflanzen des Menschen. Sie wurden schon vor 8.000 Jahren in China verwendet, um Fladenbrot herzustellen und galten in der ostasiatischen Kultur als heilige Frucht. In Europa bauten die Menschen früher die Rispenhirse (Panicum miliaceum), auch bekannt als Echte Hirse oder „Brot des armen Mannes“ großflächig an. Im Altertum und Mittelalter zählte sie zu den meistangebauten Getreidearten überhaupt und wurde erst durch die Einfuhr von Kartoffel und Mais verdrängt. Heute wird Hirse vor allem in den USA, Afrika, auf dem Balkan und in Asien überall dort kultiviert, wo es zu trocken für den Reisanbau ist. Für viele Völker Afrikas ist Hirse nach wie vor das wichtigste Getreide, sie wird aber zusehends vom Mais verdrängt. Eine besonders kleinwüchsige Hirseform ist die aus den Bergregionen Äthiopiens stammende Zwerghirse, auch bekannt als Teff. Die Samen sind ausgesprochen klein und der Ertrag gering. Neben der traditionellen Nutzung für Brei und Fladenbrot wird aus Teff auch Bier hergestellt. Die Samen von Hirse-Arten sind glutenfrei und eigenen sich nicht sehr gut zum Backen. Meist wird Hirse zu Brei und Fladenbrot verarbeitet oder findet in der Kosmetik als Stärkungsmittel für Nägel und Haare Verwendung.

PORTRAIT: MAIS

41 POPCORN UND POLENTA MAIS Zea mays Mais wurde vor etwa 7.000 Jahren in Zentralmexiko in Kultur genommen. Er stammt vom Wildgras Teosinte ab. Nach der Entdeckung Amerikas fand der Mais innerhalb weniger Jahrzehnte den Weg nach Europa. Von Spanien ausgehend verbreitete sich die neue Pflanze im 16. Jahrhundert bis in den östlichen Mittelmeerraum. Weil der Mais erst von dort nach Mitteleuropa einwanderte, hielt man ihn für eine türkische Pflanze („granoturco“, Dialektbezeichnung „Türgge“). Im 17. Jahrhundert hatte sich der Mais im Mittelmeerraum und in klimatisch begünstigten Gebieten Europas bereits zu einer bedeutenden Nahrungspflanze (z.B. Polenta) entwickelt. Dieser Erfolg hängt damit zusammen, dass der Mais bei hohen Temperaturen und viel Sonnenlicht besser Fotosynthese betreiben kann als viele andere Pflanzen und somit rascher wächst. In kühleren Gegenden Europas konnte sich der Mais erst ab den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts durchsetzen, als kälteresistente Hybrid-Sorten auf den Markt kamen. Von da an hat sich der Mais als wichtige Futterpflanze etabliert. Man unterscheidet den Anbau von Silomais (die ganze Pflanze wird gehäckselt, siliert und verfüttert) und Körnermais (die reifen Kolben/Körner dienen als Nahrungsoder Futtermittel). Großflächiger Maisanbau wird wegen Monokultur und Pestizideinsatz immer wieder kritisiert. Mais ist heute eines der meistangebauten Getreide. Wichtige Anbaugebiete liegen in den USA, China und Brasilien. Der größte Teil der Ernte (über 50%, Tendenz steigend) wird als Futtermittel verwendet. Als Nahrungsmittel ist Mais in Zentralamerika (Tortillas) und einigen Ländern Afrikas von großer Bedeutung. Uns fallen zu Mais wahrscheinlich Polenta und Popcorn ein, doch kommen wir auch in anderer Form häufig mit diesem Getreide in Berührung: Maiskeimöl, Maisstärke und aus Mais hergestellter Glukosesirup sind in vielen Lebensmitteln des täglichen Bedarfs enthalten. Auch der Industrierohstoff Ethanol wird häufig aus Mais gewonnen.

