Einführungsseminar Sprachgeschichte 5 WS 2007/08

January 15, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Schreiben, Grammatik
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Einführungsseminar Sprachgeschichte 5 Dr. R. Froschauer Fr. 14:00-16:00, U5/218 Beginn: 17. 10. 2008

WS 2008/09

Seminarplan Termin

Thema

Literatur

17. 10. 2008

Sprachgeschichtliche Grundlagen: Sprachverwandtschaft, Sprachstufen des Deutschen, Erbwort und Lehnwort

24. 10. 2008

Historische Morphologie I: Ablautreihen und Flexion der starken Verben des Althochdeutschen Historische Morphologie II: Ablautreihen und Flexion der starken Verben des Mittelhochdeutschen

 Ahd.+Mhd: Kap. IV.1., IV.2. (S. 125-134) Kap. V.1., V.2. (S. 139-154) Übersicht Nr. 39 (S. 223)  Einf.: Kap. XIV, XV, XVI (S. 149-185)  Ahd.+Mhd: Kap. I.1. a) (S. 17-26) Kap. III.2. a) – d) (S. 115-124)  Ahd.+Mhd: Kap. II.1. a) (S. 59-68) Kap. III.1.d) (S. 114) Kap. V.3., V.4. (S. 155-163)  Einf.: Kap. XV 4. (S.169-172)  Ahd.+Mhd: Kap. I.1.b) (S. 27-32)

31. 10. 2008

7. 11. 2008

14. 11. 2008

21. 11. 2008

28. 11. 2008

5. 12. 2008

12. 12. 2008

19. 12. 2008 16. 1. 2009

23. 1. 2009

30. 1. 2009

6. 2. 2009

Historische Morphologie III: Schwache Verben des Althochdeutschen (Klasseneinteilung und Flexion) Historische Morphologie IV: Schwache Verben des Mittelhochdeutschen (Klasseneinteilung und Flexion) Historische Morphologie V: PräteritoPräsentien des Alt- und Mittelhochdeutschen  Abgabe HA 1 (Verben) Historische Morphologie VI: Substantive des Alhochdeutschen (Klasseneinteilung und Flexion) Historische Morphologie VII: Substantive des Mittelhochdeutschen (Klassenneueinteilung und Flexion) Historische Morphologie VIII: Flexion der Adjektive des Alt- und Mittelhochdeutschen  Abgabe HA 2 (Substantive) Wiederholung Historische Phonologie I: Erste Lautverschiebung und Grammatischer Wechsel, Nasalausfall vor germ. -h, Primärer Berührungseffekt, Westgermanische Konsonantengemination Historische Phonologie II: Zweite Lautverschiebung (dialektale Vielfalt des Althochdeutschen und Gegenwartsdeutschen) Wiederholung Besprechung der Übungsklausur SS 2008 (einschließlich Aufgabe C.3.) Abschlussklausur

 Ahd.+Mhd: Kap. II.1.b) (S. 69-74)

 Ahd.+Mhd: Kap. I.1.c) (S. 33-37) Kap. II.1.c) (S. 75-80) Kap. III.1.b) (S. 104-106)  Ahd.+Mhd: Kap. I.2.a) (S. 39-50)

 Ahd.+Mhd: Kap. II.2.a) (S. 82-88)

 Ahd.+Mhd: Kap. I.2.c) (S. 54-58) Kap. II.2.c) (S. 91-96)

 Ahd.+Mhd: Kap. III. 1. a) – b) (S. 97-107)  Bearbeitung der Übungsklausur SS 2008 (einschließlich Aufgabe C.2.)

 Ahd.+Mhd: Kap. III. 1. c) (S. 108-113) Kap. IV.3. (S. 135-138) Übersicht Nr. 40 (S. 224)

Literatur: R. Bergmann/P. Pauly/C. Moulin, Alt- und Mittelhochdeutsch, 7. A., Göttingen 2007 (= Ahd.+Mhd.) R. Bergmann/P. Pauly/St. Stricker, Einführung in die Sprachwissenschaft, 4. A., Heidelberg 2005 (= Einf.) Rudolf Schützeichel, Althochdeutsches Wörterbuch, 5. A., Tübingen 1995 / 6. A., Tübingen 2006 Matthias Lexer, Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 38 A., Tübingen 1992 (oder andere Auflage) Der Besuch eines Tutoriums wird dringend empfohlen! Sprechstunden nach Vereinbarung mail: [email protected]

Einführungsseminar Sprachgeschichte 5 Dr. R. Froschauer Fr. 14:00-16:00 Beginn: 17. 10. 2008

WS 2008/09

Skript zum ES Sprachgeschichte 5  das Skript ist kein Ersatz für die Lehrbücher, sondern Einstiegs- und Lektürehilfe mit Schwerpunktsetzungen des Seminars!

1. Sitzung

Termin

Thema

Literatur

17. 10. 2008

Sprachgeschichtliche Grundlagen: Sprachverwandtschaft, Sprachstufen des Deutschen, Erbwort und Lehnwort

 Ahd.+Mhd: Kap. IV.1., IV.2. (S. 125-134) Kap. V.1., V.2. (S. 139-154) Übersicht Nr. 39 (S. 223)  Einf.: Kap. XIV, XV, XVI (S. 149-185)

Periodisierung der deutschen Sprache und Literatur 1) Althochdeutsch: ca. 700 – ca. 1050 2) Mittelhochdeutsch: ca. 1050 – ca. 1350 3) Frühneuhochdeutsch: ca. 1350 – 1650 4) Neuhochdeutsch: ca. 1650 – heute

Synchronie und Diachronie (nach Ferdinand de Saussure): Synchronie: Zustand einer Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die synchrone Sprachbetrachtung erforscht die Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt. Diachronie: Entwicklungsphasen einer Sprache in der Aufeinanderfolge verschiedener Zeitabschnitte. Die diachrone Sprachbetrachtung erforscht die Sprache in der Aufeinanderfolge verschiedener Zeitabschnitte. Diatopie: Untersuchung einer Sprache bzw. Sprachstufe im Hinblick auf dialektale Varianten sowie dialektspezifischer Präferenzen, z.B. bestimmter Lexeme, Wortbildungsmuster etc. Kriterien für die Periodisierung in die genannten Sprachstufen: a) 6 Kriterien der inneren Sprachgeschichte: sieh dazu Ahd.+Mhd. S. 125 (intralinguale Faktoren des ‚Seins und Werdens’ einer Sprache/Sprachwandelfaktoren) 

phonologisch: z.B. Ahd. > Mhd.: Abschwächung unbetonter Nebensilbenvokale; Mhd. > Nhd.: Diphthongierung mhd. Langmonophthonge mîn niuwez hûs > nhd. mein neues Haus



   

morphologisch: z.B. Analogieausgleich im Präteritum starker Verben vom Mhd. > Frnhd.; Suffixentstehung durch Grammatikalisierung aus ehemals selbständigen Substantiven so ahd. heit st. M. F. ‚Person, Gestalt’ nhd. > -heit-Suffix zur Bildung deadjektivischer Nomina Qualitatis orthographisch: z.B. Entwicklung der Großschreibung im frühen Nhd. > Nhd. syntaktisch: Entwicklung der dass-Sätze vom Ahd. > Nhd.; Zunahme an analytischen Verbalformen (mit Auxiliaren) gegenüber synthetischen Verbalformen zur Bezeichnung der Tempora Perfekt, Futur u.a. semantisch: Bedeutungswandel, z.B. Verengung der Bedeutung des ahd./mhd. Subst. muot zum nhd. Mut lexikalisch: Untergehen von Wörtern, z.B. ahd. hugu ‚Sinn, Geist, Verstand’; Erweiterung des Wortschatzes durch Wortbildung (Komposition und Derivation); Verschiebungen in Wortfeldern, z.B. das Wortfeld ‚Frau’ vom Ahd. > Mhd. > Nhd. (sieh Ahd.+Mhd. S. 154)

 vgl. hierzu insgesamt die schöne und ausführliche Darstellung in Einf. Kap. XIV, S. 149159! b) Kriterien der äußeren Sprachgeschichte: sieh dazu Ahd.+Mhd. S. 125f. (extralinguale Faktoren des ‚Seins und Werdens’ einer Sprache/Sprachwandelfaktoren)  weiter ist jeweils zu den folgenden Stichworten nachzulesen:   

Sprachverwandtschaft: Einf. Kap. XVI, S. 177-185; Ahd.+Mhd. S. 126-132 Etymologie speziell: Einf. S. 179f. (germanische Sprachen), S. 180 (indogermanische Sprachen); Ahd.+Mhd. S. 128f. (german. Sprachverwandtschaft), S. 129f. (indogerm. Sprachverwandtschaft), S. 130f. (indogerm. und europ. Sprachen) Erbwort – Fremdwort – Lehnwort: Einf. S. 181f.; Ahd.+Mhd. S. 132-134.

 schlagen Sie folgende (hier bereits klassifizierte) Lexeme in etymologischen Wörterbüchern Ihrer Wahl nach: Erbwörter fahren ziehen gebären

Lehnwörter Fremd-/Lehnwörter Bruder Vater Mutter

Keks Tanz Konto

Friseur Majonaise

Fremdwörter (Fachtermini) Etymologie lexikalisch Linguistik

Literaturempfehlungen: vgl. a. die Litverzeichnisse in Einf. und Ahd.+Mhd. a) Etymologische Wörterbücher: z.B. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. A. Berlin, New York 2002 oder: Duden-Etymologie, Das Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache Wolfgang Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch (aktuelle Auflage) b) Zur Sprachverwandtschaft (und zwar Überblicksdarstellungen: Indogermanische Sprachen, Germanische Sprachen – ‚Verwandtschaftsbeziehungen’, althochdeutsche Dialektgebiete):

Hadumod Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. A., Stuttgart 2003 Stefan Sonderegger, Althochdeutsche Sprache und Literatur, 3. A. Berlin, New York 2003 Eckhard Meineke/Judith Schwerdt, Einführung in das Althochdeutsche, Paderborn 2001 c) ‚Ein bisschen’ Indogermanistik für Einsteiger: Eva Tichy, Indogermanistisches Grundwissen für Germanisten, Bremen 2000 d) Wer es ‚ausprobieren’ mag: Peter Ernst, Deutsche Sprachgeschichte, Wien 2005 (UTB) 2. Sitzung Termin

Thema

Literatur

24. 10. 2008

Historische Morphologie I: Ablautreihen und Flexion der starken Verben des Althochdeutschen

 Ahd.+Mhd: Kap. I. 1. a) (S. 17-26) Kap. III. 2. a) – d) (S. 115-124)

Hinweise zur Benutzung des Schützeichel–Wörterbuchs:  sieh dazu Ahd.+Mhd. S. 150-152) Eine gründliche Lektüre der Einleitung sei empfohlen! Es gilt abgesehen von der üblichen alphabetischen Reihenfolge der Wörterbucheinträge:  bei Präfixbildungen alphabetische Einordnung nach dem Grundwort z.B. bi-/gi-zellen sieh unter z, gi-nāda sieh unter n, davon ausgenommen sind alte Nominalkomposita, die auf dem Präfix betont werden, und davon abgeleitete Verben z.B. ant-wurti sieh unter a, (gi-)ant-wurten s. ebenfalls unter a  bei Bildungen mit Adverbien u. ähnl. (z.B. umbi-, gagan-, eban-, usw.) werden Nomina unter dem Bestimmungswort (= Adverb oder ähnl.) eingeordnet z.B. missinomeni unter m, ebenso von derartigen Nomina abgeleitete Verben, z.B. ke-misselīhhōn unter m; sonst werden mit Adverbien u. dergl. gebildete Verben unter dem Grundwort eingeordnet z.B. misse-neman unter n  Wörter beginnend mit hl, hr, hw u. hn sieh unter l, r, w u. n z.B. hnīgan sieh unter n  Wörter beginnend mit c sieh (je nach Lautwert) unter k oder z z.B. ci unter z, cūmida unter k  Wörter beginnend mit ch, k sieh unter k z.B. be-chlagōn unter k (klagōn)  Wörter beginnend mit qu (= k + w) sieh unter k z.B. queman unter k  Wörter beginnend mit v, f sieh unter f  Wörter beginnend mit th sieh unter d z.B. ther unter d (der)  Wörter beginnend mit d sieh unter t, wenn es sich um ein erhaltenes germ. d handelt, z.B. druhtīn unter t (truhtīn)  uu, uv = w, sieh entspr. unter w z.B. uuort unter w (wort)  Die Erstbelegwiedergabe (fettgedrucktes) erfolgt nach dem ostfränkischen Lautstand (Tatian).  Die Schreibung der ahd. Wörter richtet sich nach der handschriftlichen Überlieferung (sog. beleggestützte Ansatzformen).  Die Großbuchstaben am Ende jedes Wörterbuchartikels (Siglen) verweisen auf die ahd. Sprachdenkmäler, in denen das Wort belegt ist z.B. T. (Tatian), L. (Ludwigslied), O. (Otfrid), Ch. (Christus und die Samariterin) etc.



