Psychische Störungen - Rheinische Kliniken Düsseldorf

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Gesundheitswissenschaften, Psychiatrie
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Einführung in die Psychiatrie: Fachdifferenzierung, Historie, Schwerpunkte, Krankheitskonzepte Univ.-Prof. Dr. med. W. Gaebel Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie LVR-Klinikum Düsseldorf Kliniken der Heinrich-Heine Universität Bergische Landstr. 2 40629 Düsseldorf © Wolfgang Gaebel

Propädeutik der Psychiatrie • Einführung in die Psychiatrie • Der diagnostische Prozess (I) Diagnosesysteme, Explorationsverfahren (II) Psychopathologie (III) Zusatzdiagnostik, Zukunft der Diagnostik • Der therapeutische Prozess (I) Therapieverfahren in der Psychiatrie (II) Versorgungsstrukturen (III) Psychotherapieverfahren (IV) Rechtliche Aspekte (V) Suizidalität und Notfälle © Wolfgang Gaebel

Literaturempfehlungen Gaebel, W. und Müller-Spahn, F.: Diagnostik und Therapie psychischer Störungen. 2002. Kohlhammer, Stuttgart, EUR 49,90 Berger, M.: Psychische Erkrankungen. Klinik und Therapie. 3. neu bearbeitete Auflage, 2009. Urban & Fischer, Heidelberg, EUR 199,00 Möller, H.-J., Laux, G., Kapfhammer, H.-P.: Psychiatrie und Psychotherapie. 3. Auflage 2007, SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, EUR 199,95 Freyberger, H. J., Schneider, W. und Stieglitz, R.-D. (Hrsg.): Kompendium Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin. 11. vollst. erneuerte und erw. Aufl. 2002. Karger, Basel Freiburg Paris, EUR 64,49 Möller, H.-J., Laux, G. Deister, A.: Psychiatrie und Psychotherapie. 3. vollständig überarb. und erw. Auflage, 2005, Thieme-Verlag, Stuttgart, EUR 49,95 (Duale Reihe)

Arolt, V., Dilling, H. und Reimer, C.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. 6. Auflage, 2006, Springer, Berlin Heidelberg New York, EUR 19,95 Dilling, H., Mombour, W. und Schmidt, M. H.: Internationale Klassifikation psychischer Störungen, Klinisch-diagnostische Leitlinien. 4. korr. u. erg. Aufl. 2004, Huber, Bern Göttingen Toronto, EUR 26,95 Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie: Das AMDP-System. Leitfaden zur Dokumentation psychiatrischer Befunde. 8. überarb. Auflage 2006; Hogrefe, Bern, EUR 19,95 Fähndrich, E. und Stieglitz, R.-D.: Leitfaden zur Erfassung des psychopathologischen Befundes. Halbstrukturiertes Interview anhand des AMDP-Systems. 3. überarbeitete Aufl. 2006, Hogrefe, Bern, EUR 19,95 Benkert, O. und Hippius, H.: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, 7. Auflage, 2008, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, EUR 34,95 © Wolfgang Gaebel

Einführung in die Psychiatrie • Was ist Psychiatrie? • Was sind psychische Störungen? • Wie häufig sind psychische Störungen? • Wie entstehen psychische Störungen?

• Wie werden psychische Störungen behandelt?

© Wolfgang Gaebel

Erstes psychiatrisches Lehrbuch (1803)

Johann Christian Reil (1759-1813) • Professor der Medizin und Stadt-Physikus in Halle • prägte die Bezeichnung Psychiatrie = ärztliche Seelenheilkunde

© Wolfgang Gaebel

Historische Konzepte (I) Wilhelm Griesinger (1817-1868) • Krankheitseinheit • Geisteskrankheiten sind Erkrankungen des Gehirns

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Historische Konzepte (IV) Karl Jaspers (1883-1969) • Allgemeine Psychopathologie

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Historische Konzepte (V) Kurt Schneider (1887-1967) • Klinische Psychopathologie • Symptome ersten Ranges bei Schizophrenie

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Historische Konzeptentwicklung psychischer Störungen

21. Jahrhundert

neurobiologisch

20. Jahrhundert

Somatiker Psychoanalyse Psychopharmakologie Sozialpsychiatrie Neurowissenschaften ?

