Einführung in die romanische Sprachwissenschaft - UK

January 20, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Schreiben, Grammatik
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Einführung in die romanische Sprachwissenschaft Allgemeine Wiederholung (Teil II) 25.01.2011

1

F. de Saussure: diachrone vs. synchrone Sprachbetrachtung Diachronie

Synchronie

 Die Entwicklung von

 Die Untersuchung

Punkt A zu Punkt B oder von Punkt B zu Punkt C …

 z.B. vom Vulgärlat. zum

Altranzösischen…  z.B. vom Altfranzösischen zum Mittelfranzösischen…  etc. 2

eines sprachlichen Systems  zum Zeitpunkt A,  zum Zeitpunkt B,

 zum Zeitpunkt C …

 z.B. das Sprachsystem

des Altspanischen…  z.B. das Sprachsystem des Neuspanischen…

1. Teil Diachrone Sprachwissenschaft

3

(1) Diachrone Sprachwissenschaft  = Interne + externe Sprachgeschichte  = historische Laut- und Formenlehre

 = Etymologie (Geschichte des Wortschatzes)

 = Periodisierung der sprachlichen Entwicklung  = Sprache und Gesellschaft im historischen

Kontext  = Geschichte der Normierung  (…)

4

Sprachgeschichte Intern

Extern

 Lautwandel

 Einfluss durch die Kultur,

 Morphologischer Wandel  Syntaktischer Wandel

 Semantischer Wandel  Lexikalischer Wandel  (…)

z.B. durch literarische Werke  Einfluss durch die Politik (z.B. zentrale Verwaltung, Förderung und Unterdrückung bestimmter Sprachen)

 Eroberung  Sprachkontakt  Sprachnormierung  Gesellschaftlicher Wandel

5

Sprachgeschichte  In der Realität sind interne und externe

Sprachgeschichte aufs Engste miteinander verknüpft…

6

Vulgärlatein  = lateinische Umgangssprache, aus der sich die

romanischen Sprachen entwickelt haben  mündlicher Gebrauch

 nicht einheitlich im römischen Reich  durch rasche Dynamik geprägt

7

Vulgärlatein  = durch VARIATION geprägt

 DIATOPISCHE VARIATION  In Gallien wurde das Lateinische etwas anders artikuliert als in Dacien oder Lusitanien…

 DIASTRATISCHE VARIATION  Ungebildete Römer sprachen ein anderes Latein als die gebildeten…  Eroberte Völker sprachen ein anderes Latein als die Urrömer…

 DIAPHASISCHE VARIATION  Im Senat wurde ein anderer Stil gepflegt als bei einem Gastmahl… 8

Klassisches Latein  Die lat. Sprache wurde zur Zeit Caesars und

Ciceros kodifiziert (um 50 v. Chr.)  Sprachwandelprozesse wurden nicht mehr in die Schriftsprache aufgenommen  Es kam zu einer DIGLOSSIE  „High variety“ – Sprache der Literatur, der

Rhetorik, des öffentlichen Lebens  „Low variety“ – Sprache des Alltags; je ungebildeter die Sprecher waren, desto mehr unterschied sie sich von der Norm (= VULGÄRLATEIN) 9

Vulgärlatein  Quellen  z.B. die Appendix Probi  eine Liste mit geläufigen Fehlern der Sprecher im 3. Jh.

n. Chr. 

„vetus non veclus“ (fortgesetzt hat sich in den romanischen Sprachen jeweils die getadelte Form)

 z.B. Petronius, Satyricon (Cenra Trimalchionis)  Ungebildeten Sprechern wurde als stilistisches Mittel

fehlerhaftes Latein in den Mund gelegt 

10

z.B. lactem (vulgärlateinischer Akkusativ statt korrektem lac) > it. latte, frz. lait, pg. leite, sp. leche…

Mittellatein  Man hielt im Mittelalter (ca. 500 bis 1500) im

Schriftverkehr an der lateinischen Sprache der Antike fest, obwohl sie längst nicht mehr gesprochen wurde…  Je nach Bildungsgrad der Schreiber wich sie dennoch vom klassischen Vorbild ab…  Die aus dem Vulgärlatein hervorgegangenen Dialekte wurden zunächst gar nicht verschriftet, später nur sporadisch…  Im Hochmittelalter kamen die romanischen Dialekte zunehmend in literarischen und nicht literarischen Werken zum Einsatz, dennoch wurden die meisten Texte immer noch auf Latein verfasst… 11

