Schilddrüse – klein aber oho !

January 13, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Gesundheitswissenschaften, Endokrinologie
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Schilddrüse – klein aber oho ! Autorinnen: Corinna Sachs und Eva Maria Siefert (Sendung im HR am 28. 4. 2011) Das unterschätzte Organ

Sie trägt maßgeblich zu unserem Wohlbefinden bei, produziert ein eigenes Hormon und regelt so die körperliche Leistungsfähigkeit. Wenn die Schilddrüse außer Tritt kommt, schlägt sich das auf den gesamten Organismus nieder. Etwa ein Drittel der Bundesbürger hat eine kranke Schilddrüse! Das kleine Halsorgan ist eine der wichtigsten Steuerzentralen unseres Körpers, denn die Drüse nimmt entscheidenden Einfluss auf das Herz-Kreislaufsystem, die Verdauung, den Stoffwechsel sowie auf Nerven und Gehirn. Die Anzeichen einer Schilddrüsenerkrankung sind vielfältig und können absolut gegensätzlich sein, je nachdem, ob eine Über- oder Unterfunktion vorliegt. So sprechen beispielsweise starkes Schwitzen, drastische Gewichtsabnahme, Unruhe und Nervosität sowie erhöhter Blutdruck für eine Überfunktion, während sich die Unterfunktion durch Müdigkeit, Leistungsschwäche und Depressionen bemerkbar machen kann, außerdem sind die Symptome auch geschlechtsspezifisch. Da die Diagnose durch diese vielfältigen und oft unspezifischen Symptome schwer fällt, empfehlen Ärzte ab dem 40. Lebensjahr eine jährliche Überprüfung der Schilddrüsenfunktion. Denn: richtig diagnostiziert lassen sich Störungen meist gut therapieren.

Schilddrüsenknoten können Engegefühl im Hals und Atemnot auslösen. Knoten in der Schilddrüse - der Fall Norbert M. Seit kurzem verspürt Norbert M. ein Druckgefühl im Halsbereich. Auch das Atmen fällt ihm schwer, und das wirkt sich auf seine Stimme aus. Und gerade die braucht der Professor für Baurecht in den Vorlesungen vor seinen Studenten. Was ihn besonders beunruhigt ist, dass die Symptome ihn an die Probleme mit seinen Schilddrüsenknoten vor 20 Jahren erinnern. Damals, mit Mitte 30, wurden ihm plötzlich die Kragen seiner Hemden zu eng. Sein Arzt riet zur Untersuchung seiner Schilddrüse, zumal schon Großmutter, Vater und sogar seine Geschwister alle unter Schilddrüsenerkrankungen mit Kropfbildung litten. Damals wurden bei der Untersuchung Knoten in Norbert M.´s Schilddrüse festgestellt. Anfangs wurden die kaum größer, Norbert M. nahm Medikamente und versuchte mit Jod das Wachstum der Schilddrüse zu bremsen. Regelmäßig ließ er seine Schilddrüse kontrollieren. Doch 1991 zeigte sich dann plötzlich im Schilddrüsen-Szintigramm, dass sich in seiner Schilddrüse so genannte "Kalte Knoten" gebildet hatten. Die sind gefährlich, denn in diesen Knoten können unbemerkt Krebszellen wachsen. Die Ärzte rieten zur Operation, bei der schließlich ein Teil der Schilddrüse entfernt wurde. Insgesamt auf beiden Seiten etwas mehr als die Hälfte. Das entnommene Gewebe wurde feingeweblich untersucht. Und zum Glück zeigte keiner der Knoten eine bösartige Veränderung. Seit der Operation schluckt Norbert M. regelmäßig Tabletten mit Schilddrüsenhormonen, dazu auch noch Jodtabletten, um das verbliebene Gewebe in Schach zu