1 Das Bühnenspiel - 364 Clemens Schäfer Blind date Jugendstück

February 1, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Darstellende Kunst, Theater
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Das Bühnenspiel - 364

Spieltruppe an.

Clemens Schäfer

Entscheidet sich die Spielleitung in einer

Blind date

Neuinszenierung für den gleichen Weg, nämlich das

Jugendstück

Publikum über den tatsächlichen Verlauf des Abends im

ISBN 3-7695-0720-7

Unklaren zu lassen - was sehr zu empfehlen ist - sollte

Bestimmungen über das Aufführungsrecht

sie die im Stück gemachten Zitate:

Das Recht zur einmaligen Aufführung dieses Stückes

"wollen Einblick geben in den spielerischen Alltag der

wird durch den Kauf der vom Verlag vorgeschriebenen

Gruppe"; "Über die Dörfer gehen"; (P. Handke); "Sich Zeit

Bücher erworben. Für jede Wiederholung bzw. weitere

lassen" in ihrem Programmhefttext natürlich unbedingt

Aufführung des Stückes muss eine vom Verlag

verwenden.

festgesetzte Gebühr vor der Aufführung an den

Eine Produktion einer Theater AG

Deutschen Theaterverlag, Pf 20 02 63, D-69459

am Theater im Zentrum, Stuttgart 1994

Weinheim/Bergstraße gezahlt werden, der dann die

Spieltyp: Schüler/Junge Erwachsene

Aufführungsgenehmigung erteilt.

Spielanlass: Aufführungen in Schule, Theater-AG,

Für jede Aufführung in Räumen mit mehr als 300 Plätzen

Jugendzentrum

ist außer dem Kaufpreis für die vorgeschriebenen

Spielraum: Einfache Bühne genügt

Rollenbücher eine Tantieme an den Verlag zu

Darsteller: 4m 5w

entrichten.

Spieldauer: Ca. 60 Minuten

Diese Bestimmungen gelten auch für

Aufführungsrecht: Bezug von 10 Textbüchern

Wohltätigkeitsveranstaltungen und Aufführungen in

Der auszugsweise Abdruck aus Peter Handkes

geschlossenen Kreisen ohne Einnahmen.

"Über die Dörfer" erfolgt mit freundlicher Genehmigung

Unerlaubte Aufführungen, unerlaubtes Abschreiben,

des Suhrkamp Verlags, Frankfurt am Main

Vervielfältigen oder Verleihen der Rollen müssen als

Personen:

Verstoß gegen das Urheberrecht verfolgt werden. Den

Sabine

Bühnen gegenüber als Handschrift gedruckt.

Kathrin

Alle Rechte, auch die der Übersetzung, Verfilmung,

Isabelle

Rundfunk- und Fernsehübertragung, sind vorbehalten.

Biggi

Das Recht zur Aufführung erteilt ausschließlich der

Sven

Deutsche Theaterverlag, Pf 20 02 63, D-69459

Stefan

Weinheim/Bergstraße.

Thomas alias Albert Metzger

Für die einmalige Aufführung dieses Stückes ist der Kauf

Daniel alias Fritz Kleibenstiel

von 10 Textbüchern vorgeschrieben. Zusätzliche

Die Bühne:

Textbücher können zum Katalogpreis nachbezogen

Im Zentrum der Bühne zwei Stuhlreihen, insgesamt 10

werden.

Stühle - 5 vorne - 5 hinten. Die hintere Stuhlreihe steht

Kurzinformation

auf einem Podest. Eine Bestuhlung wie im Theater. Ein

Die Spieler auf der Bühne spielen Publikum. Sie warten

Zuschauerraum. Auf allen Stühlen liegt ein

auf den Beginn eines Stückes. Die wirklichen Zuschauer

Programmheft.

werden von ihnen als Schauspieler angespielt. Zur

Auf dem Umschlag des Programmheftes kann so etwas

Uraufführung bekamen die wirklichen Zuschauer einen

wie "Festivalprogramm" stehen.

