Hypothyreose des Hundes

January 9, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Gesundheitswissenschaften, Endokrinologie
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Diagnostic

Oktober 2015

Update Hypothyreose des Hundes Die Hypothyreose ist eine häufig vorkommende Endokrinopathie des Hundes. Die korrekte Diagnose stellt bei einigen Patienten eine Herausforderung dar, da die Erkrankung sich über Jahre schleichend entwickeln kann und die klinische Ausprägung sehr variabel ist. Zusätzlich haben alle verfügbaren labordiagnostischen Tests ihre Limitationen. Insbesondere andere Erkrankungen sowie Medikamentengaben können den Testausgang beeinflussen, so dass die korrekte Interpretation schwierig sein kann. Allein der Nachweis einer erniedrigten Gesamt-T4 Konzentration (TT4) ist nicht ausreichend, um die Diagnose Hypothyreose stellen zu können.

 Ätiologie Je nach Lokalisation der Störung innerhalb der HypothalamusHypophysen-Schilddrüsen-Achse können wir 3 Formen der erworbenen Hypothyreose differenzieren.

Primäre Hypothyreose Mehr als 95 % der erworbenen Hypothyreosen des Hundes gehen auf eine verminderte Schilddrüsenhormonsynthese und -freisetzung in der Schilddrüse zurück. Ursache hierfür ist in den meisten Fällen eine lymphozytäre Thyreoiditis (etwa 50 %) (Graham et al. 2007) oder eine idiopathische Atrophie. Bei der lymphozytären Thyreoiditis kommt es zu einer immunmediierten Entzündung der Schilddrüse und es lassen sich Thyreoglobulin Autoantikörper (TG-AK) sowie in einigen Fällen Antikörper gegen T3 und T4 nachweisen. Die entzündungsbedingte progressive Zerstörung der Schilddrüsenfollikel ist ein langsam verlaufender Prozess und erst, wenn mehr als 75 % zerstört sind, werden klinische Symptome offensichtlich. Bei der idiopathischen Atrophie ist es zum bindegewebigen Ersatz des funktionellen Schilddrüsengewebes gekommen und TG-AK sind nicht (mehr?) nachweisbar. Ob es sich hierbei um einen eigenständigen Krankheitsprozess handelt oder um das Endstadium der lymphozytären Thyreoditis, ist nicht abschließend geklärt (Scott-Moncrieff 2015). Seltene andere Ursachen sind Neoplasien und die adenomatöse Hyperplasie.

Ausgehend von der Vermutung, dass die idiopathische Atrophie das finale Stadium der lymphozytären Threoiditis darstellt, lassen sich 4 verschiedene Stadien auf dem Weg der Entwicklung einer atrophischen Hypothyreose unterscheiden (Graham et al. 2007): 1. S  ubklinische Thyreoiditis Keine klinischen Symptome TG-AK positiv, TT4 im Referenzbereich, TSH < 0,5 ng/ml 2. S  ubklinische Hypothyreose keine klinischen Symptome etwa 60 – 70 % der Schilddrüse zerstört TG-AK positiv, TT4 im Referenzbereich, TSH erhöht 3. A  ntikörper-positive Hypothyreose klinische Symptome etwa 75 % der Schilddrüse zerstört TG-AK nachweisbar, TT4 erniedrigt, TSH erhöht 4. N  icht entzündliche atrophische Hypothyreose deutliche, klinische Symptome Schilddrüsengewebe ersetzt durch Fett-und Bindegewebe TG-AK nicht (mehr) nachweisbar, TT4 erniedrigt, TSH erhöht Die sekundäre Hypothyreose (reduzierte Freisetzung von TSH aus der Hypophyse) ist eine sehr seltene Ursache der Hypothyreose (< 5 %). Als Ursachen sind eine Hypophysenhypoplasie mit hypophysärem Zwergwuchs, Trauma, Neoplasie oder zystische Veränderungen beschrieben (ScottMoncrieff 2015). Die Diagnosestellung gestaltet sich recht schwierig, da die diagnostische Sensitivität des derzeitig verfügbaren TSHAssays nicht ausreicht, um zwischen physiologischen und zu niedrigen TSH-Konzentrationen zu differenzieren. Insofern ist nicht auszuschließen, dass die Häufigkeit einer sekundären Hypothyreose vielleicht doch höher ist (Scott-Moncrieff 2015).

