WB-Gruppen aus onomasiologischer Sicht

January 16, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Schreiben, Grammatik
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ROSTISLAV NĚMEC

Wortbildung (WB): 1) Gegenstand der Wortbildungslehre. Das Wort als sprachliche Einheit. Morpheme. 2) Arten der Wortbildung. Kombination, Konversion, Kürzung – Übersicht. 3) Wortbildung des Substantivs. Kompositum, Fugenzeichen, Kompositionsmetaphern. 4) Wortbildung des Substantivs. Explizite und implizite Derivation. Wortbildungsgruppen aus onomasiologischer Sicht. 5) Wortbildung des Substantivs: Kurzwortbildung, Abkürzungen. 6) Wortbildung des Substantivs: Augmentation, Diminution, Movierung, Kollektion. 7) Wortbildung des Adjektivs: Komposition u. Derivation, v.a. Suffigierung (-bar, haft, -en/-ern, -er, -ig, -isch, -lich, -sam). 8) Wortbildung des Adjektivs: Lehnsuffixe (-all/-ell), Halbsuffixe (-los, -frei, -reich, mäßig/-gemäß, -voll, -arm), Affix-Negation. 9) Konversion bei Substantiven, Adjektiven u. Verben. 10) Wortbildung des Verbs: Semantische Muster, Komposition und die neue Rechschreibreform. 11) Derivation des Verbs – v.a. Präfixe u. ihre syntaktisch-semantische Funktion. 12) Doppelförmige Verben, syntaktisch-semantische Reflexe. 13) Entwicklungstendenzen der deutschen Wortbildung bei Substantiven, Adjektiven und Verben. Fachliteratur: Fleischer, Wolfgang & Barz, I.: Wortbildung der dt. Gegenwartssprache. 2. Aufl. Tübingen 1995 Glück, Helmut & Sauer, W.W.: Gegenwartsdeutsch, 2.überarbeitete u. erweiterte Aufl. Stuttgart, Weimar 1997 (6. Kapitel) Schippan, Thea: Lexikologie der dt. Gegenwartssprache. Tübingen 1992 Wenrich, H.: Textgrammatik der dt. Sprache. Mannheim 1993 Duden: Grammatik (WB und Wortschatz) Erben, J.: Einführung in die dt. Wortschatzlehre, 3. Aufl. Fleischer, Wolfgang: Phraseologie der dt. Gegenwartssprache Gegenstand: Wortbildung ist neben der Phraseologie ein Teil der Lexikologie. Unter der WB verstehen wir die Bildung neuer Wörter aus vorhandenen Elementen nach Mustern und Modellen. Gegenstände der Wortbedeutungstheorie: a) vorhandenes Inventar an WB-Mitteln b) Prozesse der WB (die benutzten Muster u. Modelle) c) Resultate der WB-Prozesse = WB-Konstruktionen Die Sprache ist ein System von sprachlichen Zeichen; in der WB sind Zeichen die Wörter. 1) Struktur des Wortes als sprachlicher Einheit Wörter sind reproduzierbare Einheiten aus Formativ (=die materielle Basis; Phoneme, Morpheme) und Bedeutung. Die als solche fixiert, gespeichert und für die Bildung von Sätzen und Texten reproduziert werden. Mit der Bedeutung werden sie durch die Regeln der Verwendung gespeichert. Neben den grammatischen Merkmalen steht das Wort als semantische Einheit. Es hat benennende oder bezeichnende Funktion. Das trifft aber nicht für alle Wörter zu, wie z.B. bei Konjunktionen und Präpositionen, bei

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denen die Bedeutung erst im Redezusammenhang erscheint, denn sie stellen Beziehungen zw. sprachlichen Einheiten her. Man unterscheidet daher: Autosemantika: lexikalische Wörter; selbstständige, begriffliche, bedeutungstragende Einheiten (Substantiva, Adjektiva, Personalpronomina, Verba). Systemsemantika: grammatische Wörter; oder Funktionswörter – dienen der Organisation des Textes (Präpositionen, Konjunktionen – sie erscheinen nicht allein, Relativpronomina) 2) Struktur des Wortes als phonologischer Einheit Das dt. Wort besteht aus mindestens 2 Phonemen. Die morphologische Gestalt des Wortes ist durch die Gliederung der Morpheme zu erfassen. Die Morpheme unterscheiden sich nach ihrer Funktion u. ihrer Bedeutung. Zwei Hauptgruppen der Morpheme: 1. freie Morpheme a. lexikalische Basismorpheme o. Grundmorpheme – einfache Wörter, wie: Vater, blau b. deiktische Morpheme – manche Pronomina, z.B. der, Adverbien, z.B. dort „Wörterchen“ sind situationsabhängig, haben eine konkrete Bedeutung und eine konkrete Situation - auch zeitliche Begriffe, z.B. heute, gestern 2. gebundene Morpheme – immer an etwas gebunden a. WB-Morpheme – Präfixe, Suffixe b. Flexionsmorpheme „grammatische Morpheme“, Endungen; eine grammatische Form des Wortes, rein neues Wort Morpheme

Freie Funktionswörter grammatische Bedeutung

Gebundene

Basismorpheme lexikalisch begriffliche Bedeutung z.B. alt, neu,...

WB-Morpheme lexikalisch-gram. Bedeutung z.B. Suffixe

Grammatische Morpheme grammatische Bedeutung drücken verchiedene gram. Kategorien aus z.B. der Umlaut

Additiv

vorgestellt

nachgestellt

diskontinuierlich (Präfix, Suffix)

Unikale Morpheme – kommen nur einmal (in einer Verbindung) vor; sie können keine anderen Wörter bilden, z.B. Brombeere, Himbeere,... Leere Morpheme (Morphe) – die Fugezeichen, die Verbindungselemente in der Zusammensetzungen, z.B. Schönheitskönigin, Kinderbett – diese Morphe haben allerdings keine semantische Funktion, sie sind leer. Sie dienen nur zur besseren Aussprache. Es ist aber nicht immer wahr, dass das Morphem leer ist und dass es keine semantische Funktion hat, z.B. Landmann (vesničan) x Landsmann (krajan); Landeswährung, Länderspiel, Landebahn, Landeskunde; Wassernot (nedostatek vody) x Wassernot (potopa)¤ Die Zahl der einzelnen Morpheme ist unterschiedlich:  viele Basismorpheme – als Basis für die Bildung neuer Wörter  Flektionsmorpheme – in ihrer Anzahl begrenzt (63 im Deutschen)  die anderen sind unbegrenzt; sie sind manchmal polyfunktionell = haben verschiedene grammatische Bedeutungen, wie das Morphem „er“: Komparativ (schöner), Plural (Bilder), WB-Suffix der Substantiva (Maler).

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WB-Arten 1) Kombination Zusammensetzung (Komposition) – das Ergebnis ist ein Kompositum, das gebildet wird durch: a) freie Grundmorpheme: z.B. Leserbuch, Grundschule b) aus Konfix + Grundmorphem: (Konfix = gebundenes Grundmorphem) fremde Wörter, die im Deutschen nur als Ersatz dienen, sind also nicht selbständig: z.B. Biologie früher als Einzelwort existierende Wörter, heute jedoch bloß ein Teil eines Kompositums sind, z.B. Schwiegermutter, -vater,... c) aus zwei Konfixen – entlehnte Wörter, z.B. Diskothek, Bibliothek; beide Teile des Kompositums können entweder in einer Beziehung von Unter- / Überordnung stehen: Determinativkomposita (Subordination) x Kopulativkomposita (Beiordnung); im Deutschen gibt es v.a. Determinativkomposita, d.h. dass das Grundwort von einem Bestimmungswort näher bestimmt wird oder semantisch spezifiziert, z.B. Großstadt, rotweiß, taubstumm Ableitung (Derivation) Affixableitung = Präfixe + Suffixe Suffigierung = Suffixbildung Präfigierung = Präfixbildung Präfix-Suffix-Ableitung (Mischtyp) Zusammenbildung = Mischtyp von Zusammensetzung und Ableitung, z.B. ein-äug-ig, Drei-mast-er (trojstěžník) Reduplikation (Iteration) – z.B. ping-pong Wortkreuzung – Mischtyp von Zusammensetzung und Kürzung, z.B. das Moped = der Motor + das Pedal 2) Konversion (Wortwechsel) – der Wechsel eines Wortes in eine andere Wortart, z.B. der Hamster -> hamstern (Verbalisierung), die Klasse -> klasse (Hose) (Adjektivisierung), ich -> das Ich, hurra! -> das Hurra (beide letztere Beispiele = Substantivierung). Zur Konversion gehört auch die Zusammenrückung = Konversion mehr als eines Morphems; eigentlich die syntaktische Transposition einer Wortgruppe, z.B. sein Dankeschön, das Von-der-Hand-in-den-Mund-Leben 3) Kürzung – nach dem grammatischen Verhältnis zw. Vollform und Kurzform sind zu unterscheiden: a) Kurzwörter (zkratková slova) Kopfformen – der Anfang (d.h. der Kopf) ist geblieben, z.B. der Ober keine Art Gesicht, sondern eine Art Person)  exozentrische Komposita – die Basis entspricht nicht der Bedeutung, z.B. Hasenfuß, Geizkragen, Faulpelz, Habenichts, Pechvogel Semantische Eigenschaften der Komposita Es betrifft v.a. die Determinativkomposita, aber die spezielle Beziehung der zwei Konstituenten kann nur durch die Paraphrasierung explizit erläutert werden, Konst. G B Konst. Beispiele: Sonnenschutz (Schutz gegen die Sonne), Kopfschutz (S. für den Kopf), Plastikschutz (S. aus Plastik), Kindergeschrei (die Kinder schreien; Subj. + Präd.), Kinderbetreuung (man betreut Kinder; Präd. + Obj.), Österreichreise (man reist durch/in/nach Österreich; Lokal-AB), Schlafbedürfnis (es bedarf des Schlafes; Präd. + Obj.) Derivation (Ableitung) 1) explizite Derivation – man unterscheidet das freie Morphem (Basis) und Affixe (Präfixe, Suffixe oder deren Kombination).  Suffixderivation – Domäne von Substantiven u. Adjektiven  Präfixderivation – mst bei Verben Derivationsbasis – entweder ein einfaches Wort oder eine Wortgruppe (z.B. „breite Schulter“ kann die Derivationsbasis für „breitschultrig“ sein => Zusammenbildung). Die Derivationsbasen sind auch phraseologische Wortgruppen (z.B. in Betrieb setzen -> die In-Betrieb-Setzung). 2) implizite Derivation – Prozesse deverbalen Derivation von Substantiven (aus einem Verb wird ein Substantiv), die ohne Anwendung von Affixen erfolgt, hingegen jedoch mit einem Stammvokalwechsel (Stammalternation). Die Derivation wird durch die Stammalternation implizit indiziert. Die Stammalternationen sind heutzutage nicht mehr produktiv, hängen allerdings historisch mit Ablaut u. Umlaut zusammen (z.B. fliegen – der Flug, schieben – der Schub).