Programmhefttext, auf den sich die Spieler in Verlauf des

(Die Personen treten auf. Nacheinander)

Stückes beziehen. Das heißt, dass die wirklichen

BIGGI:

Zuschauer in der Erwartung waren, einen Abend zu

(sucht lange nach dem besten Platz. Setzt sich mal auf

erleben, an dem eine Theater-AG einen Einblick in ihre

den einen, dann auf einen anderen. Schaut auf ihre

Trainings- und Schau-Spiel-Arbeit geben will. Die Spieler,

Platzkarte ... steht wieder auf ... sucht weiter ... setzt sich

die mit dem gleichen Programmhefttext spielen, spielen

schließlich in die Mitte der ersten Reihe)

nun die wirklichen Zuschauer als die angekündigte

MIRIAM: 1

(hat sehr schlechte Augen und zusätzlich eine

öffnet. Tut dann die Schachtel wieder in den Koffer,

Sonnenbrille auf. Sucht daher sehr groß und

stellt den Koffer längs vor den leeren Stuhl. DANIEL

umständlich die Platznummern an den Stuhlreihen)

beginnt das Programmheft zu studieren)

KATHRIN:

BIGGI:

(sucht ihren Platz. Drängt sich an MIRIAM, die in der

(fühlt sich durch den Koffer gestört. Ein komödianti-

Mitte der zweiten Reihe Platz genommen hat, vorbei.

sches Spiel zwischen BIGGI und DANIEL entsteht)

MIRIAM:

THOMAS:

(stützt sich auf BIGGI ab)

(kommt gehetzt von hinten und fällt über das Podest.

KATHRIN:

Hat unter seiner Jacke einen Benzinkanister nur

(gelangt zu ihrem Platz, auf dem BIGGI sitzt)

notdürftig "versteckt". Lässt sich in den Sitz ganz rechts

BIGGI:

in der zweiten Reihe fallen) ALLE:

(rutscht verschämt immer tiefer) KATHRIN:

(WARTEN. Etwas "Hüsteln") KATHRIN:

(bringt es nicht fertig, BIGGI wegzuschicken, setzt sich neben sie)

Wann geht es denn los?

ISABELLE/SVEN:

(Alle Köpfe rum)

(ISABELLE mit Tempo rein, - voll bepackt mit einer

(warten) SVEN:

großen Einkaufstüte. SVEN hinterher. ISABELLE knickt mit dem Fuß um. SVEN kommt ihr zu Hilfe. ISABELLE ist

Ja, wann fängt das denn an? Alle:

wütend und aufgelöst. Beide zischen sich an. ISABELLE wird von SVEN auf den Arm genommen. Beide suchen

(nacheinander)

dann umständlich ihre Platzkarten. Dann

SSSSTTTTT

drängelt sich SVEN mit ISABELLE auf dem Arm durch die

(warten) ISABELLE:

2. Reihe. Setzen sich in die hintere Reihe links. SVEN sitzt außen und hat die Tüten auf dem Schoß)

Mein Freund wird doch wohl noch fragen dürfen, wann

STEFAN:

es hier endlich los geht. ALLE:

(von rechts auf. Quetscht sich in die zweite Stuhlreihe. Auf den zweiten Stuhl rechts. Will sich setzen, schreckt

(Köpfe rum ... Schweigen! Schauen dann wieder nach

hoch, nimmt das Programmheft. Zupft an seiner Fliege.

vorn. Warten) STEFAN:

Weitet mit dem Finger seinen Kragen. Es ist ihm sichtlich alles zu eng: An ihm und um ihn herum. Er hantiert mit

(wechselt das Bein, er tritt dabei an einen Stuhl, alle

seiner "Herrentasche")

drehen sich um)

SABINE:

ALLE:

(kommt sehr demonstrativ auf und sucht "wichtig" ihren

(schweigen)

Platz. Setzt sich nach vorn ganz links auf den Stuhl,

SVEN:

neben KATHRIN. Rechts von KATHRIN BIGGI. SABINE

(stellt ISABELLE die Tasche auf den Schoß, ISABELLE gibt

beginnt sich zu schminken. Die Personen hinter ihr

sie zurück. Das Spiel wiederholt sich. SVEN stellt

schauen ihr sehr demonstrativ zu. SABINE erblickt sie

ISABELLE die Tasche erneut auf den Schoß)

über den Schminkspiegel, nimmt ihr Parfüm und spritzt

ISABELLE:

damit wie zufällig nach hinten. Der Spiegel hilft ihr bei

Spinnst du?!

der "Zielfindung". Die Beobachter schrecken zurück)

SVEN:

DANIEL:

Ich wollte die Tüte nicht mit hinein nehmen.