PSEUDOGETREIDE

43 HEIDEKORN UND INKAREIS Sie sehen aus wie Getreide, werden wie diese verwendet, gehören aber dennoch nicht dazu: die sogenannten Pseudogetreidearten Buchweizen, Amarant und Quinoa. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie im Unterschied zu Weizen, Roggen & Co. kein Gluten enthalten und somit auch von Menschen gegessen werden können, welche das Eiweiß der „echten“ Getreide nicht vertragen. QUINOA Chenopodium quinoa Quinoa, auch Reismelde genannt, stammt aus den Anden, wo sie heute noch häufig angebaut wird. Sie war neben Mais, Kartoffel und Amarant eines der Grundnahrungsmittel der Inkas und wurde von den spanischen Eroberern auch Inkareis genannt. Quinoa gehört zur Familie der Gänsefußgewächse und wird vor allem in höher gelegenen Andentälern angebaut. Die Verwendung ist vielseitig. Traditionell kocht man aus den Samen einen Brei. Quinoa gilt als idealer Nährstofflieferant mit vielen Mineralstoffen und einem außergewöhnlich hohen Eiweißgehalt. Quinoa ist genauso wie die beiden anderen Pseudogetreidearten eine sehr anspruchslose Pflanze und besonders für den Anbau auf leichten und trockeneren Böden geeignet. AMARANT Amaranthus sp. Amarant ist eine der ältesten Nahrungspflanzen der Menschheit und stammt ursprünglich aus Zentral- und Mittelamerika. Die kleinen Körner liefern eine Fülle von leicht verwertbaren Nährstoffen. Nicht umsonst war der Amarant die „heilige Pflanze“ der Inkas, der man unglaubliche Kräfte und lebensverlängernde Wirkung zuschrieb. Amarant gehört zur Familie der Fuchsschwanzgewächse, für die Körnernutzung werden verschiedenen Arten angebaut. Er stellt nur geringe Ansprüche an Boden und Klima, allerdings ist Amarant wärmeliebender als Quinoa. Genauso wie diese war Amarant ein Grundnahrungsmittel der Inkas, Azteken und Mayas, die schon früh versuchten durch Auslese den Ertrag zu steigern. Die Spelzen können ebenso wie die Samen verschieden gefärbt sein. Sie wurden von den Indianern zur Färbung der Kleidung verwendet.

BUCHWEIZEN Fagopyrum esculentum Der Buchweizen, auch Schwarzpolenta, Heidekorn oder Tartarenkorn genannt, ist eine alte Kulturpflanze aus den hochgelegenen Steppen Zentralasiens und gehört zu den Knöterichgewächsen. In Europa war Buchweizen im 16. und 17. Jahrhundert eine der wichtigsten Mehlfrüchte. Erst mit dem Aufkommen ertragreicher Getreidesorten und der Ausbreitung der Kartoffel ging der Anbau von Buchweizen rapide zurück. In vielen Alpentälern war der Buchweizen eine wichtige Kulturpflanze und wurde als Folgefrucht nach Getreide angebaut. Durch die kurze Vegetationszeit und die geringen Klima- und Bodenansprüche ist er wie geschaffen für die rauen Bedingungen höher gelegener Alpentäler. Die stark duftenden, weißen bis rosa Blüten sind eine wertvolle Bienenweide im Spätsommer.

Quinoa

Buchweizen

Amarant

45 MÄRCHEN WARUM DER BUCHWEIZEN SCHWARZE KÖRNER HAT Einst stand ein alter Weidenbaum inmitten goldgelber Kornfelder. Um ihn wuchsen Roggen, Gerste und herrlicher Hafer, und als das Korn reif und schwer wurde, neigte es sich tief und demütig zur Erde. Gegenüber der alten Weide war auch ein Feld mit Buchweizen. Dieser jedoch neigte sich nicht wie das andere Korn, sondern ragte stolz und aufrecht gen Himmel. „Ich bin genauso reich wie die anderen“, sagte er voll Hochmut, „und weitaus hübscher dazu. Gibt es etwas Prächtigeres als mich?“ Da zog ein schreckliches Gewitter auf. Alle Feldblumen falteten ihre Blätter zusammen oder neigten ihre kleinen Köpfe herab, während der Sturm über sie hinwegfegte. Nur der Buchweizen blieb voll Stolz aufrecht stehen. „Neige dein Haupt wie wir!“ sagten die Blumen. „Das ist nicht nötig“ erwiderte der Buchweizen. „Senke dein Haupt wie wir!“ rief das Korn. „Bald kommt der Engel des Sturms geflogen! Er schlägt dich mittendurch, bevor du um Gnade bitten kannst!“ „Aber ich will mich nicht beugen!“ sagte der Buchweizen. „Schließe deine Blumen und neige deine Blätter!“ sagte auch der alte Weidenbaum, „und sieh nicht zum Blitze empor. Nicht einmal die Menschen dürfen das, denn im Blitze sieht man in den Himmel Gottes hinein. Aber dieser Anblick kann selbst die Menschen, die Gott am Nächsten stehen, blenden.“ „So will ich erst recht in Gottes Himmel hineinsehen!“, sagte der Buchweizen, und er tat es in seinem Übermut und Stolz. Da blitzte es, als ob die ganze Welt in Flammen stände. Als das Unwetter endlich vorbei war, standen die Blumen und das Korn erfrischt vom Regen in der stillen, reinen Luft. Der Buchweizen aber war kohlschwarz vom Blitz gebrannt; er war nun ein totes Unkraut auf dem Felde. 

