Sprachgeschichte in Skandinavien

January 17, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

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Sprachgeschichte in Skandinavien Im PS 1 vorwiegend synchrone Sprachwissenschaft PS 2: Sprachgeshcichte Klassifizierung von Sprachen: 1. typologisch 2. genealogisch( nach Verwandtschaft)

Sprachliche Überlieferung im skandinavischen Raum seit 200 n.Chr., ab 800 gut belegt vorher keine direkte Überlieferung, nur einzelne Wörter und Namen von den Römern mit überliefert  Rekonstruktion

Indoeuropäisch Baskisch Altaisch Uralisch Afroasiatisch u.v.a.

Sprachstämme

Zahlwörter (1 bis 5) schwedisch en två tre fyra fem

deutsch ein(er) zwei drei vier fünf

lateinisch unus(oinos) duo trēs quattour quinque

indogermanischer Sprachstamm von Urindogermanisch

litauisch viēnas dù trys keturi penki

finnisch yksi kaksi kolme neljä viisi

baskisch bat bi hiru lan bost

urindogerm. *oinos *d(u)uō(u) *treies *quetuōres *peηque

Uralischer Baskischer Sprachst. Sprachst

u [w] [ j ]

Theorien Hypothese: alle uralischen Sprachen sind mit Indogermanisch verwandt- bezieht sich auf Grundworte, die wohl nicht entlehnt sind z.B. Finnisch: nimi vesi (Gen: vedi) minä

Deutsch: Name Wasser ( vatn) ich ( meiner..)

v.a. Sowjetische Forscher haben „Supersprachstämme „ postuliert- sehr umstrittene Theorien! „Nostratische Theorie“

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II Indogermanisch + Uralisch+ Altaisch (Türkisch,Mong.) + Afroasiatisch (semitische Spr) + Elamo-Drawidisch (Südindien) +Kartwelisch (Südkaukasisch,Georgisch)+ Koreanisch Konbstrukt- methodologisch nicht ganz seriös, sehr freie Spielregeln- es werden Worte verglichen, die weit voneinander entfernt sind. Semantische Diskrepanzen. Forderung: bis in Steinzeit zurück ( 30.000 v.Chr.) „Eurasiatisch“ (Greenberg) Indogermanisch + Uralisch + Altaisch,+ Koreanisch + Japanisch + Ainu + Giljakisch (Sachalin) + Paläosibirisch (NO-Sibirien) + Eskimo-Aleutisch statistische Argumentation ( Massenvergleich von Sprachen durch Feststellung, wie viele Wörter ähnlich sind) sehr spekulativ Greenberg hat auch die Afrikanischen und Indianersprachen neu eingeteilt- nicht akzeptiuert „Dene-Kaukasisch“ Nordkaukasisch mit Nordamerika-Dené m(Indiander) + Baskisch+ Etruskisch + SinoTibetisch + weitere Sprachen Literatur: Ruhlen, Merritt: A guide to the world´s language. Standford UP1994 Haupt Bibliothek

Urindogermanisch (40% der Weltbevölkerung sprechen heute die Folgesprachen) ältestes Zeugnis: 2.Jh.v. Chr. älteste Stufe-alles andere ist nur Spekulation um 2000 v.Chr. starke Zergliederung der Sprachen Wo gab es diese Sprache? Nicht in West- und Mitteleuropa (Kelten, Germanen und Italer sind eingewandert) sondern im Osten „Europas“ Thesen:  Steppen nördlich des Schwarzen Meeres- Ukraine/Grenze Weissrussland  Anatolien (Hethitisch älteste belegte Sprache, wegentwickelt von Urindogerm.)  nördlicher Kaukasus ( sowjetische Forscher) Urindogermanisch war keine Standardsprache, sondern ein Dialektkontinuum ineinander übergehende Dialekte ohne scharfe Grenzen, durch Abwanderung Auseinanderentwicklung, aber ein Durcheinander- immer Bruchstücke auch in anderen Sprachfamilien enthalten. Am weitesten wanderten Kelten und Inder.

Phonembestand: keine besonderen Laute viele Plosive! Plosivep t k (k palatal und velar)

qu

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Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II b d g (g palatal und velar) bh dh gh (gh palatal und velar) behauchte stimmhafte Plosive

gu gh u

es gibt noch andere Theorien zur Aussprache, nicht eindeutig rekonstruierbar- z.B. glottale Konsonanten im Georgischen (sowjet. Forscher) p t k usw. b gibt es fast nicht im Urindogermanischen Laryngale eventuell zusätzliche Laute, hinterer Rachenbereich: h1, h2, h3 Aussprache unbekannt, im Hethitischen- Erklärung für altindische und altgriechische GrammatikHilfsmodell nicht in den germanischen Sprachen Frikative: nur s Nasale

m, n

Laterale

l

Vibranten

r

können auch lang und silbenbildend sein z.T. in slawischen Sprachen,Altindisch später Vokal vorgesetzt

Halbvokale

i, [ j ] u [ w ]

Vokale:

a, e, i, o, u, ə lang und kurz ( Länge hat phonetischen Charakter, unabhängig von Silbenstruktur)

Diphthonge lang oder kurz! alle Vokale mit i oder u: ai, ei, oi, ui, au, eu, iu, ou alle Vokale mit l, m, n, r: z.B. am, im,... an, in,... il,ir,... litauisch vilkas = Wolf Morphologie sehr komplex stark flektierende Sprache Nomen: 8 Kasus: 1. Nominativ 2. Genetiv 3. Dativ 4. Akkusativ 5. Vokativ 6. Ablativ 7. Lokativ 8. Instrumental heute: alle 8 nur mehr im Sanskrit 7 ( ohne Ablativ) Litauisch und einige slawische Sprachen 6 ( ohne Ablativ und Vokativ):Russisch 4 Germanisch Ergativ-Reste ( ursprgl. andere Struktur: Agens und Patiens, nicht Subjekt und Objekt Patiens im Akkusativ: Er wirft den Stein- Der König schläft, fällt Endungen im Latein: -s alter Ergativ -m Absolutiv

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Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II Im Schwedischen Genetiv generell auf S- aber helsuvold alter Genetiv!- ältere Sprachstufen als Urindogermanisch? Verb: kein bekanntes Tempussystem -es geht nicht um Zeitstufen, sondern um Aspekte, Zustandskategorien (gut erhalten im Slawischen) Imperfekt --------------------------- Perfekt andauernder Vorgang abgeschlossener Vorgang z.B. schlafen einschlafen sekundär aufgesetzt: Präsens – Nichtpräsens ( kein Futur) Germanisch: neues Zeitsystem, aus Latein übernommen- Konstrukt z.B. kmtóm pətēr bhrater nokts ulquos

100 Vater Bruder Nacht Wolf

Urindogermanisch ( 4000-3000 v. Chr)

Urgermanisch ( 2000-500 v.Chr.) komplexes Geschehen, möglicherweise nicht gleichzeitige Aufspaltung Südwestgermanisch Nordgermanisch (Deutsch, Engl.,Niederl.)

Ostgermanisch (Gotisch, † 6.Jh.)

Urnordisch ( 200-800 n.Chr.) ältestes Runenalphabet mit 24 Zeichen typ.skandinav.Merkmale ab ca. 500-radikale Änderung

Altnordisch ( ab 800) West-Nordisch (ab ca 900 ) † Norn Altisl. Altfäröisch Altnorw. Shetland Orkneys

Ost-Nordisch ( ab ca 900) Altschw. Altdän. Altgotnisch 12./13.Jh ( zu S)

Abspaltung zwischen 800 und 12./13.Jh, ausgehend von Dänemark – dann Schweden : Zwischen Runen- und Altdänisch ( bzw. Schwedisch) viele Ändeurngen westnordische Sprachen eher konservativ umstritten: periode zwischen 1200 und 1550: Alt-oder Mittel- Dänisch/S usw.

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Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

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Urgermanisch von Urindogermanisch zu Urgermanisch starke Veränderung!!! Nord- Deutsch—Süd-Skandinavisch Ca. 1000 v. Chr. 1. Germanische Lautverschiebung nicht ganz genau datierbar, auf jeden Fall vor 500 v.Chr. Urgermanisch war ursprünglich auch ein Dialektkontinuum Lautverschiebung bezieht sich hauptsächlich auf die plosiven Laute Mit Lautverschiebung werden bestimmte Lautwandel-Phänomene bezeichnet, welche im Laufe der Entwicklung einer Sprache auftreten können. Dabei wandeln sich nach gewissen Regeln Konsonanten und/oder Vokale regelhaft in andere um Lautverschiebungen treten offenbar schubweise auf, während der erreichte Zustand dann jahrhundertelang unverändert Bestand haben kann. Die Auslöser für so tiefgreifende Verschiebungen im Lautsystem einer Sprache sind noch nicht bekannt Der Begriff "Lautverschiebung" wird in erster Linie für zwei ähnlich gelagerte Konsonantenverschiebungen benutzt, die vom Urindogermanischen zum Hochdeutschen geführt haben Bei beiden Lautverschiebungen kann man nach dem Artikulationsort drei Gruppen von Konsonanten bilden, die sich jeweils innerhalb der Gruppe zu einem anderen Konsonanten gewandelt haben: Dentale 'Zahnlaute') (s, sch, sk, z, t, th, d usw.) Labiale ('Lippenlaute') (p, b, f, v, w, pf usw.) Velare 'Kehllaute') (g, k, c, ck, ch usw.) 1.Lautverschiebung ( ca 500 v.Chr.) Aus einem indogermanischen Dialekt wurde die germanische Ursprache.

a) p > f ; t > þ ; k > x > h st, sp, sk : haben lautverschiebung nicht mitgemaacht b) b > p; d > t; p > k urindogermanisch aug > altisl. Auka b) bh > b; dh > d; gh > g

urindogermanisch p t k

  

urgermanisch f þ χ

b d g

  

p t k

bh dh gh

  

b d g

lat. pater ----an: faðir  lat. tres --- an:þrir lat. centum--- an hundrað

lat. decem --- an tíu

altind. bharati ---an: bera

bh, ... verloren, frikative Laute gewonnen im Inlaut anders- s. Beiblatt Verners Gesetz 1877 Der Grammatische Wechsel ist ein sprachhistorisches Phänomen, das in der germanistischen Linguistik für eine Entwicklung von der Indogermanischen zur Germanischen Sprachstufe steht. In der Ersten

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(Germanischen) Lautverschiebung werden die stimmlosen Verschlusslaute /p, t, k/ des Indogermanischen zu germanisch /f, þ, h/. Da im Germanischen ebenso wie im Indogermanischen der freie Wortakzent vorherrschte, konnte die Betonung von Wörtern sowohl auf der Kernsilbe als auch auf der Flexionsendung liegen. So konnten unter bestimmten Bedingungen die stimmlosen Reibelaute zu stimmhaften lenisiert (= erweicht) werden. Die nach der germanischen Lautverschiebung vorhandenen vier stimmlosen Spiranten (=ReibelauE t) /f, h, þ, s/ sind zu den entsprechenden stimmhaften Spiranten /b, g, d, z/ erweicht in stimmhafter Nachbarschaft, wenn der unmittelbar vorhergehende Vokal nicht nach der ursprünglichen indogermanischen Betonung den Hauptton trug.

Ausnahme: Vernersches Gesetz Grammatikalischer Wechsel hat mit dem V G zu tun urindog. urgermanisch urgermanisch p, t, k, s f, þ, χ, s b, d, g, z uridg. *bhrātēr ---got. broþar aber: uridg. *p tér ---- got. fadar [ð]

lat. pater lat frater

 Konsonanten werden dann stimmhaft, wenn der Akzent auf der folgenden Silbe liegt, dies gilt aber nicht für anlautende Konsonanten

2.Vokalverschiebung urindogermanisch Vokale

urgermanisch  

o ā

a ō

kein kurzes o und kein langes a mehr!

lat. hostis , frater (-ā-) dt. Gast, Bruder ( -u-, - ō-) nọtt / Nacht lat naet broder /Bruder--- frater urindogermanisch a und α wird zu indogermanisch a urindogermanisch ō und ā wird zu ō 3. Akzentfestsetzung Indogermanisch: freier Akzent Germanisch: Initialakzent (auf erster Silbe) 4. Umlaute Der Umlaut ist eine Veränderung derjenigen Vokale, auf die eine Beugungs- oder Ableitungssilbe folgt oder früher folgte, die den Vokal i oder den Halbvokal j enthält. Diese Vokaländerung ist typisch für die jüngeren germanischen Sprachen.

i

u

e

o

a

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i-Umlaut urindogermanisch e > i vor i oder j der Folgesilbe und vor Nasal+ Konsonant ei > ī (Ausnahme: vor a der Folgesilbe: ei > ē)

Ursache der Vokaländerung: Der helle Vokal i übt eine assimilierende Wirkung aus, indem er den Vokal der vorausgehenden Silbe sich selbst ähnlich, also heller macht.

*setjan > sitta ( schwedisch) j zieht das e an sich *beita  bíta

a-Umlaut bei a in der Folgesilbe (Ausnahme: vor Nasal + Kons) i > e * oiros urindogerm. > * wiraz > ahd. wer u > o * brutanaz > brotinn ( altisl.) * wultaz > Wolf schw. ulv ( nicht immer kommt a-Umlaut) ē ( langes e) – es entstand ein zweites langes e - ē2 ē entwickelt sich zu a , ē2 bleibt gleich ē 2 ist aus dem urindogermanischen ēi entstanden weitere Verschiebungen: m n l r > um , un, ul, ur (Schwalaut) > a en wird gehoben zu in Morphologie (Flexionsebene) Kasus: 4 ausgenommen einige Reste Gotisch; Vokativ, Althochdeutsch: Instrumental Bildung der schwachen Adjektivformen: Schwedisch ett stort hus ( stark) det store huset ( schwach) das große Haus Verben Bildung der schwachen Konjugation: kalla- kallade- kallat (Dentalsuffix) Gehen auf ein freies Morphem zurück Starke Verben: (ältere Verben): werden systematisiert (vom Urindogermanischen zum Urgermanischen) Systematisierung des Ablautes für die Formenbildung des starken Verbums in 7 Ablautreihen ,davon sind 6 regulär Ablaut= Vokalwechsel von Wörtern mit gemeinsamer Wurzel Altgr. Lógos (Wort) légo ( sprechen, lesen) e > o Wechsel! Dehnung oder Reduktion (Schwund) möglich:

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e Vollstufe ē Dehnstufe Schwundstufe 1. Reihe: Basis: Vollstufe > Präsens Vollstufe Prät. Sg. abgelautete Vorstufe Prät. Pl., Part. Prät Schwundstufe

ei ei oi i

Präs Prät Sg. Prät. Pl. Part.Prät. 1. Reihe urindogermanisch urgermanisch altnordisch

ei ī

2. Reihe urindogermanisch urgermanisch altnordisch

eu iu

3. Reihe urindogermanisch urgermanisch altnordisch

oi ai bíta

i i beit

i i bitum

ou u au u brjóta braut

bitinn

u u ( > o) brutum brotinn

e e/i

o (Schwundstufe) a u u ( >o) bresta brast brustum brostinn spinna spann spunnum spunninn bjarga barg burgum borginn

Nur wenn e +Nasal oder Labial (l, r) + weiterer Konsonanten 4. Reihe urindogermanisch urgermanisch altnordisch

e e

ē

o ē

a bera

bar

u ( > o) bárum borinn

Nur wenn e +Nasal oder Labial

5. Reihe urindogermanisch urgermanisch altnordisch

e

ē

o

e

e

ē

a gefa

gaf

e gáfum

gefinn

e + Sonstiges 6. Reihe urindogermanisch urgermanisch altnordisch

a/o

ā/ō ō

a fara

ō fór

ā/ō

a/o

a fórum

farinn

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7. Reihe ehemals reduplizierende Verben (reduplizierende Vorsilbe): Reduplikation nur im Präteritum, ist im Germanischen fast vollständig verschwunden te I tigi (Lat) -taghaitan- haihait [ he-] got. altisl: róa- rera sá- sera (Rhotazismus, r war ursprgl s) deutsch: tun- tat : althochdeutsch teta verschiedene Stammvokale, aber das Prinzip bei allen gleich altnordisch heita hét hétum heitinn hlaupa hljóp hljópum hlaupinn

Im Germanischen: Tempussystem Krahe, Hans (Sammlung Göschen): Indogermanische Sprachwissenschaft Germanische Sprachwissenschaft

weitere Veränderungen: Urgermanisch bis etwa Christi Geburt (unklarer Prozess) Aufspaltung in West/Südgermanisch [Lautverschiebung] (Deutsch,Englisch)

Nordgermanisch Urnordisch

Ostgermanisch (Gotisch)

a) Stammbaummodell: nur grob b) Wellenmodell: kommt der Wahrheit näher Verändeurngen breiten sich von verschiedenen Zentren wellenförmig aus

Urnordisch (200-800) 200-500 Runen: älteres Futhark bis 800, 24 Runen jüngeres Futhark ab 800, 16 Runen ca. 400 n.Chr.: Goldhorn von Gallelius Ek HlewagastiR HaltijaR horna tawido. (Ich …gast… macht das Horn)

Älteres Futhark (24 Buchstaben) 2 r-Phänomene  r  aus z (Verner!)