halten. Damit ist die Sache erledigt, denkt er. Doch Norbert M. irrt sich. Schilddrüsenvergrößerung nach vorangegangener Operation Fast 20 Jahre ist es her, dass bei Norbert M. ein Teil der Schilddrüse entfernt wurde. Nun jedoch verspürt er wieder ein Engegefühl im Hals, muss deshalb Hemden mit größerer Kragenweite als früher tragen. Er geht zum Arzt. Der stellt zwar eine erneute Schilddrüsenvergrößerung fest, deren Ursache neue Knoten sind, rät aber nicht zur Operation. Der Nuklearmediziner ist nach dem Szintigramm jedoch ganz anderer Meinung. Norbert M. recherchiert selbst im Internet, entscheidet sich schließlich noch eine dritte Meinung einzuholen. Problematisch ist die zweite Operation deshalb, weil ja an derselben Stelle wieder operiert werden muss, und das Gewebe durch die Narbenbildung verändert ist. Dadurch ist das Risiko für eine unbeabsichtigte Entfernung der Nebenschilddrüsen und vor allem einer Verletzung des Stimmbandnervs sehr viel größer. Durch die Operation die Stimme zu verlieren, das ist für Norbert M. eine schlimme Vorstellung. Er wendet sich deshalb an den SchilddrüsenSpezialisten Prof. Thomas Musholt, leitender Oberarzt der Allgemeinchirurgie an der Uniklinik Mainz. Seite 1 von 6

Der untersucht ihn gründlich und rät zur Operation, da die Schilddrüse beidseits um das dreifache vergrößert ist und bereits auf die Luftröhre drückt. Zudem handelt es sich zum Teil um kalte Knoten, bei denen die Gefahr besteht, dass die Knoten bösartig sind. Die Operation ist unvermeidlich, trotz der möglichen Komplikation eines Stimmverlustes. Um das Risiko möglichst gering zu halten, wird Professor Musholt zunächst eine Seite operieren und dann die Funktion der Stimmbandnerven dieser Seite während der Operation mittels eines so genannten Neuromonitoring testen. Erst wenn sich dabei zeigt, dass der Nerv intakt ist, wird auch die zweite Seite operiert. Norbert M. fühlt sich in der Mainzer Uniklinik zwar gut aufgehoben, ist aber doch ziemlich nervös und ängstlich vor der Operation.

Bei kalten Konten ist eine Operation meistens unumgänglich. Schilddrüse - Operation nach vorangegangener Teilentfernung Norbert M. wird noch einmal operiert. Und dabei ist das Risiko, dass der Stimmbandnerv verletzt wird, sehr viel größer. Der spannende Augenblick kommt nach der Operation, als der Professor für Baurecht zum ersten Mal spricht. Anfangs ist seine Stimme nach der Vollnarkose noch heiser, doch die Untersuchung gibt Entwarnung: seine Stimmbandnerven sind intakt, er wird wieder ganz normal sprechen können. Norbert M. fällt ein Stein vom Herzen. Schon drei Tage nach der Operation darf er nach Hause. Allerdings steht das Ergebnis der Gewebeuntersuchung noch aus. Knapp eine Woche nach der Operation erfährt er dann, dass es keinen Anhalt für eine bösartige Erkrankung gibt. Norbert M. hat es geschafft! Über ein halbes Jahr hat er hin und her überlegt, ob er sich operieren lassen soll. Jetzt, wenige Tage nach der OP, merkt er die Wunde kaum noch. Die Schilddrüse - Motor unseres Stoffwechsels Beim Erwachsenen wiegt die gesunde Schilddrüse gerade mal 18 bis 25 Gramm. Und dass es sie gibt, spüren wir gar nicht. Das