Nathan der Weise - Stadttheater Minden

January 21, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Darstellende Kunst, Drama
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Nathan der Weise

Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen von Gotthold Ephraim Lessing Regie: Sewan Latchinian Produktion: Neue Bühnen Senftenberg

Inhalt Einleitend

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Die Inszenierung der Neuen Bühnen Senftenberg Das Stück Es spielen Der Regisseur

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Informatives – Der Autor und seine Zeit Gotthold Ephraim Lessing Die Aufklärung Lessings „aufgeklärtes Drama“

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Informatives – Zum Stück Historischer Hintergrund Die Figuren Die Ringparabel

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Praktisches – Anregungen für den Unterricht Rechercheaufträge Vorbereitende Übungen Nachbereitung

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Quellenverzeichnis

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Diese Materialmappe entstand mit der freundlicher Unterstützung von:

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Viola Schneider|Stadttheater Minden|Tonhallenstraße 3|32423 Minden [email protected]| 0571-828 39 15

Einleitend Liebe Leserin, lieber Leser!

Schön! Sie interessieren sich für das theaterpädagogische Begleitmaterial zur aktuellen Inszenierung am Stadttheater Minden. Dieses Materialheft richtet sich in erster Linie an Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Schülerinnen und Schüler auf den Theaterbesuch vorbereiten möchten. Zur Lektüre sind selbstverständlich alle Interessierten eingeladen. Wir wüschen dabei viel Vergnügen! Das Heft liefert Ideen, wie Sie mit Ihrer Klasse den Theaterbesuch vor- und nachbereiten könnten – die Informationen und Übungen eignen sich für Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren. Es besteht aus zwei Hauptteilen. Im ersten Teil finden Sie nützliche Hintergrund-Informationen zu Lessing, seiner Zeit und dem Stück „Nathan der Weise“. Dieser Teil dient zu Ihrer groben Orientierung. Im praktischen zweiten Teil sind Anregungen und Tipps für die Vor- und Nachbereitung des Theaterbesuchs im Unterricht aufgeführt. Haben Sie Fragen zu Aufgabenstellungen und Übungsanleitungen, so nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf. Gerne nehmen wir auch Ihre Feedbacks und Anregungen entgegen: E-Mail [email protected] Telefon 0571 – 828 39 15 Zusätzlich hinweisen möchten wir Sie auf die Homepage des Stadttheaters. Unter www.stadttheaterminden.de werden Sie mit den aktuellsten Informationen rund um das Programm des Stadttheaters Minden versorgt und finden dort seit Neuestem auch unter dem Punkt Service die Rubrik Theaterpädagogik. Zudem sind wir auf Facebook mit dem Forum „Sags Viola“ und dem Auftritt „Stadttheater Minden“ vertreten. Wir freuen uns, wenn Sie in einen regen Austausch mit uns treten und möchten Sie herzlich dazu einladen, uns jederzeit anzusprechen. Wir heiβen Sie und Ihre Klasse herzlich willkommen im Stadttheater Minden!

Theaterpädagogik Stadttheater Minden, Viola Schneider

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Nathan der Weise|Die Inszenierung der Neuen Bühnen Senftenberg Das Stück Nathan hat den Weg durch die Hölle hinter sich. In kriegerischen Auseinandersetzungen hat er das Kostbarste verloren. Christen haben seine Frau und sieben hoffnungsvolle Söhne ermordet. In Recha hat er eine Tochter wiedergefunden. Sie, das gebürtige Christenkind, hat er, der Jude, gemäß der Maxime „sind Christ und Jude eher Christ und Jude, als Mensch“ erzogen. Diese Haltung setzt ihn, da sie öffentlich wird, größter Gefahr aus. Im Glaubenskrieg der Religionen ist die Kategorie „Mensch“ nicht vorgesehen. Deshalb soll er brennen, fordert der Patriarch. Oder zahlen, fordert der Sultan. Nathan greift zu einer List und erzählt ein altes Märchen, die Parabel von den drei Ringen. In einer Zeit, in der Kriege und Terroranschläge im Namen der Religion befohlen werden, erscheint Lessings „Nathan“ als ein hoffnungsvoller Appell an die Überwindung von Unwissenheit, religiösen Vorurteilen und Ignoranz. Die Ringparabel im Zentrum des Stückes plädiert für mehr Toleranz und Vernunft im menschlichen Miteinander. Regie: Sewan Latchinian Ausstattung: Tobias Wartenberg Dramaturgie: Jürgen Eick

Es spielen: Nathan, ein reicher Jude in Jerusalem - Heinz Klevenow Recha, dessen angenommene Tochter - Inga Wolff Daja, Christin und Gesellschafterin der Recha - Catharina Struwe Sultan Saladin - Bernd Färber Sittah, dessen Schwester - Ana Kerezovic Tempelherr - Till Demuth Derwisch - Friedrich Rößiger Der Patriarch von Jerusalem - Wolfgang Schmitz Klosterbruder - Lutz Schneider

Der Regisseur Sewan Latchinian (*1961 in Leipzig) ist ein deutscher Theaterregisseur, Schauspieler und Autor. Seit 2004 ist er Intendant der NEUEN BÜHNE Senftenberg. Von 1981 bis 1985 absolvierte Sewan Latchinian ein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin, Abschluss als Diplomschauspieler. Anschließend erhielt er ein Engagement als Schauspieler am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Im Jahr 1986 erfolgte sein Debüt als Dramatiker mit dem Theaterstück „Grabbes Grab“, das seine Uraufführung am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin erlebte. Sewan Latchinian erhielt 1987 den Förderpreis des Verlags der Autoren, Frankfurt am Main, für das Theaterstück „Berlin“, die Uraufführung war am Deutschen Theater Berlin 1990. Von 4