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Lehnwörter: erste Schicht : aus dem Keltischen: rík (Reich): zweite Schicht : aus dem Lateinischen- vin, kaupa (kaufen) man erkennt nicht mehr den lat. Ursprung Urnordisch ist fast mit dem Urgermanisch identisch. 500-800: tiefgreifende Verränderungen- Herausbildung des Nordgermanischen (um 800  Altnordisch)

Altnordisch zu dieser Zeit entstanden die typischen Skandinavismen A) lautliche Veränderungen /Lautverschiebungen vom Urnordischen zum Altnordischen 1. Schwächung von unbetonten Silben (Endsilben) Schwund von kurzen Vokalen = Synkope: urnord. dagaR  altnord. dagr Kürzung von langem Vokal urn. dagōR  altn. dagar langes o und kurzes a verschwinden 2. Umlaute: i-Umlaut (in der Folgesilbe i, j) jeder Vokal kann umgelautet werden, außer e, i gastiR  gestr lange un dkurze Volale werden umgeleitet ae oø uy au  ey

á æ ó  oe úý

u-Umlaut (in der Folgesilbe u, v) urn. *barnu  bọrnu  börn a  ọ ö nur kurzes a! [á  ọ á ] bleibt im Ergebnis gleich e  ø vor v in Folgesilbe i  y vor v in Folgesilbe 3. Brechungen (Diphthongierung) a-Brechung: e  ja vor a in der Folgesilbe (berga  bjarga) u-Brechung e  jọ  jó vor u, v in der Folgesilbe (*erþu  jọrð  jörð) 4. Schwund von anlautendem j- (*jungR  ungr) 5. Schwund von anlautendem w- vor o, u (*wufar  ulfr) vor dunklen Vokalen, also o und u verða- var- urðum- orðinn je nach Folgevokal mit oder ohne v!

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6. Schwund von auslautendem –n (Infinitiv *-an  -a) bergan  bjarga 7. Assimilatrion von Konsonanten : nþnn finþan finna nRnn stainar  steinn ( über Zwischenform stainR ) B) Grammatikalische Veränderungen 1.Mediopassiv auf –sk, -s kalla sik  kallask gerufen werden Das reflexionspronomen wird angehängt 2.Erste Vereinfachung der Verbflexion: Zusammenfall von 2. und 3. Person Sg: urn. *bindiR (du bindest) altn. bindr nur mehr 5 Endungen 6. Endungen *bindiþ (er,sie,es bindet) 3.suffegierter bestimmter Artikel entsteht etwas später( ca.9.Jh.) urn. dagr hinn  dagrinn unbetontes Demonstrativpronomen wird angehängt

Syntax des Urnordischen nicht eindeutig nachvollziehbar, da wir nur recht kurze Runeninschriften zur Verfügung haben und diese wahrscheinlich nicht die Syntax der Alltagssprache benutzen, sondern eine sehr freie Wortstellung. Urnordisch: SVO Altnordisch :SVO Hauptsatz, SOV Nebensatz SOV VOS S= Subjekt V= Verb O= Objekt Wortschatz: ergänzt aus dem Latein Gemeinsame Entwicklungen des Nordgermanischen mit dem übrigen Germanischen: a) Gemeinsamkeiten zwischen Ost- und Nordgermanisch : 1. Gotonordische Verschärfung ( nicht im Süd-/Westgermanischen) nordg. ggj altnoirdisch tweggja urgerm. jj  got. ddj got. twaddje *twajja ahdt. j zweio 2. Bildung der 2. Person Sing. Präteritum auf -t altn. gefa altnordisch + got.: gaft ahdt. gābi ( kein t!) 3. Inchoative Verben( Verben, die den Beginn und den Verlauf eines bezeichnen, z.B. einschlafen...) auf – nan: gotisch: fullnan ( voll werden) altn. roðna (erröten) b) mit Westgermanisch: urg. ē  ā (im Nord- und Süd-/Westgermanisch)- aber got. bleibt ē ahdt: lāzan, an: lāta got:lētan

Vorgangs

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Altnordisch (800-1200) Begriff „Altnordisch „ wird unterschiedlich verwendet: a) einheitliche Sprache Skandinaviens, die aus dem Urnordisch entstand- bis 1200 b) alle skandinavischen Sprachen im Mittelalter bis ca. 1350 ( Saga-Schreibung) Es gibt auch die Bezeichnung Runenschwedisch bzw. Runendänisch Das Altnordische war nur ca. 100 Jahre lang einheitlich, im 9. Jh. erste Aufspaltungserscheinungen in Dänemark- nicht erklärbar durch Stammbaummodell, eher durch Wellenmodell jüngeres Futhark (16 Buchstaben)  viele Buchstaben (stimmhafte und stimmlose) fallen zusammen (b+p), aber immer noch zwei r (, ) um 1200 Einführung der lateinischen Schrift (Christentum) ab 900: Aufspaltung in West- und Ostnordisch (in der Schrift, sprachlich evtl. schon früher) Westnordisch: Isländisch, Färöisch, norwegisch: konservativ, wenig Änderungen Ostnordisch: Dänisch, Schwedisch ( konservativ in Gotland): starke Änderugen A) Lautveränderungen: 1. Ostnordische Monophthongierung Westnordisch ai, au, ey erhalten ai  ē aisl. steinn au  ø aisl. auga ey  ø aisl. heyra

Ostnordisch verändert altschw./alstdän. stēn altschw. øgha, altdän. øghe altschw. høra, altdän. høre

Beginn in Dänemark kurz nach 900, in S um 1000, Ende ca 1200. Ausnahmen: (bis heute) Teile N-Schwedens, Gotland und Finnland-S (teilweise auch in Norwegen) 2. Umlaute und Brechungen Westnordisch: mehr Umlaute, Ostnordisch: mehr Brechungen Umlaute: Westnordisch: taka (nehmen) aisl. tekr ( Zwischenst: takir-Umlautung)

Ostnordisch aschw. taker ( ich nehme)

saku (Sache)

aschw :sak

aisl. sök

Stammwechsel bei Flexion bleibt im Westnordischen erhalten, im Ostnordischen wieder zurückgebildet- analoge Vereinfachung

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Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II Brechungen *eka (ich)

Westnordisch: aisl. / anorw. ek

Ostnordisch aschw. / adän. iak

Ostnordische Brechung: y  iu vor -ngv-, -nkv-, -ggvaisl. syngva

adän. / aschw. siunga / siunge

3. Assimilationen bei Konsonanten stärker im Westen: v im Anlaut verschwindet bewahrt aisl. reiðr aschw. vredher mp, nt, nk

assimiliert (pp, tt, kk) mọttul (Mantel)

bewahrt mantul

4. Unterschied o und u Westnordisch Ostnordisch ūō búa, trú boa, tro

ursprgl. Form

Dialektunterschied schon vor der Aufspaltung a-Umlaut nicht durchgeführt im Osten

o u holt (Gehölz) hult (Zwischenst. hulta) B) Grammatikalische Veränderungen 1. Flexion der 2. Person Plural fara aisl. farið 2. Mediopassiv Westnordisch -sk kallask

aschw. farin ( unklar, woher n kommt)

Ostnordisch (später –st)

-s kallas

Literatur:Haugen, Einar: Die Skand. Sprachen (the scandinavian languages) Wessen,Elias: Die nordischen Sprachen

Ostnordisch ( 12. Jh.) Unterschiede Altschwedisch / Altdänisch A) lautliche Veränderung: 1.unbetonte Vokale Dreiklang aisl. a,i,u aschw. a,i,u adän. schwa-Laut (-æ-) Ausnahme: Skånen (Vokale wie im Schwedischen) bera  bæræ bondi  bondæ varu  varæ

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Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

B) grammatikalische Veränderungen 2. Nominalflexion aschw. (+ Skånen) altdänisch Sing. Nom. Gen. Dat. Akk.

fisker fisks fiski fisk-

fiskfisks fiskfisk

Im Altdänischen nur Genetiv-s!

Altdänisch gilt auch für Adverb Altschwedisch ist noch sehr konservativ, Altdänisch bereits vereinheitlicht. 3.Verbalflexion altschw. Sg.: iak, þu, ham skiuter (-r) Pl: vi skiutum (-um) I skutin (-in) þe skiuta (-a) 3 verschiedene Endungen im Plural

altdän. iæk, þu, han hauer ( -r) vi, i, þe hauæ (-æ)

1 Pluralendung Sing: jeweils 1 Endung

Ausnahme starke Verben: ( S und DK) Prät. 2. Pers. Sg.: -t iak gaf þu gaft han gaf

gemeinsame Änderungen (Altschwedisch und Altdänisch) 1. nur noch ein r in der Schrift r, R (Runen)  r (in Lateinschrift) 2.Sprossvokal = Svarabhati-Vokal -e- wird eingefügt altsil. fiskr > altschwedisch fisker in allen Sprachen fōr –u- , isl, -u-, norweg. –e[keine silbenbildenden Konsonanten mehr Ina] 3. der ostnordische Charakter: a) Musikalischer Akzent entstand während der Runenzeit (S,N) b) Vorton des Dänischen Stoßtons

Syntax aus den Runeninschriften ist wenig bekannt. Danach sind noch keine wesentlichen Verändeurngen erfolgt. Wortschatz weitere Lehnwörter im Zuge der Christianisierung

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Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II im 12. Jh. hauptsächlich aus Latein und Griechisch, fast ausschließlich im religiösen Bereich.wenig bzw. keine Lehnwörter aus dem Deutschen kyrka / kirka < griech. Kloster < lat. vin < lat.

um 1200

Altskandinavische Periode (1200-1350) erstmals Lateinschrift für skandinavische Sprachen gebraucht, Monophthongierung abgeschlossen  stabile Zeit mit relativ wenigen Veränderungen Ostnordische Merkmale haben sich überall entwickelt

Sprache um 1200: Altschwedisch, Altdänisch, Altisländisch, Altnorwegisch Altfäröisch, Altgutnisch schon sehr große Unterschiede im Ostnordischen zwischen altdänisch und altschwedisch altisländisch ( + färöisch) praktisch identisch und unverändert, sehr konservativ altnorwegisch geht nun mit dem Schwedischen und nicht mehr mit dem Isländischen wenig Belege für die Veränderungen in Dänemark kurz vor 1200 , da aus diesem Zeitraum von dort kaum Runen erhalten sind- nur Rekonstruktion möglich Veränderungen geschehen am schnellsten in Dänemark phonetische Veränderungen ( S, DK, N): Nicht alles ist auch in der Schrift erkennbar 1. postvokale Konsonanten werden erweicht (nur Dänisch) p, t, k > b, d, g altschw. gripa > aldtdän. gribæ 13. Jh. gripæ: [ grammatikal. p, Aussprache als b ] Dänisch 14. Jh: gribæ [ b ] b,d,g > ( b, d, ) im Mittelalter weitere lautliche Veränderungen, nicht grammatikalisch niedergeschrieben altdänisch gatæ > gadæ

2. Frikative werden ganz stark erweicht ( im Dänischen) v, ð, γ werden zu Halbvokalen w, j, φ oder zu Diphthongen altdän. skogh , vægh > [ skov ], [ væj ] [ ] [ ] Man erkannte dies durch teilweise falsche Schreibung (skov, væ) ( Im Schwedischen später verhärtet) 3. Stoßton (im Dänischen) 4.Vokalhebung: ā>ō

i

u

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Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II im 13. Jh. in Dänemark ā>ō [ ] altdän. baat [ ] im 14. Jh. in Schweden und Norwegen ā>ō [

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o e

o

a ] > [ o: ] (heute) altschwed. bāter [ a: ] > [ ] > [ o: ] (heute)

5. Vokalharmonie und Vokalgleichgewicht :nur regional /dialektal ( in Schweden und Norwegen a) Vokalharmonie

:Assimilation

e nach hinterem Vokal (o) i nach vorderem Vokal (u)

i

y

e

aschw. systir brōþer u

o a

b) Vokalgleichgewicht gilt nur für unbetonte Silben: bei langen Silben sinkt das u zu einem o, nach kurzen Silben bleibt es ein u. gatur kurze Silbe kyrkior lange Silbe 6.Konsonanten: a) þ verschwindet in Schrift þ> th,t Aussprache unklar ( 13.Jh. in Dänemark, 14.Jh. in S) b) Palatalisierungen in allen skandinavischen Sprachen g /k vor vorderem (hellen) Vokal wird als j gesprochen- beginnend mit j-Anschlag ( heute noch im Isländischen, im heutigen Dänisch verschwunden) gj k j altschw: gøra manchmal auch giøra ( nicht Standardschrift!) c) Assimilation im Dänischen tn > nn altschw. vatn > altdän. vann

7. Grammatik ( v.a. in Dänemark) a) Genitiv –s überall-: Singular und Plural b) doppelte Flexion (best. Substantive) verschwindet d.h. z.B.Genitiv-s nur noch am Artikel altschwedisch fisksins > altdän. fiskins Ausnahme: archaische, meist religiöse Texte (Bibel mitunter bis ins 15.Jh.) c) unbest. Artikel entsteht en oder ett (aus Zahlwort)- im Altnordischen gibt es keinen unbest. Artikel c) Adjektiv-Flexion vereinfacht ( um 1350), wird an Substantiv angeglichen Das Dänisch von 1350 entspricht fast schon dem heutigen Dänisch 8 Syntax kaum Fremdeinflüsse

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

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Zunächst gibt es eine klare Überwiegung der Hauptsätze (parataktische Reihung) gegen Ende der Periode wird der Einfluss des Lateinischen und Niederdeutschen größer und es entstehen zunehmend hypotaktische Satzfolgen ( Nebensätze) Wortschatz lateinischer, griechischer und niederdeutscher (Hanse) Einfluss

Texte ( vor 1200 gab es nur kurze Runeninschriften, ab 1200 bzw. im Isländischen etwas früher nach Einführung der lateinischen Schrift breit gestreute Texte Island und Norwegen:Sagas, Edda, Skaldik: spezielle literarische Texte zusätzlich alles wie auch in Schweden und Dänemark: 1.Gesetzestexte:

S

Västgötalagen ( um 1225)

DK

Skånske Lov (1200 -1220) Jydske Lov (um 1240) jede Landschaft hat eigene Gesetzestexte ( z.B. Magnus Eiriksson Landslag) Texte sind meist nur in Abschriften, die einige Jahrzehnte älter sind als ursprgl. Text, erhalten einfache Syntax, Alltagssprache, original skandinavisch 2. Religiöse Texte: Legendensammlungen unter latein.Einfluss S: Schriften der Hl. Birgitta (herausragend!, teilw. auf Latein. Gründerin von Kloster Vadstena, das Zentrum wird) 4. Höfische Literatur: Übersetzungen aus dem Deutschen und Französischen, zuerst nur in Schweden keine eigene höfische Literatur( Ausnahme Riddararsögur auf Island) Eufemiavisorna (Sammlung von 3 übersetzten Texten) Schweden Weg der höfischen Literatur: Frankreich → England →Island/Norwegen →Schweden →Dänemark Eirikskrönikan : historischer Text, der höfischen Literatur. nahestehend:: schwed. Geschichte 1240-1400, Stil an höfische Lit. angeglichen Urkunden und Dokumente noch hauptsächlich in Latein Der Sprachstil der Texte ist unterschiedlich:  Rechtssprache: einfache Syntax, kaum Lehnwörter, archaische Flexionen wie im Altnordischen  Religiöse Sprache: in Wortschatz und Syntax hauptsächlich vom Latein gesprägt  Höfische.Literatur-Sprache: viele Lehnwörter (je nach Vorlage), flexionsmorphologisch und syntaktisch am weitesten fortgeschritten- relativ modern

Mittelskandinavische Periode ( 1350-1550)

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

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Am Ende dieser Periode stehen die Bibelübersetzungen ( D, S, Isl.) Nun wird auch das Schwedische verändert Norwegisch geht ab jetzt parallel mit Schwedisch Isländisch und Färöisch bleiben weiterhin konservativ religiöse Texte (Beispiel Gustav Vasa Bibel) noch konservativer ( alte Flexionen) Kalmarer Union ( Politik ) Hanse (Wirtschaft- starker niederdeutscher Einfluss) Literarische Zeugnisse I) Dänemark und Schweden 1. juristische und administrative Dokumente: Gesetzestexte, Diplome, … 2. Religiöse Texte: Legenden, Teile der Bibel (schon im 14./15. Jh. übersetzt, gesamte Bibel 1500-1550 S: Gustav Vasa 1541, Dk Christian III 1550) S: Kloster Vadstena als kulturelles Zentrum 3. Höfische Literatur: weiterhin nur Übersetzungen- nun auch in Dänemark: Eufemiavisorne (DK) 4. Historische Texte: sind neu, stark ausgeprägt, Chroniken Rimkrönikan (DK), Sturekrönikan (S) 5. Didaktische Schriften: „Fachliteratur“ ( medizinisch, Landwirtschaft...) Lucidarius 6. Folkevisa v.a. in Dänemark: entstandne im Mittelalter, belegt nach 1500 Bei Übersetzungen gab es keine Angaben zu den Übersetzern, höchstens zu der Vorlage. Die Übersetzer sind somit unbekannt. II) Norwegen wird stark von Dänemark abhängig (Kalmarer Union bis 1814). Ab ca 1500 verschwindet norwegisch aus Schrift,es wird nur mehr Dänisch egshcrieben ( bis ins 19.Jh.) Es wird wenig eigene Literatur produziert. III) Island: weiterhin Sagas, Bibelübersetzung im 16.Jh. , sonstige Literatur., wie S und Dk IV) Färöer: kaum literatur- Färöisch wird erst im 19.Jh. Schriftsprache Veränderungen der Sprache: sehr viele. Sie hängen oft mit der Vorperiode zusammen Phon.-Morphologische Änderungen 1. Konsonanten: nur DK: Veränderungen bei postvokalen p,t,k nun auch in der Schrift: p, t, k nach Vokal  b, d, g (gesprochen altdänisch) b, d, g gripe > gribe aber Weiterentwicklung zu Frikativen nicht in der Schrift altdänisch skogh > mitteldän. Skow/ skogh Diphthongisierung zeigt sich normalerweise nicht in der Schrift Schreibung bleibt konservativ, hinkt hinter Lautung her ausser bei b,d,g 2. Vokalhebung ( nur in S und Norwegen, in DK nur a > å) betrifft nur lange hintere Vokale ī y langes a ist ja bereits zu langem u gehoben

ǖ

ū

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II ō>ū ū>u u>y

daher 2 ü

ē

-Laute !

altschw. bōk [o:]  neuschw. bok [u:] hus [u:]  hus [ü:] ny [ü:]  ny [y:]

19

ō

ā (nicht in Schrift!)

schon früher

altschw. ursprgl( im AN) kurzes o wird als o gesprochen ( son) ursprgl. ( im AN) langes o wird als u gesprochen spæter wird o wird entweder als o oder als aa /å geschrieben ( bāter > baater ) 3. Vokalharmonie / Vokalgleichgewicht regionale/dialektal 4. Palatalisierungen: geht in allen Ländern weiter: g und k vor vorderem Vokal als j gesprochen , es beginnt nun auch mit sj als sch- man nähert sich der heutigen Aussprache 5. Quantitätsverhältnisse Silbenstruktur im Altskandinavischen 3 Silbenlängen kurz lang ( 1 Vokal+ 1 Kons.) (lg.Vokal oder 2 Kons.) altschw.

sak

Vokal gedehnt

mittelschw.

