Ohne Barriere - Dr. med. Jürgen Seifert

January 9, 2018 | Author: Anonymous | Category: Sozialwissenschaften, Psychologie, Klinische Psychologie
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„Ohne Barriere“ Versorgung psychisch kranker, schwer und mehrfach behinderter Kinder

Jürgen Seifert Würzburg

Inhalt     

Historische Aspekte Rechtliche Aspekte Versorgungsbedarf Inanspruchnahme Psychosoziale Versorgung für Menschen mit Behinderung  Kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung für Menschen mit Behinderung  Multimodale Konzepte  Beispiel: Klinik am Greinberg

Historische Kontexte 1. Die Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ zur Zeit des Nationalsozialismus 1933-45. 2. Nach dem Krieg: Die „Oligophrenieabteilungen“ der psychiatrischen Landeskrankenhäuser und die Betreuungsbedingungen in den Anstalten der Behindertenhilfe  Enthospitalisierung 1980/1990 3. Die „Entdeckung der Seele“ von Menschen mit geistiger Behinderung in den 1980/90er Jahren in Deutschland 4. Der neue Rechtsrahmen: Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Historischer Kontext 2. Nach dem Krieg: Die „Oligophrenieabteilungen“ der psychiatrischen Landeskrankenhäuser und die Betreuungsbedingungen in den Anstalten der Behindertenhilfe  Verwahrung, Sicherung der (physiologischen) Grundbedürfnisse Keine Diagnostik, keine Therapie, keine Rehabilitation  „Brutale Realität“ und „elende menschenunwürdige Verhältnisse“ (Psychiatrie-Enquête 1975)

Normalisierung und Integration Weitere Forderung der Psychiatrie-Enquête 1975 :  „Die Versorgung psychisch Kranker und erwachsener geistig Behinderter muß getrennt werden. Geistig Behinderte leben in psychiatrischen Krankenhäusern überwiegend nur deshalb, weil andere beschützende Wohnangebote für sie fehlen ... Die Versorgung erwachsener geistig behinderter Menschen soll künftig nicht mehr innerhalb psychiatrischer Behandlungszentren stattfinden“.

 Enthospitalisierung: 1980 bis weit in die 1990er Jahre  Das psychiatrische Versorgungssystem entledigte sich der Verantwortung für Menschen mit geistiger Behinderung

UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen  … ist also zu verstehen auf dem Hintergrund auf der historischen Erfahrungen, dass Menschen mit Behinderungen in der Wahrnehmung und Verwirklichung ihrer allgemeinen Rechte weltweit und in allen Gesellschaften mehr oder weniger eingeschränkt wurden und werden;  .. ist daher ein Signal für eine andauernde Bedrohungssituation, das zu dringendem politischen Handeln auffordert.

UN-Konvention und gesundheitliche Versorgung (1)

Recht auf Gesundheit (Art. 25) Recht auf ein „erreichbares Höchstmaß von Gesundheit“ Verfügbarkeit: „eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard … wie (bei) anderen Menschen“, und so gemeindenah wie möglich

UN-Konvention und gesundheitliche Versorgung (3)

 Schaffung spezialisierter gesundheitsbezogener Angebote für Menschen mit Behinderungen  „Verschiedenheit akzeptieren (…) heißt auch,

Verschiedenartigkeit von Behandlungsnotwendigkeiten akzeptieren und spezifische Behandlungsdifferenzierungen praktizieren“ (wenn sie eine Qualitätsverbesserung und adäquate Therapiemöglichkeiten bedeuten) (Wunder, 2011)

UN-Konvention und psychiatrischpsychotherapeutische Versorgung (3) Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung und zusätzlichen psychischen Störungen müssen uneingeschränkt das psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungssystem nutzen können!  Keine Barrieren der Inanspruchnahme

 Standardgemäße Diagnostik und Therapie  Berücksichtigung ihrer speziellen Voraussetzungen und Bedürfnisse

Versorgungsbedarf Welches Ausmaß hat das Problem?

Stand der Wissenschaft Grundkonsens ? 1. Menschen mit geistiger Behinderung haben eine 3-4mal höheres Risiko, eine psychische Störung zu entwickeln als nicht intelligenzgeminderte Menschen.

2. Bei Menschen mit geistiger Behinderung können alle Formen von Verhaltensauffälligkeiten, Problemverhalten und psychischen Störungen auftreten. 3. Die Art und Weise, wie sich diese Auffälligkeiten darstellen („Symptomatik“, „Ausgestaltung“), wird erheblich vom Schweregrad der intellektuellen Beeinträchtigung beeinflusst.

Prävalenz psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung

RUTTER et al. (1970)

Totalerhebung (Isle of Wight-Studie) Kinder mit IQ 4,5 Std. pro Schüler in der Woche

Pädagogisches Konzept  Grundlage: Lehrplan für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung  gekoppelt mit individueller Therapieplanung  Normalität und Struktur während des Klinikaufenthaltes  Integration verhaltenstherapeutischer Maßnahmen  Strukturierung der Arbeitssituation und flexible Gestaltung des Lernsettings  Flexibilität und Sicherheit im Team

Anforderung an Therapeuten  Ausdauer und Geduld  Veränderungen und Entwicklung benötigen mehr Zeit, durchschnittliche Liegezeit KaG deutlich höher als stationäre Behandlung Nichtbehinderter, einzelne Therapieeinheiten kürzer, dafür öfter)

 Beachtung Übertragung und Gegenübertragung  besondere Herausforderungen durch auto- und fremdaggressives Verhalten, aber auch Kotschmieren und Urinieren, anhaltendes Schreien, etc.

 Vertrauen und angemessene Distanz  Keine Scheu, kein Ekel, keine Angst

Anforderung an Therapeuten  haltende und stützende Atmosphäre  Kombination sprachlicher und nichtsprachlicher Anteile  Phantasie und Flexibilität  Teamfähigkeit  Kritikfähigkeit  Interprofessionelle Zusammenarbeit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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