Turmalin – Mineralogie, Genese und Verwendung

January 12, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Geowissenschaften, Geologie
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Turmalin – Mineralogie, Genese und Verwendung Christine Wendler Technische Universität Bergakademie Freiberg, 09599 Freiberg, Deutschland

Zusammenfassung. Die Komplexität der Mineralgruppe der Turmaline ist bis heute nicht vollständig erforscht. Struktur und chemische Zusammensetzung lassen zahlreiche Möglichkeiten der Bildung von Mischkristallen und Varietäten zu. Zusätzlich haben die Genesebedingungen Einfluss darauf, welche Elemente im Kristall eingebaut werden. Abhängig von diesen Faktoren werden die Eigenschaften der einzelnen Turmaline beeinflusst. Sie weisen eine vielfältige Farbgebung auf und sind piezo- sowie pyroelektrisch. Daraus ergeben sich für die Praxis Anwendungsmöglichkeiten, die unter anderem von der Nutzung als Edelstein

über

elektronische

Bauteile

bis

hin

zur

Stimulation

von

Mikroorganismen reichen. Auch als Geneseindikatoren können Turmaline genutzt werden.

Mineralogie Die Mineralgruppe der Turmaline wird den Ringsilikaten zugeordnet und stellt eine der komplexesten gesteinsbildenden Mineralgruppen dar. Generelle Eigenschaften sind die Härte von 7 bis 7,5 und eine Dichte von 3,02 bis 3,26 g/cm3. Turmaline weisen keine Spaltbarkeit auf. Sie sind dagegen spröde und besitzen einen muschligen Bruch quer zur Längserstreckung. Die Strichfarbe ist weiß und der charakteristische Glanz entspricht dem des Glasglanzes. Die Kristalle gehören der ditrigonal pyramidalen Klasse an und sind in

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verschiedensten Ausbildungsformen anzutreffen. Häufig zu finden sind lang gestreckte prismatische und vertikal zur Längsachse gestreifte Exemplare. Ebenso sind nadelförmige in radial- oder büschelförmigen Gruppen auftretende Ausbildungen nicht selten. Diese sind als Turmalinsonnen bekannt. Weiterhin kommen Turmaline in Form derber Massen oder mit gedrungenem Habitus vor. Sie können sowohl auf dem Gestein auf-, als auch darin eingewachsen sein. Die auffälligste Eigenschaft am Turmalin ist seine vielfältig verschiedene Farbgebung, die über farblos, pink, gelb, hinzu blau, grün, braun und sogar schwarz reichen kann. Dabei sind unzählige Farbübergänge und Farbmischungen möglich. Oft treten diese konzentrisch oder aufeinander folgend auf, was sogar in verschiedenen Richtungen unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Man spricht in diesem Fall vom Pleochroismus der Turmaline (Drago, Boroli, 2003; Okrusch, 2005; Vinx, 2005; Schulz, 2008). Die Ursache für diese Eigenschaft liegt in der chemischen Zusammensetzung eines Turmalinkristalls. Die allgemeine Formel der Turmalingruppe lautet XY3Z6T6O18(BO3)3V3W. Dabei können sich auf der X-Position Na+, K+ und Ca2+ befinden. Die Position kann aber auch unbesetzt bleiben. Die Y-Positionen können Li+, Mg2+, Zn2+, Ba2+, Mn2+, Fe2+, Fe3+, Al3+, Cr3+, V3+ und Ti4+ enthalten. Auf den Plätzen der Z-Position kann man Mg2+, Al3+, Cr3+, V3+ und Fe3+ antreffen. Die T-Positionen sind hauptsächlich von Si4+ besetzt, können aber auch selten Al3+ oder B3+ aufweisen. OH- und O2- können die V-Positionen bilden und OH-, F- und O2- die W-Position (Deer et al., 1986; Babinska et al., 2008). Durch diese vielfältigen Möglichkeiten der Besetzung der einzelnen Positionen wird deutlich, dass die Eigenschaften, dabei besonders die Farbe, durch die jeweiligen Elemente im Kristallgitter bestimmt werden. Dennoch spielt dabei auch die strukturelle Anordnung der einzelnen Positionen eine Rolle. Diese unterliegt komplexen Bedingungen, die Einfluss auf die physikalischen, optischen und technischen Eigenschaften haben. Die ditrigonalen Si6O18-Ringe entstehen dadurch, dass sechs SiO4-Tetraeder zwei Sauerstoffatome mit den Nachbarn teilen, was in Bild 1a erkennbar ist. Die Ringe sind nun mit den Polyedern der X-Position und den Y- und Z-Positionen verknüpft. Die Y-Positionen stellen drei