überlang (lg.Vokal+2 Kons.) ātta

bōk band Vokal gekürzt bōk [ u:] sak [ a:] åtta

alle Silben wurden lang : entweder ein langer Vokal oder mehrere Konsonanten bei kurzen Silben wird Vokal gedehnt, bei überlangen Silben gekürzt Das gilt im Prinzip für alle skandinavischen Sprachen- auch für das Isländische ( Akzent ist dort keine Längenbezeichnung mehr). Im Dänischen mitunter Ausnahmen und noch kurze Silben 6. Senkung kurzer Vokale i, u, y (v.a. im Dänischen) y i u im Dänischen nicht in Schrift: visse als vesse gespr.[ e ] im Schwed. visse als i gespr. [ i ] e øø o in Fremdwörtern bleibt im Dän. oft das i auch in Aussprache a 7. Unterschied S-Dänisch iu- y

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ursprg. Diphthong wird im Dänischen ( und Skåne) zu y : altschw. djup> mitteldän. dyb dialektal 8.Dreiklang in unbetonten Silben (kurze Vokale) altisländisch: a, e, i Dänemark ( und Riksmål) : bereits Schwalaut -Einklang regional in Schweden + Nynorsk, ( + BM) Tendenz zu Zweiklang a und e (hat sich in S nicht durchgesetzt) Schweden: Dreiklang a –e -o (Senkung) spielt eine Rolle bei Flexionsendungen ( Pl. –ir > -er) 9. Retroflexe: S, N 10. Nominalflexion a) Vereinfachung des Kasussystems in S und N schwache Substantiva: Akkusativ und Nominativ fallen zusammen, Dativ –Endung (i) verschwindet allmählich -es bleibt nur Genetiv –s, das nun verallgemeinert wird ( früher nur in Dänemark) starke Subst: Akkusativ-Endung bleibt Übergangsphase- Entwicklung dauert bis ins 17.Jh. b) doppelte Substantiv-Flexion verschwindet überall c) unbestimnmter Artikelentsteht überall d) Adjektivflexion auch vereinfacht 11.neue Pluralbildungen: (Dänemark) zwei alte Utrumendungen werden auf Neutra ausgeweitet: -er ( v.a. zweisilb. Neutra z.B. rige – riger) -e (land- lande) 12. Verb a) Endungen: Dänemark: Änderungen bereits in voriger Periode: Sing. –r, Plural Schwalaut Schweden: Sg. Einheitsendung, Pl. weiter 3 Endungen- aber neu ist für die 1. Pers. Pl. –e statt om /um vi bærum / vi bärom > vi bäre b) Tempusbildung: Das System ändert sich: starke Verben werden schwach, schwache Verben in 1. Klasse ( Wurzel + Vokal kalla, kallada...), auch die meisten Fremdwörter Bildung einerneuen Klasse von schwachen Verben in S und N: im Präteritum Doppeldental: tro – trodde – trott betrifft einsilbige Verben, die auf Vokal enden ( bleiben in Dänemark in der 1. Klasse)

Syntax Fremdeinflüsse werden stärker • [Infinite[ Partizipialkonstruktionen (aus dem Lateinischen, durch Übersetzungen)

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II • • • • • •

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Satzperioden : viele Haupt- und Nebensätze Endstellung des finiten Verbs in nebensätzen Satzadverbien bekommen die heutige Stellung im Nebensatz ( rücken vor das finitive Verb, z. B.(ikke, aldri, …) Verwendung von „thet“ > „det“als Vormaler Objekt-Verrblassung (det regner, det kommer en bil) Relativpronomen „som“ wird ausgeweitet Wortstellung wird fixiert- Fixierung der Satzgliedstellung

Stile neu ist Kanzleisstil 14. Jh. Sprachwechsel im Bereich der Urkunden, …nahc niederdeutschem Vorbild Dänemark führend, Einfluss auf S Wortschatz Lateinisch + Griechische Entlehnungen+ viele niederdeutsche Lehnwörter (Hanse) einige 1000 Wörter, werden heute nicht mehr als Lehnwörter empfunden Lehnbereiche: Stadtleben: (stad) Handel: (handel, betale) Handwerk: (skomakare/skomager) Kultur: viele Termini des Ritterlebens (riddare/ridder, hov/hof) Alltag: (frukost, trappa,)

Affixe:

Präfixe : be-, anSuffixe : -inna/ -inde

Isländisch und Färöisch: Sonderstellung, wenig grammatikalische Veränderungen

Lautlich: Silbenstruktur ( nur mehr lange Silben) Diphthongierung á,é,ó ( entspricht der mittelalterl.Vokalhebung) Sprossvokale (dagr > dagur)

Neuskandinavisch Frühneuskandinavisch ( 1550-1700) dem heutigen Schriftbild bereits sehr ähnlich Politische Entwicklung: Schweden übernimnmt Vormachtstellung, Skåne geht an Schweden Quellen: großer Einfluß auf Schriftsprache, überregionale Normen entstehen erstmals ,v.a. in DK 1. Bibelübersetzungen S: Gustav-Vasa-Bibel (1541), NT ca. 15 Jahre vorher

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DK: Christian-III.-Bibel (1550) in den Bibel noch sehr archaische Sprache 2. religiöse Quellen: Olaus Petri (16.Jh.) relig. Schriftsteller, hat großen Einfluss auf die Sprachentwicklung in S 3, profane Literatur (Belletristik) Georg Stjernhielm: Gründer der poetischen Sprache in S (17.Jh.) Anders Sørensen Vedel in DK (16.Jh.) 4. Fachliteratur zur Sprache ( ab 17.Jh.) Reflexionen über die Sprache a) Georg Sternhielm: „Gambla Swea al Götha Måles fatebu“ erste Auseinandersetzung mit Fremdwörtern, setzt sich für deren Ausmerzung ein, „Purist“ b) Samuel Columbus: „En swensk ordeskötsel“ fordert Annäherung der Schriftsprache an die Umgangssprache und Vereinfachung der Orthographie c) erste Grammatiken (17. Jh.): in DK und S Grammatiken und Wörterbücher [S: Erik Auivillius (lat.), 1684, Nils Tjällmann (schw.), 1696 DK: Erik Eriksson Pontoppidan, 1668, Peder Syv, 1685]

Sprachliche Veränderungen schwankende Orthographie Phonologisch-morpholog. Änderungen 1. orthographische Vereinfachung , verschwindet (Reibelaute), wird zu < d > und < g > [außer im DK] 2. Tendenz zur Restitution von alten Lautenzuständen: S: a-e-o > a-i-u Mittelschwedisch: gator /gater [ er ] > frühneuschwedisch gator [ u ] Leseaussprache 3. Palatalisierungen geht weiter und erreicht heutigen Stand S,N: [ j ], [ cs ] [ ] göra- köpa- skära Palatalvokale in DK: Palatalisierung ist rückläufig/ verschwunden ins keine Endelung 4. Retroflexe ausgeweitet, nehmen heutige Form an Grammatik 1. Nominalflexion: 2 Kasus auch in S Ausnahme religiöse Literatur. 16. JH.: DK, S: dözeus doppelte Flexion 2. Pluralendungen der Substantive: DK: -(e)r, -e weiter ausgedehnt Pl. Neutr. bestimmte Form:–ne S: -na / -ne -n äpple pl äpplen auf Neutra ausgedehnt 3. Genus völlig umgestaltet in S und DK: 3 Genera  2 Genera M- F- N > U-N ( han-hun > den) in relig. Schriften in S noch bis ins 19.Jh. M und F erhalten) NN, FÄR, ISL: 3 Genera

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4. Adjektive Flexion wie Substantive vereinfacht (S: schwache Form im Pl.  -a, Reste des männlichen –e nur bei Lehnwörtern erhalten) 5. Verb: a) in DK Situation bereits eine Sg. / eine Pl.-Form: –er / -e nun auch Beginn der Vereinfachung in S: eine Sg. / drei Pl.-Formen (im 17. Jh. in der Umgangssprache nicht mehr) b) Konjunktiv (synthetisch) verschwindet in DK c) Klassenwechsel geht weiter ( starke Verben werden schwach, schwache Verben in 1.Klasse) [6. S: ni entsteht (-en + i) ] Syntax Einflüsse bleiben gleich: lat + griechisch hochdeutscher Einfluss 1.Komplexizität religiöse Sprache vereinfacht- v.a. Satzbau Kanzleisprache wird immer komplizierter Literatursprache steht dazwischen 2. Endstellung des finiten Verbs im Nebensatz nimmt zu [stark im 16. Jh., verschwindet im 17. Jh ]. 3. Gruppengenitiv: ganze Phrase wird in den Genetiv gesetzt, nicht jedes Glied einzeln flektiert - Genitiv am Ende einer Nominalphrase det stora husets 5. Bestimmter Artikel häufiger verwendet , weniger artikellose Formen( Tendenz seit dem Mittelalter) Sprachstile 1. Religiöser Stil 2. Kanzleisprache ( noch stark lokal gefärbt) 3. Literatursprache nimmt an Bedeutung zu 4.Latein wird zurückgedrängt- an Uni erste Vorlesungen in Muttersprache Richtlinien: Bibelübersetzungen Einfluss aus Cøbenhavn und Stockholm umgangssprachlicher Einfluss nimmt ebenfalls zu Wortschatz hochdeutscher Einfluss ( 30 jähriger Krieg im 17. Jh.) im militärischen und technischen Bereich, allerdings nicht so stark wie früher der niederdeutsche Einfluss

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Neuskandinavische Zeit ab 1700- heute • • •

Umgangssprache im Wesentlichen den heutigen Stand erreicht Schriftsprache konservatier, vereinfacht, an Umgangssprache angepaßt Umgangssprache andererseits von Schriftsprache beeinflusst (Dialekte ↓ )

Quellen: alle Arten, v.a. Literatur und naturwissenschaftliche Texte haben Aufschwung S:18.Jh. Olof von Dalin: „The Swänske Argus“,(Wochenzeitschrift) Carl von Linné: Naturw., nüchterner Stil, starke Einwirkung auf den Prosastil Johan Ihre: erstes etymologisches Wörterbuch Sven Hof,:schrieb über schwedischen Sprachgebrauch Abraham Sahlstedt: Sprachwissenschaftler, schrieb schw. Wörterbuch und Grammatik, die alles vorige ersetzt haben 19./20. Jh. Literatur explodiert, viele Publikationen, Literatur erreicht alle Bevölkerungsschichten wissenschaftliche Schriften entstehen ↑-, in DK zuerst auf deutsch, dann auch in skandinavischen Sprachen DK:18.Jh.:

Ludvig Holberg (nicht prägend für die folgenden Jahrhunderte, sehr schwerfälliger, lateinlastiger Stil mit komplizierter Syntaxl)

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Jens Sneedorff ( wichtig für Entwicklung der dän.Literatursprache des 19./20.Jh.) Johannes Ewald : ebenso DK 19/20.Jh. wie S, Literatur und Wissenschaften ↑ noch stärker von D beeinflusst Rasmus Christian Rask : wichtigster Skandinavischer Sprachforscher dieser Zeit:

Sprachliche Entwicklungen 1. heutige Aussprache entsteht 1. Dänisches R [r]  [R], heute uvulares r ( kam aus Frankreich über Deutschland, bis Südschweden und S-Norwegen :NN) in Dänemark 2. Palatalisierung verschwindet endgültig in Dänemark kiøbenhavn > København 3. Restituierung alter Lautzustände in DK und S S: Es wird wieder so gesprochen, wie geschrieben wird: AS MS MS /NS NS , heute gatur > gator > gater > gator

geschrieben immer kallade [kallade] > [ kalla] > [ kallade ]

DK: v.a. Konsonanten zwischen 2 Vokalen [ b ] wird nicht mehr als w gesprochen ( betr. aber nicht g- das ist verschwunden) Orthographie stabilisiert sich- Rechtschreibreform im 19.Jh. 2. Substantive 1. Utrum endgültig eingeführt :vollständiger Zusammenfall der Genera F und M, in S aber noch bis ca. 1900 „akademisches maskulin und feminin“, in Alltagssprache und Literatur nicht mehr (nicht in allen Dialekten!) 2. Pluralendung -ne / -na Pluralendung nicht mehr vom Genus abhängig, Genusregel: weibliche Pluralendung: -na, männliche –ne z.B. sakerna, gatorna dagarna Wohlklangsregel, –ne nach –ar sonst –na in vielen Fällen Übereinstimmung zwischen beiden Regeln! G W G W Nicht bei z.B. „Gast! gästerne > gästerna solarna > solarne allmählicher Übergang ( Strindberg z.B. archaisch) im 19. Jh. setzt sich –na als alleinige Endung durch

3. Verben

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II 1.weitere Klassenübertritte 2. Supinum entsteht in S (etwa Neutrum Perfekt-Partizip) starke Verben: bita - bitet ( adjektive Form) bitit (Zeitenbildung = Supinum) künstliche Restitution ( i > e ) 3. Aufgabe der Pluralendungen DK: 1913 Einheitsendung: Sg-Endung –er auch im Plural: vi komme  vi kommer S:

1. Pl. -a (-e) 2. Pl. –en > -a im 19.Jh. > um 1950 – r als einzige Verbform! 3. Pl. -a

4. Konjunktiv ist in DK schon weg, verschwindet weitgehend auch in S ( v.a. Präsens)

4. Syntax Nach 1700 Vereinfachung von Stil und Wortstellung- Tendenz zu Kürze und Klarheit  Fakultative Endstellung des finitiven Verbs in Nebensätzen verschwindet  Gruppengenetiv setzt sich überall endgültig durch 2 Ausnahmen:  DK: Holberg-Zeit ( 1. Hälfte des 18.Jh.): schwerfällig, stark vom Latein geprägt (Partizipialkonstruktionen)  S: Gustavianische Periode ( Gustav III., um 1800) komplizierte Syntax

5. Sprachstil Literarischer Stil Wird ungezwungen, von Umgangssprache beeinflusst „moderner Prosastil“ Olaf von Dalin (S), Jens Sneedorff (Dk) Gegensatz:: Gustavianischer Stil: Gustav III fördert Kultur, Rhetorik, Drama- dieser Stil ist Vorbild für die schwedische Literatur bis Mitte des 19.Jh. Carl von Linneé für ungezwungenen Prosastil Schwedische Literatursprache wird später als die Dänische vereinfacht wissenschaftlicher Stil Entwicklung der Naturwissenschaften im 19. Jh., Beginn des fachsprachlichen Schrifttums Dänen veröffentlichen viel auf Deutsch, viele Lehnwörter aus dem Deutschen, aber auch Latein und Griechisch im Wissenschaftsstil 6. Wortschatz Einflüsse: Französisch ( bereits ab 17. Jh,. Maximum 18.Jh.) garderobe, dessert… Deutsch eingeschränkt (Wissenschaft, literarisch geprägte Sprache) Englisch ab 19. Jh. 7. Sprachpflege ( neu) Einfluss auf die Entwicklung der Sprache unter verschiedenen Aspekten:

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a) normative Gramnmatik: Vereinheitlichung der Orthographie- verpflichtend Wörterbücher, Grammatiken b) Purismus Besonders in 1. Hälfte des 19.Jh.,ab 2. Hälfte zurückgehend „Vernordischung“Fremdwörter werden durch nordgermanische Wörter ersetzt- z.T. werden niederdeutsche Lehnwörter eher als romanische akzeptiert c) Nordische Institute entstehen an Universitäten, Lehre der Skandinavistik entsteht d) Sprachpflegeeinrichtungen entstehen in jedem Land S: Nämden för svensk språkvård DK: Dansk Sprognævn ( 1955)

Norwegische Sprachgeschichte Norwegen war sehr lange kolonisiert- Einfluss auf Sprachentwicklung Nynorsk wurde aus Dialekten im 19. Jh. geschaffen- ursprgl. als Landsmaal Bokmål hat sich im 19. Jh. Vom Dänischen emanzipiert -ursprgl. Als Riksmaal Geschichte: Norwegen war bis 1319 unabhängig, dann zuerst Union mit Schweden, ab 1380 Union mit Dänemark (ab 1997 Kalmarer Union) bis 1814, danach kam es zu Schweden , war kulturell ziemlich autonom, 1905 Unabhängigkeit Sprachentwicklung Urnordisch Altnordisch Alt-Westnordisch im 12. Jh. Lateinalphabet Altnorwegisch um 1200 Mittelnorwegisch, bis ca. 1480 aber Dänisch wurde schrittweise wichtiger Norwegisch: Entwicklung wie Schwedisch ( spätmittelalterliche Vokalhebung, Vokalgleichgewicht, Vokalharmonie) Etwa 1500 verschwindet Norwegisch aus offiziellem Sprachgebrauch ( in Kirchen noch bis 1510 Dokumente auf Norwegisch) und bleibt nur in Dialekten In Literatur in kurzen Passagen (Bauern reden Norwegische Dialekte) Keine Bibelübersetzung ins Norwegische!