(sucht verunsichert den Platz, setzt sich ganz rechts in

ISABELLE:

die erste Reihe. Der Platz zwischen BIGGI und ihm ist frei.

Ich hab doch gesagt: Gib sie ab.

Er hat einen Koffer dabei. Schaut in den Koffer, aus dem

SVEN:

er eine Schachtel holt, die er nur kurz und sehr vorsichtig

Den Euro kriegen die nicht von mir. 2

ISABELLE:

SVEN:

Dann nimm du sie.

Wer?

(gibt die Tasche Sven zurück)

DANIEL:

SVEN:

Na die Spieler.

(stellt sie neben sich ab)

BIGGI:

KATHRIN:

Die Artisten. Wisst ihr denn nicht:

(zu SABINE) Von wegen Abgeben, die Garderobe war doch

(Lichtwechsel)

geschlossen. (sie fasst in ihre Tasche, holt einen nassen Schirm heraus,

Text von G. Gene: Der Seiltänzer

macht ihn auf, stellt ihn vor sich hin)

BIGGI:

STEFAN:

"Eine Paillette ist eine winzige Scheibe aus vergoldetem

(räuspert sich unverdächtig, wechselt das Bein: Es

Metall von einem Loch durchbohrt, dünn und leicht

klemmt im Schritt)

vermag sie auf dem Wasser zu schwimmen, manchmal

BIGGI:

bleiben eine oder zwei in den Locken eines Akrobaten

(bemerkt eine Paillette am Boden und nimmt sie auf)

hängen, ...

KATHRIN:

SABINE:

(setzt sich auf den Platz von BIGGI)

"Die Liebe, obschon hoffnungslos, jedoch voller

STEFAN:

Zärtlichkeit, die du deinem Seil entgegenbringen musst,

(setzt sich wie erlöst nach vorn)

wird ebensoviel Kraft haben, wie das Eisenseil, das dich

THOMAS:

trägt. Ich kenne die Dinge - ihre Tücken, ihre

(setzt sich neben MIRIAM, BIGGI dreht sich um)

Grausamkeiten, aber auch ihre Dankbarkeit. Das Seil war

BIGGI:

tot oder, wenn du willst, stumm, blind - du erscheinst,

Aber ...

es wird lebendig, es spricht ..."

STEFAN:

MIRIAM:

Ich glaube, sie fangen an.

"Du wirst es lieben mit einer beinahe fleischlichen Liebe.

(Ein Ruck geht durch die Gruppe)

Jeden Morgen, bevor du dein Training beginnst, nimm

BIGGI:

es, wenn es aufgespannt ist und zittert, und gib ihm

Aber ich ...

einen Kuss bitte es, dich zu tragen und dir Eleganz und

ALLE:

fiebernde Erregung zu gewähren, und am Ende jeder

SSSSSTTTTTT

Vorstellung nimm es und danke ihm. Und nachts, wenn

BIGGI:

es zusammengerollt in seinem Kasten liegt, besuche und

(setzt sich auf den Stuhl rechts hinten)

liebkose es und lege deine Wange an seine."

Alle:

(Lichtwechsel)

(warten)

ISABELLE:

BIGGI:

Und nun?

(in die Stille)

MIRIAM:

Schauen Sie.

Immerhin gibt es Hoffnung.

ALLE:

STEFAN:

(Köpfe rum)

Fünfzehn Minuten ist normal.

STEFAN:

SVEN:

Was ist das?

Dann geht es ja gleich los.

BIGGI:

(Ein erneuter Ruck geht durch die Gruppe)

Eine Paillette.

THOMAS:

DANIEL:

Also, ich möchte ...

Also müssen sie hier gewesen sein.

Alle: 3

SSSSTTTT!

STEFAN:

MIRIAM:

(zieht THOMAS am Pullover wieder auf den Sitz)

Sehen Sie schon was?

