Unser Magen - Bayerischer Rundfunk

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Biologie, Ernährung, Verdauungstrakt
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1

Manuskript

radioWissen

SENDUNG: 30.04.2015 9.05 – 9.30 Uhr

AUFNAHME: STUDIO:

Natur und Technik Ab 8. Schuljahr

TITEL:

Unser Magen Ein Schwerstarbeiter

AUTOR:

Christiane Neukirch

REDAKTION:

Gerda Kuhn

REGIE: PERSONEN:

Sprecherin Zitator

Musik

Atmo

Zuspielungen

Besondere Anmerkungen: ED 25.04.2013

________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

2 GERÄUSCH MAGEN+ MUSIK C1443990#30

O-Ton 1: Umfrage Wie viel in den Magen reinpasst? Ich schätze so 0,75 Liter, eine Flasche Wein. / Des kommt darauf an, was der Magen so gewöhnt ist: in Bayern passen scho so 6 bis 7 Maß nei / Also, ich kann nur von meinem reden: 25 Butterbrezn, 18 Joghurt, Schweinshaxe / Also, ich rate 50 Liter! / Egal, wie viel bei mir drin ist: ein Eis passt immer noch rein. SPRECHERIN: Was unser Magen täglich schlucken muss – das fragen wir uns selten, ihn so gut wie nie. Ja, was geht hinein? Angesichts einer Portion Schweinshaxn mit Knödeln und ein, zwei, drei Maß Bier müsste der Magen eigentlich so groß sein, dass unser Oberkörper gewaltige Ausmaße annähme. Die Wahrheit klingt eher bescheiden: Anderthalb Liter fasst er im Durchschnitt. Freilich ist das von Mensch zu Mensch verschieden; manche Mägen fassen mehr. Aber im Vergleich zu Rindern, die in ihren Mägen 300 Liter unterbringen, mag einem das Fassungsvermögen unseres menschliche Magens verschwindend gering vorkommen .

ATMO: Muh, Gras fressende Kuh

SPRECHERIN: Doch die Arbeit, die er leistet, ist gewaltig: Mit gut einer halben Tonne Nahrung muss er im Laufe eines Jahres fertig werden. Und was wir in ihn hineinstopfen, ist nicht immer leichte Kost. MUSIK C1443990#30 ENDE MUSIK: wüstes Medley aus Fetzen von: „Nochn Toast, nochn Ei…“/ „Bier her, Bier her…“ / „Angebrannte Erbsensuppe“ / „nischt geht übern Dresdner Stollen“ / Otto: „99 Pfefferkuchen“ u.ä. CD 670160#10&Z943525210&Z9553470101&CD75610018 ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

3 SPRECHERIN: Über Jahrhunderte fragten sich die Mediziner, wozu der Magen gut sei. Einblicke in seine Arbeit waren schwer zu bekommen - ohne bildgebende Verfahren, wie wir sie heute kennen. Man erging sich in Mutmaßungen. Der englische Mediziner William Hunter fasste Ende des 18. Jahrhunderts zusammen:

ZITATOR: Einige Physiologen behaupten, der Magen sei eine Mühle, andere, er sei ein Gärbottich; wieder andere vergleichen ihn mit einer Schmorpfanne. Meiner Auffassung nach jedoch ist er weder eine Mühle noch ein Gärfass noch eine Schmorpfanne – sondern ein Magen, meine Herren, ein Magen!

SPRECHERIN: Versuchen wir also zu klären, was der Magen ist. Und geben wir ihm den Platz, der ihm gebührt: den Platz im Mittelpunkt. O-Ton 2 (Röcker) 1‘02“ Also ich find, der Magen ist so ein spannendes und interessantes Organ, schon von seiner Aufgabe her, so alles, was wir Fremdes aufnehmen, landet zuerst in diesem Organ. Also: Essen, trinken. Aber wenn man’s im übertragenen Sinn sagt, auch alles, was wir an Informationen, alles was wir irgendwie aufnehmen ist da drin geborgen, erstmal. Der Magen wird ganz oft mit Geborgenheit in Verbindung gebracht, mit Wärme; im weitesten Sinn wird’s auch mit Mütterlichkeit in Verbindung gebracht, in den Märchen; übern Darm redet man viel mehr, aber man muss bedenken, dass das, was in den Darm kommt, schon das ist, was im Magen vorher bearbeitet wurde. Also, eigentlich müsste man immer beim Magen anfangen, wenn man übern Darm spricht. SPRECHERIN: So sieht es die Heilpraktikerin und Musiktherapeutin Anna Röcker. Sehr viel nüchterner schildert Dr. Florian Lippl die Aufgaben des Magens. Er ist Gastroenterologe, also Spezialist für den Magen-Darm Trakt: ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

