Abteilung Immungenetik (D030)

January 12, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Gesundheitswissenschaften, Immunologie
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Forschungsschwerpunkt D Tumorimmunologie

Abteilung D030 Immungenetik

Abteilung Immungenetik (D030) Leiter: Prof. Dr. med. Peter H. Krammer Wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. Rüdiger Arnold Dr. Sven Baumann Dr. Karsten Gülow Dr. Inna Lavrik Dr. Frederik Igney Dr. Andreas Krüger Dr. Min Li-Weber Dr. Diana Macasev Dr. Ana Martin-Villalba Dr. Henning Schulze-Bergkamen Dr Elisabeth Suri-Payer Doktoranden Konstantina Bourkoula Lucie Dörner Stefanie Fas Cornelius Fritsch Susanne Kleber Dagmar Riess Cecilia Zuliani Diplomanden Katalin Darvas Technische Angestellte Marco Giaisi Kathrin Kapppes Corinna Metzger Marlene Pach Simone Stösser Christine Stumpf Monika Walker

Dirk Brenner Nadine Eberhardt Christian Frey Alexander Golks Stefan Klussmann Heiko Weyd

Binje Fleischer Sibylle Klevenz Ursula Matiba Wolfgang Müller Simone Parg Nadja Stephan Dorothee Süss

Sekretariat Heidi Sauter Elektronik-Techniker Hanspeter Götz Spülküche Christa Kremer

Die Abteilung Immungenetik erforscht das Wachstum normaler und bösartig entarteter Lymphozyten. Modellhaft stehen hierbei zwei Themengebiete im Vordergrund: 1. Die Untersuchung der molekularen Mechanismen der Regulation der von Lymphozyten sezernierten Wachstumsfaktoren, der Zytokine, wie dem Interleukin 4, und 2. Untersuchungen mit Hilfe von programmiertem Zelltod, Apoptose, Zellwachstum zu stoppen. Das Zytokin Interleukin 4 ist unter anderem wichtig für das Wachstum von T-Lymphozyten. Die Expression des Interleukin 4 Gens unterliegt komplizierten, negativen und positiven Kontrollmechanismen. Die Aufklärung der Vorgänge bei der Regulation der Expression des Interleukin 4 Gens wird Aufschlüsse über Regulationsmechanismen der Expression anderer wichtiger Zellwachstumsgene liefern. Darüber hinaus sind diese Untersuchungen die Grundlage für ausgedehnte Studien zur Biologie von Interleukin 4. Apoptose ist die häufigste Form von natürlichem Zelltod im Organismus. Es ist das Ziel der Abteilung, die extrazellulären und intrazellulären Signale für Apoptose zu verstehen um Apoptose dann therapeutische gezielt in Tumorzellen einzusetzen. Der Einsatz modernster immunologischer, zellbiologischer und gentechnologischer Methoden und die Kooperation zwischen Grund-lagenforschung und Klinik ist nötig, um herauszufinden, warum Tumoren resistent gegenüber der Induktion von Apoptose und damit möglicherweise therapierefraktär sind.

Gabi Puttner

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Forschungsschwerpunkt D Tumorimmunologie Die physiologische Bedeutung der Apoptose Apoptose spielt eine fundamentale Rolle im Organismus. Sie ist verantwortlich für die Homöostase von Geweben und für die Beseitigung von alten, verletzten, mutierten oder „gefährlichen“ Zellen. Im Immunsystem ist sie der Hauptmechanismus, über den potentiell autoreaktive oder nutzlose Immunzellen beseitigt werden. T-Zellen durchlaufen im Thymus die Prozesse der positiven und negativen Selektion. Durch negative Selektion findet die Eliminierung von T-Zellen statt, deren T-Zell-Rezeptoren (TCR) mit Komplexen aus körpereigenen Peptiden und MHC reagieren und die damit potentiell autoreaktiv sind. Auf ähnliche Weise werden im Knochenmark B-Zellen mit einem nichtfunktionellen B-Zell-Rezeptor durch Apoptose beseitigt. Auch werden nach dem Gipfel einer Immunantwort aktivierte T-Zellen, die nicht mehr benötigt werden, durch Apoptose eliminiert. Dies bezeichnet man als aktivierungsinduzierten Zelltod (AICD). Beim Menschen wurden Mutationen des CD95-Systems beschrieben. Sie führen zur Ausbildung eines Autoimmun-Lymphoproliferativen Syndroms (ALPS) oder Canale Smith Syndrome, das eine massive Lymphadenopathie, die Akkumulation von nicht-malignen T-Zellen und Anzeichen von Autoimmunität zeigt. Diese Krankheitsbilder und der Sterbedefekt der T-Lymphozyten verdeutlichen, dass das CD95-System maßgeblich an der Apoptose im Immunsystem beteiligt ist. 234