nach Hans Christian Andersen

INHALTSSTOFFE UND VERWENDUNG

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DIE INNEREN WERTE Produkte aus Getreide gehören seit jeher zu den wichtigsten Nahrungsmitteln des Menschen. Rund um den Globus sind Reis, Weizen und Mais die Grundlage für das tägliche Überleben von Millionen von Menschen. Mehr als 50% des weltweiten täglichen Energiebedarfs werden durch den Verzehr von Getreideprodukten abgedeckt. Die Bilanz der Hauptinhaltsstoffe ergibt für die sieben Getreidearten ein relativ gleichförmiges Bild: Weizen Roggen

Mais

Gerste

Hafer

Reis

Hirse

12,5

11,7

13,0

13,1

12,1

Wasser

13,2

13,7

Protein

11,7

9,5

9,2

10,6

12,6

7,4

10,6

Fette

2,2

1,7

3,8

2,1

7,1

2,4

4,05

Kohlenhydrate

59,6

60,7

64,2

63,3

55,7

74,1

68,8

Ballaststoffe

13,3

13,2

9,7

9,8

9,7

2,2

3,8

Mineralstoffe

1,5

1,9

1,3

2,25

2,85

1,2

1,6

Tabelle 1: Hauptinhaltsstoffe unterschiedlicher Getreidearten in g pro 100g essbarem Anteil (BELITZ, 2001, S.269)

Für die tägliche Ernährung ist es von großem Interesse, wo im Getreidekorn sich welche Inhaltsstoffe befinden. Kohlenhydrate und Proteine, welche für die Energiebereitstellung und die Struktur notwendig sind, finden wir vor allem im Mehlkörper, während Mineralstoffe und Vitamine sich vorwiegend in der Frucht- und Samenschale bzw. dem Keimling befinden (siehe Abbildung S. 48). Vollkornprodukte sind als logische Konsequenz reicher an Vitalstoffen. Ein weiterer Vorteil von Vollkornprodukten liegt darin, dass Produkte aus Vollkorn den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen lassen. Das Sättigungsgefühl hält entsprechend länger an.

Laut italienischem Gesetzgeber unterscheidet man beim Ausmahlungsgrad des Weizens fünf unterschiedliche Typen: 00, 0, 1, 2 und Weizenvollkornmehl. Weizenmehl des Typs 00 ist am feinsten und am stärksten ausgesiebt und weist dementsprechend den geringsten Mineralstoff- und Vitamingehalt auf. Doch neben den ernährungsphysiologischen Eigenschaften müssen Mehle auch noch andere, technologische Eigenschaften erfüllen. So eignen sich Mehle des Typs 00 besonders für feines Gebäck, wohingegen stärker ausgemahlene Mehle für gröbere Teige Verwendung finden. Nur aus Weizenmehl kann nach Zugabe von Wasser ein elastischer Teig geknetet werden. Maßgebend für dessen Stabilität ist der sich bei der Teigherstellung bildende Kleber (Kleberprotein Gluten). Der Kleber ermöglicht es dem Teig beim Backen ein poröses, lockeres Gebäck zu bilden. Die Backfähigkeit des Roggens hingegen beruht auf Pentosanen und anderen Proteinen, deren Quellungszustand durch die Säuerung so verändert wird, dass auch mit Roggenmehlen ein luftiges Gebäck entstehen kann. Deshalb ist für Roggenteige eine Sauerteigführung typisch und notwendig. Auch andere Getreidearten enthalten in geringen Mengen Gluten und können demnach Zöliakie hervorrufen. Laut der deutschen Zöliakiegesellschaft ist Zöliakie eine chronische Erkrankung des Dünndarms, die auf einer lebenslangen Unverträglichkeit gegenüber dem KleKeimling bereiweiß Gluten beruht. Gluten kommt vor allem in den Getreidearten Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste und Hafer vor. Die einzige Therapiemaßnahme ist der lebenslange Verzicht auf glutenhaltiges Mehlkörper Getreide. Für einen gesunden Menschen hat eine glutenfreie Ernährung allerdings keinerlei Vorteile. Dem Trend „Du bist was du nicht isst“ kann also mit ruhigem Gewissen die kalte Schulter gezeigt werden.