4 O-Ton 3 (Lippl) 22” Der Magen hat eigentlich im Wesentlichen die Aufgabe, die Nahrung, die schon im Mund zerkleinert wird, dann weiter zu zerkleinern, aufzubereiten, vorzubereiten für die Verdauung. Also im Magen selber wird ja eigentlich nichts verdaut, sondern es wird nur zerkleinert, eingeweicht und so vorbereitet, dass dann im Dünndarm die Verdauung beginnen kann. SPRECHERIN: Diese Vorbereitung geschieht mit mechanischen und mit chemischen Mitteln. Die Wände des Magens sind mit einer starken Muskulatur ausgestattet, deren Schichten in verschiedenen Richtungen übereinander liegen. So kann er die Nahrung, die aus der Speiseröhre ankommt, von allen Seiten durchkneten. Dabei setzt er aus Drüsen Magensaft zu, dessen Inhaltsstoffe einige Bestandteile der Nahrung chemisch aufspalten – allen voran Pepsin und Salzsäure.

MUSIK C1443990#30

SPRECHERIN: Die Salzsäure ist zumindest bei den meisten Menschen so hoch konzentriert, dass sie, würde der Magensaft zum Beispiel ins Gesicht gelangen, die Haut wegätzen würde. Warum geschieht dem Magen nichts?

MUSIK kurz hoch

SPRECHERIN: Ganz einfach: Der Magen hat einen eigenen Schutzwall: die Schleimhaut. Ihre Drüsen erzeugen Schleim, der die Säure abpuffert. Antienzyme in den Zellen der Magenwand schützen sie vor dem Verdauungseffekt des Pepsins. MUSIK C1443990#30 ENDE

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5 SPRECHER: Puh, ich kann nimmer.

O-Ton 4 (Lippl) 8” Die andere Aufgabe vom Magen ist, dass er für die Sättigung verantwortlich ist. Das heißt, der Magen spürt, wann der Mensch satt ist. SPRECHERIN: Und das geschieht so:

O-Ton 5 (Lippl) 38” Der Magen, der dehnt sich ja durch die Nahrungsaufnahme und sendet dann diesen Dehnungsreiz über den Nervus vagus, das ist ein großer Nerv, ins Gehirn, und dort werden dann verschiedene Neurotransmitter freigesetzt, das sind so Botenstoffe zwischen Nerven und Zellen im Hirn; und dann wird an einer zentralen Stelle im Hirn – das nennt man den Hypothalamus – wird das dann verschaltet und verarbeitet und dann wird ein weiterer Reiz an den Menschen gesendet, dass er jetzt satt ist. SPRECHERIN: Womit wir den Magen gefüllt haben, spielt dabei keine Rolle. Allein die Menge zählt – fürs Erste jedenfalls.

O-Ton 6 (Lippl) 35” Die Länge der Sättigung ist abhängig von der Verweildauer der Nahrungsbestandteile, also Flüssigkeiten bleiben so etwa eine halbe Stunde im Magen, während fettige Nahrungsprodukte viel länger im Magen verweilen, die brauchen länger zur Aufbereitung, länger, bis sie wieder weitergegeben werden an den Darm. Aber die Sättigung tritt nicht früher ein, ob man jetzt einen Schokoriegel isst, einen Schweinsbraten, wenn man das in der gleichen Menge zu sich nimmt, oder ob man einfach irgendwas isst, was einfach satt macht und wenig Kalorien hat. Also, es ist nur die Magendehnung entscheidend, nicht die Kalorienmenge. SPRECHERIN: Doch diese Signale wollen auch wahrgenommen sein. Oft genug essen wir mehr ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