Hypothalamus



TRH Hypophyse TSH T4

T4

Schilddrüse

T4

Protein T4

T4

fT4

fT3

T3

T3 T3

Protein T3

T3

Zirkulation

Gewebe

fT4

fT4

fT3

fT3

modifiziert nach: Manual of Small Animal Endocrinology 1998

Die tertiäre Hypothyreose (reduzierte Freisetzung von TRH aus dem Hypothalamus) ist bislang erst einmalig als Fallbericht (Shiel et al. 2007) in der Literatur beschrieben worden. Die kongenitale Hypothyreose gilt beim Hund als selten, allerdings ist es möglich, dass die tatsächliche Inzidenz unterschätzt wird, da sie häufig zum frühzeitigen Tod betroffener Welpen führt. (Scott-Moncrieff 2015).

 Regulation Synthese und Freisetzung der Schilddrüsenhormone unterliegen der Kontrolle von TSH aus dem Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse), welches wiederum durch die Freisetzung von TRH aus dem Hypothalamus gesteuert wird. Unter TSH–Einfluss kommt es zu einer vermehrten Freisetzung von T3 und T4 aus der Schilddrüse. T4 wird ausschließlich in der Schilddrüse synthetisiert, T3 entsteht etwa zu 80 % in der Peripherie durch Dejodierung in den Zielzellen. Die Schilddrüsenhormone sind in der Zirkulation an Plasmaproteine gebunden. Nur ein sehr kleiner Teil (etwa 1 %) ist ungebunden und stellt die metabolisch aktive Fraktion der Schilddrüsenhormone, das freie T3 (fT3) und freie T4 (fT4) dar. Lediglich fT3 und fT4 sind verantwortlich für das negative Feedback auf Hypophyse und Hypothalamus. Fällt die Konzentration der freien Schilddrüsenhormone in der Zirkulation kommt es durch Wegfall des negativen Feedbacks zu einer gesteigerten Synthese von TSH in der Hypophyse.

 Klinik Die Hypothyreose ist eine Erkrankung des mittelalten bis alten Hundes, bei prädisponierten Rassen können klinische

Symptome aber auch bereits eher auftreten. Geschlecht oder Kastration haben keinen Einfluss auf die Entstehung der Erkrankung. Es sind vor allem mittelgroße bis große Hunde von der Erkrankung betroffen. Als prädisponierte Rassen werden im angloamerikanischen Schrifttum Golden- und Labrador Retriever und Dobermannaufgeführt (Scott-Moncrieff 2015). Im Patientengut der Universität Zürich konnte diese Rassenprädisposition hingegen nicht nachgewiesen werden (Boretti et al. 2003). Die klinischen Symptome einer Hypothyreose sind vielfältig und reflektieren sowohl die mannigfaltigen Effekte der Schilddrüsenhormone auf den Gesamtmetabolismus als auch ihren Einfluss auf viele Organsysteme. Im Vordergrund stehen metabolische Veränderungen (Lethargie, Gewichtszunahme, Leistungsintoleranz, Kälteintoleranz), etwa 80 % der Patienten weisen zusätzlich dermatologische Veränderungen auf (veränderte Fellstruktur oder-Farbe, Alopezie, Hypertrichose, Seborrhoe, Otitis externa, …). Aufgrund der langsamen Progression der Erkrankung werden die Veränderungen häufig von den Patientenbesitzern nicht frühzeitig wahrgenommen und mitunter dem physiologischen Alterungsprozess zugesprochen. Vereinzelt können auch neurologische Symptome auftreten, die sowohl allein als auch vergesellschaftet mit anderen Symptomen der Hypothyreose beschrieben worden sind (Cizinauskas et al. 2000). Es kann das periphere (periphere Neuropathie als Parese oder Paralyse, peripheres Vestibularsyndrom, Fazialisparese, Megaösophagus) oder auch das zentrale Nervensystem (Myxödem-Koma, epileptiforme Anfälle) betroffen sein. Derzeit

