Das Unheil kommt in der Nacht: Vogelscharen fressen Äcker kahl

January 29, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Biologie, Zoologie
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Das Unheil kommt in der Nacht: Vogelscharen fressen Äcker kahl Bauern verlangen angemessene Entschädigung für Ernteausfälle

„Sie kommen über Nach zu tausenden und fressen unsere Äcker kahl.“ Landwirt Bodo Schröder vom Osterhof meint Pfeifenten und Weißwangengänse, die jetzt verstärkt auf der Landseite der Deiche in die Felder einfallen, um vor allem junge Raps- und Getreidepflanzen abzurupfen und niederzutrampeln. „Weil den Vögeln ihr ursprünglicher Lebensraum weggenommen wird, kommen sie bereits kilometerweit ins Binnengebiet“, erklärt Schröder. Schon im Winter 90/91 sind Schäden durch Enten und Gänse entstanden. Daraufhin hat das Umweltministerium erstmals für die Westküste 200.000 Mark Entschädigung gezahlt, berichtet Pressesprecher Wolfgang Götze. Das war den Bauern jedoch zu wenig. „Auch bei einem Totalschaden haben wir nur 300 Mark pro Hektar bekommen“, erzählt Bodo Schröder, „der Verlust beträgt aber rund 1500 Mark.“ Der Landwirt aus Oesterdeichstrich ist Vorsitzender einer etwa 50 Mitglieder zählenden Interessengemeinschaft der geschädigten Dithmarscher Bauern. Außerdem gehört er dem Arbeitskreis „Entenund Gänseschäden“ an. Darin kümmern sich unter anderem auch das Nationalparkamt, das Umweltministerium, die Landwirtschaftsschule Bredstedt, Jäger und der WWF um das Problem.

Bis zur Wurzel abgefressen.

Foto: Gesa Lampe

Über die Ursache des Vogeleinfalls gehen die Meinungen auseinander. Die Landwirte vermuten, dass fehlende Bejagung und eingeschränkte Vorlandbeweidung durch Schafe die Tiere ins Binnenland treiben. „Sie mögen kein hohes Gras“, erklärt Bodo Schröder. Seine Interessengemeinschaft fordert „Naturschutz, aber nicht zum Nulltarif“. Sie will eine angemessene Entschädigung für ihren Ernteausfall.

„Eine andere Möglichkeit wäre“, so Schröder, „dass wir für die Vögel gesonderte Felder bestellen, diese jedoch nicht abernten.“ Einen Erfolg dieser Maßnahme bezweifelt Wolfgang Paulsen von der Landwirtschaftsschule Bredstedt: „Die Vögel lassen sich nicht lenken: Einige haben sich an Flächen aus dem Vorjahr gewöhnt, während andere unberechenbar neue Felder befallen.“ Wolfgang Götze sieht für den Vogeleinfall eine ganze Kette von Gründen. Dazu gehören zunehmende Bestandszahlen beider Arten. „Vor allem aber sind ökologische Spätschäden für das Problem verantwortlich“, meint er. Die großen Eindeichungen hätten den Seevögeln ihre ursprünglichen Äsungsgebiete weggenommen. Im Gegensatz zu den Landwirten bezeichnet er die Vorlandbeweidung durch Schafe als schädlich. „Durch ihre Einschränkung ist zu erwarten, dass die Enten und Gänse in ein paar Jahren wieder ins Vorland zurückkehren.“ Nach Einschätzung von Marlies Heyns-Swane von der Heider Landwirtschaftsschule wurden in Dithmarschen bisher 400 Hektar geschädigt. Die endgültigen Zahlen liegen noch nicht vor. Betroffene Bauern sollten sich zur Schadensaufnahme an die Landwirtschaftsschule oder das Amt für Land- und Wasserwirtschaft wenden. „Im Winter 90/91 waren an der Westküste insgesamt 1000 Hektar betroffen“, so Wolfgang Paulsen von der Landwirtschaftsschule Bredstedt. Paulsen hat sich mit Abschreckungsmethoden befasst: „Die Gänse lassen sich fernhalten, wenn man vor der Dämmerung einen ihrer Artgenossen schießt und auf dem Feld liegenlässt. Dann kommen Bussarde, von denen sich die Gänse abschrecken lassen.“ Allerdings dürfen die unter Artenschutz stehenden Tiere nur mit einer Sondergenehmigung geschossen werden. Pfeifenten können während der Jagdzeiten geschossen werden. Auf die Felder fliegen sie jedoch erst nach der Dämmerung – und dann ist das Schießen verboten. „Der Erfolg anderer Maßnahmen ist sehr begrenzt“, resümiert Paulsen, „da die Vögel schnell ihre Scheu verlieren.“ Die altbewährte Vogelscheuche gehöre noch zu den wirkungsvollsten Methoden, solange sie lärmt und flattert. Wolfgang Paulsen würde einheitliche Richtlinien zur Entschädigung der Landwirte begrüßen. „In Holland wird das schon seit zehn Jahren praktiziert“, meint er. Wolfgang Götze vom Umweltministerium kann noch keine konkreten Versprechungen machen: „Wir müssen längerfristig denken und dafür Sorge tragen, dass die Tiere ihre Nahrungsgebiete zurückbekommen, und die Landwirte entschädigt werden.“ Gesa Lampe – Dithmarscher Landeszeitung 1992

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