6 als uns gut tut. O-Ton 7 (Röcker) 24” Wir hören nicht auf den Magen. Jeder von uns glaub ich kennt das. Zumindest ich. Wenn ich sehr angespannt bin, dann kann es sein, dass ich esse, ohne überhaupt irgendwas wahrzunehmen. Weil, meine Gedanken sind mit etwas beschäftigt. Noch schlimmer, wenn ich nebenbei lese; dieser Dehnungsreiz, der ja eine Information ist übers Nervensystem, kommt gar nicht an bei mir. Oder bei uns. SPRECHERIN: Bis zu vier Stunden lang bleibt die Nahrung im Magen, fettreiches Essen auch mal bis zu sechs. Der Magen ist unser Speicher für den Tag. Er ermöglicht es, dass wir uns nicht den ganzen Tag über Mini-Mengen an Nahrung zuführen müssen, sondern Vorräte über Stunden zwischenlagern können. Er kümmert sich darum, dass diese in kleinen Portionen an den Darm weitergeleitet werden. Das ist wichtig, denn der Darm braucht Zeit, um die Nährstoffe aufzunehmen, zu „resorbieren“: O-Ton 8 (Lippl) 19” Wenn das jetzt einfach weiter in den Darm fließen würde, dann könnte der Darm das gar nicht resorbieren, also wenn der Magen fehlt, dann fehlt ja die Aufbereitung der Nahrung, und dann rauscht das Essen durch den Darm durch und es kann nicht alles resorbiert werden, was sonst resorbiert werden würde, und die Patienten kriegen dann Durchfall. MUSIK C1490140021

SPRECHERIN: So erging es Johann Mathäser. Er lebt seit Mai 2012 ohne Magen, der ihm wegen eines Tumors entfernt wurde. O-Ton 9 (Mathäser) 56” Also, am Anfang, als sie mir gesagt haben, sie nehmen mir den Magen raus, hab ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

7 ich’s mir nicht gut vorstellen können. Für mich war das schon ein sehr großer Eingriff in mein Leben, weil für mich war Essen etwas Schönes. Und das war sehr wichtig in meinem Leben. Ich hab mir auch immer zum Essen Zeit genommen. Und das ist zu meiner Situation ein bisschen ein Vorteil auch. Weil das ist auch ganz ganz wichtig, wenn man keinen Magen mehr besitzt: Die Dinge, die man isst, muss man gut durchkauen. Weil wenn man das sagen wir nicht gut durchkaut, und die Stücke sind zu groß, dann kann man sich das Essen schenken, weil der Körper das nicht verarbeiten kann oder der Dünndarm. Im Prinzip muss es millimetergroß runtergehen, dass der Dünndarm damit was anfangen kann. Ansonsten geht das unverdaut wieder weg; und man hat nichts davon. Man braucht aber die Energie. SPRECHERIN: Wenn der Körper Energie braucht, meldet er normalerweise ein Hungergefühl. Dieses Meldesystem ist sehr komplex. Es ist doppelt und dreifach abgesichert, über mehrere Schaltstellen; denn der Hungertrieb ist überlebenswichtig. Dass aber auch dabei der Magen eine zentrale Rolle spielt, auch das weiß Johann Mathäser, seit er keinen mehr hat. O-Ton 10 (Mathäser) 25” Das ist ein sehr großes Manko, weil dadurch, dass man keinen Magen mehr hat, gibt’s kein Hungergefühl in dem Sinn. Ich könnte morgens in der Früh aufstehen und müsste eigentlich gar nichts essen. Also, ein Durstgefühl ist da. Ich hab auch einen Geschmackssinn. Aber so speziell ein Hungerfühl hab ich nicht. MUSIK C1490140021 ENDE SPRECHERIN: Johann Mathäser muss sich also immer bewusst daran erinnern, regelmäßig zu essen, und das in angemessenen Portionen für den Darm. O-Ton 11 (Mathäser) 41“ Also, mindesten so 6 Portionen am Tag, die drei Hauptmahlzeiten und dann noch drei Zwischenmahlzeiten. Und dann muss man halt vorsichtig versuchen, die Portionen zu erweitern und aufzubauen.