Ach seien Sie doch ruhig.

STEFAN:

MIRIAM:

Nein.

Es tut sich was.

BIGGI:

ALLE:

(fällt mit ihrem Stuhl um)

(schauen nach vorne - nach einer Weile beginnen sie zu

Alle:

hüsteln, immer lauter, - werden dann wieder leiser)

SSST.

ISABELLE:

KATHRIN:

Da tut sich nichts.

(wackelt mit ihrem Stuhl)

SABINE:

ALLE:

Jetzt warten Sie doch!!!

(Augen auf sie)

STEFAN:

KATHRIN:

(nimmt sein Fernglas)

(setzt sich auf den Stuhl links von ihr)

MIRIAM:

ISABELLE:

Geben Sie mal her ...

Scheiße, jetzt kann ich nichts sehen.

STEFAN:

ISABELLE und SVEN:

(gibt es ihr)

(wechseln den Sitz)

MIRIAM:

BIGGI:

Ich glaube, wir werden beobachtet.

(kommt nach vorn geschlichen und setzt sich vor

ISABELLE:

ISABELLE und MIRIAM)

Tatsächlich, da sind ja welche da.

ISABELLE und MIRIAM:

SABINE:

(im Wechsel zu BIGGI)

Na, ich sage ja, dann kann es jetzt gleich losgehen.

Rücken Sie doch mal!

THOMAS:

STEFAN:

Also, ich möchte ...

Seien Sie doch ruhig.

Alle:

SVEN:

SSSTTTT

Seien Sie doch ruhig.

(Das Warten wird wieder unangenehm, irgendwie

STEFAN:

erscheint das allen seltsam. Sie beginnen nacheinander,

Nein, Seien Sie doch ruhig.

in den Programmheften zu blättern)

SVEN:

ISABELLE:

Nein Sie.

Was wird hier eigentlich gespielt?

STEFAN:

SABINE:

Nein, Sie.

Dem Bühnenaufbau nach ist es:

SVEN:

"Der tiefe Schlaf" von C.G. Müller.

Sie!

Alle:

STEFAN:

Nein, nein, nein.

Unverschämtheit.

SVEN:

SABINE:

"Die Stühle."

Ruhe.

ALLe:

STEFAN:

Nein, nein.

Wissen Sie überhaupt, mit wem Sie reden?

MIRIAM:

THOMAS:

Mein Gott, hier ist doch das Programm.

(steht auf)

DANIEL:

Also ich möchte ...

Heute ist der Sechste. 4

ISABELLE:

STEFAN:

Warum sind wir dann nicht bei Erika?

Wie kommen Sie darauf?

SVEN:

MIRIAM:

Ist doch egal, wo man sich langweilt.

(zu STEFAN)

KATHRIN:

Sitzen Sie die ganze Zeit auf einem Stuhl?

Nein, nein, nein, es ist eindeutig der Siebte, denn

STEFAN:

vorgestern, am fünften, hatte ich einen Termin bei Jossi

Ich bin auch keine Gruppe.

Schrader, Sie wissen, der bekannte Modeschöpfer, ein

MIRIAM:

sehr interessanter ...

Was tun die denn da?

SABINE:

DANIEL:

Richtig, ich war in der Philharmonie, Ben Freudenstein

Vermutlich Lee Strassberg.

hat dirigiert. Ein Freund kennt ...

ISABELLE:

STEFAN:

(schaut ins Programmheft)

Nein, unmöglich. Norbert Grützenklei, Sie wissen, der

Aber, der spielt doch gar nicht mit.

große Performer, hat sich gestern von fünf Kamelen

SABINE:

tottrampeln lassen. Und das war der Fünfte. Da bin ich

Mein Gott, das ist die "Methode".

ganz sicher.

ISABELLE:

SABINE:

Hä??

Konsequent, nachdem er sich lebendig häuten ließ.

DANIEL:

KATHRIN:

Stuhlentspannung. Sie demonstrieren vermutlich

Seine Frau konnte sich ja nirgends mehr mit ihm blicken

Stuhlentspannung.

lassen.

