Quantencomputer und Quantenkryptographie – demnächst auch in

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Physik, Quantenmechanik
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Fakultät für Physik Universität Wien

Institut für Quantenoptik und Quanteninformation Österreichische Akademie der Wissenschaften

Den Quanten auf der Spur – von der Grundlagenforschung zum Quantencomputer Dr. Johannes Kofler Ars Electronica Center Linz, 25. August 2011

Überblick •

Einleitung



Quantenphysikalische Grundbegriffe  Superposition & Verschränkung  Bellsche Ungleichung



Quantenkryptographie  Funktionsweise  Realisierungen



Quantencomputer  Grundlagen  Algorithmen & Implementierungen



Ausblick

Entwarnung “Ich denke, ich kann getrost behaupten, dass niemand Quantenmechanik versteht.”

Richard Feynman

(Physik-Nobelpreis 1965 für eine der Formulierungen der Quantenmechanik)

Physik und Technik Klassische Physik

Quantenphysik

(ca. 30% des BIP der USA)

Zwei verschiedene Welten Klassische Physik Kontinuität Newtonsche und Maxwellsche Gesetze Definitive Zustände Determinismus „Makro-Welt“

Isaac Newton (1643–1727)

Ludwig Boltzmann (1844–1906)

Albert Einstein (1879–1955)

Quantenphysik Quantisierung SchrödingerGleichung

Superposition & Verschränkung Zufall „Mikro-Welt“

Niels Bohr (1885–1962)

Erwin Schrödinger (1887–1961)

Werner Heisenberg (1901–1976)

Licht besteht aus…

Christiaan Huygens (1629–1695)

Isaac Newton (1643–1727)

James Clerk Maxwell (1831–1879)

Albert Einstein (1879–1955)

…Wellen

…Teilchen

…elektromagnetischen Wellen

…Quanten

Elektromagnetische Wellen - Weißes Licht kann in Farben aufgespalten werden - Licht ist nur ein kleiner Teil des ganzen elektromagnetischen Spektrums

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetisches_Spektrum

Polarisation - Elektrischer Feldvektor schwingt rechtwinklig zur Ausbreitungsrichtung - Polarisatoren filtern eine bestimmte Polarisation (Schwingungsrichtung) heraus; zB. 3D-Fernsehen

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetisches_Spektrum

Klassischer Zufall Roulette

Wetter

Zufall ist nur subjektiv im Prinzip alles vorherberechenbar (deterministisches Chaos)

Quantenmechanischer Zufall Radioaktiver Zerfall

Photon auf Strahlteiler

Vorhersage für das Einzelereignis offenbar unmöglich Zufall ist objektiv

Photonen am Strahlteiler 50/50-Strahlteiler

Es klickt immer nur ein Detektor!

Detektor 1

Detektor 2

Das Doppelspalt-Experiment Klassische Physik

Quantenphysik

Teilchen

Wellen

Quanten

(zB. Sandkörner)

(zB. Schall, Wasser)

(Elektronen, Atome, Moleküle, Photonen, …)

Quelle: http://www.blacklightpower.com/theory/DoubleSlit.shtml

Welle-Teilchen-Dualismus Materie-Teilchen: Elektronen, Atome, Moleküle Licht-Teilchen: Photonen

Quanten interferieren (machen Streifen) wie Wellen, obwohl sie als einzelne Punkte auf den Schirm treffen (Welle-Teilchen-Dualismus) Superposition (Überlagerung): |  = |linker Spalt + |rechter Spalt

Makroskopische Superpositionen Möglich?

Oder unmöglich?

Quanten-Verschränkung Superposition: |  = | + | Alice

Bob

Basis: Resultat Basis: Resultat

Vertikal polarisiert Nichtlinearer Kristall UVLaser

B A

Horizontal polarisiert

Verschränkung (Mehrteilcheneigenschaft): |AB = |AB + |AB = |AB + |AB

/: /: /: /: /: /: /: /: lokal:

       

/: /: /: /: /: /: /: /:

       

zufällige Resultate

global: perfekte Korrelation

Quanten-Verschränkung

“Maximales Wissen über ein zusammengesetztes System bedeutet nicht notwendigerweise maximales Wissen über alle seine Teile, nicht einmal dann, wenn diese gänzlich voneinander getrennt sind und sich im Moment überhaupt nicht beeinflussen.” (1935)  Bei verschränkten Teilchen sind die gemeinsamen Eigenschaften perfekt definiert, die Einzeleigenschaften aber vollkommen unbestimmt

 Erst bei der Messung manifestieren sich die Einzeleigenschaften Erwin Schrödinger

Lokaler Realismus Realismus:

Objekte haben ihre Eigenschaften unabhängig von der Messung

Lokalität:

Messungen an einem Ort beeinflussen nicht die (gleichzeitigen) Messungen an einem anderen

Alice und Bob sind in zwei entfernten Laboratorien, bekommen Teilchen (zB. Würfel) und messen jeweils eine von zwei Größen (zB. Farbe und Parität) Messung 1: Messung 2:

Farbe Parität

Mögliche Werte:

Resultat: Resultat:

A1 (Alice), B1 (Bob) A2 (Alice), B2 (Bob)

+1 (gerade bzw. rot) –1 (ungerade bzw. schwarz)

Bob Alice

A1 (B1 + B2) + A2 (B1 – B2) = ±2 A1B1 + A1B2 + A2B1 – A2B2 = ±2 A1B1 + A1B2 + A2B1 – A2B2 ≤ 2

für alle lokal realistischen (= klassischen) Theorien

Lokaler Realismus Mit dem Quantenzustand

|AB = |AB + |AB kann die linke Seite der Bellschen Ungleichung (1964)

A1B1 + A1B2 + A2B1 – A2B2 ≤ 2 gleich 22  2,83 werden. Damit: 2,83 ≤ 2. B2

A2 A1

B1

John S. Bell

Fazit: Quantenmechanisch verschränkte Zustände verletzen die Bellsche Ungleichung und können daher nicht durch lokalen Realismus (dh. klassische Physik) beschrieben werden (Albert Einstein: „Spukhafte Fernwirkung“) Experimentell hundertfach bestätigt (Photonen, Atome etc).

Was ist die Aufgabe der Physik?

Albert Einstein (1879–1955)

Niels Bohr (1885–1962)

Was ist die Natur?

Was kann über die Natur gesagt werden?

Kryptographie Symmetrische Verschlüsselungsverfahren

Klartext

Verschlüsselung Geheimtext Entschlüsselung

Asymmetrische („public key“) Verfahren: zB. RSA (Internet)

Klartext

Beispiele aus der Antike Skytale

Caesar-Verfahren

(ca. 500 v. Chr.)

(ca. 50 v. Chr.)

Ältestes militärisches Verschlüsselungsverfahren

Geheimtext: „pszzia“

Schlüssel: Stabdurchmesser

Klartext: „bellum“

Neuzeit One-Time-Pad Idee von Gilbert Vernam (1917) Beweis der Sicherheit durch Claude Shannon (1949) [einziges Verfahren] Kriterien: - zufälliger und geheimer Schlüssel

- (mindestens) gleiche Länge wie der Klartext - nur einmal verwenden („one time“) Quantenmechanik kann das leisten:  Quantum Key Distribution (QKD) Idee: Wiesner 1969 & Bennett et al. 1984 (BB84)

Gilbert Vernam

Claude Shannon

Quantum Key Distribution (QKD) 0

0 1 1 0

1 1 0

Messbasis: / / / / / / / … Resultat:

0

1

1

0

1

0

1 …

Messbasis: / / / / / / / … Resultat:

0

0

1

0

1

0

-

Alice and Bob teilen sich Wahl der Messbasis mit (nicht die Resultate)

-

bei gleicher Basiswahl verwenden sie das (lokal zufällige) Resultat

-

der Rest wird verworfen

-

perfekte Korrelation ergibt den Schlüssel: 0110…

-

zwischendurch wählen sie weitere Messbasen und verletzen damit die Bell-Ungleichung; jedwedes Abhören würde detektiert werden

-

Sicherheit garantiert durch (quantenmechanische) Naturgesetze

0 …

Quantenkryptographie im Labor Erste Quantenkryptographie mit verschränkten Photonen (Wien, 2000) Alices Schlüssel

Original:

Bobs Schlüssel

Verschlüsselt:

Bitweises XOR

Entschlüsselt:

Bitweises XOR

Schlüssel: 51840 Bit, Bit Fehler Wahrsch. 0.4 %

Schlüssellänge: 51840 bit, Bit-Fehlerwahrscheinlichkeit: 0,4%

T. Jennewein et al., PRL 84, 4729 (2000)

8 Kilometer „free space“ über Wien (2005) Millennium Tower

Twin Tower

Kuffner Sternwarte

K. Resch et al., Opt. Express 13, 202 (2005)

144 Kilometer von Insel zu Insel (2007) Aktueller Weltrekord (Universität Wien, IQOQI Wien, Universität München):

Teneriffa

QKD mit 2,3 bit/s

T. Schmitt-Manderbach et al., PRL 98, 010504 (2007)

Erstes Quantenkryptographie-Netzwerk (2008) Wien – St. Pölten

41 Partner aus 12 Ländern 6 Knoten, 8 Links (davon einer free-space) 80 km, Rate: einige kbit/s http://www.secoqc.net/index.html

Tokio-Netzwerk (2010)

Partners: Japan: NEC, Mitsubishi Electric, NTT NICT Europe: Toshiba Research Europe Ltd. (UK), ID Quantique (Switzerland) and “All Vienna” (Austria). Toshiba-Link (BB84): 300 kbit/s über 45 km

http://www.uqcc2010.org/highlights/index.html

Der nächste Schritt

“Unsere zwei größten Probleme in der Weltraumfahrt sind die Schwerkraft und der Papierkram. Die Schwerkraft haben wir im Griff, aber der Papierkram ist manchmal überwältigend.” – Wernher von Braun (1958)