wird der direkte kausale Zusammenhang zwischen peripherer Neuropathie und Hypothyreose kritisch diskutiert, da in einem experimentellen Modell zur Hypothyreose eine periphere Neuropathie nicht reproduziert werden konnte (Rossmeisl 2010). Andererseits sind in der Literatur Fälle beschrieben, bei denen nach Gabe von T4 die neurologischen Ausfälle wieder verschwanden (Scott-Moncrieff 2015). Eine subklinische Myopathie hingegen ist bei Hunden mit Hypothyreose vielfach dokumentiert und zeichnet sich durch eine erhöhte CK, erhöhte AST und LDH aus. Vermutlich trägt diese zur Leistungsintoleranz der hypothyreoten Hunde bei. Gastrointestinale, kardiale und okuläre Symptome werden deutlich seltener gesehen. Fertilitätsstörungen bei der Hündin sind im Zusammenhang mit der Hypothyreose beschrieben (Panciera et al. 2012).

 Diagnose Veränderungen in der Hämatologie und klinischen Chemie bei hypothyreoten Hunden Die häufigste Veränderung ist eine ausgeprägte Hypercholesterolämie sowie Hypertriglyceridämie bei nüchternen Patienten (Boretti et al. 2003, Mooney et al. 2012). Wird das Fruktosamin mitbestimmt sieht man häufig eine Konzentration im oberen Referenzintervall oder sogar darüber bei gleichzeitiger Euglykämie. Ursache dafür ist die langsamere Metabolisierung des Fruktosamins beim hypothyreoten Patienten (Reusch et al. 2002). Etwa 50 – 70 % der hypothyreoten Hunde weisen eine milde, allenfalls mittelgradige, nicht regenerative Anämie auf. Im Ausstrich können häufig Leptozyten nachgewiesen werden (Panciera 2001).

• Triglyceride Û • Cholesterol Û • Fruktosamin Û • milde, nicht regenerative Anämie • CK Û • Leberenzyme Û

(50 – 88 %) (70 – 80 %) (~ 70 %) (50 – 70 %) (30 – 35 %) (~ 30 %)

Panciera 2001, Boretti et al. 2003, Mooney 2012, Scott-Moncrieff 2015

Schildrüsenfunktionsteste Es ist essenziell, dass vor der Bestimmung der Schilddrüsenhormone und cTSH: • nicht-thyreoidale Erkrankungen (NTI) ausgeschlossen werden und • eine sorgfältige Medikamentenanamnese erhoben wird, da viele Medikamente die Konzentrationen der Schilddrüsenhormone und das TSH direkt beeinflussen. Insbesondere Sulfonamide können klinisch und labordiagnostisch zu dem Bild einer Hypothyreose führen. Es konnte tierexperimentell gezeigt werden (Williamson et al. 2002), dass Sulfonamide die Thyroidperoxidase hemmen und so tatsächlich zu einer verminderten Schildrüsenhormonsynthese führen,

mit dem Resultat, dass es zu einem Konzentrationsabfall des Gesamt-T4 und kompensatorisch zu einer vermehrten Synthese und Freisetzung von TSH kommt. Einflussfaktoren auf basale TT4, fT4 und TSH-Konzentration Williamson et al. 2002, Daminet et al. 2003, Scott-Moncrieff 2015