Aleuronschicht

Frucht- und Samenschale

Markus Plankl Aufbau eines Weizenkorns

49 KLEINES GETREIDELEXIKON Aleuronschicht

eiweißhaltige Schicht des Getreidekorns zwischen Mehlkörper und äußerer Schale

Auszugsmehl

Weißmehl (Mehl nach Aussieben von Schalenbestandteilen und Keimling)

Bulgur

Grober Grieß aus vorgekochtem Hartweizen; wichtiges Getreideprodukt im Vorderen Orient

Cous Cous

Nordafrikanisches Getreideprodukt aus Weizen-, Gersten- oder Hirsegrieß

Gluten

Überbegriff für eine Proteingruppe; Bei manchen Menschen verursacht Gluten eine Entzündung der Darmschleimhaut (Zöliakie)

Graupen

Geschälte und polierte Getreidekörner (hauptsächlich Gerste und Weizenarten); Verwendung als Suppeneinlage und für risottoartige Gerichte

Griffiges Mehl

Etwas gröber gemahlenes Mehl

Grieß

Grob gemahlenes Getreide (meist Weizen); Hartweizengrieß ist Ausgangstoff für Nudeln

Grünkern

Halbreif geerntete, getrocknete Dinkelkörner

Grütze

Grob zerkleinerte Getreidekörner

Heidemehl

Buchweizenmehl

Kamut

Khorasan-Weizen, alte Weizensorte aus dem Iran

Kleie

Bestandteile des Getreidekorns, die zur Gewinnung von weißem Mehl abgesiebt werden (Keimling, Aleuronschicht, Schalen); ballaststoffreich, als Viehfutter oder in der Vollwerternährung verwendet

Malz

Körner werden zum Keimen gebracht und dann schnell getrocknet („gedarrt“)

Polenta

Maisgrieß

Schrot

Grob gemahlenes oder gequetschtes Getreide

Schwarzpolenta

Buchweizen

Tartarenkorn

Buchweizen

Teff

Äthiopische Zwerghirse

Vollkorn

Getreidekorn samt Schalen, Aleuronschicht und Keimling

GETREIDE ZUM TRINKEN Schon sehr früh hat der Mensch herausgefunden, dass sich aus Getreide alkoholische Getränke herstellen lassen. Die ältesten Nachweise für Bier stammen aus Mesopotamien und dem alten Ägypten. Doch wie entsteht aus Getreide Alkohol? Ein wichtiges Ausgangsprodukt ist in nahezu allen Fällen Malz. Unter Malz versteht man gekeimte und anschließend getrocknete Getreidekörner. Je nachdem, wie das Malz weiterverwendet wird, unterscheidet man zwischen Bier/bierartigen Getränken und Destillaten. Bier Das geschrotete Malz wird mit Wasser gemischt und erhitzt. Dadurch entsteht Maische, in der Stärke und Eiweißverbindungen in Zucker umgewandelt werden. Anschließend werden feste Bestandteile aus der Maische entfernt und die Flüssigkeit (Würze) wird mit Hopfen gekocht (seine Bitterstoffe erhöhen die Haltbarkeit). Nach raschem Abkühlen werden Hefen zugegeben und die alkoholische Gärung (= Abbau von Zucker zu Alkohol) beginnt. Nach deutschem Reinheitsgebot dürfen für Bier nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe verwendet werden. Bei uns sind für die Malzherstellung Gerste und Weizen üblich, in anderen Regionen der Erde sind Mais-, Reis- oder Hirsebier beliebt. Destillate Die Herstellung ähnelt in den ersten Schritten dem Bierbrauen. Als entscheidender Unterschied zum Bier wird die vergorene Maische abschließend gebrannt (destilliert). Destillate auf Getreidebasis sind: • Wodka Ausgangsstoffe: Roggen, Weizen oder Kartoffeln, aber auch anderes weil kein Reinheitsgebot, Roggen am traditionellsten. Besonderheiten: nach dem Brennen wird das Destillat mit Aktivkohle gefiltert, was einen neutralen Geschmack ergibt. • Whisky Ausgangsstoffe: Gerste (malt), Mais (Bourbon), Roggen, Weizen, Hafer. Whisky muss mindestens 3 Jahre im Holzfass reifen •K  orn/Kornbrand Ausgangsstoffe: Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Buchweizen • Reisschnäpse • Hirseschnäpse

