Zufall in mathematischen Modellen

February 1, 2018 | Author: Anonymous | Category: Mathematik, Statistik Und Wahrscheinlichkeitsrechnung
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ZUFALL IN DER MODELLIERUNG GERTRUD DESCH

1. Wo Zufall eine Rolle spielen kann 1.1. Zuf¨ alligkeiten, die den Ablauf eines Prozesses beeinflussen. Zum Beispiel: (1) Entwicklung sehr kleiner Populationen, bei denen der Zufall zwischen Aus¨ sterben und Uberleben entscheiden kann. (2) Eintreffen von Schadensf¨allen in Versicherungen. (3) Zuf¨allige Schwankungen von Aktienkursen. 1.2. Zuf¨ alligkeiten, die die Beobachtung des Systems beeintr¨ achtigen. Zum Beispiel: (1) Messdaten sind mit zuf¨alligen Fehlern behaftet. (2) Wenn eine Erhebung durch Untersuchung einer Stichprobe vorgenommen wird, ist die Auswahl der Stichprobe zuf¨allig. (3) Dunkelziffern bei Auftreten von Krankheiten. ur die Beobachterin (4) Verhaltensbeobachtungen an Tieren in Gruppen, die f¨ nicht zu jeder Zeit vollst¨andig u ¨berblickbar sind. 1.3. Parameter, die innerhalb einer Population variieren. Zum Beispiel: (1) Verteilung verschiedener Genotypen innerhalb einer Population. (2) Unterschiedliche Resistenz gegen einen Giftstoff in einer Population von Fischen derselben Art. (3) Verteilung von Behandlungsdauern von Patienten mit der gleichen Diagnose.

2. Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeit 2.1. Ereignis und Wahrscheinlichkeit. Wir geben hier einen ganz knappen, kursorischen Einf¨ uhrungskurs in die Schreibweise der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Mehr Details werden Sie in Statistik h¨oren. Die folgenden Definitionen sind durchaus naiv und halten einer mathematischen Analyse nicht stand. F¨ ur unsere Zwecke sind sie aber durchaus ausreichend. 2.1. Definition. Ein Zufallsexperiment ist ein Vorgang, auf den die folgenden Eigenschaften zutreffen: (1) Er w¨ ahlt aus einer vorgegebenen Menge von m¨ oglichen Ergebnissen genau eines aus. (2) Er ist (zumindest theoretisch) beliebig oft wiederholbar. (3) Er folgt festen, reproduzierbaren Regeln. 1