Faktor

Einfluss auf TT4

Einfluss auf fT4

Einfluss auf TSH

Alter:  <  3 Monate > 6 Jahre

Û Ü

Gewicht: < 10 kg > 30 kg

Û Ü

Rasse: (z. B. Windhunde)

Ü

Adipositas

Û

Fasten

Ü

=

Große körperliche Anstrengung

Û

=

Ü

Trächtigkeit (Progesteron)

Û

Carprofen

Ü

= oder Ü

Ü

Aspirin

Ü

= oder Ü

=

Glukokortikoide

Ü

= oder Ü

= oder Ü

Furosemid

Ü

Methimazol

Ü

Ü

Û

Phenobarbital

= oder Ü

= oder Ü

= oder Û

Phenylbutazone

Ü

Sulfonamide

Ü

Ü

Û

Jod Supplementation

Ü

Ü

Û

T4-Auto-Antikörper

Û oder Ü abhängig vom verwendeten Assay

vfT4 (Immu- Nur wenn noassay): Û gleichzeitig fT4 (Dialyse- hypothyreot verfahren): unbeeinflusst

Ü

Gesamt-T4 (TT4) Das Gesamt-T4 (TT4) setzt sich aus einem freien (fT4) und einem proteingebundenen Anteil zusammen. Bei der Messung von TT4 werden beide Anteile erfasst. Das körpereigene T4 wird, anders als das T3, ausschließlich in der Schilddrüse gebildet und ist damit ein sehr sinnvoller Parameter um eine Hypothyreose auszuschließen, da nur sehr wenige Hunde mit Hypothyreose TT4-Konzentrationen innerhalb des Referenzbereiches aufweisen (hohe Sensitivität) (Scott-Mon-crieff 2015). Werte unterhalb des Referenzbereiches bestätigen keine Hypothyreose (niedrige Spezifität), da eine Vielzahl anderer Ursachen, wie natürliche Fluktation, Abfall im Alter, Rassenabhängigkeit, nahezu jede andere Erkrankung, und viele

Medikamente zu tiefen T4 Konzentrationen führen können. Selbst topische Verabreichung von Glukokortikoiden kann in kurzer Zeit einen Abfall der TT4 Konzentration bewirken (Gottschalk et al. 2011). Bei Vorhandensein von TT4-Auto-Antikörpern kann es durch Assay-Interferenzen je nach Testmethode zu falsch hohen oder falsch niedrig gemessenen TT4 Werten kommen. Insbesondere die falsch hohen Werte können im Einzelfall zu der Situation führen, dass eine Hypothyreose nicht erkannt wird, da, bedingt durch die Assay-Interferenz, TT4 Werte im Referenzintervall oder darüber gemessen werden. Glücklicherweise kommen T4-Autoantikörper mit 8 % deutlich seltener als T3-Autoantikörper (28 % ) bei hypothyreoten Hunden vor (Graham et al. 2007). Zudem scheint es, dass es trotz der theoretisch möglichen Interferenz deutlich seltener zu einer tatsächlich klinisch relevanten Beeinflussung der gemessenen T4 Konzentration kommt (Pichotta et al. 2010). Wird ein hohes TT4 bei einem Hund der keine klinischen Symptome einer Hypothyreose zeigt, gemessen, ist dringend eine Fütterungsanamnese anzuraten. Häufig kann es durch die Rohfütterung von Schlachtabfällen mit Schlund zu einem Anstieg der TT4 Konzentration kommen (Köhler et al. 2012). Freies T4 Das freie T4 (fT4) ist die nicht an Proteine gebundene, metabolisch aktive Form des TT4 und verantwortlich für das negative Feedback auf die Freisetzung von TSH aus der Hypophyse. Da fT4 die biologisch aktive Form des T4 darstellt, hat man in die Bestimmung von fT4 große Hoffnungen gesetzt. Doch es hat sich gezeigt, dass auch die Konzentration von freiem T4 (fT4) von Medikamentengaben und nicht thyreoidalen Erkrankungen beeinflusst wird, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie das TT4. Zur Bestimmung gibt es zwei methodisch prinzipiell unterschiedliche Meßverfahren: Analoge Verfahren (immunologische Assay’s) Hier hat sich gezeigt, dass der von IDEXX Laboratories verwendete veterinary-fT4-Assay eine sehr gute Vergleichbarkeit zu den mittels Dialyse Verfahren ermittelten fT4 Ergebnissen aufweist (Scott-Moncrieff 2014). Nur bei Vorhandensein von T4Autoantikörpern sind die Dialyseverfahren dem veterinary- fT4 überlegen, da es hier nicht zu einer Assay Interferenz kommt. Andere analoge Assays aus der Humanmedizin sind prinzipiell nicht zu empfehlen (Scott-Moncrieff 2014). Dialyseverfahren Im Dialyseverfahren wird proteingebundenes T4 durch eine semipermeable Membran zurückgehalten, fT4 kann diese passieren. Das fT4 im Dialysat wird mittels RIA gemessen. Die Bestimmung von fT4 mittels Dialyseverfahren ist zu empfehlen bei Patienten mit Verdacht auf das Vorhandensein von T4-Autoantikörpern, da nur bei diesem Testverfahren ein korrektes Ergebnis der fT4-Konzentration ermittelt werden kann (Scott-Moncrieff 2014).

