Verfasserin: Magdalena Hoffsteter

January 15, 2018 | Author: Anonymous | Category: Sozialwissenschaften, Psychologie, Psychotherapie
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Verfasserin: Magdalena Hoffsteter Seminar: Borderline-Persönlichkeitsstörungen Wutke WS 2005-2006

Die Dialektisch-Behaviorale Psychotherapie (DBT) nach M. Linehan

Zusammenfassung Diese Hausarbeit stellt die Dialektisch-Behaviorale Psychotherapie zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen vor, die von M. Linehan entwickelt wurde. In dieser Therapie wechselt der Therapeut zwischen akzeptierenden und einen Verhaltenswandel anstoßenden Strategien hin und her. Dies geschieht sowohl in der Sitzung selbst als auch in der Gestaltung der Therapeutischen Beziehung. Es ist auch bedeutsam zu erwähnen, dass die Therapie zum einen Teil aus Einzelsitzungen besteht, in welchen die Problembereiche der Betroffenen geordnet und bearbeitet werden. Zum anderen Besteht die Therapie aus Gruppensitzungen, die in der Regel einmal pro Woche durchgeführt werden und dem Erlernen von neuen Fertigkeiten dienen. Im Wesentlichen wird nun im Folgenden der Ablauf der Therapie geschildert, um die hierarchische Ordnung die dem Konzept zugrunde liegt zu verdeutlichen. Des Weiteren wird auf die Behandlungstechniken der Therapieform eingegangen, die zum Einsatz kommen um die maladaptiven Verhaltensmuster des Patienten zu durchbrechen und ihm neue Fertigkeiten näher zu bringen.

Gliederung 1. Einleitung 2. Phasen des Therapieverlaufs 2.1 Vorbereitungsphase 2.2 erste Therapiephase 2.2.1 Suizidales und parasuizidales Verhalten 2.2.2 Therapiegefährdendes Verhalten 2.2.3 Verhalten, das die Lebensqualität beeinträchtigt

2.3.4 Verbesserung von Verhaltensfertigkeiten 2.2.3 Verhalten, das die Lebensqualität beeinträchtigt 2.3 die zweite Therapiephase: die Behandlung des posttraumatischen Stresssyndroms 2.3.1.1 Akzeptanz des Traumas 2.3.1.2 Verminderung von Stigmatisierung und Selbstbeschuldigung 2.3.1.3 Arbeit mit der Verleugnung 2.3.1.4 Umgang mit der Missbrauchsdichotomie

3. Die Behandlungsstrategien 3.1 Basisstrategien 3.1.1 Dialektische Strategien 3.1.2 Validierungsstrategien 3.2 Spezifische Strategien 3.2.1 Kontingenzmanagement 3.2.2 Emotionsexposition 3.2.3 Kognitive Umstrukturierung

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung Die Dialektisch-Behaviorale Psychotherapie von M. Linehan wurde gezielt für die Behandlung von chronisch suizidalen Borderline-Patienten entwickelt. Ihr liegt die Theorie zugrunde, dass Borderline-Betroffene aufgrund von einem Zusammenwirken von früherer Traumatisierung, Vernachlässigung und einer neurobiologischen Disposition ihre Symptome entwickeln. Im Mittelpunkt des Verständnisses der Borderline-Persönlichkeitsstörung aus Sicht der DBT steht die Hypothese, dass die Patienten an einer dysfunktionalen Affektregulation leiden. Die Betroffenen weisen eine erhöhte Empfindsamkeit für emotionsauslösende Reize, übersteigerte Intensität der wahrgenommenen Affekte und eine verzögerter Rückgang von Erregungszuständen auf, was zu akuten Spannungszuständen führt, die von den Betroffenen als unkontrollierbar empfunden werden. Selbstschädigung, suizidale Kommunikation oder impulsives Verhalten gehören zu den mal- adaptiven Verhaltensweisen die mit der Borderlinestörung einhergehen, die von M. Linehan als Versuch interpretiert werden, mit den desintegrierten Erregungszuständen umzugehen. Subjektiv führen diese von den Betroffenen angewandten Verhaltensweisen zu einer schnellen Linderung der als unerträglich beschriebenen Erregungszustände. Betrachtet man diese Tatsache aus verhaltenstheoretischer Sicht so kann man die Spannungsreduktion als negativen Verstärker sehen, der dazu führt, dass die mitunter selbstschädigenden Verhaltensweisen aufrecht erhalten werden. An diesen Verhaltensmustern muss folglich in der Dialektisch-Behavioralen Therapie gearbeitet werden.