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1988 bis 1997 hatte er ein Engagement als Schauspieler am Deutschen Theater Berlin. Eine seiner ersten Inszenierungen als Regisseur war die Deutsche Erstaufführung „Der Disneykiller“ von Ph. Ridley am Deutschen Theater Berlin. Seit 1993 machte er Regiearbeiten an den Schauspielhäusern Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Leipzig, am Staatstheater Cottbus und am Münchner Volkstheater. Latchinian war zudem Schauspieldozent an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ und an der „Folkwang Hochschule“ Essen. Von 1997 bis 2003 wirkte Sewan Latchinian als Oberspielleiter am Rheinischen Landestheater Neuss. 2006 erhielt er den Internationalen Quirinuspreis der Stadt Neuss. Seit 2004 ist er Intendant der Neuen Bühne Senftenberg. Unter seiner Ägide wurde das Senftenberger Theater 2005 von der Zeitschrift Theater heute zum Theater des Jahres gewählt. Seit 2007 ist Sewan Latchinian Mitglied im Vorstand der Intendantengruppe des Deutschen Bühnenvereins sowie im Ausschuss für künstlerische Fragen. 2008 war Sewan Latchinian für die Inszenierung von FAUST I und II an der NEUEN BÜHNE Senftenberg in der Kategorie „Beste Regie“ neben Andreas Kriegenburg für „Das letzte Feuer“ (Thalia Theater Hamburg) und Johan Simons für „Hiob“ (Münchner Kammerspiele) für den Deutschen Theaterpreis nominiert. Andere Inszenierungen am Senftenberger Theater, die unter seiner Regie entstanden, sind „Kabale und Liebe“ (Friedrich Schiller), „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ (Bertolt Brecht), „Nathan der Weise“ (Gotthold Ephraim Lessing), „Faust I und II“ (Goethe), die Inszenierung „Ein Sommernachtstraum“ (Shakespeare) sowie die Uraufführung „Was wollt ihr denn“ (Braun), „Sphericon – Schule der Arbeitslosen“ (Zelter), „Die Brücke von Varvarin“ (nach Hans Wallow) oder die deutsche Erstaufführung „Der moderne Tod“ (Wijkmark), ebenso „Der Elektriker – Die Geschichte des David Salz“ (Schlender, Rosh, Jakob, Lühning). Latchinians Stück „Eine verbotene Liebe“ hatte 2009 in Senftenberg Uraufführung, das eine Dramatisierung der Thesen von Ettore Ghibellino zur vermuteten Liebe von Johann Wolfgang von Goethe und der Fürstinmutter Anna Amalia ist und in bewusster Abgrenzung zu Peter Hacks´ Stücke Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe geschrieben wurde. Im Rahmen des Theaterspektakels 6. GlückAufFest GRAB(B)E! zweitinszenierte Sewan Latchinian 2009 sein Theaterstück „Grabbes Grab“ sowie „Die Hermannsschlacht“ von Christian Dietrich Grabbe. Der Kritiker Martin Linzer wertete die Inszenierung „Die Hermannsschlacht“ in Theater der Zeit 11/09 als Rehabilitierung des Stückes. Zur Spielzeiteröffnung kommt am 17.9.2010 seine Inszenierung "Die drei Schwestern" zur Premiere im 7. GlückAufFest DOSTOPRIMETSCHATELNOSTI.

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Informatives|Der Autor und seine Zeit Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781) Gotthold Ephraim Lessing wurde am 22.1.1729 als Sohn eines Pastors in Kamenz/Oberlausitz geboren. Er studierte Medizin und Theologie in Leipzig. Danach lebte er als freier Schriftsteller in Berlin, wo er für mehrere Zeitungen schrieb. Er hatte Verbindung zu verschiedenen Theatergruppen und schrieb für diese seine ersten Stücke. Dauernd in Geldnot nahm er in Breslau eine Stelle als Sekretär beim General Tauentzien an (1760-1765). 1767 erhielt er eine Anstellung als Dramaturg und Kritiker am Deutschen Nationaltheater in Hamburg, 1770 eine Stelle als Bibliothekar in Wolfenbüttel. Am 15.2.1781 starb der Schriftsteller in Braunschweig. Lessing setzte sich Zeit seines Lebens für eine Flexibilität des Denkens ein – dazu gehörte für ihn neben dem Kampf gegen Vorurteile und dem Eintreten für die Vernunft, die praktische Haltung der Toleranz: Verständnis für den Andersdenkenden, das Zugeständnis, dass auch andere sich redlich um die Wahrheit bemühen. Er verabscheute nichts mehr als das starre Beharren auf dogmatischen Positionen. In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte sich Lessing zunehmend mit religiösen Fragestellungen. Es entstanden die gegen den orthodoxen Hamburger Hauptpastor J. M. Goeze gerichteten „Anti-Goeze-Schriften“, die das Recht der Vernunft verteidigen, auch die Religion ihrer prüfenden Kritik zu unterziehen. Als Fortsetzung dieser Auseinandersetzung ging 1779 das dramatische Gedicht „Nathan der Weise“ hervor.