51 GETREIDE EINMAL ANDERS GETREIDE ALS FUTTERMITTEL Alle Getreidearten lassen sich in der Tierernährung verwenden. Die Samen von Weizen, Mais & Co. liefern große Mengen Kohlenhydrate, sowie Proteine, Mineralstoffe und Vitamine. Mais nimmt dabei eine Sonderstellung ein: mehr als zwei Drittel der Weltproduktion werden verfüttert. Die größten Anbaunationen sind die USA vor China und Brasilien. Triticale, eine Kreuzung aus Roggen und Weichweizen wird ausschließlich für Futterzwecke angebaut. Hierfür werden spezielle Hochertragssorten gezüchtet. Von anderen Getreidearten wie etwa Weizen kommen vor allem Partien mit minderer Qualität als Futtermittel zum Einsatz. Kaum verfüttert werden Reis und Roggen. Generell enthält nahezu jedes Kraftfutter für Nutztiere Getreide als Kohlenhydrat-Lieferant. Meist sind 50 bis 75% Getreide enthalten mit denen Spitzenleistungen in der Eier- und Milchproduktion, sowie in der Mast möglich werden. Auch zur Herstellung von Silage, meist für Wiederkäuer (Kühe, Schafe und Ziegen), werden Mais und Weizen angebaut. Die noch grünen Pflanzen werden gemäht, gehäckselt und siliert, und dann gemeinsam mit Gras und Heu verfüttert. Nutztiere stellen damit direkte Nahrungskonkurrenten des Menschen dar.

6%

für Bioethanol, Treibstoff

Gesamtverbrauch

2.410 Millionen Tonnen

12%

für Industrie, Saatgut, Verluste

46%

für Nahrung

36%

für Tierernährung

Weltgetreideverbrauch 2014/15

WEIZEN ZUM HEIZEN? – GETREIDE ALS ENERGIEPFLANZE Seit einigen Jahren wird Getreide für die Herstellung von Ethanol, Biogas oder direkt als Brennstoff genutzt. Durch den Boom sogenannter nachwachsender Rohstoffe vervielfachte sich jedoch der Anbau von Mais und Weizen mit dem alleinigen Produktionsziel „Industrie-Rohstoff“. Das häufig vorgebrachte Argument, Getreide sei CO2-neutral kann dabei allenfalls für den biologischen Anbau gelten. In konventionellen Produktionssystemen werden Spitzenerträge nur mit massivem Einsatz von Mineraldüngern und Pflanzenschutzmitteln erzielt. Für die Produktion von Stickstoffdünger und Diesel sind hohe Mengen Erdöl notwendig, der Energieinput liegt ca. 30% über dem Energiegewinn. Hinsichtlich seines Energiewertes ist Weizen mit Holz vergleichbar: 2,5 Kilogramm Weizen haben den gleichen Heizwert wie 1 Liter Heizöl. Steigt der Ölpreis bei gleichzeitig sinkendem Getreidepreis wird die Energienutzung wirtschaftlich interessant. Zusätzlich bewirken Fördergelder für nachwachsende Rohstoffe eine Vervielfachung der Anbauflächen von Energiegetreide und steigende Landpreise. Weltweit werden dadurch Kleinbauern massiv benachteiligt und in ihrer Existenz gefährdet. GETREIDE ZUR BIOETHANOLHERSTELLUNG (in Millionen Tonnen)