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Konversion (Nullableitung; Affix in Form eines Nullallomorphes). Es handelt sich um eine syntaktische Transposition von Wörtern oder Wortgruppen ohne Stammvokalveränderung oder Affigierung, z.B. hoch – das Hoch, laufen (-en = Flexionsmorphem) = das Laufen, der Lauf, eine Hand voll = die Handvoll (Zusammenrückung) Wortkreuzung Es ist eine von der normalen Komposition abweichende Verschränkung (zkřížení) von lexikalischen Einheiten. Ein Mischtyp von Zusammensetzung u. Kürzung, z.B. überwiegen – vorherrschend => vorwiegend, der Affe – abenteuerlich => affensteuerlich, ja – nein => jain, der Motor – das Pedal => das Moped, der Motor – das Hotel => das Motel, the smoke – the fog => der Smog, Stagnation – Inflation => Stagflation usw. Reduplikation (Verdoppelung, Iteration) Eine elementare Art von Worterzeugen durch die Verdoppellung einer Konstituente. Typisch für Kinder- o. Umgangssprache, z.B. die Mama, der Papa, der Bonbon. Reimdoppelungen – z.B. Remmidemmi (lauter Betrieb) Ablautverdoppelungen – z.B. das Pingpong, piff-paff, zick-zack. Substantiv Hauptteil des Wortschatzes (50-60%) einige Modelle aus onomasiologischer Sicht Onomasiologie (Bezeichnungslehre) – von der Benennung; nach dem Griechischen „onoma“ = Name Semasiologie (Bedeutungslehre) – z.B. „Was bedeutet das Wort ‚Haus’?“; nach dem Griechischen „sema“ = Zeichen; alphalogische Wörterbücher sind nach diesem Prinzip geordnet. Wortbildungsgruppen aus der onomasiologischen Sicht: a) NOMINA ACTI – bezeichnen das Ergebnis einer Handlung, z.B. Bildung b) NOMINA ACTIONIS – Handlung oder Prozess, z.B. das Spielen c) NOMINA AGENTIS – Personenbezeichnungen für den Träger einer Handlung, z.B. Forscher d) NOMINA PATIENTIS – Personenbezeichnungen für denjenigen, auf den sich eine Handlung erstreckt, z.B. Prüfling e) NOMINA QUALITATIS – Eigenschaftsbezeichnungen, z.B. Klugheit, Güte f) NOMINA INSTRUMENTI – Gerätebezeichnungen, z.B. Schalter, Hebel g) NOMINA LOCI – Ortsbezeichnungen, z.B. Bäckerei h) KOLLEKTIVA – zusammenfassende Bezeichnung für eine Gruppe als Einheit, z.B. Studentenschaft i) SOZIATIVA – Bezeichnung des Einzelnen nach seiner Beziehung zu einem anderen, z.B. Gehilfe, Mitschüler WB und Komposition Kopulativkomposita Sie sind in ihrer Produktivität eingeschränkt. Sie finden sich am ehesten in Berufs- u. Fachsprachen, z.B. in der Chemie (Chlorwasserstoff), weiter in der Modebranche als einer Art von Benennung von Kleiderstücken (Hosenrock, Rockhose, Kostümkleid), auch in der

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Zeitungssprache für die Benennung von Doppelrollen bestimmter Personen (Arzt-Geologe, Dichter-Übersetzer). Typisch für die Kopulativkomposita ist die Gleichordnung beider Glieder. Determinativkomposita Bei Substantiven ist es typisch, dass als Grund- o. Bestimmungswörter auch Zusammensetzungen auftreten => verschiedene Strukturtypen, z.B. ArmBand+Uhr => Armbanduhr, Reise+SchreibMaschine => Reiseschreibmaschine, DurchLuft + BremsZylinder => Durchluftbremszylinder. Dekomposition Diesen Termin hat schon JACOB GRIMM in die WB eingeführt als Bezeichnung für mehr als zweigliedrige Komposita (z.B. die Armbanduhr); dieselbe Auffassung findet sich auch bei ERBEN. Aber in der WB von FLEISCHER/BARTZ werden unter Dekomposita Lockerungserscheinungen verstanden, d.h. ein der Komposition entgegenlaufender Prozess, z.B. die Eliminierung des gleichen Kompositumbestandteiles in Reihen von Wörtern, z.B. der Hol- und Bringedienst => sog. semantische Dekomposition bei der Kurzformen, z.B. Platte – Schallplatte, Ring – Fingerring. Metaphern Manchmal entstehen Kompositionsmetaphern, die differenziert zu betrachten sind: 1) Kopfbahnhof, Sackgasse, Schmutzliteratur => das erste Glied (Bildspender) bildet die Metaphorik 2) Beifallssturm, Informationsflut => das zweite Glied (Bildspender), das erste Glied kann ohne Metaphorik für das Ganze stehen, was für die Determinativkomposita nicht gewöhnlich ist. 3) Augenblick, Fuchsschwanz => exozentrisch, als Ganzes metaphorisiert 4) Pechvogel, Bücherwurm => Possessivkomposita = exozentrische Zusammensetzungen mit metaphorischen Tier. oder Gegenstandsbenennungen Fugenzeichen Verbindungsstellen von Zusammensetzungen, Ableitungen; es sind erstarrte Flexionsendungen syntaktischer Fügungen, z.B. der Bundeskanzler. Manchmal auch als Interfix oder als leeres Morph, weil die Fugenzeichen prinzipiell semantisch leer sind (allerdings nicht zu 100%), z.B. Landeswährung, Länderspiel. Es gibt auch fugenlose Zusammensetzungen, z.B. Musiklehre, Autofahrer. Der Gebrauch von Fugenzeichen ist nicht fest im Sinne einer Normierung. Der Sprachgebrauch regelt selbst, welche Form bevorzugt wird. Augmentation Hervorhebung, Opposition zu der Diminution (im Dt. Suffixe –chen, -lein). Zur Augmentation jedoch die Suffixe fehlen. Diese Aufgabe nehmen kompositionelle Erstglieder ein. Hochproduktiv ist das Modell mit „riese(n)-„ z.B. Riesenfreude, der Riesenskandal. Wir können auch stark emotionelle Glieder aus der Jugendsprache, z.B. Bombenerfolg, Bombenreklame, Heidenangst, Bullenhitze – erwähnen. Jene Hervorhebung heißt Verstärkung und ist schließlich mit einer Wertung als positiv (+) o. negativ (-) verbunden, z.B. Luxuswohnung (+), Traumvilla (+), Mistwetter (-), Dreckarbeit (-). Erstglieder sind Substantive o. Adjektive (auch im Komparativ o. Superlativ), z.B. Großaktion, Hochkonjunktur, Vollbeschäftigung, Mehrwert, Mehrbedarf, Höchstpreis, Bestarbeiter.