Mehrfachgenusangaben z.B. st. M. F. bedeuten, daß das Wort als Femininum und als Maskulinum belegt ist oder dass das Wort Femininum oder Maskulinum sein kann, eine sichere Bestimmung des Genus jedoch nicht möglich ist. Alles Weitere ist der Einleitung bei R. Schützeichel zu entnehmen! Die lateinisch - althochdeutsche Tatianbilingue (ahd. Textgrundlage des Seminars): Bilingue: bi lingua (zweisprachig), links lat. - rechts ahd. (s. Abb. Ahd+Mhd., S. 236) Literar. Typ: „Evangelienharmonie“ (harmonisierende Zusammenfügung der Lebensgeschichte Jesu nach den Evangelien (Mt., Joh., Luk., Mk., Th.) vgl. Evangelienharmonie Otfrids von Weißenburgs (um 800-871) in dichterischer Form (Endreim), entst. zw. 863 u. 871 (südrheinfränkisch) Verfasser: Tatian(us/os), syrischer Christ 170 n. Chr. (2. Jhd.) in griechischer Sprache sog. „Diatessaron“ des Tatian (  = über die Evangelien) Lateinische Übersetzung: ca. Mitte des 6. Jhds. von Bischof Victor von Capua, vermutl. von angelsächs. Missionar Bonifatius (?-754) auf einer seiner Romreisen erworben und dadurch in den Besitz der Fuldaer Klosterbibl. gelangt Althochdeutsche Übersetzung: ca. 825 - 850 evtl. im Kloster Fulda unter der Leitung von Hrabanus Maurus (nach St. Sonderegger), Klosterlehrer und Abt von Fulda, später Erzbischof von Mainz (784-856) Dialekt: ostfränkisch Abschrift des lat. Textes und ahd. Übersetzung in eine Handschrift zusammengebracht Anzahl der Schreiber: 6 Schreiber Sprache des Textes also griech. - lat. - ahd. Editionsgeschichte: ● A. Schmeller 1841 ● E. Sievers 1892 (eigtl. 1872) ● A. Masser 1994 (Zeilengenauigkeit lat. - ahd. entdeckt) Erstinformation: Literatur des MA., Verfasserlexikon, Bd. 9., Sp- 620-626 (Art. von A. Masser 1994)

* Weihnachtsevangelium* (Tatian, 5, 12 - 13; 6, 1 - 2; nach A. Masser, Die lateinisch - althochdeutsche Tatianbilingue Stiftsbibliothek St. Gallen Cod. 56, Göttingen 1994, S. 85f.) 1. Fuor thō Ioseph fon Galileu 2. fon thero burgi, thiu hiez Nazareth, 3. In iudeno lant inti in Dauides burg, 4. thiu uuas ginemnit Bethleem, 5. bithiu uuanta her uuas fon hūse 6. inti fon hiuuiske Dauides, thaz her giiāhi 7. saman mit Mariūn imo gimahaltero 8. gimahhūn so scaffaneru. 9. Thō sie thār uuārun 10. uuvrðun taga gifulte, thaz siu bāri, 11. inti gibar ira sun eristboranon 12. inti biuuant inan mit tuochon 13. inti gilegita inan in crippea,

14. bithiu uuanta in niuuas ander stat 15. in themo gasthūse. 16. Uuārun thō hirta in thero lantskeffi 17. uuahhante inti bihaltante nahtuuahta 18. ubar ero euuit. 19. Quam thara gotes engil inti gistuont nāh in, 20. inti gotes berahtnessi/ī bischein sie; 21. giforhtun sie in thō in mihhilero forhtu. 22. Inti quad in ther engil: „ Ni curet iu forhten, 23. ih sagēn iu mihhilan gifehon, 24. ther ist in allemo folke, 25. bithiu uuanta giboran ist iu hiutu Heilant.“ Übersetzungshilfen: (7) gimahaltero = flektiertes Part. Prät., Dat. Sg. F., sw. V. gimahalen = sich verloben mit - (8) so scaffan = schwanger - (10) gifulte = flekt. Part. Prät., Nom. Pl. M., übers. prädikativ: wurdun gifulit - (14) in (im)= Dat. Pl. des Personalpronomens er / siu / iz, (Dativus possessoris), übers. ni was in mit: sie hatten nicht - (18) ero = iro = Gen. Pl. des Personalpron. er / siu / iz, ersetzt im Ahd. den Pl. des Possessivpronomens, da es hierfür keine Form gab, übers.: ihre - (19) in (im)= Dat. Pl. des Personalpron. er / siu / iz - (21) in (im)= der Dat. Pl. des Personalpron. wird im Ahd. für das reflexive „sich“ gebraucht, übers. giforhtun sie in mit: sie fürchteten sich - (22) ni curet iu forhten (für lat. nolite timere, Prohibitiv) = fürchtet euch nicht; curet = curit, mit -e- statt -i- für den Konj. Prät. 2. Pers. Pl., st. V. kiosan (m. Gramm. Wechsel!). Fortsetzung Tatian – Weihnachtsevangelium: (vgl. A. Masser, a.o.O., S. 87f) 26. „Ther ist christ truhtīn in Dauides burgi. 27. Thaz sī iu zi zeichane, thaz ir findet 28. kind mit tuochon biuuvntanaz 29. inti gilegitaz in crippa.“ 30. Thō sliumo uuard thār mit themo engile 31. menigi himilisches heres, 32. got lobōntiu inti quedentiu: 33. „ tiurida sī in then hōhiston gote, 34. inti in erdu sī sibba mannon 35. guotes uuillen.“ 36. Uuard thō, thaz arfuoron fon īn 37. thie engila in himil; 38. thō sprāchun thie hirta untar īn zuisgēn: 39. „faramēs zi Bethleem inti gisehemēs 40. thaz uuort, thaz thār gitān ist, 41. thaz truhtīn uns araugta.“ 42. Inti quāmun thō īlente, 43. inti fundun Mariūn inti Ioseben 44. inti thaz kind gilegitaz in crippea. 45. Sie thō gisehente forstuontun 46. fon demo uuorte, thaz īn giquetan uuas 47. fon demo kinde; inti alle thi thaz 48. gihōrtun, uuārun thaz uuvontorōnte.

49. Inti fon dēm, thiu giquetaniu uuvrdun 50. zi īn fon dēm hirtin, Maria 51. uuārlīhho gihielt allu thisu uuort 52. ahtōnti in ira herzen. 53. Uuvrbun thō thie hirta heimuuartes 54. diurente inti got lobōnte 55. in allen thēn, thiu sie gihōrtun 56. inti gisāhun sōsō zi īn gisprochan uuas. 57. After thiu, thō argangana uuārun 58. ahto taga thaz thaz kind bisnitan uuvrdi, 59. uuard imo ginennit namo Heilant. (Gegenüber dem von A. Masser gemäß der handschriftlichen Überlieferung wiedergegebenen Text wurden - wie auch im vorangegangenen – einige Änderungen vorgenommen: Eigennamen wurden durchweg großgeschrieben, ebenso Wörter am Satzanfang, die moderne Satzzeichensetzung angewandt, Abkürzungen aufgelöst und alle Langvokale gekennzeichnet.) Einige phonologische Begriffe zur Wiederholung:             

Vordergaumen (harter Gaumen): Palatum  prä-palatal Hintergaumen (weicher Gaumen, Gaumensegel): Velum  velar/Velare (= post-palatal) Nasenraum: Cavum nasi  nasal/Nasale Zahndamm: Alveolen  alveolar Zähne: Dentes  dental/Dentale Mundraum: Cavum oris Zäpfchen (Halszäpfchen, Gaumenzäpfchen): Uvula  uvular Lippen: Labia  labial/Labiale Zungenrücken: Dorsum  post-dorsal Zungenkranz (Zungenrand): Corona  coronal Zungenspitze: Apex  apical Rachen: Pharynx  pharyngal Stimmlippen im Kehlkopf: Larynx  laryngal

Ausblick: Die Entwicklung des Wurzelvokalismus vom Idg. zum Ahd.: (vgl. Ahd.+Mhd. S. 115-119 und Übersicht Nr. 37, S. 220) Kurzvokale: Idg.

i

e a

o u

rlmn

│ │ │ │ │

Germ.

Ahd.

i





i/e

a

o/u (+u (vor r,

ë a ẹ o  Primär-

l, m, n)

u

umlaut a > ẹ vor i, j Langvokale: Idg.

Germ.

Ahd.

ī

ē¹

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

ā

ō ū

ī

ē¹

+ ē²

ō

ū

+ ā (vor h < anh)

│ │ │ │

│ │ │ │

│ │ │ │

│ │ │ │

│ │ │ │

│ │ │ │

ī

ā

ia/ie uo (älter noch ō) ū  ahd. Diphthongierung: ē² > ia/ie und ō > uo

ā

ei

ai

│ │ │ │ │

Diphthonge: Idg.

oi

│ │ │ │ │

Germ.

ī

eu

ou

au

│ │ │ │ │

ai

iu/eo

au

│ │ │ │ │

Ahd.

ī

ei ē iu  ahd. Monophthongierung ai > ē vor germ. h, w, r

eo/io ou ō  ahd. Monophthongierung au > ō vor germ. h, Dental

Althochdeutsch : starke Verben / Ablautreihen: (vgl. dazu Ahd.+Mhd. Übersicht Nr. 38, S. 221f.) Ablaut: Regelmäßiger Wechsel des Wurzelvokals im Grundmorphem etymologisch zusammengehöriger Wörter oder Wortformen. Der Ablaut wurde dann sekundär zur Markierung der Tempora bei der Flexion der starken Verben genutzt. Starke Verben sind also ablautende Verben (im Unterschied zu den schwachen Verben, s.u.). Man unterscheidet zwischen a) qualitativem Ablaut, bei dem Vokale unterschiedlicher Klangfarbe miteinander wechseln, z.B. neman – nam und b) quantitativem Ablaut, bei dem kurze und lange Vokale miteinander wechseln, z.B. nam – nāmun. Die Ursache für den Ablaut war ursprünglich der wechselnde Wortakzent des Indogermanischen.

Der Wechsel des Wurzelvokals über die Tempusreihe hinweg führt zu fünf Stammformen, das sind: 1) Infinitiv, 2) 1. Sg. Ind. Präs., 3) 1./3. Sg. Ind. Prät., 4) 1./3. Pl. Ind. Prät, 5) Part. Prät. Aus der Verschiedenheit des Wurzelvokalwechsels ergeben sich die Ablautreihen (mit jeweils fünf Stammformen), denen die starken Verben nach phonologischen Kriterien im Hinblick auf ihre Wurzelsilbe zugeordnet werden. Jede Verbalform innerhalb einer Stammformenreihe = Ablautreihe bezeichnet eine Ablautstufe in bezug auf den Wurzel- /Stammvokal. Ablautreihen (Stammformenreihen) der starken Verben im Althochdeutschen: Tip: So schnell wie möglich auswendig lernen; am besten durch lautes Aufsagen! a) Die Ablautreihen im Überblick:  sieh dazu Ahd.+Mhd. Übersicht Nr. 1, S. 194, Erläuterungen S. 194-196, Übersicht Nr. 2, S. 197 AR.