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große Oktaeder dar, die sich mit den sechs kleinen Oktaedern der Z-Positionen senkrecht zur c-Achse Kanten teilen (Zhang et al., 2008). Jeder Y-Oktaeder wiederum teilt sich Kanten mit zwei oder mehr anderen Y-Oktaedern ebenfalls senkrecht zur c-Achse. Bei den Z-Oktaedern findet deren Teilung von zwei Kanten dagegen parallel zur c-Achse statt (Ferrow E., 2009). Die drei planaren BO3-Gruppen stehen über die Sauerstoffatome in Verbindung mit den Y- und Z-Positionen (Bild 1b und c) und das Bor teilt sich weiterhin eine Kante mit dem Sauerstoff der SiO4-Tetraeder (Deer et al.,1986; Bosi, Lucchesi, 2007). a)

b)

c)

Bild 1. Turmalin. a) Struktur der ditrigonalen Si6O18- Ringe bestehend aus SiO4-Tetraedern. (Deer et al.1986) b) Struktur der Y-, Z-, V- und W-Positionen senkrecht zur c-Achse. (Ferrow E., 2009) c) 3D Struktur eines Na-(Fe, Mg) Turmalins parallel zur c-Achse. (Burzo, 2005)

Da nun diese Oktaeder unterschiedliche Größen und Abweichungen in der Symmetrie aufweisen, induzieren sich entlang der Kanten strukturelle Spannungen. Jeder Kristall versucht diese Spannungen auszugleichen und abzubauen. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste sieht eine Verkleinerung

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der Y-Oktaeder vor mit gleichzeitiger Vergrößerung der Z-Oktaeder. Somit tritt eine Substitution ein, die durch die Größe der Ionenradien gesteuert wird. Die zweite Möglichkeit liegt in der Anpassung der zu teilenden Kantengröße der Oktaeder. Hierbei wird durch Elektronenaustausch zwischen der Y- und der Z-Positionen die Elektronenteilung verändert, sodass es zu günstigeren Valenzzuständen

kommt

(Ferrow

E.,

2009).

Hierbei

können

auch

Oxidationsvorgänge (zum Beispiel vom Eisen) eine Rolle spielen (Ferrow E.A., 1994). Ebenfalls Einfluss auf die Anordnung der Kationen hat der Austausch von OH- mit O2- auf entsprechenden Positionen. Oft werden auch OH-Gruppen zum Ausgleich von freien Valenzen in die Struktur aufgenommen (Drago, Boroli, 2003). Anhand der Formel und der Einflüsse der Struktureinheiten zueinander, wird deutlich, dass die zahlreichen Möglichkeiten der chemischen Zusammensetzung zur Mischkristallbildung innerhalb der Mineralgruppe der Turmaline führen. Dabei ergibt sich eine Vielzahl an Varietäten. Die wichtigsten sind Elbait, Dravit, Schörl und Uvit. Bei Elbait handelt es sich um einen Turmalin, der besonders durch die in Längsrichtung auftretenden gelben, grünen, blauen und roten Farbzonen auffällt. Innerhalb der Elbaite gibt es ebenfalls Varietäten. Hier zu erwähnen sind Verdelith, Paraibait, Rubellit und Indigolith (Okrusch, 2005). Letzterer wird aufgrund seiner blaugrünen Farbe als kostbarster Turmalin angesehen. Dravit, Schörl und Uvit dagegen sind dunkelbraun bis schwarz, was durch den Eisen- bzw. Magnesiumgehalt verursacht wird. Als Besonderheit besitzt Schörl statt Glasglanz Metallganz (Drago, Boroli, 2003). Die genannten und weitere Turmaline befinden sich mit ihren Formeln in Tabelle 1. Tabelle 1. Formeln der wichtigsten und bekanntesten Turmaline (nach web1, 2009) Name des Turmalins

Formel *

Elbait

Na (Li,Al)3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4

Na-

Dravit

Na Mg3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4

Turmaline

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Chromdravit

Vanadiumdravit

Na Mg3 (Cr,Fe3+)6 (BO3)3Si6O18 (OH)4

Na-

Na (Mg,V3+)3 (V3+,Al,Cr3+)6 (BO3)3 (Si6O18)

Turmaline

(OH,O)4

Schörl

Na Fe2+3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4

Olenit

Na Al3 Al6 (BO3)3 (Si6O18) (O,OH)4

Buergerit

Na Fe3+3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (O, F)4

Povondrait

Uvit

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(Na,K) (Fe3+,Fe2+)3 (Fe3+,Mg,Al)6 (BO3)3 Si6O18 (O,OH) 4 (Ca,Na) (Mg,Fe2+)3 Al5Mg (BO3)3 Si6O18 (OH,F)4 Ca-

Feruvit

(Ca,Na) (Fe,Mg,Ti)3 (Al,Mg,Fe)6 (BO3)3 Si6O18

Turmaline

(OH)4

Liddicoatit

Ca (Li,Al)3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (O,OH,F)4

Rossmanit

Na
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