Romanisch  Aufgrund der DIATOPISCHEN VARIATION des

VULGÄRLATEINS in der Spätantike hat sich durch SPRACHSPALTUNG eine Vielzahl lokaler und regionaler romanischer Dialekte herausgebildet… (= PRIMÄRE DIALEKTE in der Terminologie von E. Coseriu)  GALLOROMANISCH = Französisch, Okzitanisch…  IBEROROMANISCH = Kastilisch, Leonesisch, Galicisch,

Aragonesisch, Katalanisch (markiert den Übergang zw. IBERO- und GALLOROMANIA)

 ITALOROMANISCH = Ligurisch, Lombardisch, Venetisch,

Toskanisch, Kampanisch, Kalabresisch, Sizilianisch…

 DAKOROMANISCH = Rumänisch…

12

Romanisch  Aufgrund besonderer politischer und

kultureller Bedingungen haben sich einige regionale oder lokale Dialekte stärker entwickelt als andere und so die Grundlage für die späteren romanischen Nationalsprachen gelegt…  PARIS: Französisch (politisch, kulturell)

 KASTILIEN (Burgos): Spanisch (politisch,

kulturell)  FLORENZ: Italienisch (nur kulturell !!!)

13

Grundbegriffe der diachronen Sprachwissenschaft  Sprachkontakt (historischer Sprachkontakt)

 Strat(um):  die Sprache, die hinsichtlich ihrer Sprachkontakte untersucht wird  Substrat  Sprache der politisch, militärisch und kulturell unterlegenen eroberten Völker, die nach einigen Generationen aufgegeben wird  Superstrat  Sprache der politisch-militärischen Eroberer, die aufgrund numerischer und kultureller Unterlegenheit nach einigen Generationen aufgegeben wird  Adstrate  Benachbarte Sprachen, die sich gegenseitig beeinflussen

14

Grundbegriffe der diachronen Sprachwissenschaft: Sprachkontakt

Superstratsprache

wird aufgegeben

Sprache späterer Eroberer

Strat(um): Latein  Romanisch wird aufgegeben

Substratsprache

Beide hinterlassen ihre Spuren im Lateinischen bzw. Protoromanischen

Sprache, die vor der römischen Eroberung gesprochen wurde 1 5

Substrate: vorrömische Sprachen aus der Zeit der römischen Eroberungen

16

Superstrate: germanische Sprachen aus der Zeit der Völkerwanderung

17

Adstrate: z.B. die romanischen Sprachen untereinander, z.B. Kastilisch – Arabisch etc.

18

2. Teil Synchrone Sprachwissenschaft

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(2) Synchrone Sprachwissenschaft  Phonetik und Phonologie (Strukturalismus,      

20

Generativistik) Morphologie (Strukturalismus, Generativistik) Syntax (Strukturalismus, Generativistik) Semantik (Strukturalismus, Psycholinguistik…) Textualität (Textlinguistik) Sprache und Gesellschaft (Soziolinguistik) Sprache, Sprechen und Handeln (Pragmatik)

Phonetik und Phonologie

21

Phonetik  Wissenschaftsgeschichte  Im Jahre 1886 wurde in Frankreich

die Association Phonétique Internationale (API) ins Leben gerufen.  Wichtige Gründungsmitglieder waren

der Franzose Paul Édouard Passy (1859-1940) sowie der Däne Otto Jespersen (1860-1943), die ein phonetisches Alphabet entwickelten. 22

Phonetik  Der Untersuchungsgegenstand

 Die Phonetik erforscht die Erzeugung,

Übermittlung sowie den Empfang von Sprachlauten.

23

Phonetik  Die moderne Phonetik lässt sich nach drei

unterschiedlichen Schwerpunkten unterteilen:  Die artikulatorische Phonetik befasst sich mit den

physiologischen Aspekten bei der Sprachproduktion.

 Die akustische Phonetik beschäftigt sich mit den

physikalischen Prozessen der Erzeugung von sprachlichen Lauten.

 Die auditive / perzeptive Phonetik hat die Wahrnehmung

der Lautproduktion beim Hörer und dessen Verarbeitung im Gehirn als Untersuchungsgegenstand.