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Wenn das Ergebnis eines Zufallsexperimentes eine Zahl ist, spricht man von einer Zufallsvariablen. Jede neue Durchf¨ uhrung des Zufallsexperimentes kann ein anderes Ergebnis bringen. Ein Ergebnis eines einzelnes Versuches heißt eine Realisierung des Zufallsexperimentes. Wenn durch das Zufallsexperiment (zumindest theoretisch) entschieden werden kann , ob ein bestimmter Sachverhalt eintritt oder nicht, heißt dieser Sachverhalt ein Ereignis. Das Ablesen des Thermometers im Wetterh¨auschen im Stadtpark jeden Mittag ist ein Zufallsexperiment. Das Ergebnis ist die Mittagstemperatur, also eine Zufallsvariable. Eine Zahl, die jeden Tag anders ausf¨allt, jeder Tag bringt eine neue Realisierung. Die m¨oglichen Ergebnisse sind der Temperaturbereich, den das Thermometer anzeigen kann. Der Sachverhalt “Die heutige Mittagstemperatur liegt zwischen 10◦ C und 15◦ C” ist ein Ereignis. Die Auswahl einer Stichprobe von 100 PatientInnen f¨ ur eine klinische Studie ist ein Zufallsexperiment. Das Ergebnis ist eine Gruppe von 100 Personen. Mit jeder neuen Stichprobe f¨ ur eine neue Studie wird das Zufallsexperiment wieder realisiert. Die folgenden Gr¨oßen sind Zufallsvariablen: Das durchschnittliche K¨orpergewicht innerhalb dieser Stichprobe, die Anzahl der f¨ ur Heuschnupfen anf¨alligen Patienten innerhalb der Stichprobe, der gr¨oßte in der Stichprobe erhobene Blutzuckerwert. Die folgenden Sachverhalte sind Ereignisse: Keine Person in der Stichprobe zeigt Abh¨angigkeit von einem Schlafmittel. Mindestens 20% der Personen in der Stichprobe hatten irgendwann Keuchhusten. Das folgende ist kein Ereignis: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% befindet sich in der Stichprobe von 100 PatientInnen mindestens eine h¨orbehinderte Person. Ein Ereignis ist nach einem Zufallsexperiment entschieden: Die Stichprobe ist ausgew¨ahlt, und entweder befindet sich darin eine h¨orbehinderte Person oder nicht. Bei der n¨achsten Realisierung des Zufallsexperimentes kann das Ergebnis nat¨ urlich wieder anders sein. 2.2. Definition. Sei A ein Ereignis, dessen Eintreten durch bestimmtes Zufallsexperiment entschieden wird. Die Wahrscheinlichkeit von A ist eine Zahl zwischen 0 und 1, die angibt, in welchem Anteil aller Versuche das Ereignis eintritt, wenn man das Zufallsexperiment sehr oft wiederholt. F¨ ur die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A schreiben wir P(A). 2.3. Bemerkung. Mit dieser “Definition” habe ich meinen Ruf unter Mathematikern endg¨ ultig verspielt: (1) Was heißt sehr oft? Viel zu vage f¨ ur eine mathematische Definition! (2) Muss sich bei einem Ereignis u ¨berhaupt ein solcher Mittelwert einspielen? Es ist ja theoretisch absolut denkbar, dass man beliebig oft mit einem W¨ urfel w¨ urfelt, und jedesmal kommt eine Eins heraus. (3) Was ist u ¨berhaupt ein Ereignis? Ist ein “Sachverhalt” ein mathematisches Objekt? (4) Und, und, . . . Mathematiker definieren nicht, was Wahrscheinlichkeit ist, sondern welche Rechenvorschriften f¨ ur Wahrscheinlichkeiten gelten. Wenn Sie zweimal eine M¨ unze werfen, wird es kein, einmal oder sogar zweimal Wappen geben, schwer vorhersagbar. Wenn Sie aber 40000 mal werfen (viel Spaß!), wird die Anzahl der Wappen mit großer Wahrscheinlichkeit (n¨amlich mehr als 99.7%) im Bereich um 20000 ± 3001 liegen. Zwar sind 300 Versuche nicht gerade 1Wie man zu dieser Sch¨ atzung kommt, werden Sie in Statistik lernen.

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wenig, aber umgerechnet auf den Anteil bedeutet das 0.5 ± 0.015. Wenn Sie noch mehr Versuche machen, wird sich mit h¨ochster Wahrscheinlichkeit immer deutlicher 1 2 als Wahrscheinlichkeit von “Wappen” herauskristallisieren. F¨allt Ihnen auf, dass im obigen Absatz zwei verschiedene Wahrscheinlichkeiten vorkommen? (1) Die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses “Wappen” bei einem einzelnen Wurf. Das Zufallsexperiment besteht in einem Wurf, die Wahrscheinlichkeit von “Wappen” ist 0.5. (2) Die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses “Anteil der Wappen im Bereich 0.5± 0.015”. Das Zufallsexperiment besteht in einer Serie von 40000 M¨ unzw¨ urfen. Wenn man diese Serie oft und oft wiederholen w¨ urde, k¨onnte man erwarten, das in 99.7% der Versuchsserien der Anteil der Wappen im Bereich 0.5 ± 0.015 liegen wird. 2.4. Tipp. Wenn man mit Wahrscheinlichkeiten zu tun hat, tut man gut daran, zun¨ achst zu u ¨berlegen: Was ist das Zufallsexperiment, was ist das Ereignis, und in welcher Weise spielt der Zufall mit? 2.5. Regel. F¨ ur das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten bestehen die folgenden Grundregeln: (1) Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses A liegt immer zwischen (inklusive) 0 und 1. Wahrscheinlichkeit 0 bedeutet, dass A fast2 nie eintritt, Wahrscheinlichkeit 1 bedeutet, dass A fast immer eintritt. (2) Es seien A1 , A2 , · · · , An Ereignisse, die einander paarweise ausschließen, das heißt, dass keine zwei verschiedenen dieser Ereignisse zugleich eintreten k¨ onnen, immer h¨ ochstens eines auf einmal. Dann gilt: Wie Wahrscheinlichkeit, dass (mindestens) eines der Ereignisse A1 , · · · , An eintritt, ist die Summe der Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Ereignisse Ai : P(A1 oder A2 oder · · · oder An ) = P(A1 ) + P(A2 ) + · · · + P(An ) . (3) Es sei A ein Ereignis. Die Wahrscheinlichkeit, dass A nicht eintritt, ist P( nicht A) = 1 − P(A) . Diese Regeln sind f¨ ur den Hausverstand durchaus einleuchtend3, wie Sie am folgenden Beispiel sehen: Wir betrachten eine Population von Katzen in einem griechischen Dorf. 20% der Katzen sind einfarbig grau, 40% sind einfarbig schwarz, und 10% sind einfarbig braun, dann gibt es noch gefleckte, getigerte und eine graugr¨ une Siamkatze. Wir greifen auf gut Gl¨ uck eine Katze heraus. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie entweder einfarbig grau, oder einfarbig schwarz, oder einfarbig braun ist, betr¨agt 0.2+0.4+0.1=0.7. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht einfarbig grau ist, betr¨agt 1-0.2=0.8. 2.2. Bedingte Wahrscheinlichkeit, Unabh¨ angigkeit. 2.6. Beispiel. In den Kinderg¨ arten der Stadt sind 40% der Kinder gegen eine gewisse Krankheit geimpft. Eine Epidemie bricht aus. 70% der nicht geimpften Kinder erkranken, und immerhin 20% der geimpften Kinder erkranken. Wieviel Prozent der Kinder erkranken? 2“fast nie” heißt eben: So selten, dass wenn man viele viele Versuche macht, die Anzahl der Versuche, bei denen A eintritt, im Vergleich zur Anzahl aller Versuche, verschwindend klein wird. 3Mathematiker drehen die Denkweise um und definieren damit den Begriff der Wahrscheinlichkeit: Eine Wahrscheinlichkeit ordnet den Ereignissen Zahlen zu, die gerade die Regel 2.5 erf¨ ullen.