Werke (u. a.): 1747 Der junge Gelehrte • 1749 Der Freigeist • 1755 Miß Sara Sampson (Tragödie) • 1759 Philotas (Tragödie) • 1759 Fabeln • 1763 Minna von Barnhelm (Lustspiel) • 1766 Laokoon • 1767-1769 Hamburgische Dramaturgie • 1772 Emilia Galotti • 1779 Nathan der Weise

Die Aufklärung Aufklärung steht im alltäglichen Sprachgebrauch für das Bestreben, durch den Erwerb neuen Wissens Unklarheiten zu beseitigen, Fragen zu beantworten, Irrtümer zu beheben. Historisch versteht man darunter vor allem politische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in Europa und Nordamerika seit den Religionskriegen, deren Errungenschaften bereits im 18. Jahrhundert als epochal gewürdigt wurden – man sprach und spricht in verschiedenen Bereichen der Geschichtsschreibung von einem Zeitalter der Aufklärung. Einschlägig 6

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im deutschen Kulturraum ist auch die Begriffsbestimmung durch Immanuel Kant geworden: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“. Zum Programm der historischen europäisch-nordamerikanischen Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert gehört die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz, eine Hinwendung zu den Naturwissenschaften in der philosophischen Erkenntnistheorie, in Religionsfragen das Plädoyer für Toleranz gegenüber anderem Glauben, in Moral- und Rechtsphilosophie die Orientierung am Naturrecht. Gesellschaftspolitisch zielte Aufklärung auf die Ausdehnung der persönlichen Handlungsfreiheit (Emanzipation), auf eine neue Pädagogik, die Schaffung von Pressefreiheit und die Garantie bürgerlicher Rechte unter Zugrundlegung allgemeiner Menschenrechte sowie die Verpflichtung moderner Staaten auf das Gemeinwohl. Gemeinsam war den Aufklärern das Vertrauen auf die Macht der kritischen Öffentlichkeit als einer Institution, die den Prozess der Aufklärung vorantreibt. Mit den Strömungen des Sturm und Drang und der Romantik wurden Grundpositionen der Aufklärung wie ihr „Vernunftglaube“ Gegenstand einer breiteren Kritik. Aufklärerische Impulse entfalteten eine breite Wirkung im öffentlichen Leben, die heute vor allem sichtbar in den Feldern ist, die Ende des 18. Jahrhunderts mit der Literatur und den schönen Künsten neu zusammengefasst wurden. Ein neues bürgerliches Selbstverständnis brach sich Bahn auf den Gebieten des Romans und des Dramas wie im öffentlichen städtischen Konzertbetrieb oder bei privat veranstalteter Instrumentalmusik. Lessing ist einer der bedeutendsten Autoren und Literaturkritiker seiner Zeit, der Aufklärung. Aufgrund neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse werden Verstand und Vernunft zu den Richtlinien in allen Bereichen. Der Wahlspruch der Aufklärung lautet: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ (Immanuel Kant). Der aufgeklärte Mensch soll nicht mehr den Vorgaben der Obrigkeiten oder des Zeitgeists vertrauen, sondern sein Leben und Denken selbst bestimmen. Die Literatur dieser Zeit hat vor allem eine erzieherische Funktion. Sie soll die Welt verbessern und nicht das Elend beklagen. Ein wichtiger Ausspruch Lessings die Aufklärung betreffend: „An die Stelle der Religion muss die Überzeugung treten.“

Lessings „aufgeklärtes“ Drama Lessing fordert, dass die erste Wirkung der Tragödie auf den Zuschauer das Mitleiden sein müsse. Der von Aristoteles formulierte „Schrecken“ müsse als Furcht und mitfühlende Angst interpretiert werden. Durch das Mitfühlen solle im Zuschauer eine Wandlung vor sich gehen, die ihn tugendhafter mache. Die Furcht sei also „das auf uns selbst bezogene Mitleid“. Außerdem ist für Lessing nicht mehr die Einhaltung der „Drei Einheiten“ (Ort, Zeit und Handlung) wichtig, sondern nur noch die Einheit der Handlung bedeutend. Wenn das Theater einen moralisch bessernden, erzieherischen Zweck verfolgen wolle, müsse sich für die entscheidende Zuschauergruppe, nämlich die Bürger, etwas ändern. Bisher war der Stand der Bürger nur in Komödien dargestellt worden, während der Tragödie die Probleme von adeligen Personen vorbehalten waren. Da sich der Zuschauer nur mit seinesgleichen wirklich identifizieren kann, wird mit Lessings Miss Sara Sampson 1755 das bürgerliche Trauerspiel geboren: Der Bürgerstand wird in den Bereich der Tragödie eingeführt.

