„Russische Musik“ Sonntag, 26. April 2015, 17.00

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Darstellende Kunst, Theater
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KLOSTER ST. URBAN / LU FESTSAAL

KONZERTZYKLUS _________________________________

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Kloster St. Urban – Festsaal Konzertprogramm 2015 www.st-urban.ch

„Russische Musik“ Sonntag, 26. April 2015, 17.00 Uhr PROGRAMM Michail I. Glinka

Streichquartett F-Dur (1830)

1803 – 1857

Alexander Borodin

Allegro spiritoso Andante con moto Menuetto - Allegro brillante Rondo – Allegretto

Scherzo (aus „Les vendredis“)

1833 – 1887

Igor Strawinsky

Trois pièces (1914) für Streichquartett

1882 – 1971 Canon für Streichquartett (1959) (in memoriam Raoul Dufy)

********* Dmitry Schostakowitsch 1906 – 1976

Klavierquintett g-moll op. 57 (1934)

Prelude - Lento Fuge - Adagio Scherzo – Allegretto Intermezzo – Lento Finale – Allegretto

Vladimir Guryanov – Klavier Caravaggio Quartett Basel Thomas Wicky-Stamm und Cosetta Ponte – Violinen Màtyàs Török – Viola, Ferdinando Vietti – Violoncello