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Ableitung (Derivation) Einige Theorien besagen, Wortbildungsarten seien wie folgt: (nach DUDEN, ERBEN) a) Zusammensetzung b) Ableitung (Präfix- u. Suffixbildung) c) Konversion (nach FLEISCHER) a) Komposition (Zusammensetzung) b) Ableitung (Suffixbildung, Ableitung mit Nullsuffix = Konversion) c) Präfixbildung Welche Gründe liegen zugrunde, dass die Präfigierung als selbstständig steht? Unterschiede zwischen der Präfix- und Suffixvariation: 1) Präfixe haben keinerlei Einfluss auf die Wortklasse, z.B. (ver)suchen, (Un)Ordnung, Suffixe hingegen durchaus, z.B. senden – Sendung, frei – Freiheit. 2) Präfixe können in mehreren Wortarten vorkommen, z.B. Anzug, anziehen, anzüglich (jízlivý, uštěpačný) 3) Präfixe können den Akzent tragen => man unterscheidet betonte und unbetonte Präfixe Explizite Derivation Mit der Affixbildung (d.h. Präfix- u. Suffixbildung) wird ein neues Wort gebildet. Man unterscheidet Basiswörter (einfache Basen) u. abgeleitete Wörter und je nach der Wortart der Basis werden die abgeleiteten Wörter bezeichnet als Deadjektiva, Desubstantiva, Deverbativa (Substantivierung, Verbalisierung). Bei der Ableitung spricht man von den sog. Ableitungsserie (Entwicklungsserie) – z.B. sehen – Sicht – sichtbar – Sichtbarkeit. Man spricht auch von der Korrelation. Zu einem werden einem Wortstamm verschiedene Suffixe angehängt und so entstehen neue Wörter, z.B. erklärbar – erklärlich (eine Korrelation, da die Suffixe nicht konkurrieren, sondern sie tragen dieselbe Bedeutung). Ein semantischer Unterschied gibt es, z.B. kindisch (dětinský) x kindlich (dětský), goldene Uhr x goldiges (milé) Kind, gewaltsame Unterdrückung x gewaltiges Bauwerk Lehnsuffixe Aus dem Französischen u. Lateinischen übernommen, z.B. die Suffixe –al, -ell – unterschiedliche Bedeutung, z.B. ideal (sehr gut) x ideell (ideální, neslučitelé), original (vom Autor) x originell (unikal), formale (Probleme) x formelle (Verabschiedung). In Zusammensetzungen – nur –al! Z.B. Spezialfach. Bei Adjektiven gibt es zwar 2 Varianten, allerdings ist nur eine von beiden gängig, z.B. adverbial x adverbiell (heute vorwiegend). Andere Lehnsuffixe: -iv, -ant, -esk, -ös, ent, -är, -ar, z.B. effektiv, tolerant, grotesk, religiös, konsequent, familiär, linear; -abel, -ibel (mit derselben Bedeutung wie –bar), z.B. akzeptabel, kompatibel. Halbsuffixe Bei der WB des Adjektivs gibt es Übergänge zw. den WB-Typen, Derivation u. Komposition. Solche Übergänge werden durch Bildungen mit Halbsuffixen abgedeckt. Adjektive, die im anderen Kontext als selbstständige Lexeme (Wörter) vorkommen. Als Ableitungsformen eines adjektivischen Derivates nehmen sie eine abgeschleppte Bedeutung ein. 1) Halbsuffixe zum Ausdruck der Geltung – eine semantische Skala zw. den Polen der Affirmation (Bejahung) u. Negation (Verneinung). a. Affirmation: reich (kinderreiche Familie)

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voll (grauenvolle Szenen) stark (lautstark) kräftig (zahlungskräftige Firma) schwer (schwere Zeit) b. Negation: leer (inhaltsleeres Buch) arm (salzarme Kost) frei (koffeinfreier Kaffee) los (endlos) schwach (geistesschwach) Halbsuffixe der Gleichheit o. Ähnlichkeit getreu (sinngetreue Wiedergabe) gleich (göttergleiche Gestalt) förmig (kugelförmige Gestalt) mäßig (schulmäßiges Verhalten) mäßig/gemäß = sehr produktive Suffixe mäßig – im Zusammenhang, in Bezug auf etw. gemäß – genau entsprechend, wie verlangt – příklady viz papír Halbsuffixe der Einstellung (postoj) Einstellung zur Person, Handlung; wieder eine Skala; in Praxis sehr beliebt. lustig (schreiblustig) froh (lebensfroh) eifrig (arbeitseifrig) süchtig (klatschsüchtig) müde (lebensmüde) faul (denkfaul) Halbsuffixe der Disposition Sie bezeichnen die Verfügbarkeit zur Handlung. bereit (hilfsbereit) fähig (handlungsfähig) pflichtig (unterhaltspflichtige Eltern) fest (rutschfestes Buch) wert (lesenswertes Buch) würdig (denkwürdig) Halbsuffixe der Orientierung nah (wirklichkeitsnahe Politik) fern (realitätsferne Entscheidungen) weit (weltweite Proteste) intern (betriebsinterne Schwierigkeiten) extern (fachexterne Forschungen) fremd (berufsfremde Aufgaben)

SUBSTANTIVIERUNG viz papír Substantivierung 6) Kollektion (z papíru): Gebrüder – nicht produktiv, stattdessen: Brüderschaft, Nachbarsleute, Männervolk -> mithilfe der Suffixe 7) Soziation: Kooperation, Mitschüler, früher auch Ge-, heute nicht mehr (Gefährte -> Mitfahrer) Papír! Explizite Derivation – Genus Suffixe gelten meistens als Genus-(Artikel-)Indikator:

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-heit, -keit = F Hiervon gibt es Ausnahmen: -nis = F u. N Abstrakta (s Geheimnis, s Bildnis, s Zeugnis x e Erlaubnis, e Kenntnis, e Finsternis) -sal (nicht mehr produktiv): e Mühsal, e Trübsal x s Schicksal, s Wirrsal (zmatek) -sel (hat sich aus –sal entwickelt): N mit Umlaut (Rat -> s Rätsel, anhängen -> s Anhängsel, streuen -> s Streusel) und auch M (stoppen -> r Stöpsel, hacken -> r Häcksel) -tum = N + 2 M (r Irrtum u. r Reichtum) Implizite Derivation Durch sie entsteht ein Derivat ohne erkennbare Affixe, aber mit einer Änderung des Stammvokals. Es gibt verschiedene Stufen des Ablauts bei der Ableitung von starken Verben: fliegen – r Flug, gießen – r Guss, binden – r,s Band o. r Bund). Diese Derivate sind immer Maskulina. Eine Derivation ohne formale Änderungen (ohne Ablaut) wird als Konversion (Nullderivation) bezeichnet => bei schwachen Verben, z.B. kaufen -> s Kaufen o. r Kauf, sitzen -> s Sitzen o. r Sitz. Diese Nullableitungen drücken abgeschlossene Vorgänge aus (s Laufen – r Lauf, s Tanzen – r Tanz). Mithilfe der Konversion entstehen ABSTRAKTA mit Nullsuffix o. mit Suffixen, auch durch die Ableitung, z.B. e Lesung, e Sitzung, s Präfix Ge- (s Gebell), s Schreien – r Schrei – s Geschrei – e Schreierei, fragen – s Fragen, e Frage, s Gefrage – e Fragerei (neg. Konnotation) REDUKTION, KURZWORTBILDUNG 1. Reduktion zu Kürzwörtern a. Kopfformen: aus einer Zusammensetzung wird das Grundwort weggelassen u. das Bestimmungswort drückt allein die Bedeutung des Kompositums aus. Genus bleibt dasselbe, z.B. s Automobil – s Auto, r Kriminalroman – r Krimi. Ausnahmen: e Photographie – s Photo, s Opernhaus – e Oper. Ebenso auch bei Ableitungen mit dem Suffix –er, z.B. s Dampfschiff – r Dampfer, r Lastwagen – r Laster. Eine besondere Art der Kürzung ist die Univerbierung, d.h. die Wortgruppen haben den Charakter eines Wortes angenommen (r Emmentaler = r Emmentalerkäse, r Zoo = r zoologische Garten). b. Codewörter, End- u. Schwanzwörter: man lässt beim Kompositum das Bestimmungswort weg, wobei der Kontext vonnöten ist, z.B. Rad aus Fahrrad, Cello aus Violoncello, Ring aus Fingerring, Platte aus Schallplatte. c. Klammerformen entstehen dann, wenn die Grundform zusammen mit der vordersten Bestimmungsform eines mehrgliedrigen Kompositums zu einem zweigliedrigen Kompositum zusammengesetzt wird, z.B. Damenarmbanduhr – Damenuhr, Sanitärraumzelle – Sanizelle, Wohnungsbau – Wohnbau. 2. Abkürzungen werden in der geschriebenen Sprache viel gebraucht. a. Silbenwörter entstehen aus der ersten Silbe eines Kompositums. Diese Silben haben den vokalischen Auslaut, z.B. e Kripo = e Kriminalpolizei, e Stabi – e Staatsbibliothek, r Trafo – r Transformator. b. Abkürzungs-, Buchstaben- u. Initialwörter diese Wörter werden dekliniert (des PKWs) oder ohne Endung. Gebräuchlich sind Abkürzungswörter, in denen nur diese Initialwörter verkürzt sind, z.B. D-Zug, S-Bahn, E-Lok (elektrische Lokomotive), H-Milch (haltbare Milch) c. Mischformen aus Initial- u. Silbenwortbildung, z.B. r Azubi = Auszubildender, Erna (elektronische rechnergesteuerte Nahrungsanlage)