2. Phasen des Therapieverlaufs

2.1 Vorbereitungsphase Die Vorbereitungsphase beinhaltet die zwei großen Punkte, Aufklärung und Einverständnis. Sobald die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung gestellt ist, sollte man damit beginnen den Patienten über seine Störung aufzuklären, sprich Psychoedukation zu betreiben. Viele Patienten fühlen sich dadurch erleichtert, dass nun endlich ein Name für ihr Problem gefunden wurde, jedoch müssen sie lernen damit umzugehen, dass nur sie selbst dazu in der Lage sind eine Besserung ihrer Symptome hervorzurufen.

Natürlich müssen zu Beginn der Behandlung jetzt auch Art und Dauer der DBT sowie die Behandlungsbedingungen kommuniziert werden. Therapievereinbarungen die jetzt getroffen werden gelten in der Regel für einen Zeitraum von einem Jahr. Es wird besonders auf die Möglichkeit des Telefonkontaktes mit dem Therapeuten eingegangen, der sich im Normalfall dazu verpflichtet innerhalb eines festgelegten Zeitraums zurückzurufen. Um der möglichen Angst der Patienten entgegenzuwirken, dass sie bei einem schnellen Therapieerfolg auch den Therapeuten schnell verlieren könnten, wird die Fortsetzung der Behandlung vom Therapieerfolg abhängig gemacht. Da es bekannt ist, dass ein Hauptproblem bei der Behandlung von BorderlinePatienten in ihrer Tendenz besteht Therapien abzubrechen oder Therapeuten zu wechseln, ist es ein wesentlicher Bestandteil der Vorbetreitungsphase über dieses Thema zu sprechen, und vorangegangene Therapieabbrüche zu analysieren und ein Frühwarnsystem einzurichten. Des Weiteren wird ein Konsens darüber getroffen, dass im Falle von viermaligem unbegründetem Fehlen in Folge ein Ausschluss aus der Therapie folgt.

2.2 Erste Therapiephase Die erste Phase der DBT beinhaltet zum einen das Bearbeiten von Problembereichen, die in direktem Zusammenhang mit solchen Verhaltensweisen stehen, die entweder das eigene Leben, die Lebensqualität oder die Therapie gefährden. Diese Problembereiche sind in dieser Therapie hierarchisch geordnet. Zum anderen werden in dieser Phase Fertigkeiten erlernt die den Betroffenen dabei helfen sollen mit emotionalen Regulationsstörungen umzugehen. Da sich die Wahl des vorherrschenden Problembereiches an der am häufigsten auftretenden Symptomatik der Betroffenen orientiert, werden diese aufgefordert jeden Tag ihre maladaptiven Verhaltensweisen, emotionale Not und dysfunktionale Kognitionen niederzuschreiben. Diese Tagebuchkarten dienen dem Selbstmonitoring der Patienten, wobei die einzelnen Gefühle und Gedanken auf einer Skala von 1-5 nach ihrer Intensität bewertet werden, damit die Patienten lernen nicht mehr nur noch in Extremen zu denken.

2.2.1 Suizidales und parasuizidales Verhalten Innerhalb der hierarchisch gegliederten Therapiestruktur steht die Behandlung von suizidalem und parasuizidalem Verhalten an erster Stelle. Selbstschädigung, Suiziddrohungen und das Berichten über Suizidabsichten soll reduziert werden, Behandlungstechnik und Gewichtung des Themas werden durch eine differenzierte Verhaltensanalyse vorgenommen. Hierbei sollte die Verhaltensanalyse in Form

einer Mikroanalyse angestellt werden. Die Kette zwischen auslösenden Ereignissen, darauffolgenden Kognitionen, Emotionen und Reaktionen sowie Konsequenzen soll detailliert festgehalten und nachvollziehbar gemacht werden. Es ist auch wichtig herauszufinden, ob auslösende Ereignisse oder nachfolgende Konsequenzen das Problemlöseverhalten der Betroffenen aufrechterhalten. (Para)suizidales Verhalten wird in der DBT in jedem Fall als inadäquate Problemlösestrategie angesehen und auch als eigenständiges Problem verstanden. Diese Tatsache kann zu einem Konflikt zwischen Therapeut und Patienten führen, da der Patient das suizidale Verhalten nicht als eigentliches Problem, sondern als Folge von anderen Problemen sieht. Sie meinen das Suizidale Verhalten erst dann einstellen zu können wenn sie mit ihrem Leben wieder zufrieden sind. In der aber DBT wird das suizidale Verhalten nur als weiterer Bestandteil des maladaptiven „Teufelskreises“ angesehen, der durchbrochen werden muss. Folglich muss suizidales bzw. parasuizidales Verhalten, wann immer es auftritt, beachtet und auch bearbeitet werden. Wird das Verhalten jedoch übersehen, akzeptiert oder eine unzureichende Verhaltensanalyse durchgeführt, so gilt dies als therapeutischer Fehler.

