Liebe Schwestern, liebe Brüder, kennen Sie Pilatus? Ja, ich meine

January 9, 2018 | Author: Anonymous | Category: Geschichte, Altertum, Römisches Reich
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Karfreitag 2016

Prozessen nach römischen Recht war auch der Prozess gegen einen gewissen Jesus aus Nazareth.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

Der Ablauf des Prozesses verlief nach Standard, also der

kennen Sie Pilatus? Ja, ich meine den Pontius Pilatus? Muss ein wichtiger Mann gewesen sein, dass er sogar in unserem Glaubensbekenntnis erwähnt wird. Es werden nur drei Persönlichkeiten im Glaubensbekenntnis namentlich genannt: Jesus, Maria und Pontius Pilatus. Was muss das wohl für ein Typ gewesen sein, dass ihn die Christen in allen Jahrhunderten kennen gelernt haben...

Klärung der Zuständigkeit. Nazareth ist in Galiläa, also wird der Fall an Herodes weiter geleitet. Herodes hatte im Gegensatz zu Pilatus schon viel über Jesus gehört und erhoffte sich von ihm ein spektakuläres Wunder. Jesus aber sprach kein Wort mit Herodes. Mit so einem Angeklagten war kein Prozess zu machen. Vermutlich hatte Herodes auch gar keine Lust Jesus zu verurteilen, denn auch

Es gibt einen Jesus-Film, der charakterisiert diesen

Herodes war ein Jude. Eigene Landsleute mit einer faden-

Statthalter der Römer im damaligen Palästina in den Jahren

scheinigen Anklage ohne taugliche Beweise nach römischem

26 bis 36 n.Chr. ziemlich realistisch.

Recht zu verurteilen, nein, dieses Geschäft war dem Herodes

Dass sich dieser Statthalter so lange in einer der unruhigsten

zu schmutzig, zumal er sich bei den Juden immer beliebt

Provinzen des römischen Reiches halten konnte, lässt

machen wollte. Also geht der Fall Jesus von Nazareth wieder

vermuten, dass er sehr hart vor allem gegen Aufständische

zurück an Pilatus, in dessen Bezirk die Gefangennahme war.

durchgegriffen hatte. Öffentliche Kreuzigungen von Unruhe-

In den frühen Morgenstunden des Karfreitags wird Pilatus

stiftern zur Abschreckung waren an der Tagesordnung.

wieder genötigt, den Prozess zu machen. Dieser zeitliche

Unter der Vielzahl von wahrscheinlich eher kurzen

Druck ist eigentlich nur für Schwerstverbrecher angezeigt

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oder für solche, die sehr populär waren und ein Volksauf-

diesem störrischen und aufständischen Volk.

stand zu befürchten war. Den Verlauf des Prozesses im

Vermutlich erhoffte sich Pilatus irgendwann eine Beförde-

Prätorium kennen wir aus der Bibel.

rung in eine friedliche und wohlhabende Provinz für seinen

Das Verhör des Pilatus war so eindeutig, dass für ihn der

politischen Lebensabend. Da war die verkappte Drohung der Juden ein verdammt raffinierter Schachzug, ja ein Dilemma.

Freispruch klar war. Jetzt zieht die führende Klasse der Juden einen Joker: Jesus lässt sich als der König der Juden

Verurteilt er Jesus nicht, hat er eine rufschädigende Anzeige

feiern. Ein raffiniertes Machtspielchen also, das dem Pilatus

in Rom zu befürchten, weil er nicht für Ordnung im Land

seine Autorität im Land in Gefahr bringen sollte. Welche Art

sorgt.

von „König“ Jesus war, das klärt Pilatus auch ziemlich

Gibt er nach und verurteilt er Jesus, dann richtet er gegen

zügig. Keine Gefahr für die römische Vorherrschaft, also

römisches Gesetz und kann auch in Rom angezählt werden.

Freispruch.

Kurzfristig ist es für ihn die vorteilhaftere Option, Jesus zu verurteilen und dann irgendwie Ruhe zu haben.

Und jetzt kommt die letzte Karte der Judenführer: „Dann bist du kein Freund des Kaisers...“

Aber diese Rechnung ging bekanntlich nicht auf. Nach drei

Für einen Karrieremenschen, wie es Pilatus war, ist das eine

Jahren war er weg vom Fenster schreiben die Chronisten. Er

empfindliche Drohung. Wer weiß, was diese Juden ihm in

wurde nicht befördert und verschwand in der Bedeutungs-

Rom noch alles anhängen würden, womöglich erfundene

losigkeit bzw. im Reich der Legenden, die ihn mit allerlei

Geschichten wie die von diesem Jesus.

Strafen Gottes in Verbindung brachte.

Einen Statthalter nach Judäa zu schicken, das war bestimmt keine besondere Auszeichnung. Gab ja nur Drecksarbeit mit 2a

Aber warum erzähle ich ihnen die Pilatus-Geschichte so ausführlich? Was haben wir mit Pontius Pilatus zu tun?

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Ich fürchte, wir haben womöglich so manches mit der

Pilatus ist derjenige, der uns am deutlichsten zeigt was es

Mentalität dieses Statthalters am Hut.

bedeutet, einen Menschen zu verurteilen, ein Vorurteil zu

Auch wir laufen in der Sache Jesu ständig Gefahr,

haben, Menschen nach unserer Interessenlage zu behandeln

berechnend zu werden.

ohne Rücksicht darauf, was es für den Verurteilten bedeutet.

 Was bringt es mir, wenn ich Zeit und Kraft für Jesus

„Urteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet“, sagt uns Jesus sehr eindringlich.

und seine Kirche investiere?

Gott bewahre uns vor einem Denken und Handeln im Stil

 Wie viel kann ich von meinen finanziellen

des Pontius Pilatus.

Möglichkeiten für kirchliche Zwecke geben ohne dabei meinen eigenen Wohlstand zu riskieren?  Zu welchen Leuten empfiehlt es sich freundlich und zuvorkommend zu sein, weil ich sie irgendwann für etwas gebrauchen könnte? Das sind nur drei Fragen, aber es sind eindeutig „PilatusFragen“, die uns immer vor ein Dilemma stellen. Wenn wir diese Fragen so beantworten wie Pilatus seine richterliche Entscheidung über Jesus getroffen hat, dann sind wir kaum einen Deut besser als dieser Typ, der sich mitschuldig an Leid und Tod Jesu gemacht hat. 3a

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