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d. Neu schriftlich gebrauchte Kürzel: %, $, @. Konventionelle Siegel für Münz-, Maßbezeichnung sind international (DM, Mg, km/h). Textabhängige Abkürzungen: usw., dt., Bd... 3. Derivation bei Kurzwortbildung Die Derivation spielt eine geringere Rolle als die Komposition. Typische Suffixe sind: -i, -o, -e, Nullsuffix. Derivation ist oft mit Reduktion verbunden, z.B. Pullover – Pulli, Anarchist – Anarcho, Alkoholiker – Alki, Hundert – Hundi, Assistent – Assi, Nazist – Nazi, Idiot – Idi, Demonstration – Demo, Mayonnaise – Majo, Homosexuller – Homo. Vom Verb: Wohni (Mitbewohner), Tratsche (kecalka), vom Substantiv: Nudo, Gifti, Nervi, vom Adjektiv: Brutalo, Grüni. Suffixlos: Prof, Gent (Gentleman), Alk (Alkohol). Durch diese Art der WB entstehen eigentlich keine neuen Wörter, es wird nur die formale Seite vereinfacht, aber die Inhaltsseite verändert sich nicht (s Abitur – s Abi, e Universität – e Uni). Das alles ist v.a. das Ergebnis eines Bedürfnisses nach einem ökonomischen Ausdruck. Abkürzungen: u.a.m. – und andere mehr Bd. – Band u. dgl. – und dergleichen Bde. – Bände z.T. – zum Teil u.U. – unter Umständen s. – siehe Ggs. – Gegensatz s.S. – siehe Seite Jg. – Jahrgang m.a.W. – mit anderen Worten Tsd. – Tausend ggfls. – gegebenfalls ü.d.M. – über dem Meeresspiegel Betr. – r Betreff i.R. – im Ruhestand ff. – folgende a.D. – außer Dienst Anm. – Anmerkung i.V. – in Vertretung wg. – wegen a.G. – als Gast d.Ä. – der Ältere z.H. – zu Händen d.J. – der Jüngere WORTBILDUNG DER VERBEN 1. Verbableitung (Verbalisierung) basiert weitgehend auf Substantiven (substantivische Ableitung), an Adjektiven geht nur 1/5 zurück, an Verben nur 2%. Zur Ableitung wird meistens die einfachste Möglichkeit der Verbbildung genutzt: Basis des Namens + Endungen o. Suffixe –ig, -e (wenig gebraucht), -ier, -isier, ifizier (bei Fremdwörtern), z.B. ignorieren, kritisieren, identifizieren. Verben aus Adjektiven: Durativa: wach -> wachen, krank -> krämkeln, gleich -> gleichen Ingressiva: (Anfang eines Geschehens): arm -> verarmen, mager -> vermagern Faktitiva: (Bewirkungsverben): kurz -> kürzen, hart -> härten, trocken -> trocknen, frei -> befreien Verhaltenscharakterisierende Verben: starr -> starren, moralisch -> moralisieren, ironisch -> ironisieren Verben aus Verben (deverbaler Typ): Kausativa (Veranlassungsverben): fallen -> fällen, liegen -> legen, sitzen -> setzen Iterativa (Wiederholungsverben): mithilfe von Suffix –ln, z.B. tropfen -> tröpfeln, brummen -> brummeln, husten -> hüsteln

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Bei der Ableitung von Verben spielen die Hauptrolle Präfixe. Sie modifizieren die Verben syntaktisch u. semantisch. a) syntaktische Modifizierung: i. Änderung der Valenz: gießen – begießen = 2-wertig o. die Valenzreduktion ii. Reflexivierung: man läuft in die Irre – man verläuft sich; wählen – sich verwählen iii. Akkusativierung: lügen – belügen, tanzen - durchtanzen b) semantische Modifizierung: i. Unterschiedliche Aktionsart, Verlaufsweise o. Abstufung des Geschehens: reisen – abreisen, anreisen, durchreisen ii. Intensivierung der Bedeutung: spüren – verspüren, sparen – aufsparen iii. Zeitliche Differenzierung: Ausdruck des Beginns (Inchoativa) oder des Endes, z.B. erblühen, verblühen, anbrechen, aufleuchten, aufessen, verheilen (zacelit se). Dagegen sind Durativa ohne Präfixe (Ausnahmen: z.B. zuhören). iv. Räumliche Differenzierung: 1. aufwärts: aufsteigen, ersteigen 2. weg, davon: entströmen, abfahren, ausfahren, ausschicken 3. auseinander: zerteilen, zerschneiden 4. öffnen: aufschließen, aufklappen 5. schließen: zuschließen, zuklappen Problematik der Ableitung = Doppelförmige Verben (Verben mit Präfixen „durch, über, um, wider, wider“ sind entweder trennbar (betont) o. untrennbar (unbetont). Entscheidend für die Trennbarkeit ist die Semantik der Verben. Manche dieser Verben sind nur trennbar (z.B. unterbringen), manche nur untrennbar (z.B. unterrichten), Verben die sowohl un- als auch trennbar sind, z.B. umfahren. Durch-, hinter-, über-, unterTRENNBAR UNTRENNBAR Konkrete Bedeutung: Abstrakte, übertragene Bedeutung: Schuhe durchlaufen Institut durchlaufen (absolvieren) Jacke überwerfen sich mit Nachbarn überwerfen (nepohodnout) Resultat einer Handlung: Art u. Weise einer Handlung: Platte durchbohren (provrtat desku naskrz) Platte durchbohren (vrtat desku) Bedeutung „Richtung“ Intransitiv (ist): Transitiv (hat): Das Flugzeug ist (durch das Gewitter) Das Flugzeug hat das Gewitter durchflogen. durchgeflogen. umBewegung/Änderung des Um etwas herum: Objekts/Subjekts: Möbel oft umstellen (přeuspořádat) Haus umstellen (obklíčit) Der Gärtner pflanzt die Blumen um. Der Gärtner umpflanzt das Haus mit Blumen. Die Familie zieht nächste Woche um. Die Vase ist beim Aufräumen umgefallen. vollFrüher trennbare Verben (heute nicht Heute nur untrennbar! vollbringen, mehr): voll tanken, sich voll essen vollziehen, vollstrecken, vollenden wiederMeistens trennbar, wirkliche Bedeutung, Noch einmal: 11

zurück: wiedersehen, wiederkehren, wiedergeben

wiederholen (nur untrennbar)

widerZurück, gegen: widerspiegeln, widerhallen Übertragene Bedeutung: widerfahren, widerrufen, widersprechen, widerstehen (odporovat) 2. Verbzusammensetzungen (VZS): a) Verbkomposition: wenig gebraucht, nach der neuen Rechtschreibreform keine VZS mehr i. reine Zusammensetzungen – 2 Infinitive: spazieren gehen, kennen lernen, liegen lassen. Heute werden alle ZS getrennt geschrieben, selbst dort, wo es früher einen Bedeutungsunterschied gab, z.B. (früher!) sitzen bleiben (zůstat sedět) x sitzenbleiben (propadnout). ii. Partizip + Infinitiv: verloren gehen, geschenkt bekommen iii. Adverb + Verb: zugrunde gehen x zu Grunde gehen, beiseite stellen, imstand halten x im Stand halten, zurechtkommen iv. Adjektiv + Verb: wenn das Adjektiv in dieser Verbindung erweiterbar o. steigerfähig ist, z.B. fest halten – fester halten – sehr fest halten (erweiterbar), fern liegen, gut schreiben – er schreibt gut, besser, am besten x gutschreiben (připočítat úroky) – hierbei ist „gut“ weder erweiterbar noch steigerfähig; frei sprechen (ad hoc) x freisprechen (osvobodit) v. Substantiv + Infinitiv: Eis laufen, Rad fahren, Kopfstehen – früher eislaufen, radfahren, kopfstehen b) Zusammensetzungen i. Verbale Pseudokomposita sind einige Verben, die zunächst als Zusammensetzungen ausschauen, sind aber Ableitungen aus einer substantivischen Form => Pseudokomposita. Diese schreibt man immer zusammen und gebraucht sie in Infinitivformen (Infinitiv, Partizip), die finiten Formen werden vermieden, z.B. kopfrechnen (počítat zpaměti), notlanden – ist notgelandet, bauchreden, bergsteigen, seiltanzen, maßregeln – ich habe gemaßregelt (disciplinárně potrestat) x Maß halten (gehört nicht hierher, sondern in die obige Gruppe „Substantiv+Infinitiv“). ii. Trennbare Zusammensetzungen mit substantivischen 1. Teil werden zusammengeschrieben, die Substantiven sind teilweise verblasst, z.B. heimfahren, irreführen, preisgeben, standhalten, stattfinden, teilnehmen, wetteifern. Hierbei gibt es Sonderfälle: danksagen er danksagt/er sagt dank iii. Adjektiv/Adverb + Verb: untrennbare Verbindungen: frohlocken (jásat, plesat), langweilen, vollbringen, liebäugeln trennbare Verbindungen, die man zusammenschreibt: fernsehen, freisprechen (zprostit obžaloby), schwarzarbeiten, totschlagen. Die Zusammensetzungen sind heute nicht mehr produktiv. Es herrscht ein Trend sie getrennt zu schreiben, z.B. Eis laufen, fest halten, Maß halten, Not tun, übrig bleiben, spazieren gehen, außer Stande sein, auf Grund/aufgrund u.a. Viz 2 papíry