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L¨ osung: Die Rechnung ist ganz einfach: 40% aller Kinder sind geimpft, davon erkranken 20%. Es gilt 20% von 40% sind 0.2 · 0.4 = 0.08, also 8% von allen Kindern sind geimpft und trotzdem krank. Andererseits sind 60% aller Kinder nicht geimpft, von diesen sind 70% krank, das ergibt 0.7 · 0.6 = 0.42, also sind 42% aller Kinder nicht geimpft und erkrankt. Damit sind insgesamt 50% von allen Kindern erkrankt. ¤ Wir wollen nun dieses Beispiel etwas strenger formalisieren: Zun¨achst sehen wir die Angaben an. • Wenn ich ein beliebiges Kind herausgreife, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es geimpft ist, 40%. Formal geschrieben: P(geimpft) = 0.4 . • Wenn ich ein beliebiges Kind herausgreife, und ich weiß, dass es geimpft ist, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass es erkrankt, 20%. Hier wird die Wahrscheinlichkeit angegeben, wenn ich bereits eine Information vorweg habe, n¨amlich dass das Kind geimpft ist. Wir nennen das die bedingte Wahrscheinlichkeit dass das Kind krank wird, wenn bekannt ist, dass es geimpft ist, und schreiben P(krank | geimpft) = 0.2 . • Ebenso ist die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind krank wird, wenn bekannt ist, dass es nicht geimpft ist P(krank | nicht geimpft) = 0.7 . Nun betrachten wir, wie wir gerechnet haben: • Der Anteil der nicht geimpften Kinder sind die 60%, die von den 40% geimpften auf die Gesamtheit noch fehlen: P(nicht geimpft) = 1 − P(geimpft) = 1 − 0.4 = 0.6 . • Um unter allen Kindern den Anteil der geimpften und trotzdem kranken Kinder festzustellen, nehmen wir den Anteil der geimpften unter allen, und multiplizieren mit dem Anteil der kranken unter den geimpften. Formal geschrieben: P(geimpft und krank) = P(geimpft) · P(krank | geimpft) = 0.4 · 0.2 = 0.08 . Beachten Sie, dass die Wahrscheinlichkeit P(geimpft und krank) eine unbedingte Wahrscheinlichkeit ist. Wir w¨ahlen ein beliebiges Kind aus, von dem wir noch gar nichts wissen, und sch¨atzen, dass wir mit 8% Wahrscheinlichkeit ein geimpftes, krankes Kind finden. • Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit, ein nicht geimpftes, krankes Kind zu finden P(krank und nicht geimpft) = P(nicht geimpft) · P(krank | nicht geimpft) = 0.6 · 0.7 = 0.42 . • Die Gesamtheit der kranken Kinder setzt sich aus den kranken geimpften und den kranken nicht geimpften zusammen. Wir addieren P(krank) = P(krank und geimpft) + P(krank und nicht geimpft) = 0.08 + 0.42 = 0.50 . W¨ahrend wir in der Angabe bedingte Wahrscheinlichkeiten hatten, dass ein Kind krank ist, wenn wir wissen, ob es geimpft ist oder nicht, haben