24

Phonologie  Die Phonologie hingegen befasst sich mit der

Verwendung von Lauten in in Einzelsprachen.  Es wird untersucht, wie wie diese Laute in einer Sprache verteilt sind und welche Funktion sie in dieser Sprache haben.  PHONEM

 KOMMUTATIONSPROBE

25

Phonologie  Nikolai Trubetzkoy (1890-1938),

Grundzüge der Phonologie (im Original auf Dt. !) (1938) dargelegt hat.  PRAGER SCHULE

26

Morphologie

27

Morphologie  In der traditionellen Grammatik versteht man

unter Morphologie allgemein die Formenlehre.  Die Aufgaben der Morphologie bestehen vornehmlich darin, die Struktur und den Aufbau der Wörter zu untersuchen.

28

Morphologie

Wortbildung

Flexion

Konjugation

Deklination

Derivation

Komposition Rückbildung

Wortkürzung 29

Morphologie  MORPH

 Ein Morph ist eine minimale bedeutungstragende

sprachliche Form, die durch Segmentierung ermittelt wird und nicht vollständig in kleinere sprachliche Formen zerlegt werden kann.

30

Morphologie  MORPHEM

 Unter einem Morphem ist eine Menge von

Morphen zu verstehen, die einerseits bedeutungsähnlich sind andererseits die gleiche Rolle im grammatischen System einer Sprache spielen.

31

Morphologie  ALLOMORPH

 Die MORPHE, die zu einem MORPHEM

zusammengefasst werden, nennt man die ALLOMORPHE dieses Morphems.

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Morphologie  Nullmorphem und Nullallomorph

 Die Begriffe Nullmorphem und Nullallomorf sind

in der Forschung nicht ganz unumstritten, denn es handelt sich um gedachte Hilfskonstruktionen.  Ein Nullmorphem ist ein in der Flexion zwar phonologisch (und graphemisch) nicht ausgedrücktes, inhaltlich aber vorhandenes Morphem.  Es wird mit Hilfe des Zeichens „“ dargestellt.

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Morphologie und Syntax Generativistische Perspektive

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Generativistik - Grundüberlegungen  Wie lernen Kinder sprechen? – Grund-

überlegungen der generativistischen Theorie  Nach der Auffassung des BEHAVIORISMUS (dominante Methode in den USA von den 20er bis in die 60er Jahre)

 Kinder hören Erwachsene sprechen und ahmen diese

nach.  Zunächst fehlerhafte Imitation der Erwachsenensprache.  Danach zunehmende Annäherung an die Sprache der Erwachsenen.

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Generativistik - Grundüberlegungen  Wie lernen Kinder sprechen? – Grund-

überlegungen der generativistischen Theorie  Was spricht gegen die behavioristische Auffassung?  Kinder produzieren Äußerungen, die sie noch nie zuvor gehört haben (d.h. keine Imitation).  Kinder imitieren gerade jene Wörter, die sie bereits verstehen, aber noch unsicher gebrauchen.  Der Spracherwerb vollzieht sich bei jedem sprachunauffälligen Kind in gleicher oder ähnlicher Weise mit einer festen Abfolge der verschiedenen Lernstadien (und zwar unabhängig von der Intelligenz und der jeweiligen Sprache).  Bestimmte Fehler, die logisch möglich sind, werden von Kindern nicht gemacht.  Der Erwerb der Muttersprache erfolgt relativ schnell.

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Generativistik - Grundüberlegungen  Wie lernen Kinder sprechen? – Grund-

überlegungen der generativistischen Theorie  Kinder entnehmen der Sprache, die sie hören (= INPUT) nicht nur die Wörter, sondern auch die grammatischen Regelhaftigkeiten.  Diese werden zunächst auf alle gleichartigen Fälle ausgedehnt, was zunächst zu fehlerhaften Äußerungen führt (nicht aus der Sicht des Kindes).

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Generativistik - Grundüberlegungen  Wie lernen Kinder sprechen? – Grund-

überlegungen der generativistischen Theorie  Die grammatischen Regeln basieren auf

UNBEWUSSTEM WISSEN, das sich auf allen sprachlichen Ebenen manifestiert, d.h.  Unbewusstes phonologisches Wissen  Unbewusstes morphologisches Wissen  Syntaktisches W.