ISS (350 km Höhe)

Zeitlinie Quantenkryptographie Von der Idee zur Anwendung

2004 Kommerzielles Produkt

1991 Erstes Experiment BB84

1984 Idee (BB84)

Vorschlag Verschränkung

2000 Erstes Experiment mit Verschränkung Alices Schlüssel

Original:

2008 Wien-Netzwerk

ChinaNetzwerk

Bobs Schlüssel

Verschlüsselt:

Bitweises XOR

2010 Tokio-Netzwerk

Entschlüsselt:

Bitweises XOR

Schlüssel: 51840 Bit, Bit Fehler Wahrsch. 0.4 %

2004: QKD-Banküberweisung vom Wiener Rathaus zu einer Bank-Austria-Filiale (1,5 km) 2007: QKD-Übertragung der Parlamentswahlresultate des Kantons Genf nach Bern (100 km)

Das Mooresche Gesetz (1965)

Gordon Moore

Transistorgröße 2000  200 nm 2010  20 nm 2020  2 nm (?)

Computer und Quantenmechanik 1981: Die Natur kann am besten durch Quantenmechanik simuliert werden

Richard Feynman

1985: Formulierung des Konzepts eines Quantencomputers

David Deutsch

Bit vs. Quantenbit Bit

Qubit

0 |Q =

1 2

(|0 + |1)

1

„0“ oder „1“

„0“ und „1“

Quantenbit Allgemeiner Zustand eines Qubits:

Quantenbit:

Klassisches Bit:

0

P(„0“) = cos2(/2)

P(„1“) = sin2(/2)

 … Phase (Interferenz)

1

Viele physikalische Realisierungen:  Photonen-Polarisation:

|0 = |

 Elektronen/Atom/Kern-Spin: |0 = |up

|1 = | |1 = |down

 Atom-Energie-Niveaus:

|0 = |ground |1 = |excited

 Supraleitung-Fluss-Qubit:

|0 = |left

 etc…

|1 = |right

| = |0 + |1 |R = |0 + i |1

Schaltungen Klassischer Computer

Quantencomputer

Widerstände, Transistoren, etc.

zB. Strahlteiler, Polarisatoren

Quantencomputer

Klassischer Input 01101…

Präparation der Qubits

Messung der Qubits Evolution

Input und Output der Rechnung sind klassisch. Die Informationsverarbeitung ist quantenmechanisch.

Klassischer Output 00110…

Algorithmen Shor-Algorithmus (1994): 

Aufgabe: Primfaktor-Zerlegung einer b-Bit Zahl (RSA-Krypographie) 541  1987 = ? … einfach (polynomiell):  b3 Schritte 1074967 = ?  ? … schwer (exponentiell):  2b



1/3

Schritte

für b = 1000 (301-stellig im Dezimalsystem) bei 1000 Gigahertz: klassisch

quantenmechanisch

1024 Schritte

1010 Schritte

100000 Jahre

< 1 Sekunde

Peter Shor

Algorithmen Grover-Algorithmus (1996): 

Aufgabe: Datenbank-Suche in einer unsortierten Datenbank mit N Elementen (zB. eine markierte Seite in einem Buch finden)



klassisch: man muss im Schnitt das halbe Buch ansehen quantenmechanisch: man muss im Schnitt nur N Seiten ansehen Buchlänge

klassisch

quantenmechanisch

100 Seiten

50 Aufrufe

10 Aufrufe

1.000.000 Seiten

500.000 Aufrufe

1.000 Aufrufe

Lov Grover

Implementierungen Ionenfallen    

Elektrisch gefangene Ionen Qubits: Elektronen-Energieniveaus Operationen: Laserlicht oder Mikrowellen 14 verschränkte Ca-Ionen (IQOQI Innsbruck 2011)

Supraleiter    

Supraleitende Ringe (Festkörper) Qubits: Magnetische Flüsse Operationen: Magnetische Felder Verschränkung zwischen 4 SQUIDs (USA 2011)

Optik    

Photonen Qubits: Polarisation (oder Pfad) Operationen: Strahlteiler, Wellenplatten Datenbank-Suche für N = 4 (Uni Wien 2007)

Implementierungen Andere Festkörper-Möglichkeiten  NV-Zentren

 Quantenpunkte

 Spintronik

Ausblick – Quantenkryptographie: Grundlagenforschung fast abgeschlossen Anwendung denkbar: Banken, Ämter/Konzerne, Militär etc. Physikalische Implementierung: sicher Photonen – Quantencomputer:

Grundlagenforschung Anwendung vielleicht in ein bis drei Jahrzehnten: Forschung, Militär, Datenbanken etc. Physikalische Implementierung: noch unentschieden Problem: bisher wenige Algorithmen „Wenn ein erwiesener, älterer Wissenschaftler sagt, dass etwas möglich ist, dann hat er fast sicher recht. Wenn er sagt, dass etwas unmöglich ist, dann liegt er vermutlich falsch.“ – Arthur C. Clarke (1962)

Die Wiener Quantengruppe Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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