MIRIAM:

DANIEL:

Da weiß man ja nicht einmal, ob es angefangen hat.

Es ist der Sechste.

KATHRIN:

SABINE:

Natürlich. Hören Sie doch nur, die Gruppe will:

EEhhhrlich!

(liest im Programmheft)

MIRIAM:

"Über die Dörfer gehen". Klammer auf. P.Handke

Fünf plus ein Kamel macht sechs.

Klammer zu ...??

STEFAN:

STEFAN:

Grützenkleis Metaphorik hatte stets etwas Zwingendes.

Peter Handke. Sein Text: "Über die Dörfer"

KATHRIN:

KATHRIN:

Was hätte es denn am Siebten gegeben?

Wird hier zitiert!

(blättern verwirrt im Programmheft)

STEFAN:

DANIEL:

Na, da dürfen wir aber gespannt sein.

Nein. Nein. Jetzt handelt es sich eindeutig um "Blind

MIRIAM:

date".

Die gehen nicht, die sitzen doch alle.

MIRIAM:

SVEN:

Da sind doch: "Des Kaisers neue Kleider".

Hier steht noch: "Sich Zeit lassen". Na Prima.

SABINE:

BIGGI:

Da kann man ja mal gespannt sein.

Sitzen. Sich Zeit lassen ... Wie lange kann das gehen?

ISABELLE:

STEFAN:

Ah ja! Hier: "Blind date". Ähhh ... Hier: "Wir wollen

Was: "Sich Zeit lassen"?

Einblick geben in den spielerischen Alltag unserer

BIGGI:

Theatergruppe".

Nein, diese "Strassbergsche Stuhlentspannung".

MIRIAM:

DANIEL:

Na, der scheint ja ziemlich trist zu sein.

Stunden. 5

BIGGI:

SABINE:

Entsetzlich.

Und dafür sind wir hergekommen, das habe ich auch zu

DANIEL:

Hause.

Nur für den, der mitmacht.

DANIEL:

MIRIAM:

Wir hätten uns zu Hause nie so unterhalten wie jetzt.

Nein, für den, der zuschaut.

MIRIAM:

STEFAN:

Das hätten wir auch an einer Bushaltestelle haben

Sie verstehen das nicht richtig. Es ist eine Metapher für

können.

die Hektik unserer Zeit.

KATHRIN:

SVEN:

Aber da wäre Ihnen doch diese Leere, diese Einsamkeit

... Wobei sie diese Hektik geschickt umgehen.

des Individuums gar nicht aufgefallen.

( zitiert wieder aus dem Programmheft)

SVEN:

"Lassen sich Zeit ... nehmen sich Zeit, gehen Umwege."

Scheiße. Was jetzt: Zeit lassen, Hektik oder Leere?

MIRIAM:

STEFAN:

Die haben sich verlaufen.

Die polymorphe Phänomenologie postmoderner

STEFAN:

Humansozietät.

Aber sehen Sie denn nicht, das genau Sie diese Hektik

SVEN:

machen!

Ach so. Ja ... das kann ich ja nicht wissen.

SVEN:

STEFAN:

Mit einer gewissen Erwartung geht man dann doch ins

Daher sage ich es Ihnen.

Theater.

ISABELLE:

STEFAN:

Er geht einfach zu wenig ins Theater.

Ja, genau das ist der Punkt: Sie projizieren die Hektik

STEFAN:

unserer Zeit auf das Theater.

Aber jetzt schauen Sie doch endlich hin.

SVEN:

ISABELLE:

Ich, ähh.

Wieso, hat es denn schon angefangen?

SABINE:

SVEN:

Das haben Sie gut ausgedrückt.

Aber was hat das denn alles für einen Sinn?

SVEN:

STEFAN:

Na ja, ich gehe ins Theater mit einer gewissen

Wir dürfen den Sinn nicht suchen, sondern wir müssen

Erwartung. Mit der Erwartung, gewissermaßen

darauf warten, dass er uns begegnet.

unterhalten zu werden. Unterhalten zu werden, damit

(Alle schauen angestrengt ...)

man in Muse sich entwickeln kann.

THOMAS:

ISABELLE:

Also ich wollte ...