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Informatives|Zum Stück „Nathan der Weise“ ist ein fünfaktiges Ideendrama, das 1779 veröffentlicht und am 14. April 1783 in Berlin uraufgeführt worden ist. Themenschwerpunkt des Werkes ist der Humanismus. Besonders wichtig dabei ist die Ringparabel im dritten Aufzug des Dramas. Diese Parabel findet sich allerdings bereits in der dritten Geschichte von Giovanni Boccaccios „Decamerone“. Die Geschichte von den drei ununterscheidbaren Ringen lässt sich bis zum Jahr 1100 zurückverfolgen. Sie wurde wahrscheinlich auf der Iberischen Halbinsel von sephardischen Juden erfunden. „Nathan der Weise“ ist Lessings letztes Werk. Hintergrund ist der Fragmentenstreit, eine Auseinandersetzung mit dem Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze, die soweit reichte, dass ein Teilpublikationsverbot gegen Lessing verhängt wurde. Infolgedessen implizierte Lessing seine Idee des Deismus in dieses Drama. Unmittelbar vor der Fertigstellung seines Dramas hatte sich Lessing mit seinem philosophischen Hauptwerk Die Erziehung des Menschengeschlechts befasst. Seine Beschäftigung mit dem Stoff reicht jedoch nachweislich bis ca. 1750 zurück. In der Figur Nathans des Weisen setzte Lessing seinem Freund Moses Mendelssohn, dem Begründer der jüdischen Aufklärung, ein literarisches Denkmal. Lessing hat das Drama im Blankvers verfasst, der in England seinen Ursprung hat und sich erst durch ihn in Deutschland durchsetzen konnte. Dieser aus dem Englischen entlehnte Begriff (blank = ungereimt) bezeichnet reimlose Verszeilen mit alternierendem jambischen Metrum von zehn Silben bei männlichem (der Vers schließt mit einer Hebung) oder elf bei weiblichem (der Vers schließt mit Hebung und Senkung) Ausgang. Dieser Vers beruht auf dem fünfhebigen Jambus. Die Handlung ist geteilt in 5 Aufzüge, die wiederum in Auftritte gegliedert sind. „Nathan der Weise“ enthält sowohl tragische als auch komische Elemente, ist aber trotz des versöhnlichen Ausgangs weder eine Komödie noch eine Tragödie. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Ringparabel, somit im Kern die Frage nach der „wahren“ Religion. Lessing hatte längst erkannt, dass die strenge Trennung von Tragödie und Komödie weder der dramatischen Gattung wesentlich noch dem zeitgenössischen Theater angemessen sei. Während er mit Miß Sara Sampson (1755) die neue Gattung des bürgerlichen Trauerspiels ausprobierte, mit der Minna von Barnhelm(1767) die Möglichkeiten des ernsten Lustspiels voll ausschöpfte und in der Emilia Galotti (1772) die Tragödie dem Geschmack und der Weltanschauung des 18. Jh.s anzupassen versuchte, trieb er im Nathan (1779) die Mischung des ernsten und komischen Dramas weiter. Das aus rührenden, ernsten und komischen Elementen bestehende historische Familienstück erfüllt noch am ehesten Lessings Bedingungen der ernsten Komödie.

Historischer Hintergrund Geschichtlicher Hintergrund ist bei Lessing der dritte Kreuzzug der Jahre 1189 bis 1192. Seit 1187 hatten muslimische Truppen unter Führung von Sultan Saladin Jerusalem zurückerobert, woran auch ein neues Kreuzfahrerheer nichts ändern kann, das unter der Führung des englischen Königs Richard Löwenherz und des französischen Königs Philipps II. (der deutsche König Friedrich Schaubild zur Figurenkonstellation: Barbarossa stirbt auf dem Weg nach Jerusalem) in Palästina auf den Plan tritt. 1192 kommt es zum Waffenstillstand Saladins mit 8

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seinen christlichen Kontrahenten. Und genau zu diesem Zeitpunkt lässt Lessing seine erfundene Geschichte spielen.

Die Figuren Nathan: ist ein wohlhabender, jüdischer Kaufmann, vom Volk nicht ohne Grund „der Weise“ genannt. Er besticht durch Scharfsinn und Güte gleichermaßen. Als er vom Sultan nach der wahren Religion gefragt wird, antwortet er mit einer bekannten Geschichte, der Ringparabel. Was niemand weiß: Seine Tochter Recha ist gar nicht seine leibliche Tochter. Er nahm sie von christlichen Eltern als Säugling in Pflege, nachdem seine eigene Familie von Christen ermordet worden war. Recha: ist Nathans Tochter. Sie hat keine Ahnung davon, dass Nathan nicht ihr leiblicher Vater und sie selbst keine Jüdin ist. Bei einem Hausbrand – Nathan ist gerade verreist – wird sie von einem Tempelherrn aus den Flammen gerettet. Daja: ist Nathans Haushälterin bzw. Rechas Gesellschafterin, eine Christin. Sie kennt sein Geheimnis und empfindet es als große Sünde, ein Christenmädchen als Jüdin heranzuziehen. Ansonsten allerdings empfindet sie ihren Herrn als ausgesprochen guten Menschen. Der Tempelherr: ist als Kreuzritter nach Jerusalem gekommen. Er lehnt jeden Dank für seine Heldentat ab, denn von Juden will er nichts annehmen. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als er Nathan und Recha persönlich kennenlernt. Von Recha ist er so angetan, dass er sofort um ihre Hand anhält. Der Derwisch Al Hafi: ist ein alter Freund Nathans und momentan eigentlich gar nicht Derwisch, sondern des Sultans Schatzmeister. Diese Aufgabe erweist sich für ihn allerdings schwieriger als gedacht und er träumt heimlich davon, auszusteigen und sich nach Indien davonzumachen. Saladin: ist der Sultan Jerusalems, der für seine Großzügigkeit bekannt ist. Dies macht sich nur leider auch in seiner Schatzkammer bemerkbar. In der Hoffnung, sich von Nathan Geld borgen zu können, stellt er ihm eine knifflige Aufgabe: Er soll ihm sagen, welche der drei Religionen die einzig wahre sei. Sittah: ist des Sultans Schwester und eine kluge Strategin. Mehr als einmal hat sie ihren Bruder im Schach besiegt und es wird gemunkelt, dass sie es ist, die im Palast die Fäden in der Hand hält. Es ist ihre Idee, von Nathan mit Hilfe einer List Geld zu borgen. Der Klosterbruder: arbeitet für den Patriarchen, macht sich aber durchaus seine eigenen Gedanken. Im Laufe des Stückes gibt er sich als derjenige zu erkennen, der einst die kleine Recha im Namen seines damaligen Herrn an Nathan übergeben hat. Der Patriarch: ist das Oberhaupt der christlichen Gemeinde Jerusalems und ein grausamer Mann. Seiner Meinung nach gehört ein Jude, der ein Christenkind nicht als ebensolches erzieht, auf den Scheiterhaufen.