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ADJEKTIV Etwa 1/3 des adjektivischen Wortschatzes im Dt. besteht aus Simplexformen (einfache Formen), z.B. groß, alt, gut, reich. Diese Formen haben eine elementare Bedeutung und eine hohe Frequenz. Die 2/3 bilden Komplexformen und die wichtigsten WB-Typen. Beim Adjektiv – Derivation u. Komposition. Konversion (sehr wenig produktiv, z.B. starren – starr, wachen – wach, e Schuld – schuld, Feind – feind. Suffixderivation: einheimische Suffixe, Lehnsuffixe, Halbsuffixe – adjektivische Lexeme, die durch konventionellen Gebrauch in einer festen Kontextumgebung morphematisiert sind, z.B. reich, voll, frei -> kinderreiche Familie, eindrucksvoll. Am häufigsten werden folgende Suffixe gebraucht: -ig, -isch, -lich, -bar, -haft, -sam, -en (ern) -> typisch adjektivische Suffixe, weil sie außerhalb adjektivischer Derivate nicht vorkommen. Die produktivsten sind -ig, -mäßig, -voll, -bar. 1) –ig hat eine vielfältige Verwendung. Eine große Gruppe bilden die Ableitungen von Substantiven, Verben u. Adverbien, z.B. Wind – windig, jetzt – jetzig. Adjektive auf –ig bezeichnen: i. körperliche o. seelische Eigenschaften: unruhig ii. Gegenstände o. Sachverhalte: felsige Gegend, dortiger Weg iii. Vergleich: ein milchiges Licht = ein Licht wie Milch, ein glasiger Blick = ein Blick wie Glas x –ern/-en – bezeichnen einen Stoff (gläserne Vitrine = eine Vitrine aus Glas), silbriger Glanz x silberne Ohrringe iv. Ableitungen aus Temporal- u. Lokaladjektiven: baldig, gestrig, hiesig, dortig. Deverbale Ableitungen: gültig, strittig,... 2) –isch dient v.a. der Bildung von adjektivischen Herkunftsbezeichnungen, deren Grundform ein Eigenname oder ein Bewohnername ist, z.B. Sokrates – sokratische Ironie, die napoleonischen Kriege, europäisch, griechisch,... x –er (nicht deklinierbar, großer Anfangsbuchstabe): Prager Schinken, Wiener Schnitzel. Eine zentrale Rolle spielt das Suffix –isch bei fachsprachlicher Begriffsbildung. Mithilfe dieses Suffixes können auch Lehnwörter erweitert werden, die terminologisch wichtig sind (mathematisch, philosophisch) + internationale Ausdrücke (sozialisch). Dieses Suffix hat oft auch eine negative o. pejorative Konnotation und kontrastiert somit neutral konmotierten Adjektiven auf –ig o. –lich, z.B. kindisches Verhalten x kindliche Spiele, bäuerisches Benehmen x bäuerliches Haus. –Isch ist typisch für: höllisch, neidisch, idiotisch, argwöhnisch (podezřívavý, nedůvěřivý). 3) –lich: Bei der Ableitung von Substantiven drücken diese Adjektive die gleichen semantischen Merkmale wie das Basissubstantiv aus (freundlich, staatlich). Bei der Ableitung von Verben haben sie entweder aktivische Bedeutung (empfindliche Seele, vergesslicher Mensch) o. auch eine passivische Bedeutung (verzeihlicher Fehler). Die adjektivische Ableitung ist zwar selten, kann aber eine diminutive Bedeutung ausdrücken, wie kränklich, schwächlich, rötlich. 4) –bar: Bildet Ableitungen v.a. von transitiven Verben. Die Adjektiven haben eine passivische Bedeutung mit modalem Merkmal im Sinne des Modalverbs können (heilbar, beheizbar). Auch diese Adjektiva werden in fachsprachlichen Texten. Mit dieser modalpassivischen Bedeutung überschneiden sich Adjektiva auf –bar und –lich (unlösbar – unlöslich, sichtbar – sichtlich). Manchmal gibt es einen

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Bedeutungsunterschied zw. –bar u. –lich: unsagbares Glück (nevýslovné, nesmírné) x unsaglicher Schmerz (nesmírná), undenkbare Vorstellung x seit undenklichen Zeiten (od pradávna). Die Formen auf –lich sind in ihren Bedeutung weiter vom zugrundeliegenden Verb entfernt: ausdrückbar (vyslovitelný, vyjádřitelný) x ausdrücklich (důrazný). Die Ableitungen mir –bar werden von transitiven Verben gebildet, nur selten dann von Adjektiven. 5) –sam (nicht mehr produktiv): Dient zum Ausdruck von Eigenschaften und Verhaltensweisen der Personen, z.B. geduldsamer (trpělivý) Mensch. Wichtig sind die Paare –sam (aktivische Bedeutung) x –bar (passivische Bedeutung), z.B. heilsamer Schock (léčivý, hojivý) x heilbare Krankheit (léčitelná). 6) –haft beinhalten Adjektiva, die v.a. in Vergleichen verwendet werden. Dasselbe auch bei –artig (meisterhaft, laienhaft). -haft x –lich/-isch: krankhafte (chorobný) Eifersucht x kränklicher (churavý) Mensch, schadenhaft (škodlivý) x schädlicher (zkažený) Zahn, heimliche (tajné) Verabredung x heimische (domácí) Tier 7) –en/-ern: Diese Suffixe bilden Ableitungen aus Stoffnamen: goldener Ring, eisernes Tor, hölzerne Brücke -en x –ig: silberne Kette (= aus Silber) x silbriges Haar (=wie Silber), goldene Uhr x goldenes Kind Wortbildung – ausgearbeitete Fragen zur mündlichen Prüfung: FRAGE 1:

GEGENSTAND DER WORTBILDUNGSLEHRE. DAS WORT ALS SPRACHLICHE EINHEIT. MORPHEME.

WB – neben der Phraseologie ein Teil von Lexikologie; Bildung neuer Wörter nach bestimmten Mustern u. Modellen Gegenstände der WB: 1) vorhandenes Inventar an Wortbildungsmitteln 2) Prozesse der WB (die Muster u. Modelle) 3) die Resultate der WB-Prozesse = WB-Konstruktionen Die Sprache ist ein System von sprachlichen Zeichen; in der WB sind Zeichen die Wörter. Wort als sprachliche Einheit Wörter bilden Sätze u. Texte. Es sind reproduzierbare Einheiten aus Formativ (=materielle Basis, Phoneme, Morpheme) u. Bedeutung. Als semantische Einheit benennende o. bezeichnende Funktion, aber nicht bei Präpositionen u. Konjunktionen, wo die Bedeutung erst im Redezusammenhang entsteht. => deshalb: A) Autosemantika – selbstständige, bedeutungstragende Einheiten (Subst., Adj., Verben, Personalpronomina) B) Systemsemantika – dienen der Organisation des Textes (Präp., Konj., Relativpronomina) Struktur des Wortes – mindestens 2 Phoneme. Morpheme unterscheiden sich nach ihrer Funktion und Bedeutung:  unikale Morpheme: sind einmalig, bilden keine anderen Wörter, z.B. Brombeere, Himbeere  leere Morpheme (Morphe): Fugenzeichen, Verbindungselemente in Zusammensetzungen, z.B. Kinderbett, Schönheitskönigin. Sie haben keine semantische Funktion, man verwendet sie besserer Aussprache wegen, jedoch nicht immer: Landmann (aus dem Lande) x Landsmann (aus demselben Land) 1. freie Morpheme:

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a. lexikalische Basismorpheme (Grundmorpheme) b. deiktische Morpheme: Pronomina (der), Adverbien (dort), zeitliche Begriffe (heute, gestern) 2. gebundene Morpheme: immer an etwas gebunden: a. Wortbildungsmorpheme: Präfixe u. Suffixe b. Flexionsmorpheme: (im Dt. 63) kein neues Wort, sondern nur Kasus, Endungen; sie sind polyfunktionell (=verschiedene grammatische Bedeutung), z.B. –er: schöner, Bilder, Maler FRAGE 2: ARTEN DER WORTBILDUNG. KOMBINATION, KONVERSION, KÜRZUNG – ÜBERSICHT. 1. Kombination a. Zusammensetzung (Komposition) b. Ableitung (Derivation) i. Suffixbildung ii. Präfixbildung iii. Affixableitung-Mischtyp (Präfix+Suffix) c. Zusammenbildung: als Mischtyp aus Koposition u. Derivation, z.B. Drei-mast -er K D d. Reduplikation (Iteration): z.B. Ping-Pong e. Wortkreuzung: ein Mischtyp von Komposition u. Kürzung, z.B. s Moped = r Motor + s Pedal 2. Konversion (Wortartwechsel) = Verwandlung eines Wortes einer Wortart in eine andere, z.B. Hamster -> hamstern, Klasse -> eine klasse Jacke Dazu gehört auch die Zusammenrückung = Konversion aus mehr als einem Morphem, z.B. sein Dankeschön, s Vergissmeinnicht 3. Kürzung – nach dem grammatischen Verhältnis zw. der Vollform u. der Kurzform unterscheiden wir: a. Kurzwörter i. Kopfformen: r Oberkellner -> r Ober ii. Schwanzformen: r Fingerring -> r Ring iii. Klammerformen: r Bierglasdeckel -> r Bierdeckel b. Rückbildungen sind um WB-Affixe gekürzte Syntagmen mit Konversion, z.B. hochmütig -> r Hochmut c. Initialwörter werden aus Anfangsbuchstaben eines Syntagmas gebildet und buchstabiert ausgesprochen, z.B. LKW, PKW, CDU d. Abkürzungen sind rein graphemische, also nicht gesprochene Kürzungen, z.B. Dr. = Doktor, m = Meter FRAGE 3: WORTBILDUNG DES SUBSTANTIVS. KOMPOSITUM, FUGENZEICHEN, KOMPOSITIONSMETAPHERN. Genus und Wortart werden in der Regel durch die beiden Konstituenten bestimmt (Hochhaus – Subst., haushoch – Adj.). Die Ausnahme bilden Eigennamen, z.B. Bahnhof Leipzig-Ost -> Ost = das bestimmende Glied Possessivkomposita = Komposita, die sich nicht auf die im Grundwort benannte Größe beziehen, z.B. Milchgesicht, Pechvogel, Faulpelz.

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Semantische Eigenschaften der Komposita: Es betrifft v.a. die Determinativkomposita, aber die spezielle Beziehung der 2 Konstituenten kann nur durch die Paraphrasierung explizit erläutert werden, z.B. r Sonnenschutz = r Schutz gegen Sonne, Kopfschutz = Schutz für den Kopf, Plastschutz = Schutz ausm Plast. Fugenzeichen = Verbindungsstellen von Zusammensetzungen u. Ableitungen. Es sind erstarrte Flexionsendungen syntaktischer Fügungen, z.B. der Bundeskanzler – der des Bundes Kanzler, manchmal auch leeres Morph, weil sie prinzipiell semantisch leer sind, aber nicht 100% (Landmann x Landsmann). Zusammensetzungen ohne Fugen – z.B. Musiklehre, Autofahrer; der Gebrauch von Fugenzeichen ist nicht im Sinne einer Normierung festgeregelt, es gibt allerdings gewisse Regularität, wobei der Sprachgebrauch selbst regelt, welche Form bevorzugt wird. Manchmal entstehen Kompositionsmetaphern, die differenziert zu betrachten sind: 1. das erste Glied ist der Bildspender, der die Metaphorik bildet, z.B. Schmutzliteratur, Kopfbahnhof 2. das zweite Glied ist der Bildspender; das erste Glied kann ohne Metaphorik für das Ganze stehen, was für die Determinativkomposita nicht gewöhnlich ist, z.B. Beifallssturm, Informationsflut 3. als Ganzes metaphorisiert, z.B. Augenblick, Fuchsschwanz (=Handsäge) 4. Possessivkomposita mit metaphorischen Tier- o. Gegenstandsbenennung, z.B. Pechvogel, Geldsack Das Komposition = das Ergebnis ist das Kompositum. Ein Kompositum wird gebildet durch freie Grundmorpheme, z.B. Lesen-Buch-Grundschule, aus einem Konfix u. einem Grundmorphem. Konfix = ein gebundenes Grundmorphem; Fremdwörter, die im Dt. als Ersatz gelten, also nicht selbstständig, z.B. Biologie, Biogas, oder Wörter, die früher als Einzelwort standen, heute aber nicht mehr, z.B. Schwieger/Schwiegervater; aus 2 Konfixen – entlehnte Wörter, z.B. Diskothek, Bibliothek. Determinativkomposita: ein Teil ist unter-, ein Teil ist übergeordnet; im Dt. häufig, das Grundwort wird von einem Bestimmungswort näher bestimmt (Großstadt) Kopulativkomposita: die Teile sind gleichgeordnet, z.B. Moderock, Hosenrock, Zeitungssprache, Archäologe, Biologe. FRAGE 4:

WORTBILDUNG DES SUBSTANTIVS. EXPLIZITE UND IMPLIZITE DERIVATION. WORTBILDUNGSGRUPPEN AUS ONOMASIOLOGISCHER SICHT.

Explizite Derivation – entsteht das Derivat; wir unterscheiden das Basismorphem u. Affixe (=Präfixe, Suffixe o. deren Kombination), Subst. + Adj. = Suffixderivation, V = Präfixbildung Derivationsbasis sind auch phraseologische Wortgruppen (in Betrieb setzen – die Inbetriebsetzung). Je nach Wortart der Basis werden die abgeleiteten Wörter bezeichnet als Deadjektiva, Desubstantiva, Deverbativa. Bei der Ableitung (Derivation) sprechen wir von der sog. Ableitungsserie, z.B. Sehen-Sicht-sichtbar-Sichtbarkeit. Wir sprechen auch von der Korelation – zu einem Wortstamm werden verschiedene Suffixe angehängt => neue Wörter, z.B. erklärbar – erklärlich (dieselbe Bedeutung), kindisch – kindlich (andere Bedeutung), goldene Uhr – goldiges Kind (andere Bedeutung) Implizite Derivation = Prozesse deverbaler Derivation von Substantiven (aus dem V->S), die ohne Verwendung von Affixen erfolgt, aber mit einem Wechsel des Stammvokals. Die implizite Derivation ist heute nicht mehr produktiv, sie hängt historisch mit Ablaut u. Umlaut zusammen, z.B. fliegen – Flug, schieben – Schub; die Derivate sind immer Maskulina.

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Konversion = Nullderivation ohne formale Änderungen, z.B. kaufen – s Kaufen – r Kauf = K -> diese Nullableitungen drücken abgeschlossene Vorgänge aus, z.B. laufen – r Lauf, s Tanzen – r Tanz; infolge der Konversion entstehen Abstrakta. WB-Gruppen aus onomasiologischer Sicht Onomasiologie – griech. onoma = r Name, Bezeichnungslehre, Wissenschaft von der Bedeutung Semasiologie – griech. sema = r Zeichen, Bedeutungslehre Nomina acti – Bildung; bezeichnet das Ergebnis einer Handlung Nomina actionis – Gesinde; bezeichnet eine Handlung o. einen Prozess Nomina agentis – Forscher; Personenbezeichnung für den Träger der Handlung Nomina patientis – Prüfling; Personenbezeichnung für denjenigen, auf den sich eine Handlung erstreckt Nomina qualitatis – Klugheit; Eigenschaftsbezeichnungen Nomina instrumenti – Schalter; bezeichnet Geräte Nomina loci – Bäckerei; Ortsbezeichnungen Kollektiva – Studentenschaft; zusammenfassende Bezeichnung für eine Gruppe als Einheit Soziativa – Gehilfe, Mitschüler; Bezeichnung des Einzelnen nach seiner Beziehung zu einem Anderen FRAGE 5: WORTBILDUNG DES SUBSTANTIVS: KURZWORTBILDUNG, ABKÜRZUNGEN. A) Reduktion zu Kurzwörtern – das wichtigste Kurzverfahren 1. Kopfformen – das Grundwort wird weggelassen und das Bestimmungswort drückt alleine die Bedeutung des Kompositums aus, das Genus bleibt beibehalten, z.B. s Automobil -> s Auto x Ausnahmen: e Photographie -> s Photo, s Opernhaus -> e Oper Eine besondere Art der Kürzung ist die Univerbierung, wobei umgekehrt ein Wort den Charakter einer Wortgruppe übernimmt, z.B. r Zoo -> zoologischer Garten 2. Schwanzformen – das Bestimmungswort fällt ab -> kontextbedürftig, z.B. r Ring schuld, Feind -> feind Suffixderivation – entweder einheimisch o. Lehnsuffixe + Halbsuffixe = adjektivische Lexeme, die durch Konventionellgebrauch in einer festen Kontextumgebung morphematisiert sind, z.B. kinderreich, eindrucksvoll. Am häufigsten: -ig, -isch, -bar, -lich, -haft, -sam, -er (ern) – typisch adjektivische Derivate vorkommen nicht => die produktivsten: -bar, -ig, mäßig, -voll 1. –IG hat eine vielfältige Verwendung, Ableitungen von Substantiven, Verben u. Adverbien (Wind – windig, jetzt – jetzig). a. Körperliche o. seelische Eigenschaften, z.B. unruhig, vollbärtig, kahlköpfig b. Gegenstände o. Sachverhalte, z.B. felsige Gegend, dorniger Weg c. Vergleich, z.B. ein glasiger Blick = ein Blick wie Glas x –ERN/-EN bezeichnen einen Stoff (eine gläserne Vitrine = eine Vitrine aus Glas) häufig: Ableitungen aus Temporal- u. Lokaladverbien (baldig, gestrig, dortig) deverbale Ableitungen (gültig, strittig) 2. –ISCH – Bildung von adjektivischen Herkunftsbezeichnungen, deren Grundform ein Eigenname oder ein Bewohnername darstellt, z.B. sokratische Ironie, napoleonischer Krieg, griechisch,... + -ER: Prager Schinken, Wiener Schnitzel – undeklinierbar besonders in der Fachsprache – sie können auch Lehnwörter erweitern, die terminologisch wichtig sind (philosophisch, rheinisch) + internationale Ausdrücke (sozialistisch) oft negative o. pejorative Konnotationen x –IG (neutral konnotierte Adjektiven), z.B. kindisch x kindlich, bäuerisch x bäuerlich; neidisch, idiotisch, argwöhnisch 3. –LICH bei der Ableitung von Substantiven drücken die Adjektive die gleichen semantischen Merkmale wie das Basissubstantiv aus (freundlich, staatlich) bei der Ableitung von Verben haben die Adjektive: 1. aktivische Bedeutung: unvergesslicher Mensch, empfindliche Seele 2. passivische Bedeutung: verzeihlicher Fehler die adjektivische Ableitung ist nur selten und drückt eine diminutive Bedeutung aus: rot – rötlich, krank – kränklich, rund – rundlich 4. –BAR bildet Ableitungen v.a. von transitiven Verben die Adjektiven haben eine passivische Bedeutung mit modalem Merkmal im Sinne des Modalverbs „können“, z.B. heilbar, beheizbar