Infinitiv

I a) I b) II a) II b) III a) III b) IV) V) VI) VII)

rītan zīhan biogan biotan bintan werfan neman geban faran rātan

1. Sg. Ind. Präs. rītu zīhu biugu biutu bintu wirfu nimu gibu faru rātu

1.+3. Sg. Ind. Prät. reit zēh boug bōt bant warf nam gab fuor riet

1.+3. Pl. Ind. Prät. ritum /-un zigum /-un bugum /-un butum /-un buntum /-un wurfum /-un nāmum /-un gābum /-un fuorum /-un rietum /-un

Partizip Präteritum giritan gizigan gibogan gibotan gibuntan giworfan ginoman gigeban gifaran girātan

b) Zu den Ablautreihen im Einzelnen (vgl. Ahd.+Mhd. S. 18-20) I a)

rītan

rītu

reit

ritum /-un

giritan

Wurzelsilbe: Wurzelvokal - ī - + wurzelschließender Kons., der nicht germ. h (w, r) ist Vokalismus:ī – ī – ei – i – i I b)

zīhan

zīhu

zēh

zigum /-un

gizigan

Wurzelsilbe: Wurzelvokal - ī - + wurzelschließender Kons. = germ. h (w, r) Vokalismus: i – i – ē – i – i  ahd. Monophthongierung von germ. -ai- zu -ēKonsonantische Besonderheit: ´grammatischer Wechsel` h – g (Sg. – Pl. Prät.) II a)

biogan

biugu

boug

bugum /-un

gibogan

Wurzelsilbe: Wurzelvokal (Diphthong) -io- + wurzelschließender Kons., nicht germ. h oder Dental Vokalismus: io – iu (vor u, i, j ) / io (a, e, o) – ou – u – o  Senkung von germ. -u- zu -o- vor -a- (gibogan)

II b)

biotan

biutu

bōt

butum /-un

gibotan

Wurzelsilbe: Wurzelvokal (Diphthong) -io- + wurzelschließender Kons. = germ. h oder Dental Vokalismus: io – iu /io – o – u – o  ahd. Monophthongierung von germ. -au- zu -o Senkung von germ. -u- zu -o- vor -a- (gibotan, vgl. got. budans) s. Ablr. IIa) III a) bintan

bintu

bant

buntum /-un

gibuntan

Wurzelsilbe: Wurzelvokal -i- + wurzelschließender Nasal + Kons. Vokalismus: i – i – a – u – u  Senkung von germ. -u- wird durch Nasalverbindung -nt-verhindert III b) werfan

wirfu

warf

wurfum /-un

giworfan

Wurzelsilbe: Wurzelvokal -e- + wurzelschließender Liquid + Kons. Vokalismus: e – i – a – u – o  Senkung von germ. -i- zu -e- vor -a- (werfan, im Unterschied zu -i- in bintan)  Senkung von germ. -u- zu -o- vor -a- (giworfan, im Unterschied zu –u- in gibuntan) IV)

neman

nimu

nam

nāmum /-un

ginoman

Wurzelsilbe: Wurzelvokal -e- + wurzelschließender Kons. = einfacher Nasal (m, n) oder Liquid (l, r) Vokalismus: e – i – a – ā – o  Senkung von -u- zu -o- vor a (s.o.)  Dehnstufe: Langvokal -ā- in nāmun V)

geban

gibu

gab

gābum /-un

gigeban

Wurzelsilbe: Wurzelvokal -e- + wurzelschließender einfacher Kons., der kein Liquid oder Nasal ist Vokalismus: e – i – a – ā – e  Dehnstufe: Langvokal -ā- in gābun (s. Ablr. IV)  Wurzelvokal –e- statt –o- im Part. Prät. (Unterschied zu AR. IV) VI)

faran

faru

fuor

fuorum /-un

gifaran

Wurzelsilbe: Wurzelvokal -a- + wurzelschließender einfacher Kons. oder auch -hs, Diphthong –uo- im finiten Prät. Vokalismus: a – a – uo – uo – a  ahd. Diphthongierung von germ. -o- zu -uoVII)

rātan

rātu

riet

rietum /-un

Wurzelsilbe: Diphthong -ie- im finiten Präteritum Vokalismus: ā – ie – ie – ā

girātan

 ahd. Diphthongierung von germ. -ē²- zu ahd. -ia-/-ie Wuzelvokal -ā- in rātan entstand aus germ. - ē¹Weitere Besonderheiten der VII Ablautreihe:  in dieser Ablr. ehemals im Prät. reduplizierende Verben, Reduplikation nur im Got. noch erhalten z.B. got. haitan - Prät.: haihait – ahd. heizan - hiez got. lētan - Prät.: lailot – ahd. lāzan - liez  im Ahd. gehören in diese Ablr. Verben mit sechs versch. Stammsilbenvokalen = ā, a (vor ll, nn, l /n + einfacher Kons.), ei, ou, uo, o + einfacher wurzelschließender Kons. z.B. rātan haltan heizan loufan ruofan stōzan

rātu haltu heizu loufu ruofu stōzu

riet hielt hiez lief/liof rief/riof stiez/stioz

rietum/-un hieltum/-un hiezum/-un liefum/liofum /-un riefum/riofum /-un stiezum/stiozum /-un

girātan gihaltan giheizan giloufan giruofan gistōzan

Sondergruppen der verschiedenen Ablautreihen:  in Ablr. IV Sondergruppe von Verben mit wurzelschließendem Kons. = hh, ff: brehhan, stehhan, sprehhan, treffan  in Ablr. V sog. j-Präsentien : bitten, sizzen, liggen ebenso in Ablr. VI: heffen, skepfen, swerren Merkmale: Infinitivendung -en sowie Wurzelvokal -i- statt -e-, bzw. -e- statt -a- im gesamten Präsens wegen ursprünglich im German. folgendem -j, das Umlaut bewirkte (sieh dazu unten), vgl. germ. * bid-jan – ahd. bitt-en, wobei die -jan-Endung im Ahd. zu -en abgechwächt wurde; dieses -j- bewirkte auch eine Gemination (= Konsonantendehnung durch Doppelschreibung ausgedrückt) des wurzelschließenden Konsonanten. Vgl. a. germ. * haf-jan – ahd. heff-en,germ. * skap-jan – ahd. skepf-en  Zur sog. Westgermanischen Konsonantengemination sieh Ahd.+Mhd., S. 106f.  in Ablr. II drei Verben mit Wurzelvokal -ū- statt io-: sūfan, sūgan, lūhhan  in Ablr. IIIb gehören noch einige Verben mit auf zweifacher Konsonanz endender Wurzelsilbe und einem Liquid (l, r)vor dem Wurzelvokal, z.B. ar-lescan, brestan Konsonantische Besonderheit:  sog. Grammatischer Wechsel der wurzelschließenden Konsonanten vom Präsens zum Sg. od. Pl. Präteritum bei einigen Verben versch. Ablr.; grundsätzlich können wechseln: ahd. f – b, d – t, h – g und s – r (näheres dazu folgt noch in der Historischen Phonologie I.) Der Wechsel erfolgt bei Verben der AR. I-V zwischen Sg. und Pl. Prät., bei den übrigen AR zwischen dem Pl. Präs. und dem Sg. Prät. Vgl. zīhan (Ablr. I b): zēh – zigun findan (Ablr. IIIa): fand – funtun quedan (Ablr. V): quad – quātun wesan (Ablr. V): was – wārun heffen (Ablr. VI, j-Präs.): heffu – huob – *gihaban (nicht bezeugt)/irhaban slahan (Ablr. VI): slahu – sluog – gislagan

(In den ahd. Texten ist der grammatische Wechsel teilweise schon ausgeglichen, z.B. statt quad – quātun : quad – quādun) Vokalische Besonderheit:  Umlaut in AR. VI und AR VII: Der Umlaut bezeichnet die Hebung eines umlautfähigen Vokals vor folgendem i/j, so z.B. ahd. faran – fer-is (nhd. fahren – du fährst), wo das a vor dem i der Folgesilbe gehoben (palatalisiert) bzw. teilweise (partiell) an dieses angeglichen (assimiliert) wird. Es gilt also bereits ahd. a > e vor i, j der Folgesilbe. Man spricht von partieller Assimilation des Vokals a an den Vokal i. Anhand des Vokaldreiecks lässt sich dieser Vorgang leicht verdeutlichen. Dieser sog. ahd. Primärumlaut, der auch als i-Umlaut bezeichnet wird, unterbleibt jedoch bei einigen umlautverhindernden wurzelschließenden Konsonantenverbindungen: das ist im gesamten ahd. Dialektgebiet (= mittel- und oberdeutsch) -ht-und –hs-, z.B. in der AR. VI wahsan – wahsis gegenüber faran – feris, tragan – tregis. Darüber hinaus verhindern im Oberdeutschen (= alemannisch und bairisch) noch die Konsonantenverbindungen l+Kons. und r+Kons. den Primärumlaut, z.B. in der AR. VII haltan – mitteldt. heltis gegenüber oberdt. haltis. Im Unterschied zu Ablaut handelt es sich beim Umlaut um einen kombinatorischen Lautwandel, da er ja immer an eine bestimmte Bedingung (i,j der Folgesilbe) gebunden ist. Der Umlaut ist im Ahd. auch für die j-Präsentien (s.o.), die schwachen -jan-Verben, einige Substantive und Adjektive von Bedeutung. Die Flexion der starken Verben im Althochdeutschen  sieh dazu Ahd.+Mhd. Übersicht Nr. 3, S. 198 ● Flexionsparadigma stV. neman: (Lösung der Aufgabe): IV)

neman

nimu

Infinite Formen

Finite Formen Indikativ

Singular

Plural

Konjunktiv

Singular

Plural

Imperativ

nam

nāmum/-un

ginoman

Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präsens ih nimu thū nimis er/siu/iz nimit wir nememēs/-ēn ir nemet sie/sio/siu nement ih neme thū nemēs er/siu/iz neme wir nememēs/-ēn ir nemēt sie/sio/siu nemēn 2. Sg. nim! 2. Pl. nemet!

neman nemanti/nementi ginoman Präteritum ih nam thū nāmi er/siu/iz nam wir nāmum/-un ir nāmut sie/sio/siu nāmun ih nāmi thū nāmīs er/siu/iz nāmi wir nāmīmēs/-īn ir nāmīt sie/sio/siu nāmīn

 Besonderheit: Bildung der 2. Sg. Ind. Prät. von der Ablautstufe des 1.-3. Pl. Prät. + Flexiv -i: diese flexivische Besonderheit teil das Althochdeutsche mit anderen westgermanischen Sprachen, während im Ostgermanischen (Gotisch) und Nordgermanischen (Altnordisch) zur Bildung der 2. Sg. Ind. Prät. die (ältere) -t- Endung diente: vgl. ahd. ih nam

– thū nām-i – er nam – wir nāmun gegenüber altnord. 2. Sg. Ind. Prät. Þú nam-t. Im Mittelhochdeutschen ist der lange Wurzelvokal aufgrund des ahd. -i-Flexivs umgelautet, das i-Flexiv ist zu -e abgeschwächt: ich nam – dû naeme – er nam – wir nâmen etc.  Weitere flexivische bzw. morphosemantische Besonderheiten: 

Verben ohne gi - Präfix (Vorsilbe) im Partizip Präteritum = perfektive Verben mit gilosen Partizipien:

Ablautreihe IV IIIb IV, Sondergruppe IIIa IIIa

Infinitiv queman werdan treffan findan bringan

Partizip Präteritum quoman (auch nach AR. V: queman) wortan (m. gramm. Wechsel d - t) troffan funtan (m. gramm. Wechsel d - t) brāht / brungan

 Bisweilen haben Verben im Ahd. bereits im Präsens Präfix gi- , dann, wenn perfektive Bedeutung ausgedrückt wird z.B.: sehan = ‚(unbestimmtes) Schauen, Sehen (allgemein)’ gisehan = ‚erblicken, erkennen’ 

Bereits mit gi-, fir-, bi-, zi-, int- im Präsens präfigierte Verben erhalten im Partizip Präteritum kein zweites Präfix gi- z.B. fir-stantan – fir-stantan; werden aber Verben mit Adverbien u. dergl. als Präfixe versehen (sog. Partikelverbgefüge), dann tritt giim Part. Prät. zwischen Präfix und Verb: z.B. nidar-stīgan – nidar-gi-stigan, ababrehhan – aba-gi-brohhan

Flexionsmorphologische Analyse starker Verben (Formenbestimmungen): Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Verbformen aus dem ahd. Text (Tat. 12, 1-9) grammatisch, ordnen Sie sie den entsprechenden Ablautreihen zu, nennen Sie die fünf Stammformen und begründen Sie jeweils die Ablautreihenzuordnung: vvuohs (1, 1), uuas (1, 3; 8, 3), fuorun (1, 3; 3, 4/5), uuard (giuuortan) (2, 1; 4, 1), ūfstīgantēn (2, 2), vvurbun (2, 5), forstuontun (2, 6; 8, 1), uuesan (3, 1; 7, 4), quāmun (3, 2), findanti (3, 4), fundun (4, 1), sizzantan (4, 2), arquāmun (5, 1), sehente (5, 3), quad (6, 1; 7, 1), gilimphit (7, 3), sprah (8, 2), nidarstīgenti (8, 2), quam (8, 3), bihielt (9, 1), thēh (9, 3). Musterbeispiel: vvuohs: 3. Sg. Ind. Prät., st. V., AR. VI, Diphthong -uo- im finiten Prät., wahsan – wahsu – wuohs – wuohsun – giwahsan. 3. Sitzung Termin