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Ringparabel Die Toleranzidee wurde schon im 14. Jahrhundert im Decamerone von Boccaccio ähnlich wie von Lessing veranschaulicht. Boccaccio erzählt die Geschichte vom Vater, der einen Ring, der seinen Träger vor den Menschen und vor Gott „angenehm“ macht, traditionell an denjenigen unter seinen Söhnen weitergibt, den er am meisten liebt. Dieses finden wir auch in leicht veränderter Form in der Schlüsselszene Lessings, der Ringparabel: In ihr lässt Saladin Nathan zu sich rufen und legt ihm die Frage vor, welche der drei monotheistischen Religionen er für die wahre halte. Nathan erkennt sofort die ihm gestellte Falle: Erklärt er seine Religion zur „einzig wahren“, muss Saladin das als Majestätsbeleidigung auffassen, schmeichelt er hingegen dem Sultan, muss er sich fragen lassen, warum er noch Jude sei. In beiden Fällen muss Nathan zahlen. Um einer klaren Antwort auszuweichen („Nicht die Kinder bloß, speist man mit Märchen ab“) antwortet er mit einem Gleichnis. Darin besitzt ein Mann ein wertvolles Familienerbstück: einen Ring, der über die Eigenschaft verfügt, seinen Träger „vor Gott und den Menschen angenehm“ zu machen, wenn derselbe Träger ihn „in dieser Zuversicht trug“. Dieser Ring wurde über viele Generationen hinweg vom Vater an jenen Sohn vererbt, den der Vater am meisten liebte. Doch nun tritt der Fall ein, dass der Vater drei Söhne hat und von ihnen keinen bevorzugen kann und möchte, sodass er von einem Künstler Duplikate des Ringes herstellen lässt. Er hinterlässt jedem Sohn einen Ring, wobei er jedem versichert, sein Ring sei der echte. Nach dem Tode des Vaters ziehen die Söhne vor Gericht, um klären zu lassen, welcher von den drei Ringen der echte sei. Der Richter aber ist außerstande, dies zu ermitteln. So erinnert er die drei Männer daran, dass der echte Ring die Eigenschaft habe, den Träger bei allen anderen Menschen beliebt zu machen; wenn aber dieser Effekt bei keinem der drei eingetreten sei, dann könne das wohl nur heißen, dass der echte Ring verloren gegangen sein müsse (auf die Frage, wann dies geschehen sein könnte, geht der Richter nicht explizit ein; theoretisch kann also auch der Ring des Vaters schon unecht gewesen sein). Daraufhin gibt der Richter den Söhnen den Rat, jeder von ihnen solle glauben, dass sein Ring der echte sei, dass sein Vater alle drei gleich geliebt habe und es deshalb nicht habe ertragen können, einen begünstigen und die beiden anderen kränken zu sollen, wie es die Tradition eigentlich erfordert hätte. Wenn einer der Ringe der echte sei, dann werde sich das in der Zukunft an der ihm nachgesagten Wirkung zeigen; jeder Ringträger solle sich bemühen, diese Wirkung herbeizuführen. Die Ringparabel gilt als ein Schlüsseltext der Aufklärung und als pointierte Formulierung der Toleranzidee.

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Die Ringparabel aus dem Stück zum Nachlesen: Nathan. Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten, Der einen Ring von unschätzbarem Wert Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein Opal, der hundert schöne Farben spielte, Und hatte die geheime Kraft, vor Gott Und Menschen angenehm zu machen, wer www.nextliberty.com 6 In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder, Dass ihn der Mann in Osten darum nie Vom Finger ließ; und die Verfügung traf, Auf ewig ihn bei seinem Hause zu Erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring Von seinen Söhnen dem Geliebtesten; Und setzte fest, dass dieser wiederum Den Ring von seinen Söhnen dem vermache, Der ihm der liebste sei und Kraft allein Des Rings der Fürst des Hauses werde. Versteh mich, Sultan. Saladin. Ich versteh dich. Weiter! Nathan. So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn, Auf einen Vater endlich von drei Söhnen; Die alle drei ihm gleich gehorsam waren, Die alle drei er folglich gleich zu lieben Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit Zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald der dritte Würdiger des Ringes; Den er denn auch einem jeden Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen. Das ging nun so, solang es ging. - Allein Es kam zum Sterben, und der gute Vater Kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort Verlassen, so zu kränken. - Was zu tun? Er sendet in geheim zu einem Künstler, Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes, Zwei andere bestellt, und weder Kosten Noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich, Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt, Kann selbst der Vater seinen Musterring 11

Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft Er seine Söhne, jeden insbesondre; Gibt jedem insbesondre seinen Segen, Und seinen Ring, - und stirbt. - Du hörst doch, Sultan? Saladin. (der sich betroffen von ihm gewandt): Ich hör, ich höre! - Komm mit deinem Märchen Nur bald zu Ende. Nathan. Ich bin zu Ende. Denn was noch folgt, versteht sich ja von selbst. Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jeder Mit seinem Ring, und jeder will der Fürst Des Hauses sein. Man untersucht, man zankt, Man klagt. Umsonst; der rechte Ring war nicht Erweislich; (nach einer Pause, in welcher er des Sultans Antwort erwartet) Fast so unerweislich, als Uns itzt - der rechte Glaube. Saladin. Wie? Das soll Die Antwort sein auf meine Frage? Nathan. Soll Mich bloß entschuldigen, wenn ich die Ringe Mir nicht getrau zu unterscheiden, die Der Vater in der Absicht machen ließ, Damit sie nicht zu unterscheiden wären. Saladin. Die Ringe! - Spiele nicht mit mir! - Ich dächte, Dass die Religionen, die ich dir Genannt, doch wohl zu unterscheiden wären. Nathan. Doch gründen alle sich nicht auf Geschichte? - Und Geschichte muss doch wohl allein auf Treu Und Glauben angenommen werden? Nicht? -

