Kein Folientitel
Short Description
Download Kein Folientitel...
Description
Störungen des Erlebens und Verhaltens
Panikstörung und Agoraphobie
Prof. Dr. Tanja Michael Fachrichtung Psychologie
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Frau M.
Sabine M. (34 Jahre, Lehrerin) leidet seit 11 Jahren an wiederkehrenden Attacken intensiver Angst gekoppelt mit massivem Herzklopfen, Schwindel und Schweißausbrüchen. Sie
vermeidet Situationen, in denen sie solche Attacken hatte. Inzwischen traut sie sich kaum noch aus ihrer Wohnung. Sie musste ihren Beruf aufgeben und selbst alltägliche Dinge wie das
Einkaufen werden ihr zur Qual.
© Prof. T. Michael Folie 2
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Die Geschichte von Frau M.
die Attacken begannen mit 23 Jahren ausgiebige ärztliche Untersuchungen ergaben keine somatischen Krankheiten seit 2 Jahren war sie fast vollständig an ihre Wohnung gebunden der Verlust an Lebensqualität hatte depressive Verstimmung zur Folge mehrere Psychotherapien halfen nicht
manchmal möchte sie „einfach Schluss machen“
© Prof. T. Michael Folie 3
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Panikstörung / Agoraphobie
plötzliche Anfälle intensiver Angst („Angstanfall“, „Panikattacke“) Vielzahl körperlicher und kognitiver Symptome zentrale Befürchtung: Unmittelbare Katastrophe (sterben oder verrückt werden) als Konsequenz: Sorgen, Veränderung des Lebensstils, Vermeidung sehr häufig: spätere Agoraphobie
Diskussion: Panik + Agoraphobie oder Agoraphobie + Panik (ICD: Agoraphobie mit/ohne PS, DSM: PS mit Agoraphobie oder Agoraphobie ohne PS in Vorgeschichte)
© Prof. T. Michael Folie 4
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Panikstörung mit Agoraphobie
schwere, chronische Angstkrankheit (Spontanremission unter 10%) höchste Behandlungsquote aller psychischen Störungen aufwendige Differentialdiagnose und häufige Folgeprobleme bewirken massive Gesundheitskosten hohe Rate von Fehldiagnosen und -behandlungen Suizidrate rund 18fach erhöht
sehr häufig: Lebenszeitprävalenz 5%
© Prof. T. Michael Folie 5
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Panikattacke nach DSM-IV "Eine Panikattacke ist eine klar abgrenzbare Episode intensiver Angst und Unbehagens, bei der mindestens 4 der nachfolgend genannten Symptome abrupt auftreten und innerhalb von 10 Minuten einen Höhepunkt erreichen
Palpitationen (Herzrasen), Herzklopfen oder beschleunigter Herzschlag,
Schwitzen,
Zittern oder Beben,
Gefühl der Kurzatmigkeit oder Atemnot,
Erstickungsgefühle,
Schmerzen oder Beklemmungsgefühle in der Brust,
Übelkeit oder Magen-Darm-Beschwerden,
Schwindel, Unsicherheit, Benommenheit oder der Ohnmacht nahe sein,
Derealisation (Gefühl der Unwirklichkeit) oder Depersonalisation (sich losgelöst fühlen),
Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden,
Angst zu sterben (Todesangst),
Parästhesien (Taubheiten oder Kribbelgefühle),
Hitzewallungen oder Kälteschauer."
© Prof. T. Michael Folie 6
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Auslöser von Panikattacken sind u.a. auch:
Gleichgewichtsstörungen (z.B. Morbus Menière) Herzkrankheiten mit Rhythmusstörungen (z.B. Angina pectoris, Mitralklappenprolaps) Lungenkrankheiten (z.B. Lungenembolie, Asthma bronchiale) Migräne Schilddrüsenüberfunktion Unterzuckerung Drogenkonsum (alle Drogen einschließlich Alkohol) Einnahme von Neuroleptika Einnahme von Sympathomimetika (z.B. Nasentropfen, Appetitzügler) starker Kaffee-Genuß © Prof. T. Michael Folie 7
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Panikattacken in nicht-klinischen Populationen
9,3 % bei repräsentativer Bevölkerungsstichprobe (Wittchen, 1986)
© Prof. T. Michael Folie 8
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Epidemiologische Daten zur Panikstörung und Agoraphobie
Lebenszeitprävalenz Panikstörung
1, 4 – 3, 6%%
Agoraphobie
3,4 – 10, 9 %
Von allen Patienten mit psychischen Störungen ersuchen diejenigen mit Panikattacken am häufigsten professionelle Hilfe. Patienten mit Panikattacken sind für das Gesundheitssystem besonders teuer. In klinischen Stichproben sind Agoraphobien die weitaus häufigste Angststörung.
© Prof. T. Michael Folie 9
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Massive subjektive Beschwerden durch Panikattacken
„Herzfrequenz von 300!“ „Mein Herz droht zu zerspringen!“
„Ich ersticke!“ „Ich falle tot um!“ „Ich verliere den Verstand!“ „Ich bin nicht mehr ich!“ „Ich verliere das Bewusstsein!“
© Prof. T. Michael Folie 10
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Geringe objektive Veränderungen: Ambulante Messungen Herzfrequenz bei Panikanfällen und Vergleichsperioden Schläge/Minute 100 Baseline
96 92
Panik
93
92
Kontrolle 88
88 84
87 87
86
85
84
82
80 Studie 1
© Prof. T. Michael Folie 11
Studie 2
Studie 3 American Journal of Psychiatry (1986), Journal of Nervous and Mental Disease (1987), Journal of Psychophysiology (1990)
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Ambulante Erfassung der Symptomatik bei Patienten mit PTBS und Patienten mit Panikstörung Pfaltz, M. C., Michael, T., Meyer, A. H., Grossman, P., Margraf, J., & Wilhelm, F. H. (2009, accepted pending revisions). Variability of Symptoms in Daily Life of Patients with Panic Disorder and Patients with Posttraumatic Stress Disorder. Journal of Anxiety Disorders.
