denkmalbereichs- und gestaltleitplanung altstadt werne

February 17, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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DENKMALBEREICHS- UND GESTALTLEITPLANUNG ALTSTADT WERNE BAND IV GESTALTUNGS- UND SCHUTZSATZUNG • Örtlicher und sachlicher Geltungsbereich • Allgemeine und besondere Anforderungen an die Gestaltung baulicher Anlagen • Abweichungen

STADT WERNE SEPTEMBER 2002

Das Gutachten (Bd. 4) zur Gestalteitplanung Altstadt Werne ist urheberrechtlich geschützt. Das Nutzungsrecht für die Anwendung des Gutachtens ist ausschließlich der Stadt Werne eingeräumt. - Alle Rechte vorbehalten Copyright by Planungsbüro Prof. Krause & Partner 2002

Bearbeitung:

Planungsbüro Univ.-Prof. Dr.-Ing. Krause & Partner Stadtgestaltung • Stadtforschung • Denkmalpflege Am Trienensiepen 23 • 44229 Dortmund Tel. 0231-7 92 33 14 • Fax 0231-7 92 33 15

Verfasser:

Assessor jur. Arnim Helge Krause Dr. Karl-Jürgen Krause

Beratung:

Monika Geißler, Stadt Werne Regine Reek, Stadt Werne

Im Auftrag der Stadt Werne Dortmund, September 2002

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Einleitung Die Altstadt Werne zählt im örtlichen Geltungsbereich der Denkmalbereichs- und der bauordnungsrechtlichen Gestaltungs- und Schutzsatzung 253 Gebäude. Von diesen stehen 53 unter Denkmalschutz, 111 Gebäude sind als erhaltenswerte Bausubstanz einzustufen. Fast 65% aller Gebäude - Fachwerk- und Massivbauten mit Stilmerkmalen ihrer Entstehungszeit - repräsentieren insoweit das historische Schutzgut der Altstadt. Das ist ein vergleichbar hoher Wert, der u.a. nur durch die geringen Kriegszerstörungen zu erklären ist. Mit der bauordnungsrechtlichen Gestaltungs- und Schutzsatzung hat der Gesetzgeber in § 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauO NW den Gemeinden ein Instrument an die Hand gegeben, aufgrund eigener gestalterischer Zielsetzung das Straßen- und Ortsbild „dynamisch zu beeinflussen“ (OVG NW U.v. 29.1.1999 BauR 2000, 92). Dabei geht die Befugnis zum Erlass örtlicher Bauvorschriften über die Abwehr von Verunstaltungen hinaus; sie erfasst auch die sog. positive Gestaltungspflege, soweit diese den Grundsätzen der Erforderlichkeit, des Übermaßverbots und dem Abwägungsgebot, das die Einstellung der Belange des Einzelnen, hier des sozialgebundenen Eigentums, Rechnung trägt. Erforderlich ist, dass ein (auch denkmalpflegerisch geleitetes) Konzept für die Ausgestaltung des bestimmten Teiles des Gemeindegebietes (OVG RhPf. U.v. 22. 9.1988 BRS 48, 111) vorhanden ist, aus dem sich die örtliche Bauvorschrift ableiten lässt (OVG Lüneburg U.v. 29.4.1986 BRS 46, 120); jedenfalls muss sie an die Besonderheiten des fraglichen Gebietes (Bauten, Straßen oder Plätze von städtebaulicher, künstlerischer oder geschichtlicher Bedeutung) in einem diese erfassenden Sinn anknüpfen (HessVGH B.v. 24.9.1987 BRS 47, 120; OVG RhPf. U.v.1988 BauR 1989, 68). Zur Grundlegung für das Gestaltungskonzept genügt es nicht, dass dem Hauptgemeindebeamten überlassen wird, die geschützten Objekte in einer Liste zu erfassen (OVG NW U.v. 21.4.1983 BRS 40, 153). Eine allgemeingültige Definition für die schutzfähigen Objekte gibt es nicht. Maßgeblich sind die örtlichen Verhältnisse, die in der Denkmalbereichssatzung und im Gutachten, in ihrer historischen Entwicklung begründet, in ihren charakteristischen Erscheinungsbildträgern detailliert beschrieben und dokumentiert worden sind. Allerdings hat die Gestaltungs- und Schutzsatzung eine andere Zielsetzung als die Denkmalbereichssatzung, denn sie ist nicht darauf ausgerichtet, den historischen Bestand zu sichern, sondern darauf, Regelungen für die künftige Gestaltung alter und neuer Anlagen in ihrem Geltungsbereich zu schaffen. Sie kann dadurch das denkmalrechtliche Gesetzesinstrumentarium wirksam unterstützen, indem sie die Grundlage dafür bildet, denkmalwidrige Details durch denkmalgerechte zu ersetzen.

Der Rat der Stadt Werne hatte am 4.6./3.9.1973 eine nach vier Schutzzonen gegliederte Gestaltungssatzung erlassen, die seinerzeit als richtungsweisend und wegen ihrer genauen Bestandsaufnahme (Stadtgestaltanalyse) mit der Heinrich-Vormbrock-Förderung der Bundesvereinigung Deutscher Heimstätten e.V. ausgezeichnet und durch den damaligen Bundesbauminister dem Gutachter verliehen worden war. Nach dem gegenwärtigen Stadt der Forschung muss die damalige Methode, örtliche Bauvorschriften über Gestaltung allein aus der bloßen Gestaltwahrnehmung (Gestaltgesetzen) ohne historische Grundlegung abzuleiten, als verkürzt gelten. Deshalb geht die Gestaltleitplanung im Verbund mit der Denkmalbereichssatzung in Aufbau und Methode einen bisher noch nicht praktizierten Weg. Er besteht u.a. in der 1. Aufgabe des nach Schutzzonen differenzierten örtlichen Geltungsbereich und Ersatz durch Baustaffeln, mit der einerseits alle Bauten ohne Prädikat (Baustaffel I) und andererseits die denkmal- und erhaltenswerte Bausubstanz (Baustaffel II) unterschiedlichen gestalterischen Anforderungen unterworfen werden. 2. Formulierung eines allgemeinen Einfügungsgebotes, wonach historische, für die jeweilige Bauepoche charakteristische Erscheinungsbildträger der Baudenkmäler und ihrer näheren Umgebung sowie der erhaltenswerten Bausubstanz nicht beeinträchtigt werden dürfen. 3. Formulierung eines Ausstattungsgebotes, wonach bei Umbauten (Instandsetzung und Modernisierung) die in der Denkmalbereichssatzung näher beschriebenen historisch wertvollen oder charakteristischen Erscheinungsbildträger hinsichtlich der Bauteile und Materialität der Gebäude zu wahren sind. Bei Entfernung müssen sie nicht durch gleichartige, wohl aber völlig gleichwertige Elemente ersetzt werden. Anlass zu dieser Regelung gab die Erfahrung, dass bei Umbauten von Gebäuden vielfach wertvolle oder charakteristische Ausstattungsbestandteile des Gebäudes beseitigt wurden. Mit einem Gebot durch örtliche Bauvorschrift soll die Gemeinde die Voraussetzungen dafür schaffen, dass solche Ausstattungselemente erhalten bleiben, insbesondere bei Umbauten nicht ersatzlos beseitigt werden. Es gehört nicht zur Zielsetzung des Bauordnungsrechts, den Erhalt der originalen Bauteile sicherzustellen. Die Bauherrenschaft kann deshalb bei Umbaumaßnahmen die originalen Bauteile und Ausstattungselementen beseitigen oder zerstören (sofern nicht denkmalschutzrechtliche Vorschriften entgegenstehen); sie muss sie aber dann, wenn nicht durch völlig gleiche, so doch in ihrem Erscheinungsbild völlig gleichwertige Gestaltungselemente ersetzen.

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Anlage 1: Karte des örtlichen Geltungsbereichs der Gestaltungs- und Schutzsatzung Altstadt Werne

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Gestaltungs- und Schutzsatzung für die Altstadt Werne (Entwurf) - kursiv = rechtsunverbindliche Leitsätze Aufgrund der §§ 7 und 41 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli (GV NRW S.666/SGV NRW 2023) zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28.03.2000 (GV NRW S.245) in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NW) in der Fassung vom 01.03.2000 (GVBl. NRW Nr. 18, S.256) hat der Rat der Stadt Werne in seiner Sitzung vom ..... folgende Satzung beschlossen. §1 Zielsetzung (1) Das Erscheinungsbild der historischen Altstadt Werne - Denkmalbereich - wird geprägt durch eine Vielzahl an Baudenkmälern und erhaltenswerten Bauten in Fachwerk sowie Massivbauten mit Stilmerkmalen ihrer Entstehungszeit, durch eine vom historischen Parzellenmuster her bedingte kleinteilige Maßstäblichkeit der Bebauung, durch Material- und Farbe der Außenhaut baulicher Anlagen sowie durch eine silhouettenprägende Dachlandschaft. (2) Ziel der örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung ist es, a) dass durch verstärkte Erhaltung ortsbildprägender Gebäude, Bebauungszusammenhänge und anderer raumbedeutsamer Strukturen die besondere Eigenart der historischen Altstadt gewahrt bleibt; b) dass Veränderungen der Baugestalt vermieden werden, die das charakteristische Orts- und Straßenbild beeinträchtigen; c) dass durch eine geeignete Gestaltung von baulichen Maßnahmen die unverwechselbare Identität der Altstadt fortentwickelt und weiter verstärkt wird. §2 Örtlicher Geltungsbereich (1) Der örtliche Geltungsbereich ist identisch mit dem in § 2 der Denkmalbereichssatzung festgelegten Denkmalbereich. Er umfasst - gegliedert in zwei Bereiche (Baustaffel I und II) mit unterschiedlichen gestalterischen Anforderungen - alle Häuser samt Grundstücken, Straßen und Straßenbereiche (Plätze) in der innerhalb der früheren Stadtmauern gelegenen Altstadt, einschließlich der ihr vorgelagerten ehemaligen Wallringstraßen sowie Wallanlagen, soweit diese als gründominierte weiche Altstadtkante noch in Erscheinung treten. (2) Der örtliche Geltungsbereich dieser Gestaltungs- und Schutzsatzung - Denkmalbereich - ist der Karte 1, seine Gliederung in die Bereiche der Baustaffel I und II der Karte 2 und 3 zu entnehmen. Die Karten 1 - 3 sind Bestandteil dieser Satzung. §3 Sachlicher Geltungsbereich 1) Der sachliche Geltungsbereich der Satzung gilt für alle baulichen Anlagen, Teile davon und Einrichtungen, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. Die Regelungen gelten für Neu- und Umbauten, Instandsetzungen und Modernisierungen, sowie Änderungen der vorhandenen baulichen Anlagen, wenn diese geeignet sind, das schutzwürdige Erscheinungsbild oder den kulturhistorischen oder besonderen städtebaulichen Aussagewert in den näher bezeichneten Bereichen (Baustaffeln) und Einzelobjekte sowie die beabsichtigte Gestaltung der historischen Altstadt zu beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn die in der Satzung konkretisierten Anforderungen nicht erfüllt sind. 2) Für das im örtlichen Geltungsbereich näher bezeichnete schutzwürdige Gebiet der Altstadt wird für die nach § 65 Abs. 1 Nr. 13, Nr. 18, Nr. 44, Nr. 49 und Abs. 2 Nr. 2, Nr. 6 und Abs. 3 BauO NW genehmigungsfreien Anlagen eine Genehmigungspflicht nach § 86 Abs. 2 Nr. 1 BauO NW eingeführt. (3) Unberührt bleiben die Vorschriften des Denkmalschutzes sowie die Festsetzungen in Bebauungsplänen und der Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB.

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§4 Allgemeine Anforderungen (1) Im näher bezeichneten örtlichen Geltungsbereich sind bei der Durchführung baulicher Maßnahmen folgende Anforderungen zu erfüllen: a) die Stellung, Höhe und Gestalt des Baukörpers einschließlich der Nebenanlagen; b) die Ausbildung, Form und Eindeckung des Daches sowie der Dachaufbauten; c) die Gliederung und Flächenbehandlung der Fassade einschließlich der Türen und Fenster; d) die Anordnung und Ausbildung von Erkern, Balkonen und sonstigen vorspringenden Bauteilen; e) die Verteilung und Form der Wandöffnungen, insbesondere der Schaufenster; f) die Anordnung und Form von Vordächern, Glasvordächern und Markisen sind so zu wählen, dass die bauliche Anlage sich nach Maßgabe der erklärten Ziele in das Orts- und Straßenbild einfügt. Historische, für die jeweilige Bauepoche charakteristische Erscheinungsbildträger der Baudenkmäler und ihrer näheren Umgebung sowie der erhaltenswerten Bausubstanz dürfen nicht beeinträchtigt werden. (2) Art und Farbe der zu verwendenden Wandbaustoffe sind so zu wählen, dass die bauliche Anlage sich in die Baustoffkultur der näheren Umgebung einfügt und der Zusammenhang von Erd- und Obergeschossen gewahrt bleibt. Unzulässig sind a) Wandbaustoffe und Farben, die glänzen oder eine grelle Wirkung ergeben; b) mehr als vier verschiedene Wandbaustoffe an einem Gebäude; c) visuell unverträgliche Baustoffkombinationen; d) das Verkleben von Außenwänden, Stützen und sonstigen tragenden Bauteilen sowie Brüstungen mit Imitationen jeglicher Art (Fachwerkimitationen, Ziegelsteinimitationen auf Bitumenbasis, tapetenartige Wandverkleidungen); e) Verkleidungen aus Faserzementplatten, Eternit oder sonstige Kunststoffplattierungen; f) glasierte Keramik, gesprenkeltes Mosaik oder Wandteile aus Blech oder metalleloxierte Verkleidungen; g) Buntsteinputze (Mosaikputz oder Kunstharzputz mit Waschputzeffekt) sowie Modellier-/ Strukturputze (Kellenwurf-, Keilschrift-, Wabenwellen- sowie Fächerputze). Leitsatz: Als visuell unverträglich gelten im Falle benachbarter Ladenlokale im Erdgeschoss eines Gebäudes störende a) Material-, b) Textur- und c) Farbkontraste Leitsatz: Abweichend können Kunststoffplatten zur Verkleidung von Dachgauben zugelassen werden, wenn diese von öffentlichen Räumen her nicht einsehbar sind. Im Bereich schmaler Bauwiche (bis zu einer Breite von 2,00 m) können sie zur Verkleidung von Seitenwänden oder Brandmauern zugelassen werden. Leitsatz: Für Außenwände sowie Brüstungen ist schalungsrauher Sichtbeton sowie Waschbeton nicht zugelassen. Sichtbeton ist ausnahmsweise nur zur Betonung der konstruktiven Teile oder zur Einzelgliederung der Fassade zulässig. Leitsatz: Der Außenputz sollte, wie auch die Farbe, mineralisch sein. Kunststoffputze und Kunststofffarben sind nicht erwünscht. Die Oberfläche kann mit einem 3 mm starken Kratzputz hergestellt werden. (3) Für Einfriedigungen sind nur Mauern aus westfälischem Sandstein, Sichtmauerwerk sowie Hecken erlaubt. Die massiven Einfriedigungen dürfen eine Höhe von 2,25 m nicht überschreiten. (4) An Bodenbelägen ist für Zuwegungen auf den unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke Natursteinpflaster oder Kunststeinpflaster mit Natursteinvorsatz, auf Stellplätzen auch Rasengittersteine zulässig. Leitsatz: Eine Entsiegelung der Bodenflächen auf den unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke ist anzustreben.

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(5) Parabolantennenanlagen mit Reflektorschalen für den Fernseh-Satellitenempfang sowie sonstige Außenantennenanlagen sind nur auf den Straßen abgewandten Dachflächen zulässig oder so anzubringen, dass sie von der unmittelbar umgebenden öffentlichen Verkehrsfläche aus nicht gesehen werden können. Leitsatz: Fenster- und Dachrinnenantennen sind nicht erlaubt. Antennenanschlüsse dürfen nicht sichtbar auf der Fassade verlegt werden. Satellitenschüsseln dürfen nicht an Erkern oder Balkonen angebracht werden. (6) Im örtlichen Geltungsbereich dieser Satzung können zur Wahrung der historischen Bedeutung oder sonstiger erhaltenswerter Eigenarten der Altstadt die Abstandsflächen nach § 6 BauO NW unterschritten werden. Die Kartierung der historischen Traufgassen bzw. Bauwiche ist in der Karte 4 wiedergegeben, die als Anlage 4 Bestandteil der Satzung ist. Leitsatz: Die schmalen Zwischenräume (Bauwiche) zwischen alten Gebäuden können nach der Straße hin bis zu einer Höhe von 2,25 m in unauffälliger Weise geschlossen werden. Diese Einfriedigung sollte gegenüber der Bauflucht leicht (bis 1,20 m) zurückgesetzt werden. §5 Besondere Anforderungen für Bauten und Grundstücke der Baustaffel I (1) Der örtliche Geltungsbereich umfasst alle Bauten ohne Prädikat außerhalb der in Staffel II kartierten Bauten von denkmalschutzwürdiger Bedeutung und erhaltenswerter Bausubstanz. Ihre Kartierung ist im Staffelplan I (Karte 2) enthalten, der als Anlage 2 Bestandteil dieser Satzung ist. (2) Die für die Altstadt typische Dachform ist das Schrägdach in den Formen des Sattel-, Walm-, Kopfwalm, Mansard- und Mansardwalmdaches. Pult- und Flachdächer sind nur für eingeschossige Nebenanlagen zulässig, wenn hierdurch das Straßenbild nicht beeinträchtigt wird. Leitsatz: Bei Neubauten hat sich die Dachform an der durch Schrägdächer geprägten Nachbarbebauung zu orientieren. Kreuzdachformen sind auszuschließen. Leitsatz: Die zulässige Dachneigung beträgt für Satteldächer als Untergrenze 45˚ (d.h. 45˚ - 60˚); für Mansarddächer 70˚ - 75˚ als Obergrenze des unteren Dachneigungswinkels und 30˚ als Untergrenze für den oberen Dachneigungswinkel; für Walmdächer 45˚ - 60˚, bei Kopfabwalmung als Untergrenze 45˚ Neigung. Leitsatz: Die Erscheinungsform von Sparrendächer ist gegenüber Pfettendachkonstruktionen zu bevorzugen. Leitsatz: Die zulässigen Dachüberstände sind an die Ausbildung einer prägnant in Erscheinungs tretenden Dach- oder Hauptgesimskontur gebunden, sie betragen traufseitig höchstens 0,40 m - gemessen ohne Regenrinne, am Ortgang höchstens 0,30 m. Leitsatz: Drempel sind nur bei Anpassung von Neubauten an die Fassadenproportionen der Nachbarbebauung zulässig, ihre Höhe darf höchstens 0,80 m betragen. a) Dacheinschnitte, die vom öffentlichen Straßenraum eingesehen werden können, sind unzulässig. b) Liegende Dachfenster sind (an der Straßenseite) nur insoweit zulässig, als sie zur Schornsteinreinigung und Dachinstandsetzung unbedingt benötigt werden. c) Dachaufbauten sind als Giebel-, Schlepp-, Pult-, Dreiecks-, Walm-, Stichbogen- oder Tonnengaube nur zulässig, soweit ihre Breite 1,50 m und ihre Höhe 1,20 m nicht überschreitet. Die Summe der Aufbauten darf die Hälfte der Dachbreite nicht überschreiten. Leitsatz: Dachgauben müssen in Lage, Ausbildung und Proportion auf die Art und Gliederung der darunterliegenden Fassade bezogen werden. a) die Mittelachse einer Dachgaube sollte mit der Mittelachse einer Wandöffnung (Fensterachse) in den Obergeschossen zusammenfallen oder

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b) die Mittelachse einer Dachgaube sollte mit der Mittelachse der Mauerfläche zwischen zwei Wandöffnungen (Mauerschaft) in den Obergeschossen zusammenfallen; c) je nach Organisation der Fassade ist auch eine Kombination von a) und b) möglich. Leitsatz: Der Abstand einer Dachgaube zum Ortgang (Giebel des Hauptdaches bzw. eines Zwerchhauses) sollte mindestens 2,50 m betragen; a) der Abstand einer Dachgaube von der Firstlinie des Hauptdaches sollte mindestens 1,5 m betragen; b) Dachgauben sind am Gebäude in gleicher Höhe anzulegen. Es sollten mindestens zwei, besser drei Dachpfannenreihen unter ihnen hinweglaufen. d) Dächer sind mit gebrannten Dachpfannen einzudecken. Grellfarbene, d.h. mit keramischer Grundmasse überzogene Dachziegel, sowie glasiertes Material ist ausgeschlossen. e) Regenfallrohre dürfen nicht schräg über Wandflächen verlaufen. Ihre Farbgebung hat sich den hinter ihnen liegenden Wandflächen anzupassen. e) Hausgiebel sind bei schmalen straßenseitigen Grundstücksbreiten im gleichen Dachneigungswinkel und symmetrisch auszubilden. Leitsatz: Gegenüber Ortganggiebeln sind Schildgiebel auszubilden und in der Form des Zweioder Dreistaffelgiebels zu bevorzugen. (3) Sollen zur Errichtung von Neubauten mehrere Grundstücke vereinigt und in einem Baukörper zusammengefasst werden, so ist die Fassade entsprechend der historischen Parzellierung oder Bauweise der näheren Umgebung in Fassadenabschnitte zu gliedern. Leitsatz: Fassadenabschnitte können durch folgende Gliederungselemente gebildet werden: a) durch Unterschiede in der First- oder Traufhöhe; b) durch Vor- und Rücksprünge aus der Bauflucht; c) durch den Wechsel von Trauf- und Giebelstellung (Zwerchhäuser/Zwerchgiebel); d) durch Materialwechsel (Sichtmauerwerk und Verputz); e) durch unterschiedliche Farbgebung des Außenputzes; f) durch Kombination der Gliederungsmerkemale a-e. (4) Neue Schaufensterformen sollten den Motiven klassischer oder der tradierten Tür-Fenster-Architekturen folgen. Tradierte Formen in der Altstadt sind das Kolonnaden-, Arkaden- und Vitrinen-ErkerMotiv. a) Schaufenster dürfen einschließlich der Ladeneingänge nicht die gesamte Breite eines Gebäudes (Fassade) einnehmen. Leitsatz: Als Richtwerte können gelten: • die Mauerpfeiler an den Gebäudeecken sollten mindestens 0,50 m die Pfeiler zwischen Schaufenstern oder zwischen Schaufenster und Ladeneingang mindestens eine Breite von 0,377 m haben oder: • die Summe aller tragenden Pfeiler oder Wandflächen sollte mindestens 1/4 der Fassadenbreite einnehmen. b) Bis zum Straßenboden herabgezogene Glasflächen sind zu vermeiden. Schaufenster sollten entweder einen Sockel von mindestens 0,30 m oder eine entsprechend deutlich wahrnehmbare Schutzvorrichtung erhalten. Leitsatz: Schaufenstersockel sollten sich in Material und Farbe deutlich von der Bodenfläche des öffentlichen Raumes unterscheiden. Leitsatz: Das Gesetz der Musterung von Bodenbelägen (= motorische Leitfunktion) muss dem der angrenzenden Gebäudesockel (Wandflächen = sensorische Leitfunktion) grundsätzlich widersprechen.

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c) Seitliche Flächen, Sockel oder Brüstung sowie Sturzfeld der Schaufenster sollten aus gleichen Wandbaustoffen bestehen. Die Materialgebung der Wandflächen im Erdgeschoss kann von jener der Obergeschosse abweichen. d) In die Tiefe des Erdgeschosses entwickelte Ladenzugangs- und/oder Vitrinenpassagen sind nur zulässig bei Gebäuden mit Glasvordächern oder temporären Markisen. Bei massiven Kragplatten oder Kragkästen sind sie auszuschließen. (5) Kragplatten und Kragkästen widersprechen der historisch geprägten Eigenart des Altstadtbildes und sind deshalb unzulässig. Außer Markisen dürfen nur Glasvordächer verwendet werden; sie sind auf die Schaufensterformate abzustimmen und entsprechend zu gliedern. An Sichtfachwerkbauten sind Vordächer nur als Wetterdächer über Hauseingängen und auf die Öffnungsformate abgestimmte Markisen oder Schwebedächer zulässig. Leitsatz: Bei genehmigungspflichtigen Maßnahmen im Sinne von § 3 dieser Satzung sind bestehende Kragkästen zu beseitigen und ggfs. durch Glasvordächer zu ersetzen. a) Die Mindesthöhe von Glasvordächern und Markisen über Gehweg bzw. Straßenoberfläche beträgt 2,25 m bei einer höchstzulässigen Auskragungstiefe von 1,20. Bei beweglichen Markisen ist eine Auskragungstiefe bis zu 2,00 m gestattet; b) Glasvordächer aus getöntem Glas sind zulässig. Ornamentglas, grellfarbiges und/oder spiegelndes Glas darf nicht verwendet werden. Leitsatz: Glasvordächer wirken am besten, je einfacher die Grundform in Erscheinung tritt. Das ist beim einfachen Pultdach der Fall, das nur aus einer Scheibe und Stützkonstruktion besteht und somit den Charakter eines „Schwebedaches“ annehmen kann. • Pultdächer mit seitlicher, vorderer und hinterer Blende widersprechen durch ihre Mächtigkeit der transparenten Leichtigkeit des Glasvordaches. Sie sind deshalb zu vermeiden. • Die Ausladungstiefe von Glasdächern darf variieren. Der Tiefensprung sollte dann aber motiviert sein, z.B. durch die größte Tiefe über Ladeneingängen. • Jeder Höhenversatz eines Glasdaches wirkt unruhig und konfligiert im Regelfall mit der Horizontalität von Gesimsen. • Abgewalmte Pultdächer (mit trapezförmiger Ansicht) sind zu vermeiden. Werden sie mit Stirnblenden verbunden, so erinnern solche „Haubendächer“ an Abzugs- bzw. Kaminhauben mit Entsorgungscharakter. • Bastardformen sind unzulässig, z.B. die Kombination von Blechkästen und aufliegender Glasscheibe. • Glasdächer sollten nicht zu hoch angeordnet werden, weil sie dann wirkungslos bleiben. • Die Farbfassung der Trägerkonstruktion ist traditionell schwarz, in der Nachkriegszeit auch goldeloxiert, in der Postmoderne gern tiefblau. Signalfarben (grellgelb, orange, rot), auch grün, sind auszuschließen. c) Rollmarkisen sollten eine Textilbespannung oder textilähnliche, nicht glänzende Oberfläche haben. Sie sind farblich auf die Fassade abzustimmen. Grelle und aufdringliche Farben (wie grelles Orangerot, giftiges Grün, süßliches Rosa oder Violett) nicht nicht zulässig. d) Starre Markisen in Kasten-, Korb- oder Baldachinform sind nur in kleinen Formaten über Schaufenstern und Ladeneingängen zulässig. Sie dürfen Architekturteile (wie Pfeiler und Gesimse) nicht überschneiden. An Fachwerkbauten sind sog. Schwebedächer zu bevorzugen. e) Wahlweise darf an einem Gebäude nur ein Glasvordach (oder mehrere kleine) oder eine Markise (oder mehrere kleine) angebracht werden. Alle Kombinationen - auch solche mit Kragplatten oder Kragkästen - sind nicht erlaubt. (6) Die Fassaden dürfen nur bestehen aus Bruchstein- oder Quadermauerwerk, aus Naturschiefer, rauhen oder glatten Verputz und Sichtmauerwerk. Abweichend sind für Außenwände im Erdgeschoss mit Geschäfts- oder Büronutzungen, für Stützen auch Verkleidungen mit Naturstein oder Kunststein mit Natursteinvorsatz zulässig. a) Dunkle und/oder verschmutzte Wandflächen, Brandwände, Brandgiebel bzw. Fassaden, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind, sind mit einem aufhellenden Anstrich zu versehen.