Folgerungen für Pathomechanismen von Erkrankungen Die Aufklärung der Funktion des CD95-Systems hat Konsequenzen für das Verständnis der Entstehung von Krankheiten, die durch „zuviel“ oder durch „zuwenig“ Apoptose gekennzeichnet sind. Außer bei genetischen Defekten des CD95-Systems bei Maus und Mensch und den daraus resultierenden Autoimmunphänomenen gibt es bisher noch keine direkten Hinweise auf seine Störungen bei Autoimmunerkrankungen. Da jedoch das CD95-System an Immunregulation und peripherer Selbsttoleranz beteiligt ist, könnten sich bestimmte pathologische Konstellationen durch „zu wenig“Apoptose auszeichnen. Die Störungen könnten sich auch im Bereich der Regulatormoleküle finden und eine defekte Signalgebung verursachen. Die Entstehung von Autoimmunkrankheiten könnte man sich schließlich folgendermaßen vorstellen. Ständig präsente Autoantigene bewirken eine permanente Stimulation von autoreaktiven T-Zellen. Aufgrund der permanenten Stimulation schalten die T-Zellen den Apoptosesignalweg auf resistent, können nicht mehr absterben und schädigen den Organismus durch Sekretion inflammatorischer Zytokine. Auch die Massenzunahme von Tumoren ist erklärbar als die Summe von ungesteuertem Wachstum und reduziertem Zellsterben durch eine verminderte Apoptoserate. Hier könnten intrazelluläre anti-apoptotische Programme, die durch genetische Veränderungen aktiviert sind, die Apoptosesensitivität negativ beeinflussen und bei der Tumorentstehung und bei der Resistenzentwicklung von Tumoren, z.B. im Verlauf einer Chemotherapie mitwirken. „Zuviel“ Apoptose findet sich z.B. bei manchen Erkrankungen der Leber. Es gibt Hinweise, daß bei der Hepatitis, spezifische anti-virale T-Zellen die Virus-befallenen CD95positiven Leberzellen angreifen und durch CD95L abtöten. Bei der Leberschädigung durch Alkohol findet sich sogar CD95L -Produktion in CD95positiven Leberzellen selbst. So läßt sich spekulieren, daß toxische Alkoholabbauprodukte ein CD95-abhängiges Apoptoseprogramm, das zur Selbstzerstörung der Leberzellen führt, anschalten.

Abteilung D030 Immungenetik Auch bei AIDS findet sich mit Progression der Erkrankung eine gesteigerte Apoptose der Lymphozyten. Hier ist die Frage, ob eine gesteigerte Apoptose neben direktem Virusbefall eine der Ursachen für die T-Helferzelldepletion ist. Es gibt Hinweise darauf, daß bei HIV-infizierten Personen die durch das CD95/CD95L-System vermittelte Apoptose krankhaft gesteigert ist. Allerdings wurden auch CD95-unabhängige Mechanismen beschrieben, die zur verstärkten Apoptose von Lymphozyten bei AIDS beitragen können. Die Steigerung der CD95-vermittelten Apoptose findet sich auch in nicht-Virus-infizierten Zellen. Generell ist in HIVinfizierten Personen sowohl die Expression von CD95 auf T-Lymphozyten als auch die Produktion von CD95L stark erhöht. In Modellsystemen mit virusinfizierten T- Lymphozyten in der Zellkultur konnte gezeigt werden, daß die Steigerung der CD95-vermittelten Apoptose u.a. durch eine durch virale Genprodukte erhöhte CD95L-Produktion zustandekommt. Entscheidend hierfür ist das in virusinfizierten Zellen produzierte Molekül Tat. Tat kann von virusinfizierten T-Lymphozyten ausgeschieden und von nichtinfizierten T-Zellen aufgenommen werden. Auch in diesen T-Zellen sensibilisiert Tat die CD95vermittelte Apoptose und könnte so zum Tod und zur Depletion auch nichtinfizierter aktivierter T-Zellen beitragen. Ebenfalls verstärkend auf diesen Vorgang wirkt sich der Effekt eines Proteins der Virushülle, gp120, aus. Gp120 bindet an den CD4 Rezeptor von T-Helferzellen und sensibilisiert die CD95-vermittelte Apoptose besonders in diesen Zellen. Das molekulare Verständnis dieser Zusammenhänge läßt die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze erhoffen. Noch ist keine direkte, ausreichend erfolgreiche Therapie zur Eliminierung der infizierenden Viren in Sicht. Deshalb zielen solche Ansätze darauf, durch Neutralisierung der Tat- oder gp120-Effekte die CD95-vermittelte Apoptose auf Normalmaß zu reduzieren. Schließlich scheint das CD95 System auch bei der Entwicklung von Leberschäden und neurodegenerativen Erkrankungen wie Multipler Sklerose beteiligt zu sein.

