Was uns auf den Magen schlägt – und was dagegen hilft

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Gesundheitswissenschaften
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I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l

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Was uns auf den Magen schlägt – und was dagegen hilft Sodbrennen, Magenkrämpfe, Übelkeit – unser Magen ist ein sensibles Organ. Er reagiert auf schlechte Essgewohnheiten, Infektionen oder Stress mit Schleimhautentzündungen, Magenkrämpfen oder sogar Magengeschwüren. Jeder Dritte leidet gelegentlich unter Sodbrennen. Während manche das Brennen hinter der Brust nur nach zu starkem Kaffee oder fettem Essen spüren, ist es für viele ein ständiger, unangenehmer Begleiter. Um die genauen Ursachen herausfinden und behandeln zu können, sollte man sich bei länger anhaltenden Beschwerden gründlich untersuchen lassen. Wir haben Prof. Patrick Michl, Gastroenterologe am Universitätsklinikum Halle zu verschiedenen Magenbeschwerden befragt. Frage: Viele haben gelegentlich Sodbrennen, manche werden ständig davon geplagt. Wann raten Sie zu einer Abklärung? Antwort: Sodbrennen ist eine Volkskrankheit, die viele von uns kennen. Es gibt jedoch Patienten, die davon mehrfach täglich gequält werden und in ihrer Lebensqualität deutlich beeinträchtigt sind. Wenn das Sodbrennen regelmäßig über mehrere Jahre auftritt, dann sollte man eine weitere Abklärung machen. Das gilt auch, wenn gleichzeitig Schmerzen oder Schwierigkeiten beim Schlucken oder gar ein unfreiwilliger Gewichtsverlust oder eine Blutarmut auftreten.

Frage: Das Brennen hinter der Brust kennt jeder. Wie macht sich Sodbrennen noch bemerkbar? Antwort: Neben dem typischen Sodbrennen kann die Säure, die nach oben gelangt, auch Beschwerden verursachen, bei denen man nicht gleich an die Speiseröhre denkt. Zum Beispiel bei Heiserkeit, Reizhusten oder Asthmaanfällen. Gelegentlich kann die Säure auch richtige Schmerzen hinter dem Brustbein verursachen, bei denen schwer zu unterscheiden ist, ob sie von der Speiseröhre oder sogar vom Herz kommen. Frage: Sodbrennen ist sehr unangenehm, ist es auch gefährlich? Antwort: Das Sodbrennen an sich ist in den meisten Fällen nicht gefährlich. Aber es kann gelegentlich zu Entzündungen in der Speiseröhre führen, die bei jahrelangem Bestehen auch zu chronischen Veränderungen in der Speiseröhre führen können, die im schlimmsten Falle auch zu einer Krebsentstehung führen können. Deshalb empfiehlt man bei Refluxbeschwerden, die über mehrere Jahre bestehen, eine Magenspiegelung durchzuführen, um diese Schleimhaut1

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veränderungen nachzuweisen beziehungsweise auszuschließen. Frage: Was sind die Ursachen für Sodbrennen? Antwort: Der Grund liegt bei einer Schwäche des Schließmuskels zwischen Speiseröhre und Magen. Das führt dazu, dass die Magensäure vom Magen, wo sie hingehört, nach oben in die Speiseröhre gelangen kann. Diese Schließmuskelschwäche wird oft begünstigt durch Übergewicht, was zu einer Druckerhöhung im Bauchraum führt oder auch durch zu enge Kleidung (beispielsweise einen zu engen Gürtel), die den Mageninhalt nach oben drückt. Der zweite Faktor neben der Schließmuskelschwäche ist die Magensäure. Die produziert der Körper zur Verdauung, aber körperlicher Stress oder falsche Ernährung kann die Säureproduktion noch steigern. Einige dieser Faktoren kann man als Betroffener beeinflussen, wie durch Gewichtsreduktion bei Übergewicht, Kissen unter den Kopf bei nächtlichem Sodbrennen, Vermeidung von Mahlzeiten am späten Abend und Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel. Frage: Es gibt auch viele Medikamente, die uns gründlich auf den Magen schlagen und Magengeschwüre oder Magenblutungen auslösen können. Welche sind das? Antwort: Ganz überwiegend sind das heutzutage Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclofenac, die über eine Veränderung der Durchblutung der Magenschleimhaut das Risiko für ein Magengeschwür erhöhen können. Darüber hinaus können viele gerinnungshemmende Medikamente wie ASS oder Marcumar/Falithrom, die für viele Patienten mit Herzerkrankungen ganz wichtig sind, das Risiko für Blutungen im Magen erhöhen. Frage: Hinter einem Magengeschwür steckt in 60 Prozent der Fälle ein Keim, der die Schleimhaut im Magen angreift, der Helicobacter pylori. Womit kann man ihm zu Leibe rücken?