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Leitsatz: Dies gilt nicht für Werkstein- bzw. Natursteinmauerwerk, das aus baupflegerischen Gründen (u.a. mit Öl- und Kunstharzfarbe) niemals überstrichen, sondern nur gereinigt werden darf. b) Folgende Farbtöne dürfen bei flächigem Wandanstrich nicht verwendet werden: • reines Weiß oder sehr helle Farbtöne (Remissionswerte von 80-100), • reines Schwarz oder sehr dunkle Farbtöne (Remissionswerte von 0-15). Leitsatz: An Putzbauten können folgende Regeln gelten: • niemals pralinenfarbene Bonbonieren (mit violett aufgemischten Farben) für Fassaden verwenden, • keine cremefarbene (mit weiß aufgehellte), an Eidotter oder Zitronenfalter erinnernde Dessertfarben, • Fensterlaibungen dürfen niemals schwarz gestrichen werden. Leitsatz: Zur Orientierung bei der Farbgebung von Putzfassaden gilt die beigelegte Farbkartei. (7) Für die Fensterverglasung ist Klarglas zu verwenden. Strukturgläser, Buntgläser (außer bei Rekonstruktionen von Farbgläsern an historischen Bauten), sogenannte Antikverglasungen sind nicht zulässig. Ausgenommen sind Sonderverglasungen wie Butzenscheiben, Bleiverglasungen im Erdgeschoss von Gaststätten und Cafés. a) Die Verwendung unterschiedlicher Glasarten an Fenstern der Obergeschosse (z.B. Klarglas oberhalb des Kämpfers, Mattglas unterhalb des Kämpfers) ist unzulässig. b) Glasbausteine sollten in den von öffentlichen Verkehrsflächen aus sichtbaren Gebäudewänden nicht verwendet werden. (8) Erforderliche Entlüftungs- und Abgasöffnungen sowie sonstige Installationen dürfen keine Gliederungen der Fassade überschneiden und müssen sich farblich den umliegenden Flächen anpassen. §6 Besondere Anforderungen an Gebäude und Grundstücke der Baustaffel II (1) Der örtliche Geltungsbereich der Baustaffel II erfasst alle Baudenkmäler und die erhaltenswerte Bausubstanz im Denkmalbereich der Altstadt Werne. Ihre Auflistung ist in der Karte 3 wiedergegeben, die als Anlage 3 Bestandteil dieser Satzung ist. (2) Bei Umbauten (Instandsetzung und Modernisierung) sind die in § 3 der Denkmalbereichssatzung näher beschriebenen historisch wertvollen oder charakteristischen Erscheinungsbildträger hinsichtlich der Bauteile und Materialität der Gebäude zu wahren. Bei Entfernung müssen sie nicht durch gleichartige, wohl aber völlig gleichwertige Elemente ersetzt werden. Leitsätze: Folgende Sachverhalten unterliegen dem Erscheinungsbildschutz: 1. Die Giebelständigkeit und Traufständigkeit baulicher Anlagen und deren charakteristische Verteilung im Altstadtbild. 2. Die Bauart nach Art des Zusammenfügens einzelner Baustoffe und Bauteile zu einem Konstruktionsgefüge unterschieden nach • Skelettbauten in Form des Sichtfachwerks, auch Fachwerkbauten mit verputzter, verklinkerter oder verschieferter Fassade, • Massivbauten mit Naturstein, Backstein bzw. Ziegelvorblendsteinen, verputzter Fassade, z.T. auch mit Sichtbeton-Elementen. 3. Elemente der Bebauung unterschieden nach • die Form des Schrägdaches als Satteldach, an Fachwerkbauten auch mit Dachüberstand, durch das Walm- und Mansarddach, letzteres auch mit Ausbildung eines Drempels, sowie des Flachdaches; • Ortgang- und Schildgiebel, letzterer in Form des Treppen-, Drei- und Zweistaffelgiebels, an Zwerchhäusern auch als Voluten-, Knick- und geschweifter Giebel mit Aufsatz und Schulter ausgebildet;

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• aus der Fassade aufsteigende Zwerchhäuser und Zwerchgiebel, Dachgauben in Form der Lukarne, der Spitz-, Pult-, Schlepp-, Walm- und Tonnengaube; • Wandgliederungen in Form von Überhängen und Vorkragungen an Fachwerkbauten sowie durch Risalite und Erker in Form des Kasten-, flachbogigen Rund- und Polygonalerkers, letzterer auch turmartig bekrönt, sowie des Austritt- und Fenstererkers; • die Fassadentektonik in Form von Lisenen und Pilaster sowie durch Haupt-, Gurt-, Sohlbankund Kämpfergesimse; • Fassadenzierden in Form von ein- und mehrbahnigen Friesen, Reliefs und Stuckapplikationen; bei Fachwerkbauten auch Knaggen und Schnitzwerk, • Haustüren als Rahmen-Füllungs- und aufgedoppelte Türen, mit vitriertem, ornamentiertem, mit Eisengittern versehenen Türöffnungen sowie Haustore (Deelentore) an den ehemaligen Ackerbürgerhäusern; • die Fensterarchitektur in Form von einbahnigen oder gekuppelten Fenstern mit hochrechteckigen Formaten, geraden oder bogigen oberem Abschluss, profilierte Rahmung und Bekrönung, Fensterteilung in Form des Kreuzstock-, Pfosten- und Galgenfensters mit oder ohne Sprossen; • hohe Gebäudesockel, Außentreppen als Freitreppe oder in die Hauseingang eingezogene Treppen sowie Einfriedigungsmauern. Leitsatz: Zur Wiederherstellung von Gesimsen können Formteile aus Polystyrol-Hartschaum mit witterungsbeständiger, hoch vergüteter mineralischer, faserarmierter Beschichtung verwendet werden. Die Profile können in Sonderanfertigung hergestellt werden; das betrifft insbesondere die seitliche Kantenverarbeitung an Gebäudeecken. Leitsätze zur Fenstermodernisierung: • Wandöffnungen sollten in den Obergeschossen eine gegenüber der Fassadenfläche plastisch oder materialfarbmäßig abgesetzte Umrahmung haben (Werksteinrahmen oder Putzfaschen), und zwar meist in einer Breite von 10 - 30 cm; • Werden diese Umrahmungen aus einem anderen Material als die Wandfläche hergestellt, so sollten sie zwischen 2 und 4 cm vor die Wandfläche vorstehen. Bei Sohlbänken ist ein stärkeres Vorkragen bis 12 cm zulässig. • Bei Werksteinumrahmungen ist ein dem Gesamtbild des Gebäudes angepasster Stein zu verwenden. Die Ausbildung in Kunststein (Betonwerkstein) kann nur gestattet werden, wenn dieser feinkörnig über Natursteinmehl hergestellt wird. • Fenster dürfen nicht bündig mit der Außenfront gesetzt werden. Die Vorderkante des Fensterstockes ist hinter die Außenflucht (mind. in der Hälfte der Wandstärke) zu setzen. • Der Stock muss als Futterrahmen gegenüber den (festen oder beweglichen) Fensterflügeln deutlich ablesbar als Schattenkante in Erscheinung treten. • Bei Kreuzstockfenstern muss das Losholz, der Kämpfer, gegenüber dem Setzholz, dem Pfosten, deutlich ablesbar hervortreten. • An Massivbauten können andere Werkstoffe als Holz, wie Aluminium und Kunststoff, verwendet werden, wenn dadurch die gleiche optische Wirkung wie bei den historisch überlieferten Fensterrahmen erreicht wird. Die Verwendung von glänzenden oder goldeloxierten Rahmen ist nicht gestattet. (3) Bei den im Erdgeschoss ausgeräumten, d.h. nicht erhaltenswerten Wand- und Schaufensterflächen gilt im Falle ihres Umbaus § 5 Abs. 4, 5 und 6 dieser Satzung. Leitsatz: Die Gestaltung von Schaufenstern hat drei Aspekte zu berücksichtigen: 1. pflegliche Rücksichtnahme auf den Baustil der Fassade bzw. die Körpersprache von Architektur, 2. Betonung des unverwechselbaren Charakters der Ladenlokalnutzung, 3. Wahl eines prägnanten Schaufenstermotivs unter Berücksichtigung von 1. und 2 (vgl. § 5 Abs. 4 dieser Satzung). a) Pfeilerstellung und Anordnung der Mauerflächen muss in Abstimmung mit der Fassadengliederung der Obergeschosse erfolgen. b) Glasflächen dürfen nicht bündig (tapetenartig) mit Pfeiler- oder Wandflächen angeordnet werden; sie sind deutlich zurückzusetzen. Vortretende Glasflächen sind nur bei Vitrinenausbildung zulässig.

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Leitsatz: Ungegliederte Wandöffnungen können durch Rückbau auf ursprüngliche Höhen oder durch Einbau von Zwischenpfeilern nach Maßgabe der „Gestik von Flächenwerten“ in Schaufensterformate geteilt werden. c) Seitliche Flächen, Sockel oder Brüstung sowie Sturzfeld der Schaufenster sollten aus gleichen Materialien bestehen. Die Materialgebung der Wandflächen und Stützen im Erdgeschoss kann von jener der Obergeschosse abweichen. (4) Die Farbgestaltung muss dem jeweiligen architektonischen Charakter des Bauwerks entsprechen. Das ist der Fall, wenn der Zusammenhang von Konstruktion, Fläche, Körperlichkeit und den je Baustil unterschiedlichen Gliederungselementen durch die Farbgebung gewahrt bleibt. Am Sichtfachwerk muss der regionalen (münsterländisch geprägten) Farbtradition Rechnung getragen werden. Leitsatz: Traditionell ist in Westfalen schwarzes, seltener tiefbraunes Holzwerk gegen weißen Anstrich der Putzgefache allgemein üblich. Die Gefache dürfen nicht in einer abweichenden Buntfarbe gestrichen werden Die Gefachfüllung kann auch aus ungetöntem Zielmauerwerk bestehen. Das Schnitzwerk wird immer kräftig farbig abgesetzt. Leitsatz: Zur Farbbehandlung denkmalgeschützter Putzbauten ist ein Gutachten der Denkmalpflege anzufordern. Hierbei liefert zuallererst der Befund und die Stilrichtung, der ein Gebäude angehört. Leitsatz: Die Tektonik einer Fassade (Fensterarchitektur, Lisenen, Gesimse oder sonstige Dekorteile) darf nicht deutlich dunkler als die sie tragenden Wandflächen gestrichen werden. Dieser allgemeine Grundsatz gilt für alle Putzbauten des Historismus, für den Reformstil sind Abweichungen zulässig. Leitsatz: Die Fensterarchitektur (Umrahmung und Verdachung) muss stets als Einheit aufgefasst und insofern auch farblich einheitlich behandelt werden. Im Hinblick stilistisch angemessene Farbgestaltung sind an Putzbauten folgende Leitsätze zu berücksichtigen 1. an Putzbauten des Historismus • Die farbliche Gestaltung des Einzelgebäudes ist auf den Gesamtcharakter des Straßenbildes abzustimmen. Das räumlich-farbige Milieu darf durch einen starken Farbwechsel der Fassaden und durch eine ganz verschiedenartige ornamentale Behandlung nicht zerstückelt werden. Eine ruhige, verbindende Farbgebung und Ornamentierung kann dazu beitragen, das Gesamtbild einer bereichsweise einheitlichen Raumwirkung wieder anzunähern. • Fassadengliederungen sollten um so weniger farbig abgesetzt werden, je stärker die Schauseiten der Flächigkeit entbehren und mit plastischen Gliederungen und Schmuckformen reich verziert sind. Eher zurückhaltende Töne entsprechen dem Charakter dieses Typs. • Die Farbbehandlung der Gliederung (Gesimse, Lisenen, Fensterumrahmungen u.a.) richtet sich nach der Art und dem Wert ihrer Ausbildung: a) Schwere, weit ausladende Gliederungen (z.B. Erker) dürfen vom Farbton der Mauerfläche nicht abgesetzt werden, um sie nicht besonders durch Farbe zu betonen. b) Kräftige Gliederungen in Form und Proportion können durchaus in einer matteren und helleren Abtönung zur Grundfläche des Gebäudes oder in hellem Grau leicht gebrochen abgesetzt werden. Das Grau kann auch nach einer anderen Farbe gebrochen werden (z.B. rötlich = warm oder bläulich = kalt bei gelber Grundfarbe). • In der Regel sollten die Gliederungen matter getönt werden als die Wandflächen. Der hellere Anstrich hat immer den Gliederungen zu gelten. Eine Ausnahme kann dann gemacht werden, wenn die Fläche eines Bauwerks gar nicht oder matt (grau) gestrichen wird; dann kann sie durch lebhaften Anstrich der Gliederung nur gewinnen. • Plastische Fassadengliederungen dürfen durch Farbe nicht zerstört werden, insbesondere die durch Vor- und Rücksprünge hervorgerufenen Effekte des Licht- und Schattenwurfs. Zu starke Hell-Dunkel-Kontraste oder Farbkontraste zwischen Grundfarbe und farbig abgesetzten Architekturgliedern lassen diese nur noch als Farbornamente wirken.

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Gestaltungs- und Schutzsatzung

• Fehlen plastische Architekturgliederungen (z.B. Fensterumrahmungen), so ist gelegentlich eine einfache (monochrome = einfarbige) Aufteilung der Wandfläche zulässig (z.B. durch dunkle Umrahmung der Fenster = Farbfasche oder durch einen Trennungsstreifen zwischen den Geschossen = in Anlehnung an ein Gurtgesims). Doch sollte man sich dabei auf weniges beschränken. • Ob Flachreliefstrukturen einfarbig oder mehrfarbig gestrichen werden, ist im Einzelfall zu prüfen. In den meisten Fällen ist einfarbiger Anstrich zu empfehlen. Die plastische Qualität wirkt am klarsten bei einer weißen Grundfarbe. • Im Bereich von Geschäften und Läden kann die Sockelfarbe bis zum 1. Obergeschoss hochgezogen werden (als Gegenfarbe zur Grundfarbe des Gebäudes, doch nicht zu kontrastreich und/ oder zu dunkel). Damit wird ein zusammenbindender Hintergrund für die Buntheit der Werbung, Information und Schaufenster geschaffen. Gleichzeitig wird damit der Fußgängerbereich bis zur Blickhöhe akzentuiert. 2. an Putzbauten des Jugendstils • An Fassaden mit Jugendstilelementen zu bevorzugen ist eine helle und zarte Farbgebung. Die Farben dürfen weder süßlich noch aufdringlich wirken. Dekorteile sind in einer Ton-in-Ton-Farbgebung zu gestalten (z.B. Wandfarbe in mittlerem Blauton, die flächigen Schmuckformen in dunklerem Blau oder umgekehrt). • Gliederungen dürfen weder im Fassadenton überstrichen, noch als einzelnes Schmuckelement völlig zusammenhanglos farblich hervorgehoben werden. a) Entweder kann die Wandfläche, z.B. in einem mittleren Blauton gestrichen werden, wenige flächige Schmuckformen in dunklerem Blau derselben Farbmischung abgesetzt und die übrigen Flächen (oder auch Erker) in einem klaren Weiß gehalten werden. b) Ebenso kann der Untergrund dunkel gehalten und der Dekor durch eine helle Farbe derselben Farbmischung hervorgehoben werden. c) Für die Entscheidung der Farbfassung von Dekorteilen nach a) oder b) ist die Gesamtkonzeption der Fassade von Bedeutung. 3. an Putzbauten des Reformstils In Werne dominiert (wie sonst auch in der Hellwegzone) eine helle, kühle, wenig differenzierte Farbskala: Hellgrau oder Hellgelb als Steinfarbe. Die Farbe wird als Hilfsmittel des körperlich Messbaren, nicht als malerischer Wert angesehen. Wie im Klassizismus Betonung eines Materialstils: Steinfarbigkeit, Grundton blass, Fenstergewände, Lisenen, Gesimse noch heller, die wenigen Zierteile aber farbig auf dunklerem Grund abgesetzt. • Gelegentlich kommt eine tradionalistische (dem Heimatstil angenäherte) Variante vor: Erdfarben wie dunkles Gelb, Ocker, Braun, Olivgrün. • Auf keinem Fall dürfen Reformstilfassaden mit ihren flächigen Schichtungen und geometrisch fokussierten Zierden einheitlich weiß (in der Farbe der neuen Sachlichkeit) gestrichen werden. An erhaltenswerten Bauten kann durchaus eine kräftige Farbgestaltung in moderner Auffassung vertreten werden. 4. an Putzflächen des Expressionismus Neben dem lebhaften Farbspiel der Ziegel üblich ist weißer Verputz unter dem Einfluss der Neuen Sachlichkeit. Abweichend kann die sonst übliche Farbskala (abgetönte stumpfe Farben) nur an Dekorteilen angewendet werden. 5. an Putzbauten der Nachkriegsmoderne Mehrfarbige Wandflächen sind verpönt. Man assoziiert in der Farbgebung den Baustoff. Wandflächen sind einheitlich matt (Erdfarben-Skala) zu gestalten. Fensterfaschen und Balkonverkleidungen sind Farbträger. Farbkontraste (Buntheit) sowie intensiv wirkende Leuchteffekte sind zu vermeiden. Bei Geschäftsbauten ist im Erdgeschoss farbiges Mosaik (gefärbter Baustoff) üblich. § 7 Abweichungen Von den Vorschriften dieser Satzung kann die Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Stadt Werne Abweichungen zulassen, wenn die in § 4 formulierten allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung baulicher Anlagen erfüllt bleiben.

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Gestaltungs- und Schutzsatzung

Zielsetzung der Satzung (§ 1)

Motive der historischen geleiteten Bestandspflege Motive der Verunstaltungsabwehr Motive der positiven Gestaltungspflege

Örtlicher Geltungsbereich (§ 2)

Identisch mit dem Denkmalbereich Altstadt Werne

Sachlicher Geltungsbereich (§ 3)

Genehmigungspflicht für alle Neu- und Umbauten, Instandsetzungen und Modernisierungen sowie Änderung der vorhandenen historischen Anlagen

Allgemeine Anforderungen (§ 4)

Normative Merkmalsträger (Örtl. Bauvorschriften) Relative Merkmalsträger (ergänzende Leitsätze)

Gliederung des örtlichen Geltungsbereichs nach der Schutzwürdigkeit baulicher Anlagen, wobei

Baustaffel I (§ 5) Besondere Anforderungen (§ 5)

Baustaffel Baustaffel II 6) II (§ Besondere Anforderungen (§ 6)

• Baustaffel I = Bauten ohne Prädikat (Primärbezug § 86 Abs. 1 Nr. 1 = Gestaltungssatzung) und • Baustaffel II = Baudenkmale und erhaltenswerte Bausubstanz (Primärbezug § 86 Abs. 1 Nr. 2 = Schutzsatzung)

Normative Merkmalsträger (Örtl. Bauvorschriften) Relative Merkmalsträger (ergänzende Leitsätze)

Abweichungen (§ 7) Gliederung der Gestaltungs- und Schutzsatzung Altstadt Werne Inhaltlich enthält die Altstadtsatzung gegenüber den bisher praktizierten Gestaltungssatzungen einige Neuerungen. Sie betreffen - außer dem besonderen Einfügungsgebot des § 4 Abs. 1 und dem Ausstattungsgebot des § 6 Abs. 2 - eine Gliederung des örtlichen Geltungsbereichs nicht nach Schutzzonen, sondern nach Baustaffeln, im einzelnen die • Baustaffel I = Bauten ohne Prädikat mit Bezug auf § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauO NW (Gestaltungssatzung); • Baustaffel II = Baudenkmäler und erhaltenswerte Bausubstanz mit Bezug auf § 86 Abs. 1 Nr. 2 BauO NW (Schutzsatzung). Konzeptionell grundlegend herangezogen sind die in der Denkmalbereichssatzung in § 3 dokumentierten und im Gutachten näher beschriebenen charakteristischen Erscheinungsbildträger der Altstadt. Bei deren Umsetzung in örtliche Bauvorschriften wird unterschieden zwischen normativen und relativen Merkmalsträgern der allgemeinen und besonderen Anforderungen an die Gestaltung baulicher Anlagen: • normative Merkmalsträger sind solche, die aus Gründen der Abwehr von Verunstaltungen sowie einer positiven Gestaltungspflege durch öffentlich-rechtliche Gebote und/oder Verbote (Bauvorschriften) zwingend zu erfüllen sind;

• relative Merkmalsträger sind solche, die eine flexible Handhabung der geleiteten Gestaltung erlauben und die Bauvorschriften in Form von Leitsätzen mit Richtliniencharakter ergänzen. Leitsätze sind nicht rechtsverbindliche Empfehlungen, Bestandteil der Satzung ist • Karte 1 Abgrenzung des örtlichen Geltungsbereichs; • Karte 2 Kennzeichnung der Gebäude der Baustaffel I; • Karte 3 Kennzeichnung der Gebäude der Baustaffel II; • Karte 4 Kennzeichnung der Bauwiche/Traufgassen. Bestandteil der Satzung ist ferner das Gutachten mit den hier enthaltenen Begründungen, Abwägungsnachweisen und zeichnerischen Darstellungen. Die Anforderungen der Gestaltungs- und Schutzsatzung können nach § 86 Abs. 3 Satz 1 BauO NW innerhalb der örtlichen Bauvorschriften auch in Form zeichnerischer Darstellungen gestellt werden. Letztere müssen den allgemeinen Anforderungen an Normen entsprechen, also hinreichend bestimmt sein. Durch ihre Legende muss deutlich werden, ob die zeichnerische Darstellung selbst Anforderungen beinhaltet, ober ob sie nur zur Erläuterung des sprachlich Angeordneten sein soll.

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Rechtsgrundlagen Aufgrund der§§ 7 und 41 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli (GV NRW S.666/ SGV NRW 2023) zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28.03.2000 (GV NRW S.245) in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NW) in der Fassung vom 01.03.2000 (GVBl. NRW Nr. 18, S.256) hat der Rat der Stadt Werne in seiner Sitzung vom ..... folgende Satzung beschlossen.

Die örtlichen Bauvorschriften über besondere Anforderungen zur Gestaltung baulicher Anlagen in der Altstadt Werne gründet - wie auch die Werbeleitsatzung - sowohl auf der Ermächtigung zum Erlass einer Gestaltungssatzung nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 als auch einer Schutzsatzung nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 BauO NW. Beide Satzungsarten begründen eine unterschiedliche Reichweite gestalterischer Anforderungen. Zur Begründung vgl. Band III, Gutachten zur Werbeleitsatzung S. 9.

Zielsetzung (§ 1) Als politische Zielsetzung und Willensbildung der Gemeinde kommt der Präambel eine hohe Bedeutung zu, weil in ihr der verfolgte Zweck der Satzung ausdrücklich herausgestellt wird. Ad § 1 Abs. 1 Das Erscheinungsbild der historischen Altstadt Werne - Denkmalbereich - wird geprägt durch eine Vielzahl an Baudenkmälern und erhaltenswerten Bauten in Fachwerk sowie Massivbauten mit Stilmerkmalen ihrer Entstehungszeit, durch eine vom historischen Parzellenmuster her bedingte kleinteilige Maßstäblichkeit der Bebauung, durch Material- und Farbe der Außenhaut

baulicher Anlagen sowie durch eine silhouettenprägende Dachlandschaft. Abs. 1 begründet den Zweck der Satzung in der Wahrung des charakteristischen Orts- und Straßenbildes der Werner Altstadt. Es wird im einzelnen in seiner historischen und städtebaulichen Bedeutung im stadtbaugeschichtlichen Begründungsrahmen der Denkmalbereichssatzung (vgl. Band II, Gutachten S. - S.) näher beschrieben. Darüber hinaus enthält die Straßen- und Hauskartei (vgl. Band I der Gestalt- und Denkmalbereichsplanung) eine Bestandsaufnahme aller (253) Gebäude der Altstadt sowie eine Bewertung der sie prä-

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Zielsetzung der Satzung

Skizzen zur Werner Altstadt genden Erscheinungsbildträger, die hier nachfolgend bei der Abwägung der Belange der betroffenen Eigentümerschaft und dem Schutzgut der Pflege und Gestaltung des Altstadtbildes eingestellt wurden. Ad § 1 Abs. 2 Ziel der örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung ist es, a) dass durch verstärkte Erhaltung ortsbildprägender Gebäude, Bebauungszusammenhänge und anderer raumbedeutsamer Strukturen die besondere Eigenart der historischen Altstadt gewahrt bleibt; b) dass Veränderungen der Baugestalt vermieden werden, die das charakteristische Orts- und Straßenbild beeinträchtigen; c) dass durch eine geeignete Gestaltung von baulichen Maßnahmen die unverwechselbare Identität der Altstadt fortentwickelt und insoweit weiter verstärkt wird. Abs. 2 Buchstabe a findet seine Ermächtigungsgrundlage in § 86 Abs. 1 Nr. 2 BauO NW (Schutzsatzung; vgl. hierzu OVG NW U.v. 29.1.2000 BauR 2000, 92). Der Leitsatz hamonisiert er die in der Denkmalbereichssatzung Altstadt Werne formulierten Ziele des städtebaulichen Denkmalschutz mit jenen der örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung; letztere dürfen den Zielen des Denkmalschutzes nicht zuwiderlaufen. Abs. 2 Buchstabe b betr. als Leitsatz das Anliegen der Bau- und Ortsbildpflege, Verunstaltungen aus dem Altstadtbild fernzuhalten. Hierzu können die Beurteilungskriterien des § 12 Abs. 1 BauO NW im Rahmen des § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauO NW (Gestaltungssatzung) herangezogen werden. Abs. 2 Buchstabe c betr. die über den bloßen Schutz des Orts- und Straßenbildes vor Verunstaltung hinausgehende positive Gestaltung: „Das baupflegerische Ziel, ästhetisch unerwünschte Erscheinungen aus dem Stadt- und Landschaftsbild fernzuhalten, ist ein legitimes

Anliegen des öffentlichen Interesses“ (BVerwG v. 29.8. 1961 DVBl. 1962, 178 = BBauBl. 1962 = BRS 12 B 3); bestätigt durch BVerwG B. v. 7.1.1966 BRS 17, 89). Aber erst Hessen ließ etwa 10 Jahre später erstmals (Hess.VGH U.v. 30.5.1975 - IV OE 65/73) eine positive Gestaltungspflege zu, soweit mit ihr mehr bezweckt wird als die unterschiedlose Erhaltung des gesamten vorhandenen Straßen- und Ortsbildes. Es folgte das OVG Rh.-Pf. U.v. 1.6.1978 (DmR 771 08), das OVG NW U.v. 30.6.1981 (NJW 1982, 845 = BauR 1981, 559 = Die Gemeinde 1982, 147 = BRS 38, 138), das OVG Lüneburg U.v. 12.2. 1982 (NJW 1982, 212 = BauR 1982, 368 = Die Gemeinde 1982, 146 = BRS 39, 132), das OVG BaWü B.v.26.8.1982 (BWVBl 1983, 179 = BRS 39, 133) und schließlich das OVG Berlin B.v.13.1. 1984 (BRS 42, 135) mit dem Leitsatz: „Nach dem heutigen ästhetischen Empfinden müssen sich die das Straßenbild bestimmenden Hausfassaden stärker an den Geboten der Stadtbildpflege und den Gesetzen der architektonischen Harmonie ausrichten.“ Der entsprechende Leitsatz des OVG NW im richtungsweisenden U.v. 30.6.1981 (BRS 38, 138) lautet: 1. Die Ermächtigung, eine Satzung zur Durchführung baugestalterischer Absichten zu erlassen, beschränkt sich nicht auf die Abwehr von Verunstaltungen, sondern umfasst auch das anlegen strengerer ästhetischer Maßstäbe, als es die allgemeinen gestalterischen Vorschriften der Landesbauordnung zulassen. 2. Diese Ermächtigung findet ihre Grenze insbesondere an dem mit Verfassungsrang ausgestatteten Übermaßverbot sowie am Wesen des durch Art 14 GG geschützten Eigentums. Sie setzt hiernach voraus, dass die baugestalterischen Absichten auf sachgerechten Erwägungen beruhen und eine angemessene Abwägung der Belange des einzelnen und der Allgemeinheit erkennen lassen. 3. Das Abwägen dieser maßgeblichen Belange setzt einen Abwägungsvorgäng im Satzungsgebungsverfahren voraus. Über den Abwägungsvorgang müssen die Satzungsunterlagen selbst Aufschluss geben.

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Örtlicher Geltungsbereich (§ 2) Der örtliche Geltungsbereich ist identisch mit dem durch die Denkmalbereichssatzung festgelegten Denkmalbereich. Er umfasst- gegliedert in zwei Bereiche (Baustaffel I und II) mit unterschiedlichen gestalterischen Anforderungen - alle Häuser samt Grundstücken, Straßen und Straßenbereiche (Plätze) in der innerhalb der früheren Stadtmauern gelegenen Altstadt, einschließlich der ihr vorgelagerten ehemaligen Wallringstraßen sowie Wallanlagen, soweit diese als grunddominierte weiche Altstadtkante noch in Erscheinungs treten. Ad § 2 Abs. 1 Der örtliche Geltungsbereich ist in seinem Gesamtumfang identisch mit jenem der Denkmalbereichssatzung Altstadt Werne, weil nur in ihm ein (gesteigerter) Pflegebedarf im Hinblick auf Neu- und Umbauten, Instandsetzungen und Modernisierungen, sowie Änderungen der vorhandenen baulichen Anlagen nachgewiesen worden ist (vgl. hierzu Denkmalbereichssatzung, Band II, Gutachten, S. - S. ). Die in § 2 Abs. 1 festgelegte Differenzierung des örtlichen Geltungsbereichs erfolgt nicht nach Zonen (d.h. nach Baugebietscharakteren), sondern nach Staffeln (d.h. nach dem Grad der Schutzwürdigkeit von Gebäuden). Das bedarf einer eingehenden Erläuterung. Eine Gestaltungs- und Schutzsatzung ist nur wirksam, wenn mit ihr eine gebietsspezifische Absicht verfolgt wird, die dem Geltungsbereich der Satzung ein besonderes Gepräge gibt. Demgegenüber kann ein Gestaltungsziel, welches gleichermaßen für alle Ortsteile verfolgt werden könnte, den Erlass einer Satzung nicht rechtfertigen. (OVG Rh.-Pf. U.v. 22.9.1988 BauR 1989, 111). Das bedeutet: Besondere Anforderungen an die Gestaltung baulicher Anlagen müssen sozusagen maßgeschneidert sein; sie können deshalb nur relativ eng begrenzte Bereiche erfassen. Je größer der örtliche Geltungsbereich gezogen wird, umso größer besteht die Gefahr einer nicht sachgerechten Pauschalierung. Der örtliche Geltungsbereich bedarf insoweit einer Gliederung bzw. Differenzierung, in denen jeweils unterschiedliche Gestaltungsanforderungen Geltung beanspruchen. Grundsätzlich kann die äußere Abgrenzung sowie innere Ausgrenzung von Teilbereichen des örtlichen Geltungsbereichs a) im beplanten Innenbereich durch Übernahme der Baugebietsausweisungen erfolgen und b) im unbeplanten Innenbereich auf Baugebietscharaktere als Tatbestandsvoraussetzung abheben.

Beide Lösungsmöglichkeiten berücksichtigen das Urteil des BVerwG v. 28.4.1972 (DÖV 1972, 828 = BBauBl. 1973, 117 = DVBl. 1973, 40 = BRS 25, 127), wonach klargestellt ist, dass der Charakter eines Baugebietes zum Anknüpfungspunkt für eine Satzung gemacht werden kann. Durch b) wird der Geltungsbereich ausgedehnt auf Gebiete, für die es an einer Festsetzung nach der BauNVO fehlt, die aber nach ihrem Charakter den dort in §§ 2 bis 13 klassifizierten Baugebieten gleichwertig sind. Es handelt sich hier um unbeplante Gebiete im Sinne des § 34 BauGB. Allerdings ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung die Eigenart eines einzelnen Baugebietes nicht allein aus typisierenden Regelungen der BauNVO. Die Eigenart eines in einem Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets lässt sich vielmehr abschließend erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in der ein Gebiet „hineingeplant“ ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde, soweit dieser den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden (NJW 1988, 3168) In Anlehnung an das Urteil des BVerwG v. 22.2.1980 (BauR 1980, 452 = NJW 1980, 2091 = BRS 36, 149) setzt die Gliederung des örtlichen Geltungsbereiches „eine Einheitlichkeit des zu schützenden Gebietes im Sinne einer Homogenität“ voraus, „die allein es rechtfertigt, den Freiheitsraum von Bauherren und Architekten einzuengen“. Das generalisierende Verbot und/ oder Verbot (z.B. bestimmter Wandbaustoffe) in bestimmten Baugebieten muss demnach seine Entsprechung in einem Mindestmaß an Einheitlichkeit des Baugebietscharakters finden. Die Differenzierung des örtlichen Geltungsbereichs der historischen Altstadt Werne in vier Zonen (Gebiet 1-4 nach dem jeweils starken bis schwachen Regulationsgraden) war bereits Grundlage der Altstadtsatzung von 1973. Da seinerzeit eine stadtbaugeschichtliche Analyse fehlte - wie sie heute mit der Denkmalbereichsplanung vorliegt - blieb die historische Bedeutung einzelner Bereiche in der Zonierung unberücksichtigt. Ein Beispiel gilt die fehlerhafte Zuordnung der historisch hoch bedeutenden Kleinen Burgstraße in die Zone 4 (= schwacher Regulationsgrad). Eine Übernahme der Zonierung von 1973 ist insoweit sachlich nicht gerechtfertigt. Deshalb wurde auf der Grundlage des gegenwärtigen Bestandes versucht, eine Gliederung der Werner Altstadt nach Baugebietscharakteren vorzunnehmen. Hier-

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Örtlicher Geltungsbereich

Zonung des örtlichen Geltungsbereichs der Gestaltungssatzung Altstadt Werne von 1973 zu gab die Kartierung der Schaufenster einen Hinweis auf Geschäftsbereiche und reine Wohngebiete (hier MK/MI-Gebiete einerseits und WA-Gebiete andererseits). Einen weiteren Hinweis gaben Bebauungspläne bzw. Perspektivpläne der Gemeinde, in denen alle jene Flächen ausgewiesen sind, die einer künftigen gewerb-

lichen Nutzung zugeführt werden sollen. Im Ergebnis zeigte sich ein gravierendes Problem: Das zur Zonenausweisung maßgebende Kriterium der „Homogenität“ greift in in der schutzwürdigen Altstadt (Denkmalbereich) mit seiner ausgeprägte heterogenen Eigenart der Bebauung von geschichtlicher und

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Örtlicher Geltungsbereich

Kartierung der Schaufenster der Werner Altstadt (2002) als Grundlegung einer Gliederung des örtlichen Geltungsbereiches nach Baugebietscharakteren städtebaulicher Bedeutung zu kurz. In einem Straßenzug mit Bauten aus unterschiedlichen Bauepochen bereitet die Ausgrenzung „homogener Bereiche“ erhebliche Schwierigkeiten; sie ist sogar grob pauschalierend. Insofern ist bei der Differenzierung des örtlichen Gel-

tungsbereich nicht auf die Einheitlichkeit des zu schützenden Gebietes (Bauzonen) abzustellen, sondern auf die Typik der baulichen Anlagen (Bauklassen) mit entsprechend gestaffelt festzusetzenden Gestaltungsanforderungen.

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Örtlicher Geltungsbereich

Kartierung der Baustaffeln I und II Die Methode einer Staffelung wurde vorbereitet durch einen Beschluss des BVerfG (Vorprüfungsausschuss) v. 26.6.1985 (I BvR 588/84 - NVwZ 1985, 819 -20), wo der Senat zum Verunstaltungsbegriff ausführt: Die Entscheidung, wann eine Verunstaltung vorliegt, wird geprägt von ihrem öffentlichen Schutzzweck, der

von dem der anderweitig zu regelnden positiven Gestaltungspflege abzugrenzen ist, „sowie von einer typisierenden Betrachtungsweise, die (über die Funktion und den Charakter der jeweils betroffenen Baugebiete hinaus) auch auf die unterschiedliche Art der Bebauung einzugehen hat“.