Transkriptionelle Regulation der IL-4 Genexpression in T-Zellen M. Li-Weber, P.H. Krammer T-Helfer-Zellen (Th-Tellen) spielen durch die Synthese und Sekretion von Zytokinen eine Schlüsselrolle in der Immunantwort. Aufgrund ihres Zytokinprofils und ihrer funktionellen Eigenschaften unterscheidet man zwei Klassen von Th-Zellen: Die Th1-Zellen synthetisieren Interleukin-2 (IL2), Interferon-γ (IFN-γ) und Tumornekrosefaktor (TNF) und ermöglichen damit die zellvermittelte Immunantwort. Th2Zellen produzieren IL-4, IL-5, IL-6, IL-9, IL-10 sowie IL-13 und unterstützen die humorale Immunantwort. Der Charakter der Immunantwort wird grundlegend durch das interschiedliche Zytokinprofil der T-Helfer-Zell-Klassen beeinflußt. Da die jeweiligen Zytokine, welche während einer Immunantwort produziert werden, die Rekrutierung und Aktivierung anderer Immunzellen bestimmen, wurden entscheidende Fortschritte im Verständnis der Zytokine und Transkriptionsfaktoern gemacht, welche die Differenzierung von Th-Vorläuferzellen (Thp) zu reifen Th1 und Th2 Zellen kontrollieren. Es wurde gezeigt, daß IFN-γ Th1-Differenzierung über Induktion der IL-12 Produktion aktivierter Makrophagen und der Expression des IL-12-Rezeptors auf ThpZellen fördert. Jedoch wurden keine Regulations-

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Forschungsschwerpunkt D Tumorimmunologie mechanismen von Th1-Zellen beschrieben, welche direkt Th2-Zellen negativ regulieren. Kürzlich haben wir gezeigt, daß IFN-γ, das wichtigste Th1-Zytokin, in primären humanen T-Zellen direkt die IL-4-Produktion herunterregulieren kann. Der IFN-γ-Effekt wird durch die Induktion von IRF-1 und IRF-2 in humanen T-Lymphozyten vermittelt, welche an drei IRF-Bindestellen im IL-4-Promotor binden. Wir zeigen, daß IRF-2 sowie auch IRF-1 (bekannt als Transaktivator von IFN und IFN-induzierbaren Genen) als Repressorgen der IL-4-Promotor-Aktivität und damit als Antagonist der IL-4-Transkription wirken. IL-4, das wichtigste Th2-Zytokin, spielt auch eine entscheidende Rolle in der Entwicklung allergischer Entzündungen durch Induktion von IgE ‚isotype switching’ und verstärkte IgE-Rezeptor-Expression. Kürzlich haben wir zwei wichtige IL-4-Promotor-Elemente identifiziert, welche nach TZell-Stimulation mit den Proteinen der AP-1- und NF-κBFamilie interagieren. Wir haben gezeigt, daß Vitamin E, ein natürlich vorkommendes effektives, fettlösliches Anti-Oxidans, IL-4-Expression auf der Ebene von mRNA und Protein unterdrückt, indem es die Bindung von Transkriptionsfaktoren an die zwei wichtigen NF-κB- und AP-1-Bindestellen im IL-4-Promoter verhindert. Unsere Studien zeigen einen molekularen Mechanismus, der die weitreichende Rolle von Vitamin E in der Vermeidung von IL-4-vermittelten allergischen Erkrankungen unterstützt. Zusätzlich zeigen wir, daß das entzündungshemmende Sesquiterpen-Lactone Parthenolid aus Mutterkraut (Tanacetum parthenium) und vielen mexikanischen Heilpflanzen die IL-4-Expression durch Blockierung der NF-κB-Aktivität unterdrückt. Desweiteren demonstriert unsere Studie die wichtige Rolle von NF-κB in der IL-4-Gen-Aktivierung und zeigt das Potential zur Behandlung von IL-4-vermittelten allergischen Entzündungen durch die Modulation der NF-κB-Aktivität. Publikationen: (* = externer Koautor) [1] Elser, B., Lohoff, M., Kock, S., Giaisi, M., Kirchhoff, S., Krammer, P.H. and Li-Weber, M. (2002) IFN−γ Represses IL-4 Expression via IRF-1 and IRF-2. Immunity, 17:703-712. [2] Li-Weber, M., Giaisi, M., Treiber, M. K., and Krammer, P.H. (2002) Vitamin E Inhibits Interleukin-4 Gene Expression in Peripheral Blood T Cells. European Journal of Immunology, 32:24012408. [3] Li-Weber, M., Giaisi, M., and Krammer, P.H. (2002) The Anti-inflammatory Sesquiterpene Lactone Parthenolide Suppresses Interleukin-4 Gene Expression in Peripheral Blood T Cells. European Journal of Immunology, 32:3587-3597. [4] Li-Weber, M., Krammer, P.H. (2003) Regulation of IL-4 Gene Expression by T Cells and Therapeutic Perspectives. Nature Reviews Immunology, 3:534-543.