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8 SPRECHERIN: Statt des Magens soll ein aus einem Stück Dünndarm konstruierter Behälter wenigstens kleine Mengen speichern. Das will trainiert sein: Bis alles so funktioniert, wie es sein soll, dauert es circa anderthalb Jahre. Herauszufinden, wie das geht, war anfangs schwierig. Anleitung gab es zunächst keine. „Im Prinzip können Sie alles essen“, sagten die Ärzte. Mathäser musste selber ausprobieren, Fehler machen, Bücher wälzen.

MUSIKAKZEMNT C1454340004

SPRECHERIN: Wenn der Dehnungsreiz des Magens allzu stark überschritten wird oder Dinge hineingeraten, mit denen er nicht fertig wird, greift er zu einem weiteren Schutzmechanismus: zum Erbrechen. O-Ton 14 (Lippl) 30” Der Magen kann sich halt bewegen, damit zerkleinert er ja mechanisch die Nahrung, das hört man zum Beispiel, wenn nichts im Magen ist, durch Magengrummeln auch; aber er kann auch spüren: Jetzt hab ich was Falsches gegessen, dann stößt er das aus und macht praktisch die Bewegung in die die andere Richtung, und dann öffnet sich der Schließmuskel in der Speiseröhre und dann bewegt sich natürlich auch die Speiseröhre in die andere Richtung und führt dann zum Erbrechen. Das ist ja günstig. Kann er uns auch retten. Ist auch wichtig. SPRECHERIN: So unangenehm das ist, so rettet uns der Magen damit doch unter Umständen das Leben, indem er die Schadstoffe aus dem Körper hinausschleudert. Auch Infekte oder psychische Reize können die Ursache sein.

O-Ton 15 (Röcker) 13” Auf der psychischen Ebene könnte man natürlich auch sagen, dass das Erbrechen, oder wie man ja im Volksmund sagt: zum Kotzen oft verwendet wird, ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

9 wenn uns auch auf der psychischen Ebene etwas zuwider läuft. SPRECHERIN: Überhaupt: Magen und Psyche sind eng verschaltet. Geht es uns psychisch schlecht, „schlägt es uns auf den Magen“, und umgekehrt: ist der Magen glücklich, sind wir es auch. Anna Röcker hat als Therapeutin viel mit der Verbindung Körper-Psyche zu tun. Unter anderem beschäftigt sie sich mit der Psycho-Neuro-Immunologie, der Wissenschaft von der Verbindung zwischen Psyche, Nervensystem, Hormonsystem und Immunsystem. Ärzte, auch Gastroenterologen, schicken Patienten zu ihr, wenn organische Probleme ausgeschlossen wurden. O-Ton 16 (Röcker) 56“ Wenn wir beim Magen sind, dann haben wir ja ein Organ, das sehr stark auf nervliche Belastung reagiert wie wir wissen; wie oft hör ich: „Mein Magen ist nervös“ – also, ich denk eher, der Mensch ist nervös und der Magen reagiert; oder wenn wir im Volksmund schauen, dann haben wir auch ganz viele Sprichwörter, die sich damit beschäftigen: „Das schlägt mir auf den Magen“ oder den Schlag in den Magen, wie man’s manchmal erlebt, wenn man einen Schock bekommt; also, der Magen ist doch sehr sensibel, und deswegen reagiert er sehr gut aus meiner Erfahrung auf Entspannungstechniken, auf Visualisierungen, und da haben wir doch einen relativ großen Einfluss. SPRECHERIN: Einen Beleg für die Verknüpfung zwischen Magen und Psyche lieferte im Jahr 1939 eine medizinische Studie an einem Amerikaner, der sich als kleiner Junge die Speiseröhre verbrannt hatte. Er musste von da an die zerkaute Nahrung wieder aus dem Mund nehmen und mit einem Trichter über eine Öffnung in den Magen füllen. Durch diese Öffnung konnten die Ärzte beobachten, wie seine Magenschleimhaut auf Gefühle reagierte. War der Mann wütend, verfärbte sie sich rot; und der Magen arbeitete stärker. War er bedrückt, blieb der Magen blass und träge.