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Sachlicher Geltungsbereich

Die Eigenart der Baustaffel I (Gebäude ohne Prädikat) wird in § 5 Abs. 1, die der Baustaffel II (Baudenkmäler und erhaltenswerte Bausubstanz) in § 6 Abs. 1 dieser Satzung näher erläutert. Die Gliederung des örtlichen Geltungsbereichs in beide Baustaffeln ist in den Karten 2 und 3 dargestellt, die Bestandteil dieser Satzung sind. Dem sachlichen Geltungsbereich der Gestaltungssatzung unterfallen die einer Genehmigungspflicht unterliegenden Tatbestände einer „Anordnung, Errichtung, Änderung und Instandhaltung baulicher Anlagen“ (§ 3 BauO NW), die Behandlung der nach § 65 BauO NW genehmigungsfreien Maßnahmen zur Gestaltung baulicher Anlagen und das Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften. Ad § 2 Abs. 2 Der örtliche Geltungsbereich dieser Gestaltungs- und Schutzsatzung - Denkmalbereich - ist der Karte 1, seine

Gliederung in den Bereich der Baustaffel I und II ist in den Karten 2 und 3 dargestellt. Die Karten 1 - 3 sind Bestandteil dieser Satzung. Diese Vorschrift gründet auf der Ermächtigung des § 86 Abs. 3 BauO NW, wonach Anforderungen innerhalb der örtlichen Vorschrift auch in Form zeichnerischer Darstellungen gestellt werden können - hierauf ist in den örtlichen Bauvorschriften hinzuweisen. Im Unterschied zur Denkmalbereichssatzung, wo das Gutachten zwingender Bestandteil der Satzung ist, kann das Gutachten zur Gestaltleitplanung in seinen textlichen Bestandteilen (Leitsätze und Begründung) nicht zum Bestandteil der Gestaltungs- und Schutzsatzung erklärt werden, weil im Gesetz nur von der Zulässigkeit zeichnerischer Darstellungen die Rede ist. Gleichwohl ist das Gutachten als Kommentar und Veranschaulichung der örtlichen Bauvorschriften aufzufassen.

Sachlicher Geltungsbereich (§ 3) Ad § 3 Abs. 1 Der sachliche Geltungsbereich der Satzung gilt für alle baulichen Anlagen, Teile davon und Einrichtungen, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. Die Regelungen gelten für Neu- und Umbauten, Instandsetzungen und Modernisierungen, sowie Änderungen der vorhandenen baulichen Anlagen, wenn diese geeignet sind, das schutzwürdige Erscheinungsbild oder den kulturhistorischen oder besonderen städtebaulichen Aussagewert in den näher bezeichneten Bereichen (Staffeln) und Einzelobjekte sowie die beabsichtigte Gestaltung der historischen Altstadt zu beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn die in der Satzung konkretisierten Anforderungen nicht erfüllt sind. Zum Begriff der baulichen Anlage Was bauliche Anlagen sind, richtet sich nach § 2 Abs. 1 BauO NW (vgl. auch Kommentar zum Begriff der Werbeanlage, Werbeleitsatzung S. 13ff) Die örtliche Bauvorschrift erfasst auch nach dem Wortlaut bauliche Anlagen in dem umfassenden Sinne, also auch die fiktiven baulichen Anlagen Ruhen durch eigene Schwere auf dem Erdboden). Zur Sichtbarkeit von öffentlichen Verkehrräumen Die BauO NW enthält keine Aussagen darüber, von welchem Standort aus „die äußere Gestaltung baulicher Anlagen“ erkennbar sein muss. Nur im Zusammenhang mit Anlagen der Außenwerbung ist davon die Rede, dass es sich hierbei um solche handeln müsse, die „vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind“ (§ 13 Abs. 1 BauO NW). Es liegt daher nahe, diesen Begriff im Rahmen von örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung zu verwenden, nicht im Sinne einer Einschränkung

der Ermächtigung, wohl aber bei der Frage der sachlichen Rechtfertigung im Sinne der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit (VGH BaWü B.v. 29.11.1979 III 2380/77). Unter Verkehrsraum ist nicht nur die befahrbare öffentliche Verkehrsfläche (Straße) zu verstehen, an der die bauliche Anlage liegt, sondern auch solche Wege, die nach straßenrechtlichen Vorschriften dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind (OVG Münster U.v. 13.5.1976 BRS 30, 100). Zum öffentlichen Verkehrsraum gehören vielmehr auch alle „der Öffentlichkeit zugänglichen Standorte.“ Öffentlich ist derjenige Verkehrsraum, der ohne Rücksicht auf die Widmung einem öffentlichen Verkehr dient und nicht dem Hausrecht eines anderen unterliegt, also auch die Flächen, die mit einem Betretungsrecht der Allgemeinheit belastet sind (VGH BaWü U.v. 27.8.1976 BRS 30, 112). Bezugnehmend im Baugestaltungsrecht ist, was von einem „normal zugänglichen Standort“ aus sichtbar ist (VGH BaWü U.v. 24.7.1973 BauR 1974, 115): Wird eine ansonsten gegebene Verunstaltung nur beschränkt wahrgenommen, so besteht kein Abwehrrecht durch besondere Gestaltungsanforderungen (VGH BaWü U.v. 13.3.1961 BaWüVBl. 1961, 173). Genehmigungspflichtige Maßnahmen • Neubau bezeichnet im Sinne von § 3 Abs. 1 BauO das „Errichten“, also Herstellen der baulichen Anlage auf dem Grundstück. Hierunter sind auch zu verstehen das Aufstellen, Anbringen, Einbringen von baulichen Anlagen und sonstigen Anlagen und Einrichtungen. Errichtung bezeichnet auch das vollständige Erneuern einer baulichen Anlage, den Wiederaufbau, bauliche Erweiterungsmaßnahmen (Anbauten) und das Verlegen einer baulichen Anlage auf demselben Grundstück (z.B. das Versetzen einer Garage).

Sachlicher Geltungsbereich

• Umbau gilt gemäß § 17 Abs. 2 des II. WoBauG als „Ausbau“, „das Schaffen von Wohnraum durch Ausbau des Dachgeschosses oder durch eine unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführte Umwandlung von Räumen, die nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung bisher anderen als Wohnzwecken dienten“. Das gilt auch analog für Wohn-Geschäftshäuser. • Modernisierung im Sinne des § 3 ModEnG meint „die Verbesserung von Wohnungen durch bauliche Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Wohnungen nachhaltig erhöhen oder die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern“. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Energieeinsparung und Instandsetzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Modernisierungsmaßnahmen. Das gilt auch analog für Wohn-Geschäftshäuser. • Instandsetzung meint die Beseitigung von Schäden einer baulichen Anlage, also Maßnahmen, die zur Erhaltung oder Erneuerung des für den Gebrauch zu Wohn- oder Gewerbezwecken geeigneten Zustandes notwendig sind. Unter der in diesem Zusammenhang genannten „Unterhaltung“ sind Maßnahmen zu verstehen, die der Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer baulichen Anlage und der Gewährleistung der baulichen Sicherheit und Ordnung dienen. Die Unterhaltung baulicher Anlagen soll verhindern, dass diese baufällig und dadurch insbesondere in ihrer Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Brandsicherheit gefährdet werden. • Änderung meint hier im Sinne von § 3 Abs. 1 BauO NW nicht die bloße Nutzungsänderung, sondern - unabhängig von ihrem Umfang - die nicht nur unerhebliche Umgestaltung der baulichen Anlage, d.h. insbesondere die Veränderung des konstruktiven Gefüges, die Änderung der äußeren Erscheinungsform (z.B. des Daches, der Fassade). Hierzu ist auch das teilweise Beseitigen von Bauteilen zu rechnen. Aus der „Unterhaltung baulicher Anlagen“ darf kein Veränderungsverbot der äußeren Gestaltung von Gebäuden abgeleitet werden. Die Wahrung gestalterischer Belange bedeutet nicht, dass ein einmal vorhandener Zustand stets und unter allen Umständen beizubehalten ist, also keine Veränderungen vorgenommen werden dürfen. Grundsätzlich ermächtigt die BauO NW die Gemeinden nicht zu Vorschriften über die Wiederherstellung von Bauwerken, die ungünstige Veränderungen erfahren haben. Auch das Denkmalschutzgesetz verpflichtet in § 27 zur Wiederherstellung eines Baudenkmals nur in Fällen vorsätzlicher oder fahrlässiger Beschädigung oder Zerstörung. Ob in einer Denkmalbereichssatzung die widerrechtliche Zerstörung von nicht erhaltenswerten Gebäuden ohne charakteristische Erscheinungsbildträger ein generelles Wiederherstellungsgebot (so § 5 Abs. 4 der Denkmalbereichssatzung

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Altstadt Werne) nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Mittels auslöst, ist umstritten. Das lässt sich nur im konkreten Einzelfall und im Benehmen mit dem Landschaftsverband entscheiden. Ad § 3 Abs. 2 Aufhebung der Genehmigungsfreiheit (2) Für das im örtlichen Geltungsbereich näher bezeichnete schutzwürdige Gebiet der Altstadt wird für die nach § 65 Abs. 1 Nr. 13, Nr. 18, Nr. 44, Nr. 49 und Abs. 2 Nr. 2, Nr. 6 und Abs. 3 BauO NW genehmigungsfreien Anlagen eine Genehmigungspflicht nach § 86 Abs. 2 Nr. 1 BauO NW eingeführt. • Ad § 65 Abs. 1 Nr. 13 BauO NW betr. Einfriedigungen. Dass Einfriedigungen überhaupt genehmigungspflichtig sein können, ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerwG B.v. 31.10.1969 BRS 22, 89); vgl. § 4 Abs. 4 dieser Satzung. • Ad § 65 Abs. 1 Nr. 18 BauO NW betr. Parabolantennenanlagen mit Reflektorschalen und sonstige Antennenanlagen. Parabolantennen mit Reflektorschalen für den FernsehSatellitenempfang sowie sonstige Antennenanlagen (auch Mobilfunk-Antennen) können gegen das Verunstaltungsverbot verstoßen. Da ihre Bedeutung für die grundrechtlich schützte Informationsfreiheit unbestritten ist (BVerfG B.v. 10.3.1993 NJW 1993, 1252) können sie deshalb nicht verboten, wohl aber in ihrer Anordnung einer Regelung durch örtliche Bauvorschrift unterzogen werden. Ausführlich hierzu vgl. § 4 dieser Satzung. • Ad § 65 Abs. 1 Nr. 44 BauO NW betr. Solarenergieanlagen. Solarenergieanlagen können - den liegenden Dachfenstern ähnlich - Dachflächen von denkmal- und erhaltenswerter Bausubstanz (insbesondere bei Fachwerkbauten) empfindlich beeinträchtigen. Sie sind deshalb den materiellen Vorschriften des Verunstaltungsverbots zu unterstellen. Hierzu vgl. § 5 Abs. 2d dieser Satzung. • Ad § 65 Abs. 1 Nr. 49 BauO NW betr. Markisen. Markisen (zum Begriff vgl. OVG NW B.v. 2.3.1990 7B 537/90) sind nicht genehmigungsfrei, wenn sie dazu dienen, im Anschluss an ein Gebäude (Ladenlokal) einen weiteren überdachten Raum zu schaffen (OVG Lüneburg B.v. 26.2.1980 BRS 36, 51). Hierzu vgl. § 5 Abs. 5 dieser Satzung. • Ad § 65 Abs. 2 Nr. 2 BauO NW betr. die äußere Gestaltung durch Anstrich, Verputz, Verfugung, Dacheindeckung, Solaranlagen, durch Austausch von Fenstern, Türen, Umwehrungen sowie durch Außenwandbekleidungen. Nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 letzter Satz gilt die Genehmigungsfreiheit für die äußere Gestaltung baulicher

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Sachlicher Geltungsbereich

Ad § 3 Abs 3 (3) Unberührt bleiben die Vorschriften des Denkmalschutzes sowie die Festsetzungen in Bebauungsplänen und der Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB.

Verunstaltung durch nach § 65 Abs. 2 Nr. 2 BauO NW genehmigungsfreien Eingriffe in die äußere Gestalt einer baulichen Anlage Anlagen nicht in Gebieten, für die eine örtliche Bauvorschrift nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 besteht. Das ist hier der Fall. Die Vorschrift nach § 3 Abs. 2 dieser Satzung ergänzt diese Ermächtigung nunmehr durch weitere Sachverhalte und schafft insoweit Klarheit im Hinblick auf eine Genehmigungspflicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die örtliche Bauvorschrift gerade solche Regelungen betrifft, die die vorgesehene Maßnahme erfassen; dies soll gerade Gegenstand der präventiven bauaufsichtlichen Prüfung sein. • Ad § 65 Abs. 2 Nr. 6 BauO NW betr. Instandhaltung. Instandhalten bedeutet in erster Linie Schutz vor Verfall von Anlagen und Einrichtungen. An Baudenkmälern ohnehin genehmigungspflichtig, wie die Instandhaltungsgenehmigung - im Hinblick auf die Vorschrift des § 6 Abs. 2 dieser Satzung - auch auf die erhaltenswerte Bausubstanz und Wahrung ihrer charakteristischen Bauteile ausgedehnt. • Ad § 65 Abs. 3 BauO NW betr. Abbruch. Trotz der bauordnungsrechtlichen Genehmigungsfreiheit bedarf der Abbruch oder die Beseitigung von Bauteilen einer Gestattung. Das betrifft selbstverständlich die denkmalwerte Bausubstanz (§ 9 DSchG NW) aber auch schützenswerte Bauteile der erhaltenswerten Bausubstanz; hier als Voraussetzung für die Anwendung von § 6 Abs. 2 dieser Satzung.

Nicht berührt sind Anforderungen des Substanzschutzes von Baudenkmalen (§ 3 DSchG NW). Komplizierter sind die Anforderungen, die sich aus dem Erscheinungsbildschutz der Denkmalbereichssatzung (§ 5 DSchG NW) und der Gestaltung der äußeren Erscheinung baulicher Anlagen aufgrund örtlicher Bauvorschriften nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauO NW ergeben. Während die Denkmalbereichssatzung eine zwingende Pflege charakteristischer Erscheinungsbildträger u.a. auch für die erhaltenswerte Bausubstanz postuliert, erlauben die örtlichen Bauvorschriften nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit eine größere Varietät an „vernüftigerweise gebotenen“ Anforderungen an die Gestaltung baulicher Anlagen. Geboten wären demnach in der Werner Altstadt eine Vielzahl von Wandbaustoffen (Fachwerk, Außenputz oder Sichtmauerwerk). Dies aber könnte in Anwendung örtlicher Bauvorschriften dazu führen, ein (erhaltenswertes) Sichtfachwerkhaus mit Sichtmauerwerk zu verkleiden, was gewiss nicht sein darf, weil es den Anforderungen der Denkmalbereichssatzung widersprechen würde. Aus diesen Gründen geht die Werner Gestaltungssatzung einen neuen Weg, indem sie die Baudenkmäler und die erhaltenswerte Bausubstanz zu einer Baustaffel (II) zusammenfasst und für sie ein sog. Ausstattungsgebot nach § 5 Abs. 2 dieser Satzung normiert. Die in der Denkmalbereichssatzung näher in ihrem Erscheinungsbildträgern erfasste erhaltenswerte Bausubstanz wird nur in § 25 DSchG NW erwähnt, nach der sie nachrichtlich in einem Denkmalpflegeplan aufzunehmen ist. Nach diesem Gesetz genießt sie keinen Schutz, sie kann allenfalls aus städtebauliche Gründen einem Erhaltungsgebot nach § 172 BauGB unterstellt werden. Letztes erfasst aber nicht die erhaltenswerten Bauteile, die - weil bodenrechtlich ohne Bedeu-tung aus dem Erhaltungsgebot herausfallen. Hierzu bietet das sog. Ausstattungsgebot des § 5 Abs. 2 dieser Satzung eine Lösung an. Bundes- oder Bauplanungsrecht bricht Landes- oder Bauordnungsrecht. Insoweit gehen Festsetzungen in Bebauungsplänen nach § 9 BauGB den örtliche Bauvorschriften nach § 86 BauO NW vor; letztere bleiben von den bodenrechtlichen Vorschriften der Altstadt Werne unberührt. Für den gesamten Baubestand der Altstadt hat die Stadt Werne am 15.11.1981 eine Erhaltungssatzung verabschiedet. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Rechtslage (Rechtsprechung) und mit Bezug auf die in der Denkmalbereichssatzung näher benannten erhaltenswerten Bauten ist ihre Novellierung für erforderlich gehalten.

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Sachlicher Geltungsbereich

Instrumente der Erhaltung und Gestaltung baulicher Anlagen

Schutzgebot nach § 3 DSchG NW erfasst die gesamte Baustubstanz und ihre Nutzung - soweit von denkmalrechtlicher Bedeutung

Erhaltungsgebot nach § 172 BauGB erfasst den Baukörper und seine Nutzung - soweit von städtebaulicher Bedeutung (Erhaltungssatzung)

Pflegegebot nach § 5 DSchG NW erfasst alle charakteristischen Erscheinungsbildträger der baulichen Anlage (Denkmalbereichssatzung)

Ausstattungsgebot nach § 86 BauO NW erfasst besondere Anforderungen an die Gestaltung der baulichen Anlage (Schutzsatzung)

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Allgemeine Anforderungen Bei den allgemeinen Anforderungen handelt es sich um solche, die analog § 12 BauO NW grundsätzlich zur „visuellen Verträglichkeitsprüfung“ von Bauvorhaben heranzuziehen sind. Als Genehmigungsgrundsätze gelten sie für den gesamten örtlichen Geltungsbereich, unabhängig von seiner Differenzierung nach Baustaffeln. Ad § 4 Abs. 1 Einfügungsgebot Im näher bezeichneten örtlichen Geltungsbereich sind bei der Durchführung baulicher Maßnahmen folgende Anforderungen zu erfüllen: • die Stellung, Höhe und Gestalt des Baukörpers einschließlich der Nebenanlagen, • die Ausbildung, Form und Eindeckung des Daches sowie der Dachaufbauten, • die Gliederung und Flächenbehandlung der Fassade einschließlich der Türen und Fenster, • die Anordnung und Ausbildung von Erkern, Balkonen und sonstigen vorspringenden Bauteilen, • die Verteilung und Form der Wandöffnungen, insbesondere der Schaufenster, • die Anordnung und Form von Vordächern, Glasvordächern und Markisen sind so zu wählen, dass die bauliche Anlage sich nach Maßgabe der erklärten Ziele in das Orts- und Straßenbild einfügt. Verunstaltungen sind grundsätzlich in zweifacher Hinsicht unzulässig: nach einer „objektbezogenen“ Betrachtungsweise (§ 12 Abs. 1 BauO NW), also unter Anlegung eines von der Umgebung unabhängigen Maßstabs, der ausschließlich die bauliche Anlage (= darf nicht „verunstaltet“ wirken) betrifft und nach einer „umgebungsbezogenen“ Betrachtungsweise (§ 12 Abs. 2 BauO NW), die auf das Verhältnis von baulicher Anlage (= darf nicht „verunstaltend“ wirken) und der unmittelbaren Nachbarbebauung abstellt. • § 12 Abs. 1 BauO NW besagt: Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 müssen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. • § 12 Abs. 2 BauO NW besagt: Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 sind mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, dass sie das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten oder deren beabsichtigte Gestaltung nicht stören. Auf die erhaltenswerten Eigenarten der Umgebung ist Rücksicht zu nehmen. Der letzte Satz bildet die Grundlage für die Vorschrift:

(§ 4)

Historische, für die jeweilige Bauepoche charakteristische Erscheinungsbildträger der Baudenkmäler und ihrer näheren Umgebung sowie der erhaltenswerten Bausubstanz dürfen nicht beeinträchtigt werden. Ad § 4 Abs. 2 Wandbaustoffe Die Pflege einer dem historischen Altstadtbild angemessenen Baustoffkultur und ihr Schutz vor Verunstaltung ist ein besonderes Anliegen dieser Satzung. Die folgenden Gestaltleitsätze betreffen insoweit als allgemeine Anforderungen den gesamten örtlichen Geltungsbereich dieser Satzung. • Gebot der Materialeinheit Grobe Verunstaltungen treten insbesondere in der Erdgeschosszone auf, soweit diese mit zwei oder mehr Ladeneinheiten besetzt ist, die mit verschiedenartigen Wandbaustoffen gestaltet, zueinander in Material, Textur und Farbe und zu den andersartigen Obergeschossen in einem unverträglichen Kontrast erscheinen. Die Art und Farbe der zu verwendenden Wandbaustoffe sind so zu wählen, dass die bauliche Anlage sich in die Baustoffkultur der näheren Umgebung einfügt und der Zusammenhang von Erd- und Obergeschossen gewahrt bleibt. Rechtsprechungshinweise zur „Verunstaltungsfähigkeit“ von Wandbaustoffen vgl. OVG Münster B.v. 26. 3.1957 BBauBl. 1958. 25 = BRS 7 V B2; VGH BaWü U.v. 17.3.1966 ESVGH 16, 127 = BaWüVBl. 1966, 172 = BRS 17, 87; BayVGH U.v. 8.5.1972 BRS 25, 124; OVG Berlin U.v. 12.2.1971 BRS 24, 119; OVG Münster U.v. 20.3.1975 DVBl. 1975, 588 = Der Städtetag 1976, 149; VGH BaWü U.v. 4.5.1979 BRS 28, 80; OVG Lüneburg U.v. 4.5.1979 BRS 35, 132; BVerwG B.v. 10.12.1979 BRS 35, 133; OVG NW U.v. 30.6.1981 BauR 1981, 535 = NJW 1982, 845 = BRS 38, 138; OVG Lüneburg U.v. 14.4.1985 BRS 44, 116; OVG Berlin B.v. 13.1.1984 BauR 1984, 642 = NVwZ 1984, 658 = BRS 42, 135.

Unzulässige Wandbaustoffe Besonders störend wirken Material-Cocktails, d.h. die Verwendung höchst unterschiedlicher Wandbaustoffe an einem Gebäude, aber auch in Kontaktlage zu den benachbarten Ladenlokalen. Die Folge ist - insbesondere in Verbindung mit störender Häufung von Werbeanlagen - ein visuelles Chaos. Hieraus resultiert das • Gebot der Materialbeschränkung Für das Altstadtbild ergibt die visuelle Analytik, dass die Zahl der zulässigen Wandbaustoffe pro Gebäude

Allgemeine Anforderungen

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Die Wahrung und Gestaltung des Materialklimas im Altstadtbild zählt zu den wesentlichen öffentlichen Belangen beschränkt werden sollte. In den Erdgeschossen ist je nach Zahl der Ladeneinheit der Einzelfall entscheidend, wobei den Werkstoffen wie Sichtmauerwerk, Putz oder Naturstein der Vorzug einzuräumen ist. Im Hinblick auf einen Schutz vor Verunstaltungen gilt: Unzulässig sind a) Wandbaustoffe und Farben, die glänzen oder eine grelle Wirkung ergeben, b) mehr als vier verschiedene Wandbaustoffe an einem Gebäude, c) visuell unverträgliche Baustoffkombinationen. Als visuell unverträglich gelten im Falle benachbarter Ladenlokale im Erdgeschoss eines Gebäudes alle störenden Material-, Textur- und Farbkontraste (vgl. Abb. mit der Typisierung unverträglicher Baustoffkombinationen). • Gebote einer werkgerechten Durchbildung Eine werkgerechte Durchbildung der Außenhaut ist dann gegeben, wenn die Baustoffwahl mit der konstruktiven Logik des Baukörpers verträglich ist. Nicht werkgerecht durchgebildet ist ein Bau oder Bauteil dann, wenn die Bezeichnung „Pfuscharbeit“ zutrifft. Das ist der Fall, wenn eine Außenwand unverputzt gelassen wird, obwohl sie nicht aus dem Material und mit der Sorgfalt gemauert wurde, die für Sichtmauerwerk üblich sind. Nicht werkgerecht ist auch ein Farbanstrich auf Blech, der eine Holzverkleidung vortäuscht. Hieraus abgeleitet ist zunächst der

Mauerwerksimitation (Riemchen auf Bitumenbasis) • Ausschluss von Materialimitationen Imitation (= Nachahmung, Nachbildung) ist eine gestalterische Tugend (z.B. die genaue Wiederholung eines musikalischen Themas in anderer Tonlage, in Kanon und Fuge), die vortäuschende Nachahmung aber nicht. Letzteres ist der Fall bei Steinbauten mit aufgeklebtem

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Allgemeine Anforderungen

Unverträgliche Baustoffkombinationen sind unzulässig. Das gilt für folgende Arten von Verunstaltungen:

Visuell unverträgliche Materialkontraste (z.B. Strukturputz gegen Mosaik- und/oder Fliesenverkleidungen gegen Kunststoffplatten)

Visuell unverträgliche Texturkontraste (z.B. klein- gegen großformatige Platten gegen vertikale und/oder horizontale Holzverschalungen)

Visuell unverträgliche Farbkontraste (z.B. schwarzer Putz gegen weiße Riemchen gegen hellgelbe Fliesen; verschiedenfarbig getönte Schaufensterverglasungen). Fachwerk in Bohlenstärke. Hier wird Fachwerk zum tapetenhaften Dekor verdammt. Deshalb muss gelten: d) Das Verkleben von Außenwänden, Stützen und sonstigen tragenden Bauteilen sowie Brüstungen mit Imitationen (z.B. Fachwerkimitationen, Ziegelsteinimitationen auf Bitumenbasis oder Imitationen jeglicher Art wie tapetenartige Wandverkleidungen) ist unzulässig. Kostengründe sprechen für Mauerwerksimitationen durch vorgeblendete Riemchen. Man sieht ihnen das auch deutlich an. Während Ziegel oder Backstein mit

unterschiedlicher Temperatur gebrannt werden, wodurch teils Steine mit stärkerem Glasfluss und solche mit geringerer Festigkeit entstehen und dadurch das Farbspiel bereichert wird, können Riemchen einen Farbzusatz erhalten, der von schwarz bis hellrot reichen kann. Im Verband ergeben sie dann ein äußerst buntscheckiges Erscheinungsbild. • Ausschluss von Schiefgerersatz Schieferersatz wird als sog. Verlegenheitsbaustoff gern zur Verkleidung an ausgeräumten Fassadenteilen verwendet. Die fabrikmäßige Herstellung führt zu einer

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Allgemeine Anforderungen

Quadratschablonen (unzulässig)

Rechteckschablonen stehend (unzulässig)

Wandbeschieferung mit verschiedenen Verlegearten (zulässig)

Rechteckschablonen in Treppenstruktur (unzulässig)

völligen Gleichheit aller Platten untereinander, die der Verkleidung eine gewisse Monotonie und Sterilität verleiht. Dass es sich im Gegensatz zum Schiefer um ein künstliches Produkt handelt, lässt sich nicht verleugnen. Die Unregelmäßigkeit des Naturproduktes ist durch eine wie auch immer geartete Bearbeitung des künstlich erzeugten Materials nicht zu erreichen. Das war bei den in sog. Herbstlaubfarben getönten Asbestzementplatten auch nicht beabsichtigt. Die heute auf dem Markt befindliche Faserzementplatte ist asbestfrei. Schon seit 1936 war bekannt, dass die hoch beanspruchbare, winzige Asbestfaser (1 300mal dünner als menschliches Haar) bei Staubentwicklung

in die Lunge geraten kann und dort Krebs erzeugt. Das ist jedoch erst in den 60er und 70er Jahren in voller Tragweite erkannt worden. Von 1982 an wurden die Asbestfasern durch Kunststoffasern ersetzt, die, dicker und mit sog. Prozessfasern aus Zellstoff verbunden, nicht lungengängig sind. Schablonen und Bekleidungsart der Faserzementplatten entsprechen dem alten Material. e) Für Außenwände, Stützen, sonstige tragende Bauteile sowie Brüstungen sind Verkleidung aus Faserzementplatten, Eternit oder sonstigen Kunststoffplatten nicht zugelassen.