Apoptose und CD95-Signalwege I. Lavrik, A. Golks, A. Krueger, S. Baumann, S. Fas, P.H. Krammer. Mit CD95 wurde 1989 zum ersten Mal ein Zelloberflächenrezeptor beschrieben, der in der Lage ist, Apoptose auszulösen. CD95 ist ein differentiell glykosyliertes Typ ITransmembranprotein mit einer molekularen Masse von 42 - 52 kDa, das in den meisten Säugetiergeweben exprimiert wird [Trauth, B.C., et al. (1989). Science 245:301-305.]. CD95 gehört zur NGF-/TNF-Rezeptorfamilie. Charakteristisch für diese Familie sind zwei bis sechs extrazelluläre cysteinreiche Domänen. Die biologischen Effekte, die von den Rezeptoren dieser Familie vermittelt werden, sind sehr

Abteilung D030 Immungenetik unterschiedlich: Sie umfassen so verschiedene Prozesse wie Differenzierung, Proliferation, Aktivierung oder Apoptose. Eine Subfamilie der NGF-/TNF Superfamilie bilden die sogenannten Todesrezeptoren. Diese zeichnen sich dadurch aus, daß sie Apoptose auslösen. Strukturell wichtig für die Auslösung von Apoptose ist eine ungefähr 80 Aminosäuren lange intrazelluläre Domäne, die als Todesdomäne (engl.: death domain, DD) bezeichnet wird. Diese Domäne zeigt eine hohe Homologie bei allen Todesrezeptoren. Die Aggregation der Todesdomänen von CD95 ist für die Übermittlung des apoptotischen Signals essentiell. Da der intrazelluläre Teil von CD95 selbst keinerlei enzymatische Funktion aufweist, muss das Signal durch rezeptorassoziierte Moleküle übertragen werden. Die Identifizierung von Proteinen, die stimulationsabhängig nur an kreuzvernetztes CD95 binden, hat dieses Konzept bestätigt. So konnte gezeigt werden, daß verschiedene Proteine nur an stimulierte CD95 Rezeptoren binden. Der Komplex zwischen aktivierten CD95 Rezeptoren und den assoziierten Signalmolekülen wurde Tod-induzierender Signalkomplex genannt (death-inducing signaling complex, DISC). Die Bildung des DISC ist wie die Signaltransduktion von intakten Todesdomänen abhängig. Damit war eine erste Korrelation zwischen der Bildung des DISC und der Übertragung des apoptotischen Signals gegeben. Zunächst werden die Adapter FADD/MORT-1 in den DISC rekrutiert. Dies passiert durch homologe Interaktion der Todesdomäne (death domain, DD) von FADD mit den DD von trimerisierten CD95-Rezeptoren. FADD hat aber auch noch eine sogenannte Todeseffektordomäne (death effector domain, DED). Damit attrahiert es Procaspase 8 (ein Eiweiß spaltendes Enzym; vide infra) in den DISC. Dies geschieht wieder durch homologe Interaktion mit der DED von Procaspase 8. Dieses Proenzym (Zymogen) wird nun autokatalytisch gespalten und am DISC in aktives Enzym, die Caspase 8, überführt. Aktive Caspase 8 spaltet und aktiviert dann weitere Caspasen (Effektorcaspasen), die schließlich