Getreideverbrauch weltweit für die Herstellung von Bioethanol 147

148

138

139

2010/2011

2011/2012

135

126*

141

132

152

155

145

145

2013/2014

2014/2015

* davon Mais

2009/2010

2012/2013

Getreide zur Bioethanolherstellung (in Millionen Tonnen)

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GETREIDE EINMAL ANDERS

STROH ALS BAUMATERIAL Wird Stroh heute vielfach auf dem Acker zur Humusbildung belassen, war es früher zu wertvoll dafür. Vor allem die ärmeren Bevölkerungsgruppen nutzten es als Baumaterial, zum Korbflechten oder für Kleidung. Getreidehalme sind, wie die Stängel vieler anderer Gräser, innen hohl und besitzen somit ein natürliches Isolationsvermögen. Zudem können sie ein Vielfaches ihrer eigenen Trockenmasse an Feuchtigkeit aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben. Bereits Ötzi trug einen Mantel aus geflochtenem Gras, welcher ihn wärmte und trocken hielt. Dieses „Prinzip Hohlfaser“ findet sich heute in vielen modernen Textilien wieder. Besonders Bauern stellten sich Hüte, Schuhe oder Spielsachen aus Stroh selbst her. In nahezu allen Bauernfamilien diente Stroh als Matratze oder Zudecke, die jährlich erneuert wurden. Nach Gebrauch wanderte es in den Stall und später auf den Mist. Auch im Mauerwerk fand das Stroh Verwendung. Vor allem in typischen Ackerbauregionen wurde es als Zusatz zu Lehmziegeln oder dem Verputz verwendet. Das Stroh auf den Dächern der Höfe war meist aus langstrohigem Roggen oder Dinkel. Auch auf dem Dach wirkt es temperaturausgleichend und lässt Feuchtigkeit draußen. In Südtirol sind nur wenige Strohdächer erhalten, Fachleute, die diese reparieren oder erneuern können, sind selten geworden. Nicht zuletzt fehlt es an geeignetem Material, da moderne Sorten heute kurz und damit standfester gezüchtet werden. Doch der Trend zum natürlichen Bauen brachte auch dem Stroh eine kleine Renaissance. Heute wird es wieder verwendet: als Isolationsmaterial, in Bauplatten oder um Dächer einzudecken. Findige Architekten bauen heute ganze Häuser aus großen Strohballen.

AUS DER KÜCHE VON DORIS MEYER

55 DINKEL DINKELVOLLKORNBROT MIT WALNÜSSEN Dieses aromatische Nussbrot wird mit einem sogenannten Brühstück zubereitet, dadurch bleibt das Vollkornbrot länger frisch. Brühstück 150 g Dinkelvollkornmehl 200 g kochendes Wasser Das Dinkelvollkornmehl mit kochend heißem Wasser vermischen und auskühlen lassen. Das Brühstück mindestens 4 Stunden vor der Teigbereitung herstellen. Möchte man es schon am Vortag zubereiten, lagert man es über Nacht im Kühlschrank. Teigbereitung 350 g Dinkelvollkornmehl 250 g Wasser 100 g Walnüsse (grob gehackt) 20 g Hefe 10 g Salz Das Dinkelvollkornmehl, mit dem Brühstück, Wasser, Hefe und Salz zu einem geschmeidigen Teig kneten. Erst am Ende der Knetzeit die gehackten Nüsse unterkneten. Teigruhe: 45 min. (nach etwa 20 min. den Teig einmal kurz durchkneten, so erhält die Brotkrume eine gleichmäßige Porung.) Ausformen: Den Teig rundwirken und kurz entspannen lassen. Dann länglich wirken und mit dem Schluss nach unten in eine Kastenform legen. Mit wenig Öl bestreichen. Stückgare: je nach Raumtemperatur etwa 30 min. Backen: Den Backofen auf 250ºC vorheizen, das Brot in den Ofen geben, mit einer Sprühflasche Wasser in den Ofen sprühen und bei 200ºC backen. Kurz vor dem Ende der Backzeit das Nussbrot aus der Form geben und ohne diese fertig backen. So erhält man eine gleichmäßige Kruste. Doris Meyer Bäuerin im Ultental