Wo hast du denn das aufgeschnappt?

Alle:

STEFAN:

SSSSTTTT

Es erscheint mir doch ziemlich bürgerlich, dass Sie hier

THOMAS:

Unterhaltung erwarten. Das Theater ist ein Spiegel der

(steht wieder auf)

Zeit.

Ich wollte ...

SVEN:

STEFAN:

Wie jetzt ...?

Ja, verflixt noch mal, was wollen Sie eigentlich die ganze

STEFAN:

Zeit?

Ja ... unsere Gesellschaft spiegelt sich im Theater. Das ist

THOMAS:

die große LEERE.

Also, wenn sich hier schon nichts tut, um so leichter

SVEN:

kann ich ... meine Sache los werden. Also, ich, ich

Nichts los bei uns??

möchte die ... Anwesenheit von Presse und öffentlichem 6

Leben nutzen, um, na, wo hab ... ich ihn denn ...

Wir haben extra den Fotoapparat herausgekramt.

(holt einen Zettel aus der Hosentasche)

THOMAS:

Ich heiße Albert Metzger und bin am Ende. Heute Nacht

Tut mir leid, aber ich war mir sicher, dass Benzin drin ist.

habe ich auf einer Parkbank geschlafen, bin daraufhin zu

KATHRIN:

spät zur Arbeit gekommen, worauf mich mein Chef

Sie sind ein Versager.

sofort entließ. Vielleicht sollte ich Ihnen noch sagen,

STEFAN:

warum ich auf der Parkbank geschlafen habe? Das war

Ein neurotischer Wichtigtuer.

so: Als ich gestern nach Hause kam, ertappte ich meine

KATHRIN:

Freundin mit einem Liebhaber, der mich gleich aus

Unglaublich. Hält uns hier auf. Aber mir, mir ist erst

meiner eigenen Wohnung warf. Diese Ereignisse möchte

etwas passiert. Wenn Sie wüssten, was für einen Tag ich

ich zum Anlass nehmen, mich medienwirksam ... selbst

hinter mir habe. Das passt so richtig, dass nun auch

zu verbrennen.

dieses Theaterstück nicht pünktlich anfängt. Geh' ich

SABINE:

heute über die Königstraße, denke, ich leiste mir mal

Das ist ja schrecklich.

etwas Schickes, für heute Abend ins Theater. Stehe ich

SVEN:

vor einem Schaufenster - und was passiert: So ein

Gib doch mal den Fotoapparat.

Straßenköter pinkelt mir an die Jill Sanders Leggings.

ISABELLE:

Aber das ist noch nicht alles. Fünf Minuten, bevor ich ins

Ja, ja, jetzt wart' doch.

Theater fahren will, sagt meine Freundin Karin ab. Jetzt

DANIEL:

muss ich auch

Da muss man ja eingreifen.

noch alleine ins Theater gehen.

THOMAS:

SABINE:

(probiert sein Feuerzeug aus)

Das ist ja schrecklich.

Hat jemand ein Feuerzeug, es funktioniert nicht.

KATHRIN:

MIRIAM:

Warten Sie. Draußen hat es wie aus Kübeln gegossen.

Wenn ich Ihnen behilflich sein kann.

Die Garderobe hatte zu und mein Schirm hat die ganze

(reicht ihm ein Feuerzeug)

Tasche nass gemacht und jetzt fängt das Stück nicht an.

THOMAS:

ISABELLE:

(versucht, einen Benzinkanister zu öffnen)

Da können Sie doch noch von Glück sagen, ich ...

STEFAN:

THOMAS:

Ich versichere Ihnen: Eigentlich ist es mir zuwider, Ihnen

Ruhe!! Ich will ...

zu helfen.

ISABELLE:

Sie handeln ganz offensichtlich weder aus ästhetischer,

Was wollen Sie denn noch.

politischer, noch aus religiöser Überzeugung. Helfe ich

THOMAS:

Ihnen trotzdem, geschieht dies rein aus humanitären

Ich habe noch eine Pistole.

Gesichtspunkten.

STEFAN:

(überreicht ihm den von ihm geöffneten Kanister)

Geben Sie sich keine Mühe, das Pulver ist sicher nass.