zelluläre Substrate spalten. Die Spaltung dieser zellulären Substrate bestimmt das morphologische und biochemische Bild der Apoptose. Zusammenfassend gibt es also mehrere Apoptosesignalwege mit folgenden Signalschritten: 1. Einen Signalweg mit Todesrezeptoraktivierung, DISC Bildung, Caspasenkaskade und Spaltung zellulärer Substrate (in Typ I Zellen), 2. einen Signalweg mit „wenig“ DISC Bildung, einer Signalamplifikation über BID (gespalten) aktivierte Mitochondrien, der Bildung eines Apoptosoms und folgender Effektorcaspasenaktivierung (in Typ II Zellen) und 3. einen bisher noch nicht geklärten Signalweg, bei dem AIF aus den Mitochondrien freigesetzt wird, das Caspasen unabhängig wirkt. Die Aufklärung der Signalwege und die Charakterisierung der bei ihnen wichtigen molekularen Interaktionsmechanismen hat Konsequenzen für die Erklärung der Pathogenese vieler Erkrankungen. Darüber hinaus stehen uns nun Moleküle aus den Signalwegen zur Verfügung, die das Ziel therapeutischer Interaktionen sein können. Die mathematiche Modellierung der CD95-Signalübertragung erlaubt die Signalwege weiter zu charakterisieren und den Apoptose-Schwellen Mechanismus zu erklären. Die Existenz von zwei verschiedenen CD95-Signalwegen, ist vermutlich auf die Bildung eines alternativen DISC komplex in Typ II-Zellen zurückzuführen. Mit 2D-Gelelektrophorese haben wir unterschiedliche Proteine im DISC

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Forschungsschwerpunkt D Tumorimmunologie von Typ I- und Typ II-Zellen gefunden. Weiter versuchen wir diese neuen DISC-Proteine durch Massen-Spektrometrie zu identifizieren. Publikationen: (* = externer Koautor) [1] Baumann S, Krueger A, Kirchhoff S, Krammer PH. (2002). Regulation of T cell apoptosis during the immune response. Curr. Mol.Med. 2, 257-272. Bentele, M., Lavrik, I., Ulrich, M., Stosser, S., Kalthoff, H., Krammer, P.H. , Eils, R. (2004). Mathematical Modeling reveals threshold behavior of CD95-induced Apoptosis. Submitted [2] Krueger, A., Fas, S.C., Baumann, S., Krammer, P.H. (2003). The role of CD95 in the regulation of peripheral T-cell apoptosis. Immunol. Rev. 193, 58-69. [3] Lavrik, I., Krueger, A., Shmitz, I., Baumann, S., Weyd, H., Kirchhoff, S. Krammer, P.H. et al. (2003). The active caspase-8 heterotetramer is formed at the CD95 DISC. Cell Death Differ 10(1): 144-145. [4] Schmitz I, Krueger A, Baumann S, Schulze-Bergkamen H, Krammer PH, Kirchhoff S. (2003). An IL-2-dependent switch between CD95 signaling pathways sensitizes primary human T cells toward CD95-mediated activation-induced cell death. J.Immunol. 171, 2930-2936. [5] Peter, M. E. and P. H. Krammer (2003). The CD95(APO-1/Fas) DISC and beyond. Cell Death Differ 10 (1): 26-35.