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psychosozial

Psychiker

19. Jahrhundert

Entwicklung der Psycho-Neuro-Fächer in Deutschland Innere Medizin

Neurologie

Psychiatrie

Nervenheilkunde

Innere Medizin

Neurologie und Psychiatrie

Psychologie Neurologie Psychologische Psychotherapie © Wolfgang Gaebel

Psychiatrie und Psychotherapie

Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Arbeitsschwerpunkte und Zugangsweisen der Neuro-Psycho-Fächer Psyche Psychiatrie

Gehirn

PERSON

Psychosomatik

Neurologie Körper

UMWELT

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Schnittstellen der Psychiatrie zu anderen Disziplinen Theologie

Pharmakogenetik

Philosophie

Sozialwissenschaften

Psychiatrie

Spezielle Neurowissenschaften2

Psychologie 1Neurologie,

Neuropathologie, Neurochirurgie

Psychosomatik

traditionell © Wolfgang Gaebel

Molekularbiologie/ -genetik

Allgemeine Neurowissenschaften1

2Neuroimaging,

Neurophysiologie, Neurochemie, Neuroinformatik

zukünftig zunehmend

Begriffsdefinitionen (I) Begriff

Bedeutung

Psychiatrie

Lehre von der Diagnostik, Therapie, Prävention und Rehabilitation psychischer Störungen einschließlich ihrer wissenschaftlichen Erforschung und Lehre

Psychopathologie

deskriptive Erfassung von gestörtem seelischen Erleben, Verhalten und Befinden, Grundlagendisziplin der Psychiatrie

„Biologische Psychiatrie”

beschäftigt sich mit den biologischen Ursachen sowie Grundlagen biologisch orientierter Therapie von psychischen Störungen. Forschungsschwerpunkte: kognitive Prozesse, Emotionalität und ihre biologischen Substrate; genetische Ursachen psychischer Störungen; Psychopharmakologie; Stressforschung; Schlafforschung

„Sozialpsychiatrie”

beschäftigt sich mit der Bedeutung von sozialen Einflüssen auf die psychische Gesundheit und Krankheit Forschungsschwerpunkte: Epidemiologie, psychiatrische Versorgung, Lebensqualität, Gesundheitsökonomie

Neurologie

Lehre von der Diagnostik, Therapie und Prävention von organischen Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems einschliesslich ihrer wissenschaftlichen Erforschung und Lehre

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Begriffsdefinitionen (II) Begriff

Bedeutung

Psychosomatik

beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen somatischen Erkrankungen und psychischen Störungen

Psychologie

Lehre von den Formen und Gesetzmässigkeiten des normalen Erlebens und Verhaltens, umfasst folgende Teilgebiete: allgemeine Psychologie, klinische Psychologie, Persönlichkeitspsychologie, Entwicklungspsychologie, Sozialpsychologie, physiologische Psychologie, Neuropsychologie

Psychopharmakologie

Lehre von der Beeinflussung psychischer Prozesse durch psychotrop wirksame Pharmaka (Psychopharmaka), eigenständige, interdisziplinäre Wissenschaft (Grundlagenund klinische Forschung)

Psychotherapie

Behandlung psychischer, aber auch körperlicher Störungen mit psychologischen Mitteln, insbesondere mit speziellen Gesprächstechniken und übenden Verfahren. Im allgemeinen wird eine einsichtsorientierte von einer stützenden Psychotherapie unterschieden. Die Methoden sind sehr vielfältig. Dazu zählen u.a. tiefenpsychologisch-analytische Verfahren, Verhaltenstherapie, Paar- und Familientherapie, körperbezogene Therapiemethoden, autosuggestive, übende und entspannende Verfahren

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Einführung in die Psychiatrie • Was ist Psychiatrie? • Was sind psychische Störungen? • Wie häufig sind psychische Störungen? • Wie entstehen psychische Störungen?

• Wie werden psychische Störungen behandelt?