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1536 ( Reformationsbeginn) -1814 Dänische Zeit: nur Oberschicht kann schreiben (Dänisch), Rest der Bevölkerung:Analphabeten Schulwesen wird danisiert, aber die Aussprache wird geändert: 1. Oberschicht: Norwegisch nimmt Dänische Zügen an 2. Dänische Einwanderer nehmen Aussprache an- Leseaussprache ( harte Konsonanten) ab 1814- Aufschwung für das Dänische (Union mit Schweden) 95 % der Bevölkerung (Landbevölkerung) spricht Norweg. Dialekt, 5 % Oberschicht ( in Städten) 2 Varianten: formell Dänisch mit Norwegischer Leseaussprache informell eher Norwegisch an das Dänische angeglichen Schulen werden ausgebaut- gesamte Bevölkerung hat Dänisch als Schriftsprache Gegenströmung in Nationalromantik In anderen Ländern in Nationalromantik Aufwertung der eigenen Sprache- aber in Norwegen keine eigene Schriftsprache (Mittelnorwegisch: zu starke Unterschiede)- 2 Ideen a) Nationalsprache aus Dialekten ( wie auf Färöern) bilden: > Landsmaal Ivar Aasen, verwendet v.a. westnorwegische Dialekte, sehr konservativ (Pluralendungen, Dativ) b) Norwegisierung des Dänischen ( also der Kolonialsprache) > Riksmaal c) Kolonialsprache = Dänisch wird behalten: wird verworfen ( z.B. Afrikanische Länder)

Sprachpolitische Entscheidungen Landsmaal 1878 in Schulen muss auf Umgangssprache der Schüler Rücksicht genommen werden 1885 prinzipielle offizielle Gleichstellung von Landsmaal und Riksmaal (Amtssprache, Schule)- Regierungswechsel im Parlament: Venstre hat Mehrheit 1892 Landsmaal wird als Gesetzessprache zugelassen Landsmaal im Vormarsch v.a. im Westen, nicht im Osten des Landes Riksmaal 1887: Aussprachenormen für Riksmaal entsprechend der gebildeten Umgangssprache, Leseaussprache wird abgeschafft, eine Orthographiereform ist notwendig ( harte Konsonanten) bide ausgesprochen mit t kann nun fakultativ auch als bite geschrieben werden Knud Knudsen (Pädagoge): Verfechter dieser Linie 1892: diese Schreibung wird in Lehrbücher aufgenommen 1894: Orthographieregeln nach anfänglich großem Abstand zwischen Landsmaal und Riksmaal erfolgt in 1. Hälfte des 20. Jh. Annäherung, es entsteht sogar die Idee für eine Zusammenführung in Samnorsk. In 2. Hälfte des 10. Jh. Wieder Auseinanderentwicklung 1901 für Landsmaal: Orthographie

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Hægstad (konservativ, wie Aasen, setzt sich durch) und Midlandnormalen(Skjøtt, Arne Garborg: entspricht etwa heutigem Nynorsk, damals nicht durchgesetzt) 1907 Landsmaal wird in Gymnasien als verpflichtende Zweitsprache eingeführt. Reform des Riksmaal : weitere Vernorwegischung- als Kompromiss alles wahlfrei Basis ist die Mittelklassesprache (städtische allgemeine Umgangssprache, nicht mehr Oberschicht) z.B., Pluralendung –e kann –er (Utrum) oder nichts (Neutrum) sein dage- ( dän.) – dager (N) huse (dän.)- hus (N) 1910 Reform des Landsmaal Öffnung für Ost-Dialekte, wahlfrei 1917 ab diesem Zeitpunkt gleichzeitige Reformen beider Sprachen Aneinanderführung von Riksmaal und Landsmaal - alles wahlfrei Riksmaal: Feminina, bestimmte Pluralendung Neutrum: husa statt husene Verb ( kasta statt kastet) Landsmaal: husi > husa , skåli > skåla ( i ist westnorwegisch, a ostnorwegisch) Proteste von konservativen Kreisen Landsmaal ca 15 % der Schüler, auf Westen (außer Bergen) konzentriert) Nun auch offizielle Sprache in Gemeinden und Sprachgesetz für neue Beamte 1929 Umbenennung in Nynorsk und Bokmål 1933: Nynorsk auch in Radio und Wissenschaft 1935: ungefähr.20 % der Schüler sprechen Nynorsk 1938 radikale Reform- obligatorische Änderungen- hat sich nie ganz durchgesetzt starke Angleichung der beiden Sprachen- heftige Proteste Bokmål: etwa 1000 obligatorische Feminina, Diphthonge eingeführt sten> stein Nynorsk ostnorwegische Formen mehr verpflichtend( im BM wahlweise möglich) 1939 29,5 % NN 1940-1945 Besatzungsszeit: Aufschwung des NN: 1944 sprechen 34,1 % NN , NN breitet sich aus nach Norden (Troms, Trondheim, Nordland) und Zentralnorwegen (Oppland), im SO (Oslo) und Bergen weiter BM, auch als Widerstandssprache nach 1945 geht NN wieder zurück: Grund: starke Urbanisierung und Zentralisierung (Zusammenlegung von Gemeinden und Schulbezirken) Noch immer Politik der Angleichung (Samnorsk)- aber dagegen auch WiderstandSamnorsk-Perspektive wird aufgegeben NN gespalten (Traditionalisten und Radikale) 1959 Sprachreform relativ geringe Veränderungen BM kaum geändert, NN bescheidene Annäherungen Verlage, Presse. Wirtschaft: weiter konservatives Riksmaal, man ignoriert 1938 und schreibt nach 1917-Regeln

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1964 Kommission für Strategie der Sprachfindung eingesetzt (Vogt-Kommisson): Ergebnis: Aufgabe von Samnorsk und alte (illegale) Riksmaal-Formen sollen zugelassen werden- dann Sprachfriede – Ergebnisse werden 1966 veröffentlicht, Politik der Angleichung wird aufgegeben 1969 neues Grundschulgesetz: Abstimmung über Unterrichtssprache: nur mehr die Eltern, nicht die Gesamtbevölkerung – das schadet NN Quotensystem: 25 % NN im Radio und bei Regierungsveröffentlichungen- dadurch wird Minderheitencharakter endgültig fixiert. Sprachorganisationen werden gegründet: 1952 Norsk språknemd: Aufgabe: Annäherung der beiden Sprachen 1972 Norsk språkråd: Aufgabe: Pflege der Kultur... 1980 Gesetz für öffentlichen Dienst: Gleichstellung der Sprachen 1981 Reform des Bokmål: auf Betreiben des Riksmaalførbundet ( konservative Organisation) wird die Reform von 1938 rückgängig gemacht. Abschaffung der obligatorischen Feminina, man sagt wieder husene und auch kastet - alles wahlfrei 1958 Stimmrecht in Sprachbezirken wieder für alle Bürger, nicht mehr nur Eltern 1990er Jahre verschiedene Sprachformen nebeneinander( bis heute) 5 verschiedene Sprachformen mit 2 Schwerpunkten: progressives BM NN nahe,intellektuelle und literarische Kreise- viele Feminina. moderates BM wenig Feminina Hauptform heute konservatives BM: ( praktisch Dänisch) keine Feminina.) moderates NN ( wenig angeglichen) Hauptform heute progressives NN ( stark angeglichen an BM) NN rückläufig wegen Urbanisierung und Zuwanderung (meist in Städten, lernen daher BM), heute ca. 14-15 % NN Dialekte wichtig- seit den 70er Jahren auch im NRK Englisch dringt in beide Sprachen ein Mitte 19.Jh. 1938 heute

Riksmaal

Landsmaal Bokmål Nynorsk

Bokmål

Nynorsk

Texte: Analyse: Entwicklung der beiden Sprachen

weit auseinander fast gleich Auseinanderentwicklung

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Beide: Groß-und Kleinscheibung, aa und å Landsmaal/NN: Substantiv: Endungen: -a mehrere bestimmte Formen dotteri > dattera, gjente- gjenta, Gavor> gåver strålane Femininum ei sola Adjektiv: Endungen stora>store Verb: Kurzformen: hava > ha Kløyvd infinitiv: hjelpe- koma ( Vokalharmonisierung. Lange Silbe e, kurze a) Endungen: lidet-lide bzw. lide> lidi Diphthonge Riksmaal vor und nach 1907: harte Konsonanten vide > vite siddende > sittende ude > ute Kurzform sagde > sa beder > ber blive > bli Klassenwechsel (Verben) svarede > svarte ( 1.> 2.) Best. Form Neutrum: det Pæretræ > det pæretræet Vor und nach 1938 ( moderat > radikal) Feminina! Diphthonge: føk > fauk dzp > djup Præteritum skeftet > skefta Infinitiv: grave > grava ( radikal: Kløyvd infinitiv, auch –a-Formen s. Nynorsk) ostnordisch > westnordisch: tro > tru radikales Bokmål: nur an einzelnen Wörtern erkennbar( z.B. ikke / NN ikkje ) und an unbestimmten Artikel-Endungen

Geographische Verteilung der beiden Sprachen 2001 (%) NN/BM Norwegen Sogn og Fjordane Møre og Romsdal Hordaland Oppland Nord-Trøndelag Troms Finnmark

15 / 85 0,2 Samisch 96,3

1945 (%) NN/BM 33 97

55,7

93

44,5 22,5 2,6 0,5 0,0/91,22 8,8 Samisch

81 44 67 48

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Hochburgen von Nynorsk : Sogn og Fjordane, Møre og Romsdal und Hordaland ( ohne Bergen) In umgebenden Fylken Rogaland, Oppland und Telemark noch 20-30 % Gründe für den Rückgang: Urbanisierung In Sogn og Fjordane stabil geblieben, in Møre og Romsdal und Hordaland starke Urbanisierung Rückgang vor allem in den 1960er Jahren, im Norden ging auch die ländliche Bevölkerung wieder zum Bokmål über. Soziologie Schriftsprache: Welche Sprache bevorzugen Sie, wenn Sie schreiben müssen? Umfrage 1957 Nynorsk Bokmål (1938) Riksmål 12 19 65 Gesamt Norwegen 1 14 81 Osten (urban) 50 11 33 West/Süd (rural)

andere 4 4 5

Die meisten nannten Riksmaal und nicht das progressive Bokmål Aufhebung der Reform von 1938 Sprachliche Situation ist einzigartig in Europa, da eine Kreolsprache führt ( in Weissrussland oder Ukraine zwar auch Mischsprachen, diese haben sich aber nicht durchegesetzt) Amtssprache jede Gemeinde kann ihre Amtssprache frei wählen, Bokmål, Nynorsk oder neutral (beide Sprachen erlaubt) Nynorsk 116 Gesamt (435) NN: kleine Gemeinden, mit geringer Einwohnernzahl Oslo ( 1) Sogn og Fjordane (26) Møre og Romsdal (38) Hordaland (34) Østfold (18)

0 26 23 31 0

Bokmål 165

neutral 154

0 0 2 0 16

1 0 13 3 2

Einstellung Schüler : ( Umfrage 1996) Ist die Einstellung zu Nynorsk / Bokmål negativ oder positiv?

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Nynorsk Bokmål

Frage an alle positiv negativ 27 73 95 5

Bokmål-Sprecher positiv negativ 18 82 96 4

33

Nynorsk-Sprecher positiv negativ 78 22 84 16

Bokmål ist bei allen Gruppen beliebter ( auch bei den Schülern, die NN als Hauptsprache haben) Prestigefrage? Parteien: Minderheiten haben in Norwegen keine eigene Partei Frp ( Framskrittsparti) Høyre (rechts) 22 % AP (Arbeiderparti) Krf (Kristelige Folkeparti) SP (Senterparti) SV (sosiale Venstre) 34 %

17 % positiv zu NN 23 % 52 % 37 % v.a. Bauern und Fischer

Kein Zusammenhang zwischen politischer Richtung und Sprache Verwendung von NN /BM: Privatleben: Welche Sprache benutzen Sie im privaten Bereich? (Umfrage 1995)

Gesamtbevölkerung 15-29 Jahre 30-44 Jahre 45-59 über 60 Jahre

Nynorsk 7,4 6,4 6,0 6,9 10,5

Bokmål/Riksmål 87,0

beide 5,0 4,4 4,4 5,1 6,4

k. A. 0,5

Ungefähr 10 % benutzen NN privat Am wenigsten NN ca. 30 Jährige, am meisten NN über 60 Jährige Schüler, die in der Schule auf Nynorsk unterrichtet wurden ( ca.15 %) sprechen im späteren Leben nicht unbedingt Nynorsk. nur mehr 11,2% der Wehrpflichtige bzw. der Menschen, die eine Einkommenssteuererklärung abgebende, sprechen NN Bildung: Nynorsk-Anteil am geringsten bei universitärer Bildung (Urbanisierung?) Fischer und Bauern: ca. 30 % Nynorsk Selbständige: 6-7 % Verwendung in Medien (1996)

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II Radio und TV: ca. 10% Nynorsk Bücher: ca. 10 % Nynorsk

34

ca. 10 (TV) - 16% Dialekt

Zeitungen (1991) Nynorsk beide 49 = 24% 21 = 10 % Gesamt (208) 6% 5% Auflage (3 Mio.) 1/3 der Zeitungen,aber nur 8 % der Auflage ist in NN

Bokmål 138 =66 % 89%

EINFÜHRUNGSPROSEMINAR I. – SKANDINAVISCHE LITERATURWISSENSCHAFT Was ist Literatur? 1. Fachliteratur 2. Dichtung - Gemeinsamkeiten: Sprache und Kommunikation – beide wollen etwas mitteilen - Unterschiede: Dichtung = Sprach – und / oder Wortkunstwerk jede sprachliche Äußerung hat eine begriffliche Aussage und eine künstlerische Seite - Arno HOLZ: K = N + x K ..... Kunstwerk N .... Natur x .... Künstler → Natur steht nicht alleine sondern mit dem Künstler = subjektiv → x soll möglichst klein sein -

ein Baum stellt in der Dichtung nicht nur einen Baum dar

-

Baum steht auch für das Leben, die Liebe, das Energische,...

-

hinter der äußeren sprachlichen Fassade steht noch ein tieferer Sinn

-

mimesis (griechisch) = Nachahmung der Wirklichkeit

-

Kunst ist nicht nur das N (in der Natur)

-

indirekte Mitteilung ist sehr wichtig in der dichterischen Sprache

-

STRUKTUR: sprachlicher Ausdruck wird geformt  x Dichter formt die Dichtung

-

Text löst sich dadurch von der faktuellen Wirklichkeit

-

wichtig: Selbstständigkeit des Textes

-

Ästhetik: Lehre vom Schönen (schöngeistig) früher: etwas, das empfunden/wahrgenommen wird

-

Belletristik: schöne Literatur

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

35

Was ist Literaturwissenschaft? 1. Dichtungswissenschaft: Analyse, Interpretation, Hermeneutik (aus der Theologie) 2. Literaturgeschichte: Synthese (Gesamtbild, Zusammenfassung), Darstellung des geschichtlichen Ablaufes

-

2. Hälfte des 18. Jahrhundert: Beginn der geschichtlichen Einordnung

 Heinrich Wilhelm von GERSTENBERG: „Briefe über Merkwürdigkeiten der Literatur“ (1766-1767)  Merkwürdigkeiten = das Originelle, das Einzigartige, das Andere  Neuentdeckung des Originellen des Künstlers  das künstlerische Genie drückt sich anders aus als der andere  das größte künstlerische Genie laut Gerstenberg: SHAKESPEARE  Shakespeare galt als primitiv – Grund: Vermischung der Gattungsformen  Volkslied: zweitgrößte künstlerische Gattung  einfaches Volk wird entdeckt  Romantik: Künstler = Genie (Gebrüder Grimm)  Johann Gottfried HERDER: „Über die neuere deutsche Literatur“ (1767-1768)  deutsch: Nationalliteratur  jede Nation drückt sich in seiner Literatur aus  Verlangen, die Geschichte der Literatur einer Nation aufzuschreiben

-

Beschäftigung mit der Vergangenheit  LITERATURGESCHICHTE

-

Vergleich, ob die Regeln von den Dichtern eingehalten wurden

-

Bei Nichteinhaltung (so wie bei Shakespeare) galt der Dichter als schlecht und primitiv

KOMPARATISTISCHE METHODE -

weder bei Herder noch bei Gerstenberg wurde der Text in Frage gestellt

-

Urtexte (siehe Urfaust)

-

Ein Text mit künstlerischer Aussage wird von einem Autor zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Gattung verfasst  Auffassung bis 1890

-

Dekonstruktivismus

-

Methoden sind notwendig und wichtig, stehen aber an zweiter Stelle  Vordergrund: TEXT

-

Heute:

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

-

o

Postdekonstruktivistisch?

o

Postmodernistisch?

o

Poststukturistisch?