MUSIK C1454340004 ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

10 O-Ton 17 (Röcker) 57“ Ich denke, vielleicht kann man da so eine Anleihe bei der chinesischen Medizin nehmen, die eben sagt: Der Magen ist das Organ der Mitte; oder eine andere Bezeichnung: der Magen ist der Meister des Tonus. Wir verwenden den Begriff „Magenverstimmung“. Das heißt, da ist schon klar, dass der Magen so’n zentrales Organ ist. Also, ich glaube, niemand, der eine echte Magenschleimhautentzündung hat, ist in „guter Stimmung“. Das schlägt auf die ganze Befindlichkeit, also – mir gefällt dieser Begriff „das Organ der Mitte“. Und in der chinesischen Medizin ist es der Erde zugeordnet, also dem Süßen als Geschmacksrichtung, und damit auch so dem Element, für die eigene Süßigkeit im Leben zu sorgen. Gut für sich zu sorgen hat für mich viel mit dem Magen zu tun. SPRECHERIN: Nicht nur die chinesische Medizin, auch andere Medizinkulturen wie etwa die indische Ayurveda-Tradition messen dem Magen eine große Bedeutung bei. MUSIK C1454340004 ENDE Überhaupt spielt das Essen in allen Kulturen der Welt eine zentrale Rolle – und somit auch der Magen. Denn er macht es möglich, genussreich und ausführlich ein gemeinsames Mahl einzunehmen. O-Ton 18 (Röcker) 47“ Liebe geht durch den Magen, ist auch interessant. Wenn man mit jemandem gern isst, also ein Essen teilt, das ist Gemeinschaft. In wie vielen Religionen das gemeinsame Mahl – die Agape, das Liebesmahl, hat immer mit dem Essen zu tun, hat immer mit gemeinsam essen; und ich denke, dass das Sprichwort daher kommt auch. Wenn wir miteinander essen und füreinander gut kochen, dass das mit Liebe und Wärme und Nähe, weil man eben den Magen so stark mit dieser Emotion Mütterlichkeit, Wärme, Liebe verbindet. Ich find’s auch wirklich spannend, was für eine Rolle das Essen eigentlich auch sogar im Spirituellen spielt. Wir nehmen ja sogar in der Kommunion was auf in den Magen. SPRECHERIN: Oft also kann man über die Psyche Einfluss auf den Magen nehmen – körperliche Ursachen für Magenbeschwerden müssen natürlich trotzdem auf jeden Fall ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

11 rechtzeitig ausgeschlossen bzw. behandelt werden. Die meisten rein organischen Beschwerden werden von Magengeschwüren verursacht: Wenn die schützende Schleimhaut es nicht mehr schafft, die Magensäure abzuhalten, sind Verätzungen und Entzündungen die Folge. Faktoren, die dieses Gleichgewicht stören, sind unter anderem Stress, Alkoholmissbrauch und Nikotin. Erst sehr spät kam man darauf, das noch etwas eine entscheidende Rolle spielt: ein Bakterium. MUSIK C1461120006 SPRECHER: Helicobacter Pylori …

SPRECHERIN: …heißt der kühne Einzeller, der es schafft, sogar der Salzsäure zu widerstehen. Der Erreger wurde bereits im 19. Jahrhundert bemerkt. Die Passage klingt nur durch die Erzählweise wie eine Anekdote, besteht aber aus überprüfbaren Fakten, untermauert auf Nachfrage auch durch Dr. Lippl. Doch erschien seine Existenz absurd, angesichts der alles tötenden Säure. Als im Jahr 1979 der australische Arzt Robin Warren abermals auf den Bazillus aufmerksam machte, wurde er von seinen Kollegen ausgelacht. Von allen bis auf einen: Der junge Mediziner Barry Marshall trat den Beweis an, dass Warren Recht hatte – mit kühnen Mitteln: Er trank einen Becher Bakterienbrühe und wartete. MUSIK C1461120006 ENDE MUSIK M0009637008

SPRECHERIN: Acht Tage darauf trat das ein, worauf er gewartet hatte: ihm wurde übel, er hatte Bauchschmerzen und einen fauligen Geschmack im Mund, wie er von einem Entzündungsherd herrühren kann. Eine Probe aus seinem Magen bewies: das ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