cTSH Vermindert zirkulierende Schilddrüsenhormone führen über den aufgehobenen negativen Feedback-Mechanismus zur vermehrten Sekretion von TSH aus der Hypophyse. Bei entsprechendem Vorbericht und passenden klinischen Symptomen ist in vielen Fällen das gemeinsame Auftreten eines erniedrigten TT4 und eines erhöhten TSH vollständig ausreichend um die Diagnose Hypothyreose zu stellen. Doch leider zeigen etwa 30 % der hypothyreoten Hunde kein erhöhtes TSH (Scott-Moncrieff 2014). Es wird derzeit diskutiert ob das Vorkommen einer sekundären Hypothyreose, also einer verminderten Synthese und Sekretion von TSH, unterschätzt wird (Scott-Moncrieff 2015). Desweiteren wird spekuliert, dass durch den hochspezifischen TSHAssay nicht alle Isomere des TSH erfasst werden (Boretti et al. 2015). Auch Fluktuationen in der TSH Sekretion, Erschöpfung der Hypophyse bei lang bestehender Hypothyreose (DiazEspineira et al. 2008) oder ein hypophysäres Myxödem werden als mögliche Gründe diskutiert (D. C Ferguson 2007). Andererseits kann das TSH auch erhöht sein, ohne dass eine klinisch relevante Hypothyreose besteht. Dies passiert in der Phase der Rekonvaleszenz von einer nicht thyreoidalen Erkrankung, bei subklinischer Hypothyreose (TT4, fT4D im Referenzbereich, TSH Ó) und nach der Gabe von einigen Medikamenten insbesondere von Sulfonamiden oder Trilostan (Williamson et al. 2002, Boretti et al. 2015). T3 T3 wird nur in geringer Menge in der Schilddrüse selbst gebildet, der größere Anteil entsteht durch Dejodierung aus T4 in den Zielzellen. Bei verminderter T4-Produktion kommt es häufig kompensatorisch zu einer vermehrten Umwandlung von T4 in T3 (hormonell aktivere Form, schneller wirksam), sodass beim hypothyreoten Hund häufig T3-Konzentrationen innerhalb des Referenzbereiches ermittelt werden. Damit ist die T3Messung zur Diagnose einer Hypothyreose wenig sinnvoll. Thyreoglobulin-Antikörper (TG-AK) Als Folge einer lymphozytären Thyreoiditis sind häufig Thyreoglobulin-AK nachzuweisen und geben damit einen Hinweis auf pathologische Prozesse in der Schilddrüse. Zum Nachweis einer Schilddrüsenfunktionsstörung sind sie nicht geeignet, da sie zum einen auch bei euthyreoten Hunden gefunden werden und zum anderen in der Endphase einer Thyreoiditis oder bei der idiopathischen Atrophie der Schilddrüse nicht nachweisbar sind. Somit schließt das Fehlen von TG-AK eine Hypothyreose nicht aus, der positive Nachweis impliziert nicht zwangsläufig eine Hypothyreose. In einer Studie konnte gezeigt, dass etwa 20 % der Hunde, die TG-AK positiv waren, im Laufe eines Jahres eine Hypothyreose entwickeln, doch gleichzeitig wurden etwa 15 % der Hunde in diesem Zeitraum auch wieder TG-AK negativ (Graham et al. 2007).