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Nun, wessen Treu und Glauben zieht man denn Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen? Wie kann ich meinen Vätern weniger Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. Das Nämliche gilt von den Christen. Nicht? Saladin. Der Mann hat recht. Ich muss verstummen. Nathan. Wie gesagt: die Söhne Verklagten sich; und jeder schwur dem Richter, Unmittelbar aus seines Vaters Hand Den Ring zu haben. - Wie auch wahr! - Der Vater, Beteurt' jeder, könne gegen ihn Nicht falsch gewesen sein; eh' müss' er seine Brüder Des falschen Spiels bezeihen; und er wolle die Verräter Schon auszufinden wissen; sich schon rächen. Saladin. Und nun, der Richter? - Mich verlangt zu hören, Was du den Richter sagen lässest. Sprich! Nathan. Der Richter sprach: Ich höre ja, der rechte Ring Besitzt die Wunderkraft beliebt zu machen; Vor Gott und Menschen angenehm. Das muss Entscheiden! Denn die falschen Ringe werden Doch das nicht können! - Nun; wen lieben zwei

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Von Euch am meisten? - Macht, sagt an! Ihr schweigt? Jeder liebt sich selber nur www.nextliberty.com 7 Am meisten? - So seid ihr alle drei Betrogene Betrüger! Eure Ringe Sind alle drei nicht echt. Der echte Ring Vermutlich ging verloren. Den Verlust Zu bergen, zu ersetzen, ließ der Vater Die drei für einen machen. Saladin. Herrlich! herrlich! Nathan. Und, fuhr der Richter fort, mein Rat ist der: Ihr nehmt die Sache völlig wie sie liegt. Es eifre jeder seiner unbestochnen Von Vorurteilen freien Liebe nach! Es strebe von euch jeder um die Wette, Die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag Zu legen! Und wenn sich dann der Steine Kräfte Bei euern Kindes-Kindeskindern äußern: So lad ich über tausend tausend Jahre Sie wiederum vor diesen Stuhl. Da wird Ein weisrer Mann auf diesem Stuhle sitzen Als ich; und sprechen. Geht! - So sagte der Bescheidne Richter. Saladin. Gott! Gott! Nathan. Saladin, Wenn du dich fühlest, dieser weisere Mann zu sein: ... Saladin. (der auf ihn zustürzt und seine Hand ergreift, die er bis zu Ende nicht wieder fahren lässt). Ich Staub? Ich Nichts? O Gott! Nathan. Was ist dir, Sultan? Saladin. Nathan, lieber Nathan! Sein Richterstuhl ist nicht der meine. Geh! - Geh! - Aber sei mein Freund.

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Praktisches| ANREGUNGEN FÜR DEN UNTERRICHT Rechercheaufträge zum historischen Hintergrund: 1. Thema: Tempelherr Was ist ein Tempelherr (andere Ausdrücke sind Tempelritter oder Templer)? Beschreiben Sie die Organisation der Tempelritter damals. Welche Grundsätze und Ziele hatten sie? Mit welchen Mitteln versuchten sie, ihre Ziele zu erreichen? Beschreiben Sie ihr Verhältnis zu anderen Religionen (Judentum, Islam). Welche Bedeutung hat der Patriarch für einen Tempelherrn? Benutzen Sie z. B. folgende Links, um die Aufgaben zu lösen: http://de.wikipedia.org/wiki/Templerorden www.tempelritter.at www. h e i l igenlexikon.de/index.htm?Glossar /Kreuzzug.htm http://mitglied.lycos.de/thwjf/ (mit Bildern) Zusatzaufgabe Die Organisation, der der Tempelherr angehört, gibt es heute noch. Wie sehen heute ihre Grundsätze und Ziele aus? www.tempelritterorden.de/start.html 2. Thema: Die Kreuzzüge Beschreiben Sie Ursachen und Anlässe für die Kreuzzüge. Wer waren die Teilnehmer und was waren ihre Beweggründe? Welchen Verlauf nahmen die ersten drei Kreuzzüge und wie endeten sie? Benutzen Sie z. B. folgende Links, um die Aufgaben zu lösen. www. h e i l igenlexikon.de/index.htm?Glossar /Kreuzzug.htm http://de.wikipedia.org (Suche nach „Kreuzzüge“) http://www.michaelmaxwolf.de/mittelalter/kreuzzuege/kreuzzuege.htm Bezug zum Drama Stellen Sie den Bezug her zwischen den Kreuzzügen und dem Drama „Nathan der Weise“. Belegen Sie den Zusammenhang durch Textinhalte. 3. Thema: Der historische Saladin Wie wurde Saladin Herrscher von Jerusalem? Charakterisieren Sie den historischen Saladin. Welche Eigenschaften und Haltungen werden ihm in der Geschichtsschreibung zugeschrieben? Gibt es Widersprüche? Benutzen Sie folgende Links, um die Aufgaben zu bearbeiten. http://de.wikipedia.org www.moschee-schluechtern.de/texte/raddatz/toleranzmythos.htm www.teachsam.de/deutsch/d_literatur/d_aut/les/les_dram/les_nathan/les_nathan_5_ub.htm Bezug zum Drama Welche Stellen in „Nathan der Weise“ zeigen eine Übereinstimmung zwischen dem historischen Saladin und Lessings Dramenfigur? Gibt es Bereiche, in denen sich die Dramenfigur vom historischen Saladin unterscheidet?