Thema

Literatur

31. 10. 2008

Historische Morphologie II: Ablautreihen und Flexion der starken Verben des Mittelhochdeutschen

 Ahd.+Mhd: Kap. II.1. a) (S. 59-68) Kap. III.1.d) (S. 114) Kap. V.3., V.4. (S. 155-163)  Einf.: Kap. XV 4. (S.169-172)

Veränderungen vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen 1) Auslautverhärtung:



stimmhafte Plosive b, d, g werden im Auslaut bzw. Silbenauslaut (wenn kein Vokal folgt) eines Wortes zu stimmlosen Plosiven p, t, k verhärtet: z.B. ahd. kind – mhd. kint ahd. tag –mhd. tac ahd. gab – mhd. gap

Beachte die unterschiedlichen orthographischen Prinzipien: Mhd.: phonologisches Prinzip der Orthographie z.B. tac = Schreibung gemäß Aussprache gegenüber Nhd.: morphologisches Prinzip der Orthographie z.B. tag = Auslautverhärtung graphisch nicht realisiert Schreibung dient der Kennzeichnung der Zugehörigkeit verschiedener flektierter Wortformen zum selben Grundmorphem: tag –tag-es  sieh dazu Ahd.+Mhd., S. 114 2) Abschwächung unbetonter Nebensilbenvokale (Einebnung): 

ahd. volle Nebensilbenvokale (a, o, i, u) werden zu -e- abgeschwächt z.B.: ahd. gi-geb-an –mhd. ge-geb-en ahd. nim-u – mhd. nim-e ahd. salb-ōn – mhd. salb-en ahd. hab-ēn – mhd. hab-en ahd. nām-um/n – mhd. nâm-en ahd. klag-ō-ta – mhd. klag-e-te

3) Ausweitung des Umlautes:   

ahd.: Primärumlaut a  e vor i, j der Folgesilbe, aber nicht, wenn ht, hs, rh und rw, z.B.: faru – feris aber: wahsu – wahsis (sieh oben) mhd.: Umlaut a  e/ä auch in diesen Fällen z.B.: wachse – wechsest = sog. Sekundärumlaut Desweiteren Umlaut aller umlautfähigen Kurzvokale, Langvokale und Diphthonge, wenn ahd. i, j folgten: o, u, a, o, u, ou, uo werden zu ö, ü, ae, oe, iu, öu, üe umgelautet: z.B. ahd. tohti – mhd. töhte, ahd. kunni – mhd. künne, ahd. rōti - mhd. roete, ahd. hūsir – mhd. hiuser, ahd. troumen – mhd. tröumen, ahd. kuoni – mhd. küene

4) Apokope und Synkope: 

Schwund von Vokalen (Vokalausfall) v.a. nach kurzer auf r oder l (Liquid) endender Wurzelsilbe: Apokope: Vokalausfall im Auslaut z.B.: ahd. ih faru – mhd. ich var- Ø Synkope: Vokalausfall im Wortinneren z.B.: ahd. faran – mhd. var-Ø-n, ahd. spilōn – mhd. spil-Ø-n (wobei von einer Zwischenstufe mit -e-, z.B. varen, spilen ausgegangen werden muss)

5) Desweiteren:   

ahd. Diphthong -io- mhd. zu -ie- abgeschwächt, z.B. ahd. biogan – mhd. biegen Monophthongierung von ahd. -iu- zu mhd. y: bei Beibehaltung der alten Graphie, z.B. ahd. biutu - mhd. biu (= y:) te Lenisierung (Erweichung) von t nach n und l, z.B. ahd. nemanti – mhd. nemende, ahd. wolta – mhd. wolde

  

ahd. sk/sc mhd. sch, z.B. ahd. scōni – mhd. schoene Graphie für ahd. am Wortanfang, z.B. ahd. fater – mhd. vater Graphie für ahd. (germ. k), h (germ. h) im Auslaut z.B. ahd. sprehhan, sah – mhd. sprechen, sach Kennzeichnung der mhd. Vokallängen durch Zirkumflex z.B. ahd. nāmun – mhd. nâmen



 sieh dazu Ahd.+Mhd., S. 120f. Ablautreihen: Althochdeutsch – Mittelhochdeutsch a) Die Ablautreihen im Überblick:  sieh dazu Ahd.+Mhd. Übersicht Nr. 19, S. 208  hier sind nicht alle Wurzelvokale, sondern die Unterschiede zwischen Ahd. und Mhd. fett gedruckt, teilweise sind die Unterschiede rein graphischer Natur AR. I a) ahd. mhd. I b) ahd. mhd. II a) ahd. mhd. II b) ahd. mhd. III a) ahd. mhd. III b) ahd. mhd. IV) ahd. mhd. V) ahd. mhd. VI) ahd. mhd. VII) ahd. mhd.

Infinitiv rītan rîten zīhan zîhen biogan biegen biotan bieten bintan binden werfan werfen neman nemen geban geben faran var-Ø-n rātan râten

1. Sg. Ind. Präs. rītu rîte zīhu zîhe biugu biu[y:]ge biutu biu[y:]te bintu binde wirfu wirfe nimu nime gibu gibe faru var-Ø rātu râte

1.+3. Sg. Ind. Prät. reit reit zēh zêch boug bouc bōt bôt bant bant warf warf nam nam gab gap fuor vuor riet riet

1.+3. Pl. Ind. Prät. ritum /-un riten zigum /-un zigen bugum /-un bugen butum /-un buten buntum /-un bunden wurfum /-un wurfen nāmum /-un nâmen gābum /-un gâben fuorum /-un vuoren rietum /-un rieten

Partizip Präteritum giritan geriten gizigan gezigen gibogan gebogen gibotan geboten gibuntan gebunden giworfan geworfen ginoman genomen gigeban gegeben gifaran gevar-Ø-n girātan gerâten

b) Zu den Ablautreihen im Einzelnen: sieh oben das zum Althochdeutschen Gesagte! Die Kriterien für die Zuordnung eines starken mhd. Verbs zu einer Ablautreihe sind dieselben wie im Althochdeutschen (vgl. Ahd.+Mhd. S. 60-62 und S. 194-196) c) Die Flexion der starken Verben im Mittelhochdeutschen  sieh dazu Ahd.+Mhd. Übersicht Nr. 20, S. 209 ● Flexionsparadigma stV. nemen: (Lösung der Aufgabe): IV)

nemen

Infinite Formen

nime

nam

nâmen Infinitiv

genomen nemen

Finite Formen Indikativ

Singular

Plural

Konjunktiv

Singular

Plural

Imperativ

Partizip Präsens Partizip Präsens ich nime dû nimest er/sie/ez nimet wir nemen ir nemet sie nement ich neme dû nemest er/sie/ez neme wir nemen ir nemet sie nemen 2. Sg. nim! 2. Pl. nemet!

nemende genomen Präteritum ich nam dû naeme er/sie/ez nam wir nâmen ir nâmet sie nâmen ich naeme dû naemest er/sie/ez naeme wir naemen ir naemet sie naemen

d) Ausblick auf das Neuhochdeutsche: ● Lautliche Veränderungen

vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen

1) Nhd. Diphthongierung mhd. Langmonophthonge: 

î > ei, iu [y:] > eu , û > au z.B. mhd. mîn niuwez hûs – nhd. mein neues Haus

2) Nhd. Monophthongierung mhd. Diphthonge: 

ie > [i:], uo > [u:], üe > ü [y:] z.B. mhd. liebe guote brüeder – nhd. liebe gute Brüder

3) Senkung mhd. Diphthonge durch Öffnung des ersten Vokals: 

ei > ai, ou > au, öu > eu / äu z.B. mhd.: ein, boum, tröume – nhd. ein (= ain), Baum, Träume

4) Nhd. Dehnung mhd. Kurzvokale in offener Silbe (Silbe endet mit dem Vokal): 

z.B. mhd. gĕ-ben – nhd. g[e:]-ben

5) Nhd. Kürzung mhd. Langvokale in geschlossener Silbe (Silbe endet mit einem Konsonanten): 

z.B. mhd. hêr-lich – nhd. herr-lich

6) Desweiteren: 

Senkung von hohen zu mittleren Vokalen, z.B. mhd. günnen, sunne – nhd. gönnen, Sonne

  

Hebung von tiefen zu mittleren Vokalen, z.B. mhd. mâne – nhd. Mond Rundung (Labialisierung) z.B. mhd. zwelf, finf, mâne – nhd. zwölf, fünf, Mond Entrundung (Delabialisierung) z.B. mhd. küssen, nörz – nhd. Kissen, Nerz

● Veränderungen,

welche die starken Verben betreffen:

1. Verringerung des Bestandes der starken Verben zum Neuhochdeutschen Viele ehemals starke Verben verschwinden entweder ganz, oder werden schwach flektiert, z.B. nhd. walten – waltete – gewaltet < ahd waltan – wielt – giwaltan (AR. VII). Der umgekehrte Vorgang, nämlich, dass ein ehemals schwaches Verb stark flektiert, findet sich weniger oft, z.B. nhd. winken – winkte – aber: gewunken. Bisweilen stehen starke (ältere) Flexion und schwache Flexion als konkurrierende Formen nebeneinander, z.B. nhd. melken – molk / melkte. 2. Höhere Anzahl der Ablautreihen im Neuhochdeutschen Aufgrund der lautlichen Veränderungen vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen (s.o.) können die starken Verben im Neuhochdeutschen nicht mehr nur in sieben Ablautreihen eingeteilt werden, die Duden-Grammatik zählt 39 Ablautreihen. 3. Die Wirkung der Analogie auf die Flexion: Der Analogieausgleich in der Flexion der starken Verben vom Mittel- zum Frühneuhochdeutschen (vgl. Einf. S. 169-172) e) Ablautreihen: Mittelhochdeutsch – Neuhochdeutsch  fett gedruckt sind hier die Unterschiede zwischen Mhd. und Nhd., von denen einige wiederum rein graphischer Natur sind. Der nhd. Analogieausgleich im Präteritum und teilweise auch im Präsens ist durch Unterstreichung gekennzeichnet AR.