kleine, schmetterlingsförmige Organ liegt am Hals unterhalb des Kehlkopfes und produziert eines der wichtigsten Hormone für den menschlichen Stoffwechsel. Schilddrüsenhormone wirken auf Herz und Kreislauf, sie erweitern die Blutgefäße, beschleunigen den Herzschlag und lassen so den Blutdruck ansteigen. Sie aktivieren aber auch den Fett- und Bindegewebsstoffwechsel, die Schweiß- und Talgdrüsen der Haut und unsere Darmtätigkeit. Außerdem sind Schilddrüsenhormone ganz wesentlich für sehr viele Wachstumsprozesse in unserem Körper. Außerdem steigern sie den Grundumsatz und Energieverbrauch des gesamten Organismus. Doch 33 % der bundesdeutschen Männer und Frauen leiden unter einer Fehlfunktion der Schilddrüse, die meisten von ihnen wissen es noch nicht einmal. Weil der gesamte Hormonhaushalt gestört wird, können die Beschwerden bei einer Funktionsstörung der Schilddrüse sehr vielfältig sein: starkes Schwitzen, drastische Gewichtszunahme oder Abnahme, Schwindelattacken, Nervosität, Depressionen oder erhöhter Blutdruck. Da die Diagnose der Erkrankung durch die so unterschiedlichen Symptome schwer fällt, empfehlen Ärzte vor allem Frauen ab dem 35. Lebensjahr, spätestens aber beiden Geschlechtern ab 40, eine jährliche Überprüfung der Schilddrüsenfunktion. Jod als wesentlicher Baustein Wie wichtig die Schilddrüse in unserem Körper ist, zeigt sich bereits an der Durchblutung. Das kleine Organ wird vier- bis fünfmal stärker durchblutet als unsere Nieren und sogar hundertmal mehr als unsere Arm- und Beinmuskulatur! Mit dem Blutstrom gelangen wichtige Bausteine für die Hormonproduktion zur Schilddrüse, die dort zu zwei aktiven Hormonen zusammengesetzt werden: Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4), bei denen es sich um unterschiedliche Zwischenstufen im Syntheseprozess handelt. Beide Hormone werden bei der Blutuntersuchung im Labor bestimmt, zusätzlich auch der so genannte TSH-Wert (Thyroidea Stimulation Hormone). Dabei handelt es sich um ein Hormon aus der Hirnanhangdrüse, das die Bildung und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone reguliert und steuert. Jod ist der wesentliche Bestandteil für die Bildung der Schilddrüsenhormone, den wichtigen Baustein allerdings kann der Körper nicht selbst herstellen. Deshalb müssen wir täglich etwa 200 µg Jod mit unserer Nahrung zu uns nehmen. Nicht so einfach, denn wer wie in Hessen weit weg vom Meer mit seinem reichhaltigen Jodangebot lebt, kann allein durch Lebensmittel wie Getreide, Obst, Gemüse oder auch Fleisch den Tagesbedarf an Jod nicht decken. Seite 2 von 6

Schilddrüsenvergrößerung bei Jodmangel Dem Jodmangel versucht die Schilddrüse entgegenzusteuern, indem sie sich vergrößert und zusätzliches Gewebe hinzu gewinnt. Durch dieses Wachstum schafft sie es, bei der gleichen Jodmenge mehr Hormone zu produzieren. Allerdings wird die Schilddrüse dadurch deutlich größer, und meist kann man schon bei der Untersuchung Knoten und Verhärtungen im Gewebe tasten. Den Betroffenen wächst ein Kropf, Mediziner nennen dieses Schilddrüsenwachstum "Struma". Ohne Behandlung wird die Schilddrüse dann immer größer und engt schließlich Halsgefäße und Luftröhre ein.   