© Prof. T. Michael Folie 12
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Theoretischer Hintergrund
Angststörungen: durch wiederkehrende Episoden starker Angst charakterisiert
Panikstörung (PS): Wiederkehrende Panikattacken im Vordergrund
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): wiederkehrende Episoden starker Angst im Zusammenhang mit Wiedererleben (DSM-IV: intensive psychische Belastung und körperliche Rekationen auf Hinweisreize)
erhöhte Angstvariabilität bei beiden Störungen, systematische Quantifizierung + direkte Vergleiche zwischen PS und PTBS fehlen jedoch
© Prof. T. Michael Folie 13
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Fragestellungen Ziel: Validierung diagnostischer Kriterien mittels Erfassung von Angstsymptomen über Zeit hinweg, nah an deren Auftreten + Vergleich der Variabilität von Angstsymptomen zwischen Panik- und PTBS-Patienten
Hypothesen: 1. Variabilität körperlicher Angstsymptome: Bei Panik und PTBS stärker ausgeprägt als bei gesunden Kontrollen (Sekundäre Analysen: Variabilität von Angst und Depressivität) 2. Symptomfreie Episoden (keine körperlichen Angstsymptome): Patientengruppen unterscheiden sich von Kontrollen und untereinander bezüglich der Dauer. © Prof. T. Michael Folie 14
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Methode Versuchspersonen: Panikstörung (n=26)
PTBS (n=17) gesunde Kontrollpersonen (n=28)
Einschlusskriterien Panik
aktuelle Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, keine Suizidalität
PTBS
aktuelle PTBS, keine Suizidalität
Kontrollen
keine aktuelle Achse-I Störung, keine Angststörung in der Vergangenheit
© Prof. T. Michael Folie 15
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Methode Traumata innerhalb der PTBS-Gruppe: physischer oder sexueller Missbrauch (n=8) Verkehrsunfälle (n=5)
Naturkatastrophen (n=2) andere (n=2)
PTBS (M±SD) Panik (M±SD) Kontrollen (M±SD) Alter (Jahre) Bildung (Jahre) Weiblich (%)
© Prof. T. Michael Folie 16
p
43.8±15.4
36.3±11.6
38.6±11.4
0.16
11.3±1.7
10.8±1.8
11.5±1.6
0.36
47.1%
73.1%
64.3%
0.22
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Basler Elektronisches Angsttagebuch (BEAT)
Palmtop (Tungsten E) Erfassung von Emotionen, Kognitionen und körperlichen Symptomen bei Panik, PTBS und gesunden Kontrollen im Alltag ca. 100 Items (z.B. Fragen bzgl. Angstsymptomen, Vermeidungsverhalten, Stimmung, aktuelle Tätigkeit, Personen, Orte) verschiedene Antwortformate (Rating-Skalen, Zeiterfassung, dichotome Ja/Nein Antworten etc.)
© Prof. T. Michael Folie 17
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Basler Elektronisches Angsttagebuch (BEAT)
© Prof. T. Michael Folie 18
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Methode Untersuchte Variablen: Variabilität von körperlichen Angstsymptomen, Angst und Depressivität (-> RMSSD)
Dauer symptomfreier Episoden (Symptomfreie Episoden über gesamte Woche hinweg -> mittlere Dauer) Fragebogen zur Emotionsregulation
(ERQ, Gross & John, 2003): Subskala zur Ausdruckshemmung
© Prof. T. Michael Folie 19
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
Ergebnisse: Akzeptanz und Reaktivität
Ratings (0=gar nicht, 10=sehr stark)
PTBS
Panik
Kontrollen
2.8 (2.9)
2.5 (2.6)
0.9 (1.6)
6.2 (2.8)
5.7 (2.7)
2.15 (2.5)
5.8 (3.0)
5.4 (2.5)
1.77 (2.4)
Negative Reaktionen anderer auf die Untersuchungsmethode
1.1 (2.2)
0.5 (1.3)
0.35 (1.4)
Die Reaktionen anderer waren mir unangenehm
1.2 (2.4)
0.7 (1.5)
0.46 (1.3)
Empfand das Tagebuch als störend
3.0 (2.2)
2.0 (2.2)
1.58 (2.1)
6.1 (2. 5)
7.1 (2.9)
3.0 ( 3.3)
Veränderungen im Verhalten durch Untersuchungsmethode
*
Mehr auf psychische Verfassung geachtet
*
Mehr auf körperliche Veränderungen geachtet
Empfand die Selbsteinschätzung als Hilfreich
•*
PD=PTSD>HC, p’s < 0.013
© Prof. T. Michael Folie 20
*
*
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie
3 •*
•*
2.5
•*
•*
RMSSD
Ergebnisse: Variabilität
•*
2
•*
Kontrollen
1.5
Panik
•*
PTBS
1
0.5 0 Körperliche Angstsymptome
Angst
* p0.85
r=0.15 p>0.46
PTBS
r=0.43 p>0.1
r=0.62 p=0.013
r=0.05 p>0.85
15 10 5 0 1 Kontrollen Panik
*p‘sHC, p‘sPS>HC, p‘sPS>HC, p‘s
View more...
Comments