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-

gebraucht im Text zur fachsprachlichen, unpersönlichen Ausdrucksweise in ihrer modalpassivischen Bedeutung überlappen sich diese Adj. mit denen auf –BAR u. –LICH (lesbar – leserlich, sichtbar – sichtlich) -> manchmal allerdings mit Bedeutungsunterschied: unsagbares Glück x unsagliche (nesmírné) Schmerzen, undenkbare Vorstellung x seit undenklichen Zeiten (od pradávna) Ableitungen von Adj. nur selten 5. –SAM (nicht mehr produktiv) zum Ausdruck von Eigenschaften u. Verhaltensweisen der Personen, z.B. geduldsamer Mensch aktivische Bedeutung (ein heilsamer Schock) x –BAR (passivische Bedeutung, z.B. eine heilbare Krankheit) 6. –HAFT – leitet Adj. ab, die v.a. in Vergleichen verwendet werden (ebenso wie – ARTIG): meisterhaft, laienhaft, ruckhaft – ruckartig (trhavý, škubavý, nárazový) 7. –EN/-ERN Ableitungen aus Stoffnamen, z.B. golden, eisern, hölzern -ERN x –IG: eine silberne Kette (=aus Silber) x ein silbriges Haar (= wie das Silber) -HAFT x –LICH: krankhafte Eifersucht x kränklicher Mensch, schadhaft (skodlivý) x schädlich (zkažený) Zahn FRAGE 8:

WORTBILDUNG DES ADJEKTIVS: LEHNSUFFIXE (-ALL/-ELL), HALBSUFFIXE (LOS, -FREI, -REICH, -MÄßIG/-GEMÄß, -VOLL, -ARM), AFFIX-NEGATION.

1) Lehnsuffixe –AL/-ELL aus dem Französischen u. Lateinischen übernommen die Verteilung der Varianten –AL/-ELL unterliegt keiner strikten Regel, beide treten auch in Erweiterungsformen (-ial/-iell, -ual/uell) auf Bedeutungsunterschiede: ideales Wetter x ideelles Wetter, originaler Picasso x origineller Einfall, formale Probleme x formelles Verabschieden in Zusammensetzungen NUR –AL, z.B. r Spezialfall, e Existenzialphilosophie bei Adj. 2 Varianten, wovon freilich nur eine der Formen im Trend liegt, z.B. adverbial x adverbiell Andere Lehnsuffixe: -iv (effektiv), -ant (tolerant), -esk (grotesk), är (familiär), -ent (konsequent), -ös (religiös), -ar (linear) -abel/-ibel = dieselbe Bedeutung wie –bar, z.B. kompatibel, respektabel 2) Halbsuffixe bei der WB des Adjektivs gibt es Übergänge zw. den WB-Typen Derivation u. Komposition; solche Übergänge werden durch Bildungen mit Halbsuffixen abgedeckt Halbsuffixe sind Adjektive, die im anderen Kontext als selbstständige Wörter vorkommen a. Halbsuffixe zum Ausdruck der Geltung - eine semantische Skala zw. den Polen der Bejahung und der Verneinung

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- Bejahung: kinderreich, sinnvoll, lautstark, lebenskräftig, tonnenschwer - Verneinung: inhaltsleer, koffeinfrei, endlos, geistesschwach b. Halbsuffixe der Gleichheit o. Ähnlichkeit - Beispiele: sinngetreue Wiedergabe, göttergleiche Gestalt, kugelförmige Gestalt, schulmäßiges Verhalten - (-gemäß = wie verlangt, genau entsprechend -> wettergemäße Kleidung, altersgemäße Filme) c. Halbsuffixe der Einstellung - Einstellung zu einer Person, Handlung; wieder eine Skala; in der Praxis sehr beliebt - Beispiele: reiselustig, lebensfroh, arbeitseifrig, rachesüchtig, lebensmüde, denkfaul d. Halbsuffixe der Disposition - sie Bezeichnen die Verfügbarkeit zur Handlung - Beispiele: hilfsbereit, handlungsfähig, versandfertig, rutschfest, lesenswert, denkwürdig e. Halbsuffixe der Orientierung v.a. –nah/-fern Beispiele: wirklichkeitsnah, realitätsfern, weltweit, betriebsintern, fachextern, berufsfremd

FRAGE 9: KONVERSION BEI SUBSTANTIVEN, ADJEKTIVEN U. VERBEN. Konversion (Wortartwechsel) die Verwendung eines Wortes einer Wortart als eine Einheit einer anderen Wortart Beispiel: r Hamster -> hamstern, e Klasse -> ein klasses Auto, s Ich, s Hurra zur Konversion gehört auch die Zusammenrückung (=Konversion aus mehr als einem Morphem, z.B. sein Dankeschön, s Vergissmeinnicht heute sehr wenig produktiv, z.B. starren -> starr, wachen -> wach, Schuld -> schuld, Feind -> feind bei der Konversion handelt es sich um eine syntaktische Transposition von Wörtern o. Wortgruppen ohne Stammvokalveränderung o. Affigierung, z.B. laufen -> r Lauf, hoch -> s Hoch, eine Hand voll -> eine Handvoll als substantivische Konversion wird auch die sog. Substantivierung des Infinitivs betrachtet, z.B. s Hören/Sehen/Lachen bei deverbaler WB stehen mehrere Formen als Basis zur Verfügung: der Verbstamm (Konversion „r Besuch“), der Infinitiv (Konversion „s Schreiben“), das Partizip I („Reisender“), Partizip II („Angestellter“) Konversion dient vorrangig zur Bildung von Substantiven, dabei gibt es kaum Beschränkungen in der Wortart der Basis Adjektive bilden nur 15% des Gesamtwortschatzes der Umfang adjektivischer WB-Konversion ist stärker limitiert als bei Substantiven; die polymorphemische Komposition fehlt praktisch

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-

die Konversion von anderen Wortarten zum Adjektiv ist weit weniger entwickelt als beim Substantiv Übersicht – (Reine Konversion) Basis Konversionsprodukt 1. Verb 1.1 Verbstamm rufSubstantiv: der Ruf wachAdjektiv: wach 1.2 Infinitiv schreiben Subst.: das Schreiben 1.3 Personalform soll, ist Subst.: das Soll, das Ist 1.4 Partizip I reisend Subst.: der/die Reisende reizend Adj.: reizend 1.5 Partizip II angestellt Subst. der/die Angestellte beliebt Adj. beliebt 2. Adjektiv hoch Subst.: der/die/das Hohe Subst.: das Hoch 3. Substantiv Film Verb: filmen Schmuck Adj.: schmuck Koralle Adj.: koralle (Farbe) Zeit Präp.: zeit 4. Adverb heute Subst.: das Heute 5. Numerale fünf Subst.: die Fünf 6. Pronomen irgendwer Subst.: ein Irgendwer 7. Präposition für, wider Subst.: das Für und Wider 8. Wortgruppen 8.1 verbal auswendig lernen Subst.: das Auswendiglernen 8.2 substantivisch zu Gunsten Präp.: zugunsten (in der) Zeit des Lebens Adv.: zeitlebens 9. Sätze 9.1 (ich) danke schön Subst.: ein Dankeschön 9.2 schlage tot! Subst.: ein Schlagetot FRAGE 10:

WORTBILDUNG DES VERBS: SEMANTISCHE MUSTER, KOMPOSITION UND DIE NEUE RECHSCHREIBREFORM.