Die Folgen sind: Probleme beim Atmen und Schlucken Druck- oder Kloßgefühl im Hals Heiserkeit Um einem Jodmangel vorzubeugen, werden seit Jahren unsere Lebensmittel mit Jod angereichert, beispielsweise ist im Handel fast nur noch jodiertes Speisesalz erhältlich. Doch in vielen Fällen reicht das nicht. Besonders, wenn unser Körper beispielsweise in Umstellungs- und Wachstumsphasen wie Pubertät oder Schwangerschaft mehr Jod benötigt. Schwangere beispielsweise sollten zusätzlich Jod einnehmen, sonst kann es beim Ungeborenen zu einer Schilddrüsenunterfunktion und dadurch zu Fehlbildungen kommen. (Tagesbedarf für Schwangere ca. 260 µg Jod/Tag). Wissenswertes rund um Jod Ist der Neandertaler vielleicht ausgestorben, weil es ihm an Jod fehlte? Beantworten lässt sich die Frage nicht, aber immerhin ist die letzte Eiszeit schuld daran, dass wir heute in einem so genannten Jodmangelgebiet leben. Denn durch das abfließende Schmelzwasser wurde das lebenswichtige Spurenelement aus den Böden ausgewaschen und ins Meer gespült. Wer sich heute ausgewogen ernährt, hat trotzdem Mühe, seinen täglichen Jodbedarf zu decken. Daher ist man heute dazu übergegangen, dem Körper künstlich das Jod zuzuführen. Zum Beispiel durch die Jodierung von Speisesalz. Um damit aber den Tagesbedarf an Jod zu decken, müsste ein Erwachsener täglich zehn Gramm jodiertes Speisesalz essen - der Durchschnittsdeutsche aber nimmt mit täglich rund fünf Gramm sowieso schon zu viel Salz zu sich. Hinzu kommt, dass Großküchen und Lebensmittelhersteller nicht zuletzt aus Kostengründen in der Regel unjodiertes Salz verwenden. Wie aber kommt man zur nötigen Jodmenge? Meeresfisch ist der beste Jodversorger. Wer zweimal in der Woche Fisch aus dem Meer isst, muss sich über einen Jodmangel keine Gedanken mehr machen. Spitzenreiter in Sachen Jodgehalt ist der Schellfisch (243µg/100g), gefolgt von Kabeljau, Garnelen und Miesmuscheln. Obst und Gemüse enthalten meist zu wenig Jod. Einzige Ausnahmen: Feldsalat (62µg/100g), Champignons(18µg/100g), Brokkoli (15µg/100g) und Spinat (12µg/100g). Eier enthalten zwar eine geringe Menge an Jod, allerdings müsste man fast ein Kilogramm am Tag zu sich nehmen. Und bei der Milch (3µg/100g), ist der Mengenvergleich ähnlich. Erst ab zwei Litern am Tag, wäre zusammen mit jodiertem Speisesalz der Bedarf annähernd gedeckt. Auch Wurst und Backwaren sind in der Regel jodarm. Doch mittlerweile gibt es viele Metzger und Bäcker, die mit Jodsalz würzen. Am besten, Sie achten beim Einkauf auf Waren, die mit jodiertem Speisesalz zubereitet wurden. Wer auf Salz und Fisch verzichten muss oder will, der sollte sich in Rücksprache mit seinem Hausarzt Jodtabletten aus der Apotheke holen. Bei der richtigen Dosierung sind sie eine hilfreiche Alternative. Wichtig: Ein "zu viel" an Jod ist in unseren Breiten zwar kaum möglich, jodierte Lebensmittel aber können für einige wenige Menschen, die unter einer vielleicht unerkannten Überfunktion leiden, tatsächlich gefährlich werden. Deshalb: eine Kontrolle der Schilddrüse und deren Hormonproduktion sind auf jeden Fall sinnvoll. Atomunglück in Japan - sollten wir auch in Deutschland Jodtabletten nehmen? Wer einer (schwachen) radioaktiven Strahlung ausgesetzt ist, kann zumindest deren Folgen für das Schilddrüsengewebe durch die Einnahmen von Kaliumjodid in Tablettenform vermindern. Denn dadurch wird die Schilddrüse sozusagen mit dem wichtigen Baustein gesättigt und die Aufnahme von radioaktiv verseuchtem Jod in den Körper verringert. Denn radioaktiv verseuchtes Jod gilt als Auslöser von Schilddrüsenkrebs. Allerdings sind wir in Deutschland zu weit entfernt, als dass wir im Augenblick durch eine radioaktive Jodbelastung gefährdet wären. Deshalb ist eine zusätzliche Jodeinnahme nicht nötig. Denn für Patienten mit einer unerkannten Schilddrüsenautonomie stellt zusätzliches Jod sogar eine Gefahr dar.