Infinitiv

1. Sg. Ind. Präs. rîte I a) mhd rîten nhd. reiten reite zîhe I b) mhd. zîhen zeihe nhd. zeihen biu[y:]ge II a) mhd. biegen nhd. bie[i:]gen bie[i:]ge biu[y:]te II b) mhd. bieten nhd. bie[i:]ten bie[i:]te binde III a) mhd. binden binden binde nhd. wirfe III b) mhd. werfen werfen werfe nhd. nime IV) mhd. nemen nehmen nehme nhd. gibe V) mhd. geben nhd. g[e:]ben g[e:]be VI) mhd. var-Ø-n var-Ø nhd. fahr-e-n fahr-e

1.+3. Sg. Ind. Prät. reit ritt zêch zieh bouc b[o:]g bôt bo/[o:]t bant band warf warf nam nahm gap g[a:]b vuor fuhr

1.+3. Pl. Ind. Prät. riten ritten zigen ziehen bugen b[o:]gen buten b[o:]ten bunden banden wurfen warfen nâmen nahmen gâben ga/[a:]ben vuoren fuhren

Partizip Präteritum geriten geritten gezigen geziehen gebogen geb[o:]gen geboten geb[o:]ten gebunden gebunden geworfen geworfen genomen genommen gegeben geg[e:]ben gevar-Ø-n gefahr-e-n

râte VII) mhd. râten nhd. ra/[a:]ten ra/[a:]te

riet rie[i:]t

rieten rie[i:]ten

gerâten gera/[a:]ten

 bitte legen Sie sich diese mhd. und nhd. Ablautreihen ergänzend neben die folgenden Erläuterungen!) a) Intraparadigmatischer (meint innerhalb eines selben Paradigmas = hier: Ablautreihe eines starken Verbs) Numerusausgleich im Präteritum (Präteritalausgleich). Vermutlich ausgelöst durch bereits bestehende Stammsilbengleichheit im Präteritum (bzw. Präsens) in einigen AR. sowie phonologische Prozesse, die zu einer solchen Gleichheit geführt haben. Die hier skizzierten Ausgleichsbewegungen im Rahmen der starken Verbalflexion verweisen auf die notwendige Unterscheidung zwischen lautgesetzlichem und nicht-lautgesetzlichem phonologisch-morphologischem Sprachwandel.  Mittelhochdeutsch: der Ablaut dient der Tempus- und Numerusdifferenzierung (d.h. unterschiedliche Wurzelvokale im Sg. und Pl. Prät.) in den AR Ia+b - V (in den AR VI und VII sind die Wurzelvokale im Sg. und Pl. gleich), z.B. mhd. reit -riten / zôch zugen / bant - bunden / warf - wurfen etc.  Neuhochdeutsch: der Ablaut dient nur noch der Tempusdifferenzierung (wobei ab AR IIIa das Part.II sich nach wie vor von den finiten Formen des Prät. unterscheidet), z.B. ritt - ritten / zog - zogen / band - banden / warf - warfen etc. Der Ausgleich kann in Richtung des Prät. Sg. (so in AR II a+b und III a+b) oder Pl. (so in AR I a+b, IV und V) und teils wohl auch unter Einfluß des Part.II erfolgen. (Im Frühneuhochdeutschen lassen sich häufig noch Unsicherheiten hinsichtlich der Ausgleichsrichtung feststellen.)  Der Ausgleich führte im Nhd. zu einer Reduktion der ablautenden Vokale in den betroffenen Reihen. Über die möglichen Ursachen des Ausgleichs besteht keine letzte Sicherheit. Die AR VI und VII (in denen mhd. keine Numerusdifferenzierung vorliegt) mögen (neben phonologischen Entwicklungen wie der nhd. Diphthongierung bzw. Monophthongierung) dazu den Anstoß gegeben haben, ebenso wie die Tatsache, daß bereits im Ahd. die 2. Sg. Ind. Prät. von der Ablautstufe der Pluralformen gebildet wurde (im Unterschied zu den Prät.-Präsentien, wo die alte Endung hierfür erhalten blieb), z.B. ahd. ziohan: ih/er zôh - dû zugi - wir zugun etc. > mhd. ziehen: ich/er zôch - dû züge - wir zugen etc. b) Intraparadigmatischer Ausgleich im Präsens starker Verben: in den AR , IIIb, IV und V wird im Nhd. die 1. Sg. an den Infinitiv angeglichen, in der AR IIa+b erfolgte im Nhd. Ausgleich des ganzen Sing. an den Inf. und Pl. Präs., während im Mhd. in diesen Ablautreihen der ganze Sg. Ind. Präs. einen anderen Wurzelvokal als der Infinitiv + der ganze Pl. Ind. Präs. aufwies. Die unterschiedlichen Wurzelvokale sind auf die komplementäre Distribution der Wurzelvokale io und iu bzw. e und i im Ahd. zurückzuführen, d.h. iu und i vor hellem i, u in den Flexiven (Sg.), io und e vor dunklem e und a in den Flexiven (Inf. + Pl.) z.B. ahd. biogan - biugu - biugis - biugit - biogemês etc. > mhd. biegen - biuge - biugest biuget - biegen etc. > nhd. biegen - biege - biegst - biegt - biegen etc.; ahd. werfan - wirfu wirfis - wirfit - werfemês etc. > mhd. werfen - wirfe - wirfest - wirfet - werfen etc. > nhd. werfen - werfe - wirfst - wirft - werfen etc. In AR. VI und VI unterscheiden sich die 2. und 3. Sg. Ind. Präs. vom Infinitiv, der 1. Sg. und dem Pl. Präs. infolge des Primär- und Sekundärumlautes (ab Mhd.) z.B. mhd. varn - var - verst - vert - varn etc. und mhd. râten râte - raetest - raetet - râten etc.

Auch hier mögen die AR Ia+b und IIIa (mit einheitlichem Wurzelvokal im Inf. und gesamten Präs.) Einfluß auf die AR IIa+b ausgeübt bzw. mögen die AR. VI und VII (mit einheitlichem Wurzelvokal im Inf., der 1. Sg. Ind. Präs. und im Pl. Präs.) Einfluß auf die AR. IIIb, IV und V gehabt haben. c) Interparadigmatischer Ausgleich: z.B. ein Paradigma eines starken Verbs wirkt auf das Paradigma eines anderen starken Verbs (sieh hier jeweils die obigen Erläuterungen zu den möglichen Ursachen des Ausgleichs im Prät. und Präs.). So haben möglicherweise zum Nhd. hin die Ablautreihen ohne Numerusdifferenzierung Ausgleich in denjenigen Ablautreihen veranlaßt, die im Mhd. Numerusdifferenzierung aufwiesen. Um dasselbe Phänomen handelt es sich, wenn Paradigmen der verschiedenen Verbalklassen (= starke und schwache Verben, Präterito-Präsentien) ausgleichenden Einfluß aufeinander ausüben, so bei der Kennzeichnung der 2. Sg., die nun im Nhd. bei allen Verbarten einheitlich ist, z.B. ahd. dû will-i (bes. Verb wellen) - dû nim-is (st. V. neman)- dû scal-t (Prät.-Präs. sculan) > mhd. dû wil-t (bes. Verb wellen) - dû nim-est (st. V. nemen) - dû sol-t (Prät.-Präs. soln) > nhd. du will-st - du nimm-st du soll-st. Flexionsmorphologische Analyse starker Verben (Formenbestimmungen): Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Verbformen aus dem mhd. Text (NL. 1. âventiure) grammatisch, ordnen Sie sie den entsprechenden Ablautreihen zu, nennen Sie die fünf Stammformen und begründen Sie jeweils die Ablautreihenzuordnung: wuohs (2,1), geheizen (2,3), verlíesén (2,4), gezam (3,1), was (3,2), pflâgen (4,1), wâren (5,1), erborn (5,1), ûz erkorn (5,2), stúrben (6,4), hiez (7,1), liez (7,2), gewan (7,4) etc. Musterbeispiel: wart (2,3): 3. Sg. Ind. Prät., st. V., AR. IIIb), a+Liquid + Kons., werden – wirde – wart – wurden – worden 4. Sitzung Termin

Thema

Literatur

7. 11. 2008

Historische Morphologie III: Schwache Verben des Althochdeutschen (Klasseneinteilung und Flexion)

 Ahd.+Mhd: Kap. I. 1. b) (S. 27-32)

Schwache Verben im Althochdeutschen a) Unterschiede zwischen starken und schwachen Verben: st. V.

sw. V.



‚primäre’ Verben





Bildung der Tempora durch Ablaut, z.B. nimu - nam



  

AR. Ia)-VII) Inf.-Flexiv -an Part.Prät. gi-Stamm-an, z.B. ginom-an 1. Sg. Präs. Flexiv -u

  





abgeleitete, daher ‚sekundäre’ Verben Bildung der Tempora ohne Ablaut: -t-Suffix zwischen Stamm und Flexionsendung im Prät., z.B. suochu – suohta Klassen I)-III) Inf.-Flexive -en, -ōn, -ēn Part.Prät. gi-Stamm-BV-t, z.B. gi-suoch-i-t 1. Sg. Präs. Flexive -u, -ōn, ēn (letztere wie Inf.-Flexive)



Flexive 1.-3. Sg. Prät.: -ø, -i, -ø



Flexive 1.-3. Sg. Prät.: -ta, -tōs, -ta

b) Klasseneinteilung: I) -jan* sieh zur Subklassifikation weiter unten! II) -ōn: BV -ōIII) -ēn: BV -ēc) Wortbildung und Semantik:  Einstiegshilfe: Stamm trenksalbfūl-

Suffix/Suffixvokal -en < -ja-ō-ē-

Flexionsendung -n -n -n

Semantik Faktitiva/Kausativa Ornativa Inchoativa

 sieh Ahd.+Mhd. S. 29f.! *d) Einteilung der -jan-Verben (=Kl. I):  sieh Ahd.+Mhd. S. 30f.: Phonologische Merkmale der jan-Verben: Gemination (des wurzelschließenden Konsonanten), Umlaut (im Präsens) und Rückumlaut (im finiten Präteritum) des Wurzelvokals! Die Kriterien für die Subklassifikation der ahd. -jan-Verben sind a) mit oder ohne Bindevokal -i- im finiten Präteritum, b) mit oder ohne Rückumlaut des Wurzelvokals im finiten Präteritum. Generell gilt, dass dort der Bindevokal -i- nach kurzer Wurzelsilbe erhalten blieb, nach langer Wurzelsilbe jedoch ausfiel.  sieh Ahd.+Mhd. S. 32! Es ergeben sich drei mögliche Konstellationen für die Subklassifikation der ahd. -jan-Verben: a) m. BV u. o. RU:  kurze Wurzelsilbe:  kurzer Wurzelvokal  (ursprüngl.) einfacher wurzelschließender Konsonant, der jedoch in Folge der sog. ‚Westgermanischen Konsonantengemination’ gedehnt wurde, was durch Doppelschreibung gekennzeichnet wird. Vornehmlich das -j bewirkte die Gemination, z.B. *zal-jan > zell-en, *frum-jan > frumm-en,*ful-jan > full-en. In den Präteritalformen, in denen j > i reduziert wurde, fand keine Gemination statt, so zelita – gizelit, frumita – gifrumit, fulita > gifulit. (In Analogie zu den Präsensformen finden sich ahd. aber auch Doppelschreibungen der wurzelschließenden Konsonanten, so z.B. gifullit).  Bindevokal i  j im Prät. erhalten: zel-i-ta  Kurzvokal a  e umgelautet vor folgendem i: zel-i-ta, vgl. vorahd. * zal-jan, got. tal-jan, daher kein Rückumlaut (sieh dazu die Erklärung unten) im finiten Präteritum (also kein unumgelautetes a im finiten Präteritum) b) o. BV u. o. RU:  lange Wurzelsilbe:

 Langvokale und Diphthonge als Wurzelvokale, z.B. hōr-en, suohh-en  Mehrfachkonsonanz der Wurzelsilbe z.B. durst-en  Mehrsilbigkeit z.B. hung-ir-en  Bindevokal -i- ist im finiten Prät. nach langer Wurzelsilbe ausgefallen: durst-Ø-ta (dursta)  kein Kurzvokal –e- als Wurzelvokal im Präsens wie bei a)  daher kein Rückumlaut im finiten Prät. c) o. BV u. m. RU:  lange Wurzelsilbe:  (ursprüngl.) Mehrfachkonsonanz der Wurzelsilbe  Kurzvokal e im Präsens  hier treffen immer die beiden genannten Merkmale zusammen, Kurzvokal e im Präsens und Mehrfachkonsonanz der Wurzelsilbe (kein entweder - oder) z.B. trenk-en  * trank – jan – Prät.: trank-ta  der Bindevokal -i- im finiten Prät. fiel nach langer Wurzelsilbe aus, so dass der Kurzvokal -a- im Prät. nicht zu -e- umgelautet wurde = sog. ‚Rückumlaut’. Diachrone Hypothese: Grimm nahm an, dass wohl zuerst der Bindevokal -i- noch i-Umlaut a > e bewirkte, ehe er ausfiel, so *trenk-i-ta, und dass dann, nachdem der Bindevokal -i- ausgefallen war, so *trenkta, der i-Umlaut a > e ‚rückgängig’ gemacht wurde, also e > a in trank-ta, daher die Bezeichnung ‚Rückumlaut’. Möglicherweise ist bei diesen Verben nie ein Bindevokal im finiten Prät. aufgetreten, oder er ist ausgefallen, ehe er Umlaut bewirken konnte, so dass man synchron-althochdeutsch von einem ‚unterbliebenen Umlaut im finiten Präteritum’ sprechen kann. Im unflektierten Part. Prät. tritt meist der Bindevokal -i- und der durch dieses bewirkte iUmlaut wieder auf, so gitrenk-it, also trenken – trankta – gitrenkit. Im Althochdeutschen ist diese dritte Gruppe nur durch wenige Verben vertreten. Das wird sich zum Mittelhochdeutschen deutlich ändern ...! e) Flexion: sieh Ahd.+Mhd. S. 199 (Übersicht Nr. 4: Paradigmen zellen, suochen, salbōn, habēn)! Flexionsmorphologische Analyse schwacher Verben (Formenbestimmungen): Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Verbformen aus dem 2. ahd. Text (Tat. 15,1-6) grammatisch, ordnen Sie sie den entsprechenden Stammklassen zu, nennen Sie den Infinitiv, die 1./3. Sg. Ind. Prät. und das Part. Prät. Begründen Sie die Stammklassenzuordnung: (uuas) gileitit (1,1), (vvurdi) gicostōt (1,3), fastēta (2, 1), hungirita (2, 2/§), antlingōta (3,4), lebēt (3,5), gisazta (4,2), senti (4,5), araugta (5,2), betōs (5,5), thionōs (5,8), gientōtero (6,1), ambahtitun (6,4/5) Musterbeispiel: costōs 2. Sg. Ind. Präs., sw. V., -ōn, da BV. -ō-, costōn – costōta – gicostōt. 5. Sitzung Termin