2.2.2 Therapiegefährdendes Verhalten Der zweite Punkt in der hierarchisch gegliederten Therapiestruktur ist nun das therapiegefährdende Verhalten, welches vom Patienten aber auch besonders vom Therapeuten ausgehen kann und u.a. zu suizidalem oder parasuizidalem Verhalten führen kann. Beim Patienten gehören zu diesen Verhaltensweisen v.a. seine maladaptiven Interaktionsmuster, fehlen in den Therapiesitzungen und auch die Verweigerung von Hausaufgaben, oder der Mitarbeit in der Fertigkeiten- Gruppe. Auf Seiten des Therapeuten ist es besonders wichtig die dialektische Balance zwischen subjektiver Funktionalität und interaktionelle Dysfunktion sich replizierender Verhaltensweisen, um der Therapieverlauf nicht zu gefährden. eispiele für ein gefährdendes Verhalten währen, dass zu lange Toleranz von pathologischem Verhalten oder zu rigides Drängen auf Veränderung, zu geringe Flexibilität oder zu unklare Strukturen. Auch eine Überforderung des Patienten, durch zu frühe oder zu starke Fokussierung auf traumatische Themen, Unaufmerksamkeit, Zuspätkommen, Vergessen von Terminen usw. werden zu den therapiegefährdenden Verhaltensweisen des Therapeuten gezählt. Des Weiteren muss der Therapeut seine eigenen Grenzen der Belastbarkeit wahrnehmen und auch akzeptieren, denn nicht selten neigen Therapeuten von Borderline- Patienten dazu aus Angst um den Patienten und die fragile Beziehung die beide zueinander aufgebaut haben das

therapieschädigende Verhalten ihrer Schützlinge zu lange zu tolerieren, was über kurz oder lang zur Erschöpfung des Therapeuten und somit mitunter zum Abbruch der Therapie führen kann. Hierbei kann die Gefahr bestehen, dass solche Therapieabbrüche dem Patienten angelastet werden und er während seiner Therapielaufbahn mehrere solcher Abbrüche erleben muss, die er nicht verstehen kann und somit das Vertrauen in neue Therapeuten verliert, oder auch in suizidale Krisen fallen kann. Die Wahl der Behandlungsstrategie die der Therapeut in Fällen von therapieschädigendem Verhalten einsetzt wird auch hier durch eine detailliert durchgeführte Verhaltensanalyse getroffen. Es besteht die Möglichkeit, dass wenn z.B. das therapieschädigende Verhalten auf Seiten des Patienten nicht direkt bewältigt werden kann eine Zielanalyse durchgeführt wird und gegebenenfalls eine Therapiepause in Erwägung gezogen wird.

2.2.3 Verhalten, das die Lebensqualität beeinträchtigt Zu der Symptomatik von Borderline-Patienten gehört, dass sie sich oft Verhaltensweisen aneignen die die eigene Lebensqualität mitunter stark beeinträchtigen. Beispiele hierfür sind: Drogen- und Alkoholmissbrauch, Essstörungen, finanzielle Probleme, gehäufte Diebstähle, antisoziales Verhalten (kann zu Gefängnisstrafen führen), Promiskuität oder auch das Vernachlässigen medizinisch notwendiger Behandlungen. Meist treten mehrere dieser Problembereiche gleichzeitig auf und stehen auch miteinender in kausalem Zusammenhang. Die Aufgabe des Therapeuten ist es einen Problembereich und das damit in Verbindung stehende Therapieziel herauszufiltern. Dabei geht er in der DBT nach einer Hierarchie vor, die das bedrohlichste Verhalten an die erste Stelle setzt. Notfällen wird immer der Vortritt gegeben, danach folgen Verhaltensmuster die mit funktionell höher angesiedelten Problemen in Zusammenhang stehen. Ein Beispiel hierfür währe der Alkoholmissbrauch der in enger Beziehung zu suizidalem Verhaltensmustern steht und deshalb eine hohe Priorität hat. In der DBT gilt des Weiteren die Regel, dass der leichter zu lösende Problembereich dem schwerer zu lösenden vorgezogen wird. Die jeweils zu bearbeitenden Problembereiche müssen mit den Patienten abgestimmt werden, wobei die Aufgabe des Therapeuten darin liegt die Problembereiche im Fokus der Therapie zu halten.