 Noam Chomsky stellte die Annahme eines

angeborenen Vorwissens ins Zentrum seiner Sprachtheorie (GENERATIVE GRAMMATIK).

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Generativistik - Grundbegriffe  KOMPETENZ und PERFORMANZ  KOMPETENZ (engl. competence)  = das unbewusste Wissen eines Sprechers über seine

Sprache

 PERFORMANZ (engl. performance)  = die Sprachverwendung im Rahmen einer konkreten

Sprechsituation

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Generativistik – das Prinzip der Strukturabhängigkeit  Eine fundamentale Eigenschaft von Grammatiken

natürlicher Sprachen ist die STRUKTURABHÄNGIGKEIT ihrer Regularitäten.  Eine strukturabhängige Regel nimmt Bezug auf die Wortkette und nicht auf die lineare Abfolge der Wörter.

40

Generativistik – das Prinzip der Strukturabhängigkeit  Beispiel:

 Maria mangia un gelato.

 Mangia un gelato Maria?

(Aussagesatz) (Fragesatz)

 Die REGEL zur Bildung eines Fragesatzes könnte

wie folgt lauten:

 „Stelle das erste Wort an die letzte Position“

 ABER…

Il bambino mangia un gelato. *Bambino mangia un gelato il? 41

Generativistik – das Prinzip der Strukturabhängigkeit  Diese Regel würde allerdings einen ungrammatischen Satz als  

  

42

grammatisch kennzeichnen. Dies bedeutet, … …dass sich die syntaktischen Gesetzmäßigkeiten in natürlichen Sprachen offenbar nicht über lineare Abfolgen von Wörtern formulieren lassen. Es muss vielmehr die Struktur von Wortketten als syntaktische Einheiten berücksichtigt werden. Diese syntaktischen Einheiten werden in der Generativen Grammatik als Phrasen bezeichnet. Die Wortkette il bambino darf z.B. nicht getrennt werden. Es handelt sich um eine NOMINALPHRASE (bestehend aus einem DETERMINATOR [= Artikel] und einem NOMEN).

Generativistik – das Prinzip der Strukturabhängigkeit  Die REGEL zur Bildung des Fragesatzes lautet

daher wie folgt:

 „Stelle die erste PHRASE an die letzte Position“  Il bambino mangia un gelato.  Mangia un gelato il bambino?

43

Generativistik – das Prinzip der Strukturabhängigkeit S = Satz

NP = Nominalphrase VP = Verbalphrase Det = Artikel N = Nomen V = Verb

Die Darstellung mit Hilfe von Strukturbäumen S

NP

Det

VP N

V

NP Det

44

Il El A L‘

bambino niño criança enfant

mangia come come mange

un un un une

N gelato helado gelado glace

Semantik Lexikalische Semantik

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Lexikalische Semantik  Denotation und Konnotation

 Unter der Denotation versteht man die neutrale

kontext- und situationsunabhängige Grundbedeutung eines sprachlichen Ausdrucks, während die Konnotation kontext- und situationsabhängig ist.

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Lexikalische Semantik  Denotat und Konnotat („Inhalt und

Beigeschmack“)

 Konventionelle Bedeutung

 Affektive Begleitvorstellungen

frz. la lune – sp./it. la luna Denotat „Erdtrabant“

Konnotat „romanisch“ „unheimlich“ 47

Lexikalische Semantik Grundbegriffe  Intension und Extension

 Der begriffliche Inhalt eines sprachlichen

Ausdrucks (wie beispielsweise in einem Wörterbuch) wird als seine Intension bezeichnet.  So besteht der begriffliche Inhalt des Substantivs hombre, homme, homen, uomo aus den Inhalten [+Mann] und [+Mensch].

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Lexikalische Semantik  Intension und Extension

 Unter der Extension eines sprachlichen

Ausdrucks ist die Menge aller Menschen, Dinge, Sachverhalte etc. zu verstehen, auf die mit dem betreffenden Ausdruck Bezug genommen werden kann.  So verweist beispielsweise das Substantiv actor, acteur, attore prinzipiell auf sämtliche Schauspieler der Vergangenheit sowie der Gegenwart.