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Oxidative Signale und molekulare Mechanismen der T-Zellrezeptor vermittelten Apoptose K. Gülow, M. Kaminski, K. Darvas, P.H. Krammer In der Immunantwort werden T-Zellen über ihren T-Zellrezeptor aktiviert. Es folgt eine Phase der klonalen Expansion, in der die T-Zellen resistent gegenüber diversen apoptotischen Stimuli sind. Mit dem Erreichen des Höhepunktes der spezifischen Immunantwort treten die Zellen in eine neue Phase ein, die sogenannte Deletionsphase, in der sie Apoptose sensitiv werden. Kommt es jetzt zu einer erneuten Stimulation des T-Zellrezeptors, wird die Expression des CD95(Apo-1/Fas)-Liganden (L) induziert. Da T-Zellen auch den CD95-Rezeptor exprimieren, kommt es zur T-Zell Apoptose durch Fratrizid oder auch zu autokrinem Suizid. Calcium-Signale und die Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-AT spielen ebenso wie oxidative Signale eine entscheidende Rolle in der Regulation der CD95L-Expression. Die Stimulation des T-Zellrezeptors führt zu einer Calcium-Freisetzung aus dem Endoplasmatischen Retikulum. Dadurch wird die Phosphatase Calcineurin aktiviert, die den Transkriptionsfaktor NF-AT dephosphoriliert. Dieser bindet danach an den CD95L-Promotor. Dieser Calcium abhängige Signalweg ist jedoch nicht ausreichend, um Apoptose einzuleiten. Dazu wird noch ein oxidatives Signal benötigt. Quelle dieses oxidativen Signals ist die mitochondriale Atmungskette. Die reaktiven Sauerstoffverbindungen aktivieren ihrerseits Transkriptionsfaktoren wie NF-κB und AP-1, die ebenfalls an den CD95L Promotor binden. Blockiert man diese Signale durch Antioxidantien, hemmt man zugleich auch die Apoptose. Calcium und reaktive Sauerstoffverbindungen werden gleichermaßen für die CD95L-Expression benötigt. Ein Signal alleine ist nicht ausreichend. In vielen Tumoren zeigt sich eine Verschiebung der Verhältnisse von reduziertem zu oxidiertem Glutathion, oder es liegen sogar Veränderungen in der Gesamtmenge an Glutathion vor. Glutathion ist ein zelluläres Antioxidans. Veränderungen in dem Verhältnis reduziert zu oxidiert zeigen eine Veränderung im Redox-Status der Zelle an. Sinkt die Gesamtmenge an Glutathion, bilden sich reaktive Sauerstoffverbindungen. Diese Veränderungen, die in vielen Tumoren

Abteilung D030 Immungenetik beobachtet wurden, deuten auf eine Störung der oxidativen Signalweiterleitung hin. Auch bei AIDS spielen oxidative Signale eine Rolle. Zellen, die mit dem HIV-1 Transkriptionstransaktivator (Tat) behandelt wurden, weisen eine verminderte Menge an reduziertem Glutathion, sowie eine deutliche Steigerung der Produktion reaktiver Sauerstoffverbindungen auf. Aktiverte T-Zellen, die mit HIV-1 Tat behandelt wurden, werden für T-Zellrezeptor induzierte Apoptose sensibilisiert. Es kommt zu einer beschleunigten und verstärkten CD95L-Expression. Oxidative Signale sind wichtige Bestandteile in der Apoptose-Regulation. Ein besseres Verständnis der Signalwege auf molekularer Ebene kann zu einer Therapie bei Krebs oder auch AIDS beitragen.

Molekulare Signalmodulation bei der Apoptose von T-Zellen und ihre Bedeutung im hämatopoetischen System R. Arnold, D. Brenner, C. Frey, P.H. Krammer In Zusammenarbeit mit: F. Kiefer, Max-Planck-Institut für Vaskuläre Biologie c/o ZMBE - Institut für Zellbiologie, Münster