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wir nun die unbedingte Wahrscheinlichkeit, dass ein blind aus der Gruppe herausgegriffenes Kind krank ist. 2.7. Definition. Seien A, B zwei Ereignisse. Mit P(A | B) bezeichnen wir die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass A eintritt, wenn bekannt ist, dass B eintritt. Anders ausgedr¨ uckt: Wenn das Zufallsexperiment sehr oft ausgef¨ uhrt wird, befindet sich unter den Versuchen, in denen B eintritt, der Anteil P(A | B) von Versuchen, in denen zugleich auch A eintritt. 2.8. Tipp. Die Bedingung steht immer hinter dem senkrechten Strich, vor dem Strich steht, wovon die Wahrscheinlichkeit gesch¨ atzt wird. 2.9. Regel. Seien A und B zwei Ereignisse. Es gelten die folgenden Regeln P(A und B) = P(A und B) = P(A | B) =

P(A) · P(B | A) , P(B) · P(A | B) , P(A und B) . P(B)

Diese Regel wird genauso erkl¨art wie Beispiel 2.6. Die letzte Formel ergibt sich, indem man die zweite Formel durch P(B) dividiert. Man versteht sie auch intuitiv sehr leicht an Hand des Beispiels: P(krank und geimpft) ist der Anteil der Kinder, die geimpft und trotzdem krank sind. P(geimpft) ist der Anteil aller geimpften Kinder. Wenn wir unter den geimpften Kindern den Prozentsatz derer suchen, die auch krank sind, erhalten wir das Verh¨altnis P(krank und geimpft)/P(geimpft). In Beispiel 2.6 finden wir, dass die Wahrscheinlichkeit, ob ein Kind krank wird, ganz unterschiedlich einzusch¨atzen ist, je nachdem, ob man noch gar nichts u ¨ber das Kind weiss, ob man weiss, dass es geimpft ist, oder ob man weiss, dass es nicht geimpft ist: P(krank) = 0.5 , P(krank | geimpft) = 0.2 , P(krank | nicht geimpft) = 0.7 . Offensichtlich besteht — zumindest von der Statistik her — ein Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen, dass ein Kind geimpft ist, und dass es krank wird. 2.10. Definition. Seien A, B Ereignisse. Die Ereignisse A und B heißen unabh¨ angig, wenn eine der folgenden drei Bedingungen gilt. Wenn eine gilt, dann gelten auch alle drei. P(A | B) =

P(A) ,

P(B | A) =

P(B) ,

P(A und B) =

P(A) · P(B) .

Wenn dagegen eine von den drei Bedingungen falsch ist, dann sind alle drei falsch, und die Ereignisse A und B heißen abh¨ angig. Wenn man sich an die Formel der bedingten Wahrscheinlichkeit (Regel 2.9) erinnert: P(A | B) , P(A und B) = P(B) sieht man leicht, dass die erste und dritte Bedingung das selbe aussagen. Wenn man nun die Rollen von A und B vertauscht, sieht man auch, dass die zweite und die dritte Bedingung das selbe aussagen.