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Sichtbare (verschmutzte) Brandwände und Brandgiebel sind dem Charakter der Altstadt und dem Materialklima des jeweiligen Gebäudes entsprechend zu reinigen, zu verputzen oder zu streichen. Aus Kostengesichtspunkten muss aber bei den nicht oder weniger sichtbaren Wand- oder Dachbauteilen eine Abweichung gestattet werden. Abweichend können Kunststoffplatten zur Verkleidung von Dachgauben zugelassen werden, wenn diese von öffentlichen Räumen her nicht einsehbar sind. Im Bereich schmaler Bauwiche (bis zu einer Breite von 2,00 m können sie zur Verkleidung von Seitenwänden oder Brandmauern zugelassen werden. In diesen Fällen sind in Buntfarben getönte Platten und bei den Unbuntfarben reines Schwarz zu vermeiden. • Ausschluss von auf Hochglanz polierten Oberflächen Naturstein oder Kunststein mit Natursteinvorsatz ist von repräsentativer Wirkung und wird deshalb gern zur Verkleidung von Wandflächen der Erdgeschosse mit Ladenund Geschäftsnutzungen verwendet. Hier gilt der Leitsatz: Für Außenwände, Stützen und tragende Bauteile sind Verkleidungen mit Naturstein oder Kunststein mit Natursteinvorsatz zulässig. Starke Texturkontraste und durch Politur spiegelnde Oberflächen sind nicht zulässig. Polierte Steinverkleidungen wirken als solche nicht verunstaltungsfähig. Hierzu hat die Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass sich bei polierten, graugesprenkelten Steinen infolge der helleren Gesamtfarbe und des Wechsels von helleren und dunkleren, ungleichmäßig reflektierenden Einlagerungen eine derart starke, an die Spiegelung des Glases herankommende, sich aufdrängende Spiegelungswirkung nicht feststellen lässt. Auch die Polierung als solche gibt Steinen von zurückhaltender Farbe keine knallige oder protzige, also unwürdige Note. Allerdings sollte immer bedacht werden, dass Wandflächen in spiegelnder Art eine Reizüberflutung erzeugen, die die Aufmerksamkeitszuwendung der Passanten über Gebühr beansprucht und von den Schaufenstern eher abzulenken in der Lage ist. Auf Hochglanz polierte Steinverkleidungen stellen für ältere und betagte Menschen mit nachlassender Wahrnehmungsschärfe „Sinnesbarrieren“ dar, weil die Politur zu indirekten Blendungen führt und (insbesondere neben Glasflächen) die Konturwahrnehmung erschwert. Wegen der Blendung werden Einzelheiten ausgelöscht: Türöffnungen, Namensschilder oder sonstige Hinweise sind schlecht wahrzunehmen. • Ausschluss schwarzer Wandbaustoffe Bei der normalen Blickrichtung in der Straßenperspektive wirken bei einem Gang die begleitenden Fassadenwände gleich stark ziehend oder stoßend - vorausge-

Allgemeine Anforderungen

setzt, dass beide Wände nicht nur ähnlich gefärbt, sondern auch ähnlich hell beleuchtet sind. Ist die eine Wand dagegen heller als die andere, so stößt uns die dunklere ab, die hellere zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Laufen wir bei einer Straßenkreuzung oder Straßenkrümmung auf eine helle Stirnwand, so werden wir die Richtungsänderung akzeptieren, rennen wir aber gegen eine dunkle Stirnwand, so haben wir den Eindruck, in ein finsteres Loch zu laufen. Schwarze Wandverkleidungen sollten deshalb allgemein und insbesondere für publikumswirksame Erdgeschosszonen ausgeschlossen werden. Als „schwarze Löcher“ erzeugen sie - nicht nur bei schlechtem Wetter - die Anmutungsqualität eines „Beerdigungsinstitutes“; helle, freundlich stimmende Materialfarben erhöhen den psychologischen Zugangswert eines Ladenlokals. • Einschränkung keramischer und metallischer Wandverkleidungen Kleinmosaik und Fliesen sind typisch für Ladenumbauten der 50er bis Anfang der 60er Jahre. Gleichwohl stellen keramische Baustoffe eine Verunstaltung dar, wenn das Erdgeschoss mit Fliesen verkleidet ist, die wie Badezimmerkacheln ohne Mauerwerksverband (Kreuzfugen) angebracht sind; störend wirkt auch eine flambierte Keramik oder ein gesprenkeltes Mosaik, das an Blutwurst erinnert. f) Glasierte Keramik, gesprenkeltes Mosaik oder Wandteile aus Blech oder metalleloxierte Verkleidungen sind unzulässig. Metalleloxierte Plattenverkleidungen, weiß lackiertes Blech u.ä. wirken kalt und abweisend. Strukturlos und stark glänzend können sie das Erscheinungsbild einer Erdgeschosszone stark beeinträchtigen. • Einschränkung von Sichtbeton Sichtbeton ist charakteristisch für Bauten der späten 60er und 70er Jahre, insbesondere an solchen im Stil des Brutalismus. Seine Erscheinung lässt folgende allgemeine Anforderung als gerechtfertigt erscheinen: Für Außenwände, Stützen, sonstige tragende Bauteile sowie Brüstungen ist schalungsrauher Sichtbeton sowie Waschbeton nicht zugelassen. Sichtbeton ist ausnahmsweise nur zur Betonung der konstruktiven Teile oder zur Einzelgliederung der Fassade zulässig. Begründet wird dieser Leitsatz durch die mehrheitliche Abneigung gegen großflächige Betonwände, die nackt und kahl anmuten, und meist ohne Gliederung (und Textur) im Straßenbild erscheinen. Umweltpsychologische Befunde bestätigen eine starke Abneigung gegen Betonfassaden. Sie werden heute als unangenehm, monoton, unfreundlich, uninteressant, kalt und fremdartig empfunden. Insbesondere im Winter und bei kal-

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Allgemeine Anforderungen

tem Wetter empfinden viele Menschen ihren Anblick als deprimierend. Mehr oder weniger traditionell durchgebildete Fassaden werden den zweckmäßig aussehenden vorgezogen. Es ist stets ein Zeichen des schlecht Gemachten, dass es (wie Betonwände) nicht alt werden kann, sondern im Laufe der Zeit nur verrottet. Denn Betonwände altern nicht, setzen keine Patina an, sondern verschmutzen und werden insbesondere durch bleibende Witterungsspuren (Regentrieler) unansehnlich. Sichtbeton sollte nur zur Betonung von konstruktiven Teilen der Fassade ausnahmsweise zulässig sein. • Außenputz An Steinbauten sind großflächig verputzte Fassaden soweit erkennbar- als Kellenstrichputz, feinem bis mittlerem Kratzputz, seltener auch in Rapp-Putz (erst ab der Jahrhundertwende häufiger) ausgeführt worden. Charakteristisch war stets die glatte Ausführung als ruhiger Hintergrund für Schmuckformen. Außer glatten Putzflächen hat erst der Jugendstil unter dem Einfluss der graphischen Werke dieser Zeit, die schlagkräftigen Flächenwirkungen des Steindrucks aus-

(gekämmter) Wellenputz, rechts: Riffelputz-Textur

Feiner Kellenstrichputz

Feinkörniger Kratzputz

Mittlerer Rauhputz (problematisch)

Mittelkörniger Kratzputz (problematisch) Putztexturen in natürlicher Größe

Grober Kellenwurfputz (unzulässig)

Grobkörniger Kratzputz (unzulässig)

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Allgemeine Anforderungen

großflächig/grobkörniger und kleinflächig/feinkörniger Kellenstrichputz

schwach strukturierter Kellenstrichputz und Patschputz

vertikal strukturierter und horizontal strukturierter Kellenstrichputz

gespachtelter Strukturputz und mit dem Pinsel strukturierter Kellenstrichputz

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Allgemeine Anforderungen

nutzend, gern Kratzputz-Strukturen verwendet. Ähnlich verwendet auch der Expressionismus den Riffelputz. Die Struktur des Riffelputzes wird durch Kratzen mit dem Nagel- bzw. Riffelbrett (= eine kammartige, mit spitzen Eisenzähnen versehene Vorrichtung) hergestellt. Hierdurch wird die bindemittel- und damit spannungsreiche Oberfläche des angetragenen Oberputzes entfernt, so dass gezackte, auffallend tiefe Riffelungen entstehen. Durch das herausspringende Korn entsteht die hierfür charakteristische, meist gerade, aber auch wellenförmig geführte Putzstruktur, welche auf jeden Fall eine farbige Oberflächenbehandlung zulässt. Die für das Putzklima des Quartiers untypischen und auch sonst störenden Modeputze sind auszuschließen: g) Buntsteinputze (Mosaikputz oder Kunstharzputz mit Waschputzeffekt) sowie Modellier-/Strukturputze (Kellenwurf-, Keilschrift-, Wabenwellen- sowie Fächerputze) sind unzulässig. Buntsteinputz enthält naturfarbene oder gefärbte Steine, die verschiedene Farben und Korngrößen aufweisen können. Da keine deckenden Pigmente oder Füllstoffe enthalten sind, trocknet Buntsteinputz klar auf. Waschputz erhält sein Oberflächenaussehen durch Abwaschen der an der Oberfläche befindlichen, noch nicht erhärteten Bindemittelschlämme. Modellierputz wird hergestellt durch Auftragen des Beschichtungsstoffes in einer Dicke von 0,5 bis 6 mm und Modellieren mit der Rolle, Traufel, Kelle, Schwamm oder Bürste. Die somit entstehenden Effekte (u.a. als Wabenwellen- oder Fächerstruktur) sind von aufdringlicher und störender Wirkung. Leitsatz: Der Außenputz sollte, wie auch die Farbe, mineralisch sein. Kunststoffputze und Kunststoff-Farben

sind nicht erwünscht. Die Oberfläche kann mit einem 3 mm starken Kratzputz hergestellt werden. Der Putz sollte nicht gerieben werden. Beim Reibeputz wird ein Zuschlaggemenge verwendet, das u.a. Rundkorn enthält, das beim Reiben in der sonst glatten Beschichtung rillenartige Vertiefungen (sog. „Madengänge“) hinterlässt. Glatte Putze mit unauffälliger Oberflächenstruktur sollten gefördert werden. Dafür spricht auch, dass sehr rauhe Putzstrukturen sehr rasch verschmutzen. Längere Zeit unverputzt stehendes Mauerwerk (z.B. Brandwände) ist vor einem Neuverputz oder Anstrich sehr gründlich zu reinigen, weil die Schmutzschicht die Grundhaftung aufhebt. Ein mindestens achtstündiges Berieseln mit kalkarmem Leitungswasser genügt (Wasser, gegebenenfalls enthärten). Ad § 4 Abs. 3 Einfriedigungen Für Einfriedigungen sind nur Mauern aus westfälischem Sandstein, Sichtmauerwerk sowie Hecken erlaubt. Die massiven Einfriedigungen dürfen eine Höhe von 2,25 m nicht überschreiten. Vorgärten sind in der Altstadt untypisch, wie die Kartierung (Denkmalbereichssatzung, Gutachten S.) zeigt. Deshalb wird die in der Gestaltungssatzung von 1973 enthaltene Vorschrift, wonach Vorgärten nicht als Arbeits- oder Lagerflächen benutzt werden dürfen, gestrichen. Übernommen wird aber die Vorschrift über Einfriedigungen, die in ihren historisch überkommenen Beispielen ein beträchtliche Höhe erreichen können. Rechtsprechungshinweise zur Verunstaltungsfähigkeit“ von Einfriedigungen vgl. OVG Hamburg U.v. 22. 11.1979 BRS 35, 112; BayVGH U.v. 10.1.1978 BayVBl.

Auf dem Berg, Jüdischewr Friedhof. Lageplan und Errichtung einer Einfriedigung von 1912

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1978, 762 = BRS 33, 132; OVG Lüneburg U.v. 14.9. 1977 BRS 32, 100; OVG Münster U.v. 27.1.1972 BRS 25, 111; HessVGH U.v. 26.6.1970 BRS 23, 133. Zum Begriff vgl. OVG NW U.v. 12.7.1982 BauR 1982, 563 = BRS 39, 11. Ad § 4 Abs. 4 Bodenbelag An Bodenbelägen ist für Zuwegungen auf den unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke Natursteinpflaster oder Kunststeinpflaster mit Natursteinvorsatz, auf Stellplätzen auch Rasengittersteine zulässig. Leitsatz: Eine Entsiegelung der Bodenflächen auf den unbebauten Flächen der bebauten Grundstücksflächen ist anzustreben. Die Versiegelung von Grundstücksflächen durch Beton oder Asphalt u.a. Hartbeläge stellt einen Eingriff in den Boden als Teil der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen dar. Unter Versiegelung ist jede Veränderung der natürlichen Funktionen des Bodens durch bauliche oder sonstige Maßnahmen zu verstehen, die die ökologischen Wechselwirkungen zwischen dem Boden und der übrigen Natur beeinträchtigen oder ver mindern. Ein ökologisches Interesse an Entsiegelung von Grundstücksflächen kann im wesentlichen aus zwei Gründen geltend gemacht werden: • aus kleinklimatischen Gründen: In den aufhitzungsgefährdeten Bereichen der im Zusammenhang bebauten Ortsteile müssen zur Aufnahme des Strahlungsüberschusses (Wärmebilanz) und zur Anreicherung der Luftfeuchtigkeit Verdunstungsflächen geschützt bzw. neu geschaffen werden. Dazu ist ein größerer Anteil unversiegelter Bodenflächen mit seiner großen inneren Oberfläche spendenden Verdunstungskälte im Zusammenhang mit der Versickerung des Niederschlagwassers sicherzustellen. • aus wasserhaushalts- bzw. wasserhygienischen Gründen:

Allgemeine Anforderungen

Durch Versickerung wird dem örtlichen Wasserkreislauf Regenwasser zugeführt und dadurch das Grundwasser erneuert. Bei der Versickerung wird durch die anstehenden Bodenschichten das Oberflächenwasser gereinigt. In einem glatten Kanalrohr besteht keine Selbstreinigung für das Wasser. Dazu kommt die Verringerung der Hochwassergefahr sowie Entlastung der Ortskanalisation (Kläranlagen) und damit Kostenersparnis. Der letzte Satz des § 4 Abs. 4 dieser Satzung berücksichtigt die in der Generalklausel des § 3 BauO NW formulierte Rücksichtnahme „mit Boden, Wasser und Energie ist sparsam umzugehen“. Durch die Hervorhebung der natürlichen Lebensgrundlagen soll verdeutlicht werden, dass durch die Bauordnung das Baugeschehen an umweltpolitischen Zielsetzungen - wie der Verringerung der Bodenversiegelung - ausgerichtet sein soll. Umstritten ist, ob diese „Appellfunktion“ als eine Eingriffsnorm aufgefasst werden kann, also Grundlage einer bauaufsichtlichen Verfügung sein kann. Führt allerdings ein Verstoß gegen diesen Appell zu einer Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne des § 3 Abs. 1 BauO NW, kann mit dem dann gegebenen Instrumentarium des § 86 vorgegangen werden. Ad § 4 Abs. 5 Antennen Parabolantennenanlagen mit Reflektorschalen für den Fernseh-Satellitenempfang sowie sonstige Außenantennenanlagen sind nur auf den Straßen abgewandten Dachflächen zulässig oder so anzubringen, dass sie von der unmittelbar umgebenden öffentlichen Verkehrsfläche aus nicht gesehen werden können. Antennen sind Einrichtungen zum Empfangen und Senden elektromagnetischer Wellen aus Draht oder Stahlhohlrohren. Ihre wirksamste Anbringung ist die zwischen hochgelegenen Punkten: Schornstein, Gittermasten und Dächern. Auf Dächern angebracht, dürfen sie die Standsicherheit der Bauteile nicht ge-

Allgemeine Anforderungen

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zeiten empfangen werden können. Beschränkungen des Rundfunkempfangs sind verfassungsrechtlich unzulässig. Rundfunkempfang im Sinne dieser Verfassungsnorm ist auch der Fernsehempfang. Das bedeutet: Ein zur Bewahrung des historischen Stadtbildes ausgesprochenes Verbot von Dachantennen oder Parabolantennen (Satellitenschüsseln) verstößt gegen das Grundrecht der Rundfangsempfangsfreiheit und hat die Nichtigkeit der gesamten Gemeindeverordnung zur Folge (BayVerfGH E.v. 27.9.1985 NJW 1986, 833).

Störende Satellitenschüsseln fährden und die Reinigung der Schornsteine nicht behindern. Das Problem: „Antennenwälder“ verunstalten regelmäßig das Orts- und Straßenbild (Störung der Silhouettenkontur). Antennentragwerke (Gittermaste) für den (privaten) Kurzwellenverkehr erreichen häufig ein Volumen, eine Höhe und Ausladung, die in ihrer Wirkung Gebäuden gleichkommen, den Nachbarn stören und das Ortsbild empfindlich stören können. Das gilt auch für die an Balkonen, Erkern oder sonstigen Fassadenteilen angebrachten sog. Satellitenschüsseln. Es gehört zu den elementaren Bedürfnissen des Menschen, sich aus möglichst vielen Quellen zu unterrichten, das eigene Wissen zu erweitern und sich so als Persönlichkeit zu entfalten (BVerfGE 27, 71/81 = NJW 1970, 235). Durch Art. 5 I 1 GG geschützt ist insoweit nicht nur ein aktives Handeln zur Informationsverschaffung, sondern ebenso die schlichte Entgegennahme von Informationen; er gewährleistet das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (BVerfGE 66 116/137 = NJW 1984, 1741). Eine Informationsquelle ist allgemein zugänglich, wenn sie technisch dazu bestimmt und geeignet ist, einem individuellen, nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu verschaffen und zwar an irgendeinem Ort, mag dieser auch außerhalb der Bundesrepublik liegen (BVerfGE 27, 71 (84) = NJW 1970, 235). Die Rundfunksempfangsfreiheit umfasst grundsätzlich die Freiheit des Bürgers zur Benützung von Geräten, die ihm eine Auswahl unter den am Ort technisch empfangbaren Rundfunk- und Fernsehprogrammen ermöglichen. Sie bezieht sich auch auf solche Programme, die aus technischen Gründen nur mit schwankender oder schlechter Qualität oder nur zu bestimmten Tages-

Die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass örtlicher Bauvorschriften über Gestaltung trägt grundsätzlich auch Regelungen in Bezug auf Außenantennen. Allerdings darf von der Ermächtigung nur in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht werden. Soweit örtliche Bauvorschriften hinsichtlich der Errichtung von Außenantennen besondere Anforderungen stellen, die zu einer Verletzung des Grundrechts der Rundfunksempfangsfreiheit führen, sind sie von der Ermächtigung der Landesbauordnungen nicht mehr gedeckt (BVerG B.v. 23.8.1991 NVwZ 1992, 475). Damit ist nicht gesagt, dass sog. Antennenwälder oder die störende Häufung von Satellitenschüsseln auf jeder Regelungsmöglichkeit entzogen wären. Ein generelles Verbot für bestimmte Gebiete steht aber - von allen anderen Fragen abgesehen - jedenfalls unter dem Vorbehalt umfassenden und gleichwertigen Ersatzes. Bietet eine Außenantenne gegenüber dem Programmangebot des Breitbandkabels zusätzliche Empfangsmöglichkeiten, so muss es dem Bürger freigestellt bleiben, das gewünschte Programm sowohl aus dem Angebot des Breitbandkabels als auch aus den zusätzlichen Empfangsmöglichkeiten über die Außenantenne auswählen zu können. Leitsatz: Fenster- und Dachrinnenantennen sind nicht erlaubt. Antennenanschlüsse dürfen nicht sichtbar auf der Fassade verlegt werden. Satellitenschüsseln dürfen nicht an Erkern oder Balkonen angebracht werden. Ad § 4 Abs. 6 Bauwiche/Traufgassen Im Geltungsbereich dieser Satzung können zur Wahrung der historischen Bedeutung oder sonstiger erhaltenswerter Eigenarten der Altstadt die Abstandsflächen nach dem§ 6 BauO NW unterschritten werden. Regelungen über Gebäudeabstände, Abstandsflächen und Grenzabstände verfolgen ein gemeinsames Ziel, nämlich das einer geordneten Bebauung im Interesse gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse, dies jedoch aus unterschiedlichen Motiven: die planungsrechtlichen Abstandsregeln dienen der Durchsetzung städtebaulich-gestalterischer Ziele, die bauordnungsrechtlichen Vorschriften der Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Im einzelnen ergibt sich die Notwendigkeit von Abstandsregelungen aus folgenden Gesichtspunkten:

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Allgemeine Anforderungen

Traufgassen in der Kleinen Burgstraße • Gründe des Brandschutzes Mindestabstände zwischen baulichen Anlagen sollen einen Feuerüberschlag von Gebäude zu Gebäude unterbinden und den Einsatz der Feuerwehr ermöglichen. Sie dienen insoweit dem Brandschutz (OVG Münster U.v. 19.10.1967 BRS 18, 145; OVG Berlin U.v. 21. 1.1967 BRS 18, 211; VGH BaWü U.v. 6.8.1968 DWW 1971, 92; U.v. 25.3.1970 VRspr. 23, 58; U.v. 1.12.1971 BaWüVBl. 1972, 60). • Gründe der Belichtung Mindestabstände sollen eine ausreichende Versorgung der Aufenthaltsräume mit Tageslicht (Besonnung) sowie eine hinreichende Verbindung mit der Außenwelt ermöglichen (OVG Lüneburg U.v. 14.3.1967 BRS 18, 199; VGH BaWü B.v. 21.7.1971 VIII 580/71 Schlez 1973, 37). • Gründe der Belüftung Mindestabstände sollen eine ausreichende Durchlüftung namentlich von Blockinnenhöfen sowie der Belüftung wie Belichtung der zur seitlichen Grenze gerichteten Fenster sicherstellen (OVG Münster U.v. 19. 10.1967 BRS 18, 145; OVG Berlin U.v. 27.1.1967 BRS 18, 211; VGH BaWü U.v. 6.8.1968 DWW 1971, 92). • Gründe des störungsfreien Wohnens Mindestabstände zwischen Wänden mit notwendigen Fenstern sollen als sog. „Sozial- und Wohlfahrtsabstände“ unzumutbare Beeinträchtigungen verhindern und insoweit dem Wohnfrieden dienen (OVG Münster U.v. 19. 10.1967 BRS 18, 145; VGH BaWü U.v. 25. 3.1970 VRspr. 23, 58; U.v. 1.12.1971 BaWüVBl. 1972, 211). • Gründe der städtebaulichen Gestaltung und des Denkmalschutzes Mindestabstände dienen aber auch der Gestaltung des Orts- und Straßenbildes (VGH BaWü U.v. 6.8.1968 DWW 1971, 92; OVG Berlin U.v. 27.1.1967 BRS 18,

211), namentlich bei Abweichungen von der Grundregel des Grenzmindestabstandes (Brandgassen, Traufgassen, Schwengelwiche und Bauwiche in historisch bedeutsamen Ortsteilen); sie dienen aber auch dem Denkmalschutz (zur Abgrenzung des Ziels der Erhaltung baulicher Anlagen aus städtebaulichen Gründen zur Zielsetzung des Denkmalschutzrechts vgl. BVerwG U.v. 3.7.1987 DVBl. 1987, 1013, 1015). Traufgassen sind ein stadtgestaltprägendes Merkmal allerersten Ranges. Das liegt daran, als sie - bei zunehmender städtebaulicher Verdichtung - in der Raumwand das Einzelgebäude stets präsent in Erscheinung treten lassen. Die Wahrung individueller Charakterzüge baulicher Anlagen (= Vielfalt) in einer klar erkennbaren Zugehörigkeit zum öffentlichen Raum (= Einheit) muss ein Ziel der Gestaltleitplanung sein. Aus den letztgenannten Gründen wird von der Ermächtigung des § 86 Abs. 1 Nr. 7 BauO NW Gebrauch gemacht, eine örtliche Bauvorschrift zu erlassen über „geringere als die in § 6 Abs. 5 und 6 vorgeschriebenen Maße zur Wahrung der bauhistorischen Bedeutung oder der sonstigen erhaltenswerten Eigenart eines Ortsteiles; dabei sind die Ortsteile in der Satzung genau zu bezeichnen.“ Begründung und Kartierung der schützenswerten Traufgassen bzw. Bauwiche ist im Gutachten zur Denkmalbereichssatzung (S. 61ff) enthalten. Unter Berücksichtigung der o.g. genannten Gründe ist § 4 Abs. 2 dieser Satzung insoweit auf die Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen zu den seitlichen Grundstücksgrenzen gerichtet, um der Bebauung mit seit alters her charakteristischen Traufgassen (Bauwiche) der Altstadt gerecht zu werden. Hierbei erscheint der Regelungsgegenstand nicht gleichsam mathematisch (z.B. zulässige Verringerung der Abstandsflächen bis zu 1/3) abgrenzbar. Da keine Mindest- noch Höchstmaße und auch keine historischen Abstandstiefen als Bezugsgröße genannt werden, sondern nur die Ermächtigung zur Unterschrei-

Allgemeine Anforderungen

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(nach § 86 Abs. 1 Nr. 7 BauO NW sind die betroffenen Bauwiche bzw. Traufgassen genau zu bezeichnen). tung der sonst zwingenden Abstandsflächen erteilt wird, ist zu betonen, dass hierbei die maßgeblichen Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr (Brandschutz) und der Städtebauhygiene (Belichtung) zu wahren sind. Die seitlichen Bauwiche bzw. Traufgassen können gegen Einblicke geschlossen werden. Offen bleiben muss, ob ihre Einfriedigung gegenüber der Bauflucht

(Vermeidung von Schmutzecken) zwingend um ein geringes Maß zurückgesetzt werden muß. Leitsatz: Die schmalen Zwischenräume (Bauwiche) zwischen alten Gebäuden können nach der Straße hin bis zu einer Höhe von 2,25 m in unauffälliger Weise geschlossen werden. Diese Einfriedigung kann gegenüber der Bauflucht leicht (bis 1,10 m) zurückgesetzt werden.

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Besondere Anforderungen der Baustaffel I (§ 5) Örtliche Bauvorschriften nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauO NW dürfen nur zur Durchführung baugestalterischer Absichten erlassen werden (vgl. demgegenüber die Ermächtigung des Abs. 1 Nr. 2 in der Baustaffel II, § 6 dieser Satzung). Die baugestalterischen Absichten, die - im Unterschied zur planungsrechtlichen Gestaltung haben mehr die einzelnen Bauten im Blick. Den Gemeinden ist damit ein Instrument an die Hand gegeben, aufgrund eigener gestalterischer Zielsetzung das Ortsund Straßenbild „dynamisch zu beeinflussen“ (OVG NW U.v. 29.1.1999 BauR 2000, 92; VGH BaWü B.v. 26.8.1982 BRS 39, 133). Dabei geht die Befugnis zum Erlass der Bauvorschrift über die Abwehr von Verunstaltungen hinaus; sie erfasst auch die sog. positive Gestaltungspflege. Ad § 5 Abs. 1 Örtlicher Geltungsbereich Der örtliche Geltungsbereich umfasst alle Bauten ohne Prädikat außerhalb der in Staffel II kartierten Bauten von denkmalschutzwürdiger Bedeutung und erhaltenswerter Bausubstanz. Ihre Kartierung ist im Staffelplan I (Karte 2) enthalten, der als Anlage 2 Bestandteil dieser Satzung ist. Die Diffenzierung des örtlichen Geltungsbereich erfolgt in § 5 Abs. 1 nicht nach Zonen (d.h. nach Baugebietscharakteren), sondern nach Staffeln (d.h. nach dem Grad der Schutzwürdigkeit von Gebäuden); vgl. hierzu die Begründung im Kommentar zu § 2 dieser Satzung. Bauten ohne Prädikat der Baustaffel I sind einschließlich ihrer Grundstücke: • Am Domhof: 3, 2; • Am Griesetorn: -; • Am Neutor: 1-3; • Am Steinhaus: 8, 10; • Auf dem Berg: 7: • Bonenstraße: 7, 9, 11, 23-25, 35, 37-39, 41, 4246, 20, 10; • Bült: 12, 23-35, 42, 32, 8, 2-6; • Burgstraße: 23, 16, 10, 8, 6; • Kirchhof: 14; • Kleine Burgstraße 3; • Klosterstraße: 14, 10; • Konrad-Adenauer-Straße: 12-14, 8-10, 1, 11-21; • Magdalenenstraße: -; • Markt: 12, 15-16, 23, 21, 17-19; • Moormann-Platz: 3-5-, 7, 9, 14-22, 10-12; • Ostmauer: 20, 16, 14, 10, 4; • Roggenmarkt: 1, 13, 30, 26-28; • Schlot: -; • Steinstraße: 5, 9, 11, 29, 35, 37, 36, 28, 26, 2224, 18-20, 16, 10, 8, 6;

• Südmauer: 7-13, 15, 19-21, 33, 35, 56, 54, 34, 32, 30, 28, 26, 24, 8-18, 4-6; • Westmauer: 12, 11, 13 und Rückseite Burgstraße 11, 9, 5. Rechtsprechungshinweise zur Abgrenzung des örtlichen Geltungsbereichs: BVerwG U.v. 30.1.1976 BRS 30, 17; OVG NW U.v. 30.6.1978 BRS 33, 115; OVG Lüneburg U.v. 11.3.1983 BauR 1983, 563 = NvWZ 1984, 252 = BRS 40, 151; BVerwG U.v. 22. 2.1980 BauR 1980, 452 = NJW 1980, 2091 = BRS 36, 149; OVG Lüneburg U.v. 27.6.1988 BRS 48, 113; BVerwG B.v. 4.1.1994 BauR 1994, 138 = BRS 56, 33. Ad § 5 Abs. 2 Dachlandschaft Die für die Altstadt typische Dachform ist das Schrägdach in den Formen des Sattel-, Walm-, Kopfwalm-, Mansard- und Mansardwalmdaches. Pult- und Flachdächer sind nur für eingeschossige Nebenanlagen zulässig, wenn hierdurch das Straßenbild nicht beeinträchtigt wird. Die das Altstadtbild prägenden Schrägdächer sind im Gutachten zur Denkmalbereichssatzung Bd. II, S. 127ff) dokumentiert und beschrieben. Der Ausschluss von Flachdächern folgt den Zielen der geleiteten Gestaltung einer vielgestaltigen Silhouettenkontur. Rechtsprechungshinweise zur Dachform: VGH BaWü U.v. 13.3.1961 BaWüVBl. 1961 173 = BBauBl. 1961, 729; OVG Saarland U.v. 26.5.1975 BRS 29, 108; OVG NRW U.v. 7.2.1979 BRS 35, 131; OVG Lüneburg U.v. 29.3.1979 BRS 35, 131 und B.v. 30.6.1987 BRS 47, 13. Für die Altstadt mit ihren äußerst vielfältigen Schrägdachformen kann keine zwingende Regel angegeben werden. Hier ist nicht die Dachform selbst problematisch, sondern das Nebeneinander unverträglicher Dachformen. Letzteres ist der Fall, wenn in geschlossener Bauweise ein höher aufragendes Mansarddach neben einem Satteldach einen Brandgiebelzwickel ergibt, der, meist verkleidet, die Luftraumsilhouette stört. Deshalb kann gelten: Leitsatz: Bei Neubauten hat sich die Dachform an der Nachbarbebauung zu orientieren. Kreuzdächer sind auszuschließen. Kreuzdach oder Kreuzgiebeldach ist ein Dach, das aus einander rechtwinklig kreuzenden Satteldächern gleicher Firsthöhe besteht. Es ist die klassische Form von Turmdächern, an Wohnbauten der Altstadt kann es insbesondere bei Eckhäusern - die straßenbildprägende

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Walmdach

Kopfwalmdach

Mansardengiebeldach

Mansardenkopfwalmdach

Dachformen: A) Satteldach, B) Mansarddach, C) Mansardwalmdach (hier in Form einer Kopfabwalmung) und D) Walmdach.

Mansardenwalmdach

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Stellung baulicher Anlagen (Trauf- und Giebelständigkeit) maskieren. Ein solcher Fall trat auf am Neubauentwurf Burgstraße 4 (vgl. Abb.), wo zwei über Eck angeordnete Zwerchhäuser gleicher Firsthöhe eine ambivalente und insoweit die Luftraumsilhouette störende Erscheinung erwarten ließen. Traditionell sollte der First von Zwerchhäusern oder Zwerchgiebeln stets unterhalb der Firsthöhe des Hauptdaches ausgeordnet sein. Eine für Straßenräume oder Straßenabschnitte einheitliche Dachneigung oder eine Vorschrift, wonach Dachneigungswinkel jenen der umgebenden Bebauung angeglichen werden sollen, wird nicht für erforderlich gehalten. Hier gilt hier:

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

traufseitig höchstens 0,40 m - gemessen ohne Regenrinne, am Ortgang höchstens 0,30 m. Giebelseitige Dachüberständen treten nur an Pfettendächern auf, bei Sparrendächern sollte auf giebelseitige Dachüberstände verzichtet werden. Flachdächer dürfen keinen Dachüberstand aufweisen. Sind die Umfassungsmauern eines Gebäudes höher geführt als die Dachbalkenlage (Dachpfetten), so entsteht ein Drempel. Die Drempelhöhe ist das Maß zwischen Oberkante Fertigfußboden auf der letzten Geschossdecke und der Oberkante des Dachsparrens an der Außenfläche des Gebäudes gemessen. Drempel erhöhen insoweit die Ausnutzbarheit des Dachgeschosses und sind für die Werner Altstadt typisch; in der

Leitsatz: Die zulässige Dachneigung beträgt für Satteldächer als Untergrenze 45˚ (d.h. 45˚ - 60˚); für Mansarddächer 70˚ - 75˚ als Obergrenze des unteren Dachneigungswinkels und 30˚ als Untergrenze für den oberen Dachneigungswinkel; für Walmdächer 45˚ - 60˚, bei Kopfabwalmung als Untergrenze 45˚ Neigung. Walmdächer gehören zu den gestaltwirksamsten Dachformen, weil sie (den Pyramiden- bzw. Zeltdächern vergleichbar) die Dreidimensionalität einer baulichen Anlage allseits in Erscheinung bringen. Daraus folgt: Gebäude mit Walmdächern sollten möglichst allein stehen, d.h. freistehend entwickelt werden; in einseitiger Ausbildung können sie auch über Gebäuden an Straßeneinmündungen entwickelt werden. Damit die Firstlinie des Walmdaches nicht zu kurz wird, sondern wirksam bleibt, sollte für die Walmseiten eine steilere Dachneigung gewählt werden als für die übrigen Dachflächen. Das klassische Mansarddach folgte der Mansard’ schen Regel, wonach Fußpunkt, Bruch und Spitze auf einer umschriebenen Halbkreislinie liegen sollten. Für den unteren Dachwinkel ergibt sich insoweit ein Wert von 67° und für den oberen ein Wert von 23°. Störend ist, die untere Neigung zu steil und die obere zu flach auszubilden, wodurch sich (auch an Zwerchhauskonturen beobachtbar) der Eindruck eines „Sarges“ ergibt.