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Literatur

14. 11. 2008

Historische Morphologie IV: Schwache Verben des Mittelhochdeutschen (Klasseneinteilung und Flexion)

 Ahd.+Mhd: Kap. II. 1. b) (S. 69-74)

Schwache Verben im Mittelhochdeutschen: Neueinteilung



phonologischer Wandel Ahd. > Mhd.: Abschwächung unbetonter Nebensilbenvokale und Ausweitung des Umlautes

Ahd.: Kl. I -jan: a) m. BV u. o. RU b) o. BV u. o. RU c) o. BV u. m. RU Kl. II -ōn   Abschwächung der der ahd. vollen Flexionssilben zu -en Kl. III -ēn   nun haben alle schwachen Verben das einheitliche Flexiv -en, und sind nicht mehr wie im Ahd. unterscheidbar  der Bestand an ehemaligen ahd. -jan-Verben mit Umlaut im Präsens und Rückumlaut im finiten Präteritum vergrößert sich zum Mhd. erheblich all dies führt zur: Veränderung der Klasseneinteilung im Mittelhochdeutschen  hierbei wird gerade die Rückumlaut zum ersten unterscheidenden Kriterium: Kl. I o. RU. (hier finden sich alle ehem. ahd. -ōn- und -n-Verben sowie alle ehemaligen -jan-Verben ohne umlautfähigen Wurzelvokal, das sind -ie, -i, -ī, -ei, -ē) – Kl. II m. RU. (hier finden sich alle ehem. ahd. -jan-Verben mit umlautfähigem Wurzelvokal); Kl. I wird nochmals in zwei Klassen unterteilt: mit oder ohne Bindevokal -e- im finiten Präteritum: 

Kl. Ia) o. RU u. m. BV: bei kurzer Wurzelsilbe z.B. sag - en Prät.: sag - e - te b) o. RU u. o. BV: bei langer Wurzelsilbe z.B. dien - en Prät.: dien - Ø - te

 hierbei können nur tendenzielle Angaben gemacht werden (die mhd. Überlieferung bietet keine Regelmäßigkeit, was evtl oft im Vers begründet ist) diese Klasse umfaßt die ehem. ahd. -ōn und -ēn-Verben (sowie alle ehem. -jan-Verben, die keinen umlautfähigen Wurzelvokal haben), z.B. ahd. sagēn, thionōn, -jan.-V. ahd. lēren, teilen 

Kl. II: m. RU u. o. BV: hierzu zählen alle die ehem. jan - Verben, die bereits ahd. o. BV u. m. RU, sowie alle diejenigen ehem. jan-Verben, die einen umlautfähigen Wurzelvokal bzw. Diphthong im Präsens haben (= u, a, ou, o, uo, und, wie schon im Ahd., a) z.B. küssen (ahd. kussen), wænen (ahd. wanen), grüezen (ahd. gruozen), tröumen (ahd. troumen), hoeren (ahd. hōren)  Vergrößerung dieser Untergruppe der ehem. -jan-Verben im Vergleich zum Althochdeutschen  umlautlose Formen im Prät. z.B. tröumen (Präs.) – troumta (Prät.) erhalten (Rückumlaut )  umgelautete neben unumgelauteter Form im Part. Prät., z.B. gehoeret – gehôrt (hier dann o. BV)  im Nhd. Ausgleich meist zugunsten der umgelauteten Form, z.B. hören – hörte – gehört

Phonologische Besonderheit: Der Fall ahd. denken – dāhta, mhd. denken – dâhte:  Rekonstruktion des Sprachwandels:

Inf. germ. *Þank-jan > ahd./mhd. denken Prät. germ. *Þank-ta > germ. *Þanh-ta: Primärer Berührungseffekt k+t > -ht> germ. *Þah-ta: Nasalausfall vor -h > germ. *Þãh-ta: Nasalierung des Wurzelvokals > germ. *Þāh-ta: Ersatzdehnung des Wurzelvokals > ahd. dāhta – mhd. dâhte analog: bringan – brāhta, dunken – dūhta  sieh dazu Ahd.+Mhd., S. 73f. und 103f! Die Flexion der schwachen Verben im Mittelhochdeutschen Flexion: sieh Ahd.+Mhd. Übersicht Nr. 21, S. 210 Flexionsmorphologische Analyse schwacher Verben (Formenbestimmungen): Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Verbformen aus dem mhd. Text (NL. 1 âventiure) grammatisch, ordnen Sie ordnen Sie sie den entsprechenden Stammklassen zu, nennen Sie den Infinitiv, die 1./3. Sg. Ind. Prät. und das Part. Prät. Begründen Sie die Stammklassenzuordnung (= o./m. RU., m./o. BV.): geseit (< kontrahiert aus gesaget) (1,1), hoeren (1,4), sagen (1,4), triuten (3,1), zierten (23,4), genant (5,3), frumten (5,4), diente (6,2), bewart (9,4), genennen (10,4), tróumte (13,1) etc. Musterbeispiel: wonten 3. Pl. Ind. Prät., sw. V., Kl. I o. RU., hier ist der BV. –e trotz kurzer Wurzelsilbe ausgefallen, weswegen nur Kl. I o. RU. (nicht a) oder b) angegeben wird), wonen – won(e)te – gewon(e)t. 6. Sitzung Termin

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Literatur

21. 11. 2008

Historische Morphologie V: Präterito Ahd.+Mhd: Kap. I. 1. c) (S. 33-37) Präsentien des Alt- und Mittelhochdeutschen Kap. II. 1. c) (S. 75-80) Kap. III.1.b) (S. 104-106)

Präterito-Präsentien im Althochdeutschen = Sondergruppe starker Verben:  bilden von den starken Verben nur Präteritumsformen  haben aber präsentische Bedeutung  die ausgedrückte Handlung gilt für den Sprechenden als abgeschlossen, wirkt aber noch weiter  bilden ihr Präteritum mit dem für das Präteritum der schwachen Verben charakteristischen Dentalsuffix -tvgl. st. V. Abl. Ia) ritan – Prät.Präs. wizzan: st. V. AR. st.V.

Präsens Präteritum Infinitiv 1. Sg. 1.+3. Sg. 1.+3. Pl. Ind. 1.+3. Pl. Ind. Präs. Ind. Prät. Prät. Ind. Prät.

Partizip Präteritum

AR. Prät.Präs.

-

I a) rītan wizzan

-

rītu -

1.-3. Sg. 1.+3. Pl. Ind. Ind. Präs. Präs. + Inf.(initiv) reit ritum /-un weiz wizzun weist + Inf. wizzan weiz

1.+3. Sg. Ind. Prät. (sw.V.) wissa/ wista/westa

Partizip Präteritum giritan giwizzan

 Prät.Präs.: wizzan ‚wissen’, eigtl. „gesehen zu haben“ vgl. die Etymologie: Idg.-Germ. Sprachverwandtschaft (Urverwandtschaft mit ahd. wizzan): Idg. Wurzel: *ueid- ‚erblicken, sehen, wissen, gesehen haben’ lat. videre ‚sehen’ - vidi ‚ich habe gesehen’ griech. idein ‚sehen’ eidenai (erkennen) - oida (ich weiß) idea / eidos (Subst.: Bild, Vorstellung) (Zusammenhang der Bildungen durch Ablaut) germ. *wit-: got. witan aengl. witan ahd. wizzan (2. LV. germ. t  zz)  Konsonantische Besonderheit: Primärer Berührungs - Effekt (PBE) sieh dazu Ahd.+Mhd. S. 104-106! Präsens AR. Prät. Präs.

-

-

I a) wizzan

-

-

Präteritum 1.-3. Sg. 1.+3. Pl. Ind. 1.+3. Sg. Partizip Ind. Präs. Präs. Ind. Prät. Präteritum + Inf.(initiv) (sw.V.) weiz wizzun wissa/ giwizzan weist + Inf. wizzan wista/westa weiz

a) Präteritalformen:  1./3. Sg. Prät.: wissa/wista/westa  1./3. Pl. Prät.: wissun  2. Sg. Prät.: wissut  Stamm germ. *wit- + -ta (Präteritalsuffix) t + t  -ss- / wissPBE ensteht beim Aufeinandertreffen von:   

Dental + Dental:d, t + t = ss / st Velar + Dental: g, k + t = ht Labial + Dental: b, p + t = ft

Der wurzelschließende Konsonant (Plosiv) wird durfch das Zusammentreffen mit dem Präteritalsuffix zu einem an derselben Stellen artikulierten (homorganen) Frikativ.

b) PBE nicht nur im Prät., sondern auch bei der 2. Pers. Sg. Präs., da diese bei den Prät.Präs. noch mit -t gebildet wird, im Unterschied zu der 2. Sg. bei den st. Verben (hier ist also im Ahd. eine alte Endung erhalten):  vgl. st. V. neman - 2. Sg. Ind. Prät. dū nami  Prät.Präs. wizzan - 2. Sg. Ind. Präs. dū weist  *weit + t = weiss = PBE > weiss  weis = Vereinfachung von -ss im Auslaut > weis + t = sekundäres -t , analog zu anderen Formen, so Prät.Präs. durfan - 2. Sg. Ind. Prät. dū darft Weiter ist zu beachten:  Senkung von -u- zu -o- vor -a-, z.B. durfan - *durfta  dorfta  Lenisierung t > d nach Nasal, z.B. kunnan - konda Ablautreihen der st.V. und Präterito – Präsentien im Althochdeutschen  sieh dazu Ahd.+Mhd. Übersicht Nr. 5, S. 201 AR. st.V. AR. Prät.Präs.

Infinitiv -

I a) rītan wizzan

eigan

1. Sg. 1.+3. Sg. Ind. Präs. Ind. Prät. 1.-3. Sg. Ind. Präs. rītu -

-

I b) zīhan II a) biogan toug

-

reit weiz weist weiz -

zīhu

zēh

biugu -

boug toug

II b) biotan III a) bintan unnan kunnan

biutu bintu -

bōt

III b) werfan durfan

wirfu -

-

gitar

-

-

bant an kan kanst kan warf darf darft darf gitar gitarst gitar

1.+3. Pl. Ind. Prät. 1.+3. Pl. Ind. Präs. + Inf.(initiv) ritum /-un wizzun + Inf. wizzan  eigun  + Inf. eigan zigum /-un bugum /-un tugun +butum /-un buntum /-un unnun kunnun + Inf. kunnan wurfum /-un durfun + Inf. durfan giturrun +-

1.+3. Pl. Ind. Prät. 1.+3. Sg. Ind. Prät.