Antwort: Man muss dazu sagen, dass die Häufigkeit von Helicobacterinfektionen in Mitteleuropa durch verbesserte Hygienebedingungen in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Trotzdem ist der Helicobacter immer noch eine wichtige Ursache von Magen und Zwölffingerdarmgeschwüren. Wenn man ihn festgestellt hat, dann gibt es eine relativ einfache Behandlung, die aus zwei Antibiotika und einem Säureblocker besteht. Allerdings haben wir momentan – wie in anderen Bereichen der Medizin auch – das Problem, dass es zunehmend resistente Helicobacter-Stämme gibt, das heißt, Bakterien, denen die Standard-Antibiotikatherapie nichts antun kann. Deswegen ist es wichtig, nach einer solchen Therapie den Behandlungserfolg vier bis acht Wochen später zu überprüfen, mit einem einfachen Atemtest. Wenn der Helicobacter dann noch immer da ist, muss man mit anderen Antibiotika einen neuen Versuch starten. Frage: Häufig steckt hinter Magenproblemen auch einfach nur zu viel Stress. Was raten Sie Ihren Patienten, wenn Sie merken, dass Stress der Auslöser für die Beschwerden ist? Antwort: Es kommt gar nicht selten vor, dass man bei der medizinischen Abklärung nichts Gravierendes findet, die Patienten aber trotzdem immer wieder unter Schmerzen in der Magengegend leiden. Oft geht dies einher mit körperlichen oder psychischen Belastungssituationen. Ich denke, ein wichtiger Faktor, den der Arzt beisteuern kann, ist die Beruhigung, dass keine ernsthafte Erkrankung dahintersteckt. Das Wichtigste ist in diesem Zusammenhang, sich für den Patienten Zeit zu nehmen und die Befunde und möglichen Zusammenhänge zu erklären. Dazu müssen natürlich auch manchmal Empfehlungen kommen, den Lebensstil zu ändern, gezielt eine Auszeit zu nehmen, Entspannungstechniken zu versuchen oder auch professionelle Hilfe durch einen Psychologen oder Psychotherapeuten anzunehmen.

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Keine Angst vor einer Magenspiegelung! Waltraud G. steht ihre erste Magenspiegelung bevor. Sie hat schon seit längerem unklare Bauchschmerzen. Bei der Untersuchung soll jetzt die Ursache dafür gefunden werden. Bevor es mit der Spiegelung losgehen kann, wird die 60-Jährige für den kleinen Eingriff vorbereitet. Dazu bekommt sie zunächst ein kleines Schnäppschen, wie der Pfleger es nennt. Es dient zum Entschäumen des Magens. Als nächstes bekommt sie ein Rachenspray, das den Rachen betäubt. Danach darf sie eine halbe bis dreiviertel Stunde nichts essen, weil sie sich dabei verschlucken könnte. Die lokale Betäubung unterbindet den Würgereflex, wenn das Untersuchungsgerät eingeführt wird. Jetzt kann Dr. Lars Fechner kommen, der Magen-Spezialist, der die Untersuchung durchführt. Waltraud G. hat sich für eine Sedierung entschieden, eine kleine Schlafspritze. Die lässt sie gleich tief einschlafen. Jeder Patient bekommt einen Beißring, damit niemand im Schlaf auf das teure Endoskop beißt. Schon nach einer Minute ist die Patientin im Land der Träume. Dr. Fechner schiebt jetzt das Endoskop über die Speiseröhre bis in den Magen. Mit der Schleimhaut in Speiseröhre und Magen scheint alles in Ordnung zu sein, sie hat eine zartrosa Farbe. Dann geht es bis in den oberen Darmtrakt, den Zwölffingerdarm. Fast einen ganzen Meter schiebt Dr. Fechner das Endoskop in die Patientin. Auch hier scheint auf den ersten Blick alles in Ordnung. Um chronische Entzündungsprozesse oder Magenbakterien sicher auszuschließen, werden mit dem Endoskop Gewebeproben im Magen und im oberen Dünndarm entnommen. Sie werden später im Labor analysiert. Nach nicht einmal fünf Minuten ist die Magenspiegelung beendet. Das, was der Gasteroenterologe durch die Endoskop-Kamera sehen konnte, war unauffällig. Sicherheit