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Was sind heiße und kalte Knoten? Durch einen Jodmangel, Entzündungen, Regulationsstörungen, aber auch durch das unkontrollierte Wachstum bösartiger Zellen kann es zu knotigen Veränderungen im Schilddrüsengewebe kommen. Oft lassen sich die Knoten tasten und sie sind im Ultraschall sichtbar. Die Unterscheidung zwischen kalten und heißen Knoten gelingt mit Hilfe der Szintigrafie. Bei dieser Untersuchung wird dem Patienten eine jodhaltige Substanz gespritzt, bei der das Jod schwach radioaktiv ist. Da Jod dann nahezu ausschließlich in der Schilddrüse weiter verarbeitet wird, reichert sich das schwach radioaktive Jod in der Schilddrüse an - in aktiven Knoten besonders intensiv, keine oder nur geringe Anreicherung in Knoten, die kein oder nur wenig Schilddrüsenhormon produzieren. Reichert sich das radioaktive Jod im Knoten an, spricht man von "heißen" oder hyperfunktionellen Knoten. Solche Knoten produzieren meist unkontrolliert Schilddrüsenhormone und können zu einer Überfunktion der Schilddrüse führen. Jodmangel, eine familiäre Belastung, lithiumhaltige Medikamente (z. B. bestimmte Herzmedikamente und bestimmte Psychopharmaka) und Rauchen gelten als Risikofaktoren für die Entwicklung von heißen oder kalten Knoten. Bei kalten Knoten ist eine Operation unumgänglich "Kalte" (hypofunktionelle) Knoten haben einen geringeren Stoffwechsel. Sie nehmen weniger Jod auf (keine oder nur geringe Anreicherung in der Szintigrafie). Allerdings kommt es nicht zwangsläufig zu einer Unterfunktion, da der gesunde Schilddrüsenteil die Hormonproduktion weitgehend sicherstellen kann. Die Unterscheidung zwischen heißen und kalten Knoten ist wichtig, da sich hinter kalten Knoten in 3-10% der Fälle ein Schilddrüsenkrebs verbergen kann. Die Knotenbildung der Schilddrüse wird zunächst mit Jodtabletten und / oder der Gabe von Schilddrüsenhormonen behandelt. Besteht jedoch eine starke Vergrößerung, oder ein Druck- oder Kloßgefühl im Hals, kommt es zu Atembeschwerden, zu Funktionsstörungen der Schilddrüse, die durch Medikamente nicht zu behandeln sind oder besteht der Verdacht, dass sich hinter den Knoten ein Schilddrüsenkrebs verbirgt. Dann muss operiert werden. Geänderte Operationstechniken Früher wurde bei gutartigem Knotenwachstum nur ein Teil der Schilddrüse entfernt (so genannte Struma-Operation). Der Grund: in der Tiefe der Schilddrüse verlaufen die beiden wichtigen Stimmbandnerven, die bei der Operation unbedingt geschont werden müssen. Werden sie verletzt, kommt es zu einer Stimmbandlähmung und damit zu einer rauhen, heiseren und tonlosen Stimme. Ebenfalls gut versteckt liegen in der Schilddrüse auch die vier kleinen Nebenschilddrüsen, die das so genannte Parathormon bilden, das den Kalziumspiegel im Blut erhöht. Stimmbandnerven und Nebenschilddrüsen sollen bei der Operation geschont werden. Das gelingt heute dank neuer Operationstechnik und spezieller Mikroskope viel besser, weshalb man heute bei etwa der Hälfte der Betroffenen auch bei gutartigen Knoten die Schilddrüse komplett entfernt. So wird verhindert, dass das Schilddrüsenrestgewebe im Laufe der Jahre doch wieder wächst und neue Knoten bildet. Die sogenannte Schlüssellochchirurgie, also endoskopische Operationstechniken, haben zwar