Die Umschaltung von intrazellulären Signalwegen durch Phosphorylierung von Signalproteinen ist von zentraler Bedeutung für Leben oder Tod einer Zelle. In T-Zellen wird nach T-Zell-Rezeptor (TCR) Stimulation die hämatopoetische Proteinkinase HPK1 phosphoryliert und aktiviert dadurch den SAPK / JNK sowie den NFκB Signalweg. Während der Initiation von Apoptose unterliegt HPK1 der Regulation durch Proteasespaltung. Dabei zerteilt eine Caspase-3 Aktivität HPK1 in eine N- und eine C-terminale Hälfte und verändert die Funktion der Kinase so, dass völlig andere Signale weitergeleitet werden. Die biologische Funktion dieser Umschaltung ist mit dem Aktivierungs-Induzierten Zelltod (AICD) in T-Zellen in Verbindung gebracht worden. In unserem AICD-Modellsystem fanden wir in primären TZellen dabei einen Zusammenhang der TCR abhängigen Kinase HPK1 mit dem CD95-System. Weiterhin zeigen unser Arbeiten an hämatopoetischen Vorläuferzellen, dass diese Umschaltung in der Funktion auch während der Differenzierung von Zellen benutzt wird. Damit kann diesem molekularen Schalter eine universelle Funktion zugedacht werden. Ste20-homologe Kinasen, zu denen HPK1 gehört, konnten bislang in allen untersuchten Modellorganismen gefunden werden. Wenig verstanden ist bislang allerdings die Funktion dieser Kinasen im Organismus und der Mechanismus, mit dem dabei ihre Aktivität reguliert wird. Hier konnten wir ein Modell der autokatalytischen Aktivierung aufstellen, das für Mitglieder innerhalb dieser Proteinfamilie die mechanistische Grundlage der Funktion liefert. Um dieses Modell weiter zu testen, untersuchen wir derzeit die Auswirkung verschiedene Ste20-Kinasen auf Apoptose und Differenzierung in transgenen bzw. „knockout“ Mäusen. Daraus kann sich die Möglichkeit zur Herstellung von selektiven Inhibitoren und deren Nutzung zur Behandlung von unkontrolliertem Zellwachstum bei Tumoren ergeben. Publikation (* = externer Koautor) [6]Kiefer, F.*, Vogel, W.* and Arnold, R. (2002): Signal transduction and co-stimulatory pathways in lymphocytes. Transplant Immunol. 9 (2002)69-82.

DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003

Forschungsschwerpunkt D Tumorimmunologie

Die Rolle des CD95-Liganden im ZNS S. Kleber, C. Zuliani, S. Klussmann, C. Metzger, A. Beisel, P.H. Krammer, A. Martin-Villalba Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache und die bedeutendste Ursache von Behinderung in der westlichen Welt. Spinal- und Hirntraumata sind für die meisten Todesfälle und Behinderungen in der Bevölkerung unter 40 Jahre verantwortlich. Bei diesen pathologischen Zuständen ist die Expression von CD95-Ligand (CD95L) und TNF in den betroffenen Hirn- und Rückenmarksarealen erhöht. Um die Rolle dieser Liganden herauszufinden, haben wir präklinische Mausmodelle von Schlaganfall und Querschnittlähmung benutzt. Hierzu konnten wir zeigen, dass Hybride von TNFdefizienten und gld (ohne funktionellen CD95L) Mäusen stark resistent gegenüber schlaganfallinduziertem Schaden waren. Interessanterweise zeigten Mäuse, in denen eine Mischung von anti-CD95L und anti-TNF neutralisierende Antikörper therapeutisch verabreicht wurde, eine deutliche Verminderung des Infarktsareals und Mortalitätsrate. Auch die lokomotorische Aktivität der therapierten Mäuse war nahezu vergleichbar zu der Aktivität von schein-operierten Mäusen. In querschnittgelähmten Mäusen zeigten therapeutische Verabreichung von neutralisierenden anti-CD95L Antikörpern alleine oder in Kombination mit anti-TNF Antikörpern eine bedeutsame Verminderung des apoptotischen Zelltodes. Noch wichtiger, einige Wochen nach Verletzung zeigten solche therapierten Mäuse aktive Bewegungen der Hinterpfoten. Im embryonalem Gehirn ist CD95L konstitutiv exprimiert. Jedoch hat der Mangel an funktionellem CD95 oder CD95L (lpr und gld Mäuse) keinen erkennbaren Einfluß auf die Anzahl der Neuronen. Interessanterweise zeigten lpr Mäuse eine Atrophy der Dendriten pyramidaler Neuronen. Gemäß diesem Befund konnten wir zeigen, dass in 4 Tage alten hippocampalen und kortikalen Neuronen eine Behandlung mit CD95L eine erhöhtes „Branching“ auslöst. Stimulation von CD95 in Neuronen, die mehr als 6 Tage alt waren, hatte jedoch keine Wirkung auf das „Branching“. In solchen „gereiften“ Neuronen löst die Stimulation von CD95 Apoptose aus. Zusammenfassend beurteilt, kann ein Signal in der Kaskade unterhalb von CD95 entweder Apoptose, oder morphologische Veränderungen der Neuronen auslösen.