2.3.4 Verbesserung von Verhaltensfertigkeiten Das erlernen von Fertigkeiten (Skills) wie z.B. „Problemlösetechniken“, „Training zwischenmenschlicher Fähigkeiten“, „Emotionsregulation“, „Stresstoleranz“, „innere Achtsamkeit“ die zum einen Teil verhaltenstherapeutische Standarttechniken und zum

anderen Teil störungsspezifische Modifikationen der Techniken, wird üblicherweise im Gegensatz zu den anderen Interventionen, die in Einzeltherapie erarbeitet werden, in Gruppentherapie durchgeführt. Diese Gruppen finden einmal die Woche statt. Achtsamkeit z.B. gilt als eine Strategie zur Vermittlung von Akzeptanz, und basiert auf einer fernöstlichen Meditationstechnik, bei der es darauf ankommt, dass die äußeren Ereignisse und das eigene Verhalte ganz genau zu beobachten, dies soll in der DBT Distanz zu den eigenen Gedanken und Gefühlen schaffen und somit zum Erleben dieser führen. M. Linehan definiert Skills als kognitive, emotionale und handlungsbezogene Reaktionen, die sowohl kurz- als auch langfristige, vom Patienten erwünschte Konsequenzen bedingen. Die DBT unterscheidet zwischen fehlenden Fertigkeiten und Schwierigkeiten in der Anwendung(Integration) vorhandener Fertigkeiten. Hierfür bietet die DBT ein umfangreiches Manual das viele Übungsbeispiele und auf Borderline- Patienten ausgerichtete Instruktionen beinhaltet. In der Individualtherapie liegt der Fokus nun darauf die erlernten Fertigkeiten zu integrieren und zu Generalisieren. Borderline-Patienten werden in Bezug auf ihre Kompetenzen zumeist überschätzt, da es bei ihnen sehr stark darauf ankommt, wie emotional belastet sie gerade sind. Im Falle von Stress greifen sie deshalb oft auf die alten dysfunktionalen Verhaltensweisen zurück und geben deshalb des Öfteren an, dass die erlernten Skills nicht wirksam seien. Um die erlernten Fertigkeiten zu festigen und zu generalisieren werden in der DBT unter anderem Rollenspiele unter Videokontrolle durchgeführt, die bestätigend wirken sollen, die aber keineswegs das Erproben der Fertigkeiten in Alltagssituationen ersetzten sollen.

2.3 die zweite Therapiephase: die Behandlung des posttraumatischen Stresssyndroms Die zweite Phase der Therapie, die als Einzeltherapie statt findet, kann erst dann beginnen, wenn sich eine stabile und belastbare Beziehung zwischen Therapeut und Patienten entwickelt hat, und eine anhaltende Verbesserung in den Problembereichen die in der ersten Therapiephase bearbeitet wurden eingetreten ist. Da die zweite Phase der Therapie besonders auf die Behandlung des Posttraumatischen Stresssyndroms ausgerichtet ist, kann sie stark retraumatisierend wirken. Genau deshalb muss der Patient in diesem Stadium bereits über Fähigkeiten verfügen adäquat mit den aufkommenden Emotionen umzugehen. Es werden nun Themen wie psychischer, physischer oder sexueller Missbrauch, und auch grobe Vernachlässigung thematisiert, dies

kann kognitive und emotionale Reaktionen nach sich ziehen die mit dem Trauma in engem Zusammenhang stehen.