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4. Thema: Situation der Juden im Mittelalter Stellen Sie die Rechtsstellung der Juden im Mittelalter dar, z.B. in Bezug auf Bürgerrechte und Berufsausübung. Schildern Sie das Schicksal der Juden während der Kreuzzüge. Benutzen Sie folgende Links, um die Aufgaben zu lösen, http://www.judentum-projekt.de/ http://www.gymnasium-meschede.de/projekte/projekt12-02/deutsch/zensur.htm Bezug zum Drama Inwiefern ist das Verhalten des Tempelherrn gegenüber Nathan typisch für das Verhältnis zwischen Christentum und Judentum im Mittelalter? Zusatzaufgabe Vergleichen Sie die Situation der Juden im Mittelalter mit der zur Zeit der Aufklärung. Welche Wirkung hatte in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Lessing einen Juden zur positiven Hauptfigur seines Dramas machte? http://www.judentum-projekt.de/ http://www.gymnasium-meschede.de/projekte/projekt12-02/deutsch/zensur.htm

Kreative Aufgaben: Verfassen eines Textes: Charakterisieren Sie in Form eines Briefs, Tagebucheintrags oder Monologs eine der folgenden Personen aus dem Stück aus unterschiedlichen Perspektiven. Diese Charakterisierungen werden im Anschluss verglichen. • Nathan aus der Sicht von Recha, Daja, Tempelherr, Saladin, Derwisch • Tempelherr aus der Sicht von Nathan, Recha, Daja, Saladin • Saladin aus der Sicht von Sittah, Nathan, Tempelherr, Derwisch Darstellendes Spiel: Lesen Sie folgende Szenenabschnitte und üben Sie unterschiedliche Möglichkeiten des Sprachausdrucks (Betonung, Tonhöhe, Sprechgeschwindigkeit, Mimik, …): • Monolog Nathans (III, 4) • Gespräch Tempelherr – Patriarch (IV, 2) • Gespräch Tempelherr – Nathan (V, 5) Welche Religion ist „die wahre“? In III, 5 wird Nathan von Saladin aufgefordert, ihm zu sagen, welcher Glaube ihm am meisten einleuchtet. Nehmen Sie bitte an, dass Nathan sich für eine der drei Glaubensrichtungen entscheidet, und führen Sie in Gruppen Argumente für eine dieser Möglichkeiten an. (Dazu müssen Sie sich im Vorfeld mit den Religionen beschäftigen und geeignete Informationen sammeln. ) Führen Sie dann den Dialog mit Saladin fort.

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Praktisches|Vorbereitende Übungen Diese Vorbereitung ist vor allem eine thematische, inhaltliche Einführung. Anhand von Textfragmenten aus Nathan sollen sich die Schüler spielerisch mit Figuren und ihren Beziehungen beschäftigen. Ansatzweise lernen sie einige wichtige Figuren kennen und gewinnen einen groben Überblick Üer das Beziehungsgeflecht. Den Schülern wird auβerdem die Handlung von „Nathan der Weise“ bekannt gemacht. Hoch- und Tiefstatus Absicht Ankommen. Einstimmung in das Thema. Material Dauer 15 Minuten Ablauf TN gehen kreuz und quer durch den Raum, ohne miteinander Kontakt aufzunehmen. Während des Gehens sollen sie sich folgende Fragen stellen: Wie fühle ich mich im Moment? – Groβ und stark? Oder klein und schwach? – Wie ist meine momentane Stimmung? – Bin ich zufrieden oder missgestimmt? Und so weiter. TN stellen sich vor, eine mutige Person zu seine, die über allem steht und alles bestimmen kann. Sie bewegen sich entsprechend. – Allmählich nehmen sie beim Vorbeigehen Blickkontakt zu den Andern auf. TN werden aufgefordert, wieder in ihrer gewohnten Art zu gehen. Dann stellen sich die TN vor, eine unbedeutende Person, ohne Recht und Einfluss zu sein. Jemand, der kaum wahrgenommen wird. TN sollen entsprechend gehen. – Allmählich nehmen sie beim Vorbeigehen wieder Blickkontakt zu den Andern auf. Abschlieβend sollen die TN die Schwäche abschütteln und wieder in ihrer gewohnten Art gehen. Eventuell kurzer Austausch darüber, wie sie sich in den zwei gegensätzlichen Positionen gefühlt haben, sowie Auswirkung auf Körper und Stimmung. Einführung der Theater-Begriffe „Hochstatus“ (Verkörperung von Stärke, Macht usw.) und „Tiefstatus“ (Schwäche, Einflusslosigkeit usw.). Diskutieren Sie, was Status mit dem Stück „Nathan der Weise“ zu tun hat und welche Bedeutung dem Statusgedanken in der Inszenierung zukommen könnte. Variante A: Begegnungen (wie z.B. Begrüßungen) zwischen den TN zulassen. Variante B: Klasse halbieren. Die eine Hälfte ist „mutig“ bzw. im Hochstatus, die andere „schwach“ bzw. im Tiefstatus. Standbild: Figuren und ihre Beziehungen Absicht Beziehungsgeflecht vom Papier in die 3. Dimension bringen Material Im Vorfeld der Übung sollte das Beziehungsgeflecht der Figuren aus „Nathan der Weise“ besprochen worden sein. Dazu ein Plakat mit Beziehungsgeflecht erstellen, das die TN vor Augen haben. Dauer 15 Minuten Ablauf Klasse dritteln in Spieler, Bildhauer und Zuschauer. Ein Bildhauer nennt eine Figur aus „Nathan der Weise. Er positioniert einen Spieler auf der Spielfläche und bringt ihn in eine für die genannte Figur typische Körperhaltung. Der Spieler verharrt in der Position. Ein anderer Bildhauer nennt eine 2. Figur und positioniert einen 2. Spieler in Bezug zum ersten, usw. Die erarbeitete Darstellung des Beziehungsgeflechts (Plakat) dient zur Orientierung. Die Distanz zwischen den Figuren und die Blickrichtungen sollten möglichst beachtet werden. (Je nach Klassengröße können die 7 Figuren mit einer weiteren ergänzt werden.) Ist das Standbild mit den 7 Figuren fertig, stellt sich neben jeden Spieler ein Bildhauer. Dieser merkt sich Position und Körperhaltung „seines“ Spielers. Dann bittet er den Spieler den Platz zu verlassen und nimmt dessen Position ein. Die ehemaligen Spieler können das Standbild nun auch betrachten. Rollenwechsel: Zuschauer werden zu Bildhauern, Bildhauer zu Spielern und Spieler zu Zuschauern. Nochmals gleicher Ablauf wie oben, wobei die Bildhauer aber ein neues Standbild kreieren. Letzter Rollenwechsel und Durchgang. Ev. die drei Standbilder fotografieren. 15