36

Pluralismus: Aktion – Reaktion These – Antithese

-

Modell:

Autor --------------- Text --------------- Leser  Autor = subjektiv

 Text = objektiv

 Leser = subjektiv

 Der Leser ist subjektiver als der Autor  absolute Objektivität ist unmöglich!  Verhältnis zwischen Autor und Text = Produktion des Textes  Verhältnis zwischen Text und Leser = Rezeption des Textes  Produktion des Textes ist objektiver als die Rezeption  Produktion besteht aus den Erlebnissen des Autors (objektiv)  Biografie (wann? Warum?)  Rezeption besteht aus der Aneignung des Textes (subjektiv)  Interpretation des Textes

Geschichte der Literaturwissenschaft: -

Beginn: noch sehr im Geiste der Romantik

-

Um 1870: Zäsur: Etablierung der BIOGRAFISCHEN METHODE vor allem im Bereich des Autors

-

Vorläufer: o

Literaturkritiker Hippolite TAINE

o

Literaturkritiker SAINTE-BEUVE

-

Taine und Sainte-Beuve beginnen in ca. in den 1850ern mit ihren Behauptungen

-

3 Komponenten (formuliert von Taine): = Haupteigenschaften eines Werkes

-

o

Rasse = Volk, Nation

o

Milieu = Umgebung

o

Augenblick = Moment

jeder Dichter ist bestimmt von den drei Komponenten, die die vorherrschende Eigenschaft bestimmen (la faculté maitresse)

WISSENSCHAFTLICHE METHODE

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

37

Wissenschaftliche Methode: alles muss in Erfahrung gebracht werden, um sich ein Bild zu machen

BIOGRAFISCHE METHODE Biografische Methode (bis in die 1920er/30er Jahre): Herstellung eines umfassenden Bildes eines Künstlers

 POSITIVISTISCHE METHODE Positivistische Methode: jeder Autor ist ein Produkt der Zeit, des Milieus und der Nation

-

bis ca. 1930: Literatur beschäftigt sich mit der biografischen Methode

-

skandinavischer Kritiker: Georg BRANDES (1870er Jahre in Skandinavien; biografische Methode)  vertrat die französischen Methoden  schrieb Biografien über Shakespeare, Michelangelo, Julius Caesar, Voltaire,..

-

Zwischenkriegszeit: Verlagerung auf den Test (Auseinandersetzung mit dem Text)

 WERKIMMANENTE METHODE

Werkimmanente Methode: Analyse

-

1930er/40er Jahre: „New Criticism“ = neue Kritik statt der biografischen Methode hier ist der Autor uninteressant

-

Rene WELLEK (CZ) und Austin WARREN (USA): „Theory of Literature“ (1949)

METHODE DES „DOSE READING“ Methode des „Dose Reading“: Konzentration auf den Text

-

1947: Cleaneth BROOKS: „The well-wrought Urn“ (Die gut verwobene Urne) ästhetischer Ausdruck und ethnischer Inhalt

-

früher schon: “Ode an eine griechische Vase”

-

1970er: Studentenrevolution 1968  das ganze Leben und die Literaturkritik wurden politisiert

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II  Ideologiekritik: jeder Autor und auch jeder Leser ist von einer Ideologie (im politischer Bedeutung/marxistische Ideologie) abhängig -

Leser wurde miteinbezogen

-

Reaktion auf Ideologiekritik: STRUKTURALISMUS

 Franzose Roland BARTHES: „Kritik und Wahrheit“ (1967)  Der Dichter ist tot, es lebe der Text, aber dieser ist/war schon geschrieben, bevor der Dichter ihn strukturierte  Schweizer Ferdinand DE SAUSSURE:

la parole (Wort)

la langue (Sprache) -

Textmaterial existiert bereits; er wird vom Dichter strukturiert

-

- Dichter wird hier noch mehr ignoriert als beim New Criticism

-

gerne Beschäftigung mit Volksdichtung (Grund: Autoren sind anonym)

 Russe Vladimir PROPP: „Die Morphologie des Volksmärchens“ (1922 auf deutsch) -

Morphologie = Formlehre

-

31 Funktionen/Definitionen des russischen Zaubermärchens

-

die 31 Definitionen werden in verschiedenen Strukturen verwendet

-

Analyse bei Propp wie eine mathematische Gleichung

-

Reaktion des Lesers:  Wolfgang ISER: 2 Typen von Lesern 1. idealer/implizierter Leser (existiert nicht) = Leser, für den der Autor schreibt 2. realer Leser Interesse gilt der Wirkung des Textes auf den Leser  Hans Robert JAUSS: 1. idealer Leser hat ästhetischen Erwartungshorizont 2. Text hat keine eigene Kompetenz 3. es gibt so viele Texte wie Leser

OBJEKTIVITÄT  SUBJEKTIVITÄT -

kein Text mehr mit Gültigkeit

38

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

Was ist das Studium der skandinavischen Literaturen? ENTWICKLUNG DER SKANDINAVISCHEN UNIVERSITÄTEN:

Schweden: 1668: Universität in Lund weniger konservativ einzige Karrieremöglichkeit für Bauern (nur Männer): Theologie, Lehramt  Industrialisierung 1920: Universität in Stockholm 1954: Universität in Göteborg 1965: Universität in Umeå

Dänemark: 1479: Universität in Kopenhagen 1928: Universität in Aarhus (zweitgrößte Stadt) erste Universität mit Campus fortschrittlich und radikal (linksgerichtete Idologie) 1965: Universität in Odense 1970er Jahre: Universität in Roskilde (Entlastung für Kopenhagen) Radikalste aller Universitäten Projekte und keine traditionelle Ausbildung Heute: Ålborg

Norwegen: 1811: Universität in Olso 1948: Universität in Bergen 1978: Universität in Trondheim (erst 1990 fertig ausgebaut) ????: Universität Tromsø

Island: (300.000 Einwohner) 1911: Universität in Reykjavik

Färöer-Inseln: (45.000 Einwohner) 1965: kleine Universität in Torshaun

Grönland: 1983: „Universität“ in Nuuk (Hauptstadt) – 150 Studierende

39

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

-

40

1820/1830: Auseinandersetzung mit Sprache und Literatur in Lund, Uppsala und Kopenhagen  nordische Philologie

-

70er Jahre: Popularität des Literaturstudiums

Gibt es eine skandinavische Literaturgeschichte oder skandinavische Literaturgeschichten? -

Ganzheit der skandinavischen Literatur

-

Tendenz: getrennte Literatur

ZETTEL: P.M. Mitchell: -

“Litteraturen, der ikke er” (Die Literatur, die keine ist)  Ausgangspunkt: Nordische Literatur in 2 Bänden

-

Amerikaner

-

sagt, dass es keine nordische Literatur gibt

-

meint, dass die Bevölkerung die Literatur der anderen nordischen Länder nicht lesen können/wollen

-

gibt chronologischen Überblick  keine Möglichkeit einer speziellen Literatur

-

erstellte eine Liste von grenzüberschreitenden internationalen Dichtern  haben nichts mit den nordischen Dichtern zu tun

-

Aussage: man kann die fünf nordischen Literaturen nicht integrieren, d. h. es gibt keine nordische Literatur und keine nordische Literaturgeschichte

Dansk Bogfortegnelse: Dänisches Bücherverzeichnis -

1976

-

36 Übersetzungen ins Schwedische (13 Krimis)

-

18 Übersetzungen ins Norwegische (10 Trivialromane)

Mai Sjöwall und Per Wahlöö Louis Masterson (Pseudonym für Kjell Halbing)

Bjørnsterne Bjørnson: 1832-1910

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II -

„Sigurd Slembe“

-

nordischer Autor

-

Realist

-

gehört zur Weltliteratur

Ludvig Holberg: 1684-1754 -

„Jeppe auf dem Berge“

-

geboren in Norwegen

-

fühlte sich als dänischer Dichter

-

gehört zur Weltliteratur

Johannes V. Jensen: 1873-1950 -

Nobelpreisträger

-

Nordischer Dichter

-

gehört zur Weltliteratur

Selma Lagerlöf: 1858-1940 -

Nobelpreisträgerin

Knot Hamsun: 1859-1952 -

Nobelpreisträger

-

Norweger

Sigrid Undset: 1882-1949 -

Nobelpreisträgerin

Halldor Laxness: 1902-1998 -

Island

Zeitschriften: -

Scandinavian Studies

-

Arkiv för nordisk filologi

-

Skandinavistik

-

Scandinavica

Sven H. Rossel: -

„Skandinavische Literatur 1870-1970

Morgens Brøndsted:

41

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

42

-

Bis 1988 Professor für nordische Literatur

-

„Nordens litteratur, 1-2“ (1968)

-

war nicht der alleiniger Herausgeber, sondern der Hauptredakteur

-

wurde am selben Tag in allen fünf nordischen Ländern veröffenlticht

-

Arbeitsbericht: Frage: Gibt es eine nordische Literatur? – einerseits ja und andererseits nein; gibt Mitchell zuerst recht, kommt aber dann zu dem Schluss, dass der Norden ein zusammenhängendes Gebiet ist  eine Literatur

Jørgens-Frantz Jacobsen: 1900-1938 -

färöischer Literat

-

starb an Tuberkulose

-

schrieb auf dänisch (verwendeten einfach eine andere Sprache)

William Heinesen: 1900-1991 -

färöischer Literat

-

schrieb auf dänisch

Johann Sigurjonsson: 1818-1919 -

Isländer

-

schrieb auf dänisch (dänisch = 1. Fremdsprache in Island)

-

Studium in Kopenhagen

Gunnar Gunnarson: 1889-1975 -

Isländer

-

schrieb auf dänisch

Kristmann Gudmundsson: 1901-1983 -

Isländer

-

schrieb bis ca. 1940 auf norwegisch (größerer Markt als in Island)

Edith Södergran: 1892-1923 -

finnischer Lyriker

-

starb an Tuberkulose

-

schrieb auf schwedisch

Elmer Diktonius: 1896-1961 -

finnischer Lyriker

-

schrieb auf schwedisch

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II Tove Jansson: 1914-2001 -

Finne

-

schrieb auf schwedisch

Bo Carpelan: 1926-

Finne

-

schrieb auf schwedisch

Johan Ludvig Runeberg: 1804-1877 -

„Kung Fjalar“

-

Finne

-

schrieb die finnische Nationalhymne auf schwedisch

Zacharias Topelius: 1814-1898 -

Finne

-

schrieb auf schwedisch

Henrik Ibsen: -

„Hærmændene paa Helgeland“ (1858): Wickingerstück

-

„Gildet paa Solhoug“ (1856): inspiriert von den Mittelalterballaden

-

„Et Dukkehjem“

-

Realist

-

Schrieb auf dänisch

Alesander Kielland: -

Realist

-

Schrieb auf dänisch

Jonas Lie: -

Realist

Adam Oehlenschläger: 1779-1850 -

„Vaulundurs Saga“ (1805)

-

„Helge“

-

schrieb auf dänisch

Esaias Tegnér : -

„Frithiofs saga“ (1825): inspiriert von Wikingersaga

43

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

Carl Michael Bellman: ca. 1770 -

Schwede

-

Schrieb Lieder; war Komponist und übernahm auch die Musik von anderen Künstlern

-

Themen der Lieder: Wein, Weib, Gesang, Tod

-

War in Dänemark populärer als in Schweden

Karl Warburg: -

„Holberg i Sverge“ (1885)

Johannes Ewald: 1743-1781 -

typisch dänischer Lyriker

-

Frühromantik

Johan Herman Wessel: 1742-1785 -

„Norske Selskab“

-

norwegischer Satiriker

-

Gegenspieler von Ewald

Jens Krag Høst: -

„Nordia“: gesamtnordische Zeitschrift, die nur für 1 Jahr existierte (1795-1796)

Johan Kjellgren: 1751-1795 -

bedeutendster schwedischer Frühromantiker

Anton Blanck: -

„Den nordiska renässansen i sjuttonhundratalets litteratur“ (1911)

-

Schwede

Otto Springer: -

„Die nordische Renässance in Skandinavien“

Albert Nilsson: -

„Tre fornnordiska gestalter“ (1928) (dt: Drei frühnordische Gestalten)

Jöran Mjöberg: -

„Drömmen om sagatiden“ (1868) (dt: Traum über Sagazeiten)

44

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II -

idealisierter Norden

-

baut auf pannordischer Auffassung auf

AD ZETTEL: -

Mitchell und Brøndsted vertreten unterschiedliche Meinungen

-

Mitchell: keine nordische Literatur und keine nordische Literaturgeschichte

-

Brøndsted: gesamtnordische Literatur und –geschichte

-

Voraussetzung zur Lösung des Problems: Beantwortung der Frage, ob es eine nordische Literatur gibt

-

Problem: verschiedene nordische Sprachen

-

„Dansk Bogfortegnelse“ (Dänisches Bücherverzeichnis) = Vorlage für Brøndsted

-

starke Verbindung zwischen Finnland und Schweden

-

starke Verbindung zwischen Island und Norwegen

-

man muss eine Sprache nicht (fließend) sprechen können, um die Literatur lesen zu können

-

 theoretisch: eine nordische Literatur, obwohl viele Leser sie nicht lesen können

-

die Übersetzungen der Literatur können zu einer Gesamteinheit beitragen

Grenzüberschreitungen in der Literatur: -

1319: Verbindung von Norwegen und Schweden (durch eine Heirat)

-

1392: Dänemark kam hinzu (durch die Kalmarer Union) die dänische Königin Margarethe vereinigte Schweden, Dänemark und Norwegen unter einer Krone

-

1523: Bruch der Union Grund: Unabhängigkeit Schwedens

-

bis 1814 war Norwegen Teil der Doppelmonarchie

-

ab 1814 war Norwegen Teil von Schweden (bis 1905)

-

bis 1809: Finnland an Russland (bis 1917) (vorher gehörte Finnland zu Schweden) Södergran sprach deshalb auch russisch

-

bis 1944 waren Island und Dänemark eine Personalunion

-

Färöer-Inseln und Grönland gehören immer noch zu Dänemark

-

Grönland: beginnt mit eigener Literatur Große amerikanische Basis auf Thule (Öl und Gas)

-

politische Einheit  kultureller Austausch

45

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II -

Ende der politischen Einheit bedeutet nicht, dass auch der kulturelle Austausch beendet wird (man kann sich auch in Frieden trennen)

-

46

Gemeinsamkeiten: 1. gemeinsame sprachliche Vergangenheit 2. Kirche

-

dänischer und norwegischer König muss EVANGELISCH sein

-

nach 1809 bis kurz vor dem 1. WK: schwedisch auch in Finnland

-

Schriftsprache auf den Färöer-Inseln erst ca. 200 Jahre alt

-

Nach 1814: kulturelle Verbindung Dänemark und Schweden blieb erhalten (Publikum las dänisch)

-

Norwegische Theologen lasen theologische Fachzeitschriften auf dänisch

-

In Norwegen wird auch dänisch gesprochen

-

Ibsen wurde in Norwegen auf dänisch uraufgeführt

PANSKANDINAVISMUS: Überblick / Epochen Die Anfänge:  Runenschriften: -

Runenliteratur

-

3. – 12. Jahrhundert

-

gesamtnordische Literatur und gesamtnordische Sprache

-

einheitliches Runenalphabet: zuerst in Holz geritzt, später in Stein gehauen

-

Name des Autors von Runenschriften, Name eines toten Kriegers,... wurde eingeritzt  Beginn der Literatur

 Mittelalter: -

Edda-Dichtung

-

Saga-Dichtung

-

Skalden-Dichtung (Skald = Dichter, der seine Verse in komplizierter Metrik vorträgt)

-

Handlung: Besiedlung Islands (auch schon vor dem Jahr 1000) von Norwegen aus

-

Sagas wurden erst im 13. Jahrhundert niedergeschrieben – vorher wurden sie mündlich

Westnordische Tradition (bis ca. 1000)

überliefert -

Sagas: norwegisch-isländische Tradition (=Westnordische Tradition)

-

Dänemark + Schweden = ostnordisch

-

Westnordische Tradition = Inspiration für den ganzen Norden, v. a. für den Sagastil (kurze Sätze, Schmerz)