wird die Gewebeuntersuchung bringen zum Ausschluss von Magenbakterien. Keine zwei Minuten später ist Frau G. wieder wach. Eine Magenspiegelung ist nichts, wovor man Angst haben muss, findet die Patientin. Alles ganz harmlos. Die besten Ernährungstipps gegen Sodbrennen und Magenkrämpfe Generell gilt: Man sollte dem Magen nicht zu häufig üppiges Essen aufbürden. Auch fettiges Essen ist eine echte Herausforderung für unsere Verdauung und fordert Höchstleistungen. Danach unbedingt eine längere Pause von mindestens vier Stunden einlegen. Sodbrennen Meiden Sie Speisen, die die Säureproduktion zusätzlich ankurbeln. Das sind vor allem Scharfmacher wie Meerrettich, Senf, Chili, Ingwer, Knoblauch, Pepperoni und Pfeffer. Auch fettes Fleisch und Wurst fördern die Säureproduktion. Viele glauben, dass vor allem säurehaltige Lebensmittel dem Magen schaden, doch das Gegenteil ist der Fall: Besonders sauer reagiert unser Magen auf Süßes wie Kuchen, Pudding, Kompott, sehr süßes Obst, Schokolade, Kekse und Co., Zucker ist ein sogenannter Säurelocker, regt also die Säureproduktion an. Auch Tomaten und Tomatenketchup befördern Sodbrennen. Gleiches gilt für Alkohol. Gesund sind Stoffe, die die Magensäure binden und die Verdauung fördern, vor allem basische Lebensmittel wie Kartoffeln und viele Gemüse, aber auch Haferflocken und eiweißreiche Lebensmittel wie mageres Fleisch und Fisch. Achten Sie auf eine reichliche Ballasstoffzufuhr, was die Verdauung zusätzlich ankurbelt. Die meisten Gemüse, aber auch Trockenfrüchte und Saaten unterstützen den Verdauungsprozess.

Es klingt widersprüchlich, aber es hilft tatsächlich: Ein Glas stilles Wasser mit einem Teelöffel Zitronensaft reguliert die Säureproduktion, weil die Zitrone im Körper basisch wirkt.

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Neben der Magensäure ist vor allem die Muskelbewegung von Speiseröhre und Magen wichtig für eine gesunde Verdauung. Die Bewegung der Speiseröhre kann man zum Beispiel durch das Kauen von (mildem) Kaugummi fördern. Das regt außerdem die Speichelproduktion im Mund an, was auch dabei hilft, die Verdauung im Magen zu unterstützen. Magenkrämpfe Vorbeugend gegen Magenkrämpfe sollte man alles meiden, was stark bläht oder schwer verdaulich ist, zum Beispiel Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen oder Linsen. Auch Zwiebeln, Vollkornbrot und fettes Essen machen dem Magen zu schaffen und sollten in dem Fall lieber gemieden werden. Mageres Fleisch, Eier, Fisch und gegartes Gemüse sind leichter verdaulich. Kräutertees wie Fenchel- oder Anistee und Gewürze wie Kümmel entspannen den Magen. Auch hier gilt: auf Scharfes, Fettiges und Süßes lieber verzichten, gegartes Gemüse essen, Mineralwasser ohne Kohlensäure trinken, auf Alkohol und Zigaretten verzichten Atmen gegen Magenkrämpfe Magenkrämpfe, Sodbrennen, Bauchschmerzen – kann man diese Symptome mit Yoga einfach weg atmen? Ja, behauptet Physiotherapeutin Gitte Baumeier. Sie hat gute Erfahrungen damit gemacht. Stress war der Hallenserin auf den Magen geschlagen. Und das ist gar nicht so selten. Kristian Bettke, Yogalehrer aus Halle, kennt viele solcher

