Lösungen Teil 2

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Schreiben, Journalismus
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Fall 2 (BGH NJW 1997, 2679 – Die Besten) Bei K handelt es sich um die Bayerische Landesärztekammer. Sie geht gegen B, den Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „F." vor. In Heft Nr. 6/93 dieses Magazins wurde auf dem Titelblatt die Artikelserie „Die 500 besten Ärzte Deutschlands" angekündigt. In dem Heft wird die Serie, die 13 Folgen umfassen soll, zunächst vorbesprochen. Als Kriterien für die Auswahl der "besten" Ärzte werden die Häufigkeit des Eingriffs, die wissenschaftliche Reputation, die Empfehlungen von Ärzten und die Teilnahme an Kongressen genannt. Zugleich werden unter der Überschrift „Die 500 besten Ärzte Teil I: Spezialisten für Herzkrankheiten" 46 Mediziner unter Angabe ihres Namens und ihrer Wirkungsstätte in einer Tabelle mit den Auswahlkriterien vorgestellt. Sechs Professoren werden abgebildet. Die genannten Ärzte haben an der Veröffentlichung selbst nicht mitgewirkt. K verlangt von B Unterlassung der Veröffentlichung der Artikelreihe; sie hält diese für getarnte Werbung. Kann K dagegen vorgehen und wenn ja, wie erfolgt dies praktisch?

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Lösungsskizze Fall 2 (1) Anspruch der K gegen B aus § 8 Abs. 1 Satz 1 iVm. §§ 3, 4 Nr. 3 UWG. 1. Aktivlegitimation nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG Problem: K vertritt die Interessen von Freiberuflern und nicht von Gewerbetreibenden. Beachte Normwortlaut: Auch ein Verein zur Förderung selbständiger beruflicher Interessen ist erfasst. Grund: Die Ordungsaufgabe des Wettbewerbsschutzes greift auch hier. 2. Geschäftliche Handlung nach § 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG? (a) Verhalten eines Trägers (b) zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens (c) vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss

d) Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren bzw. die Durchführung eines Vertrages über Waren. Problem: Marktbezug oder Ausübung der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG? Beachte: Es kommt für § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG nicht auf eine subjektive Wettbewerbsabsicht an.

2

Lösungsskizze Fall 2 (2) Grundsätzlich Interessenkonflikt: (1) Journalistische Aussagen über Marktteilnehmer und ihre Angebote können die Wettbewerbschancen der Marktteilnehmer objektiv beeinflussen. (2) Dennoch muss die wertsetzende Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der Zivilrechtsordnung beachtet werden (vgl. auch das Presseprivileg nach § 9 Satz 2 UWG) => Konsequenz: Journalistische Tätigkeit stellt dann eine geschäftliche Handlung dar, wenn sie nicht nur im Kernbereich des Art. 5 I 3 GG stattfindet, sondern darüber hinausgehend (durch Unterschreitung des Mindestmaßes der journ. Recherchepflicht, durch Unsachlichkeit, nicht zu rechtfertigende

Rechtsverletzungen

usw.)

in

das

Marktgeschehen eingreift (sog. werblicher Überschuss ohne sachliche Rechtfertigung).

3

Lösungsskizze Fall 2 (3) Vorliegender Fall: Grobe Verletzung der journalistischen Recherchepflicht, die zu

einem

werblichen

Überschuss

auf

Kosten

von

Sachinformation geht. Beruht vorliegend auf dem unausgewogenen Verhältnis zwischen der werbeartigen Anpreisung der vermeintlich besten Ärzte Deutschlands und dem geringen Grad an journalistischer Sorgfalt bei der Ermittlung

des

Rangverhältnisses;

denn

die

zugrunde

liegenden Kriterien lassen keinen sachbezogenen Schluss auf die Qualität der Ärzte zu. Zwischenergebnis: Gemessen am Schutzzweck des § 3 Abs. 1 UWG muss die Äußerung der K auf Rechtmäßigkeit hin kontrolliert werden können.

4

Lösungsskizze Fall 2 (4) 3. Unlauterkeit nach § 3 Abs. 1 UWG a) Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 UWG Problem: Wird hier der Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert? a) Die Maßnahme stellte eine geschäftliche Handlung iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar und hat folglich geschäftlichen Charakter iSd. § 4 Nr. 3 UWG. b) Handelt es sich um eine Werbemaßnahme? Problem:

Es

könnte

Journalismus

sich

handeln,

einfach nicht

um

aber

schlechten um

eine

Werbemaßnahme. Werbung = Handlung, die auf Absatzförderung zielt (vgl. Art. 2 lit. a Werbe-RL 2006/114/EG

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Lösungsskizze Fall 2 (5) Beachte: Der Begriff der getarnten Werbung ist nach Art. 7 Abs. 2 UGP-Richtlinie besonders weit auszulegen: Als irreführende Unterlassung gilt es auch, wenn ein Gewerbetreibender ... den kommerziellen Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und dies jeweils einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er ansonsten nicht getroffen hätte.