Erhöhte Konzentrationen von Thyreoglobulin-AK können Hinweis auf ein frühes Stadium einer lymphozytären Thyreoiditis sein. Außerdem hat man zeigen können, dass Hunde mit T4-Autoantikörpern in 95 % der Fälle auch gleichzeitig TG-AK aufweisen (Graham et al. 2007). Ihre zusätzliche Bestimmung kann zur Klärung der Ätiologie beitragen oder als „second line test” die Diagnose einer Hypothyreose erhärten. Falsch positive Ergebnisse, insbesondere kurz nach Impfungen sowie nach einer viralen Infektion sind möglich. TSH-Stimulationstest Der TSH Stimulationstest beruht darauf, dass durch Verabreichung einer supraphysiologischen Dosis von TSH eine maximale Stimulation der Schilddrüse erreicht und somit die Reservekapazität beurteilbar wird. Da bovines TSH nicht mehr in Arzneimittelqualität verfügbar ist, ist rekombinantes humanes TSH zu nutzen. Die Züricher Arbeitsgruppe (Boretti et al. 2009) konnte zeigen, dass bei Verwendung einer deutlich höheren Dosis (150 µg/Hund) als bisher beschrieben, bei sehr viel mehr Patienten zwischen einer tatsächlichen Hypothyreose und einer NTI korrekt differenziert werden kann. Testdurchführung: • Blutentnahme und Bestimmung der Basalkonzentration von T4 • Applikation (im oder iv) von 150 µg rh TSH • Blutentnahme 6 h später und Bestimmung der T4-Konzentration Interpretation: post-TSH T4: 32,2 nmol/l (2,5 µg/dl) und mind. 1,5 fache Steigerung des Basalwertes spricht für eine ausreichende Stimulation.

 Therapie Zur Therapie der Hypothyreose wird täglich synthetisches L-Thyroxin oral verabreicht, die Dosierungsangaben variieren zwischen den Herstellern zwischen 10 – 20 µg/kg ein- bis zweimal täglich. Im Consensus Statement von 1996 wird eine Anfangsdosierung von L-Thyroxin mit 20 µg/kg zweimal täglich empfohlen. Die Bioverfügbarkeit ist individuell sehr unterschiedlich und wird mit 10 % – 50 % angegeben und hängt vom Fütterungszeitpunkt ab. Daher sollte möglichst die Tablettengabe immer vor oder nach der Fütterung erfolgen (Scott-Moncrieff 2014). Die maximale Anfangsdosis beträgt 800µg/Hund. Bei herzkranken Patienten oder bei Hunden, die gleichzeitig eine Nieren- oder Lebererkrankung haben ist die Anfangsdosis auf die Hälfte oder ein Viertel zu reduzieren und dann sukzessive zu erhöhen (Scott-Moncrieff 2015).