Drempel

Rechtsprechungshinweise zur Dachneigung: OVG Lüneburg B.v. 30.6.1987 BRS 47, 13; OVG NW U.v. 25.4.1991 BauR 1992, 58; OVG Lüneburg U.v. 27. 8.1991 BauR 1992, 212. Deutlich ausladende Dachüberstände treten in der Werner Altstadt traditionell nur an Fachwerkbauten auf. An Massivbauten hat man den Dachüberstand in die Ausbildung eines Hauptgesimses eingebunden und damit erheblich verkürzt. Deshalb: Leitsatz: Die zulässigen Dachüberstände sind an die Ausbildung einer prägnant in Erscheinung tretenden Dach- oder Hauptgesimskontur gebunden, sie betragen

Typische Drempelausbildung an einem Gebäude des Historismus

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Unzulässiger Dacheinschnitt

Einfenstriger Dacheinschnitt (abweichend zulässig)

wobei die Drempelhöhe regelmäßig 0,80 m beträgt, gelegentlich sogar bis zu 1,20 m. Es gilt:

bezeichnet. Ein Dacheinschnitt ist immer von drei Seiten umschlossen, wobei die Brüstung ebenfalls als Dachfläche ausgebildet sein kann.

Leitsatz: Drempel sind nur bei Anpassung von Neubauten an die Fassadenproportionen der Nachbarbebauung zulässig, ihre Höhe darf höchstens 0,80 m betragen. Rechtsprechungshinweise zur „Verunstaltungsfähigkeit“ von Drempeln: OVG Saarland U.v. 26.5.1975 BRS 29, 108; VGH BaWü U.v. 15.2.1984 BauR 1985, 289 = BRS 42, 114) kann dadurch begründet werden, als sie zu überhöhten Dachgeschossen führen und damit ein Proportionsproblem aufwerfen, welches gestalterisch in zeitgemäßer Ausbildung nur schwer bewältigt werden kann, weil man heute keine Gesimsbildung zur Gliederung der Fassadengestalt mehr einsetzt und somit Proportionsverschiebungen zu kompensieren in der Lage wäre. Die folgende Bauvorschrift betrifft die Dacheinschnitte (sog. „negative Dachgauben“ oder Dachloggien) und liegende Dachflächenfenster; auch sie unterliegen wegen ihre Verunstaltungsfähigkeit (vgl. BayVGH U.v. 4.5.1977 - 334 II 73; OVG Münster B.v. 3.11.1962 BRS 13 B5) der örtlichen Bauvorschrift:

Gußeisernes Dachfenster des 19. Jh. für eine Falzziegeldeckung (von Gilardoni); sie wurden - zum Zwecke der Einfügung - in Größen von 2, 4, 6, 8, 12 und sogar 16 Ziegeln geliefert.

a) Dacheinschnitte, die vom öffentlichen Straßenraum eingesehen werden können, sind unzulässig. Dacheinschnitte sind nicht überdeckte Austrittsöffnungen in Dächern, die Wohnungen, Aufenthaltsräume und deren Nebenräume abschließen. Sie entstehen durch hinter die Dachhaut zurückgesetzte (Außen-) Wände und werden auch als „Dachloggia” (= offene Laube unterhalb des Daches) oder „Dachterrasse”

Legfenster aus einem Stück mit überdeckbarer Unterlagsplatte, um 1880

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Derartige Einschnitte sind dann als verunstaltungsfähig zu beurteilen, wenn sie nach ihrer Lage (besonders am Gebäudeeck) und durch ihre Größe, wegen der dadurch weiträumigen Unterbrechungen der sonst geschlossenen Dachfläche, ein mächtiges Loch in der Dachhaut ergeben. Aus der Fassade entwickelte einfenstrige Dacheinschnitte können durchaus eine ortsbildverträgliche Lösung darstellen (vgl. Südmauer 54); hier kommt ggfs. die Gewährung einer Abweichung in Betracht. Das in der geneigten Dachfläche liegende Fenster wurde früher als Dachklappe oder Legfenster bezeichnet. Es diente seit alters her im Brandfall als Ausstieg (mind. 0,42 x 0,52 m). Großformatige Dachflächenfenster kamen erst um 1880 in Mode. Sie sind in den Bauakten der Altstadt erst ab 1912 nachweisbar und hier nur an der unteren, steilen Dachhälfte von Marsarddächern (Am Neutor 2); dann aber bei Dachmodernisierungen der 70er/80er Jahre, meist durch Abbruch historischer Dachgauben (so Kleine Burgstraße 1 oder Roggenmarkt 3). Dazu die örtliche Bauvorschrift: b) Liegende Dachfenster sind (an der Straßenseite) nur insoweit zulässig, als sie zur Schornsteinreinigung und Dachinstandsetzung unbedingt benötigt werden. Eine Bestätigung findet dieser Leitsatz in der Rechtsprechung. Dazu das OVG Lüneburg (U.v. 28.2. 1977 BRS 32, 114): Dachfenster wirken nicht generell verunstaltend; vielmehr ist jeder Einzelfall daraufhin zu prüfen, ob (liegende Dachfenster) im Verhältnis zum Dach übermäßig groß sind oder durch unerträglich empfundene Ausbildungen das schützenswerte Ortsbild stören. Notlösungen, die man mit Hilfe von Schrägstellung von Dachflächenfenstern vorgenommen hat, erscheinen belastender als die vermehrte Ausbildung von Dachgauben, die kaum den Eindruck hervorrufen, hier sei die Konzeption einer Straße oder eines Siedlungsbereiches optisch unerträglich misslungen. Dachflächenfenster vermitteln mit ihren ungewöhnlichen Schrägstellungen den Eindruck der aufgerissenen Dachschräge viel mehr als etwa eine Dachgaubenhauskonstruktion. Liegende Dachfenster sind hinsichtlich des Brandschutzes gegenüber senkrecht stehenden Fensterflächen (Dachgauben) insofern benachteiligt, als im Brandfall der Ausstieg (verlangt ist nach § 40 Abs. 4 BauO NW mind. 0,90 x 1,20 m) als Rettungsweg schwierig ist; es können darüber hinaus Lüftungsnachteile entstehen und die Verkehrssicherheit ist in verstärktem Maße gefährdet (z.B. erhöhte Gefahr durch Schnittverletzungen). Für die nicht vom Straßenraum aus einsehbaren liegenden Dachfenster wird empfohlen sie in gleicher Höhe anzuordnen und mit dunkel getöntem Glas (jedenfalls in Abstimmung mit der Farbe der Dachhaut) auszuführen.

Neubau der Vikarie, Kirchhof 7, 1904

Umbau der Vikarie, Beseitigung des Zwerchhauses und Ausbau des Daches 1962, Einbau liegender, über die Dachfläche gestreute Dachfenster 1983.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Schleppgaube

Flach- oder Kastengaube (unzulässig)

Dreiecksgaube

Pultgaube

Giebelgaube

Walmgaube

Pultwalmgaube (unzulässig)

Spitzgaube

Stichbogengaube

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Störende Gaubenformen durch Überlänge einer Dachgaube (sog. Hechtgaube); rechts durch zwei- oder einhüftige Pultwalmgauben (sog. Bastardgauben)

Giebelgaube für ein flaches Satteldach

Postmoderne Tonnengaube

Rundgaube mit segmentierter Abdeckung Mustergauben der 60er Jahre.

Flachgaube mit gerader Abdeckung (Kastengaube). Diese Form ist heute unerwünscht

Unterkonstruktion für Dreiecksgauben aus Vordeckung und Schalung, Wechsel bzw. Riegel und Streben halten den Dachausschnitt frei. Sie sind ein guter Ersatz für liegende Dachfenster.

Gauben (= stehende Dachfenster) können in der Altstadt in vielgestaltiger Weise ausgebildet sein (vgl. Gutachten zur Denkmalbereichssatzung, Band II, S. 134ff). Ihr Repertoire umfasst die üppig ausgestaltete Lukarne bis

zum kräftigen Zwerchhaus, der hoch aufragenden Giebel- und breitgelagerten Schleppgaube. Aber auch Tonnen- und Dreiecksgauben wurden schon früh (ab 1900) zur Belichtung des Dachraumes herangezogen.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

A

B

C

Unterschiedliche Formen von Dachgauben sind am Einzelgebäude unzulässig. c) Dachaufbauten sind als Giebel-, Schlepp-, Pult-, Dreiecks-, Walm-, Stichbogen- oder Tonnengaube nur zulässig, soweit ihre Breite 1,50 m und ihre Höhe 1,20 m nicht überschreitet. Die Summe der Aufbauten darf die Hälfte der Dachbreite nicht überschreiten. Dachgauben können störend in Erscheinung treten, wenn sie durch ihre Größe die Form des Daches beeinträchtigen. Das ist regelmäßig der Fall, • wenn eine Kastengaube auf der Schmalseite eines Walmdaches klobig in Erscheinung tritt, • wenn mehrere Einzelgauben zu einer einzigen (breitgelagerten ungegliederten) Gaube (sog. Hechtgaube) zusammengefasst werden oder • wenn die Dachgauben je Gebäude uneinheitlich ausgebildet werden. Rechtsprechungshinweise zur „Verunstaltungsfähigkeit“ von Dachgauben: VGH BaWü U.v. 8.10.1962

BaWü-VBl. 1963, 43; U.v. 5.7.1966 BRS 17, 88; BayVGH U.v. 5.5.1969 BayVBl. 1969, 319 = BRS 22, 125, U.v. 4.4. 1973 BauR 1974, 117 = BRS 27, 113; B.v. 9.3.1976 BRS 30, 109; VGH BaWü U.v. 31.10.1979 BRS 39. 134; OVG Lüneburg U.v. 28.2.1977 BRS 32, 114. Außer der Forderung, wonach Gauben je Gebäude einheitlich auszubilden sind, ist die Lage der Einzelgauben im Hauptdachkörper besonders wichtig.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Leitsätze: Dachgauben müssen in Lage, Ausbildung und Proportion auf die Art und Gliederung der darunterliegenden Fassade bezogen werden. a) die Mittelachse einer Dachgaube sollte mit der Mittelachse einer Wandöffnung (Fensterachse) in den Obergeschossen zusammenfallen (A) oder b) die Mittelachse einer Dachgaube sollte mit der Mittelachse der Mauerfläche zwischen zwei Wandöffnungen (Mauerschaft) in den Obergeschossen zusammenfallen (B); c) je nach Organisation der Fassade ist auch eine Kombination von A) und B) möglich.

Die ortsübliche - von Bauart und Baustil unabhängig praktizierte - Dachdeckung in der Werner Altstadt ist die Pfannendeckung. Pfannen sind aus Schale (Mulde) und Abdeckung (Krempe) zusammengesetzte Dachziegel mit s-förmigem Querschnitt.

Rechtspfanne

Linkspfanne

Doppelkremper

First und Ortgang dürfen durch Dachaufbauten nicht aufgelöst werden. Von Zwerchhäusern (Zwerchgiebeln) ist ein angemessener Abstand zu halten. Anzustreben sind folgende - in der Dachfläche zu messende - Abstände: Leitsatz: Der Abstand einer Dachgaube zum Ortgang (Giebel des Hauptdaches bzw. eines Zwerchhauses) sollte mindestens 2,50 m betragen. a) Der Abstand einer Dachgaube von der Firstlinie des Hauptdaches sollte mindestens 1,5 m betragen. b) Dachgauben sind am Gebäude in gleicher Höhe anzulegen. Es sollten mindestens zwei, besser drei Dachpfannenreihen unter ihnen hinweglaufen.

d) Dächer sind mit gebrannten Dachpfannen einzudecken. Grellfarbene, d.h. mit keramischer Grundmasse überzogene Dachziegel, sowie glasiertes Material ist ausgeschlossen. Rechtsprechungshinweise zur Dachdeckung - Material und Farbe: BayVGH U.v. 11.6.1969 BayVBl. 1970, 259; VGH BaWü U.v. 17.3.1966 ESVGH 16, 127 =

Bonenstraße 12: zu mächtig ausgebildete Pultdachgauben; vgl. auch Roggenmarkt 11

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Farbe der Dachdeckung in der Werner Altstadt auf der Rot-Braun-Skala (Orginal als Farbdruck)

Farbe der Dachdeckung in der Werner Altstadt auf der Grau-Skala (Original als Farbdruck) BaWüVBl. 1966, 172 = BRS 17, 87; OVG Münster U.v. 29.7.1971 BRS 24, 120; BayVGH U.v. 8.5.1972 BRS 25, 124; OVG Münster U.v. 3.9.1976 BRS 30, 114; OVG Lüneburg U.v. 4.12.1973 DVBl. 1975, 959; U.v. 12.5.1993 BRS 55, 129; OVG NW U.v. 7.11.1995 NVwZ 1996, 481 = BRS 57, 171. Das letztgenannte Urteil ist nicht unumstritten. Hierhin führte des Gericht aus, dass die Farbbezeichnung „rot-braun“ nicht hinreichend bestimmbar sei. Sie könne dahingehend auslegbar sein, dass die gesamte Farbpalette von rot bis braun erfasst würde. Andererseits ließe sich das Wort „rot-braun“ auch dahin interpretieren, dass damit eine aus beiden Elementen bestehende Farbmischung gemeint ist. Bis zu welchem Mischungsverhältnis dann die eine oder andere Farbkomponente in dem Ton der Dacheindeckung noch vorhanden sein muss, sei nicht erkennbar. Die Grenzübergänge seien ohne Farbmuster - etwa des RAL-Farbregisters der visuellen Wahrnehmung allein nicht mehr zugänglich. Allerdings ist eine RAL-Nummerierung nur möglich bei reinen (z.B. naturroten Ziegeln nach RAL 840 Nr. 2001). Nicht numerierbar sind demgegenüber durch Farbzusätze erzeugte Changierungen, z.B. von Rot nach Braun übergehende Farbwerte und Helligkeitsstufen.

Insoweit soll das oben dargestellte Farbmuster der RotBraun- und Grau-Skala den Spielraum verdeutlichen, der die schützenswerte Dachlandschaft der Altstadt durchweg prägt. Eine Regel, wonach Fachwerkbauten primär mit rotbraunen, Ziegelbauten mit grauen oder Putzbauten durch beide Farbskalen des Dachdeckungsmaterial geprägt sind, lässt sich nicht feststellen. Entscheidend ist aber die Ensemblewirkung, z.B. am Fachwerkbestand des Kirchhofs, auf die bei der Wahl der Dachdeckungsfarbe abzustellen ist. Engobierungen, d.h. mit keramischer Grundmasse überzogene Dachziegel sowie glasiertes Material ist unzulässig. Glasierte Ziegeldächer wirken durch ihre glänzende Oberfläche im Altstadtbild störend, sie können auch durch ihre Luftundurchlässigkeit zu Schwitzwasserbildungen an der inneren Dachhaut und damit zur Zerstörung des Dachstuhles führen. Die störende Anordnung von Regenfallrohren auf Fassaden oder sichtbaren Seitenwänden bedarf einer Korrektur. Fallrohre wirken dort besonders verunstaltend,

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Giebel sind in den vielgestaltigen Formen des Schildgiebels (auch bei Zwerchhausgiebeln) Merkmale des münsterländisch geprägten Genius loci der Werner Altstadt (zum Begriff und zur Typologie vgl. das Gutachten zur Denkmalbereichssatzung, Band II, S. 130ff). Giebelformen bedürfen u.a auch zur Wahrung der Luftraumsilhouette der Altstadtstraßen der pfleglichen Gestaltlenkung. Es gilt die örtlichen Bauvorschrift e) Hausgiebel sind bei schmalen straßenseitigen Grundstücksbreiten im gleichen Dachneigungswinkel und symmetrisch auszubilden. Leitsatz: Gegenüber Ortganggiebeln sind Schildgiebel in der Form des Zwei- oder Dreistaffelgiebel auszubilden. Schmale straßenseitige Grundstücke prägen das Werner Straßenbild (divisio per strigas u.a. in der Stein- oder Bonenstraße). In solchen Situationen sollte der Hausgiebel als Reflex auf die Grundstückbreite aufgefasst werden, wobei die Ausbildung gleicher Dachneigungswinkel, d.h. der Giebelschrägen, Geltung beansprucht, was schon in der Gestaltungssatzung von 1973 so verbindlich festgeschrieben war. Realiter aber blieb diese Bauvorschrift in der erklärten Absicht, einheitliche Giebelformen auszubilden, wirkungslos, weil der Bauherr jederzeit durch Abschleppung des Daches auf unterschiedliche beidseitige Traufhöhen seines Hauses, Zwitterformen eines Giebelverschnitts erzeugen konnte. Deshalb gilt nunmehr in Ergänzung des gleich auszubildenden Dachneigungswinkel, dass Giebelfelder symmetrisch, d.h in gleicher Traufhöhe auszubilden sind.

Störender Verlauf von Regenfallrohren wo sie gliedernde Fassadenteile zerschneiden, vor allem dann, wenn sie schräg über Wandflächen geführt sind, oder mit Anlagen der Außenwerbung optisch konkurrieren. Das ist in der Werner Altstadt häufig der Fall. e) Regenfallrohre dürfen nicht schräg über Wandflächen verlaufen. Ihre Farbgebung hat sich den hinter ihnen liegenden Wandflächen anzupassen.

Giebelverschnitt durch asymmetrische Formen, aber gleichem Dachneigungswinkel

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Der letzte Satz, wonach straßenseitige Giebel nicht nur als Ortganggiebel, sondern bevorzugt als Schildgiebel in den traditionell überlieferten Formen des Zwei- oder Dreistaffelgiebels zu gestalten sind, dürfte nicht unumstritten sein.

Dreistaffelgiebel

Zweistaffelgiebel

Ad § 5 Abs. 3 Baukörpergliederung Sollen zur Errichtung von Neubauten mehrere Grundstücke vereinigt und in einem Baukörper zusammengefasst werden, so ist die Fassade entsprechend der historischen Parzellierung oder Bauweise der näheren Umgebung in Fassadenabschnitte zu gliedern. Auch in der geschlossenen Bauweise drücken sie die ortstypischen (schmalen) Parzellenbreiten in der „Körperlichkeit“ der Einzelgebäude aus und wirken somit als „maßstabsgebenden Rahmen“ auf das Erscheinungsbild der Altstadt ein. Immer haben Parzellenbreiten in der Gliederung selbst geschlossener Raumwände einen prägenden Einfluss genommen. Deshalb muss diese Gliederung auch und gerade bei der Vereinigung mehrerer Parzellen bei einer Neubebauung erkennbar bleiben. Gegen diesen Grundsatz haben insbesondere Neubauten der Stadtkernsanierung verstoßen. Sie bleiben

Übereinstimmung von Baukörper, Giebel und Parzellenmuster, Steinstraße

Zu den Eigenarten der Altstadt-Architektur der 70er und 80er Jahre gehören Verstöße gegen die Ablesbarkeit des historischen Parzellenmusters und somit Maßstäblichkeit der Bebauung, im wesentlichen:

• durch das Anbringen von parzellenübergreifenden Kragkästen oder horizontal über mehrere Gebäudebreiten entwickelte Gestaltmerkmale, wie u.a. Beton-Brüstungen (Brutalismus).

• durch eine parzellenunabhängige Übergiebelung von Fassadenabschnitten = Giebelseligkeit durch kontradiktorische Giebel, Halbgiebel und angeschnittene Giebelfragmente.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

dem Wesen der Altstadt fremd, weil sie „nicht Maß halten“ und als maßstabssprengender Eingriff in Erscheinung treten. Zur Veranschaulichung gelten folgende Leitsätze: Fassadenabschnitte können durch folgende Gliederungselemente gebildet werden: a) durch Unterschiede in der First- oder Traufhöhe; b) durch Vor- und Rücksprünge aus der Bauflucht; c) durch den Wechsel von Trauf- und Giebelstellung (Zwerchhäuser/ Zwerchgiebel); d) durch Materialwechsel (Sichtmauerwerk und Verputz); e) durch unterschiedliche Farbgebung des Außenputzes; f) durch Kombination der Gliederungsmerkemale a-e.

Bei der Vereinigung mehrerer Parzellen im Rahmen einer Neubebauung sollten die Gestaltwerte der Maßstäblichkeit und Proportion erkennbar bleiben.

Das Prinzip der Ablesbarkeit parzellenbezogener Baukörper gilt auch bei über mehrere Grundstücke verlaufende Kragkästen (vgl. Vordächer § 5 Abs. 5 dieser Satzung/Gutachten S. 22) und bei überbauten Bauwichen (Traufgassen vgl. auch § 4 Abs. 6 dieser Satzung/Gutachten S. 32ff).

Fassadenabschnitte können gebildet werden durch Unterschiede in den First- und Traufhöhen.

Fassadenabschnitte können gebildet werden durch Vor-und/oder Rücksprünge von der Baulinie.

Fassadenabschnitte können gebildet werden durch Staffelung der Geschosse (Überhänge und/oder Einsprünge).

Fassadenabschnitte können gebildet werden durch den Wechsel von Traufen- und Giebelstellung (Zwerchhäuser/-giebel).

Fassadenabschnitte können gebildet werden durch unterschiedliche Farbgebung des Außenputzes (bzw. Wandbaustoffen).

Fassadenabschnitte können gebildet werden durch Varietät des Befensterungsmusters.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Schaufenster mit Vitrinenmotov (Umzeichnung), Steinstraße 13, Architekt: Michael Jardin, 1990 Ad § 5 Abs. 4) Neue Schaufenster Neue Schaufensterformen sollten den Motiven klassischer oder der tradierten Tür-Fenster-Architekturen folgen. Tradierte Formen in der Altstadt sind das Kolonnaden-, Arkaden- und Vitrinen-Erker-Motiv. Bis in die 60er Jahre hinein blieben die fensterrahmenden Wandflächen weitgehend intakt erhalten. Erst mit dem Aufkommen der Kragplatten und Kragkästen ab Mitte der 60er Jahre fand die völlige Verglasung der Erdgeschosszonen und somit der Verlust maßstäblicher Wandgliederungen statt. Ohne jedes Verständnis für kleinteilige, in sich geschlossene Strukturen wurden überdimensionierte Kaufhauselemente einfach auf die historische Vorkriegsarchitektur übertragen. Die Altstadt erhielt ein „modernes” Großstadt-Outfit: Beliebige Gleichmacherei statt unverwechselbare Individualität, Einsatz von durchaus legitimen Mitteln am untauglichen Objekt. Seit den 80er Jahren ist das Unbehagen der Bürger an den allenthalben sichtbaren Brutalismen im Städtebau gewachsen und damit auch die Erkenntnis, dass die großformatige Präsentation der Waren nicht notwendigerweise auch den Umsatz steigern muss. Die Neugierde des Kunden wird häufig erst durch den Rahmen eines kleinteiligeren, die Ausstellungsstücke einfassenden Schaufensters geweckt. Diese Einsicht machte den Blick auch wieder dafür frei, dass ein Haus als Einheit geplant und gebaut wurde, ein Auseinanderdividieren in horizontale Schichten weder dem Einzelobjekt noch dem Straßenraum bekommt. Auch die Verkaufsstrategien haben sich gewandelt: Angenehme,

gemütvolle, gediegene Atmosphäre fördert eher die Kauflust. Das Schaufenster der Gegenwart folgt insoweit dem Leitbild eines „Corporate-Design-Programms” und versucht dem Kunden gegenüber ein positives leistungsfähiges Image des Unternehmens mit der Prägnanz eines Firmen-Logos zu vermitteln. Weder die Größe der Schaufläche, noch die Zahl der in ihr ausgestellten Waren bestimmt hierbei den Werbeappell, sondern einzig und allein die ausdrucksstarke, memetisch wirksame (= im Gedächtnis haftende) Körpersprache der Schauöffnung. Häufig sind Schaufenster auf den Eingang hin fokussiert entwickelt, um den psychologischen Zugangswert (Aufforderungscharakter) eines Ladens zu erhöhen. Corporate Design ist ein Mittel zur Identitätsfindung. Es ist das geplante, umfassende Design-Programm, das alle Objekte, Dienstleistungen und Einrichtungen eines Unternehmens mit einheitlichen - aber nicht unbedingt gleichen - und klaren Gestaltungsmerkmalen prägt. Corporate-Design ist Identitätsdokument. Es erschließt neue Möglichkeiten zur Gewinnung von Vertrauen. Es ist ein „stilles” Werbemittel; seine assoziativen Mittel finden leichter Aufnahme als die schnell verbrauchte Selbstanpreisung. Zuverlässigkeit, Kompetenz oder Innovationsfähigkeit sieht man, darauf brauchen „Sprüchemacher” nicht dauernd hinzuweisen. Ein gut gestaltetes Erscheinungsbild unterstützt das Unternehmen dabei, ein kulturelles Ansehen zu gewinnen und so einen positiven Beitrag zur Alltagsästhetik von Stadtgestalt zu leisten.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Schaufenster der Postmoderne (Umzeichnung), Steinstraße 25. Architekten: Dieter Weber + Roland Klopsch, 2000 Die Stilgeschichte der Schaufenster in der Werner Altstadt ist im Gutachten zur Denkmalbereichssatzung (Band II, S. 155ff) näher erläutert und dargestellt. Aus ihr lassen sich vielgestaltige Anregungen für die Wahl eines prägnanten Schaufenstermotivs entnehmen. Das Kolonnadenmotiv Kolonnade (vom frz. colonne = Säule) bezeichnet die ein- oder auch mehrreihige Abfolge von Säulen (Säulengang) mit waagerechtem Gebälk (= Architrav). Das Kolonnaden-Motiv ist bis in das erste Jahrzehnt des 20. Jhs. für die Gestaltung von Schaufenstern sowohl bei Neu- als auch bei Umbauten am häufigsten verwendet worden: Halbsäulen bzw. Pilaster treten zusammen mit einem Postament und dem mächtig profiliertem Gebälk leicht vor die Fassadenflucht. Das Kolonnaden-Motiv bedarf, damit die Erdgeschosszone nicht optisch aufgelöst erscheint, der sicheren Gründung durch einen mächtigen Sockel und der abschließenden Rahmung durch verstärkte Gebäudeecken. Letzteres kann durch gekuppelte Pfeiler bzw. Pilaster oder durch einen kräftigen Mauerpfeiler erfolgen. Die Betonung des Ladeneingangs erfolgt durch Unterbrechung des Architravs (Gebälk). Schaufenster dieser Art nehmen gelegentlich die repräsentative Wirkung eines Portikus an. Neueste Bauten der Postmoderne verwenden gern das KolonnadenMotiv: Kräftige Rundpfeiler (ohne Basis und Kapitell) in mattseidener Farbfassung (bevorzugt blau gestrichen)

rahmen die elegant, zeitlos überdauernd wirkende Schauzone. Das Arkadenmotiv Arkatur (vom lat. arcus = Bogen) ist eine auf Stützgliedern ruhende, fortlaufende Reihe von Bogenstellungen. Sie erinnert an die Tradition der Kaufläden unter Lauben und Bogengängen und galt deshalb als eine besonders repräsentative Form für Einzelhandel oder Läden mit Spezialangeboten. Beliebt war dieses Motiv zwischen 1898 und 1905. In die meist rahmenlose Wandöffnung wurde eine aus Eisenwerk hergestellte Arkatur in der Form des Konsol- bzw. Kragsturz oder Schulterbogens eingestellt Echte Bogenformen (Korb-, Segment- oder sogar Halbkreisbogen) sind selten und wenn nur an gequaderten Massivbauten der Neorenaissance verwendet worden. Das Erkermotiv Eine der frühesten Formen der Schauöffnung sind Glasfensterauslagen, auch als „Erker” bezeichnet wurden. Meist waren sie als vorgehängter Kasten ausgebildet oder entstanden durch Verbinden des Schutzdaches und des Ladentisches mittels Pfosten und Fensterrahmen. Das Erker-Motiv gilt als eine ausdrucksstarke und ästhetisch überzeugende Form des Rückbaus von Schaufenstern im Verständnis einer CorporateDesign Identity. Ein richtungsweisendes Beispiel gibt der Umbau einer Schaufensteranlage (Abb). Unter

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Schaufenster des Historismus im Kolonnaden-Motiv

Schaufenster des Historismus im Arkaden-Motiv

Umbau eines Schaufenster des Historimus im Vitrinen-/Erker-Motiv

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Schaufenstermotive, Steinstraße 41/Ecke Auf dem Berg, Bauantrag von 1994 und der realisierte Vorschlag, Architekt Michael Jardin. Wahrung der originalen Zierstützen sind flache Polygonalerker (Schaukästen als Aufmerksamkeitsbrennpunkte) in die ursprünglichen Wandöffnungen eingefügt. Lösungen dieser Art überzeugen im Unterschied zu den bloß abgeklebten Schaufenstern durch ihre Körperlichkeit und im Gegensatz zum Vitrinen-Motiv durch ihre aufrechtstehende, aktiv wirkende Formatgebung.

gemäßer Gestaltung immer noch richtungsweisend sein können. Als klassische Motive für Schauöffnungen an Massivbauten können beispielsweise gelten:

Das Vitrinenmotiv Bereits in den 50er Jahren begann die Umwandlung der Erdgeschosszonen durch große Schaufenster in vitrinenartige Form (vom lat. vitrum = Glas, Schrank mit Glaswänden, Schaukasten). Dort, wo sie originär Bestandteil von Neubauten waren, stellen sie heute noch eine reizvolle, eigenständige Architekturleistung dar; dort, wo sie in ältere Bauten eingefügt wurden, blieb durch ihre Flächigkeit die Proportion des Hauses weitgehend erhalten. An Altbauten charakteristisch ist der in die Wandöffnung hineingestellte, regelmäßig breitformatige Schaukasten, der leicht gegenüber der Fassadenflucht vorkragt. Diese Art der Gestaltung knüpft an die Tradition der frühen Schauerker an. Dabei blieben die alten Wandöffnungen einschließlich ihrer Rahmung meist unverändert und damit auch das ausgewogene Verhältnis von Wandfläche und Wandöffnung. Auf der Suche nach ausdrucksstarken SchaufensterMotiven muss „das Rad nicht jedesmal neu erfunden“ werden. Die klassische Formensprache vermittelt ein reiches Repertoire an logoartigen Motiven, die in zeit-

Schauöffnung eines Modeherrengeschäftes in Zürich, 1982

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Motiv des Thermenfensters Das Thermenfenster = ein Halbkreisfenster mit zwei eingestellten Pfeilern. Thermenfenster stehen traditionell für Freizeit und Erholung (also z.B. für Reisebüros) und sind fast eine Symbolform für Optikläden, aber auch Weinhandlungen (→ Kauf-/Gewölbe-Motiv).

Motiv der Serliana Die Serliana bezeichnet eine dreiteilige Wandöffnung, deren mittlerer Teil durch einen Bogen (in Abwandlung auch durch einen Giebel), die beiden äußeren Teile aber durch ein Gebälk (Architrav) abgeschlossen sind. Die Form ist für alle Läden geeignet, weil sie an die traditionelle breitgelagerte Schauöffnung anknüpft, aber - im Unterschied zu ihr - den Ladeneingang durch andersartige Bekrönung hervorhebt.

Ädikula-Motiv an einem Wiener Geschäftshaus

Motiv der Ädikula Die Ädikula ist jede aus Stützgliedern (Säulen, Pfeilern, Pilastern) und einem Giebel in Dreiecks- oder Segmentbogenform bestehende Rahmung von Wandöffnungen. Sie kann der Öffnung vorgesetzt oder in sie hineingestellt sein. Ädikulen stellen die exklusivste Form einer Schaufensterform dar, weil sie - in Verbindung mit den Schauflächen - dem Ladeneingang einen „Portalcharakter“ geben können. Die Oberlichtbrücke; sie entsteht, wenn das Oberlicht von der sonstigen Schauöffnung durch einen Mauerwerksteil abgetrennt ist und deshalb (über der Tür angeordnet) als selbständige Wandöffnung in Erscheinung tritt.