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2.11. Tipp. Wenn man feststellt, dass zwischen zwei Ereignissen eine statistische Abh¨ angigkeit besteht, beweist das noch lange nicht, dass auch ein kausaler Zusammenhang zwischen ihnen besteht. Unabh¨ angigkeit ist eine statistische Eigenschaft. Andererseits gelten viele Regeln der Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung nur f¨ ur unabh¨ angige Ereignisse. Wenn man keinen Grund sieht, warum ein Ereignis das andere beeinflussen k¨ onnte, nimmt man allgemein an, dass es unabh¨ angige Ereignisse sind. 3. Einfaches stochastisches Populationsmodell 3.1. Das Modell. 3.1. Beispiel. In einem Lebensraum soll eine dort ausgestorbene Tierart wieder eingef¨ uhrt werden. Wir z¨ ahlen hier vereinfachend nur die Weibchen jeweils an einem Stichtag im Jahre t nach der Aussetzung der ersten Exemplare.4 Wir machen folgende Annahmen: (1) Die folgenden Tabelle gibt an, mit welchen Wahrscheinlichkeiten ein Weibchen in welchen Alter 0, 1, oder 2 weibliche Nachkommen hat, und mit welcher Wahrscheinlichkeit es das Jahr u ¨berlebt: ¨ Nachkommen Uberleben 0 1 2 Alter Geburtsjahr 0 0 0 0.6 1 Jahr 0.4 0.4 0.2 0.7 0.6 ¨alter als 1 J. 0.7 0.2 0.1 (2) Wir nehmen an, dass keine Zuwanderung oder Abwanderung stattfindet. (3) Wir gehen davon aus, dass wir im Jahre t = 0 eine bestimmte Anzahl s einj¨ ahriger Weibchen und eine ad¨ aquate Anzahl einj¨ ahriger M¨ annchen einsetzen. ¨ Eine deterministische Modellierung auf Grund der Erwartungswerte von Uberleben und Nachkommenschaft w¨ urde ergeben, dass die Population exponentiell w¨ achst, allerdings im Mittel jedes Jahr um circe 3.6%. Da die Population aber zumindest am Anfang sehr klein ist, besteht trotzdem das Risiko, dass sie ausstirbt. Es ist abzusch¨ atzen, wie groß das Risiko ist, dass die Population innerhalb von 10 Jahren ausstirbt, und daraus zu schließen, wieviel Weibchen (und ad¨ aquat M¨ annchen) zu Beginn einzusetzen sind. Wir haben hier demographische Daten, die vom Alter abh¨angen, daher m¨ ussen wir die Weibchen aufteilen in welche, die im Jahre t geboren, ein Jahr, oder ¨alter sind. Wir setzen daher an   w0 (t) W (t) = w1 (t) w2 (t) Dabei ist w0 (t) die Anzahl der im Jahre t neugeborenen Weibchen, w1 (t) die Anzahl der Weibchen, die im Jahre t gerade ein Jahr alt ist, und w2 (t) die Anzahl der Weibchen, die im Jahre t ¨alter als ein Jahr sind. Da wir nur eine Wahrscheinlichkeitsbeziehung haben, h¨angt der Vektor W (t) vom Zufall ab. Wir sagen auch, w0 (t), w1 (t) und w2 (t) sind Zufallsvariable. Wir erstellen ein Simulationsmodell, welches nach den Wahrscheinlichkeitsgesetzen der obigen Tabelle abl¨auft. ur das Jahr 0 die Anfangswerte ein. (1) Setze f¨ 4Das ist bei einer kleinen Population nicht unbedingt gerechtfertigt. Was geschieht, wenn die M¨ annchen aussterben.