Therapiemonitoring Die erste Kontrolle erfolgt 4 – 8 Wochen nach Therapiebeginn anhand der Klinik und der TT4 Konzentration im Blut. Bei fast allen Patienten ist nach diesem Zeitraum bereits eine deutlich gesteigerte Leistungsfähigkeit sowie eine Normalisierung der veränderten Laborparameter der klinischen Chemie zu erwarten (Scott-Moncrieff 2015). Zur Überprüfung der L-Thyroxin-Dosis erfolgt eine Blutentnahme 4 – 6 Stunden nach der Tablettengabe und TT4 wird bestimmt. Angestrebt wird eine TT4 Konzentration im oberen Referenzbereich oder leicht darüber. (Scott-Moncrieff 2015). Dies ist ein Richtwert, die endgültige Einstellung erfolgt individualisiert und berücksichtigt den klinischen Erfolg der Therapie sowie weitere individuelle Gegebenheiten wie z. B anderweitige Erkrankungen oder weitere Medikamentgaben (Scott-Moncrieff 2014). War TSH zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ebenfalls erhöht, ist die parallele Bestimmung von TSH sinnvoll. Bei ausreichender Supplementation ist zu erwarten, dass die TSH Konzentration sich wieder normalisiert. Da die diagnostische Sensitivität des TSH Assays es leider nicht erlaubt sehr niedrige TSH Konzentrationen korrekt zu messen, kann durch die Überprüfung der TSH Konzentration allerdings eine Übersupplementierung nicht nachgewiesen werden. Wird L-Thyroxin nur einmal täglich verabreicht, erfolgt die Blutentnahme zur Bestimmung von TT4 und TSH unmittelbar vor der nächsten Tablettengabe. Hier wird eine TT4-Konzentration im Referenzintervall angestrebt (Scott-Moncrieff 2015). Ist eine Dosisanpassung erforderlich, erfolgt die nächste Therapiekontrolle nach 4 – 8 Wochen. Weist der Patient T4-Autoantikörper auf, ist die Therapiekontrolle wegen der Assay-Interferenz mittels fT4 im Dialyseverfahren notwendig. Ist die Diagnose Hypothyreose korrekt, sind nahezu alle klinischen Symptome unter adäquater Therapie reversibel. Eine erhöhte körperliche Aktivität und geändertes Verhalten ist bereits innerhalb der ersten Wochen feststellbar. Die Normalisierung veränderter Laborparameter (z. B Hypercholesterolämie) ist nach 2 – 4 Wochen zu erwarten. Hingegen benötigt die Besserung dermatologischer und neurologischer Veränderungen häufig bis zu 3 – 4 Monate (Scott-Moncrieff 2015). Bleibt ein Symptomenkomplex auch nach adäquater Therapiedauer bestehen, ist die Diagnose Hypothyreose kritisch zu hinterfragen.

Dr. med. vet. Elke Huisinga FTÄ für Kleintiere Key Account Manager IDEXX Laboratories

Diagnostic

Update Ausschluss anderer Erkrankungen (kein Hinweis aus Hämatologie, klin. Chemie und Harnanalyse) Möglichst keine Medikamentengaben in den letzten 4 – 6 Wochen

Verdacht auf Hypothyreose Umrechnung: 1ug/dl = 12.87nmol/L

TT4 4,0 µg/dl*

sehr wahrscheinlich euthyreot

Messung von cTSH (+vfT4 )

(vfT4 Ô +) cTSH Ó

(vfT4 Ô +) cTSH n

(vfT4 Ó +) cTSH Ó

Hypothyreose sehr wahrscheinlich

* bei Vorhandensein von TT4-Autoantikörpern Assay Interferenz möglich · Falsch hohe TT4 Werte bei Messung von TT4 auf dem Catalyst oder Snap-Shot

fT4-D

TSH-Stimulationstest oder „diagnostische“ Therapie bei eindeutiger Klinik

· Falsch niedrige Werte beim IDEXX Labortest

Ô

n

hypothyreot

euthyreot

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