12 Bakterium hatte sich dort angesiedelt. Mit Antibiotika gelang es ihm, den Erreger zu töten. MUSIK M0009637008 ENDE Damit hatte er – im Jahr 1983 - für unzählige Menschen den Weg zur Heilung gewiesen. O-Ton 19 (Lippl) 21” Das ist schon bahnbrechend, weil … früher war das ja stationäre Aufnahme, Operation, Rollkur! Das gab’s ja früher noch, dass man Schleimhautschutz eingeträufelt hat und dann durch Rollen des Körpers das im ganzen Magen verteilt hat; dass das halt überall hinfließt und die Schleimhaut bedeckt, damit die Salzsäure da nicht angreift. SPRECHERIN: Seit den Neunzigerjahren kamen dann noch die sogenannten Protonenpumpenhemmer dazu, die in einer Kombi-Therapie eingesetzt werden. O-Ton 20 (Lippl) 21” Protonenpumpenhemmer, die hemmen die Salzsäureproduktion im Magen, und dadurch heilen auch die Geschwüre wunderbar ab; und wenn man dann noch den Helicobacter behandelt, kommen die auch nicht wieder; oder nur in seltensten Fällen; aber man kann das wunderbar medikamentös behandeln, was man früher operieren musste, als das ist schon ein großer Fortschritt der Medizin. MUSIK M0010602025

SPRECHERIN: Der Magen arbeitet, wenn es sein muss, Tag und Nacht für uns. Womit können wir ihm zum Dank etwas Gutes tun? O-Ton 21 (Lippl) 24“ Durchaus mit einem guten Essen, aber nicht zu viel, sondern so, dass man sein Sättigungsgefühl spürt und dann auch aufhört und lieber später dann wieder was isst, wenn man wieder sich hungrig fühlt; wenn es einem nicht so gut geht, dem Magen, dann kann man ihm Gutes tun, indem man nicht zu heiß, nicht zu fettig ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de

13 und nicht zu scharf isst; weil das alles den Magen zusätzlich belastet. MUSIK M0010602025 ENDE MUSIK C1454340004 O-Ton 22 (Röcker) 48“ Gut, da würde ich ganz gerne tatsächlich auf die Idee der chinesischen Medizin ein bisschen zurückgreifen, dass der Magen wirklich gerne etwas Warmes mag. Also, ich glaube, wir tun uns Gutes, wenn wir zumindest ab und zu im Winter zum Frühstück einen warmen Brei essen. Und ich glaube der Magen braucht ganz dringend wirkliche Entspannung, MUSIK C1454340004 ENDE und das wäre schon, wenn man ab und zu mal die Hände auf den Magenbereich und vielleicht ein paarmal tief atmet. Ich stell immer wieder fest, wie einfach das ist, so einem Organ was Gutes zu tun, also wenn man sich merkt: der mag gerne Wärme, also warme Hände auf den Bauch und tief atmen. SPRECHERIN: Wir können notfalls ohne ihn leben. Doch wer ohne ihn leben muss, weiß, was er für uns leistet – der Magen. O-Ton 23 (Mathäser) 37“ Ich kämpfe, und mein großer Kampf ist das, dass ich einfach mein Gewicht halten kann. Ich hab ja 25 Kilo hab ich abgenommen, und hab gegenwärtig ein Gewicht von 60 Kilo, und das ist halt immer so plus minus ein Pfund, am Abend ist es mehr, am Morgen ist es weniger, das ist halt wie bei einem Gesunden auch ein bisschen so, und ja, muss halt schauen, dass ich nicht weniger werde. Meine Kraft ist halt sehr begrenzt, Ich komme mir manchmal vor, ich sag’s halt auch so salopp dahin, wie so ein ausgelutschter Akku. O-Ton 24 (Lippl) 20“ Das Leben ist mit dem Magen einfach schöner, kann ich nur aus Erfahrung sagen von Patienten, die keinen mehr haben; einfach, weil man essen kann, worauf man Lust hat, und wenn man auf seinen Bauch hört, merkt man auch, was einem gut tut, und das Leben ist einfach schöner mit dem Magen als ohne.

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14 SPRECHERIN: Daher der Aufruf an alle Magenbesitzer: Schätzt ihn und pflegt ihn, und schenkt ihm die Aufmerksamkeit, die er verdient: dem unermüdlichen Schwerstarbeiter in unserer Mitte. Geräusch Magen

stopp

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