49

EXTENSION

actor attore acteur

50

Lexikalische Semantik Grundbegriffe  Sem und Semem

 Unter einem Sem versteht man das kleinste

distinktive semantische Merkmal der Bedeutung eines Wortes.  Seme sind elementare Bedeutungselemente, die zum Aufbau der Bedeutung eines einfachen Wortes dienen.  Der Begriff wurde durch die französischen Linguisten Algirdas Julien Greimas (1917-1992) und Bernard Pottier (*1924) theoretisch ausgebaut. 51

Lexikalische Semantik Grundbegriffe  Sem und Semem

 Der Begriff des Sems beruht auf der Annahme,

dass man die Bedeutung von Wörtern (Lexemen) als eine Kombination solcher Seme beschreiben kann.  Jedes Wort sollte eine Kombination von Semen aufweisen, die es in mindestens einem dieser Seme von anderen Wörtern unterscheidet.  Die Bedeutung eines Wortes lässt sich im Rahmen einer Komponentenanalyse als eine bestimmte Konfiguration seiner Seme darstellen.

52

Lexikalische Semantik KOMPONENTENANALYSE

S = SEM

53

Lexikalische Semantik  Zum Semem des Substantivs it. ragazza / sp.

muchacha gehören u.a. die Seme [menschlich], [jung] und [weiblich], während zum Semem des Substantivs it. ragazzo / sp. muchacho die Seme [menschlich], [jung], [männlich], etc. gehören.  Die beiden Wörter unterscheiden sich durch die beiden Seme [männlich] und [weiblich].

54

Lexikalische Semantik Grundbegriffe  Semantische Relationen

 Zu den semantischen Relationen gehören  Synonymie  Antonymie

 Homonymie  Polysemie

 Hyponymie

 Hyperonymie und Kohyperonymie  Meronymie

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Textlinguistik Die 7 Kriterien der Textualität nach De Beaugrande/Dressler, Einführung in die Textlinguistik (1981) 56

Textlinguistik  „Wir definieren einen TEXT als eine

KOMMUNIKATIVE OKKURENZ […], die sieben Kriterien der TEXTUALITÄT erfüllt.“

 (De Beaugrande/Dressler 1981, 3)

57

Textlinguistik  „Wenn irgendeines dieser Kriterien als nicht

erfüllt betrachtet wird, so gilt der Text nicht als kommunikativ. Daher werden nichtkommunikative Texte als Nicht-Texte behandelt.“

 (De Beaugrande/Dressler 1981, 3)

58

Textlinguistik  (1) KOHÄSION  „Das erste Kriterium wollen wir KOHÄSION nennen.

Es betrifft die Art, wie die Komponenten des OBERFLÄCHENTEXTES, d.h. die Worte, wie wir sie tatsächlich hören oder sehen, miteinander verbunden sind.“ 

(De Beaugrande/Dressler 1981, 3-4)

 „Die Oberflächenkomponenten hängen durch

grammatische Formen und Konventionen von einander ab, so daß also Kohäsion auf GRAMMATISCHEN ABHÄNGIGKEITEN beruht. “ 

59

(De Beaugrande/Dressler 1981, 4)

Textlinguistik  (2) KOHÄRENZ

 „Das zweite Kriterium wollen wir KOHÄRENZ

nennen. Kohärenz betrifft die Funktionen, durch die die Komponenten der TEXTWELT, d.h. die Konstellation von Konzepten (Begriffen) und RELATIONEN (Beziehungen), welche dem Oberflächentext zugrundeliegen, für einander gegenseitig zugänglich und relevant sind.“ 

60

(De Beaugrande/Dressler 1981, 5)

Textlinguistik  KOHÄSION und KOHÄRENZ

 „Kohäsion und Kohärenz sind text-zentrierte

Begriffe, deren Operationen direkt das Textmaterial betreffen. “ 

61

(De Beaugrande/Dressler 1981, 8)

Textlinguistik  (3) INTENTIONALITÄT

 „Das dritte Kriterium der Textualität könnte man

dann INTENTIONALITÄT genannt werden: diese bezieht sich auf die Einstellung […] des Textproduzenten, der einen kohäsiven und kohärenten Text bilden will, um die die Absichten seines Produzenten zu erfüllen, d.h. Wissen zu verbreiten oder ein in einem PLAN angegebenes Ziel zu erreichen.“ 