2.3.1 Vier Phasen der zweiten Therapiephase Die zweite Therapiephase ist in sich wiederum in vier aufeinanderfolgen Schritte

2.3.1.1 Akzeptanz des Traumas In diesem ersten Schritt geht es darum, dass der Patient lernt sein erlebtes Trauma zu akzeptieren. Nach Linehan ist es nun im ersten Schritt wichtig dem Patienten zu helfen, das meist nur Bruchstückhaft in der Erinnerung vorhandene Trauma zu verbalisieren, und dem Patienten zu vermitteln, dass man ihm glaubt und seine Erinnerungen an traumatische Erfahrungen nicht als Phantasien ansieht. Ein großes Problem besteht nämlich darin, dass viele Patienten von der Angst besetzt sind, dass ihre Erinnerungen vielleicht nur in ihrer Phantasie existieren könnten. Deshalb ist es bedeutsam, dass man eine Balance findet zwischen dem was man sicher weiß und den Erinnerungen bei denen man mit dem Unwissen leben muss ob sie nun wirklich passiert sind. Es gehört also zur Arbeit des Therapeuten dem Patienten zu vermitteln, dass er auch seine eigene Unsicherheit akzeptieren muss. Sollte sich nun im weiteren therapeutischen Prozess z.B. eine Missbrauchserfahrung ausbreiten, so ist neben einem ausgeprägten Trauerprozess auch noch die Aufgabe zu bewältigen die Ereignisse so wie sie sich darstellen zu akzeptieren, was nur dann möglich ist, wenn man die in der ersten Phase erlernte Fähigkeit die Realität zu akzeptieren auch anwenden kann und wenn man im Zusammenhang damit erfahren hat, dass diese Akzeptanz den Leidensdruck stark verringern kann.

2.3.1.2 Verminderung von Stigmatisierung und Selbstbeschuldigung In dieser Phase geht es darum die Selbstvorwürfe der Betroffenen aufzuarbeiten und somit zu verringern. Ein grossteil der Traumaopfer neigt mitunter dazu zu glauben, dass sie aufgrund irgendeiner Andersartigkeit die sie von anderen unterscheidet, Opfer von Missbrauch geworden sind. Oft nehmen sie an, dass sie selbst Schuld sind an ihrem Schicksal, oder zumindest daran, dass sie es nicht verhindern konnten. Ganz schwer ist es für Opfer damit umzugehen, dass die Möglichkeit besteht, dass sie die Misshandlung teilweise als lustvoll empfanden, wodurch sie sich selbst als pervers empfinden. Selbst wenn die Opfer sich selbst nicht die

Schuld für das Erlebte geben, so geben sie sich selbst oft die Schuld daran wie sie auf das Trauma reagiert haben, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch hilflose Kinder waren. Es kommt auch oft vor, dass die Betroffenen ihre traumatischen Erfahrungen herunterspielen.

2.3.1.3 Arbeit mit der Verleugnung In der Folge einer schweren Traumatisierung treten bei den Opfern zwei unterschiedliche Phasen auf, eine Verleugnungsphase und eine Überwältigungsphase(intrusive Phase), die sich bei Borderline-Patienten zumeist sehr rasch abwechseln. Auch im Falle einer zuvor erarbeiteten Akzeptanz der Traumatisierung kann der Betroffene von den Erinnerungen überwältigt werden. Die Verleugnungsphase zeichnet sich v.a. durch Aufmerksamkeitsminderung, Schlafstörungen, Amnesie, dem Gefühl der inneren Leere und raschem Wechsel zwischen Lethargie und Übererregtheit aus. Die intrusive Phase ist dagegen durch sich aufdrängende Gedanken, starke Emotionen, pseudohallozinationen und Alpträume gekennzeichnet, die alle um das Missbrauchserlebnis kreisen. Die Aufgabe des Therapeuten ist nun dem Patienten eine Generalisierung bezüglich der Kognitionen und der körperlichen Wahrnehmungen die das Ereignis betreffen herzustellen.

2.3.1.4 Umgang mit der Missbrauchsdichotomie Briere führte den Begriff „Missbrauchsdichotomie“ oder auch „Dialektik des Traumas“ ein, was soviel bedeutet, dass die Opfer von Traumata die Tendenz aufweisen die Ursachen der Misshandlung in schwarz- weiß Termini zu betrachten und somit entweder sich selbst oder den Täter abwechselnd als schlecht anzusehen. Obwohl der DBT Therapeut immer auf Seiten des Opfers steht, darf er nicht den Fehler begehen den Täter zu beschuldigen, da dies häufig dazu führt, dass er vom Opfer gegenüber dem Therapeuten verteidigt wird. Aufgabe des Therapeuten ist es hier eine Akzeptanz der mitweilen gegensätzlichen Gefühle auf Seiten des Opfers herbeizuführen, sprich dass Opfer soll lernen mit den divergenten Emotionen und Kognitionen die es bezüglich des Täters hat umzugehen. Die Gefahr dabei besteht natürlich darin, dass der Betroffene diese Vorgehensweise als Entschuldigung für das Verhalten des Täters missverstehen kann. Deshalb muss der Therapeut den Patienten immer wieder darauf aufmerksam machen, dass eine Akzeptanz der Geschehnisse keinesfalls als Billigung des Missbrauchs zu verstehen ist.