Partizip Präteritum Partizip Präteritum

(nach sw.V.)

giritan wissa/ giwizzan wista/westa -

-

-

gizigan gibogan -

-

gibotan gibuntan -

tohta

onda konda

dorfta

gitorsta

giworfan -

-

IV) neman sculan

V) geban magan/ mugan

nimu -

gibu -

VI) faran muoz

faru

VII) rātan -

rātu

-

-

nam scal scalt scal gab mag maht mag fuor muoz muost muoz riet -

nāmum /-un sculun (u !) + Inf. sculan gābum /-un  magun  + Inf. magan mugun (u!) + Inf. mugan fuorum /-un muozun +-

scolta

mahta

ginoman -

gigeban -

mohta muos(s)a

rietum /-un -

-

gifaran -

girātan -

Flexion Infinite Formen

werfan (stV.) werfanti giworfan Präteritum

Finite Formen Ind. Sg ih warf dū wurfi er/siu/iz warf Pl. wir wurfun ir wurfut sie/sio/siu wurfun Konj. Sg. ih wurfi dū wurfīs er/siu/iz wurfi Pl. wir wurfīn/-īmēs ir wurfīt sie/sio/siu wurfīn

Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präsens

durfan (Prät.Präs.) durfanti Präteritum

suochen (swV.) suochenti gisuochit Präteritum

ih darf dū darft er/siu/iz darf wir durfun ir durfut sie/sio/siu durfun ih durfi dū durfīs er/siu/iz durfi wir durfīn/-īmēs ir durfīt sie/sio/siu durfīn

ih dorfta dū dorftōs er/siu/iz dorfta wir durftun/dorftun ir durftut/dorftut sie/sio/siu durftun/dorftun ih durfti dū durftīs er/siu/iz durfti wir durftin/-īmēs ir durftīt sie/sio/siu durftīn

ih suochta dū suochtōs er/siu/iz suochta wir suochtun ir suochtut sie/sio/siu suochtun ih suochti dū suochtīs er/siu/iz suochti wir suochtin/-īmēs ir suochtīt sie/sio/siu suochtīn

Flexionsmorphologische Analyse von Präterito-Präsentien (Formenbestimmungen): Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Verbformen aus dem ahd. Text (Chr.u.d.S. S., S. 171f. ) grammatisch, ordnen Sie sie den entsprechenden Ablautreihen zu, nennen Sie den Infinitiv, die 1./3. Sg. Ind. Präs. und die 1./3. Sg. Ind. Prät.: vuizzun (3), vuizze (15), vuissis (17), unnen (21), maht (27) Musterbeispiel: uuestut (Tat. 12,7,2): 2. Pl. Ind. Prät., Prät. Präs., AR. I(a), wizzan – weiz – wissa (westa) Ablautreihen der st.V. und Präterito – Präsentien im Mittelhochdeutschen  sieh dazu Ahd.+Mhd. Übersicht Nr. 22, S. 211

AR. st.V. AR. Prät.Präs.

Infinitiv -

I a) rîten wizzen

eigen

1. Sg. 1.+3. Sg. Ind. Präs. Ind. Prät. 1.-3. Sg. Ind. Präs. rîte

-

reit weiz weist weiz -

biuge -

zêch bouc touc

-

-

I b) zîhen II a) biegen tugen

zîhe

II b) bieten III a) binden gunnen -

biute binde -

-

kunnen

III b) werfen durfen

turren

wirfe -

-

IV) nemen suln

V) geben magen/ mugen

-

nime -

gibe -

VI) varn müezen

var

VII) râten -

râte

-

-

bôt bant gan ganst gan kan kanst kan warf darf darft darf tar tarst tar nam sol solt sol gap mac maht mac vuor muoz muost muoz riet -

1.+3. Pl. Ind. Prät. 1.+3. Pl. Ind. Präs. + Inf.(initiv) riten wizzen + Inf. wizzen  eigen +zigen bugen tugen + Inf. tugen buten bunden gunnen

kunnen + Inf. kunnen wurfen durfen + Inf. durfen turren +-

1.+3. Pl. Ind. Prät. 1.+3. Sg. Ind. Prät. (nach sw.V.)

wisse/ wesse

gâben  magen  + Inf. magen mugen (u!) + Inf. mugen vuoren müezen +rieten

 eigen

-

gezigen gebogen -

-

geboten gebunden gegunnen

tohte

gunde

kunde

dorfte

-

geworfen -

-

genomen -

solde

mahte

mohte muose/ muoste

-

geriten gewist/ gewest

-

torste

nâmen sculn (u !) + Inf. sculan

Partizip Präteritum Partizip Präteritum

gegeben gevarn -

gerâten -

 nicht mit allen Nebenformen, ohne Konjunktiv und ohne Semantik, sieh dazu nochmals Ahd.+Mhd. Übersichten Nr. 5 und 22, S. 200 (ahd. Prät.Präs.) und S. 211 (mhd. Prät.Präs.)

Flexion Infinite Formen

werfen (stV.) werfendei geworfen Präteritum

Finite Formen Ind. Sg ich warf dû würfe er/siu/iz warf Pl. wir wurfen ir wurfet sie wurfen Konj. Sg. ich würfe dû würfest er/sie/ez würfe Pl. wir würfen ir würfet sie würfen

Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präsens

durfen (Prät.Präs.) durfende Präteritum

suochen (swV.) suochende gesuochet Präteritum

ich darf dû darft er/sie/ez darf wir durfen ir durfet sie durfen ich dürfe dû dürfest er/sie/ez dürfe wir dürfen ir dürfet sie dürfen

ich dorfte dû dorftest er/sie/ez dorfte wir dorften ir dorftet sie dorften ich dörfte dû dörftest er/sie/ez dörfte wir dörften ir dörftet sie dörften

ich suochte dû suochtest er/sie/ez suochte wir suochten ir suochten sie suochten ich suochte dû suochtest er/sie/ez suochte wir suochten ir suochtet sie suochten

Flexionsmorphologische Analyse von Präterito-Präsentien (Formenbestimmungen): Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Verbformen aus dem mhd.. Text (NL. 1. âventiure) grammatisch, ordnen Sie sie den entsprechenden Ablautreihen zu, nennen Sie den Infinitiv, die 1./3. Sg. Ind. Präs. und die 1./3. Sg. Ind. Prät.: muget (1,4), muosen (2,4; 10,2), kan (10,4; 17,3; 17,4), kunden (11,4), (en)kunde (12,4; 13,4; 14,2), muoste (13,3), muost (14,4), sol (15,4; 17,4), solt(u) (16,2), wesse (18,3) Musterbeispiel: mohte (2,2): 3. Sg. Ind. Prät., Prät.Präs., AR. V, mugen – mac [– mohte]  sieh selbständig ergänzend zu den besonderen Verben des Alt- und Mittelhochdeutschen: Ahd.+Mhd. S. 38 sowie Übersichten Nr. 6-9, S. 200f. und S. 81 sowie Übersichten Nr. 23-26, S. 212f.! 7. Sitzung Termin

Thema

Literatur

28. 11. 2008

Historische Morphologie VI: Substantive des Althochdeutschen (Klasseneinteilung und Flexion)

 Ahd.+Mhd: Kap. I. 2. a) (S. 39-50)

Allgemeine Übersicht Althochdeutsche Substantive: Genera und Stammklassen

a-St.

stark ō-St. i-St.

(+ ja/wa-St.)

(+ jō-/ wō-St.)

u-St.

schwach n-St. -er

sonstige -nt -ir(ehem. iz-/azSt.)

wurzelnomina

M.

+

_

+

+

+

i F.

_

+

+

+

+

_

_

+ a

starke Hauptklassen (mit Unterklassen)

Reste

+

_

+

a

+

+

+

ō _

i N.

+

a _ _

+

+

i _

a

(wenige) schwache Hauptklassen

_

Verw.Bez.

PartizipialStämme

ir- Pl.

kein Stammbil dungsele ment

 sieh dazu Ahd.+Mhd., S. 39-41 (Stichworte: Bau eines Substantivs; Stammbildungselemente; Diachronie der Stammklassenzuweisung; Veränderungen vom Germ. zum Ahd.: Abschwächung und Schwund germanischer Endsilben) Althochdeutsche Substantive: Hauptklassen    

Klasse 1: schwache n-Stämme (z.B. boto, herza, zunga) (nur wenige Neutra: herza, ouga, ōra, wanga; Pl. thiu hīwun) Klasse 2: starke ō-Stämme (z.B. geba) Klasse 3: starke a-Stämme (z.B. tag, wort) Klasse 4: starke i-Stämme (z.B. gast, kraft)

 sieh dazu Ahd.+Mhd., S. 42-44 (Paradigmen der Hauptklassen und synchronalthochdeutsche Merkmale) Unterklassen und Sonderfälle   

    

Unterklassen der a-Stämme: ja-Stämme (M. hirti, lērāri; N. kunni) und wa-Stämme (M. sēo; N. horo) Unterklassen der ō-Stämme: jō-Stämme (F. suntia, kuningin) und wō-Stämme (F. brāwa) u-Stämme (M. situ, fridu, sunu, sigu, hugu: das -u nur im Nom./Akk. Sg. erhalten; F. hant: nur Dat. Pl. regelmäßig hantum/-un sonst nach i-Stämmen; N. fihu: -u nur im Nom./Akk. Sg.) Verwandtschaftsbezeichnungen auf -er: fater, bruoder, muoter, swester (Einheitsform im Sg., im Pl. teils nach a- bzw. ō-Stämmen) feminine (deadjektivische) Abstrakta auf -ī-(n), z.B hōh ‚hoch’  (diu) hōh-ī(n) ‚Höhe’ Wurzelnomina: M. man teilweise nach den a-Stämmen; F. naht, burg teilweise nach den i-Stämmen) neutrale ir-Plurale: lamb – lembir, kalb – kelbir, blat – bletir, smalenōz – smalenōzzir (vgl. Christus und die Samariterin, Z. 33), (h)rind – (h)rindir [Partizipialstämme: M. heilant, fiant, friunt (gehen wie st. a-Stämme)]

 sieh dazu Ahd.+Mhd., S. 46-50 Flexion:

 sieh dazu Ahd.+Mhd., S. 202 (Übersicht Nr. 10 über die Flexion der Hauptklassen; sehr schön erkennbar ist hier die jeweilige Besetzung der Stammklassen durch die Genera) Flexionsmorphologische Analyse (Formenbestimmungen): Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Substantive aus dem ahd. Text (Tat. 12,1-9) grammatisch. Geben Sie Kasus, Numerus und Genus an sowie den Nom. Sg. und ordnen Sie die Wortformen in die jeweiligen Stammklassen ein: kneht (1,1), spāhidu (1,2), gotes (1,2), geba (1,2), eldiron (1,3), iāro (2,2), giuuonu (2,3), tages (2,4), tagun (2,4), samantferti (3,1/2), uueg (3,2), māgun (3,3), temple (4,2), lērārin (4,3), uuīstuom (5,2), antvvurti (5,2/3), muoter (6,1), sun (6,1), fater (6,2), uuort (8,1), uuort (9,1), herzen (9,2), heilant (9,2), altere (9,3), gebu (9,4), gote (9,4), mannun (9,4) Musterbeispiel: tage (1,4): Dat. Sg. st. Subst. M., a-St. (Paradigmawort), (der) tag Ausführlichere Althochdeutsche Übungsaufgabe (ohne Lösungen): Übersetzung eines althochdeutschen Textes (Tatian) und Formbestimmung althochdeutscher Substantive Tatian 87, 1-2 (Hälfte), vgl. Alt- und Mittelhochdeutsch, S. 168: 87, 1. Gilamf inan uaran thuruh Samariam. Inti quam thō in burg Samariae thiu dār ist giquetan Sychar, nāh uodile, den dār gab Iacob Iosebe sīnemo sune. Uuas dār brunno Iacobes. Der heilant uuas giuueigit fon thero uuegeferti, saz sō oba themo brunnen; uuas thō zīt nāh sehsta. 2. Quam thō uuīb fon Samariu sceffen uuazzar. Thō quad iru ther heilant: „Gib mir trinkan.“ Sīne iungiron giengun in burg, thaz sie muos couftīn. Übersetzen Sie den voranstehenden althochdeutschen Text in die heutige Hochsprache und bestimmen Sie die unterstrichenen Substantive grammatisch. Geben Sie Kasus, Numerus und Genus an sowie den Nom. Sg. (mit Angabe der Bedeutung) und ordnen Sie die Wortformen in die jeweiligen Stammklassen ein. Begründen Sie Ihre Einordnung und berücksichtigen Sie bei der grammatischen Bestimmung den Kontext. Althochdeutsche Übungsaufgabe mit Lösungen: Substantive, Adjektive und Pronomina Bestimmen Sie die folgenden Substantive, Adjektive und Pronomina grammatisch (Genus, Kasus, Numerus), ermitteln Sie die Grundform (Nom. Sg.) und ordnen Sie sie den Flexionsklassen zu; bei den Adjektiven nicht nur die Stammzugehörigkeit (a/ō-, ja/jō-, wa/wō-Stämme) angeben, sondern auch die Art der Flexion (pronominal stark od. nominal schwach). Schlagen Sie die Bedeutung der Wörter bei Schützeichel nach.     