den Vorteil, dass kaum sichtbare Narben zurück bleiben. Allerdings wird diese Methode nur bei 5-10% der Patienten angewendet. Denn die Schilddrüse darf bei dieser OP-Methode nicht vergrößert sein und der Knoten darf nur maximal drei Zentimeter messen. Behandlung nach der Operation Auch wenn nur ein Teil der Schilddrüse entfernt wurde, ist anschließend eine so genannte Substitutionstherapie mit Schilddrüsenhormon und häufig auch Jodgabe nötig. Schon um ein erneutes Knotenwachstum zu verhindern. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass die erneute Knotenbildung oft nur unzureichend verhindert wird. Bei 20 bis 40 Prozent der Patienten bilden sich nach einer Teilentnahme trotzdem neue Knoten und das oft schon nach nur zwei Jahren. Deshalb wird bei der Hälfte der Betroffenen heute meist die gesamte Schilddrüse entfernt. Diese Patienten müssen danach lebenslang das wichtige Hormon mit Tabletten ersetzen. Eine weitere Möglichkeit, um hormonaktive, "heiße" Knoten zu behandeln, ist die Radiojodtherapie. Eine genau berechnete Menge radioaktiv beladenes Jod wird in die Vene gespritzt. Es wird in die Schilddrüse aufgenommen und "verstrahlt" dann ausschließlich das Schilddrüsengewebe. Dadurch werden die Zellen abgetötet. Während in Deutschland die Radiojodtherapie vor allem zur Behandlung von Schilddrüsenkrebs und bei autonomen heißen Knoten (z. B. Schilddrüsenautonomie oder Morbus Basedow) eingesetzt wird, werden in Skandinavien auch gutartige heiße Knoten so behandelt. Dadurch lässt sich das Volumen der Schilddrüse um bis zu 40% verringern. Bei kalten Knoten wird in Deutschland fast immer operiert. Nur wenn eine Operation wegen fortgeschrittenem Lebensalter oder anderer Operationsrisiken nicht möglich ist, kommt ausschließlich eine Radiojodtherapie in Frage.

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Information

Literatur zum Thema: Lothar-Andreas Hotze "Schilddrüse: Mehr wissen - besser verstehen: Der Weg zur sicheren Diagnose und den besten Therapien" Trias Verlag, 2008 ISBN-10: 3830434278 ISBN-13: 978-3830434276 Preis: 19,95 Euro Bernd Rieger "Die Schilddrüse. Balance für Körper und Seele" Herbig - Verlag, 2007 ISBN-10: 3776625457 ISBN-13: 978-3776625455 Preis: 19,90 Euro Sven-David Müller-Nothmann u.a. "Ernährungsratgeber Schilddrüse: Genießen erlaubt" Schlütersche Verlagsanstalt, 2007 ISBN-10: 3899935411 ISBN-13: 978-3899935417 Preis: 12,90 Euro Schilddrüsenkrebs Jährlich erkranken etwa 4.000 Menschen an Schilddrüsenkrebs, dem so genannten Schilddrüsenkarzinom. Die bösartigen Zellen wachsen ähnlich wie ein Knoten, der bei geringer Größe oft nicht tastbar ist. Da diese Zellen meist kein Schilddrüsenhormon produzieren, kann das Krebswachstum mit einer Unterfunktion einhergehen. Kalte Knoten gelten meist als krebsverdächtig, im Zweifel muss die Schilddrüse dann operiert werden. Meist wird dabei das Knotengewebe entfernt und noch während der Narkose von einem Pathologen untersucht. Findet er veränderte Zellen, wird die gesamte Schilddrüse, also auch das noch gesunde Gewebe und zusätzlich umliegende Lymphknoten entfernt. Da sich bei vielen Menschen verstreutes Schilddrüsengewebe auch außerhalb der Schilddrüse nahezu überall im Körper finden lässt, und aus diesem ebenfalls Krebs entstehen kann, folgt nach