Fälle: „Weil der Bauchraum eine empfindliche Zone ist, die auf Stress reagiert. Und man kann nicht mehr in den Bauch atmen, er ist zugeschnürt, blockiert.“ Yoga steuert dem Stressmagen mit speziellen Atemübungen entgegen. Wer tief ein- und ausatmet, bringt das Zwerchfell in Bewegung. Der Magen direkt darunter schwingt dann wellenartig im Rhythmus der Atmung mit. Die Eigenbewegung des Magens und die Verdauung kommen somit besser in Schwung, Verspannungen lösen sich. Viele Yogaübungen zielen darauf ab, zu einer natürlichen tiefen Atmung zurückzukehren. Aber das gelingt nicht von heute auf morgen. Gitte Baumeier musste sich an die tiefen Atemzüge erst langsam herantasten: „Am Anfang, als es ganz schlimm war, musste ich das aber wirklich vorsichtig machen – so mehr in Annäherung des Bauches, also eben im Sitzen. Und dann wurde das aber immer lockerer.“ Viele Atemübungen macht Gitte Baumeier jetzt zur Entspannung zu Hause. Zum Beispiel diese: Beim Ausatmen zuerst den Bauch senken und danach den Brustkorb. Beim Einatmen soll sich erst der Brustkorb heben und dann der Bauch. Wichtig ist, dass das in den Alltag einfließt. Also umso öfter man das macht, umso mehr automatisiert sich das und diese normale Atmung kommt wieder ganz normal ins Spiel. Ihre Magenprobleme konnte Gitte Baumeier so im wahrsten Sinne des Wortes weg atmen. Also: Einfach mal ausprobieren, es lohnt sich!

Bedrohlicher Speiseröhrenverschluss Es ist Freitagabend. Nach einer stressigen Woche will sich Thomas W. zu Hause nur noch entspannen und mit seiner Familie im Garten grillen. Doch aus dem entspannten Abend wird nichts. Schon nach ein paar Bissen kann er nicht mehr schlucken. Irgendetwas scheint in der Speiseröhre fest zu stecken. Er denkt, er habe habe zu schnell gegessen oder zu hektisch oder beim Essen geredet. Er versucht den Brocken herunter zu spülen. Doch es hilft nicht. Sein Magen scheint irgendwie komplett verschlossen zu sein. Er spürt ein schmerzhaftes Druckgefühl. Als der Würgereiz und die Schmerzen anhalten, ruft seine Frau den Notarzt. Das Druckgefühl in der Brust, die Schmerzen – was ist die Ursache? Ist es am Ende das Herz? Der 44-Jährige wird in die Notaufnahme des Uniklinikums Halle gebracht. Blutuntersuchung, EKG und dann die Entwarnung: das Herz ist völlig in Ordnung. Als nächstes muss Thomas W. zur Magenspiegelung. Unter Vollnarkose wird die Speiseröhre begutachtet. Die sieht gut aus, der Brocken scheint sich aufgelöst zu haben. Auch der Magen ist in Ordnung. Es findet sich kein Hinweis für einen Tumor im Magen oder der Speiseröhre. Insgesamt ist alles normal. Fünf Tage bleibt Thomas W. im Krankenhaus bis schließlich eine Röntgenaufnahme Aufschluss bringt. 4

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Das Kontrastmittel, das die Speiseröhre runterrutscht, zeigt eine Verzögerung am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen. Das Kontrastmittel kommt nicht weiter, es staut sich. Der Schließmuskel, der normalerweise die Speise von der Speiseröhre in den Magen geleiten sollte, verkrampft sich. Und das führt dazu, dass die Speise nicht richtig in den Magen gelangt. Hier kann nur eine Operation Abhilfe schaffen.

Gäste im Studio Prof. Patrick Michl, Gastroenterologe Universitätsklinikum Halle Sabine Neuweiler, FÄ für Allgemeinmedizin, Naturheilkunde, Ayurveda, Berlin

Buchtipp Gesunde Ernährung bei Hauptsache Gesund. Die 100 besten Rezepte aus den vergangenen Jahren. Von Frühstücksrezepten über herzhafte Gerichte bis hin zu süßen Leckereien. „Hauptsache Gesund. Das Kochbuch. 100 gesunde Rezepte für jeden Tag" ISBN: 978-3-86244-756-5, 19,99 Euro, Christian Verlag, 224 Seiten. Erhältlich im Buchhandel und im MDR-Shop. Anschrift/ Thema der nächsten Sendung MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“ Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund; E-Mail: [email protected] Sendung vom 11.06.2015: „Wenn Nahrung krank macht“

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