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Praktisches|Nachbereitung Folgende Übungssequenzen eignen sich für eine Nachbereitende Reflektion der gesehenen Inszenierung. Kugellager-Diskussion zur Inszenierung Absicht Stückfabel und Inszenierung in Erinnerung rufen Material Dauer 15 Minuten Ablauf Klasse halbieren. Stehend zwei konzentrische Kreise bilden. Der innere Kreis schaut nach auβen, der äuβere Kreis schaut nach innen, so dass sich immer zwei Personen gegenüberstehen. Der Spielleiter nennt ein Stichwort zur besuchten Nathan- Inszenierung. TN sagen darauf ihrem Gegenüber, was ihnen spontan dazu einfällt und diskutieren kurz. Nach jedem Stichwort-Gespräch (ca. 90 Sekunden) rotiert der innere Kreis um eine Person weiter, so dass neue Diskussions-Paare entstehen. Beispiele: • Story von „Nathan der Weise“ Schluss des Stücks, die Sprache, das Bühnenbild und die Kostüme • Mein Lieblingsdarsteller/meine Lieblingsfigur • Das hat mir an der Inszenierung besonders gut gefallen • Das hat mir überhaupt nicht gefallen. • Das habe ich nicht verstanden/das frage ich mich • Das fand ich besonders merkwürdig/bemerkenswert Diskutieren Sie folgende Aussagen – besonders unter Berücksichtigung der Kernaussagen des Stückes: • „Nathan der Weise“ ist deswegen noch aktuell, weil die Toleranz, für die der Text plädiert, immer noch nicht allgemein verbreitet ist. • Die friedliche Koexistenz verschiedener Völker und Religionen ist ein utopisches Ziel. • Toleranz ist für uns heute zu einer Norm, einem unhintergehbaren Teil unserer kulturellen Identität geworden. Beobachtungsaufgabe: Während dem Aufführungsbesuch haben Sie sich besonders mit einer Figur und einem Dialogpartner befasst. Besprechen Sie folgende Fragen und ergänzen Sie Ihre Notizen. Anschlieβend stellen Sie die Resultate der Klasse vor. • Um welche beiden Figuren handelt es sich? Wie wurden diese Figuren dargestellt? (Aussehen, Charakter, Handlungen, Bewegungen, …) • Wie wurde die Beziehung zwischen den beiden Figuren dargestellt? (Nähe-Distanz, Beziehungsqualität usw.) • In jeder Inszenierung wird eine Figur (z.B. Nathan) anders dargestellt. Was macht „Ihre“ Figur in dieser Inszenierung einzigartig/besonders? Zeitungsbericht Schreiben Sie einen Zeitungsbericht über die Nathan-Inszenierung, die Sie mit Ihrer Klasse besucht haben. Dieser Bericht soll sowohl positive als auch kritische Momente der Inszenierung beleuchten. Die Frauenfiguren In Nathan der Weise gibt es drei Frauenfiguren (Recha, Daja, Sittah). Charakterisieren Sie diese, ziehen Sie Vergleiche und beschreiben Sie, wie die drei Frauen in dieser Inszenierung dargestellt werden.

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Quellen: Zur Erstellung der vorliegenden Materialmappe wurden folgende Quellen benutz: Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen. Stuttgart: Reclam 1994, 2000. (= Reclams Universalbibliothek. 3.) Düffel, Peter: Anmerkungen. In: Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen. Stuttgart: Reclam 1994, 2000. (= Reclams Universalbibliothek. 3.) Kuschel, Karl-Josef: „Jud, Christ und Muselmann vereinigt?“ Lessings „Nathan der Weise“. Düsseldorf: Patmos 2004. Rinnert, Andrea: Gotthold Ephraim Lessing. Nathan der Weise. Interpretiert von Andrea Remmert. Stark-Verlag 2010 http://gutenberg.spiegel.de http:// www.landestheater-linz.at/ http://www.philipphauer.de/info/d/nathan-der-weise-szenarium/ http://www.theater-senftenberg.de/ http://wikipedia.org/wiki/Nathan_der_Weise

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