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Psychische Störungen - Definition Psychische Störungen sind ... • • • • •

Störungen im Erleben, Befinden und Verhalten (psychopathologisches Syndrom), begleitet von psycho-neurobiologischen und ggf. somatischen Funktionsstörungen, verursacht/bedingt durch ein Zusammenspiel neurobiologischer und psychosozialer Faktoren, deren Verlauf sich mit wechselnder Ausprägung über die ganze Lebensspanne erstrecken und deren Verlaufsausgang – – – – –

durch störungsspezifische Beeinträchtigungen (impairments), psychosoziale Behinderungen (disabilities) und Benachteiligungen (handicaps) sowie somatische (z.B. Suchterkrankungen) und vitale Komplikationen (z.B. Suizid)

gekennzeichnet sein kann.

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Triadisches diagnostisches System der Psychiatrie Somatologische Ordnung Hirnbeteiligende körperliche Erkrankungen

Folgen von Krankheiten

I. Körperlich begründbare (exogene, organische) Psychosen und Defektzustände

(Primäre) Hirnkrankheiten

II. Endogene Psychosen

III. Abnorme Variationen seelischen Wesens

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Intoxikationen Infektionskrankheiten Andere interne Erkrankungen

Paralyse Andere entzündliche Hirnkrankheiten Hirnverletzungen Hirngefäßprozesse Senile Hirnerkrankungen Systematische Atrophien Tumore MS Epilepsie

? ?

Psychologische Ordnung

Akut: Bewußtseinstrübung Chronisch: Persönlichkeitsveränderung und Demenz

Zyklothymien Schizophrenien

Abnorme Verstandesanlagen (Oligophrenien) Abnorme Persönlichkeiten (Psychopathien) Abnorme Erlebnisreaktionen und Persönlichkeitsentwicklungen (Neurosen) Abnorme Triebanlagen (sexuelle Abnormitäten) Suchten (Alkohol- und Drogenabhängigkeit)

Störungsklassen nach ICD-10 F0

F1 F2 F3 F4 F5 F6 F7 F8 F9 F99

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Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen Affektive Störungen Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen oder Faktoren Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Intelligenzminderung Entwicklungsstörungen Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend Nicht näher bezeichnete psychische Störungen

Einführung in die Psychiatrie • Was ist Psychiatrie? • Was sind psychische Störungen? • Wie häufig sind psychische Störungen? • Wie entstehen psychische Störungen? • Wie werden psychische Störungen behandelt?

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Epidemiologie (I) Lebenszeitprävalenz psychischer Störungen (%)

Weltweit

ca. 25% World Mental Health Report, 2001

Europa

mind. 27% EU-Grünbuch

Deutschland

42,5% Jacobi et al., 2004

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Top DALYs 2002 1 perinatale Erkrkg. 2 Atemwegsinfektion 3 HIV/AIDS 4 Depressionen 1 Neoplasien 2 KHK 3 zerebrovask. 4 Depressionen 1 Neoplasien 2 kardiovask 3 Depressionen 4 zerebrovask.

Epidemiologie (II) Häufigkeit psychischer Störungen in Deutschland - Die 12-Monatsprävalenz liegt bei ca. 32% (Bundesgesundheitssurvey 2001)

- Etwa 70%ige Zunahme der Zahl der durch psychische Störungen verursachten AU-Fälle im Zeitraum 1997-2004, nach einem kurzen Plateau aktuell weitere Zunahme (DAK Gesundheitsreport 2005, BEK Report 2008)

- 28% aller Renten wg. Berufsunfähigkeit wurden 2002 aufgrund von psychischen Störungen bewilligt, 1983 waren es nur 9% (Verband der Rentenversicherungsträger) © Wolfgang Gaebel

Inanspruchnahme verschiedener Stufen des psychiatrischen Versorgungssystems Gemeinde Häufigkeit seelischer Störungen in der Bevölkerung 25%

Hausärztliche Versorgung Gesamtheit aller vom Allgemeinarzt seelischen Störungen erkannte in allgemeinärztlicher seelische Störungen Behandlung 14% 23%

(1.Filter) Haupteinflussfaktor

Krankheitsverhalten

Schlüsselperson

Patient

Einflussfaktoren auf Schlüsselpersonen

Art und Schweregrad der Symptome; Art der Krankheitsbewältigung

andere Einflussfaktoren

Einstellung des sozialen Umfelds; Verfügbarkeit und Zugänglichkeit der Versorgungseinrichtungen

(2.Filter)

Psychiatrischpsychotherapeutische Versorgung Gesamtheit seelischer Störungen in psychiatrischer Behandlung 1,7%