Oberlichtbrücken-Motiv an einem Wiener Geschäftshaus

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Motiv der Oberlichtbrücke Ad § 5 Abs. 4a) Schaufenster dürfen einschließlich der Ladeneingänge nicht die gesamte Breite eines Gebäudes (Fassade) einnehmen. Immer besteht die Gefahr, dass sich die Erdgeschosszone zu einem gegenüber der darüber liegenden Fassade selbständigen Gestaltungsbereich entwickelt. Horizontal durchgehende Schaufenster ohne gliedernde vertikale Unterbrechung (Wandpfeiler) und mit Kragplatten trennen die Erdgeschosse von der Architektur der Obergeschosse. Geschieht dies bei mehreren Gebäuden, so „schwimmen“ die Fassaden optisch im Straßenbild, die Raumkante verliert an Boden. Als Richtwerte können gelten: • die Mauerpfeiler an den Gebäudeecken sollten mindestens 0,50 m die Pfeiler zwischen Schaufenstern oder zwischen Schaufenster und Ladeneingang mindestens eine Breite von 0,377 m haben. oder: • die Summe aller tragenden Pfeiler oder Wandflächen sollte mindestens 1/4 der Fassadenbreite einnehmen. Ad § 5 Abs. 4b) Bis zum Straßenboden herabgezogene Glasflächen sind zu vermeiden. Schaufenster sollten entweder einen Sokkel von mindestens 0,30 m oder eine entsprechend deutlich wahrnehmbare Schutzvorrichtung erhalten. Gebäudesockel (= Außenwandzone in der Regel bis Oberkante Fußboden Erdgeschoss) haben als „unterer Absatz eines Bauwerks“ zweierlei Bedeutung: Ein Sockel soll durch seine Stärke eine Gebäudewand abschließen, zugleich aber auch durch seine Material- und Farbgebung einen (optisch verträglichen) Übergang zwischen Boden und Bauwerk herstellen. Diese Vorschrift des Abs. 4b trägt insbesondere den Belangen alter Menschen Rechnung. Alte Menschen besitzen eine nur beschränkte Konturwahrnehmung. Sie wird benötigt, um die Grenze zwischen zwei nebeneinanderliegenden, kontrastierenden Oberflächen zu erkennen. Wenn beispielsweise zwei intensive Farben, wie Rot und Grün, aneinanderstoßen, wird dieses Problem besonders schwierig. Die Grenze wird visuell instabil, weil die Intensität der Farben diese als überschneidend er-

kennen lässt, so dass die Grenze, falls man sich auf diese konzentriert, sich hin und her zu bewegen beginnt. Die Schwierigkeit wird zur Gefahr, wo alte Menschen Böden von Wandflächen unterscheiden müssen. Das Gegenteil des Problems der instabilen Grenze ist das Verschwinden von Grenzen. Nah verwandte Farben, wie Blau und Grün, tendieren, bei der altersspezifischen Wahrnehmungsunschärfe, ineinander überzugehen. Auch daraus resultiert das Problem des nicht Unterscheidenkönnens von Wand- und Bodenflächen. Bei der Abstimmung von Sockel- und Gehwegbelägen vor Schaufenstern gilt der Leitsatz: • Schaufenstersockel sollten sich in Material und Farbe deutlich von der Bodenfläche des öffentlichen Raumes unterscheiden. Für den Bodenbelag und Treppenstufen vor Ladeneingängen müssen alle Farben, die an Eis und Gleiten erinnern (wie helle Grünblautöne mit Glanz) vermieden werden. Glasartige Böden sind denkbar ungeeignet. Man kann Glas nicht „fühlen“, d.h. ertasten, auch wenn man weiß, dass es haltbar ist. Leitsatz: Das Gesetz der Musterung von Bodenbelägen (= motorische Leitfunktion) muss dem der angrenzenden Gebäudesockel (Wandflächen = sensorische Leitfunktion) grundsätzlich widersprechen. Ad § 5 Abs. 4c) Seitliche Flächen, Sockel oder Brüstung sowie Sturzfeld der Schaufenster sollten aus gleichen Wandbaustoffen bestehen. Die Materialgebung der Wandflächen im Erdgeschoss kann von jener der Obergeschosse abweichen. Diese Vorschrift ist selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Erklärungen. Die störende Wirkung kann durch Rahmung, Wandgliederung oder Farbe gemildert werden, indem die Schauöffnungen optisch aneinander angeglichen werden. Im übrigen gelten die auch bei Neubauten die Vorschrift aus der Werbeleitsatzung, wonach Schaufenster weder zugestrichen oder zugedeckt werden dürfen. Ein Bekleben durch Plakate, deren Gesamtfläche größer als 1/4 der Gasfläche des jeweiligen Fensters beträgt ist nicht erlaubt. Ladeneingangspassagen Der Begriff Passage wird hilfsweise auch für in die Tiefe entwickelte Ladenzugänge benutzt, soweit diese beiderseits mit den Schaukästen eines oder mehrerer Ladenlokale ausgestattet sind (= Ladenzugangspassage). In größerer Ausdehnung und mit freistehenden Schaukästen ausgestattet, werden sie auch als Vitrinenpassage bezeichnet.

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

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Ladenzugangspassage (um 1915). Schaufensteranlage mit zwei abgerundeten Fenstern. Völlige Verglasung der Wandfläche durch zurückgesetzte Stützen.

Vitrinenpassage (um 1915). In die Haustiefe entwickelte, große Schaufensteranlage mit frei eingestelltem Schaukasten. In der Werner Altstadt kommen Ladenzugangspassage vor, deren Breite und Tiefe (bzw. Rücksprung aus der Bauflucht) das Raumprofil der Straße im Erdgeschoss differenziert und belebt. Ihre Grundfläche ist meist die des Rechtecks oder - besonders bei spännerartiger Erschließung von Ladeneinheiten - die des Dreiecks oder des Trapezes; sie kann aber auch sägezahnartig entwickelt sein Problematisch erweisen sich aber die in den 70-80er Jahren beliebten Kragkästen über Ladenzugangspassagen, in deren Schlagschatten nicht nur die Schauöffnungen, sondern auch die Ladenzugangspassagen „höhlenartig“ verschluckt werden, was ihren psychologischen Zugangswert - insbesondere bei schlechten Witterungsverhältnissen - auf ein Minimum reduziert. Im nächtlichen Erscheinungsbild erzeugt diese Konstellation potentielle Angst-Räume, sofern sie nach Ladenschluss nicht durch ein (Scheren-)Gitter oder sonstige Verwahrung abgeschlossen sind. Glasvordächer nehmen den Ladeneingangspassagen ihren tief verschatteten „höhlenartigen“ Charakter und erhöhen somit den psychologischen Zugangswert eines Ladenlokals im Straßenbild. Deshalb gilt hier § 5 Abs. 4d als örtliche Bauvorschrift: In die Tiefe des Erdgeschosses entwickelte Ladenzugangs- und/oder Vitrinenpassagen sind nur zulässig bei Gebäuden mit Glasvordächern oder temporären Markisen. Bei massiven Kragplatten oder Kragkästen sind sie auszuschließen.

Steinstraße 29: Ladeneingangspassagen unter einem Kragkasten sollten der Vergangenheit angehören, wenn der Kragkasten nicht durch ein Glasvordach ersetzt wird.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Ad § 5 Abs. 5 Vordächer Kragplatten und Kragkästen widersprechen der historisch geprägten Eigenart des Altstadtbildes und sind deshalb unzulässig. Außer Markisen dürfen nur Glasvordächer verwendet werden; sie sind auf die Schaufensterformate abzustimmen und entsprechend zu gliedern. An Sichtfachwerkbauten sind Vordächer nur als Wetterdächer über Hauseingängen und auf die Fensterformate abgestimmte Markisen oder Schwebedächer zulässig. Vordächer schützen Laden- und Hauseingänge, insbesondere Schaufenster vor Regen und Sonne. Sie geben der Erdgeschosszone einen körperhaften oberen Abschluss und betonen die Haus- und Ladeneingänge in der Bauflucht, schirmen sie gegen den „Druck“ des Straßenraumes ab und sind zugleich offen. Solche aus der Traufleiste historisch entwickelte „Wetterdächlein“ über Türen und Fenstern hat es schon in älterer Zeit gegeben, meist in der Konstruktion des sog. Klebedaches. Kragplatten über Schaufenstern sind erst in der Nachkriegszeit üblich geworden. Früher hatten ausfahrbare Markisen ihre Aufgabe als Sonnenschutz übernommen. In den 70er und 80er Jahren setzt sich der Kragkästen durch, dessen Ansichtshöhe gelegentlich sogar seine Auskragungstiefe erreichen kann. Dazu kommen Zwitterformen. Das sind solche, die sich aus der Kombination von Kragplatte und vorgeschalteter Markise zusammensetzen oder noch viel störender aus Kragkasten und an ihnen montierter Markise. Zu unterscheiden sind ausfahrbare und starre Markisen, letztere in den Formen des Korb, Kasten- oder Raupendaches. Seltener finden sich transparente Glasdächer mit filigranen Stahlträgerkonstruktionen. Rechtsprechungshinweise zur „Verunstaltungsfähigkeit“ von Kragplatten und Kragkästen: VGH BaWü U.v. 8. 10.1962 BaWüVBl. 1963, 43; U.v. 13.5.1961 ESVGH 10, 199; U.v. 13.9.1966 BRS 17, 86. Über Markisen: VGH Kassel U.v. 17.12.1958 DVBl. 1959. 827;

Mit Ziegeln überdeckte Traufleiste als Vorläufer der Kragplatte VGH BaWü U.v. 30.10.1981 BWVPr. 1982, 89 = DBBl. 1982, 1151; OVG Lüneburg U.v. 5.9.1985 BRS 44, 124. Kragplatten Kragstein heißt der Stein, der, wie der Kragen über seinen Träger (Hals), aus der Mauer hervortritt. Kragdach ist insoweit ein Vordach, das an einem Ende eingespannt und am anderen frei ausladend entwickelt ist und zwar in Form einer Platte, die sowohl nach vorn wie nach hinten geneigt oder auch als bogenförmige Schale geformt sein kann. Entwickelt hat sich die Kragform aus mit Ziegeln bedeckten, über Wandöffnungen angeordneten Traufleisten, die als ein „Pseudo“-Vordach die Funktion des Regenschutzes übernehmen sollten. Kragdächer, auch solche in Schalenform, waren über Hauseingängen besonders in den 20er Jahren beliebt. Soweit erkennbar, sind Kragplatten in jüngster Zeit an Neu- und Umbauten nicht mehr errichtet worden; sie sollten jedenfalls ausgeschlossen werden. Kragplatten an Fachwerkbauten sind ein grober Unfug. Hier sollten traditionelle Wetterdächer über Haus-

Typisches Klebedach über einem Schaufenster der späten 20er Jahre

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Frühe Kragplatten in Schalenform über Hauseingänge (um 1905) eingängen zugelassen werden, wenn sie in maßstäblicher Größe den stehenden Formaten Hauseingänge angepasst sind. Ihre Ausladung darf nicht mehr als 0,80 m und ihre Ansicht nicht mehr als 0,15 m betragen. Kragkästen Kragkasten ist ein trägerfreier, aus der Fassade vorragender Bauteil, dessen Ansichtshöhe zwecks Anbringung von (Leucht-)Transparenten der Außenwerbung seine Auskragungstiefe erreicht und häufig sogar übersteigt. Kragkästen sind eine Erfindung des Brutalismus der 70er Jahre. Seinerzeit als Ausdruck eines „modernen“ City-Outfits verstanden, können sie gewaltige Ausmaße annehmen: Ansichtshöhen von bis zu 3 m bei einer Ausladung von 2 m und Länge von über 10 m sind keine Seltenheit. Häufig sind unter ihnen noch

bewegliche Markisen angebracht, was den Passantenblick auf die Fassade völlig versperrt. Jedenfalls stellt ein Kragkasten innerhalb einer kleinteilig vertikalen Fassadengliederung einen unverträglichen Eingriff dar. Derartige Bombarden widersprechen der historischen Eigenart und Kultur der Werner Altstadt. Im übrigen gelten Kragkästen dann als besonders problematisch, wenn sie über die gesamte Gebäudebreite oder gar über mehrere Gebäude in gleicher Form, Ausladung und Höhe durchlaufen, den Blick auf die Obergeschosse versperren und darüber hinaus das historisch überkommene Parzellenmuster maskieren. Der folgende Leitsatz bedarf angesichts der rücksichtslosen Brutalität von Kragkästen im Straßenbild insoweit keiner weiteren Begründung:

Bombastischer Kragkasten (Ausladung 2,00 m, Höhe 3,00 m) von 1979

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Parzellenübergreifender Kragkasten im Umbauentwurf Bonenstraße 34-32 von 1974 (Umzeichnung)

Kragkasten im Umbauentwurf Markt 16-18 von 1986 (Umzeichnung)

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Vorhandene Kragkästen geniessen Bestandsschutz. Es gilt aber der Leitsatz: Bei genehmigungspflichtigen Maßnahmen im Sinne von § 3 dieser Satzung sind bestehende Kragkästen zu beseitigen und ggfs. durch Glasvordächer zu ersetzen. Der Werner Architekt Michael Jardin hat gezeigt, dass prismatische, nach vorne spitz zulaufende, kragkastenartige Vordächer einen verträglichen Umbau darstellen können, wenn sie harmonisch in das Schaufenstertableau kombiniert sind (vgl. Steinstraßen 13). Solche Formen können abweichend vom Kragkastenverbot zulässig sein. Ad § 5 Abs. 5a-b Glasvordächer und Markisen a) Die Mindesthöhe von Glasvordächern und Markisen über Gehweg bzw. Straßenoberfläche beträgt 2,50 m bei einer höchstzulässigen Auskragungstiefe von 1,20. Bei beweglichen Markisen ist eine Auskragungstiefe bis zu 2,00 m gestattet; b) Glasvordächer aus getöntem Glas sind zulässig. Ornamentglas, grellfarbiges und/oder spiegelndes Glas darf nicht verwendet werden.

Unzulässige Kragkasten-Bombarde

Glasvordächer werden erst im späten 19. Jh. üblich. Das für diese Zeit insbesondere über Ladeneingängen typische Vordach hat die Form eines gewöhnlichen oder nach beiden Seiten abgewalmten Pultdaches. Als

Muster zur konstruktiven Durchbildung eines Glasdaches (um 1900)

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Aufwendige Glasdachkonstruktion von 1990. Die Auskragungstiefe beträgt 1,20 m, über dem Ladeneingang um 0,40 m erweitert. Die Stirnblende des Glasdaches (zur Aufnahme von Werbeschriften) beträgt 0,35 m, die Schrägansicht des Daches beträgt 0,45 m, der lichte Abstand zur Gehwegfläche 3,00 m. Problematisch hier die bis zum Gurtgesims hochgeführten Konstruktionsstreben.

Gläserne einfache Pultdachform an einem Gebäude der Postmoderne von 1992 Sparren dienen T-Eisen, als Pfetten, auf denen jene lagern, kleine U-Eisen; die Firstpfette kann ein Winkeleisen sein. Im Falz der Sparren liegen die Glastafeln und werden festgekittet. Die Pfetten des Daches werden durch konsolartige Träger gestützt, die insbesondere im Späthistorismus als dekoratives Gitter- und Rankenwerk ausgebildet werden. In nennenswertem Umfang treten Glasvordächer in der Werner Altstadt erst Ende der 80er Jahre auf. Man

hatte erkannt, dass transparente Glasdächer als Sonnenund Wetterschutzelemente in filigraner Stahlkonstruktion sich angemessener in die historische Bausubstanz einfügen als massive Kragplatten oder Kragkästen. Die Grundform des Glasvordaches variiert zunächst: es ist das einfache Pultdach oder das (seitlich) gewalmte Pultdach. Realiter aber setzen sich besondere Varianten durch:

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

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Das einfache (sprossenlose) Pultdach als gliedernde Einfügungsart in die Öffnungstektonik des Erdgeschosses stellt die beste Lösung für ein Glasdach dar.

Pultdächer mit seitlicher, vorderer und hinterer Blende sind unzulässig, weil sie durch ihre Mächtigkeit der transparenten Leichtigkeit des Glasvordaches widersprechen.

Die Ausladungstiefe von Glasdächern darf variieren. Der Tiefensprung ist zulässig, er sollte dann aber motiviert sein, z.B. durch die größte Tiefe über Ladeneingängen.

Glasdächer mit seitlicher Blende sind zulässig. Trotzdem sind einfach Pultdachformen anzustreben.

Jeder Höhenversatz eines Glasdaches wirkt unruhig und konfligiert im Regelfall mit der Horizontalität von Gesimsen. Er ist insoweit unzulässig.

Glasdach mit seitlicher und hinterer Blende. Problematisch hier die bis zum Gurtgesims hochgeführten Konstruktionsstreben.

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• • • •

das geknickte Pultdach mit seitlichen Blenden, das geknickte Pultdach mit vorderer (Stirn-)Blende, das geknickte Pultdach mit hinterer (Wand-)Blende, die Kombination mit seitlicher, vorderer und /oder hintererBlende.

Offensichtlich gestaltgebend war beim geknickten Pultdach immer die Überlegung, Werbetransparente an ihm anbringen zu können. Hier nun die Leitsätze: Glasvordächer wirken am besten, je einfacher die Grundform in Erscheinung tritt. Das ist beim einfachen Pultdach der Fall, das nur aus einer Scheibe und Stützkonstruktion bestehend den Charakter eines „Schwebedaches“ annehmen kann. Pultdächer mit seitlicher, vorderer und hinterer Blende widersprechen durch ihre Mächtigkeit der transparenten Leichtigkeit des Glasvordaches. Sie sind deshalb zu vermeiden. Die Ausladungstiefe von Glasdächern darf variieren. Der Tiefensprung sollte dann aber motiviert sein, z.B. durch die größte Tiefe über Ladeneingängen. Jeder Höhenversatz eines Glasdaches wirkt unruhig und konfligiert im Regelfall mit der Horizontalität von Gesimsen. Abgewalmte Pultdächer (mit trapezförmiger Ansicht) sind zu vermeiden. Werden sie mit Stirnblenden verbunden, so erinnern solche „Haubendächer“ an Abzugs- bzw. Kaminhauben mit Entsorgungscharakter.

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Bastardformen sind unzulässig, z.B. die Kombination von Blechkästen und aufliegender Glasscheibe. Glasdächer sollten nicht zu hoch angeordnet werden, weil sie dann wirkungslos bleiben. Ihre lichte Höhe sollte zwischen Straßenbodenniveau und Unterkante Trauflinie des Glasdaches mindestens 2,25 m betragen. Die Auskragungstiefe des Glasdaches gegenüber der Fassade richtet sich nach den örtlichen Verhältnissen. Sie sollte zwischen 1,00 bis 1,20 m betragen. Die Farbfassung der Trägerkonstruktion ist traditionell schwarz, in der Nachkriegszeit auch goldeloxiert, in der Postmoderne gern tiefblau. Ad § 5 Abs. 5c-d Markisen Markisen sind ein nach der Marquise Pompadour benanntes, bewegliches, d.h. aufrollbares Sonnendach aus einem kräftigen, dichten Körpergewebe aus Leinen, Baumwolle oder Kunststoff. Neben den beweglichen Markisen (Rollmarkisen) gibt es sie auch in halbstarrer, d.h. kippbarer Form (sog. Raupendach) sowie als unbewegliche (starre) Markise in Korb-, Tonnen-, Haubenoder Baldachinformen. Rollmarkisen sind die tradionelle Form des Schutzes über sonnenempfindlichen Ladenlokalen (z.B. Metzgereien, Drogerien, auch Buchhandlungen oder Textilund Lederwarengeschäften). Sie fügen sich gut in die Tektonik historistischer Fassaden ein: Ihre leichte und temporäre Erscheinung bildet einen klaren Kontrast

Ausschließlich bewegliche Markisen (sog. Rollmarkisen) haben das Bild von Geschäftsstraßen bis in die unmittelbare Nachkriegszeit geprägt

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

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Raupendächer als halbstarre Markisen. Sie finden sich in der Altstadt in vielgestaltigen Formen mit weißer Textilbespannung sind farblich auf die Fassade abzustimmen. Grelle und aufdringliche Farben (wie grelles Orangerot, giftiges Grün, süßliches Rosa oder Violett) nicht nicht zulässig.

Gute Einfügung von starren Markisen in die Öffnungstektonik des Erdgeschoss ein Wohn-Geschäftshauses

Leitsatz: Das traditionelle Auslegermaß für Rollmarkisen beträgt 1,40-160 m. Markisen müssen mit einer lichten Durchgangshöhe von mindestens 2,25 m über Oberkante Gehweg-/Straßenbelag angebracht werden. Starre Markisen widersprechen zwar dem temporären Wesen von Markisen, sollten aber wegen ihrer werbewirksamen Eignung zugelassen werden. Sie sollten sich dann aber in die Schauöffnungen proportional angemessen eingliedern, flach gehalten und nicht die Mächtigkeit eines Kragkastens erreichen. d) Starre Markisen in Kasten-, Korb- oder Baldachinform sind nur in kleinen Formaten über Schaufenstern und Ladeneingängen zulässig. Sie dürfen Architekturteile (wie Pfeiler und Gesimse) nicht überschneiden. An Fachwerkbauten sind sog. Schwebedächer zu bevorzugen.

Maßstäbliche Anpassung von Baldachinformen an die stehenden Formate der Schaufenster zur massiven Fassadenstruktur und kennzeichnet sie damit als Hinzufügung, die nicht Teil der dauerhaften Architektur ist, sondern der jeweiligen Zeitauffassung entsprechend verändert werden kann. Die Forderung nach einziehbaren und verdeckt angebrachten Markisen ist insoweit zu rechtfertigen: c) Rollmarkisen sollten eine Textilbespannung oder textilähnliche, nicht glänzende Oberfläche haben. Sie

An Sichtfachwerkbauten sind Markisen in Form des Tonnendaches sind eine missglückte Form; andere, ebenfalls störende Form sind Haubendächer, überhaupt Formen, die an Kaminabzugshauben erinnern. Die bestmögliche Lösung sind sog. halbstarre Schwebe- oder Segeldachformen. Schwebe- oder Segeldächer sind in einem Gelenkrahmen befestigte (Milch-)Glastafeln, die von unten anstrahlbar, leicht über den Wandöffnungen zu schweben scheinen. Ihre Position zur Fassade kann temporär variabel eingestellt werden. In der Altstadt Unna (vgl. Abb. nächste Seite) gehören sie - sowohl an Massiv- als auch Fachwerkbauten angebracht - zu den überzeu-

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

genden Beispielen einer modernen Schutzdachgestaltung. Ausschluss von Vordach-Kombinationen Als grob verunstaltungsfähig müssen Rollmarkisen gelten, die unterhalb oder an der Stirnseite von Kragplatten oder Kragkästen (vgl. Abb. S. 65) angebracht sind. Solche Kombinationen sind insoweit nicht mehr gestattet: e) Wahlweise darf an einem Gebäude nur ein (oder mehrere kleine) Glasvordach oder eine (oder mehrere kleine) Markise angebracht werden. Alle Kombinationen - auch solche mit Kragplatten oder Kragkästen - sind nicht erlaubt.

Umbauentwurf der Ladenzone, Magdalenenstraße 1 von 1981

Unerwünscht sind starre Markisen, die den Charakter eines (zerstückelten)Kragkastens erreichen.

Die Anbringung von starren Markisen an Fachwerkhäusern ist immer problematisch. Eine gute Lösung stellen sog. Schwebedächer dar (Altstadt Unna).

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Einfügung von starren Markisen in Hauben- und Tonnenform in ein Fachwerkgefüge, Bonenstraße 4

Gegenbeispiel: Einfügung von halbstarren Markisen in Form des variabel einstellbaren sog. Schwebeoder Segeldaches.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Verbessertes Beispiel: Durch Wechsel in der Formatgestik der Schwebedächer kann der Eingang betont werden. Im übrigen können Schwebedächer das Holzwerk überschneiden.

Als grob verunstaltungsfähig müssen Rollmarkisen gelten, die unterhalb oder an der Stirnseite von Kragplatten oder Kragkästen angebracht sind. Solche Kombinationen sind insoweit nicht mehr gestattet.

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

§ 5 Abs. 6 Wandbaustoffe Die Fassaden dürfen nur bestehen aus Bruchstein- oder Quadermauerwerk, aus Naturschiefer, rauhen oder glatten Verputz und Sichtmauerwerk. Abweichend sind für Außenwände im Erdgeschoss mit Geschäftsoder Büronutzungen, für Stützen auch Verkleidungen mit Naturstein oder Kunststein mit Natursteinvorsatz zulässig. Ergänzend zu dieser Vorschrift gelten die allgemeinen Anforderungen an Wandbaustoffe des § 4 Abs. 2 dieser Satzung (u.a. Ausschluss von Schieferersatz und sonstigen Materialimitationen, Beschränkung von Sichtbetonflächen). Zur Materialgestaltung des Erdgeschosses bei Ladenlokalen vgl. § 5 Abs. 4 und § 7 Abs. 3 dieser Satzung. Die Vorschrift entspricht den in den Altstadt seit alters her tradierten Wandbaustoffen, wobei die zulässigen/ unzulässigen Außenputzarten in den allgemeinen Anforderungen in § 4 Abs. 2 dieser Satzung näher beschrieben sind. Offen geblieben ist aber die Farbe des zulässigen Sichtmauerwerks, deren in der Altstadt tradierten Verbände im übrigen in der Denkmalbereichssatzung (Gutachten Band II, S. 82) näher dokumentiert sind. Die traditionellen Verlegearten des (hellgrauen) Naturschiefers sind in der Denkmalbereichssatzung (Gutachten, Band II, S. 78) dargelegt und dokumentiert. Beispielgebende Bedeutung haben hier die Gebäude Bonenstraße 28 und 16. Im übrigen ist bei den Wandbaustoffen ihre Naturfarbe oder ihr Farbauftrag im Hinblick auf eine geleitete Gestaltung des Material-Farbklimas der Altstadt von ganz besonderer Bedeutung. § 5 Abs. 6a-b Farbe Farbe im öffentlichen Raum ist keine individuelle Geschmacksfrage, weil sie ein Element visueller und psychisch wirksamer Ordnung ist. Sie wirkt als optisch klärendes Element bei der Wahrnehmung von Werkstoff, Fläche, Körper, Raum und Licht. Farben sind von raumbegleitender Wirkung und können daher, mit optischer Betonung orientierungswirksam eingesetzt, die emotionale Einstimmung auf einen Ort verstärken. Mit Farbe muss deshalb behutsam umgegangen werden. Sie darf nicht Selbstzweck sein, sondern sollte dienende Funktionen ausüben. Durch die egozentrische Anwendung von Farben ist es möglich, die Dinge und den Menschen negativ zu beeinflussen, ohne dass man sich dieser Einwirkung entziehen kann. Denn: rücksichtslose Farbe verunklärt die Wahrnehmungsfähigkeit von Werkstoff, Fläche, Körper, Raum und Licht und beeinträchtigt dadurch das physische und psychische Wohlbefinden.

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Allgemeine Farbanforderungen An allgemeinen Anforderungen für die Farbgestaltung von Fassaden und sonstigen Wandflächen gilt als Vorschrift: a) Dunkle und/oder verschmutzte Wandflächen, Brandwände, Brandgiebel bzw. Fassaden, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind, sind mit einem aufhellenden Anstrich zu versehen. Leitsatz: Dies gilt nicht für Werkstein- bzw. Natursteinmauerwerk, das aus baupflegerischen Gründen (u.a. mit Öl- und Kunstharzfarbe) niemals überstrichen, sondern nur gereinigt werden darf. b) Folgende Farbtöne dürfen bei flächigem Wandanstrich nicht verwendet werden: a) reines Weiß oder sehr helle Farbtöne (Remissionswerte von 80-100) b) reines Schwarz oder sehr dunkle Farbtöne (Remissionswerte von 0-15). Die Remissionswerte sind aus den Farbtontabellen der Farbhersteller zu entnehmen. Sie geben als Rückstrahlungswerte den Grad der Reflektion des einfallenden Lichtes wieder und sind damit ein Kriterium, allzu dunkle Anstriche wegen der Gefahr einer optischen Lochwirkung und allzu helle Anstriche wegen der Gefahr einer Blendwirkung und damit in beiden Fällen eines Bruchs im Straßenbild zu vermeiden. Im übrigen hat eine werkgerechte Farbgestaltung die je nach Farbanstrich unterschiedliche Aufheizung der Fassaden zu berücksichtigen. An wolkenlosen Sonnentagen treten nämlich bei einer Lufttemperatur von 26 Grad Celsius an den Außenwänden verschiedener Farben unter im übrigen gleichen Bedingungen folgende Temperaturen auf: weiß = 33 Grad C; gelb = 40 Grad C; rot = 47 Grad C; braun = 50 Grad C; blau = 53 Grad C; grün = 55 Grad C und schwarz = 65 bis 80 Grad C. Es sind daher weniger die Niederschläge, die die aufhitzungsgefährdeten Westseiten vorzeitig zerstören, sondern die extremen Temperaturdifferenzen, die innerhalb weniger Stunden bis zu 60 Grad C ausmachen können. Schon allein deshalb sollte man an den West/Südseiten von Gebäuden dunkle Farbtöne vermeiden. Farben an Neubauten Bei Neubauten gilt der „Mut zur Farbe“. Hier gilt zunächst der Grundsatz einer farblichen Übereinstimmung von primären und sekundären Quellen der Gestaltwirksamkeit eines Bauwerks. Primäre Gestaltquelle ist das, worin etwas Körperliches endet, d.h. die nutzungsgeleitete Baumasse und ihre tektonische Körpersprache. Als sekundäre Quelle der Gestaltwirksamkeit gilt das, was den Baukörper (bloß) begleitet, also Wandbaustoff und Farbe. Beides muss miteinander harmonieren, damit es einen Sinn ergibt. Die Farbe muss Dienerin der

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Die Variietät der Ziegelfarben darf nicht zu kontrastreich ausfallen. Ein buntscheckiges Erscheinungsbild. Die Grundstimmung der Fassade darf nicht in zu dunklen (in rot-braun-grauen) Farbtönen ausfallen.

Anzustreben sind helle, freundliche Ziegelfarben, deren Verfugung sich - wie hier - der Sandsteinfarbe annähert.

Unterschiedliche Farben des Sichtmauerwerks an einem Gebäude sind unzulässig.

Traditionelle Farbtöne des Sichtmauerwerks in größter Variietät in allen Rottönen können als Vorbild gelten.