THOMAS:

(klick)

(gießt etwas Benzin über sich aus und versucht, sich

THOMAS:

anzuzünden)

Sie haben recht. Tut mir leid.

BIGGI:

ISABELLE:

Seien Sie ...Vorsicht, meine Kleider ... Es ist nur Wasser!

Fertig? Also gut! Ich heute, mit ihm. Den ganzen Tag

SVEN:

Einkaufsstress. Dieser Mann in seiner Unbeholfenheit

Er hat uns belogen.

kann einen ganz mürbe machen.

SABINE:

SVEN:

Unglaublich, der hat nur so getan.

Was redest du da. Ich bin doch immer derjenige, der den

SVEN:

Ärger hat. Wer muss denn immer die Strafzettel zahlen, 7

weil Madame behauptet, dass man da ruhig parken

wir in die Stadt fahren, machen wir uns ein paar belegte

kann?

Brote. Das hat sozusagen Tradition.

ISABELLE:

(beginnen aufzustehen)

Du musst nicht auf mich hören. Du musst ja gar nicht auf mich hören. Hat einer gesagt, dass du auf mich

SVEN:

hören musst?

Na kommen Sie.

SVEN:

(breitet eine Decke aus)

Ich geh' nun einmal auf dich ein.

ISABELLE:

ISABELLE:

Etwas Aufschnitt. Kekse ...

Ach, dein Eingehen. Du bist ein Waschlappen. Alles

MIRIAM:

muss man dir sagen. Alles muss man ihm sagen.

Wie alt werden Sie denn?

SVEN:

BIGGI:

Jetzt sei aber ruhig.

Ich ...

ISABELLE:

STEFAN:

Oh nein, alle sollen es hören. Mit dir ist doch nichts

Vielleicht sollten wir ihr etwas singen.

mehr los.

KATHRIN:

SVEN:

Jetzt fehlen nur noch die Kerzen.

Ich frage mich, was ich an dieser Frau je geliebt habe.

SVEN:

ISABELLE:

Und hier das Wichtigste: Die Zwiebeln.

Das kann ich mich auch fragen. Du!! Mit dir ist nichts

ISABELLE:

los. Auf allen Ebenen. Sogar im Bett. Sogar im Bett.

Hör doch bitte auf.

SVEN:

SVEN:

Bitte.

Nein jetzt lass' mich doch. - Ich bin der weltbeste

ISABELLE:

Zwiebelschneider.

Kann doch jeder hören. Sogar da muss ich dir noch alles

ALLE:

sagen. Dieser Mann hat keinerlei Ideen.

Ahhhhh, ohhhh ...

SVEN:

ISABELLE:

Und sie, sie ist frigide. Jawohl.

Er hat in Aalen, in Württemberg, einen Wettbewerb

ISABELLE:

gewonnen.

Er weiß nicht einmal, wo meine Klitoris sitzt.

SVEN:

SVEN:

Immerhin. Immerhin. Darf ich es Ihnen demonstrieren??

Soll es jeder hören. Sie ist frigid.

(beide schauen ins Publikum)

KATHRIN:

MIRIAM:

Dagegen lässt sich ja was tun. Also: Seit ich auf dem

Na ja, da scheint sich ja eh nichts zu tun. Also los.

Bauch liegend masturbiere, etwa so, habe ich damit ...

SVEN:

DANIEL:

Hier ist das Messer, mit dem ich in Aalen war. Also:

Entschuldigung!!!

Jetzt passen Sie auf.

(peinliches Schweigen ...)

(schneidet völlig normal eine Zwiebel in Stücke)

BIGGI:

ISABELLE:

Ich habe heute Geburtstag.

Ich finde seine Hände einfach hässlich.

ALLE:

SVEN:

Herzlichen Glückwunsch ...

Fertig!!!!

ISABELLE:

(Die Akteure schauen sich an und wissen nicht so recht,

Ja, ich habe sogar Kuchen dabei.

wie sie auf diese völlig durchschnittliche Leistung

SVEN:

reagieren sollen. Schauen fragend ISABELLE an)

Und etwas Herzhaftes ist auch noch übrig. Immer, wenn

SVEN: 8

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