Seelische Störungen in stationär psychiatrischer Behandlung

(3.Filter)

(4.Filter)

Krankheitserkennung Überweisung zu psychiatrischer Behandlung Allgemeinarzt Allgemeinarzt Ausbildung, Einstellung zu psychisch Kranken, Persönlichkeitsfaktoren

Ausbildung, Vertrauen auf eigene Fähigkeit, Verfügbarkeit und Qualität psychiatr. Dienste; Einstellung gegenüber Nervenärzten Einstellung des Darstellung der Krankheitssymptome, Patienten und der Angehörigen soziodemographische Merkmale des Patienten

0,6% Stationäre Zuweisung

Nervenarzt Bettenangebot, Verfügbarkeit ergänzender gemeindepsychiatrischer Angebote

Aus: Goldberg & Huxley (1980), modifiziert nach Rössler & Salize (1995), in: DGPPN (1997) © Wolfgang Gaebel

Einführung in die Psychiatrie • Was ist Psychiatrie? • Was sind psychische Störungen? • Wie häufig sind psychische Störungen? • Wie entstehen psychische Störungen?

• Wie werden psychische Störungen behandelt?

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Entwicklung psychischer Störungen im Erwachsenenalter Psychosoziale Risiko- und Schutzfaktoren in Kindheit und Jugend Biopsychosoziale Risikofaktoren

Biopsychosoziale Schutzfaktoren

Niedriger sozioökonomischer Status

Dauerhafte gute Beziehung zu mindestens einer Bezugsperson

Mütterliche Berufstätigkeit im ersten Lebensjahr

Grossfamilie/kompensatorische Elternbeziehungen

Schlechte Schulbildung der Eltern

Gutes Ersatzmilieu nach frühem Mutterverlus

Grosse Familien, sehr wenig Wohnraum

Überdurchschnittliche Intelligenz

Kriminalität oder Dissozialität eines Elternteils

Robustes, aktives und kontaktfreudiges Temperament

Chronische Disharmonie

Sicheres Bindungsverhalten

Unsicheres Bindungsverhalten

Soziale Förderung

modifiziert nach Egle et al. (1997) © Wolfgang Gaebel

Entstehung und Verlauf psychischer Störungen am Beispiel der Depression (I) Gesteigerte Vulnerabilität durch Traumata in der Kindheit

Genetische Disposition (EZ 50 - 80% Konkordanz)

Jahre © Wolfgang Gaebel

Psychosoziale oder physische Stressoren Depressivität

Monate

Entstehung und Verlauf psychischer Störungen am Beispiel der Depression (II) Psychotherapie + Soziotherapie

Somatische Faktoren z.B. Infekte, Reserpin

Neurobiologische Störung z.B. Transmitter-Imbalance

Psychosoziale Faktoren z.B. Überforderungen, Verlusterlebnisse Antidepressiva Psychotherapie + Soziotherapie

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Depression (d.h. psychisches Leiden, soziale Beeinträchtigung)

Einführung in die Psychiatrie • Was ist Psychiatrie? • Was sind psychische Störungen? • Wie häufig sind psychische Störungen?

• Wie entstehen psychische Störungen? • Wie werden psychische Störungen behandelt?

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SOMATISCHE THERAPIEVERFAHREN

Somatotherapie

Pharmakotherapie Antidepressiva Neuroleptika Antidementiva Sedativa

Schlafentzugsbehandlung Elektrokrampftherapie (EKT) Lichttherapie Internistische Begleitbehandlung © Wolfgang Gaebel

PSYCHOTHERAPEUTISCHE VERFAHREN

Psychotherapie Tiefenpsychologische Verfahren Psychoanalyse Kognitive Therapie Verhaltenstherapie Interpersonelle Therapie

Familientherapie Gestalttherapie Psychologische Trainingsprogramme Training lebenspraktischer Kompetenz

© Wolfgang Gaebel

Autogenes Training Progressive Muskelrelaxation

SOZIOTHERAPIE UND REHABILITATION Sozio- und Rehabilitationstherapie

Wiedereingliederung am Arbeitsplatz

Training der Aktivitäten des täglichen Lebens

Wohnungssicherung Ergotherapie Beratung und Hilfen in Fragen der sozialen Hilfen und Wiedereingliederungsmaßnahmen

© Wolfgang Gaebel

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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