www.connaissez-vous.ch

Zum Konzertprogramm Michail Iwanowitsch Glinka (1803 – 1857) gilt allgemein als der „Vater der russischen Musik“. Dieser Ruf gründet sich hauptsächlich auf seine beiden Opern „Ein Leben für den Zaren“ und „Ruslan und Ljudmila“, während seine Kammermusikwerke weitgehend in Vergessenheit geraten sind. Glinka wurde als Sohn eines Adligen auf dem Landsitz Novopasskoje bei Smolensk geboren. Vogelgesänge im Garten des herrschaftlichen Anwesens, sowie die lauten Glocken des nahen Klosters sind seine ersten und prägenden musikalischen Eindrücke. Ab 1817 studierte er am Adelsinstitut in St. Petersburg und nahm Klavierunterricht bei John Field. In diesen Jahren lernte er auch Johann Nepomuk Hummel kennen, dessen Kammermusik ihn besonders inspirierte. 1825 machte er die Bekanntschaft mit Alexander Puschkin. Glinkas Verbindung zu dem bekannten Poeten und die politischen Wirren der Zeit beeinflussten das Denken und Handeln des Komponisten. Auf Reisen nach Mailand lernte er Vincenzo Bellini, Gaetano Donizetti und Felix Mendelssohn kennen, was ihn dazu bewegte, in Berlin bei Siegfried Dehn ab 1833 Kompositionsunterricht zu nehmen. Glinkas Nationaloper „Ein Leben für den Zaren“ hiess zuerst „Iwan Susanow“ dessen Titelheld aus dem einfachen Volk stammt. Das behagte den adligen Kreisen gar nicht und zwang Glinka zu einer Namensänderung. Der Erfolg danach war beispielslos und brachte ihm sofort den Posten des Kapellmeisters in St. Petersburg ein. Glinkas Streichquartett aus dem Jahre 1830, ist noch ganz im Geiste Mozartscher Leichtigkeit geschrieben. Es finden sich in ihm aber auch die Gesanglichkeit des zeitgenössischen italienischen Opernschaffens. Alexander Borodin wurde 1833 als unehelicher Sohn des georgischen Fürsten Luka Gedewanischwili und dessen 24-jähriger Mätresse Awdotja Konstantinowna Antonowa geboren. Da der Fürst verheiratet war, liess er das Kind als den Sohn seines Dieners Porfiri Borodin registrieren. Borodin wuchs bei seiner Mutter in St. Petersburg auf und erwies sich als ausserordentlich talentiert. Neben den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch erlernte er auch das Spiel auf dem Klavier, der Flöte und dem Cello. 1850 begann er an der 1798 gegründeten Militärakademie für Medizin und Chirurgie in St. Petersburg ein Medizinstudium, entdeckte aber an der Akademie seine lebenslange Leidenschaft für die Chemie. 1856 bestand Borodin das Examen mit Auszeichnung und promovierte 1868 zum Dr. med. 1872 wurde er Professor für organische Chemie in St. Petersburg und folgte 1874 seinem Förderer Sinin auf den Lehrstuhl. Weltweit bekannt wurde Borodin indes weniger als Wissenschaftler, sondern als Komponist. Wie er es schaffte, neben seiner Professur an der Akademie noch Zeit für die Musik zu finden bleibt ein Rätsel. Das Scherzo in D-Dur entstand als Beitrag zu den Abendmusiken des berühmten St. Petersburger Musikmäzens Mitrofan Petrovitsch Beljajew. Igor Strawinsky ist für die Entwicklung der zeitgenössischen Musik ähnlich wichtig wie Pablo Picasso für die Malerei. Strawinskys Vater war Bassist an der St. Petersburger Oper. Während seines Jurastudiums, das er 1905 mit dem Staatsexamen abschloss, wurde Strawinsky Privatschüler von Nikolaj Rimskij Korsakow. Von 1907 – 1923 arbeitete er mit Serge Diaghilew zusammen, dem Leiter der „Ballets Russes“. Vor dem 1. Weltkrieg lebte er abwechselnd in Russland und Paris, wo auch seine musikgeschichtlich berühmten Skandale („Sacre du printemps“) und die später filmvertonte Episode mit „Coco Chanel“ stattfanden. Einige Jahre wohnte er auch in der Schweiz. In Zusammenarbeit mit dem Waadtländer Autor Charles-Ferdinand Ramuz entstand 1917 sein berühmtes Werk „L’histoire du soldat“. 1939 emigrierte Strawinsky in die USA und erlangte 1945 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Die „Trois pièces“ für Streichquartett aus dem Jahre 1914, gehören zu den eigenartigsten Werken Strawinskys und stehen durch ihre Kürze und Prägnanz in der Nähe der Bagatellen op. 9 von Anton Webern aus dem Jahre 1913 die aber Strawinsky damals noch nicht kennen konnte, da sie erst 1924 erschienen sind. Strawinsky kam also fast gleichzeitig und unbeeinflusst von der Schönberg-Schule zur aphoristischen Form, die jedoch im Gegensatz zu den Stücken von Webern statisch ist und ihre Wirkung nicht aus der Expression, sondern aus der Rhythmik bezieht. Schostakowitschs Musiksprache ist immer noch voller Rätsel und Geheimnisse. Als Mitglied des Präsidiums des Sowjetischen Komponistenverbandes und mehrfach Abgeordneter des Obersten Sowjets, war er fest in das stalinistische Kultursystem eingebunden, bewahrte jedoch seine künstlerische Eigenständigkeit durch eine ganz bewusste Tarnung, die sein wahres Ich hinter tausend Masken verbarg. Seine Musik ist widersprüchlich, mehrdeutig und undurchschaubar. Was ist intendiert, was ist subversive Kritik? Die Geschichte um das Verbot seiner Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ steht dafür exemplarisch und ist in der Musikgeschichte singulär. Die Oper war 1934 uraufgeführt worden und lief bereits zwei Jahre lang erfolgreich an mehreren sowjetischen Bühnen, als am 26. Januar 1936 Josef Stalin eine Aufführung besuchte. Kurz darauf erschien in der Zeitung Prawda unter der Ueberschrift „Chaos statt Musik“ ein vernichtender Artikel über diese Oper und eine allgemeine Abrechnung mit der modernen Musik, was Schostakowitsch beinahe das Leben gekostet hätte oder mindestens die jahrelange Verbannung in den sibirischen Gulag. Schostakowitsch wurde aufgefordert, sich von „kleinbürgerlichen formalistischen Verkrampfungen“ und „linksradikaler Zügellosigkeit“ zu distanzieren und sich stattdessen einer natürlichen, menschlichen Musik zu befleissigen. Schostakowitsch fürchtete um sein Leben und hatte die Wucht dieser Attacke sofort verstanden. Ab 1936 kam die Terrormaschinerie des Stalin-Regimes richtig in Fahrt, was für viele Künstler Angst und brutale Willkür bedeutete. Es war der Auftakt zu einer grossangelegten Kampagne, mit der die Kunst in allen Disziplinen auf die Linie des sozialistischen Realismus gezwungen werden sollte. Man pochte, von ganz oben verfügt, auf kulturideologische Gleichschaltung in allen Bereichen. Aus diesem Nährboden und der politischen Konstellation ist die Komposition des 1940 entstandenen Klavierquintetts g-moll, op. 57 zu verstehen, das nach der Uraufführung 1940 in Moskau, ironischerweise mit dem Stalinpreis ausgezeichnet wurde. Schostakowitsch befleissigt sich hier, ein absolut tonales Stück zu schreiben. Er geht kein Risiko ein, alles ist kühl kalkuliert und orientiert sich wie in keinem anderen Werk an der Satzkunst J.S.Bachs, speziell an dessen Fugenverarbeitung, die in diesem Quintett von Schostakowitschs unglaublich phantasievoller Souveränität und Meisterschaft zeugt. TW

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