der Operation in der Regel eine Radiojodtherapie. Durch die radioaktive Strahlung werden alle verbliebenen Schilddrüsenzellen im Körper abgetötet. Nach der Behandlung muss der Patient lebenslang Schilddrüsenhormone einnehmen. Früh erkannt hat der Schilddrüsenkrebs eine Heilungsrate von nahezu 100 Prozent. Die Dosierung des Schilddrüsenhormons orientiert sich zunächst am Körpergewicht (etwa 2 µg/kg KG) und daran, wie viel Schilddrüsengewebe bei Teilentfernungen noch verblieben sind. Nach drei bis vier Wochen wird dann der TSH-Wert im Blut gemessen und die Hormondosis ggf. verändert. Ziel ist es, dass der TSH-Wert im unteren Drittel des Normbereiches liegt. Ist die richtige Dosis gefunden, reichen halbjährliche bis jährliche Kontrollen. Wichtig: Die Schilddrüsenhormon-Tabletten morgens nüchtern einnehmen, keinesfalls aber zusammen mit dem Frühstück. Vor allem nach einer Teilentfernung verhindert zusätzliches Jod die erneute Knotenbildung. Meist wird hier der Tagesbedarf von 180 - 200 Mikrogramm (Erwachsene) in Tablettenform gegeben. Stoffwechsel im Ausnahmezustand: Schilddrüsenfunktionsstörungen Bei der Routineuntersuchung der Schilddrüse wird der Arzt Ihren Hals abtasten und die Schilddrüsenwerte (T3, T4 und TSH) bestimmen. Bei Beschwerden und / oder auffälligen Befunden folgt eine Ultraschalluntersuchung und meist eine Szintigrafie der Schilddrüse. Dabei wird schwach radioaktiv markiertes Jod in eine Vene gespritzt, das sich dann im Schilddrüsengewebe anreichert. Die Verteilung des Jods gibt dann Auskunft über die Funktion und Gewebebeschaffenheit. Neben Jodmangel und Knotenbildung in der Schilddrüse sind im Erwachsenenalter unbemerkte und oft lange unerkannte Entzündungen der Schilddrüse die häufigste Ursache für solche Funktionsstörungen. Schilddrüsen-Unterfunktion (Hypothyreose) Fehlt das Schilddrüsenhormon, dann läuft der Stoffwechsel unseres gesamten Organismus auf Sparflamme, bei einer Überfunktion passiert genau das Gegenteil. Wegweisende Beschwerden sind Kälteempfindlichkeit, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Gedächtnisstörungen, Antriebslosigkeit, Depression, kalte, blasse Haut, verlangsamter Puls, niedriger Blutdruck, Herzbeschwerden, Verstopfung, brüchige Fingernägel, Haarausfall. Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion im Erwachsenenalter ist eine Form der Schilddrüsenentzündung, die so genannte Hashimoto-Thyreoiditis. Seite 5 von 6

Schilddrüsenentzündungen Akute Schilddrüsenentzündung: Die Betroffenen klagen über ein allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber, Rötung, Schwellung und Schmerzen im Bereich der Schilddrüse. Sie ist meist die Folge einer bakteriellen Infektion und wird in der Regel mit Antibiotika behandelt. Subakute Schilddrüsenentzündung: Die Schilddrüse ist geschwollen, empfindlich und meist schmerzhaft auf Druck und Berührung. Bisweilen strahlen die Schmerzen in den Kiefer oder die Ohren. Fieber kann auftreten. Häufig tritt diese Form der Entzündung nach Viruserkrankungen auf. Behandelt wird sie mit entzündungshemmenden Medikamenten. Chronische Schilddrüsenentzündung: Die häufigste Form der Entzündung ist die Hashimoto-Thyreoiditis, eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen. Dabei bildet der Körper plötzlich Antikörper gegen