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II -

Keine echten Sagas um 1800

-

Wikinger: Romantiker glorifizierten diese Zeit

-

Bjørnson 1862: Wikingerstück „Sigurd Slembe“

47

 Hochmittelalter: -

13. – 15. Jahrhundert

-

Mittelalterballade + Mittelaltervolkslied = gesamtnordische Literatur

-

Sehr beliebt, weil der Autor anonym ist

-

Letzter Teil dieser Epoche fällt noch in die Kalmarer Union

-

Ballade = Volksdichtung

-

Ritterballade: Hauptfigur = Ritter (z. B. Parzifal) Gesamtnordischer Raum Tanzlied (sehr viele Strophen) Ausgenommen Finnland (dort: Kalevala)

-

Weiterentwicklung der Ritterballade in Schweden  Brautraubballade (Untergruppe): Ritter raubt die Braut aus dem Kloster; Ende: entweder Happy End oder Tod des Ritters

 Ludvig Holberg: -

zählt zur Weltliteratur

-

dänisch-norwegischer Dichter

-

Orientierung zu Europa hin

-

Komödien spielen alle in Dänemark

-

Genauso populär in Schweden

-

Bellman: Themen aus dem Alten Testament Nachahmung in der Romantik Vergleichbar mit Nestroy Schrieb Singspiele, Komödien

-

dänische Frühromantik: eigentlich dänisch-norwegisch Ewald und Wessel

-

Wessel: Tendenz eher zu Norwegen

-

Krag Høst: Verbindung zu Schweden (Nordia)

 Romantik: -

gesamtnordische Epoche

-

Kennzeichen: Rückorientierung auf das Mittelalter

-

Beginn schon in der Frühromantik

-

Adam Oehlenschläger: in Norwegen und Schweden mehr gelesen als in Dänemark

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

48

Nordischer Dichterkönig (in Dom zu Lund mit Lorbeeren gekrönt) „Helge“ (1814): sehr populär; handelt von einem dänischen Wikingerkönig Vorbild für „Frithiofs saga“ -

Runeberg: „Kung Fjalar“ (1844)

-

Oehlenschläger leitet Skandinavismus ein

-

Skandinavismus: Bewegung der fünf nordischen Länder; von Studenten getragen; Angst vor preußischer Übernahme

-

1848-1850: Krieg Dänemark – Schleswig-Holstein ENDE: Waffenstillstand (Dänemark sieht das als Sieg)

-

1854: Krieg Dänemark – Österreich-Preußen ENDE: Süd-Jütland ging bis 1920 an Deutschland Grund für Niederlage Dänemarks: Norwegen und Schweden versprachen, zu Hilfe zu kommen, taten es aber dann nicht  keine Chance für Dänemark

 Naturalismus: -

Kritiker Georg Brandes (war auch Förderer)  Inspiration für ganze Generation

-

Als Schule organisiert

-

Ideologie, die alle fünf nordischen Länder umfasst

-

Gruppe von Autoren: „Das junge Schweden“:  Dänemark: Jens Peter Jacobsen (1847-1885) und Holger Drachmann (1856-1908)  Island: Hannes Hafstein (1861-1922) und Gestur Palsson (1852-1891)  Finnland: Minna Canth (1844-1897; schrieb auf schwedisch)  Schweden: August Strindberg (1849-1912)  Norwegen: Arne Garborg (1851-1924), Bjørnstjerne Bjørnson (1832-1910), Henrik Ibsen, Alexander Kielland

-

Abwendung vom Naturalismus  Grund: Philosoph Friedrich Nietzsche (Philosophie des Übermenschen: Mensch setzt sich über alle Regeln hinweg und folgt nur seinen eigenen Regeln)

-

Brandes entdeckt Nietzsche  Aufsatz darüber: „Aristokratischer Radikalismus“

-

Netzwerk unter den Autoren wurde ausgebaut:  positiv: Inspiration  negativ: schlechtes Verhältnis zwischen den Autoren

-

Beispiel: Ibsen vs. Strindberg: Ibsen schrieb Stück über die Emanzipation der Frau („Ein Puppenheim“)  Strindberg schrieb „Gegenstück“ mit dem gleichen Titel

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

49

Dänischer Autor Ernst Bruun Olsen (geb. 1923): „Wohin ging Nora, als sie von zuhause wegging?“ (Reaktion auf Ibsens Stück)  1968: Studentenrevolution, Emanzipation der Frau,... -

Ernst Bruun Olsen (Däne), Helge Rode (1870-1937), Kaj Munk (1898-1944; Däne)), Peder W. Cappeler (geb. 1931; Norweger) wurden von Brandes beeinflusst

 20. Jahrhundert: in allen nordischen Ländern vertreten: -

Expressionismus: um 1920 in Kunst und Literatur

-

Sigmund Freund: Psychoanalyse in den 1930er Jahren

-

Modernismus: 1940er Jahre

Reaktionen auf gesamteuropäische politische Ereignisse: -

1917: bolschewistische Revolution

-

zwei Weltkriege

-

Aufstieg des Nationalsozialismus (1930er)

-

Atomare Bedrohung nach 1945

-

Vietnamkrieg

-

Koreakrieg (1952): erscheint kaum in der Literatur  kein Medienkrieg

-

keine identische nordische Literatur, dennoch viele Gemeinsamkeiten, Übereinstimmungen, Querverbindungen,....  teilweise integrierte Darstellung der nordischen Literatur

-

aber auch Gegensätze, Parallelen, ähnliche Reaktionen,... in allen fünf nordischen Ländern

 1970er Jahre: -

Rossel sollte fünfbändige Literaturgeschichte schreiben (ein Band pro Land)

-

Erster Band: 1992 (Dänemark)

-

Letzter Band: 2007 (Island)

 POETIK = Dichtungslehre, Teilaspekt der Literaturwissenschaft -

Aus dem griechischen.: hervorbringen

-

DEFINITION: Lehre von der Technik der Dichtung, d. h. man kann die Dichtkunst erlernen

 älteste Poetik vom Griechen Aristoteles (384-322 v. Chr.): „Poetik“

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II

50

 zweitälteste Poetik vom Römer Horaz (65-8 v. Chr.): „Ars Poetica“  wieder Auffassung, dass Dichtkunst erlernbar ist wichtigster Ausspruch von Horaz: „Ut pictura poesis“ = Wie ein Bild sei das Gedicht

 Gedicht= BESCHREIBUNG der Wirklichkeit, Mimesis (Nachahmung)  Folge: Jahrhunderte lang wurde in der Dichtung nur beschrieben  Mittelalter: die Poetik gerät in Vergessenheit  Aufklärung: erste Versuche, wieder Poetik zu schreiben -

Boileau: „L’art poetique“ 1674  Kopie von Aristoteles bzw. Horaz

-

Deutschland : Johann Christoph von Gottsched : „Versuche einer kritischen Dichtkunst für die Deutschen“ 1730  baut auf Boileau auch Gottsched hält an den Regeln/der Regelpoetik/den Mustern/der normativen

Poetik fest -

an diesen Regeln wird das Niveau des Werkes festgemacht  keine Möglichkeit für Fantasie, keine dichterische Freiheit

-

Feld des Dichters beschränkt sich auf seinen Verstand (ratio, Rationalismus)

10 Jahre später: -

Schweizer Johann Jakob Bodmer: „Kritische Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie“ (1740) Das Wunderbare von Bodmer ist das gleiche wie das Merkwürdige bei Gerstenberg

-

Schweizer Johann Jakob Breitinger: „Kritische Dichtkunst“ (1740)

-

Hervorhebung der Fantasie rückt in den Vordergrund

-

Bei Bodmer und Breitinger gibt es keine Regeln mehr, sie heben die Bedeutung des Gedichtes hervor

-

Z.B. Goethe, Schiller, Herder,... beschäftigten sich mit der Fantasie in der Dichtung

-

Dichtung hat keine erzieherische Bedeutung mehr

-

Zum ersten Mal Ich-Poesie (Ausdruck eigener Gefühle); früher: Projektion der eigenen Gefühle auf andere Personen/Figuren

 STILISTIK -

lateinisch: stilus = Schreibstift

-

DEFINITION: Stil = eigenständige, einheitliche Darstellungsweise

-

Z. B. im Stil der Romantik, Persönlichkeitsstil, moderner Stil,...

STILMITTEL  Bilder:  Tropik: = wörtliche Wendung

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II Staat

Schiff

Treue

Gold

Haare

Schnee

Rede

Fluss

 Simile: = Vergleich Er führt den Staat wie ein Schiff Sie ist treu wie Gold. Seine Haare sahen aus wie Schnee. Sie redet wie ein Fluss.  Metapher: = Übertragung (übertragene Bedeutung eines Wortes) Redefluss Staatsschrift Schnee des Kopfes goldtreu  das wie verschwindet

-

übertragene Sprache in der Literatur Beispiele: Meine Seele ist wie eine Taube. (Simile) Meine Seele ist eine Taube. (Metapher) Meine Taube. (modern)

Sonderformen der Metapher:  Kenning: = mehrgliedrige Umschreibung Metaphern werden zu erstarrten Formeln Fürst = Schwertverteiler Rabe = Odins Habicht Schiff = Wogenrenner  Heiti: = eingliedrige Umschreibung Ross = Renner Krieger = Recke  Synästhesie: = Verschmelzung der Sinnesgebiete (von zwei oder mehreren) – v. a. in der Romantik

51

Sprachwissenschaftliches Einführungsproseminar II Farbton Golden wehen die Töne nieder (...) Durch die Nacht blickt zu mir der Töne Licht (...) Warme / kalte Farben Schreiendes grün Trauerndes schwarz Unschuldiges weiß ......  Personifikation: = Konkretisierung abstrakter Begriffe süßer Frieden, komm in meine Brust... (Goethe) Friede, lieblicher Knabe, ... (Schiller)  Allegorie: = Übersetzung von etwas Abstraktem in ein Bild Justitia  Göttin des Rechts Weiße Lilie  Unschuld  Wortfiguren:  Enphase: = Nachdrücklichkeit (Bedeutung eines Wortes hervorheben) v. a. durch Ausrufezeichen Beispiel: Schiller, „Die Räuber“ oder Goethe „Urfaust“  Hyperbel: = Übertreibung (Steigerung des Ausdrucks) Umgangssprache, Schimpfwortsprache

Beispiel: du Esel, du Ochse, du Schwein; fuchsteufelswild; ein Mund wie ein Scheunentor; das habe ich dir schon 1000 Mal gesagt,...  Litotes: = Untertreibung, Milderung, Abschwächung

Beispiel: das Essen war nicht schlecht; sie ist nicht ohne Fleiß; er ist nicht ganz dumm,..  Periphrase: = Umschreibung eines Begriffs (mit Hilfe einer Eigenschaft)

Beispiel: man sagt nicht Gott, sondern: der Allmächtige, der Barmherzige,...  Gedankenfiguren:  Anruf: 1. Apostrophe: = Anrede Dichter wendet sich zur Abstraktion Beispiel: Freude schöner Götterfunken 2. Inovkation: = Anruf des Anrufes Beispiel: großer Gott, wir loben dich

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 Antithese: = Entgegenstellung zusammengesetzter Begriffe Gut und Böse Jung und Alt Heute rot, morgen tod  Klangfiguren:  Tautologie: = Wiederholung des bereits Gesagtem mit einem Synonym z.B.: voll und ganz  Synonym: = sinnverwandte Worte z.B.: scheinen = glitzern, schimmern,...

 METRIK = Verslehre  Jambus:  Trochä:  Anapest:  Daktylus:

z. B.: Verbot z. B.: Liebe erweiterter Jambus

 Blankvers: = 5 Jamben (Shakespeare) Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise (18. Jahrhundert)  Knittelvers: = 4 druckstarke Silben (verteilt im Satz)  holprige Verse (daher auch der Name) v. a. im späten Mittelalter und der Renaissance Hans Sachs (16. Jahrhundert) = Meister seines Werkes  Alexandriner: = 6 Jamben oft mit Pause nach dem 3. Jambus klassisches Versmaß in der französischen Literatur des 16. und 17. Jahrhundert in Deutschland nicht so populär  Hexameter: 6 Silbenpaare bestehend aus Daktylen klassisches Versmaß des Epos (Vergil,...) nicht sehr populär in der Aufklärung in der Romantik sehr berühmt (z.B. Goethe) Klopstocks religiöses Epos „Messias“ in Hexametern  REIMFORMEN  Stabreim: = Alliteration Konsonanten reimen sich: z.B.: Wind und Wetter; Wasser und Wein Germanische Tradition: älteste Form 9. Jhd.: Einführung des Endreimes verdrängt Stabreim z. B.: Libretti von Wagner; Rainer Maria Rilke  Endreim: =Schlussreim Vokale sind gleich Reine Reime: z.B.: Raub – Staub; Frühe – Mühe; ... Unreine Reime: z.B.: Gemüt – Lied; sprießen – grüßen; Geläute – Weite z.B. bei Heinrich Heine  Assonanzen: Vokale stimmen überein

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z.B.: Heinrich Heine: „Don Ramiro“: Endlich auch nach langem Ringen Muss die Nacht dem Tage weichen; Wie ein bunter Blumengarten, Liegt Toledo ausgebreitet.  männlicher Reim: einsilbig z.B.: Mut, Hut, Glut, Blut,...  weiblicher Reim: zweisilbig z.B.: Blume, teuer, heuer,... (klingen weicher)  Reimfolge:  Paarreim: zwei Zeilen reimen sich (AABB)  Haufenreim: vierzeilige Strophe – Reim ist in alles Zeilen gleich (AAAA-BBBB)  gekreuzte Reime: ABAB  umarmende Reime: ABBA  Kehrreim: = Refrain (Wiederholung einer oder mehrerer Zeilen am Ende der Strophe)  GATTUNGEN - ab dem 17. Jahrhundert - 18. Jahrhundert: Gattungen werden in 3 Gruppen eingeteilt:  Lyrik (Dichtung)  Epik (Prosa)  Drama (Theaterstück) - es gibt auch Mischformen: z.B. Prosadichtung, Lesedrama  LYRIK: -

älteste Gattung Unterschied zum Drama/zur Epik: Lyrik muss keine Handlung haben und muss nicht auf einen Dialog aufbauen (kann aber) Gedicht = sprachlich strukturierter Verlauf, getragen von Rhythmus, Klang und Druckerscheinungen Rhythmus, Klang und Druckerscheinungen machten Gedicht zur exklusivsten Gattung Name: lyra (griechisch) = Leier Texte wurden ursprünglich mit Musikbegleitung vorgetragen Nicht nur in Griechenland sondern auch im Orient Z.B.: Psalmen Davids mit Harfe begleitet Texte haben mythischen Kontext (vielleicht Arbeitslieder, Todes- und Klagelieder, Zaubersprüche,...) Z.B.: Kirchenlied, Volkslied, Populärlied,... Orientalische Tradition beginnt in Griechenland 600 v. Chr.:  Liebeslieder Trauergesänge  Huldigungen an Götter  Wein, Weib und Gesang  ursprünglich alle Lieder von der Leier begleitet

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 Kultur von Römern übernommen – fügen satirisches Element hinzu – tendieren zu kurzen Formen (epigrammatische Formen) - Mittelalter (12./13. Jahrhundert):  kirchlich orientiert  Lyrik vorwiegend auf Latein  Lobgesänge und moralisierende, lehrhafte Lieder  gleichzeitig: weltliche Dichtung  Themen: Tanz, Wein, Satire, Bettellieder, Schwänke  Vagantendichtung: wandernde, bettelnde Studenten trugen die weltliche Dichtung vor (v. a. Carmina Burana)  Volksdichtung: in Nationalsprache (Ursprung unbekannt)  Minnesang: Liebesdichtungstradition Walther von der Vogelweide Minne = Liebe Zentrum: Gedicht an die Frau (Frauenpreis) – Parallele zum Marienlied Ausgebaute Reime - Ende des Mittelalters:  Minnesang am Hof  Volkslied von und für Bauern  bürgerliche Form (Hans Sachs)  bürgerliche Kultur kommt auf - Renaissance (14./15. Jahrhundert):  Wiedergeburt der antiken Kultur  kein Latein mehr erstmals entwicklungsnationale Tradition  Mittelalter war europäisch Entwicklung der lyrischen Gattungen nach Nationen - Skandinavisches Volkslied: MERKMALE: 1. Tanzlied 2. mündliche Form 3. anonym 4. aus dem Mittelalter 5. episch ((dramatische) Geschichte wird erzählt) - Ballade in Frankreich: 1000/1100 - Ballade in Skandinavien: 1200 - Blütezeit: 1200-1350 - Milieu: Ritter, Adel am Königshof - Nach 1350: in eine volkstümliche Richtung  Bauernlied - 16. Jahrhundert: es war Mode, Poesiebücher zu schreiben Poesiebücher waren Hobby der adeligen Frauen – Gäste wurden gebeten, Lieder hineinzuschreiben - 2 Theorien, wie Gedicht nach Skandinavien kam: 1. über England / Schottland 2. direkt aus Frankreich von Studenten gebracht (Paris hatte damals als einzige Stadt eine Universität) - man tendiert eher zur 2. Theorie - Ritterballade: Agierende aus dem Ritterstand