AUS DER SALERNER KÜCHE

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REIS WILDKRÄUTERRISOTTO MIT ZIEGENFRISCHKÄSE Zutaten 20 g Butter 40 g Zwiebel 350 g Rundkornreis (Arborio, Carnaroli) 50 ml Weißwein 1l Gemüsebrühe 20 g Butter 4 El Wildkräuter (Gundermann, Giersch, Sauerampfer, Wiesenkerbel…) 150 g Ziegenfrischkäse Salz und Pfeffer Zubereitung: Die Zwiebel in kleine Würfel schneiden und in der Butter andünsten. Den Reis dazugeben und glasig schwitzen. Mit dem Weißwein ablöschen und einkochen lassen. Mit der kochenden Gemüsebrühe nach und nach aufgießen und unter ständigem Rühren 20 Minuten bissfest kochen. Vom Herd nehmen und mit der kalten Butter verfeinern. Die fein gehackten Kräuter und den Ziegenfrischkäse dazugeben und gut unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken: Monika Bacher, Fachlehrerin Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern

AUS DER SALERNER KÜCHE

59 QUINOA & AMARANT QUINOA-AMARANT-AUFLAUF Zutaten Teig 70 g Quinoa 70 g Amarant 300 ml Gemüsebrühe 30 g Zwiebeln, fein geschnitten 1 St. Knoblauchzehe, fein gehackt 2 El Olivenöl je 40 g Karotten, Zucchini, Lauch, Peperoni 2 St. Eigelb 200 g Topfen 50 g würzigen Bergkäse 30 g Parmesankäse 1 El Schnittlauch 2 St. Eiweiß Salz und Pfeffer Zubereitung: Quinoa und Amarant kurz in einem Topf erwärmen. Danach mit der Gemüsebrühe weich garen. Die Zwiebel und den Knoblauch in 2 Esslöffel Olivenöl glasig anschwitzen. Das Gemüse in kleine Würfel schneiden, zum Zwiebel und Knoblauch geben und weich dünsten. Die Eigelbe mit dem Topfen verrrühren. Den Bergkäse in kleine Würfel schneiden und zur Topfen- Eimasse geben. Die Topfenmasse mit dem gedünsteten Gemüse und dem Getreide vermengen, Schnittlauch dazugeben und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Das Eiweiß mit einer Prise Salz zu Eischnee schlagen und unter die Masse heben. In eine gefettete und bemehlte Form füllen. Bei 170 Grad 20- 25 Minuten backen. Den Auflauf aus der Form stürzen auf einem Teller anrichten und mit einer Tomatensauce servieren. Monika Bacher Fachlehrerin Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern

AUS DER DIETENHEIMER KÜCHE

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WEIZEN & MAIS BAUERNMUS Zutaten ¼l Wasser 1l Milch Salz Musmehl zur Hälfte nach Bedarf Weizenmehl zur Hälfte nach Bedarf Butter zum Abschmelzen Zubereitung Musmehl (weißes oder gelbes Maismehl) zur Hälfte mit Weizenmehl mischen. Eisenpfanne etwas erwärmen und mit einem Stück Butter den Pfannenboden befetten, damit das Mus nicht anbrennt. Wasser hineinschütten und kochen lassen. Milch dazugießen und salzen. Sofort das Mehl unter ständigem Rühren langsam mit dem Schneebesen einrühren oder man rührt Mehl mit etwas Milch separat an und schüttet es so zur restlichen Milch . Sobald das Mus kocht, kann die Dicke festgestellt werden; es darf nur so dick sein, dass es noch vom Löffel rinnt. Eventuell noch Milch oder Mehl dazugeben. Nun mit einem Kochlöffel langsam das Mus umrühren, dass es nicht anbrennt, sich jedoch eine Kruste (Scherre) am Pfannenboden bildet. Sobald sich an der Oberfläche kreisförmige Ringe bilden, ist das Mus fertig. Auf dem Pfannknecht lässt man es etwas auskühlen. Vor dem Servieren wird zerlassene, leicht gebräunte Butter darauf verteilt. Rosa Kuen, Fachlehrerin Fachschule für Hauswirtschaft Dietenheim

AUS DER KÜCHE DER HOTELFACHSCHULE BRUNECK

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BUCHWEIZEN BUCHWEIZENTÖRTCHEN MIT RIBISELSAHNE Zutaten 6 Eigelb 6 Eiweiß 120 g Zucker 2 g Vanillezucker 3 g Salz 90 g Weizenmehl gesiebt 30 g Buchweizenmehl