Rolle und Funktion CD4 CD25 regulatorischer T-Zellen +

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E. Suri-Payer, N. Eberhardt, P.H. Krammer

Abteilung D030 Immungenetik Wir haben zunächst Treg im humanen System charakterisiert. Nur 1-3% der CD4 T-Zellen mit der höchsten CD25 Expression (CD25++) zeigen den für Treg charakteristischen Phänotyp (CD122+, CTLA-4+, GITR+, Foxp3+) und hemmen die Proliferation naiver T-Zellen in Kultur [1]. Studien aus Thymus, Nabelschnurblut und peripherem Blut isolierten Treg weisen darauf hin, dass Treg nach dem Verlassen des Thymus Selbstantigen in der Peripherie erkennen müssen, um eine Antigen-spezifische Hemmung (z.B. gegen Myelin dendrocyte glycoprotein (MOG)) aufzuweisen [2]. Die Tatsache, dass CD4+CD25+ Treg von gesunden Probanden die Immunantwort gegen MOG, einem wichtigen Selbstantigen in Multipler Sklerose, hemmen, zeigt dass Treg auch im Menschen eine wichtige Rolle in der Verhinderung von Autoimmun-erkrankungen spielen. Vorläufige Untersuchungen an Patienten mit akuter Multipler Sklerose ergaben, dass die Anzahl der Treg nicht beeinträchtigt ist, diese Treg die Aktivierung anderer T-Zellen aber nur unzureichend unterdrücken können. Wir studieren nun den Mechanismus der Hemmung naiver T-Zellen durch Treg in der Zellkultur. Wir konnten etablieren, dass eine Vorstimulation der Treg in vitro ihre hemmende Wirkung verstärkt, d.h. weniger Treg werden benötigt um die Proliferation der CD4+CD25- naiven T-Zellen zu hemmen. Die Zugabe von Treg reduziert auch die Zytokinproduktion der T-Zellen (z.B. von IL-2, INFγ, TNFα, IL-4, IL-5, IL-13) schon ab 24 Stunden nach der Stimulation. Im Gegensatz hierzu wird die Produktion von IL-10 verstärkt wenn CD4+CD25+ Treg mit CD4+CD25- T-Zellen zusammen kultiviert werden. Unsere Ziel ist es den molekularen Mechanismus der Hemmung der naiven T-Zellaktivierung zu verstehen, wobei wir uns auf die Regulation des IL-2 Genes konzentrieren. Die Aufklärung der Funktion der Treg wird neue Ansatzpunkte zur Therapie von Autoimmunerkrankungen bringen. Da die Aktivierung des Immunsystems gegen Krebs auch durch Treg unterdrückt wird, könnte die Manipulation der Treg in Krebspatienten auch zukünftig entscheidend zu einem Behandlungserfolg beitragen. Publikationen: (* = externer Koautor) [1] *Wing K, *Ekmark A, *Karlsson H, *Rudin A, Suri-Payer E. Characterization of human CD25+ CD4+ T cells in thymus, cord and adult blood. Immunology. 2002 Jun;106(2):190-9. [2] *Wing K, *Lindgren S, *Kollberg G, *Lundgren A, *Harris RA, *Rudin A, *Lundin S, Suri-Payer E. CD4 T cell activation by myelin oligodendrocyte glycoprotein is suppressed by adult but not cord blood CD25+ T cells. Eur J Immunol. 2003 Mar;33(3):579-87.

In Zusammenarbeit mit: Kajsa Wing und Dr. Anna Rudin, Dept. of Rheumatology, University of Gothenburg, Schweden; Dr. Jürgen Haas und Prof. Dr. Brigitte Wildemann, Neurologische Klinik, Universität Heidelberg; Dr. Christine Falk, Abtl. für Molekularbiologie, GSF, München

Eine zentrale Fragestellung der Immunologie ist, welche Mechanismen halten die Immunhomeostase aufrecht und tragen zur Verhinderung von Autoimmunerkrankungen, Organzerstörung bei Infektionen, sowie zur Transplantations-Toleranz bei. Studien in Mausmodellen ergaben, dass hierbei regulatorischen T-Zellen, welche die Funktion von CD4 T-Helfer und CD8 zytotoxischen T-Zellen hemmen können, eine wichtige Rolle zukommt. Während einige immunsupprimierende Zellen durch die Ausscheidung immunsuppressiver Zytokine (TGFβ, IL-10) hemmend in Immunreaktionen eingreifen, ist der Funktionsmechanismus der CD4+CD25+ regulatorischen T-Zellen (Treg) unbekannt.

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