das eigene Schilddrüsengewebe. Es kommt zu einer Entzündung und zu einer Unterfunktion der Schilddrüse. Betroffen sind vor allem Erwachsene im mittleren Alter, Frauen deutlich häufiger als Männer. Wodurch die Entzündung ausgelöst wird, ist noch nicht vollständig bekannt. Offenbar wird die Neigung vererbt. Stress, schwere Infektionen, hormonelle Umstellungsphasen gelten als auslösende Faktoren. Zu Beginn der Erkrankung kann kurzzeitig eine Schilddrüsenüberfunktion auftreten. Die spätere Unterfunktion kann nur gering ausgeprägt sein, weshalb die Erkrankung in vielen Fällen erst spät erkannt wird. Wegweisend für die Diagnose ist das Ultraschallbild und der Nachweis spezifischer Antikörper im Blut. Oft bringt erst die feingewebliche Untersuchung einer Gewebeprobe letzte Sicherheit. Die Behandlung erfolgt mit Schilddrüsenhormonen, die zusätzliche Gabe von Selen hat eine positive Wirkung auf den Immunprozess. Bisher ist die Krankheit nicht heilbar. Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) Beschwerden: anhaltendes Schwitzen auch bei Kälte, ständiges Herzklopfen und Herzrasen, Nervosität, Reizbarkeit, Gewichtsverlust, Leistungsschwäche, Schlafstörungen. Morbus Basedow Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die eine Überfunktion der Schilddrüse, in der Regel mit begleitender Schilddrüsenvergrößerung (Kropf) zur Folge hat. Betroffen sind Erwachsene im jüngeren und mittleren Alter, deren Körper aus unbekannter Ursache Antikörper gegen das eigene Schilddrüsengewebe bildet. Dadurch wird das regulierende Hormon TSH aus der Hirnanhangdrüse blockiert, der steuerende Regelkreis wird unterbrochen, das Schilddrüsengewebe produziert ungehemmt Hormone. Typisch und meist auch für Außenstehende erkennbar sind geschwollene oder hervortretende Augen, die Diagnose gelingt meist durch die Blutuntersuchung. Die Krankheit kann mit Medikamenten behandelt werden, die die Hormonproduktion drosseln (Thyreostatika). Oder es wird die Radiojodtherapie angewandt, bei der das Schilddrüsengewebe mit radioaktivem Jod bestrahlt wird, wodurch die Schilddrüsenzellen zerstört werden und eine Verringerung des Schilddrüsengewebes erreicht wird. Da vor allem überaktive Zellen das radioaktive Jod aufnehmen, bleibt das gesunde Gewebe meist erhalten. Schließlich besteht noch die Möglichkeit einer operativen Schilddrüsenverkleinerung. Schilddrüsenautonomie Sie tritt meist im mittleren oder höheren Lebensalter auf. Teile der Schilddrüse produzieren unkontrolliert (autonom) Hormone. Kommt es jetzt zu einem länger anhaltenden Jodmangel, vermehren sich die autonomen Zellen stark. Häufig verläuft die Krankheit zunächst unbemerkt und tritt erst dann in Erscheinung, wenn dem Körper wieder genügend Jod zugeführt wird. Die Hormonproduktion der Zellen läuft dann auf Hochtouren und es werden mehr Hormone produziert, als vom Körper benötigt. Die Behandlungsmöglichkeiten ähneln der Therapie des Morbus Basedow. Links im WWW Arbeitskreis Jodmangel mit Infos zu Jodmangel, Ernährung und Vorbeugung einer Schilddrüsenerkrankung  Forum Schilddrüse: PDF-Anleitung zum Schlucktest, der Aufschluss über eine mögliche Schilddrüsenerkrankung gibt  Bundesweites Selbsthilfeforum für Betroffene mit Schilddrüsenkrebs 

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