Füllung 200 ml Sahne etwas Ribiselmark 15 g Zucker Kürbiseis zum Garnieren

Eigelb mit Zucker und Vanillezucker schaumig rühren. Eiweiß mit einer Prise Salz zu Eischnee schlagen. Eiweiß und Eigelbmasse vermischen und die Mehlmischung unterheben. Die Masse gleichmäßig fingerdick auf das vorbereitete Backblech (mit Backpapier) streichen und sofort im vorgeheizten Backrohr (200°C) ca. 8 min backen. Vom gebackenen Biskuitteig das Backpapier abziehen und auskühlen lassen. Mit einer runden Form Kreise ausstechen. Die Sahne steif schlagen und anschließend das gezuckerte Ribiselmark unterheben. In einen Spritzsack füllen und auf die Buchweizenkreise aufspritzen. Diesen Vorgang nach Belieben wiederholen, mit einem gezuckerten Buchweizenkreis beenden. Zum Schluss mit Kürbiseis garnieren.  

Stefanie Baumgartner, Fachlehrerin Berufsbildungszentrum Bruneck/Hotelfachschule

QUELLEN UND IMPRESSUM

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QUELLEN Quellen Verwendete und weiterführende Literatur FLAMMER D., MÜLLER S.: Das kulinarische Erbe der Alpen. AT Verlag, 2012 MIEDANER Th., LONGIN F.: Unterschätzte Getreidearten. Erling Verlag, 2012 MIEDAMER Th.: Kulturpflanzen. Springer Verlag, 2014 SEIDEL W.: Die Weltgeschichte der Pflanzen. Eichborn Verlag, 2012 VAN WYK B.-E.: Handbuch der Nahrungspflanzen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2005 HAMADER H., REISINGER J.: Das neue Getreidekochbuch. Österreichischer Agrarverlag 2010 BELITZ H-D., GROSCH W., SCHIEBERLE P.: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. Springer Verlag, Berlin 2008 SCHILPEROORD P.: Kulturpflanzen in der Schweiz – Mais. Verein für alpine Kulturpflanzen 2014 WÖLFER T: Schlipfs Handbuch der Landwirtschaft, Parey-Verlag, 25. Auflage 1929 SCHILPEROORD P.: Kulturpflanzen in der Schweiz – Dinkel. Verein für alpine Kulturpflanzen 2014 SCHILPEROORD P.: Kulturpflanzen in der Schweiz – Gerste. Verein für alpine Kulturpflanzen 2014 KÖRBER-GROHNE U.: Nutzpflanzen in Deutschland, Nikol-Verlagsgesellschaft Hamburg 1995 BYNUM H. und W.: Pflanzen und Kultur. Fröhlich & Kaufmann 2014 GORFER A.: Die Erben der Einsamkeit. Tappeiner-Verlag 2003

Internet http://www.klopfermuehle.de/031ed198e9126ba01/031ed198fb1066701/ DEUTSCHE ZÖLIAKIE GESELLSCHAFT auf http://www.dzg-online.de/ am 19.05.2016 http://www.thauerboeck.com/deckstroh/ http://www.unserstrohhaus.at/ http://strohundlehm.at http://muehle-fraubrunnen.ch Bilder Gabriele Falschlunger, Michaela Krause, Laqua Nadine Fachschule Salern Hans Hillewaert (S.30/31) http://www.goodmillsinnovation.com/ weizenkompendium http://www.vulkanlandurlaub.at/wp-content/uploads/2010/10/neu-6.jpg mais 2 http://www.wikiwand.com/de/Tschardake mais 1 Für Bild 28/00117: Hersteller: Sandro Saltuari: Amt für Film und Medien Autonome Provinz Bozen – Südtirol – Katalog der Kulturgüter in Südtirol

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IMPRESSUM IMPRESSUM Konzept Gabriele Falschlunger, Michaela Krause, Nadine Laqua Herausgeber Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern Salernstraße 26 39040 Vahrn T 0472 833711 F 0472 833812 [email protected] www.fachschule-salern.it Gesamtherstellung Druckerei A.Weger, Brixen August 2016

Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern Salernstraße 26 39040 Vahrn T 0472 833 711 F 0472 833 812 [email protected] www.fachschule-salern.it

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