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Zauberballade: z. B. „Von Elfen geschlagen“ (eine der ältesten) Historische Balladen: handelt von Königen,... Mythische Balladen: beschäftigen sich mit der nordischen Götterkultur (die jüngste) Legendeballaden: religiöse Balladen Scherzballaden: komisch, halbpornografisch (werden bei den meisten Sammlungen weggelassen) Alle Typen von Balladen in England, Schottland, Frankreich und Skandinavien Noten der Lieder wurden nicht aufgeschrieben Balladen wurden bis ins 19. Jahrhundert im bäuerlichen Milieu gesungen Keine lebendige Tradition mehr Bauern: Lieder = Arbeitslieder

Gedicht: „Von Elfen geschlagen“: - Französischer Titel: „Le roi Renault“ - Englischer Titel: „Clerk Calvill“ - Tragödie - 2000 Jahre vor Sartre: alles was wir machen, stürzt uns ins Verderben - Handlung: Ritter (Herr Oluf) verirrt sich im Wald  Begegnung mit Elfkönigstochter  Oluf will nicht mit ihr tanzen  wird von den Elfen geschlagen  stirbt durch die Begegnung / Berührung mit den Elfen  seine Braut (küsst seine Litten) und seine Mutter (leidet sehr) sterben am Ende auch - Egal, was Herr Oluf machen wird, er wird sterben - Inhaltlich passt der Tanz nicht zu dem tragischen Ende - Scharfer Kontrast zwischen christlichen Vorstellungen und heidnischen Naturerlebnissen - Metrik: 2 Zeilen + Refrain - 4 druckstarke Silben in jeder Zeile - Ursprungstext aus der Bretagne um 1100 (das Gedicht gibt es daher auch in Frankreich) - zweizeilige Strophenbildung gilt als älter als die vierzeilige - zweizeilige ist konzentrierter - Refrain „Aber der Tanz geht so leicht im Haine.“: sagt aus, dass zu diesem Lied getanzt wurde Ist kennzeichnend für skandinavisches Volkslied - Reime: nur Endreime in der Volksdichtung (Alliteration passiert nur zufällig) Endreime müssen nicht rein sein - Hauptelement der Volksdichtung ist die mündliche Übertragung (weil der Text gesungen wurde) - Herder schuf Begriff „Volkslied“ (aus dem Englischen: popular song) und übersetzte den Text 1780 ins Dänische - Volkslied wird vom Volk geschaffen - Z. B. auch Grimms Volksmärchen - Man hatte keine gedruckten Texte  mündliche Übertragung  Reime verwandeln sich / Texte verwandeln sich  ZERSINGEN der Texte - Wiederholungen im Gedicht, um sich den Text leichter zu merken -

Deutsche Volkslieder sind viel lyrischer als skandinavische Färöer-Inseln: dort werden diese Lieder noch getanzt (Vorsänger singt den Text, die anderen Tänzer singen den Refrain und tanzen dazu) Aufführungen sind nie identisch Tanzlieder: Gedicht hat eine Handlung und keinen Dialog

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- „Erlkönig“ von Goethe geht auf diesen Text zurück - neuere Version in der skandinavischen Literatur: „Elfenhügel“ (vierzeilig) 100-150 Jahre jünger  eigentlich Monolog (Traum)  Moralisierung  Tragik

 DRAMA: -

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Dramen haben sich aus Fruchtbarkeitsritualen entwickeln  sollten zur Unterhaltung dienen Älteste Fragmente: 5. Jahrhundert v. Chr. Dyonysius: Wettbewerb um den besten Dramatiker (drei Dramatiker sollten mit 3 Tragödien und 1 Komödie gegen einander antreten) Nur eine zusammenhängende erhaltene Trilogie von Aischylos: „Die Orestie“ (Rache von Elektra und Orestres) Wurden in einer Arena (Kreistheater) aufgeführt (entweder ganzer Kreis oder nur auf 3 Seiten)  z.B. Colosseum Nur männliche Schauspieler Schauspieler liefen auf Stelzen, damit die Zuseher in den hinteren Reihen die Handlung auf mitverfolgen konnten Schauspieler trugen alle Masken (darin war ein Lautsprecher (Trichter) integriert) Anfangs waren nur wenige Schauspieler auf der Bühne Chor von 12 Leuten auf der Bühne Chorleiter = erster Schauspieler  Dialog zwischen dem ersten Schauspieler und dem Chor Ursprünglich wurde rezitiert Einfluss des Chors wurde mit der Zeit immer geringer  Anzahl der Schauspieler wurde immer mehr AISCHYLOS (524-456): fügte den zweiten Schauspieler auf der Bühne hinzu Schrieb ca. 80 Dramen (nur 7 sind bewahrt) „Die Orestie“ SOPHOKLES (516-406): erfand den dritten (und noch weitere) Schauspieler Schrieb ca. 130 Stücke (nur 7 sind bewahrt) „Antigone“, „Oidipus“ EURIPIDES (480-406): schrieb „nur“ 90 Dramen Alltäglichere Sprache Themen sind nicht mehr so eng mit der Mythologie verbunden Erfindet „Deus ex machina“ „Medea“, „Elektra“ Bote überbringt Nachricht von den Göttern

1. KOMÖDIE: erste Quelle des Dramas  alte Komödie: - ARISTOPHANES (ca. 445-388): Hauptgestalt - Lebte in Athen - Schrieb insgesamt etwa 44 Komödien (11 erhalten) - Lässt Euripides in einer Komödie („Die Frösche“) auftreten und macht sich über ihn lustig - Lässt Sokrates in einer Komödie („Die Wolken“) auftreten und parodiert ihn - Schreibt Satiren und macht sich über andere Personen lustig - Satirisiert auch über Politik und Politiker

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„Lysistrate“: Kommentar auf Peloponesischen Krieg (431-404)  Krieg zwischen Athen und Sparta (Sieger) Inhalt von „Lysistrate“: Frauen, deren Männer in den Krieg gezogen waren, wollten, dass diese wieder zurückkommen und drohten ihnen mit Sexentzug  alle Männer kamen zurück Satire richtete sich nicht nur gegen Sparta sondern gegen den Krieg an sich Botschaft: Make Love, not War Thema ist bis heute aktuell

Komödie ist normalerweise in 5 Akte aufgeteilt  bei Aristophanes spielt sich alles in 2 Teilen ab: 1. Teil ist strikt strukturiert  dann folgt eine Parabase von 100-200 Zeilen (Botschaft des Autors wird in der Gestalt des Schauspielers übermittelt)  3. Teil ist wie ein Kabarett aufgebaut - Ende des Krieges zwischen Athen und Sparta bedeutet das Ende der alten Komödie -

 neue Komödie: -

MENANDROS (342-291) Schrieb über 100 Komödien (nur 1 erhalten) Bei ihm verschwindet die Parabase  Werk ist enger zusammengeschweißt Es gibt 1 Handlung von Anfang bis Ende in 5 Akten Milieu: Mittelschicht, Bürgerliche, wohlhabende Bauern,... Fest konstruierte Intrige: junge, intelligente Leute schmieden eine Intrige, um die dümmeren Alten auszutricksen (Geld, Hochzeit, ...) 1958: Fund eines ganzen Textes von Menandros: „Dyskolos“ (= der grobe Bauer) bis 1900: kaum Informationen über Menandros wurde von der römischen Kultur übernommen

 römisches Theater: - Dominanz: Komödie - SENECA (4 v. Chr. – 65 n. Chr.): Texte sind zum lesen, nicht für das Theater - Name von Menandros taucht nicht mehr auf - Römer kopieren seine Texte und fassen sie zu neuen Komödien zusammen (Name Menandros wird zwar aufgeführt, aber nicht der Name seines Werkes) - PLAUTUS (250-184 v. Chr.) : Schrieb 21 Komödien : z.B. : „Miles gloriosus“, „Aulularia“ Motive aus der neuen griechischen Komödie Milieu: römisch Plautus ist vulgärer, gröber und lustiger als Terentius Fokus auf bestimmte Charaktere  Parodie Typen: der Geizkragen, der schlaue Diener/Sklave/die schlaue Dienstmagd, prahlender Soldat (erzählt von Schlachten, in denen er nie war),... Intrige kommt immer von der Unterschicht „Aulularia“ von Plautus und „Der Geizige“ von Molière (1622-1673) gehen auf das Motiv des Geizigen zurück - TERENTIUS (185-159 v. Chr.): 6 Komödien nicht so lustig, Stil ist verfeindet, nicht elegant wird in der Renaissance sehr geschätzt  Plautus wird erst mit Molière wieder entdeckt

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 Renaissance: -

Plautus und Terentius werden ins Italienische übersetzt  Weiterbearbeitung von italienischen Autoren  Tradition wird fortgesetzt

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Neue Tradition: „Commedia dell arte“ (rein italienische Gattung) im 16. Jhd.  keine Namen bekannt, alles anonym, weil alles improvisiert wurde  keine aufgeschriebenen Texte, nur Szenarien (Dario Fo setzt diese Tradition fort)  Intrigen (Liebe, Tricks,....)  Professionelle Schauspieler  Viel Action, viel Gelächter  Feste Charaktere (Tradition von Menandros wird fortgesetzt)  HARLEKIN (= schlauer Diener; startet/leitet die Intrige) / COLUMBINE (weibliche Rolle) / PIERROT (dummer Diener)  Auch weibliche Schauspieler  Von reisenden Theatergruppen aufgeführt (kam so nach Frankreich)  Einfluss auf Molière (griechisch-römische Tradition und ebenfalls aus dem Mittelalter-Theater) Charakterkomödie Intrigenkomödie

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2. MITTELALTERTHEATER: zweite Quelle des Dramas - Ursprung: Frankreich - Entwicklung aus der Liturgie der Kirche - Geht zurück auf 10. Jhd.: Osterereignis wurde gezeigt, weil die Menschen nicht lesen konnten (Geistliche fungierten als Schauspieler)  zuerst Pantomime  lateinische Texte  erste Dialoge - Erstes Krippenspiel - Sündenfall (Adam und Eva) - ältester Text: „Jeu d’Adam“ (12. Jhd.)  wurde nur außerhalb (direkt vor) der Kirche aufgeführt (in französischer Sprache), weil immer mehr weltliche Elemente dazu kamen – direkt vor dem Tor: Bühne (Simultanbühne) – zu Beginn waren die Geistlichen immer noch die Schauspieler  MYSTERIUMSPIEL: - streng religiös - älteste Gattung - Themen aus dem Alten und Neuen Testament - Simultanbühne: alle Orte sind gleichzeitig auf der Bühne Wichtigste Orte: Himmel und Hölle Keine Akte und kein Vorhang Hintergrund = Kirche Geistliche werden durch nicht-geistliche Schauspieler ersetzt  WUNDERSPIEL=MIRACELSPIEL: 12. Jhd. - Thema: Heiligenlegenden – Bekehrung - Hauptperson führt kein tugendhaftes Leben  Bekehrung - Griechische Technik des Deus ex machina (oft Mutter Gottes)

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Immer mehr Realismus Erste komische Elemente

 MORALITÄT: 1400 und später - keine Liturgie - Charaktereigenschaften werden auf der Bühne dargestellt (sehr bliebt: Tugend und Laster) - Z. B.: „Jedermann“ (Allegorien) – geht auf eine englische Version des 15. Jhd. zurück und wurde von Hofmannsthal bearbeitet - Kampf um die menschliche Seele  FARCE: 15. + 16. Jhd - reine Komödie - Charaktereigenschaften werden lächerlich gemacht - Menschliche Schwächen werden bloßgestellt - Haupthandlung: der Schlauere legt den Dümmeren rein - „Maistre de Pathelin“ (um 1460) – anonym  Maistre de Pathelin = schlauer Rechtsanwalt wird von einem „dummen“ Hirten reingelegt - daraus entwickelten sich die FASTNACHTSPIELE in Deutschland: berühmtester Vertreter ist Hans Sachs (1494-1576); Sachs schrieb 85 Fastnachtspiele 3. RENAISSANCE: - Schuldrama:  ursprünglich Latein, um die Sprache besser zu lernen  Schüler = Schauspieler  Themen: Altes Testament (Sündenfall, Kain und Abel,...)  Sehr moralisierend - 16. Jhd: Übersetzung des Schuldramas ins Deutsche - in D wird der Knittelvers verwendet - beliebtes Thema: Susanna im Bad (alte Lüstlinge wollen Susanna verführen und missbrauchen  Susanna ist tugendhaft und verneint  Männer gehen mit ihr vor Gericht  dort wird der Spieß umgedreht und die Männer behaupten, Susanna wollte sie verführen  Susanna gesteht) - Sixtus Birch 1632 - französische Stücke wurden in Frankreich an den Höfen vorgespielt  wurden dem König mit der Zeit langweilig  ließ Italiener ins Land kommen, um italienische Opern zu hören  französische Stücke wurden ins Dänische übersetzt - 1721/22: Ludvig Holberg begann mit Charakterkomödie - Milieu: (neu) betrunkener Bauer - Holberg folgte den Regeln nicht (schrieb die Komödie zwar in 5 Akten, brach aber alle anderen Regeln) - klassischer Aufbau einer Komödie: 1. Akt: Exposition (Personen, Handlung werden vorgestellt) 2. Akt: Intrige 3. Akt: Kulmination (Text spitzt sich zu) 4. Akt: Auflösung der Intrige 5. Akt: Konklusion (Happy End) Ludvig Holberg (1684-1754): „Jeppe vom Berge“ (1722) - Holberg schrieb 10 Charakterkomödien und 10-15 Intrigenkomödien

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- war größter und vielseitigster Aufklärer Skandinaviens - Aufklärung: Ratio soll uns leiten Via media (vernünftiger Mittelweg) Literatur soll aufklären Muster: antike Literatur  Klassizismus (Bezeichnung in der Literatur)  1674: L’art poetique  Rationalismus (Bezeichnung in der Philosophie)  Deismus (Bezeichnung in der Theologie): Problem: Erklärung des Bösen in der Welt - Hintergrund für Holberg: Atheismus war noch nicht erfunden  man glaubte an das Gute in der Welt Mensch ist gut  kann entscheiden, was gut und was böse ist Ablehnung von Heiligen, Wundern,.... Französische Revolution: Gott kann nicht gut sein, wenn er so etwas zulässt - 1720: Holberg begann sein Werk - komisches Epos „Peder Paars“ (Happy End)  Parodie auf Homer, Vergil und Cervantes  Geliebte Dorothea, Diener Peder Rausch „Jeppe vom Berge“ -

Exposition: Frau Nille stellt Situation vor – Spannung steigt 2. Szene: Konfrontation (Erklärung, warum Jeppe trinkt) dominantes Motiv: Alkoholismus Jakob = einer der Schurken Monolog – Dialog – Monolog – .... Dialektik 1. Akt / 8. Szene: Beginn der Intrige auch Aristokrat wird zum Schurken  Intrige wird aber vom Lakaien ins Leben gerufen Motiv des „schlafenden Bauern“ 2. Akt: langer Monolog von Jeppe – gleiche Dialektik  Jeppe glaubt, tot zu sein 2. + 3. Akt: Intrige wird fortgesetzt Jeppe kommt an die Macht  missbraucht sie genauso wie der Baron 4. Akt: Beginn einer neuen Intrige (zieht sich bis in den 5. Akt) doppelte Intrige: Regeln, wie eine Komödie auszusehen hat, werden nicht befolgt 5. Akt (Ende): moralisierende Botschaft (vom Baron) Holberg selbst war auch adelig: In wie weit ist er solidarisch mit Jeppe? Macht er sich lustig über Jeppe? Ist der Baron ein Schurke?

 ROMAN Terminologie: -

12. Jhd.: in Frankreich Romanz = jedes Werk in der Volkssprache Roman = dichterische Schaffung in Volkssprache Roman = Verse Roman = Epos „Roman de la rose“ (1230): kein Roman, sondern ein allegorisches Lehrgedicht über die Liebe in 20.000 gereimten

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Zeilen „Roman de Renart“: besteht aus 30 Gedichten Renart = Name eines Fuchses Satirische Gattung Personen werden zu Tiergestalten - „Reinecke Fuchs“ (1794) von Goethe - „Animal Farm“ von George Orwell - ab 14. Jhd.: Roman = Prosa - Definition des Romans: 1. erzählt eine Geschichte (episch) 2. jemand erzählt die Geschichte (es gibt einen Erzähler) 3. hat eine gewisse Größe 4. in Prosa verfasst -

Geschichte des Romans:  griechische Antike: 1. heroisches Epos: Homer „Illias“, „Odyssee“ (700 v. Chr.) Fortsetzung in Rom von Vergil („Aenaeis“) 2. religiöses Epos: Gründer = John Milton: „Paradise lost“ (1667) Fortsetzung: Klopstock „Messias“ (1748-1773) 3. komisches Epos: „Der Kampf zwischen den Fröschen und den Mäusen“ (ca. 5. Jhd., Autor anonym) Ludvig Holberg: „Peder Paars“ (1720) -

Epos = erzählendes Gedicht Germanische Epen gehen auf Sagen aus der Völkerwanderungszeit (5. Jhd.) zurück:  Edda (Island, 13. Jhd.)  Beowulf (10. Jhd.) heroische Epen  Niebelungenlied (13. Jhd.)