Die produktivsten Ableitungsmuster von Verben sind: Bezeichnungsklasse Prädikation EREIGNISVERBEN 1. Tages-, Jahreszeit, BS (Basissubstantiv) ist da Witterungserscheinungen (Aktualisierungsprädikation) VERGLEICHSVERBEN 2. Beruf, Rolle ist tätig als BS

3. Tier, Sachgröße

4. Tätigkeit, Wirkung, Ergebnis

verhält sich wie BS

EFFIZIERENDE VERBEN wird BS ABSTRAKTIONSVERBEN 22

Beispiele es tag-t es hagel-t schriftsteller-n schmied-en luchs-en (číhat, bystře pozorovat), pendel-n be-mutter-n (=gängeln) rost-en, reis-en, most-en (moštovat)

5. Zustand, Bereich

6. Zugeteilter bzw. entnommener Teil

7. Mittel, Gerät

FRAGE 11:

ist in BS

zweifel-n land-en weid-en

ORNATIVE V. / PRIVATIVE V. gibt / nimmt BS

INSTRUMENTATIVE VERBEN (be)arbeitet mit BS

2)

3)

hobel-n hupe-n geigel-n

DERIVATION DES VERBS – V.A. PRÄFIXE U. IHRE SYNTAKTISCH-SEMANTISCHE FUNKTION.

Verbableitung (Verbalisierung) basiert auf:

1)

polster-n ver-gold-en schäle-n, ent-kern-en

Substantiven Adjektiven – 1/5 Verben – 2% Verben aus Substantiven: die einfachste Möglichkeit der Verbbildung = Basis des Nomens + Endung –EN (oder – allerdings seltener – Suffixe –ig-, -e-, bei Fremdwörtern –ier-, -isier-, -ifizier-), z.B. ignorieren, kritisieren, identifizieren Verben aus Adjektiven: 1. Durativa (Zustandsverben): wach – wachen, krank - kränkeln 2. Ingressiva (Anfang des Geschehens): arm – verarmen 3. Faktitiva (Bewirkungsverben): kurz – kürzen, trocken – trocknen, hart - härten 4. Verhaltenscharakterisierende Verben: starr – starren, moralisch – moralisieren, ironisch – ironisieren Verben aus Verben (deverbaler Typ): 1. Causativa (Veranlassungsverben): fallen – fällen, liegen – legen, sitzen – setzen 2. Iterativa (Wiederholungsverben): Suffix –LN, z.B. husten – hüsteln, tropfen – tröpfeln Bei der Ableitung der Verben spielen die Hauptrolle die Präfixe. Sie modifizieren die Verben syntaktisch u. semantisch. a) syntaktische Modifizierung: 1. Änderung der Valenz: gießen – begießen 2. Reflexivierung: irre laufen – sich verlaufen 3. Akkusativierung: lügen – belügen, tanzen – durchtanzen b) semantische Modifizierung: 1. Unterschiedliche Aktionsart: reisen – abreisen, anreisen, durchreisen 2. Intensivierung der Bedeutung: spüren – verspüren, sparen – aufsparen 3. Zeitliche Differenzierung: a. Inchoativa (Anfang o. Ende): erblühen x verblühen, aufessen, durcharbeiten b. Durativa – ohne Präxife (Ausnahme: zuhören) 4. Räumliche Differenzierung: a. weg, davon: abreisen, ausschicken b. auseinander: zerteilen, zerschneiden

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c. öffnen: aufschließen, aufklappen d. schließen: zuschließen, zuklappen FRAGE 12:

DOPPELFÖRMIGE VERBEN, SYNTAKTISCH-SEMANTISCHE REFLEXE.

Siehe oben! FRAGE 13:

ENTWICKLUNGSTENDENZEN DER DEUTSCHEN WORTBILDUNG BEI SUBSTANTIVEN, ADJEKTIVEN UND VERBEN.

Ein erheblicher Teil dieser neuen Wörter sind gar keine neuen Wörter, sondern Zusammensetzungen aus mehreren Wörtern, die bisher nicht aufgenommen waren. 1) Neue Wortbildungsmuster bei Substantiven: Suffixe: -i, -y, -ie, -o, -e, Ø a. Anfügungen eines der obgenannten Suffixe an einen Wortstamm: Studi = Student(in), Prolo = Prolet(arier), Alki, Anarcho b. das Ableitungselement ist mit dem Vokal der Endsilbe des Abkürzungswortes identisch: Assi = Assistent, Dissi = Dissident, Idi, Homo c. Ableitung von Subst. aus Adj., Verbstämmen o. Substantivstämmen: Klemmi = verklemmt, Grüni = grün, Grufti = Gruft d. Silbenabkürzungen, in denen der vokalische Kern die Abkürzungsgrenze darstellt u. die letzte Einheit des Abkürzungswortes den fraglichen Vokal aufweist: Azubi = Auszubildender, Schiri = Schiedsrichter, Kripo, Gestapo e. Suffixlose Abkürzungswörter (nicht zahlreich): Prof, Gent, Aer, Alk f. Reihe von Sachbezeichnungen (seit Langem im Gebrauch): Uni, Pulli, Mini g. Amerikanismen: Hifi, Zombie, Teeny, Junkie (Drogenabhängiger) h. in Tageszeitungen o. Anzeigeteilen: Softies i. Verniedlichung von Familiennamen von Personen des öffentlichen Lebens: Gorbi = Gorbatschow, Honi = Honecker 2) Neue Wortbildungsmuster bei Adjektiven: Siehe abgelichtetes Blatt! 3) Neue Wortbildungsmuster bei Verben: Siehe abgelichtetes Blatt!

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¤ zentrische Sprache – Deutsch, 10.Jh. nationale Amtssprache in Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein Regionalsprache (-> Anspruch auf Schulunterricht) in Südtirol, Ostbelgien im dt. Sprachraum – kompliziert – mehrere Dialekte Dialekte überschreiten Staatsgrenzen i. Mitteldeutsche Dialekte ii. Oberdeutsche Dialekte: 1. Bairisch: auch in Österreich 2. Alemannisch: auch im Österreich (im Westen)  dt. Standardsprache – mehrere Varianten -> Hochsprache uneinheitlich  Bundesdeutsch (BRD – 80 Mio. Einwohner)  Staaten ≠ Sprachgrenzen (z.B. Standardsprache der Deutschen in Österreich)

Österreichdeutsch Phonetisch-phonologische Ebene  Diphthonge [au], [ai]: ¤ bes. in Wien [ei], z.B. mein – [mein] x dt. [main]  Vokalquantität: z.B. Bruch [bruoch], Geschoss [ge∫o:s]  Fehlen des Knacklautes: Knacklaut wird nicht artikuliert, z.B. erinnern [eri-] x dt. [er?i]  Keine Unterschiede zwischen stimmhaften und stimmlosen Konsonanten: Verlust der Aspiration [d] x [t] x dt. [th]  oder -> [k]: Chemie [kemi:], König [kønik] x dt. [ç]  Betonung auf der 2. und der letzten Silbe x in Dt. – Betonung auf der 1. Silbe  Substantive mit mehreren Genera – eine große Anzahl; die technischen Ausdrücke sind mst Neutra x in Dt. Feminina Deutschland Österreich der Kiefer (čelist) die Kiefer (čelist) die Kola das Kola die SMS das SMS die Email das Email  Plural: Deutschland e Schranke e Scherbe e Karre

Österreich e Schranken e Scherben e Karren

 Fugenmorphem: (kein Kasusmarker), z.B. s Fabrikstor, Aufnahmesprüfung, Schweinsbraten  melodisch, weicher, reich an Diminutiva, Suffix –erl: Zuckerl (etw. Angenehmes), ¤Sackerl, ¤Pickerl, Stockerl, Krügerl, Dratscherl (vertraulicher Gespräch), Kupperl (Mütze) Syntaktische Ebene  Perfektbildung: mit „sein“ (bin gesessen, gestanden, gehangen, gelegen) x dt. mit „haben“  Wortstellung in der Hypotaxe: Vollverb – Hilfsverb – Modalverb: z.B. Als er gehen hat müssen. Obwohl sie sagen hat wollen.

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 Wortschatz: Einige Lexeme haben im Ösdt. eine besondere Bedeutung: z.B. Semmel (Brötchen), Karfiol (Blumenkohl), ¤¤¤¤  Akademische und Amtstitel: z.B. Professor (der Lehrer bereits am Gymnasium), Universitätsprofessor (an einer Uni); Hofrat (der höchste Beamte)  Kommunikationsverhalten: o Dt.: direkt ins Gesicht, keine Scham, offen, ¤ o Ös.: indirekt, geschlossen; Österreicher meinen, die Deutschen seien unhöflich. Tsch. Mentalität steht näher der ös. als der dt. Jetzt gibt es in Ös. eine Tendenz, schwache Verben wie die starken zu konjugieren. Bairisch: ¤  Taxifahrer – Taxler (in Wien)  Finanzler – Finanzer  STS ¤¤¤  Richtungsadverbien: hinab – bair. abhin [obi], hinauf – aufhin [aufi]  gell – oder  als – wie – in Ös. werden sehr vertauscht  am Sand sein – am Boden sein  r-Laute: im Bairischen werden alle vokalisiert  das Englische – ein Teil von ¤süddeutschen Sprachen in früheren Zeiten; Steyrer Dialekt – dem Englischen sehr nah – Sprachgeschichtliche Entwicklung: /o/ -> [ou] [au], z.B. Brot [brout], althrough x obwohl; viele Laute am Ende des Wortes entfallen, z.B. mich [mi], engl. me; ich [i], engl. I, sie gehen -> die gehen [dei geinə], engl. they go

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