Köhler/Bornkamp § 4 Rn. 3.10: Es genügt bereits die Verschleierung des geschäftlichen Charakters i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG und es kommt nicht darauf an, dass hier zielgerichtet Werbung betrieben wird. => Der Begriff der Werbung muss vor allem anhand des Normzwecks von § 4 Nr. 3 UWG konkretisiert werden Es geht darum, eine informierte Entscheidung der Verbraucher zu ermöglichen. Dazu gehört auch, dass die Verbraucher den Wert einer Informationsquelle beurteilen können. Einer journalistisch aufbereiteten Information vertrauen sie mehr als einer Information, die nicht journalistisch geprüft ist.

6

Lösungsskizze Fall 2 (6) Konsequenzen aus dem Normzweck ! Für den Charakter als Werbemaßnahme kommt es nicht entscheidend

auf

die

Motive

der

Journalisten

(Werbeabsicht) an. ! Entscheidend ist der objektive Einfluss auf die informierte Verbraucherentscheidung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG. Verbraucher oder des Verlegers an, sondern auf die nach außen entfaltete Wirkung. Anwendung auf den vorliegenden Fall: (1) Objektiv betrachtet fördert der Artikel den Absatz von Dienstleistungen der darin hervorgehobenen Ärzte. Insoweit hat er Werbecharakter (2) Der Zweck des § 4 Nr. 3 UWG ist ebenfalls berührt, weil hier Fehlvorstellungen über den Wert der Informationsquelle erzeugt werden: Was äußerlich wie das Ergebnis einer journalistischen Recherche wirkt, ist es nicht. => Insgesamt liegt „Werbung“ i.S.d. § 4 Nr. 3 UWG vor.

7

Lösungsskizze Fall 2 (7) c) Verschleierung Entscheidend: Sichtweise eines vernünftigen Verbrauchers an (§ 3 Abs. 2 Satz 2 UWG): Kann dieser den Werbecharakter der geschäftlichen Handlung nicht erkennen, liegt eine Verschleierung vor. Auf Verschleierungsabsicht kommt es nicht an. Problem: K nennt die Kriterien für die Beurteilung der Ärzte in seinem Artikel. Ein durchschnittlicher Verbraucher muss u.U. erkennen, dass diese journalistischer Sorgfalt nicht genügen. Aber: Der Artikel spricht zwei Gruppen von Lesern an: diejenigen, die sich für die Berichterstattung der B im Detail interessieren, weil sie akut betroffen sind und sich mit den Informationen genau auseinandersetzen. Diese studieren den

Artikel

und

erkennen

Seriositätsproblem.

8

das

journalistische

Lösungsskizze Fall 2 (8) Daneben tritt aber der Kreis der flüchtigen Leser, die sich – von einschlägigen Problemen nicht betroffen – den Namen eines genannten Facharztes in ihrer räumlichen Nähe einfach als für künftige Fälle einprägen, sich für den Artikel als solchen aber nicht näher interessieren. ! Diesem

zweiten

Teil

gegenüber

wird

der

Werbecharakter verschleiert. d) B als Chefredakteur verantwortlich? Grundsätzlich haften jurist.Pers. auch im UWG nach § 31 BGB für ihre Repräsentanten (= jede Person, die für die jurist.Pers. Führungsaufgaben wahrnimmt; Köhler, in Köhler, Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 2.19). Daneben ist der Repräsentant selbst jedoch ebenfalls für seine Handlung verantwortlich, weil er die gegen das UWG verstoßende Verletzungshandlung steuert (Köhler

aaO.

Rn.

2.20).

Im

Rahmen

Unterlassungsanspruchs ist er Handlungsstörer!

9

des

Lösungsskizze Fall 2 (9) e) Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 UWG Weil B hier eine ganze Serie in diesem Sinne plant, besteht Wiederholungsgefahr. f) Eine Verjährung nach § 11 UWG ist noch nicht eingetreten. g) Ergebnis: Der Anspruch besteht.

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Zusatzfrage (1) Wie geht K am besten vor? Eine Klageerhebung liegt vergleichsweise fern, da bereits Wochen vergehen würden, bis der Klageschriftsatz der Gegenseite zugestellt und die Sache rechtshängig würde. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung werden u.U. Jahre ins Land gehen. Eine Abmahnung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG kommt in Betracht:

Aufforderung

Unterlassungserklärung,

zur

die

Abgabe

ihrerseits

einer

durch

ein

Vertragsstrafeversprechen abgesichert ist. Nachteil: Auch hier muss eine Frist für die Abgabe der Unterlassungserklärung gesetzt werden, die abzuwarten ist. Bis dahin ist u.U. bereits das nächste Heft der Zeitschrift erschienen. Einstweiliger Rechtsschutz nach §§ 935, 940 ZPO: Vorteil = rasche gerichtliche Entscheidung. Nachteil: Es droht K eine Verurteilung

auf

die

Verfahrenskosten,

wenn

B

einstweilige Verfügung sofort nach § 93 ZPO anerkennt.

11

die

Zusatzfrage (2) Fazit: Kann K mit einem Einlenken von B auf eine Abmahnung hin rechnen, ist dieser Weg zu wählen, damit das Abwälzen der Prozesskosten vermieden werden kann. Ist mit einem Einlenken der B auf eine Abmahnung nicht zu rechnen, bietet sich der Weg über den einstweiligen Rechtsschutz nach §§ 935, 940 ZPO an, da rasch eine vorübergehende rechtliche Klärung zu erreichen ist und keine wertvolle Zeit verloren geht. § 93 Kosten bei sofortigem Anerkenntnis Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

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