- romanische Völker:  Chansons des gestes (Lieder der Taten): bauen auf keltischen Sagen auf (König Artus, Tristan und Isolde,...)  Chanson de Roland (im Jahre 1000): Kämpfe von Karl dem Großen  13. / 14. Jahrhundert: Mittelalter: - heroisches Epos wird zum Ritterepos - „Parzifal“ (1200) - „Tristan und Isolde“ - beide Werke sind noch in Versen verfasst - Fokus auf psychologische Motive (Treue, Untreue, Verrat,...) und nicht auf die äußere Handlung  Renaissance: -

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Blüte vor allem in Italien Dante: „La divina commedia“ (1307-1321): Beschreibt Dantes Reise nach dem Tod in den Himmel Ist in Versen verfasst Ariosto: „Orlando furioso“ (1516)

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-

Ritterepos stirbt in der Renaissance aus Epos wird nur für religiöse Themen wiederbelebt Moderner Roman ersetzt Epos Prosa anstatt gebundener Versform Fokus immer mehr auf psychologische Wirkung Held = ein Suchender (Parzifal); besitzt nicht mehr die totale Wahrheit; ist nicht mehr 100%ig gut oder schlecht - Immer noch Erzähler Gattungen des Romans:  Frankreich: - Wiege des Romans - Francois Rebelais: „Garganta et Pantagruel“ (begonnen 1522) In 5 Bänden verfasst Satirische Darstellung zweier Riesen, die durch Frankreich reisen Umgebende Wirklichkeit wird geschildert Zentrum: Mensch und keine Idee  Spanien: -

picaresker Roman Picaro = Schelm, Vagabund, Kleinkrimineller Picaro reist durch die Gesellschaft Er ist schlau, begabt, kein glänzender Held  ANTIHELD Keine heroischen Taten

 Gesellschaftsroman: - Held reist umher - sehr beliebter Romantyp - „Lazarillo des Tormes“: (1554) unbekannter Autor - England: Henry Fieldings „Tom Jones“ (1749) = erster moderner englischer Roman (Tom Jones reist durch England, erlebt viele Abenteuer, Happy end) - Charles Dickens „Pickwick Papers“ (1837) - Thomas Manns “Felix Krull” (1954)  Robinsonade: -

„Robinson Crusoe“ von Daniel Defoe (1719): zivilisierter Schiffbrüchiger kann die Natur beherrschen (dank seiner Tapferkeit, seiner Tugend,...) Gegensatz Natur – Zivilisation

 sentimentaler Familienroman: = Tagebuchroman = Briefroman - „Pamela“ von Samuel Richardson (1740-1741): erster Bestseller der Welt ; junges Dienstmädchen widersteht den reichen Verführer  will sie heiraten (zur Belohnung für ihre Tugend) - „Die Leiden des jungen Werther“ von Goethe (1774): Fortsetzung des sentimentalen Briefromans; Huldigung der passionierten Liebe (Ende: Selbstmord des Werther  viele Imitatoren); zweiter Bestseller  Bildungsroman: -

v. a. in der Romantik

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zeigt die innere und äußere Entwicklung eines Menschen von der Kindheit bis zur persönlichen Reife Entwicklung wird durch eine Reise dargestellt (endet oft in Italien) Eigener Wille führt zur Bildung (ohne fremde Hilfe) Ich-Erzähler (pseudoautobiografisch) Z.B. Charles Dickens „David Copperfield“ (1849)

 historischer Roman: - Walter Scott „Waverly“ (1814): historisches Milieu - Sehr populäre Romane - Wurde zu einem Jugendbuchroman  Horrorroman: - Gothic novel: Milieu = alte Schlösser, Kirchen, Ruinen aus gotischer Zeit - Mary Shelley: „Frankensteins Monster“ - Heute: Steven King  Utopischer Roman: = Zukunftsroman - Thomas More: „Utopia“ (1516): Zukunftsvision einer Idealgesellschaft - Francis Bacon: „Nova Atlantis“ (1643): baut auf der Sage rund um Atlantis auf - Ludvig Holberg: „Niels Klim“ (1741): Niels fällt in Norwegen in ein Loch und kommt in einer anderen Welt wieder heraus; diese Welt (Potu) wird von Frauen regiert); auf Latein (wegen Zensur) - George Orwell: „1984“ (1948): Schilderung einer Diktatur; eigentlich eine Distopie, weil negativer Ausgang  PERIODISIERUNG - Problem der Einteilung der Literatur - Keine MA-Literatur bei Fritz Paul - Schweden: viele Runenschriften (über 2000 Inschriften aus dem 11. Jhd.) - Stilisierte Sprache mit Alliterationen, Kenninger,... - Nicht bei F. Paul:  Beginn der ältesten, nordischen Literatur  Edda  Sagas  skaldische Dichtung  Tradition des Volksliedes  1200: große Geschichtschronik in DK (Saxo) „Gesta Danorum“  „Die Offenbarungen der heiligen Brigitta“ (1301-1371): erste große Autorin Skandinaviens diktierte ihre Offenbarungen → wurden aufgeschrieben  Brigitta und Saxo sind die 2 bekannten skandinavischen Dichter, die internationale Bedeutung hatten  14. / 15. Jhd.: Spätmittelalter 300-1100: altnordische Periode 1100-1520: Mittelalter ab 1520: Renaissance 1536: Lutherische Reform 1544: Lutherische Reform in Schweden danach: Konfrontation zwischen den Anhängern der alten Literatur und der modernen ab 1620: Barock (16./17. Jhd.) nicht mehr Latein, sondern Volkssprache

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30jähriger Krieg (1618-1648) war entscheidend für Lebensauffassung und –einstellung Menschen waren täglich vom Tod bedroht Hinwendung zur Religion Architektur: hohe Bauten – zu Gott hin Kirchenlieder (keine Heldenlieder) -

literarische Grenze zwischen Europa und Skandinavien Dänemark = Verbindung zwischen Skandinavien und dem Kontinent Strömungen kamen aus D,... Norwegische Romantik erst ab 1830 Schweden war Großmacht nach dem 30jährigen Krieg (auch in der Literatur zu spüren) Kriege zwischen Schweden und Dänemark Heilige Brigitta = erste große Dichterin

ADAM ÖHLENSCHLÄGER – „Die goldenen Hörner“ - Original: „Gulhornene“ aus dem Gedichtband „Digde“ 1803 (Gedichte) - Ungewöhnlicher Titel, weil die Titel früher blumiger waren - 17. Jhd.: Barock - 18. Jhd.: Aufklärung in Skandinavien dann Romantik → neues Selbstbewusstsein der Dichter (ich bin ein Genie, ...) → Beruf Dichter bekommt neue Bedeutung Aufklärung: jeder soll gutbürgerlich leben, wenn gedichtet werden soll, dann nach den strengen Regeln - Öhlenschläger bringt Romantik nach Skandinavien - Schweden: 1807 Durchbruch der Romantik (Grund: Schweden war sehr an Frankreich orientiert) Aufklärer leisteten Widerstand gegen die Romantik - 1806/1807: Krieg Schweden gegen Russland (Grund: Finnland) Schweden hat Krieg verloren  Rückbesinnung auf die alten Zeiten - jede Romantik träumt vom goldenen Zeitalter - goldene Zeit in Skandinavien: Wikingerzeit - Flucht vor der Gegenwart (z.B. verlorener Krieg) - Napoleonische Kriege – 1815 Niederlage in Waterloo – Schweden auf der Seite der Franzosen - Dänische Flotte von England (Admiral Nelsen) geraubt - Romantik durch Niederlagestimmung gefördert - Dänemark verlor Norwegen an Schweden (neuer König Bernadot) – Norwegen blieb bis 1905 mit Schweden in der Union - 1815: erstes norwegisches Grundgesetz: Aufbau des neuen Landes  keine Zeit für Romantik → Durchbruch der Romantik in Norwegen erst 1830 „Die goldenen Hörner“ - Programmgedicht - In Jütland wurden tatsächlich 2 goldene Hörner mit Runenschrift gefunden - 1. Horn wurde 1639 von einem Bauernmädchen in der Erde gefunden - 2. Horn wurde 1734 von einem Bauernjungen in der Erde gefunden - weil sie in der Erde gefunden wurden, gehörten sie dem Staat und wurden im Museum ausgestellt - 1802: beide Hörner wurden von einem deutschen Goldschmied gestohlen und eingeschmolzen (zuvor wurden Kopien angefertigt)

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- METRIK:  traditionelle Endreime  Buchstabenreime (Alliterationen = Reimform der Skaldendichtung): wird bewusst eingesetzt, weil auch das Thema alt ist  Öhlenschläger dichtet modern und frei - Hinweise auf alte Götter (poetische Motive), Aberglaube - Unterschiede zwischen Rationalismus und Romantik - INHALTE:  Auffinden der beiden Schätze aus dem gloriosen Zeitalter  Archäologen und Philologen (sie) suchen nach dem Schatz, finden aber nichts – goldenes Zeitalter = Wikingerzeit – Resultat: Was sollen die Götter tun? - Naturbelebung - Jungfrau und Sohn der Natur sind TYPEN (keine Individuen) - Psychologie der Romantik ist eine typologisierende - Kontrasteffekte: gut – böse, oben – unten, gestern – heute, ... - Gedicht anscheinend in 1 Nacht in einem Rausch geschrieben AUGUST STRINDBERG: „Fräulein Julie“ (1888) - Strindberg gehört zu modernem Durchbruch (Fritz Paul, Seite 194) - „Fräulein Julie“ = Hauptbeispiel für Naturalismus (genauso wie „Der Vater“, 1887) - die beiden Stücke werden oft miteinander verglichen - in beiden Texten: Machtkampf zwischen Mann und Frau ( → typisch für Strindberg), endet meistens zu Gunsten des Mannes = gequältes Opfer - „Der Vater“: intrigante Frau treibt ihren Mann in den Wahnsinn, sie lässt ihn zweifeln, ob er der Vater ihres Kindes ist Ende: Vater kommt ins Irrenhaus  Sieg der Frau „Fräulein Julie“ -

Kampf zwischen Mann und Frau Offenes Ende: Jean (= Untermensch) gibt der Frau ein Rasiermesser, sie verschwindet damit in einem Zimmer - Selbstmord der Frau = Sieg des Mannes - Sympathien liegen bei Fräulein Julie - Naturalistisches Drama (weil Periode des Naturalismus/Modernen Durchbruchs) - Vorwort des Stückes wurde erst nach dem Stück geschrieben - Schauspiel „Fräulein Julie“ als naturalistisches Drama:  einaktiges Drama (90 Minuten): sehr naturalistisch  typisch für Naturalismus: Einheit der Zeit (Bühne stimmt mit Wirklichkeit überein)  keine Szenenwechsel (erinnert an: Einheit der Zeit, der Handlung und des Ortes)  keine Erneuerungen  Pantomime (Sommernachtstanz, Seite 60): lockert stramme Form auf - Inhalt: naturalistisch; wahre Geschichte (Naturalismus will Wahrheit abbilden) - Motiv des „Darwinismus“: wir sind von unserem Erbe bestimmt; nur der Stärkste überlebt (Jean gegen Julie) - Konzentrierte Handlung (leicht zu verfolgen) - Julie (zirka 25 Jahre) flirtet in einer Mittsommernacht mit Jean (= Diener des Vaters)  Jean verführt Julie  Vorschlag, zusammen in die Schweiz zu fliehen  Julie verzweifelt vor Scham  (sexuelle) Zuneigung gegenüber Jean  er ändert seine Meinung über die Flucht und übt hypnotischen Einfluss auf sie aus  Selbstmord Julies

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Jean: Opportunist; ursprünglich Arbeitersohn, will aber ein Edelmann sein Nicht nur negativer Charakter Vertreter von etwas Neuem  wird Aristokratie verändern („Mann aus der Zukunft“) - Julie kommt aus dem alten Genre (Adel) - Jean = Sieger (im Vorwort sind die Sympathien noch auf seiner Seite, im Text verschwinden sie) - Der psychologische Kampf zwischen 2 Menschen steht mehr im Vordergrund als das soziale Motiv - Schwerpunkt: psychologischer Bereich - Motiv des sozialen Aufstiegs und Falls ist trotzdem anwesend - Träume: wichtiger Aspekt (z. B. Seite 55)  Julie träumt, sie sitzt auf einer Säule und fällt runter  Jean träumt, er liegt unter einem Baum und will nach oben - der Fall Julies bedeutet den Verlust ihrer Noblesse  Sieg für Jean - Kampf zwischen den beiden wächst - Julie siegt doch als Aristokratin - Offenes Stück, weil nicht alles schwarz-weiß ist - Werk geht über strikten Naturalismus hinaus - Vergleich mit Holbergs „Jeppe vom Berge“ - Vorwort von „Fräulein Julie“ = Programm, in dem die Charaktere und die Zustände erklärt werden - Holberg brauchte kein Vorwort, weil:  er in einer festen Tradition schrieb  der Epilog alles erklärt  er die Leser zum Denken anregen wollte  die Zensur eingegriffen hätte - Vorwort (ein paar Stichworte):  charakterloser Charakter  offener Charakter  Unbeweglichkeit der Seele  moderner Charakter  gute Menschen im Naturalismus = die Fortgeschrittenen  schlechte Menschen im Naturalismus = die Konservativen - Traumspiele (z.B. Jean tötet Vogel = Vorraussage) - Kristin: kocht am Beginn für Julies Hund, der sich mit einem Mops eingelassen hat  deutet auf Verhältnis zwischen Jean und Julie hin  Symbolik - Dialog: (Seite 768) Gespräch soll wie Tonbandaufnahme sein - Pantomime, Monolog, Ballett (Seite 769) - Monolog: soll nur im Inneren oder im Gespräch stattfinden, ansonsten unnatürlich (vlg. Holberg: Beginn von „Jeppe vom Berge“ = Monolog Nilles) - Dekoration (Seite 771): soll nur angedeutet werden  Fantasie soll angeregt werden, Dekoration ist unwichtig - Keine erhöhte Bühne, weil dies unnatürlich wirkt (alles auf gleicher Höhe) - Keine Rampenleuchten - Kein Souffleur - Keine Schminke - Zuschauerraum soll dunkel sein - Zuschauer müssen still sein (Ruhe in den Logen) - Reaktionen: Inhalt konnte oft nicht akzeptiert werden, Reformen wurden angenommen  DER MODERNE DURCHBRUCH UND DIE ZEIT BIS ZUR JAHRHUNDERTWENDE

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- Gustaf Fröding - Johannes V. Jensen - Martin Andersen Nexø (DK) - Sigbjørn Obstfelder (NOR) - Heute:  Kriminalroman: Blütezeit in Skandinavien (viele Frauen, Autorinnen)  Sozialkritik in Form des Kriminalromans (60er/70er) - Endideologisierung der Literatur - Themen:  Ökologie, Umwelt  Rolle der Frau (nicht mehr so wie in den 70ern )  Romantik (positiv, Liebe): man darf wieder verliebt sein und (gut) darüber schreiben  Realismus / Neorealismus - Systemdichtung (um 1965):  Dichtung = sprachliches System (wie Lego)  Sinn kommt erst nach der Struktur - Vagn STEEN: Band „Schreib selbst“ („Skriv selv“) = gebundenes Buch mit leeren Seiten - 10teilige Romane zum selber gestalten - Beispiel: Schweigen schweigen schweigen Schweigen schweigen Schweigen schweigen schweigen SIGBJØRN OBSTFELDER – „Rosen“ Titel: - Rosen = Metapher - Rote Rosen: Liebe, Leidenschaft, Blut, Gefühle - Verwelkte Rosen: H.C. Andersen fungierte auch als Blumendekorateur und steckte in einen frischen Blumenstrauß gerne 1 verwelkte Blume  Motiv des „memento mori“ (Barock) Form: - reimlos (auch keine Reime in der Originalfassung) - musikalische Hinweise (Wiederholungszeichen, piano, pianissimo, furioso, moriendo) - wann: Winter (es schneite Rosenblätter), Mittag, Kirche  4 Jahreszeiten: keine chronologische Anordnung  Adjektive blond, gelb, rot, weiß (Spiel mit den Farben) - wo: Begräbnis, Sarg, Kirche (sterben, verwelken, weinen, Herbst, Winter) - wer: Frau und Mann - Rosenkuss: Kuss = positiv - Frau = Tod?  Kleid der Frau = Kleid des Todes? - Es schneit so leicht  positiv - Es schlägt – es schlägt (Herz)  Rosenteppich legt sich auf das Herz - Auge: sterbende Augen  Todessymbol - Millionen von Rosen: alle Menschen trauern - Strahlend. Ich bin blind. Ich sehe nicht: er wurde geblendet - Ende: DU?  wer ist das du? – die Frau? Gott? CLAES GILL (1910-1973) „Fliehende Jugend“ (1956) - 1 Überschrift

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2 kurze Strophen Bild / Thema wird in dem Titel vorgestellt 1. Strophe:  kein ruhiges Bild – Bild besteht aus Bewegung  Jagdbild, hetzend, bedrohlich, Tod  Tier = Jugend - 2. Strophe:  Statik  Ruhe - künstlicher Gegensatz zwischen der ersten und der zweiten Strophe - Jäger wartet auf das Schießen, Gleichgültigkeit, kein Mitleid - Todesgedicht - Kein Kirchenlied: Gott würde nicht als Jäger dargestellt werden

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