3. Die Behandlungsstrategien Als Basis für die Behandlungsstrategien der DBT wird eine trag- und interaktionsfähige Beziehung zwischen Therapeut und Patient verstanden, auf welche man sich stützen kann um die pathologischen Verhaltensmuster der Patienten in ihrem Sinnzusammenhang zu verstehen, die Wiederholungen der maladaptiven Verhaltensweisen der Patienten zu reduzieren und um neue Verhaltensalternativen zu vermitteln. Erlernt werden diese alternativen Verhaltensweisen zum einen im therapeutischen Kontext und zum anderen in den Alltagssituationen der Betroffenen. Aus diesem Grund fungiert der Therapeut in der einen Situation als aktiver Beziehungspartner und in der anderen als unterstützender „Coach“. M. Linehan unterscheidet zwischen sog. Basisstrategien, die in der Therapiephase selbst Anwendung finden und die therapeutische Einstellung der DBT Therapeuten wiederspiegeln, und spezifischen Strategien, die den jeweiligen Problembereichen zugeordnet sind. Im Folgenden werden nun beispielhaft einige Strategien der Dialektisch- Behavioralen Psychotherapie dargestellt.

3.1 Basisstrategien

3.1.1 Dialektische Strategien M. Linehan sieht es als eins Schlüsselstrategie des Therapeuten an, widersprüchliche Prozesse und Phänomene in den Mittelpunkt der Therapie zusetzen, da sie der Überzeugung ist, dass eine der signifikantesten Symptome der Borderline- Patienten darin besteht, dass sie nicht mit Widersprüchen umgehen können, sie können es nicht ertragen und leiden deshalb darunter, dass sie in der Veränderung von Verhaltensweisen gehemmt sind. Deshalb ist es in der DBT Aufgabe des Therapeuten immer wieder Wiedersprüche herauszuarbeiten, zu thematisieren bzw. zu aktualisieren. In der Therapie werden Mythen, Metaphern, Geschichten und paradoxe Interventionen gebraucht.

3.1.2 Validierungsstrategien Sowohl emotional als auch auf der Verhaltensebene kann man davon ausgehen, dass sich Borderline- Patienten auf der einen Seit wünschen sich zu verändern auf der anderen Seite aber auch den Wunsch haben sich so zu akzeptieren wie sie sind.

Um mit Borderline- Patienten arbeiten zu können muss man eine validierende Grundhaltung einnehmen. Man muss dem Patienten vermitteln, dass seine Emotionen und Reaktionen aufgrund seines spezifischen Hintergrundes, z.B. Elternhaus, negative Beziehungserfahrungen, auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nachvollziehbar und verständlich sind. Erst nach einer solchen Validierung mit der man den Sinn im Erleben und Verhalten der Patienten herausarbeitet ist es möglich mit dem Patienten auf das Erlernen neuer Fertigkeiten hinzuarbeiten.