62

(De Beaugrande/Dressler 1981, 8-9)

Textlinguistik  (4) AKZEPTABILITÄT  „Das vierte Kriterium der Textualität ist die

AKZEPTABILITÄT. Diese betrifft die Einstellung des Text-Rezipienten, einen kohäsiven und kohärenten Text zu erwarten, der für ihn nützlich oder relevant ist, z.B. um Wissen zu erwerben oder für Zusammenarbeit in einem Plan vorzusorgen“ 

63

(De Beaugrande/Dressler 1981, 9)

Textlinguistik  (5) INFORMATIVITÄT

 „Das fünfte Kriterium der Textualität nennen wir

INFORMATIVITÄT und meinen damit, das Ausmaß der Erwartetheit bzw. Unerwartetheit oder Bekanntheit bzw. Unbekanntheit/Ungewißheit der dargebotenen Textelemente…“ 

64

(De Beaugrande/Dressler 1981, 10)

Textlinguistik  (6) SITUATIONALITÄT

 „Das sechste Kriterium der Textualität kann als

SITUATIONALITÄT bezeichnet werden. Diese betrifft die Faktoren, die einen Text für eine Kommunikations-SITUATION RELEVANT machen.“ 

65

(De Beaugrande/Dressler 1981, 12)

Textlinguistik  (7) INTERTEXTUALITÄT

 „Das siebente Kriterium der Textualität nennen

wir INTERTEXTUALITÄT. Diese betrifft die Faktoren, welche die Verwendung eines Textes von der Kenntnis eines oder mehrerer vorher aufgenommener Texte abhängig macht“ 

66

(De Beaugrande/Dressler 1981, 12)

Pragmatik Sprechen und Handeln

67

Pragmatik  Die (linguistische) Pragmatik untersucht, wie

Sprache gebraucht wird und welche Arten von Sprachhandlungen ein Sprecher einsetzt.  Mit sprachlichen Äußerungen kann man etwas versprechen, jemandem drohen, jemanden warnen, etwas behaupten… SPRACHPHILOSOPHIE

68

LINGUISTIK

Pragmatik  SPRECHAKTTHEORIE 



69

Die Sprechakttheorie entstand um 1955 und geht auf John L. Austin (1911–1960) und dessen Vorlesungsreihe mit dem Titel How To Do Things With Words zurück, die 1962 posthum veröffentlicht wurde. Austins Schüler John R. Searle (*1932) publizierte 1969 das Werk Speech Acts.

Pragmatik  Nach Austin lassen sich folgende Akte

unterscheiden:

 lokutionärer Akt (auch: lokutiver Akt):  Handlung des 'Etwas Sagens‘  illokutionärer Akt (auch: illokutiver Akt):  der Vollzug einer konventionellen Handlung, wie beispielsweise einer Frage, Bitte, Warnung, Empfehlung, Drohung etc.  perlokutionärer Akt (auch: perlokutiver Akt):  das Erzielen einer Wirkung, die über den illokutionären Akt hinausgeht, wie beispielsweise Überzeugen, Umstimmen, Verärgern, Verunsichern, Kränken, Trösten, etc.

70

Pragmatik  Paul Grice

 Kooperationsprinzip - Kommunikationsmaximen  Gestalte deinen Gesprächsbeitrag so, dass er

dem anerkannten Zweck dient, den du gerade zusammen mit deinen Kommunikationspartnern verfolgst.

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Pragmatik  Maxime der Quantität

 Mache deinen Gesprächsbeitrag mindestens so informativ, wie es für

den anerkannten Zweck des Gesprächs nötig ist.  Mache deinen Beitrag nicht informativer, als es für den anerkannten Zweck des Gesprächs nötig ist.

 Maxime der Qualität

 Versuche einen Gesprächsbeitrag zu liefern, der wahr ist.  Sage nichts, wovon du glaubst, dass es falsch ist.  Sage nichts, wofür du keine hinreichenden Anhaltspunkte hast.

 Maxime der Relevanz/Relation

 Sage nichts, was nicht zum Thema gehört, wechsle das Thema nicht

einfach so plötzlich.