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(2) Bestimme die Populationen der folgenden Jahre schrittweise folgendermaßen: ¨ • Uberpr¨ ufe f¨ ur jedes Weibchen, das im Vorjahr 0 Jahre alt war, ob es heuer noch lebt, (Es r¨ uckt dann in die Altersklasse 1-j¨ahrig. Es werden w0 (t − 1) Weibchen u uft.) ¨berpr¨ ¨ • Uberpr¨ ufe f¨ ur jedes Weibchen, das im Vorjahr 1 Jahr alt war (das sind w1 (t − 1) Exemplare), – ob es heuer noch lebt. (Es r¨ uckt dann in die Altersklasse 2 oder mehrj¨ahrig.) – ob und wieviele Nachkommen es hatte. (Diese kommen in die Altersklasse 0 j¨ahrig.) ¨ • Uberpr¨ ufe f¨ ur jedes Weibchen, das im Vorjahr ¨alter als 1 Jahr war (das sind w2 (t − 1) Exemplare), – ob es heuer noch lebt. (Es bleibt dann der obersten Altersklasse.) – ob und wieviele Nachkommen es hatte. (Diese kommen in die Altersklasse 0 j¨ahrig.) Etwas strenger formal ausgeschrieben erhalten wir: w0 (0) := 0, w1 (0) := s, w2 (0) := 0 . F¨ ur t = 1, 2, · · · , 10 f¨ uhre folgende Schritte durch: w0 (t) := 0, w1 (t) := 0, w2 (t) := 0 Beginn der Z¨ahlung. F¨ uhre w0 (t − 1) mal folgenden Schritt durch: ( w1 (t) := w1 (t) + 1 mit Wahrscheinlichkeit 0.6 w1 (t) unver¨andert mit Wahrscheinlichkeit 0.4 F¨ uhre w1 (t − 1) mal folgende Schritte durch: ( w2 (t) := w2 (t) + 1 mit Wahrscheinlichkeit 0.7 w2 (t) unver¨andert mit Wahrscheinlichkeit 0.3   mit Wahrscheinlichkeit 0.4 w0 (t) unver¨andert w0 (t) := w0 (t) + 1 mit Wahrscheinlichkeit 0.4   w0 (t) := w0 (t) + 2 mit Wahrscheinlichkeit 0.2 F¨ uhre w2 (t − 1) mal folgende Schritte durch: ( w2 (t) := w2 (t) + 1 mit Wahrscheinlichkeit 0.6 w2 (t) unver¨andert mit Wahrscheinlichkeit 0.4   mit Wahrscheinlichkeit 0.7 w0 (t) unver¨andert w0 (t) := w0 (t) + 1 mit Wahrscheinlichkeit 0.2   w0 (t) := w0 (t) + 2 mit Wahrscheinlichkeit 0.1 Gehe zum n¨achsten Zeitschritt. 3.2. Zufallszahlengenerator. Alle diese Schritte lassen sich leicht in einem Computerprogramm nachbauen. Nur brauchen wir daf¨ ur eine M¨oglichkeit, den Einfluss des Zufalls zu simulieren. Dazu dient ein Zufallszahlengenerator. 3.2. Definition. Ein Zufallszahlengenerator ist ein Programm, das bei jedem Aufruf eine (scheinbar!) zuf¨ allige Zahl liefert.

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Je nach Zufallszahlengenerator folgen die Wahrscheinlichkeiten des Auftretens der einzelnen Zahlen einem bestimmten Verteilungsgesetz (z.B. gleichverteilt zwischen 0 und 1, oder standardnormalverteilt). 3.3. Bemerkung. In Wirklichkeit rechnen die einfacheren Zufallszahlengeneratoren rein deterministisch, eine aus Zufallszahl aus der vorigen, sogar mit ziemlich oßen Zahlen. Es werden nur einige Dezimalen einfachen Formeln, aber mit sehr gr¨ der augenblicklich im Generator gespeicherten Zahl als Zufallszahl ausgegeben, sodass das Auftreten der n¨ achsten Zahl fast zuf¨ allig wirkt. Die im Zufallsgenerator zuerst gespeicherte Zahl heißt “seed”, und wird vom Computer bei jedem Start aus den verschiedensten Daten (Datum, Uhrzeit usw.) zusammengesetzt. Startet man den Generator zweimal mit demselben seed, erh¨ alt man eine identische Folge von “Zufallszahlen”. 3.4. Regel. Eine Wahrscheinlichkeitsentscheidung soll mittels Zufallsgenerator simuliert werden. Es soll ausgef¨ uhrt werden: • Befehl A1 mit Wahrscheinlichkeit p1 , • Befehl A2 mit Wahrscheinlichkeit p2 , • ... • Befehl Am mit Wahrscheinlichkeit pm . Man verwendet einen Zufallszahlengenerator, der gleichverteilte Zufallszahlen aus dem Intervall [0, 1] liefert.5 Bei jeder neuen Entscheidung ruft man den Zufallszahlengenerator neu auf und erh¨ alt eine Zufallszahl r. Man entscheidet: • Wenn r < p1 f¨ ur Befehl A1 , • wenn r ≥ p1 aber r < p1 + p2 f¨ ur A2 , • wenn r ≥ p1 + p2 aber r < p1 + p2 + p3 f¨ ur A3 , • ... 3.5. Beispiel. Schreiben Sie ein Programm, das mit Wahrscheinlichkeit 0.25 “Guten Morgen,”, mit Wahrscheinlichkeit 0.5 “Guten Tag,”, und mit Wahrscheinlichkeit 0.25 “Guten Abend,” schreibt. Anschließend soll mit Wahrscheinlichkeit 0.9 geschrieben werden “sehr erfreut!”, mit Wahrscheinlichkeit 0.1 “habts mich gern.” L¨ osung: In MATLAB liefert der Zufallsgenerator rand gleichverteilte Zufallszahlen zwischen 0 und 1. r = rand; %erste Zufallsentscheidung if r
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