3.2 Spezifische Strategien 3.2.1 Kontingenzmanagement In der DBT wird davon ausgegangen, dass Verhalten von den darauffolgenden Konsequenzen bestimmt wird. Kontingenzmanagement bedeutet nun, dass der Therapeut mit positiver bzw. negativer Verstärkung sowie Extinktion arbeitet um das Verhalten der Patienten zum positiven verändern zu können. Ein solches Arbeiten mit Kontingenzen setzt detaillierte, lückenlose Verhaltensanalysen voraus. Am Beispiel von selbstschädigendem Verhalten kann man sehen, dass die maladaptiven Verhaltensweisen der Patienten meist mehrfach unterschiedlich verstärkt werden. Das selbstschädigende Verhalten wird zum einen durch Spannungsreduktion verstärkt (Negativverstärker), dann wird es noch durch das Wiedererleben der Körperwährnehmung verstärkt (Positivverstärker), das Gefühl von Ekel kann als Bestätigung eines negativen Selbstbildes gewertet werden (Positivverstärker) und auch die vermehrte Zuwendung des Therapeuten kann als positive Verstärkung angesehen werden. Ein großes Problem bei der Arbeit mit dem Prinzip des Kontingenzmanagement besteht darin den Patienten davon zu überzeugen, dass sein Verhalten von den darauffolgenden Konsequenzen überhaupt bestimmt wird. Nach Meinung vieler Patienten können sie ihr Verhalten erst dann ändern wenn es ihnen besser geht. In diesem Fall muss man ihnen klar machen, dass ihr sich ihr Verhalten ganz wesentlich auf ihre Emotionen auswirkt, und dass dies dann wiederum auf das Verhalten zurückwirken kann. Um solche Schwierigkeiten nicht noch auszuweiten ist es immer notwendig den Patienten über die Grundlagen der Behandlung aufzuklären und ihm verständlich zu machen, dass nicht er im Falle von aversiven Verstärkern negative Konsequenzen erfährt, sondern sein Verhalten.

Um die Richtige Balance zwischen therapeutischer Zuneigung und dem Einsatz der therapeutischen Beziehung zur Verhaltenssteuerung zu finden ist eine hohe therapeutische Kompetenz und eine gute Supervisionsgruppe von Nöten.

3.2.2 Emotionsexposition In der DBT wird dem Erleben, Akzeptieren und Ausdrücken von situationsangemessenen Emotionen eine hohe Bedeutung beigemessen. Da Borderline-Patienten meist in einer Umgebung aufwuchsen in der sie Gefühle von Ekel und Angst nicht adäquat ausdrücken durften, haben sie nie gelernt mit ihren Emotionen umzugehen. Die Betroffenen reagieren schon auf die kleinsten Auslöser mit einer unangemessenen Heftigkeit an Emotionen, da sie nicht in der Lage sind angemessene Emotionen in den eigentlichen Situationen zu zeigen, so dass sich übermäßige Spannungszustände aufbauen. Als Folge solcher Emotionsvermeidungen können selbstschädigendes Verhalten, aggressive Durchbrüche und auch dissoziative Zustände verstanden werden, die zum Abbau von Spannungen eingesetzt werden. Zur Behebung dieser Defizite werden in der DBT Techniken der Exposition und Reaktionsverhinderung aus der Behandlung von Zwangs- und Angststörungen zur Anwendung gebracht. Um solche Techniken anwenden zu können ist es unabdingbar, dass die therapeutische Beziehung tragfähig genug ist um eventuell auftretende TäterOpferbeziehungen die der Patient in der Therapie wiedererlebt überstehen zu können. Und nur dann wird sich der Patient überhaupt darauf einlassen sich schmerzhaften Emotionen auszusetzen und nicht auf sein breites Repertoire an Vermeidungsstrategien zurückzugreifen. Es müssen spezielle Techniken angewandt werden um den Patienten auf das gegenwärtige Erleben zu fokussieren, deshalb muss man v.a. auf die Möglichkeit von selbstverletzendem Verhalten nach der Therapiesitzung achten.

3.2.3 Kognitive Umstrukturierung Der Schwerpunkt bei diesem Prinzip liegt darauf, dass adäquate Kognitionen sowohl validiert als auch verstärkt werden. Dies ist besonders wichtig, da rigide kognitive Schemata bei Borderline- Patienten als besonders relevante Symptomatik gelten, und das Leugnen adäquater Emotionen und fehlerhafte Kognitionen in Bezug auf die traumatischen Erfahrungen der Betroffenen als Entstehungsbedingungen der Borderline-Persönlichkeitsstörung gelten.

Dennoch sollte man den Einsatz unangemessener Kognitionen auch immer auf dem Hintergrund der Lebensumstände und biographischen Erfahrungen der Betroffenen sehen, denn in diesem Kontext könnten sie als Überlebensstrategien eines Opfers von traumatischen Erfahrungen verstanden werden.

4. Literaturverzeichnis Kernberg, O. F. , Dulz, B.,& Sachsse, U.(2000). Handbuch der Borderline- Störungen. Stuttgart: Schattauer

Bohus, M., Berger, M. (1996).Die Dialektisch- behaviorale Psychotherapie nach M. Linehan.(Ein neues Konzept zur Behandlung von Borderline Persönlichkeitsstörungen). Nervenarzt (1996) 67:911-923. Berlin: Springer

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