 Maxime der Modalität    

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Vermeide Unklarheit. Vermeide Mehrdeutigkeit. Vermeide unnötige Weitschweifigkeit. Vermeide Ungeordnetheit

Pragmatik  Paul Grice

 IMPLIKATUR

 Bei einer Implikatur einer sprachlichen

Äußerung handelt es sich um einen Bedeutungsaspekt, der durch die Äußerung zwar kommuniziert, aber vom Sprecher nur angedeutet wird (anstatt gesagt).  Die Implikatur macht es einem Sprecher möglich, mehr zu kommunizieren als er eigentlich sagt.

73

Soziolinguistik Sprache und Gesellschaft

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Soziolinguistik  Sprache ist eine Menge von "Varietäten" (=

verschiedene Sprachgebrauchssysteme)  Jede Varietät lässt sich daher nach spezifischen Kriterien (wie Gruppe/Schicht, Geschlecht, Alter, ...) bestimmen und wissenschaftlich untersuchen.

75

Soziolinguistik  Dialekt - Standardsprache

 Soziolekt (die Sprache bestimmter

gesellschaftlicher Gruppen…)

 Gerontolekt (Seniorensprache…)  Juventulekt (Jugendsprache…)

 Sexolekt / Genderlekt (Sprache und Geschlecht)  Technolekt (Fachsprache…) …

 Idiolekt (die besondere Ausdrucksweise eines

Individuums)

76

Soziolinguistik

= nur in bestimmten kommunikativen Kontexten Das Lat. in Ciceros Reden oder in Caesars Kriegsberichten (komplexe Syntax, rhetorische Figuren…)

 Akrolekt

 Mesolekt  Basileklekt

Die lat. Alltagssprache der Gebildeten (weniger komplex, aber ohne Fehler )

Das Vulgärlatein der Ungebildeten (fehlerhaft) = stigmatisiert

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Soziolinguistik  ELABORIERTER CODE

 RESTRINGIERTER CODE

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Soziolinguistik  DIGLOSSIE  Die Diglossie (gr. διγλωσσία, diglossía, „Zweisprachigkeit“)

ist eine besondere Form der sozial markierten Zweisprachigkeit.  Sie beschreibt die „Zweisprachigkeit“ einer ganzen Gesellschaft, bei der es eine klare funktionale Differenzierung zwischen zwei eng verwandten Sprachvarietäten gibt.

79

Soziolinguistik  DIGLOSSIE

 Jeder Sprecher einer Gemeinschaft

verfügt über die gleichen zwei (oder auch mehr) Varietäten, verwendet aber die eine oder die andere nur in einer ganz bestimmten Situation.

80

Diglossie (nach Ch. Ferguson)  Begriffsgeschichte

 Charles Ferguson  stellte in seinem Aufsatz „Diglossia“ von 1959 neben den griechischen und arabischen Sprachraum auch den deutschschweizerischen und haitianischen.

81

Diglossie (nach Ch. Ferguson)  Ferguson

 DIGLOSSIA  LOW VARIETY (L)  HIGH VARIETY (H)

82

Diglossie (nach Ch. Ferguson) High variety

Low variety

 Geschrieben

 Gesprochen

 Formale Redesituationen

 Informelle Redesituationen

 Erlernung in den

 Erlernung als

    

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Bildungsinstitutionen Hohes Prestige Nachrichten Literatur Politische Reden (…)

Muttersprache ohne institutionelle Kontrolle  Unterhaltung in der Familie oder mit Freunden  (…)

Diglossie (nach Ch. Ferguson)  Unterschiede zw. H-Variety und L-Variety  Grammatik  Phonetik  Lexikon

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Diglossie (nach Ch. Ferguson) Low Variety

High Variety

 GRAMMATIK

 GRAMMATIK

 Weniger grammatische

Kategorien  Reduziertes Flexionssystem

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 Höhere grammatische

Komplexität

Diglossie (nach Ch. Ferguson)  DIGLOSSIE nach Ferguson

 SITUATION zweier stabiler VARIETÄTEN

einer Einzelsprache im Kontext

 High Variety: überlagernde, öffentliche Sprache mit

starker Kodifizierung  Low Variety: unkodifizierte Sprache im Familien- und Freundeskreis

86

Soziolinguistik  Sprachpolitik  Ethnische

Minderheiten und ihre Sprachen  Sprachverhalten etc.

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