Architektur sein, sie gewinnt ihren Eigenwert ausschließlich durch ihre Bindung an einen architektonischen Träger. Deshalb müssen Sockel, Fassadenflächen und Detail aufeinander abgestimmt sein und zur Farbe des Dachdeckungsmaterial harmonieren.

im Gebiet 2 als graugelb, im Gebiet 3 als dunkelrot und im Gebiet 4 ohne näher bestimmten Farbton vorgeschrieben. Als Folge ist nunmehr - dreißig Jahre hiernach - für die Altstadt ein äußerst buntscheckiges Klima an Sichtmauerwerksfarben zu verzeichnen, in das es nunmehr - nach Maßgabe denkmalpflegerischer Bemühungen - eine Ordnung zu bringen ist. So zeigt die Farbskala des historischen Sichtmauerwerks eine große Breite an mittleren Rotanteilen - nicht

Farbe der Wandziegel In der Gestaltungssatzung von 1973 wurde die Farbe des Sichtmauerwerks im Schutzgebiet 1 als rotbraun,

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Sockel/Details

Fassade/Hauptfläche

1. Goldocker

2. Lichter Ocker

3. Beigebraun

4. Schilfgrün

5. Olivgelb

6. Umbra

Farbkartei: Empfohlene Wandfarben von Putzflächen (Drucktechnisch bedingte Farbabweichungen sind möglich)

Fassadentektonik

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zu blass und auch nicht extrem rot (Ochsenblutfarben). Eine Changierung ist durchaus wünschenwert, wenn nur die Extremwerte vermieden werden. Hinweise auf angestrebte Farbklima geben der postmoderne Bau Steinstraße 25 und das „Steinhaus-Center“ am Moormann-Platz. Bei beiden Neubauten der jüngeren Zeit wird vor allem auch die Farbe der Verfugung; im ersten Fall eine Farbe, die den Sandsteindekors angenähert ist, im zweiten weiß als Farbe, die auch bei den gliedernden Sichtbetonteilen vorherrscht. Gelbes Sichtmauerwerk ist unhistorisch und nicht erlaubt, ebenso das Weiß von Kalksandsteinen (Klosterstraße 14). Die Körperlichkeit der Einzelbauwerken wird erheblich beeinträchtigt, wenn unterschiedliche Farben des Sichtmauerwerks wechseln (vgl. Steinstraße 2224). Farben an Putzbauten Bei Putzbauten sollte gelten, dass sich solche Bauten in ihrer Farbgebung von denen mit Sichtmauerwerk (auf der Rot-Skala) deutlich unterschieden sollten, es kommen insofern Farben auf der Ocker-, beigebraunen, schilfgrünen, olivgelben- oder umbrafarbenen Skala in Betracht. Im übrigen muss gelten, dass nach Wahl einer diesbezüglichen Grundfarbe eine Ton-in-TonFarbge-bung von Sockel/Details, Hauptfläche der Fassade oder betonten Hervorhebung von Details in Frage kommt. Im übrigen sollte die Farbgebung am gesamten Baukörper einheitlich (nicht aber monoton) gewählt werden. Entscheidend für die Auswahl der Farbe ist die Beachtung der Hell-Dunkel-Kontraste, d.h., die Farbhelligkeitsstufe muss zu den Nachbarbauten und den Farbhelligkeiten der Architekturdetails in einem deutlich wahrnehmbaren Kontrast stehen. Fenster- und Türumrahmungen bzw. -rahmen, Markisen und andere Details können bei der hellen, leicht ins grau gehenden Farbpalette für die Fassaden eine stärkere Farbigkeit bekommen (als Beispiel kann das Gebäude Westmauer 12/Rückseite Burgstraße 23 gelten). Ansonsten können folgende Regeln gelten: • niemals pralinenfarbene Bonbonieren (mit violett aufgemischten Farben) für Fassaden verwenden, • keine cremefarbene (mit weiß aufgehellte), an Eidotter oder Zitronenfalter erinnernde Dessertfarben, • Fensterlaibungen dürfen niemals schwarz gestrichen werden. Schließlich ist ist zu beachten, dass die Farbintensität an baulichen Anlagen durch das verwendete Material, den Farbauftrag und die individuelle Arbeitstechnik ganz wesentlich beeinflusst werden kann. Probeanstriche in Abstimmung mit der Farbgebung der Nachbarbauten und Prüfung durch Ortsbesichtigung mit den Malern sind deshalb zu empfehlen. Leitsatz: Zur Orientierung bei der Farbgebung von Putzbauten gilt die beigelegte Farbkartei.

Besondere Anforderungen/Baustaffel I

Ad § 5 Abs. 7 Fensterglas Für die Fensterverglasung ist in der Regel Klarglas zu verwenden. Strukturgläser, Buntgläser (außer bei Rekonstruktionen von Farbgläsern an historischen Bauten), sogenannte Antikverglasungen sind nicht zulässig. Ausgenommen sind Sonderverglasungen wie Butzenscheiben, Bleiverglasungen im Erdgeschoss von Gaststätten, Cafés. Sog. Pseudoantikverglasungen der Wandöffnungen können - wie die Stadtbildanalyse der Werner Altstadt zeigt - das Erscheinungsbild einer Fassade nachteilig verändern. Da dies durchaus häufig ist, bedarf es einer örtlichen Bevorschrift zum Schutz vor Verunstaltung. Die älteste Form des Fensterglases ist die geblasene Butzenscheibe, eine runde Scheibe von 10 - 15 cm Durchmesser mit einer Erhöhung in der Mitte, dem Butzen oder Nabel. Die Butzenscheibe entsteht aus einer mit der Pfeife geblasenen Kugel, die an einem Hefteisen befestigt und danach von der Pfeife gesprengt wird. Durch rasches Drehen wird sie zu einer flachen Scheibe ausgeschleudert, deren Rand umgebogen wird. Seit alters üblich ist das Tafelglas, ein Flachglas, das in Form eines endlosen Bandes maschinell durch Ziehverfahren hergestellt und durch Zuschneiden in Tafeln zerlegt wird. Es hat beiderseits feuerblanke Oberflächen, ist praktisch eben und gleichmäßig dick, kann aber charakteristische, auf die Art der Herstellung zurückführbare mehr oder minder wahrnehmbare Streifen, vorzugsweise in der Ziehrichtung haben. Dieser Nachteil kann durch das geschliffene und polierte starke Spiegeloder Kristallglas vermieden werden; es gewährt eine völlig klare Durchsicht und ist deshalb auch das teuerste. Gegenüber diesen seit alters her gebräuchlichen Glassorten gelten al grob verunstaltungsfähig das Opakglas und die sog. Antikverglasung: • das Antikglas wird sowohl als Maschinenantikglas wie auch als Handantikglas hergestellt. Es ist gelblichgrün getönt und noch etwas durchsichtig und enthält Schlieren und Blasen; • das sog. „Pseudo-“Antikglas wird in einer gewölbten Form hergestellt. In Art einer an Wespenstiche erinnernden Schwellung kann es eine Fassade „optisch zerschlagen“; • das Opakglas ist ein undurchsichtiges, starkes Glas von einer Mindeststärke von 5-7 mm und wird in verschiedenen Farben, auch als weißes Milchglas geliefert. a) Die Verwendung unterschiedlicher Glasarten an Fenstern der Obergeschosse (z.B. Klarglas oberhalb des Kämpfers, Mattglas unterhalb des Kämpfers) ist unzulässig. Diese Vorschrift versteht sich von selbst, ebenso wie der kategorische Ausschluss von Glasbausteinen, insbesondere an Fachwerkbauten:

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Besondere Anforderungen/Baustaffel I

b) Glasbausteine dürfen in den von öffentlichen Verkehrsflächen aus sichtbaren Gebäudewänden nicht verwendet werden. Glasbausteine sind hohle oder massive Glaskörper, die mit Mörtel zu Wänden zusammengesetzt werden. Glasbausteine sollten das Errichten lichtdurchlässiger Wände auch dort ermöglichen, wo nach den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen keine Fenster zugelassen waren. Sie sind seit den 80er Jahren des 19. Jh. anzutreffen. Die älteste Form der Glasbausteine ist ein sechseckiger, allseitig geschlossener Hohlkörper, ähnlich einer Bienenwabe. Glasbausteine werden heute in den verschiedensten Formen, meist quadratisch oder rund, hergestellt und ergeben infolge ihrer Konstruktion ein allseitig zerstreutes Licht, sind durchschimmernd, aber nicht durchsichtig, wärmeschützend und widerstandsfähig gegen Hagel etc. Glasbausteine gelten im gegenwärtigen Verständnis als „lichtdurchlässige Teile einer Außenwand“, nicht aber als Fenster im Sinne der Anforderungen an Aufenthaltsräume. Man findet sie an Bauten der Altstadt dort, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben: neben Haustüren, als Fassadenfenster oder oberhalb von Schaufenstern oder sonst als Glasbausteinfelder, die als untergeordnete Architekturteile eine sehr laute Dominanz erhalten.

Butzenscheiben

Auch kleine Anlagen oder Einrichtungen können eine große Wirkung haben, wenn sie sich wiederholen. Sofern vermeidbare Faktoren eine zusätzliche störende Wirkung ausüben, müssen sie, eben weil sie vermeidbar sind , zum Schutz des Orts- und Straßenbildes vermieden werden (BVerwG B.v. 10.12.1979 BRS 35, 133). Dazu gehört die störende Anordnung von schräg über die Fassade verlaufenden Regenfallrohren (vgl. § 5 Abs. 2e dieser Satzung) aber auch die Ad § 5 Abs. 8 Entlüftungs- und Abgasöffnungen Für Räume mit Gasfeuerung kann wegen des hohen Sauerstoffverbrauchs eine ständig wirkende Lüftung verlangt und u.U. durch den Einbau von Ventilatoren erzwungen werden. Ähnliches gilt für Gaststättenräume u.ä. Für die dann auf der Fassade in Erscheinung tretenden Be- und Entlüftungsgitter sollte verlangt werden: Erforderliche Entlüftungs- und Abgasöffnungen sowie sonstige Installationen dürfen keine Gliederungen der Fassade überschneiden und müssen sich farblich den umliegenden Flächen anpassen. Alarmanlagen Die in den letzten Jahrzehnten populär gewordenen Alarmanlagen haben vielfach ein buntlackiertes Gehäuse, das irgendwo an der Außenwand (störend an Erkern oder an der Stirnseite von Kragplatten) befestigt wird. Da ihr Aussehen nicht mit sonstigen Fassadenteilen harmoniert, sollte das Gehäuse möglichst unauffällig an der Fassade, auf keinen Fall an tektonisch

Störende Pseudoantik-Verglasungen wirksamen Gliederungselementen angebracht werden. Alarmanlagen auf Kragplatten oder Kragkästen sollten jedenfalls ausgeschlossen werden. Freileitungen Bei den Freileitungen ist zu unterscheiden zwischen den Niederspannungsleitungen öffentlicher Maßnahmenträger (Post, EVU) und den Verkabelungen etwa für (private) Anlagen der Lichtwerbung. Beide Arten von Freileitungen können, auch wenn sie auf Fassaden störend in Erscheinung treten, in einem Geschäftsgebiet nicht ausgeschlossen werden. Allerdings kann auf eine störende Häufung und/oder auf den verwahrlosten Zustand von Verkabelungen hingewiesen und verlangt werden, dass sich die Leitungen zurückhaltend in das Fassadenbild einfügen müssen.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II (§ 6) Ad § 6 Abs. 1 Örtlicher Geltungsbereich Der örtliche Geltungsbereich der Baustaffel II erfasst alle Baudenkmäler und die erhaltenswerte Bausubstanz im Denkmalbereich der Altstadt Werne. Ihre Auflistung ist in der Karte 3 wiedergegeben, die als Anlage 3 Bestandteil dieser Satzung ist. Folgenden Gebäuden kommt im örtlichen Geltungsbereich Gestaltungs- und Schutzsatzung Altstadt Werne das Prädikat des Baudenkmals zu (Stand 12.5.2000): • Am Neutor: Nr. 4.(1911); • Am Steinhaus: Nr. 2 (Fachwerkhaus/Gadem); • Bonenstraße: Nr. 3 (1905/07), 28 (1720 erwähnt), 14-16 (um 1600), 8 (vor 1904); • Burgstraße: Nr. 1 (frühes 19. Jhs. oder älter), 3 Fachwerkhaus des 17. Jhs.), 13 (Fachwerkhaus im Kern 2. Hälfte 16. Jh.), 15 (Fachwerkhaus spätes 18. Jh.); • Kirchhof: Nr. 1 (Kath. Pfarrkirche St. Christophorus), 2 (1560/1610), 2a (16. Jh.), 3 (16. Jh.), 4 (1573), 5 (16. Jh.), 6 (vermutlich 16. Jh.), 10 (um 1600), 11 (spätes 16. Jh.), 12 (um 1380), 13 (erstmals 1650 erwähnt), 15 (1562), 16 (16. Jh.); • Kleine Burgstraße: Nr. 12 (Ackerbürgerhaus, Mitte 19. Jh.), 4 (Ackerbürgerhaus 19. Jh.); • Klosterstraße: Nr. 8 (Fachwerkhaus vermutlich 16. Jh.); • Markt: Nr. 1 (vor 1891), 2 (vgl. Klosterstraße 8), 4 (vor 1906), 5 (vermutlich frühes 19. Jh.), 8 (18. Jh.), 9 (Altes Rathaus), 10 (18. Jh.), 24 (1907); • Moormann-Platz: Nr. 24 (= Bonenstraße 28); 8 (Altes Steinhaus), • Roggenmarkt: Nr. 12 (frühes 18. Jh.), 8 (2. Hälfte 18. Jh.), 4 (vermutlich 19. Jh. mit 1920 erneuerter Fassade), 24 (1486, das wohl älteste Haus der Altstadt), • Steinstraße: Nr. 23 (um 1560), 39 (frühes 19. Jh.), 40 (Mitte 19. Jh), 38 (1901), 12-14 (1927); • Südmauer: Nr. 5 (Klosteranlage), 27 (2. Hälfte 19. Jh.), 29 (Mitte 19. Jh.), 31 (Mitte 19. Jh.), 41 (vermutlich 19. Jh.), 50 (1. Hälfte 19. Jh.); • Westmauer: Nr. 15 (19. Jh.?); 19 (Mitte 19. Jh.). Folgenden Gebäuden kommt im örtlichen Geltungsbereich der Gestaltungs- und Schutzsatzung Altstadt Werne das Prädikat der erhaltenswerten Bausubstanz zu (Stand 2002): • Am Neutor: Nr. 2; • Am Steinhaus: Nr. 10, 8; • Bonenstraße: Nr. 1, 5, 13, 29, 31, 33, 40, 38, 36, 34, 32, 30, 18, 12, 4, 2; • Bült: Nr. 3, 5, 7, 9, 40, 38, 34, 30, 28, 26, 12;

• Burgstraße: Nr. 5, 9, 11, 17, 19-21, 23, 25, 27, 29, 22, 14, 12, 2; • Kirchhof: Nr. 7, 8, 9, 17, 18, 19, 20; • Kleine Burgstraße: Nr. 10, 2, 1, 5, 7, 9; • Klosterstraße: Nr. 12; • Konrad-Adenauer-Straße: Nr. 4; • Magdalenenstraße: Nr.1, 3, 2; • Markt: Nr. 3, 6, 7, 11, 14, 18, 20-22, 25; • Ostmauer: Nr. 18, 12, 6; • Roggenmarkt: : Nr. 18, 16, 10, 6, 2, 3, 5, 7, 9, 11, 32; • Schlot: Nr. 10. Die Ermächtigung zum Erlass von sog. Schutzsatzungen nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 BauO NW unterscheidet sich von den sog. Gestaltungssatzungen des § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauO NW dadurch, dass keine baugestalterischen Absichten in Bezug auf die baulichen Anlagen vorliegen müssen. Der Erscheinungsbildschutz der vorhandenen Bauten und nicht die Gestaltung ist Ziel der örtlichen Bauvorschrift. Während Nr. 1 ein dynamisches Element beinhaltet will Nr. 2 ermöglichen, das Vorhandene zu bewahren (Kommentar zur BauO NW, April 2000); letzteres ist identisch mit den Zielen der Denkmalbereichssatzung. Die Ermächtigung ist durch den Schutzzweck begrenzt. Was zum Schutz nicht erforderlich ist, darf nicht durch örtliche Bauvorschrift angeordnet werden. Vielmehr kommt es hier auf die Aufnahme des Bestandes und die Prüfung der vorhandenen Bauten, auf ihre vom Gesetz geforderte Bedeutung an. Sodann ist zu ermitteln, ob der Bestand einen Schutz erfordert und wie dieser zu bewirken ist (so auch OVG NRW U.v. 29.1.1999 BauR 2000, 92). Das ist im Gutachten zur Denkmalbereichssatzung (Band II) detailliert nachgewiesen. Ad § 6 Abs. 2 Ausstattungsgebot Bei Umbauten (Instandsetzung und Modernisierung) sind die in § 3 der Denkmalbereichssatzung näher beschriebenen historisch wertvollen oder charakteristischen Erscheinungsbildträger hinsichtlich der Bauteile und Materialität der Gebäude zu wahren. Bei Entfernung müssen sie nicht durch gleichartige, wohl aber völlig gleichwertige Elemente ersetzt werden. Diese Vorschrift ist von zentraler Bedeutung. Sie betrifft die in der Denkmalbereichssatzung ausgewiesene schützenswerte und erhaltenswerte Bausubstanz, deren historisch bedeutende und charakteristischen Erscheinungsbildträger (dokumentiert für die erhaltenswerte Bausubstanz im Gutachten S. 187ff) durch eine örtliche Bauvorschrift ergänzt wird.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

Baudenkmäler der Altstadt Werne Bei der örtlichen Bauvorschrift handelt es sich um eine eigenständige bauordnungsrechtliche Vorschrift, die sich mit jener des Denkmalschutzes insofern deckt, da beide Rechtsnormen auf die Wahrung des äußeren Erscheinungsbildes gerichtet sind, das auch bei einer Ersetzung des Originalzustandes durch eine gleichwertige Form gewahrt bleibt, während aber bei einem Bau-

denkmal gerade der Originalität (Schutz der Bausubstanz) eine entscheidende Bedeutung zukommt. Vorbild für eine derartige Regelung gab erstmals § 73 Abs. 1 Nr. 2 BauO BaWü (Novelle 1983), der den Gemeinden die Ermächtigung gab durch örtliche Bauvorschriften besondere Anforderungen zu erlassen:

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

Erhaltenswerte Bausubstanz der Altstadt Werne „an die Erhaltung schützenswerter Bauteile einzelner Gebäude, soweit dies zum Schutz bestimmter Straßen, Plätze oder Ortsteile von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung oder zum Schutz von Kultur- und Naturdenkmalen erforderlich ist.“

Anlass zu dieser Ermächtigung war die Erfahrung, dass bei Umbauten von Gebäuden vielfach wertvolle oder charakteristische Ausstattungsbestandteile des Gebäudes beseitigt wurden. Mit einem Erhaltungsgebot durch örtliche Bauvorschrift soll die Gemeinde die Voraus-

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

Gebäude und ihre Grundstücke der Baustaffel II setzungen dafür schaffen können, dass solche Ausstattungselemente erhalten bleiben, insbesondere bei Umbauten nicht beseitigt werden. Beim Umfang eines solchen Erhaltungsgebotes sind jedoch die Beschränkungen zu beachten, die sich aus

der Zielsetzung der Landesbauordnung („im Rahmen des Gesetzes“) ergeben. Durch örtliche Bauvorschrift kann nur die Gestaltung im Sinne des äußeren Erscheinungsbildes geregelt werden. Es gehört nicht zur Zielsetzung des Bauordnungsrechts, den Erhalt der originalen Bauteile sicherzustellen. Das kann nur durch

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Listeneintragung eines Gebäudes als Baudenkmal erfolgen. Die Bauherrenschaft kann deshalb, auch wenn eine entsprechende örtliche Bauvorschrift mit Erhaltungsgeboten besteht, bei Umbaumaßnahmen die originalen Bauteile und Ausstattungselementen beseitigen oder zerstören (sofern nicht denkmalschutzrechtliche Vorschriften des Substanzschutzes entgegenstehen; sie muss sie aber dann, wenn nicht durch völlig gleiche, so doch in ihrem Erscheinungsbild völlig gleichwertige Gestaltungselemente ersetzen. In Wirklichkeit handelt es sich deshalb auch nicht um Erhaltungsgebote, sondern um örtliche Bauvorschriften mit einem entsprechenden Ausstattungsgebot. Enthält der Bauantrag nicht die entsprechenden Ausstattungselemente, so widersprechen die Umbaumaßnahmen öffentlich-rechtlichen Vorschriften und sind nicht genehmigungsfähig. Eine öffentlich-rechtliche Vorschrift mit Erhaltungsregelungen für schützenswerte Bauteile steht einem vollständigen Abbruch des gesamten Gebäudes und damit der Zerstörung der Ausstattungselemente nicht entgegen. Die Erhaltung eines Gebäudes kann nicht mit den Mitteln des Bauordnungsrechtes, sondern nur über das Denkmalschutzrecht nach § 3 DSchG NW (Baudenkmal) oder aber über eine Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB gefordert werden. Eine örtliche Bauvorschrift mit Erhaltensregelung hat jedoch auch für den Fall Bedeutung, dass das Gebäude ganz beseitigt wird. Will der oder die Eigentümerin ihr Grundstück erneut bebauen, so kann sie dies nur unter Beachtung der Ausstattungsgebote der örtlichen Bauvorschrift. Das ergibt sich daraus, dass es sich in Wirklichkeit nicht um eine echte Erhaltungsforderung hinsichtlich der originalen Bauteile handelt, sondern um ein Ausstattungsgebot, das alle Baumaßnahmen in seinem Geltungsbereich umfasst, Neubaumaßnahmen wie Umbaumaßnahmen. Maßgebend ist dabei jeweils, dass nicht der Originalzustand, aber das äußere Erscheinungsbild - und zwar im Sinne des Erscheinungsbildschutzes der Denkmalbereichssatzung - erhalten bleibt. Reichweite des Ausstattungsgebots Die örtlichen Bauvorschriften erfassen nur jene Sachverhalte der Denkmalbereichssatzung soweit sie einer bauordnungsrechtlichen Einflussnahme zugänglich sind. Das betrifft das in der Denkmalbereichssatzung angesprochene Schutzgut Demnach unterliegen einem Erscheinungsbildschutz folgende Sachverhalte: 1. Die Giebelständigkeit und Traufständigkeit baulicher Anlagen und deren charakteristische Verteilung im Altstadtbild. Die schützenswerten Erscheinungsbildträger sind nach Straßen und Plätzen spezifiziert - beschrieben und dokumentiert im Gutachten, S.69ff.

Besondere Anforderungen/Baustaffel II

2. Die Bauart nach Art des Zusammenfügens einzelner Baustoffe und Bauteile zu einem Konstruktionsgefüge unterschieden nach • Skelettbauten in Form des Sichtfachwerks, auch Fachwerkbauten mit verputzter, verklinkerter oder verschieferter Fassade, • Massivbauten mit Naturstein, Backstein bzw. Ziegelvorblendsteinen, verputzter Fassade, z.T. auch mit Sichtbeton-Elementen. Die schützenswerten Erscheinungsbildträger sind nach Straßen und Plätzen einschließlich der sie prägenden Wandbaustoffe im Gutachten, S. 71ff beschrieben und dokumentiert. 3. Elemente der Bebauung unterschieden nach • die Form des Schrägdaches als Satteldach, an Fachwerkbauten auch mit Dachüberstand, durch das Walmund Mansarddach, letzteres auch mit Ausbildung eines Drempels, sowie des Flachdaches; • Ortgang- und Schildgiebel, letzterer in Form des Treppen-, Drei- und Zweistaffelgiebels, an Zwerchhäusern auch als Voluten-, Knick- und geschweifter Giebel mit Aufsatz und Schulter ausgebildet; • aus der Fassade aufsteigende Zwerchhäuser und Zwerchgiebel, Dachgauben in Form der Lukarne, der Spitz-, Pult-, Schlepp-, Walm- und Tonnengaube; • Wandgliederungen in Form von Überhängen und Vorkragungen an Fachwerkbauten sowie durch Risalite und Erker in Form des Kasten-, flachbogigen Rundund Polygonalerkers, letzterer auch turmartig bekrönt, sowie des Austritt- und Fenstererkers; • die Fassadentektonik in Form von Lisenen und Pilaster sowie durch Haupt-, Gurt-, Sohlbank- und Kämpfergesimse; • Fassadenzierden in Form von ein- und mehrbahnigen Friesen, Reliefs und Stuckapplikationen; bei Fachwerkbauten auch Knaggen und Schnitzwerk, • Haustüren als Rahmen-Füllungs- und aufgedoppelte Türen, mit vitriertem, ornamentiertem, mit Eisengittern versehenen Türöffnungen sowie Haustore (Deelentore) an den ehemaligen Ackerbürgerhäusern; • die Fensterarchitektur in Form von einbahnigen oder gekuppelten Fenstern mit hochrechteckigen Formaten, geraden oder bogigen oberem Abschluss, profilierte Rahmung und Bekrönung, Fensterteilung in Form des Kreuzstock-, Pfosten- und Galgenfensters mit oder ohne Sprossen; • hohe Gebäudesockel, Außentreppen als Freitreppe oder in die Hauseingang eingezogene Treppen sowie Einfriedigungsmauern. Die schützenswerten Erscheinungsbildträger der ortsbildprägenden Bausubstanz sind im Gutachten, S.127ff beschrieben und dokumentiert. Beispiel: Ausstattungsgebot für Gesimse Gesimse haben eine maßstabsgebende Wirkung. An den historisch überkommenen Bauten stellen sie als Abschlüsse oder Teilungen eine spürbare Entsprechung

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

zwischen großem Bauwerk und dem Einzelmenschen her. Selbst mächtige Massivbauten, die scheinbar dem Maßstab des Einzelnen entzogen und dem freien Spiel der größeren Abmessung zugänglich sind, zeigen eine Gliederung in (Gurt-)Gesimse, die auf der bloßen Wand das Stockwerk als Gehäuse menschlicher Lebensvollzüge zu erkennen gibt. An Bauten der Nachkriegszeit sind Gesimse ab 1950 aufgrund neuerer Bautechniken systematisch nicht mehr

ausgeführt worden. Heute wird die praktische Bedeutung von Gesimsen, nämlich Schutz darunter liegender Wände vor Feuchtigkeitseinflüssen, durch einfache Blechverwahrung (gekehlte Wassernase oder Tropfleiste) erreicht. An historischen Bauten wichtig ist, dass die raumprägende und maßstabsstützende Bedeutung der Gesimse erkannt und bei Fassadenänderungen entspre-

Kartierung von Regentrielern und Verschmutzungen an Putzfassaden, hervorgerufen durch Abschlagen der Gesimse

Fensterbank- und Gurtgesimsprofile

Kropf

Wiederkehr

Totlauf Profilverläufe von Gesimsen

Haupt- oder Dachgesimsprofile

An Gebäudeecken sollten Gesimse nicht „totlaufen“, sondern über Eck „verköpft“ werden bzw. bei einspringenden Ecken „wiederkehren“. Das Hilfsmittel, Fasssadenprofile über Eck (im Bauwichbereich) nur durch einen Farbstreifen anzudeuten, kann gegenüber ihrem Totlaufen, nur als zweitschlechteste Lösung angesehen werden.

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chend gewürdigt wird. Für sie gilt ein Ausstattungsgebot: Gesimse sind in ihrem Erscheinungsbild zu wahren. Bei Entfernung müssen sie durch völlig gleichwertige Gestaltungselemente ersetzt werden. Abgeschlagene Gesimse sollten wiederhergestellt werden. An denkmalgeschützten Gebäuden hat die Instandsetzung von Gesimsen in alter Handwerkstechnik zu erfolgen. Für die Wiederherstellung von Gesimsen an erhaltenswerten Bauten bietet die Baustoffindustrie Formteile aus Polystyrol-Hartschaum mit witterungsbeständiger, hoch vergüteter mineralischer, faserarmierter Beschichtung an. Die Gesimsprofile (CapatectFassadenprofile) können auch nach Angaben des Architekten/Architektin in Sonderanfertigung hergestellt werden; das betrifft insbesondere die seitliche Kantenbearbeitung an Gebäudeecken. Beispiel: Ausstattungsgebot für Fenster Besondere Sorgfalt erfordert die Modernisierung von Wandöffnungen und Fenstern an Bauten mit Stilmerk

Eine grobe Verunstaltung stellt der Einbau rechteckiger Fensterformen in bogige Wandöffnungen dar, bei denen das Bogenfeld und zusätzliche Teile der Wandlichte vermauert, verklebt oder verbrettert werden.

Besondere Anforderungen/Baustaffel II

malen. An Massivbauten ist zunächst die Wahrung der historisch überkommenen Proportionierung des Befensterungsmusters in der Fassade zu beachten: • die Abnahme der Fensterhöhe (niemals der Fensterbreite mit Ausnahme der Dachfenster) in der Achsenabfolge der Stockwerke von unten nach oben; • die Breite des Fensterschaftes (= Mauerfläche zwischen zwei Fenstern), sie darf in einer Fensterachse nicht variieren; • bogige Fensterabschlüsse dürfen in der Fensterlichte nicht begradigt werden (vgl. Abb. unten). Am Steinbau besitzt die Fensterumrahmung eine fassadengliedernde Wirkung, als sie Übergänge von Wandfläche und Wandöffnung markiert und dem Wandrelief sowie der Fensterteilung einen deutlichen Abschluss gibt. Diese Wirkung wird besonders betont, wenn die Rahmung (also das seitliche Fenstergewände, der obere Fensterabschluss und die untere Fensterbank) materialmäßig (meist Werkstein, aber auch aus nachahmendem Kunststein oder Stuckgipselementen) vom sonstigen

„Verkrüppeltes Fensterformat“ durch Einbau eines sichtbaren Rolladenkastens. Diese Form der Verunstaltung gilt als besonders störend.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

Wandbaumaterial (z.B. Ziegel) abweicht und auch sonst erhaben ausgebildet ist. Am Altbau aller Stilepochen kommt der Fensterumrahmung eine besonders prägende Bedeutung zu. Veränderungen an derartigen Konstruktionen können das Gleichgewicht, das sich in der Fassade eingestellt hat, verändern und zu Kräfteumlagerungen führen, die sich in Rissen auswirken. Wird gar die Rahmung ganz entfernt, etwa durch Rückbau der Wandöffnung oder wärmedämmende Fassadenverkleidungen, so muss dies zwangsläufig zur visuellen Verelendung der Fassade führen. Die Rahmung der Fensteröffnung erfolgt nach der Außenseite der Mauer hin entweder durch Profilieren der Fensterkante oder dadurch, dass ein Streifen der Wandfläche (= Fasche) rings um die Öffnung von der Fläche abgesetzt und zum Gewände gezogen wird. Dies kann durch Wechsel des Materials geschehen

Rahmung der Neorenaissance mit Eckzierden (Ohrung)

(z.B. Steingewände im Putzbau), durch unterschiedliche Oberflächenstruktur (z.B. rauhe Putzflächen und glattere Fensterrahmung) oder auch nur durch Farbe. Die Rahmung kann gegenüber der Wandfläche vertieft liegen (besonders beim Putzbau), häufiger ist sie erhaben ausgebildet. Im Hinblick auf Umbauten oder Modernisierungen der Fassade sind zur Wahrung straßenbildtypischer Wandöffnungen folgende Leitsätze zu beachten: • Wandöffnungen sollten in den Obergeschossen eine gegenüber der Fassadenfläche plastisch oder mate-

Fensterrahmung durch Formteile aus Polystyrol-Hartschaum mit witterungsbeständiger, hoch vergüteter mineralischer, faserarmierter Beschichtung (Capatect-Fassadenprofile)

0.10 0.30 m

Erhaben ausgebildete, d.h. leicht vorspringende Fensterumrahmung

Profiliert ausgebildete, z.T. vertieft liegende Fensterumrahmung

Material- und farbmäßig abgesetzte Fensterumrahmung (= Fasche)

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rialfarbmäßig abgesetzte Umrahmung haben (Werksteinrahmen oder Putzfaschen), und zwar meist in einer Breite von 10 - 30 cm; • Werden diese Umrahmungen aus einem anderen Material als die Wandfläche hergestellt, so sollten sie zwischen 2 und 4 cm vor die Wandfläche vorstehen. Bei Sohlbänken ist ein stärkeres Vorkragen bis 12 cm zulässig. • Bei Werksteinumrahmungen ist ein dem Gesamtbild des Gebäudes angepasster Stein zu verwenden. Die Ausbildung in Kunststein (Betonwerkstein) kann nur gestattet werden, wenn dieser feinkörnig über Natursteinmehl hergestellt wird. An Neubauten sind geputzte oder auch farblich gegenüber der Wandfläche abgesetzte, bandartige Umrandungen der Wandöffnungen (= Faschen) wünschenswert. Überhaupt kann an den bis auf Rohbauzustand „entdekorierten“ Fassaden das Mittel der Putz- oder Farbfasche zu einer attraktiven Wiederbelebung führen. Die Wiederherstellung historischer Rahmungen kann auch durch Kunststoff-Profile erfolgen. Am Fachwerkbau bestimmt das konstruktive Gefüge das Fensterformat. Soweit dieses durch Gefachgrößen vorgegeben, sind auch quadratische Fensterformate zulässig und ebenso - in Abweichung von klassischen Regeln - die Vernachlässigung von Fensterachsen. Hier führt das Fenster ein Eigenleben, allenfalls ist auf die Wahrung symmetrischer Eigenarten des Fachwerkgefüges Rücksicht zu nehmen. Für Fachwerkfassaden oder solche mit verputztem Fachwerk kann gelten: • Fenster dürfen nicht bündig mit der Außenfront gesetzt werden. Die Vorderkante des Fensterstockes ist hinter die Außenflucht (mind. in der Hälfte der Wandstärke) zu setzen.

Besondere Anforderungen/Baustaffel II

Störender Eingriff in das konstruktive Gefüge durch Entfernung der für den Ständerbau prägenden Ständer sowie Einbau unmaßstäblich gegliederter Fenster.

Wahrung des Fachwerkcharakters unter Beibehaltung des Fachwerkgefüges und Gliederung der Fenster in der für historische Fachwerkbauten typischen Kreuzteilung. Bei schmalen Gefachgrößen kann ausnahmsweise auf die Kämpferteilung zurückgegriffen werden.

Gegen die Wandfläche zurückgesetzte Fenster betonen die Lochwirkung und setzen durch die Schattenbildung der Gewände Akzente. Bündig zur Wandfläche eingesetzte Fenster können an schutz- und erhaltenswerten Gebäuden den historischen Anschauungswert der Fassade schlagartig verändern. Das gilt auch für die im Gutachten zur Denkmalbereichssatzung näher beschriebenen Arten der Fensterteilung. Beim Austausch von Fenstern ist folgendes zu beachten. An Holzfenstern prägt der Fensterstock die Art der Fensterteilung und diese - neben dem Fensterformat den Charakter eines Gebäudes. Der Stock selbst kann senkrecht (= Setzholz oder Pfosten), waagerecht (= Losholz oder Kämpfer) oder auch kreuzförmig, d.h. als Kreuzstock, ausgebildet sein, an dem die Fensterflügel oder die feste Verglasung anschlagen bzw, in einem Falz einschlagen. Wichtig beim (hölzernen) Stockfenster ist die Wahrung folgender Regeln:

Die Hierarchie einer stockwerksbezogenen Fensterteilung muß unbedangt gewahrt bleiben, Kirchhof 2

Besondere Anforderungen/Baustaffel II

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Klassische Kreuzteilung mit hervortretenden Kämpfer

Profillose Kreuzteilung an einem Kunststoff-Fenster

• der Stock muss als Futterrahmen gegenüber den (festen oder beweglichen) Fensterflügeln deutlich ablesbar als Schattenkante in Erscheinung treten; • bei Kreuzstockfenstern muss das Losholz, der Kämpfer, gegenüber dem Setzholz, dem Pfosten, deutlich ablesbar hervortreten.

• An Massivbauten können andere Werkstoffe als Holz, wie Aluminium und Kunststoff, verwendet werden, wenn dadurch die gleiche optische Wirkung wie bei den historisch überlieferten Fensterrahmen erreicht wird. Die Verwendung von glänzenden oder goldeloxierten Rahmen ist nicht gestattet.

Das Holzfenster kommt dem alten Originalfenster aus gestalterischer Sicht am nächsten. Es hat eine gute Wärmedämmung, gewährleistet den notwendigen minimalen Luftaustausch und seine Anschaffungskosten sind relativ niedrig. Es bedarf aber eines gewissen Instandhaltungsaufkommens, das sich bei sachgemäßer Behandlung jedoch in Grenzen hält. An Fachwerkbauten sind außer Holz alle anderen Materialien auszuschließen, da durch unterschiedliche Materialausdehnungen bauphysikalische Schäden und Heizverluste auftreten können: • Fensterrahmen sind bei Fachwerkbauten in Holz auszuführen. Die Grundfarbe ist weiß. Eichenholz sollte nicht überstrichen werden. Die Fensterrahmen dürfen nicht zweifarbig gestrichen werden. Die Fenster eines Hauses sind farblich gleichartig zu behandeln.

Die technischen Beschläge des Fensters sollten so einfach wie möglich sein, d.h. einfache Dreh- bzw. Klappbeschläge. Kippbeschläge, mit denen das Fenster in den Raum gekippt wird, verfälschen den Eindruck historischer Bausubstanz.

Das Kunststoff-Fenster hat ebenfalls eine hohe Wärmedämmung. Instandhaltungskosten fallen kaum an, der Anschaffungspreis ist aber oft höher als bei Holzfenstern. Zudem sind die Profilbreiten meist ungünstig für eine originalgerechte Wiederherstellung. Die Fenster wirken breit und zu flächig. Das Aluminiumfenster hat zwar schmalere Profile, besitzt aber häufig eine nur mangelhafte Wärmedämmfähigkeit. Hinzu kommen die hohen Anschaffungskosten.

In der Straßen- und Hauskartei der charakteristischen Erscheinungsbildträger (Gutachten zur Denkmalbereichssatzung, S. 181-198) sind auch jene Gebäudeteile vermerkt, die keinen Schutz genießen. Das betrifft insbesondere Erdgeschosse an Wohn-Geschäftsbauten, deren Ladenlokale durch häufigen Nutzungswechsel „aus-“ oder „umgeräumt“ worden sind und insoweit keinem Erscheinungsbildschutz unterliegen. Für derartige Fälle gilt: Ad § 6 Abs. 3 Umbau bestehender Schaufenster Bei den im Erdgeschoss ausgeräumten, d.h. nicht erhaltenswerten Wand- und Schaufensterflächen gilt § 5 Abs. 4, 5 und 6 dieser Satzung. Die Auflistung der ausgeräumten Erdgeschosse der erhaltenswerten Bausubstanz ist im Gutachten zur Denkmalbereichssatzung (S. 187 ff) enthalten. Als Schaufenster gelten nur solche Fenster, die von vornherein dazu bestimmt sind, hinter ihnen ausgestellte

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

richtig

falsch

Ein ungünstiger Eindruck entsteht, wenn Stützen unter Fensterachsen (Wandöffnungen) der Obergeschosse stehen (rechts). Aus ablesbar konstruktiven Gründen sollten Stützen (mittig) unter Mauerschäften (Wandflächen) angeordnet werden (links). Waren dem Passanten zur Betrachtung anzubieten. Fenster von Wohnräumen können nach herrschender Rechtsprechung nicht als Schaufenster aufgefasst werden. Leitsatz: Die Gestaltung von Schaufenstern hat drei Aspekte zu berücksichtigen: 1. pflegliche Rücksichtnahme auf den Baustil der Fassade bzw. die Körpersprache von Architektur, 2. Betonung des unverwechselbaren Charakters der Ladenlokalnutzung, 3. Wahl eines prägnanten Schaufenstermotivs unter Berücksichtigung von 1. und 2 (vgl. § 5 Abs. 4 dieser Satzung). Als unvereinbar mit dem Stil eines Gebäudes können gelten: • sockellose Schaufenster, • mit der Fassadentektonik unvereinbare („verwilderte“) Stützenstellungen, • eine proportionsverletzende und/oder ambivalente Formatgestik der Schauöffnung, • starke unterschiedliche Öffnungsformate benachbarter Ladenlokale in einem Gebäude, • verklebte Sturzzonen über Schauöffnungen, • dunkle Wandbaustoffe an Schaufensterumrahmung, • nostalgische Imitate rahmender Wandflächen (Fachwerkimitation, Scheunen- und Grottencharaktere), • wandbündig gesetzte Glasflächen mit tapetenartiger Wirkung, • verspiegelte Stützen bzw. Pfeiler im Ladeninnern, • stark glänzende, flambierte oder stark gesprenkelte Wandbaustoffe.

• Bei Fachwerkbauten sind Schaufenster in die vorhandenen Holzkonstruktionen einzuordnen und den Maßverhältnissen des Gebäudes anzupassen. Ziel der nachfolgenden örtlichen Bauvorschriften ist es im Falle von Baudenkmälern und bei erhaltenswerter Bausubstanz - unter Wahrung der ursprünglichen Stützensysteme - das Ladengeschoss wieder zum Bestandteil der Gesamtfassade zu machen und so Bezüge zu den Obergeschossen herzustellen. Als Bauvorschrift gilt: a) Pfeilerstellung und Anordnung der Mauerflächen sollte in Abstimmung mit der Fassadengliederung der Obergeschosse erfolgen. Aus ablesbar konstruktiven Gründen sollten die tragenden Stützensysteme diesen Regeln folgen. Als Leitsatz gilt: Hinter Glas (bei Altbauten im Ladeninnern) stehende Stützen dürfen nicht verspiegelt werden. Geboten ist die folgende Vorschrift: b) Glasflächen dürfen nicht bündig (tapetenartig) mit Pfeiler- oder Wandflächen angeordnet werden; sie sind deutlich zurückzusetzen. Vortretende Glasflächen sind nur bei Vitrinenausbildung zulässig. Formatgestik von Schaufenstern Rechtecke besitzen nicht nur einen mathematisch fassbaren Wert (Verhältnis von Höhe : Breite), sondern auch einen gestischen Ausdruckswert: Herrscht die Vertikalrichtung vor, entsteht die Illusion einer steigenden (aktiv wirkenden) Bewegung; größere Horizontalausdehnung dagegen vermittelt den Eindruck des (passiven) Lastens, und annähernd gleiche Höhe

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

steigend

lagernd

neutral

Formatgestik von Schaufenstern

falsch

Ambivalente Formatgestik der Schauöffnungen bei Ambivalente Formate sollten der Vergangenheit angehören. Deshalb der Leitsatz: Ungegliederte Wandöffnungen können durch Rückbau auf ursprüngliche Höhen oder durch Einbau von Zwischenpfeilern nach Maßgabe der „Gestik von Flächenwerten“ in Schaufensterformate geteilt werden.

richtig Glasflächen sollten deutlich zurückgesetzt werden. Vortretende Glasflächen sind nur bei Vitrinenausbildung zulässig.

Wichtig ist, dass am Gebäude die Formatgestik der Schauöffnungen nicht wechseln sollte. Das kann bei zwei oder mehreren Ladenlokalen bei unterschiedlichen Gestaltauffassungen der Einzelhändler der Fall sein. Die störende Wirkung kann durch Rahmung, Wandgliederung oder Farbe gemildert werden, indem die Schauöffnungen optisch aneinander angeglichen werden. Rückbau meint die Wiederherstellung des ursprünglichen Schaufensterhöhe. Meist hat man in der Nachkriegszeit die Schaufenster zwecks Schaffung einer störungsfreien Werbezone auf ihre (ursprüngliche) Kämpferhöhe verringert, wodurch störende Proportionsverschiebungen im Erdgeschoß und somit der gedsamten Fassade entstanden.

Divergierende Formatgestik der Schauöffnungen

Wichtig ist darüber hinaus die Einbettung der Schauöffnung in die rahmenden Wandflächen, die stets einen einheitlichen Wandbaucharakter ausweisen sollten. Hier die entsprechende Vorschrift:

und Breite (exakt gegeben im Quadrat) erzeugt die Wirkung des ruhigen Strehens. Dieser „gestische Gehalt“ von Flächenwerten, die sich zu einem vielfältigen Wechselspiel von Streben und Lasten, Ruhe und Bewegung zusammenfügen können, bestimmt wesentlich den ästhetischen Eindruck eines Bauwerks; darüber hinaus aber auch den Aufforderungswert einer Schauöffnung zum Betrachten, Besehen und Einsehen.

c) Seitliche Flächen, Sockel oder Brüstung sowie Sturzfeld der Schaufenster sollten aus gleichen Wandbaustoffen bestehen. Die Materialgebung der Mauerflächen im Erdgeschoss kann von jener der Obergeschosse abweichen.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

§ 6 Abs. 4 Farbe Die Farbe muss dem jeweiligen architektonischen Charakter des Bauwerks entsprechen. Das ist der Fall, wenn der Zusammenhang von Konstruktion, Fläche, Körperlichkeit und den je Baustil unterschiedlichen Gliederungselementen durch die Farbgebung gewahrt bleibt. Farbgestaltung von Fachwerkbauten Bei Sichtfachwerk muss der regionalen (westfälischen) Farbtradition Rechnung getragen werden. Traditionell ist in Westfalen schwarzes, seltener tiefbraunes Holzwerk gegen weißen Anstrich der Putzgefache allgemein üblich. Die Gefache dürfen nicht in einer abweichenden Buntfarbe gestrichen werden Die Gefachfüllung kann auch aus ungetöntem Zielmauerwerk bestehen. Das Schnitzwerk wird immer kräftig farbig abgesetzt. Schwierig ist die Beurteilung neuerer Sichtfachwerkbauten am Roggenmarkt, deren Holz in heller Lasur an Möbelstücke erinnert. Historisch angemessen ist dies nicht. Offensichtlich wollte der Architekt deutlich zeigen: Dies ist modernes Fachwerk, das sich vom alten deutlich unterscheidet! Es ist also abzuwägen zwischen einer regional gebundenen Auffassung und einer modernen, die sich - ortlos - überall verwirklicht.

mus. Das ist der Fall, wenn gegen die folgenden Leitsätze verstoßen wird: Leitsatz: Die tektonische Wandgliederung (Fensterrahmung, Lisenen, Gesimse u.a.) darf nicht dunkler als die sie tragenden Wandflächen gestrichen werden. Dieser allgemeine Grundsatz gilt für Putzbauten des Historismus, für den Reformstil sind Abweichungen zulässig. Ein Putzbau des Historismus, der stets als Massivbau in Erscheinung treten sollte, wird nämlich durch die schwer wirkende (dunklere) Farbfassung der Bauglieder zu einem Skelettbau (Beispiel Steinstraße 17). Das aber bedeutet eine erhebliche Veränderung des Hauscharakters und die Zerstörung der originalen gestalterischen Idee. Eine grobe Verunstaltung liegt ferner vor, wenn die Einheit einer Fensterarchitektur durch eine unterschiedliche Farbfassung zerstückelt wird: Leitsatz: Die Fensterarchitektur (Umrahmung und Verdachung) muss stets als Einheit aufgefasst und entsprechend auch einheitlich behandelt werden.

Farbgestaltung von Massivbauten Bei Massivbauten liegt eine unangemessene Farbgestaltung insbesondere vor an Putzbauten des Historis-

Dieser wohl wichtigere Grundsatz betrifft die gestalterische Absicht profilierender Fassadentektonik. Denn alle körperlich wirksamen Gliederungen, ob von Wandflächen (Gesimse) oder Wandöffnungen (Rahmungen), gewinnen ihren ästhetischen Wert allein aus ihrer Funktion als Schattenspender. Ihr dunkler Anstrich und

Stilistisch falsche Farbgestaltung

Stilistisch richtige Farbgestaltung

Besondere Anforderungen/Baustaffel II

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A = stilistisch richtige Farbfassung einer späthistoristischen Fassade mit einer hell gegen die Wandfläche abgesetzten Fensterarchitektur, die dadurch auch die Profile durch Schattenwurf stärker zur Geltung bringt.

B = stilistisch falsche Farbfassung, bei der die Fassadentektonik (Fensterarchitektur und Gesimse) dunkel gegen die Wandfläche abgesetzt sind, wodurch der Massivbau den Charakter eines Skelettbaus erhält. Der Schattenwurf wird von der dunkelfarbigen Fassung „verschluckt“.

C = grob verunstaltete Farbfassung, bei der die Einheit der Fensterarchitektur (seitliche Gewände, Rahmung, Ohrung und Fensterverdachung, hier bestehend aus Dreiecks- und Segmentgiebel sowie Konsolen, durch Farbkontraste optisch „zerrissen“ wird.

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

noch mehr der unterschiedliche Farbanstrich ihrer Teile „absorbiert“ das wichtige Licht-Schattenprofil. Stilistische Anforderungen an die Farbgestaltung Zur Farbbehandlung denkmalgeschützter Putzbauten ist ein Gutachten der Denkmalpflege anzufordern. Hierbei liefert zuallererst der Befund und die Stilrichtung, der ein Gebäude angehört, Anhaltspunkte für die Farbgestaltung. Für einen geschulten Malermeister ist dies keine große Mehrarbeit. Es kann damit ein Bezugsrahmen abgesteckt werden, der dann - bezogen auf die städtebauliche Situation und das Einzelobjekt zu füllen wäre. Die Ergebnisse sollten in einem Farbarchiv zusammengefasst werden, das sinnvollerweise im amt für Denkmalpflege geführt werden könnte. Im Farbarchiv sollten die ermittelten Farbbefunde mit Farbangaben nach einem wissenschaftlich aufgestellten und farbmetrisch vermessenen und firmenunabhängigen Farbsystem erfolgen. Hier wäre zunächst die DIN 6164 - die deutsche Farbennorm - zu nennen. Ein wissenschaftlich erstelltes und farbmetrisch vermessenes Farbsystem gibt auch die RAL mit der Übersichtskarte RAL-F2 mit Farbregister mit 1412 verschiedenen Farbtönen, die in einer systematischen Beziehung stehen.

Stilistisch falsche Übermalung einer Ziegelfassade

Farbe an Bauten der Neogotik Ursprünglich eine kühle, stärker differenzierte Farbskala: Gelb, Grün, Rot. Backsteinbauten in kräftigem Rot und weiß verfugt (= ornamentale Wirkung). Selten auch Verwendung des glasierten (grünlichen und gelblichen) Ziegelmaterials. Gurt-, Haupt- und Überschlaggesimse, Fenstersohlbänke auch Musterbildungen werden mit anders gefärbten Steinen hervorgehoben. Sie und Werksteine dürfen nicht überstrichen werden; das gilt auch für das Ziegelmauerwerk selbst (vgl. Burgstraße 17 mit ochsenblutfarbenen Überstrich).

sterbekleidung, Gesimse, Lisenen u.ä. Architekturglieder erhalten einen helleren Anstrich als der Wandton. Starke Farbkontraste unbedingt vermeiden (z.B. kräftiges Gelb der Wandflächen gegen blendendes Weiß der Stuckzierden); am besten wirkt das von Weiß aufgehellte Grau. Bei Buntfarben darf der Weißanteil nicht zu stark ausfallen, da sonst die Fassaden eine cremefarbene Anmutung erhalten (sog. Desertfarben vgl. Markt 1)

Farbe an Bauten der Neorenaissance In geschlossener Bauweise gewinnt die einzelne Schauseite an Bedeutung gegenüber den städtebaulichen Zusammenhängen (Ensemblewirkung) . In diesem Sinne kommt der Farbe ein qualitatives Gewicht am Baukörper (Form und Fassade) zu, deren stadträumlicher Wert aber trotzdem berücksichtigt werden muss (gutes Beispiel Markt 4). Die Farbe am Einzelbauwerk darf sich nicht verselbständigen, da sie als ein integrierter Bestandteil des Straßenbildes aufgefasst werden sollte. Ein zu starker Kontrast stört oder zerstört den Zusammenhang der Teile und das Ganze. Erhaltene (gusseiserne) Schaufenstergerüste mit Dekor dürfen nicht in der Fassadenfarbe überstrichen werden (vgl. Markt 5).

• Die farbliche Gestaltung des Einzelgebäudes ist auf den Gesamtcharakter des Straßenbildes abzustimmen. Das räumlich-farbige Milieu darf durch einen starken Farbwechsel der Fassaden und durch eine ganz verschiedenartige ornamentale Behandlung nicht zerstückelt werden. Eine ruhige, verbindende Farbgebung und Ornamentierung kann dazu beitragen, das Gesamtbild einer bereichsweise einheitlichen Raumwirkung wieder anzunähern.

Farbe an Bauten des Neobarock Wohn-Geschäftshäuser gewöhnlich mit zweifarbigem Putz in durch Zusatz von weiß aufgehellten Grau-, Grün-, Blau-, Gelb- und Rottönen. Sockel immer dunkler mit Aufhellung der Fassade von unten nach oben. Fen-

In gegenwärtiger Farbauffassung können Bauten des Historismus nach Maßgabe folgender Leitsätze gestaltet werden:

Dieser Leitsatz bedarf der Konkretisierung, wobei der historisch überkommene Baustil einen Rahmen setzt, der durch eine freie Farbgestaltung an erhaltenswerten Massivbauten nicht überschritten bzw. verletzt werden darf. • Fassadengliederungen sollten um so weniger farbig abgesetzt werden, je stärker die Schauseiten der Flächig-

Besondere Anforderungen/Baustaffel II

keit entbehren und mit plastischen Gliederungen und Schmuckformen reich verziert sind. Eher zurückhaltende Töne entsprechen dem Charakter dieses Typs. • Die Farbbehandlung der Gliederung (Gesimse, Lisenen, Fensterumrahmungen u.a.) richtet sich nach der Art und dem Wert ihrer Ausbildung: a) Schwere, weit ausladende Gliederungen (z.B. Erker) dürfen vom Farbton der Mauerfläche nicht abgesetzt werden, um sie nicht besonders durch Farbe zu betonen. b) Kräftige Gliederungen in Form und Proportion können durchaus in einer matteren und helleren Abtönung zur Grundfläche des Gebäudes oder in hellem Grau leicht gebrochen abgesetzt werden. Das Grau kann auch nach einer anderen Farbe gebrochen werden (z.B. rötlich = warm oder bläulich = kalt bei gelber Grundfarbe). Keinesfalls ist zu empfehlen, die Gliederungen in einer sehr intensiven Farbe zu streichen, wenn der Grundton des Hauses bereits sehr lebhaft farbig ist. Gegen diesen Grundsatz wird häufig verstoßen. • In der Regel sollten die Gliederungen matter getönt werden als die Wandflächen. Der hellere Anstrich hat immer den Gliederungen zu gelten. Eine Ausnahme kann dann gemacht werden, wenn die Fläche eines Bauwerks gar nicht oder matt (grau) gestrichen wird; dann kann sie durch lebhaften Anstrich der Gliederung nur gewinnen. • Plastische Fassadengliederungen dürfen durch Farbe nicht zerstört werden, insbesondere die durch Vorund Rücksprünge hervorgerufenen Effekte des Lichtund Schattenwurfs. Zu starke Hell-Dunkel-Kontraste oder Farbkontraste zwischen Grundfarbe und farbig abgesetzten Architekturgliedern lassen diese nur noch als Farbornamente wirken. • Fehlen plastische Architekturgliederungen (z.B. Fensterumrahmungen), so ist gelegentlich eine einfache (monochrome = einfarbige) Aufteilung der Wandfläche zulässig (z.B. durch dunkle Umrahmung der Fenster = Farbfasche oder durch einen Trennungsstreifen zwischen den Geschossen = in Anlehnung an ein Gurtgesims). Doch sollte man sich dabei auf weniges beschränken. • Ob Flachreliefstrukturen einfarbig oder mehrfarbig gestrichen werden, ist im Einzelfall zu prüfen. In den meisten Fällen ist einfarbiger Anstrich zu empfehlen. Die plastische Qualität wirkt am klarsten bei einer weißen Grundfarbe. • Im Bereich von Geschäften und Läden kann die Sockelfarbe bis zum 1. Obergeschoss hochgezogen werden (als Gegenfarbe zur Grundfarbe des Gebäudes,

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doch nicht zu kontrastreich und/oder zu dunkel). Damit wird ein zusammenbindender Hintergrund für die Buntheit der Werbung, Information und Schaufenster geschaffen. Gleichzeitig wird damit der Fußgängerbereich bis zur Blickhöhe akzentuiert. Farbe an Bauten des Jugendstils Für die Bauten mit Jugendstilelementen kennzeichnend ist der asymmetrische Fassadenaufbau und die Vorliebe für Pflanzen- und Tierornamente als Dekorteile. Die Fassaden dieser Stilrichtung wirken zart, flächig und dynamisch; eine späte Richtung lehnt sämtliche Dekorteile aus Putz ab. Der Reiz natürlicher Werkstoffe wird als Gestaltungsmittel wiederentdeckt und einfallsreich kombiniert. • An Fassaden mit Jugendstilelementen zu bevorzugen ist eine helle und zarte Farbgebung. Die Farben dürfen weder süßlich noch aufdringlich wirken. Dekorteile sind in einer Ton-in-Ton-Farbgebung zu gestalten (z.B. Wandfarbe in mittlerem Blauton, die flächigen Schmuckformen in dunklerem Blau oder umgekehrt). Gliederungen dürfen weder im Fassadenton überstrichen, noch als einzelnes Schmuckelement völlig zusammenhanglos farblich hervorgehoben werden. a) Entweder kann die Wandfläche, z.B. in einem mittleren Blauton gestrichen werden, wenige flächige Schmuckformen in dunklerem Blau derselben Farbmischung abgesetzt und die übrigen Flächen (oder auch Erker) in einem klaren Weiß gehalten werden. b) Ebenso kann der Untergrund dunkel gehalten und der Dekor durch eine helle Farbe derselben Farbmischung hervorgehoben werden. c) Für die Entscheidung der Farbfassung von Dekorteilen nach a) oder b) ist die Gesamtkonzeption der Fassade von Bedeutung. Niedrige Sockel sind bei Jugendstilbauten durchaus üblich. Schon aus praktischen Gründen (Verschmutzung) liegt die Verwendung der dunkelsten Farbe für den unteren Teil des Gebäudes nahe. Darüber hinaus entspricht es auch allgemeinen architektonischen Empfinden, wonach der Sockel und insoweit gründende Teil der Fassade durch die dunklere Farbe entsprechend betont wird. Bauten des Reformstils Der farbenfreudige Bruno Taut gibt in seinen Baubeschreibungen (Moderne Bauformen Jg. 12, 1913, Heft 3, S.121-22) folgende Angaben: Farbiger Putz unter Verwendung von mattglasierten Tonplatten im Erdgeschoss und Terrakottaplatten im Fries des letzten Obergeschosses, Dachdeckung mit grünglasierten Falzziegeln über einem weßgestrichenem Gesims (Haus Kottbusser Damm 90-92, Berlin); Gelber farbiger Putz unter Verwendung von hellrot gestrichenen Gliederungen (Villa Reibedanz, Berlin). Für ihn gilt im

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Besondere Anforderungen/Baustaffel II

Stilistisch angemessene Farbgestaltung an Bauten des Reformstils Grundsatz: „Vereinfache die Formen, um mit Erfolg farbig wirken zu können.“ In Werne dominiert (wie sonst auch in der Hellwegzone) eine helle, kühle, wenig differenzierte Farbskala: Hellgrau oder Hellgelb als Steinfarbe (gutes Beispiel Bonenstraße 36, Burgstraße 14. Die Farbe wird als Hilfsmittel des körperlich Messbaren, nicht als malerischer Wert angesehen. Wie im Klassizismus Betonung eines Materialstils (Th.Fischer, P.Behrens): Steinfarbigkeit, Grundton blass, Fenstergewände, Lisenen, Gesimse noch heller, die wenigen Zierteile aber farbig auf dunklerem Grund abgesetzt (gutes Beispiel Magdalenenstraße 1/Ecke Kleine Burgstraße). Gelegentlich kommt eine traditionalistische (dem Hei-matstil angenäherte) Variante vor: Erdfarben wie dunk-les Gelb, Ocker, Braun (vgl. die Obergeschosse Am Neutor 2), Olivgrün (vgl. Steinstraße 32). Auf keinem Fall dürfen Reformstilfassaden mit ihren flächigen Schichtungen und geometrisch fokussierten Zierden einheitlich weiß (in der Farbe der neuen Sachlichkeit) gestrichen werden; die dann auf der fein komponierten Fassadentektonik den Charakter eines „Leichentuches“ zu verbreiten vermag. An erhaltenswerten Bauten kann durchaus eine kräftige Farbgestaltung in (post-)moderner Auffassung vertreten werden (gutes Beispiel Steinstraße 34). Farbe an Bauten der 20er Jahre (Expressionismus) Für Bauten des Expressionismus gilt allgemein: abgetönte stumpfe Farben wie Ledergelb, Orange, Flaschen-

grün und Braun-Violett. Eine solche Farbskala hat sich am Erker des Hauses Steinstraße 2 erhalten. Bauten dieser Stilrichtung erreichen die Altstadt aber erst Mitte der 20er Jahre (richtungsweisendes Beispiel Steinstraße 12-14) mit einem lebhaftes Farbspiel der Ziegel und weißem Putz der Obergeschosse mit Flachdachabschluss (letzterer schon unter dem Einfluss der Neuen Sachlich-keit) An Putzbauten unterscheiden die in den 20er Jahren entwickelten Farbleitsätze zwischen „Richtfarben“ und „Wechselfarben“. Als „Richtfarben“ können die Farben jener Baustoffe gelten, die keinen Anstrich erhalten, etwa Materialfarben des Daches (Pfannen, Biberschwänze, Falzziegel und Schiefer), ggf. auch des Sokkels (Werk- oder Ziegelstein). Von den „Richtfarben“ sollte man bei der Wahl der „Wechselfarben“, eben des Farbputzes und Anstrichs, ausgehen. Diese Abstimmung sollte jedoch nicht durch bloße Kopie der „Richtfarbe“, sondern durch Wahl eines anderen, zurückhaltenden Tones geschehen. Bauten der Nachkriegsarchitektur (50er und 60er Jahre) Die 50er Jahre verändern die Gestalt und die Farbigkeit der historischen Bauten. Stuckfassaden werden entdekoriert und erhalten wie die Neubauten graubraunen Kieskratzputz. Mehrfarbige Wandflächen sind verpönt. Man assoziiert in der Farbgebung den Baustoff. An Bauten der 50er Jahre sind die Fensterfaschen und die Balkonverkleidung Farbträger. Die Farbgebung der

Besondere Anforderungen/Baustaffel II

Wandflächen ist einheitlich matt (Erdfarben-Skala) zu gestalten. Farbkontraste (Buntheit) sowie intensiv wirkende einfarbige Behandlungen und Leuchteffekte sind unzulässig. Ab 1960 wird die Einzelarchitektur (Stahlbeton-Skelettbauweise) Träger einer besonderen Farbigkeit aufgefasst. Bei Wohnhauszeilen wird Farbe zur Gliederung des Einzelhauses mit Mitteln des Anstrich verwendet. Bei Geschäftsbauten kann die Farbe den Baukörper mit farbigem Mosaik - insbesondere im Erdgeschoss - betonen, ist also gefärbter Baustoff. Man verwendet Farbe auch als Signatur. Künstlerisch-farbliche Gestaltung wird zum Element der Orientierung; sie ist Wegweiser. Farbe an Bauten der 70er und 80er Jahre (Brutalismus) Ab 1970 wird die Einzelarchitektur mit besonderer Zweckbestimmung und spezifischer Grundrissgestaltung Träger einer eher zurückhaltenden Farbigkeit. Farbe wird zur horizontalen) Gliederung großmaßstäblicher Baukörper oder zur (vertikalen) Betonung der Treppentürme eingesetzt. Farbe ist gefärbter Baustoff, und man verwendet Farbe als Element der Orientierung auf das Einzelbauwerk, weniger im Hinblick auf stadträumlich integrierte Wirkungen. Sofern Sichtmauerwerk zur Anwendung kommt, dann in einer dem Sichtbeton angepassten Graustufe. (Beispiel Bonenstraße 41). Ad § 7 Abweichungen Von den Vorschriften dieser Satzung kann die Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Stadt Werne Abweichungen zulassen, wenn die in § 4 formulierten allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung baulicher Anlagen erfüllt bleiben. Über Abweichungen von Bestimmungen örtlicher Bauvorschriften entscheidet die allein dafür zuständige Behörde. Rechtsgrundlage ist § 73 BauO NW; deren Voraussetzungen müssen erfüllt sein, auch wenn von örtlichen Bauvorschriften abgewichen werden soll. Die Abweichung muss also unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein. Über Abweichungen wird nach Ermessen entschieden. Die Abweichung, nicht jedoch deren Versagung, erfordert das Einvernehmen der Gemeinde. Fehlt das Einvernehmen der Gemeinde und gilt es auch nicht als erteilt, darf die Abweichung nicht, auch nicht durch die Widerspruchsbehörde, zugestanden werden. Zur Gewährung von Abweichungen vgl. auch § 8 der Werbeleitsatzung (Band III).

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