geba ( T 12.1. ): Nom. Sg. st. fem., ō-Stämme (‚Gabe, Geschenk; Gnade’) sīne ( T 12.1. ): Nom. Sg. Mask., Possessivpronomen ( ahd. sīn - nhd. sein) iāro ( T 12.2. ): Gen. Pl. st. Neutr. a-Stämme; Nom. Sg. iār (‚Jahr’) tages ( T 12.2. ): Gen. Sg. st. Mask. a- Stämme (hier auch i-Stämme möglich, da im Sg. übereinstimmende Kasusendungen); Nom. Sg. tag (‚Tag’) imo ( T 12.1. ): Dat. Sg. Mask., Personalpronomen; Nom. Sg. ahd./nhd. er > ihm

        

iungōron ( T 87.1. ): Nom. Pl. sw. Mask. n-Stämme; Nom. Sg. iungiro/iungōro (der Jünger(e)), Komparativ von dem Adj. iung, a-/ō-Stämme (jung); Komparative werden immer nominal schwach flektiert itmālemo ( T 12.1. ): Dat. Sg. Mask., pronominal stark flektiertes Adj. Nom. Sg. itmāli, ja-/jō-Stämme (laut Schützeichel nur bei Tatian im Zusammenhang mit tag belegt: itmali tag ‚Festtag’) samantferti ( T 12.3. ): Dat. Sg. st. Fem. i-Stämme; Nom. Sg. samantfart (Reisegesellschaft) inan ( T 12.3. ): Akk. Sg. Mask., Personalpronomen; Nom. Sg. ahd./nhd. er > ihn giuuonu ( T 12.2. ): Dat. Sg. st. Fem. ō-Stämme; Nom. Sg. giuuona (‚Brauch, Gewohnheit, Ordnung’; giwona kann ahd. auch schwach flektiert werden, vgl. die Eintragung bei Schützeichel: st.sw. F.) antvvurti ( T 12.5. ): Akk. Pl. st. Neutr. ja-Stämme; Nom. Sg. antwurti (‚Antwort’) sizzantan ( T 12.4. ): Akk. Sg. Mask., pronominal stark flektiertes Part. Präs., st. V. jPräs., Ablr. V, Inf.: sizzen (‚sitzen’); Nullform: sizzenti/sizzanti uuazzare ( T 87.1. ): Dat. Sg. st. Neutr. a-Stämme, Nom. Sg. wazzar (‚Wasser’) lērārin ( T 12.4. ): Dat. Pl. st. Mask. ja-Stämme, Nom. Sg. lērāri (‚Lehrer’), Nomen agentis, das eine handelnde Person beschreibt; im Dat. Pl. älter ahd. lērārim zu lērārin abgeschwächt

8. Sitzung Termin

Thema

Literatur

5. 12. 2008

Historische Morphologie VII: Substantive des Mittelhochdeutschen (Klassenneueinteilung und Flexion)

 Ahd.+Mhd: Kap. II. 2. a) (S. 82-88)

Mittelhochdeutsch - Substantive: Neueinteilung Gründe für die gegenüber dem Ahd. erfolgte Neueinteilung:  Endsilbenabschwächung  Ausweitung des Umlautes Die lautlichen Veränderungen zum Mhd. (= ahd. Endsilbenvokale a, o, u, i > mhd. e, Reduktion der mehrsilbigen Flexionsendungen durch Nebensilbenabschwächung und Apokope z.B. ahd. -ōno > mhd. -en, vgl. Ahd.+Mhd., S. 84f.) führen zur Vereinheitlichung der Kasusformen und zur somit notwendigen Neueinteilung der Substantive, wobei im Unterschied zum Ahd. nicht mehr durch unterschiedliche Endungsvokale im Plural (vgl. die Klassen III und IV) die Klassen voneinander unterschieden werden, sondern der Umlaut nun zum klassenunterscheidenden Merkmal wird (vgl. Ahd.+Mhd., S. 86 einschließlich Tabelle). Die ahd. und mhd. Substantivflexionsklassen: (I = schwach / II-IV = stark) Ahd.: I (n-Stämme): M. F. N. 

Mhd.: I: M. F. N.

entsprechen einander (d.h. selbe Wörter wie im Ahd., auch selbe Neutra); im Mhd. abgeschwächte Endungen (vgl. Ahd.+Mhd., S. 85)

Ahd.: II (ō-Stämme): F.

Mhd.: II: F.



ebenfalls Fortsetzung der ahd. Flexion mit abgeschwächten Endungen (vgl. ebd.)

Ahd.: III (a-Stämme): M. N. 

keine völlige Entsprechung von mhd. und ahd. Flexion: im Mhd. nämlich enthältdie Kl. III nicht nur die Mask. der ahd. a-Stämme, sondern auch diejenigen Mask. der ahd. i-Stämme, die keinen umlautfähigen Wurzelvokal haben, also im Plural nicht umlauten (vgl. Ahd.+Mhd., S. 85f.); zudem nun finden sich in der mhd. Kl. III auch noch Fem., nämlich diejenigen Fem. der ahd. i-Stämme, die ebenfalls keinen umlautfähigen Wurzelvokal haben, also im Plural nicht umlauten (vgl. ebd.); abgeschwächte Endungen im Mhd. Ehemalige ahd. neutrale ja-Stämme, die teilweise bereits im Sg. mhd. Umlaut haben, vgl. ahd. daz kunni – mhd. daz künne, gehören ebenfalls in die Kl. III (Ahd.+Mhd., S. 86)

Ahd.: IV (i-Stämme): M. F. 

Mhd.: III: M. F. N.

Mhd.: IV: M. F. N.

enthält nun im Mhd. nur diejenigen ehem. ahd. i-Stämme, die einen umlautfähigenWurzelvokal haben, also im Plural umlauten (vgl. ebd., insbes. Tabellen S. 86); desweiteren finden sich in der mhd. Kl. IV noch diejenigen Neutra der ahd. a-Stämme, welche den Plural mit dem Kennzeichen -ir bildeten und einen umlautfähigen Wurzelvokal haben (vgl. Ahd.+Mhd., S. 86); abgeschwächte Endungen im Mhd.

Flexion:  sieh dazu Ahd.+Mhd., S. 214 (Übersicht Nr. 27 über die Flexion der Hauptklassen; sehr schön erkennbar ist hier die gegenüber dem Ahd. stärkere Besetzung der Stammklassen durch die Genera) Flexionsmorphologische Analyse (Formenbestimmungen): Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Substantive aus dem mhd. Text (NL. 1. âventiure) grammatisch. Geben Sie Kasus, Numerus und Genus an sowie den Nom. Sg. und ordnen Sie die Wortformen in die jeweiligen Klassen (I-IV) ein: wunders (1,1), helden (1,2), arebeit (1,2), fröuden (1,3), hôchgezîten (1,3), recken (1,4), strîten (1,4), wunder (1,4), magedîn (2,1), landen (2,2), wîp (2,3), degene (2,4), lîp (2,4), künege (3,1), juncfrouwe (3,4), tugende (3,4), frouwe (4,4) swester (4,4), fürsten (4,4), pflegen (4,4) etc. Musterbeispiel: maeren (1,1): Dat. Pl. N. st. Subst., Kl. III, daz maere Mittelhochdeutsch-Übungsaufgabe Formbestimmung mittelhochdeutscher st. und. sw. Verben, Prät. Präs. und Substantive Bestimmen Sie die im folgenden mhd. Text fett gedruckten Wortformen jeweils nach den bereits bekannten grammatischen Kategorien, ordnen Sie sie den jeweiligen Ablautreihen bzw. Flexionsklassen zu (mit kurzer Begründung) und geben Sie die Stammformen bzw. den Nom. Sg. bei den Substantiven an (vgl. zur leichteren Orientierung die Übungsaufgaben zum Ahd.).

Hartmann von Aue, Der arme Heinrich (Ahd.+Mhd., S. 187f., Z. 70-83) er was des râtes brücke und sanc vil wol von minnen. alsus kunde er gewinnen der werlte lop unde prîs. er was ein hövesch unde wîs. Dô der herre Heinrich alsus geniete sich êren unde guotes und vroelîches muotes und werltlîcher wünne (er was vür al sîn künne geprîset unde gêret), sîn hôchmuot wart verkêret in ein leben gar geneiget. (Anm.: Die Formen wart verkêret in Z. 82 können entw. jede für sich bestimmt werden, oder insges. als Passiv, vgl. nhd. „wurde gewendet“.)  sieh selbständig ergänzend zu den Pronomina des Alt- und Mittelhochdeutschen: Ahd.+Mhd. S. 51-53 sowie Übersichten Nr. 11-17, S. 203-206, S. 89-90 sowie Übersichten Nr. 28-34, S. 215-218! 9. Sitzung Termin

Thema

Literatur

12. 12. 2008

Historische Morphologie VIII: Flexion der Adjektive des Alt- und Mittelhochdeutschen

 Ahd.+Mhd: Kap. I. 2. c) (S. 54-58) Kap. II. 2. c) (S. 91-96)

Adjektive im Althochdeutschen: Verschiedene Flexion:  Während das Substantiv (v.a. im Neuhochdeutschen) meist auf ein Genus festgelegt ist, kann ein Adjektiv in allen drei Genera flektieren, und dazu noch stark und schwach.  vgl. zum Folgenden Ahd.+Mhd., S. 54-57 sowie Übersicht Nr. 18, S. 207 a) pronominale und starke Flexion:  ursprüngliche idg. Flexion  nahezu vollständige Übereinstimmung mit der Flexion der Pronomina und dem best. Artikel/Dem.Pron. der/diu/daz, z. T. auch mit den st. Subst. der a-/ō-Stämme. (vgl. Ahd.+Mhd., S. 55 Tabelle)  inhaltliche Unbestimmtheit (im Nhd. + unbest. Art., im Ahd. meist ohne Art.) b) nominale und schwache Flexion:  Neubildung im Germanischen unter Einfluß der schwachen Substantivflexion  vollständige Übereinstimmung mit der Flexion der sw. Subst. der n-Stämme. (vgl. Ahd.+Mhd., S. 55 Tabelle)



inhaltliche Bestimmtheit (sehr oft noch durch best. Art./Dem.Pron. der/diu/daz verstärkt)

c) Nullform  nominale und starke Form (= im Wörterbuch angegebene Form)  vorwiegend in prädikativer Stellung  ersetzt t. T. auch die pronominale und starke Flexion (im Nom. Sg. M. F. N. und Akk. Sg. N.)  (oft auch wird umgekehrt in prädikativer Stellung an Stelle der Nullform die pronominale und starke Form verwendet)  nur an der Nullform sind die Adjektive des Ahd. ihren unterschiedlichen Stammklassen zuzuordnen (vgl. Wörterbuch) Die unterschiedliche Flexion (stark vs. schwach) der Adjektive ist auch im Nhd. im Vergleich der Paradigmen an vielen Stellen noch erkennbar. (vgl. Bsp. ahd. wīs – nhd. weise) Einteilung der ahd. Adjektive in 3 Stammklassen (anhand der Nullform): a) a-/ō-Stämme: Nullform auf Konsonant: z.B. wīs, tumb b) ja-/jō-Stämme: Nullform auf -i: z.B. mitti, scōni c) wa-/wō-Stämme: Nullform auf -o: z.B. garo – vgl. Gen. Sg. st. gar(a)wes – sw. gar(a)wen (vgl. jew. die entspr. Subst. z.B. tag, wort, buoh; hirti, heri; balo, snēo) Bspe.: a) nominale und schwache Flexion:  in thie heilagūn burg (Tat. 15,4) atrributiv  des itmālen tages (Tat. 12,2) atrributiv b) pronominale und starke Flexion:  in hōhan berg (Tat. 15,5) atrributiv  In mitteru naht (Tatian 148,3) atrributiv  thio dar garauuo uuārun (Tatian 148, 6) prädikativ (hier ist die pronominale und starke Adjektivflexion im Nhd. nicht mehr üblich!) c) nominale und starke Nullform (= im Wörterbuch angegebene Form):  bin uuīb samaritanisg (Tat. 87, 2), atrributives Adjektiv mit Position hinter dem Substantiv (im Nhd. nicht mehr übliche Stellung!)  thiu fuzze teof ist (Tat. 87, 3) prädikativ  in euuin līb (Tatian 87, 4) atrributiv  selbiges wie für die Adjektiv-Flexion gilt auch für Part. Präs. u. Part. Prät. die ja wie Adjektive flektieren können! (Sieh zur gesamten Flexion Ahd.+Mhd., Übersicht S. 207.) Zum Vergleich: Bspe. Nhd. – Ahd. (*rekonstruiert)  

nhd. mit großer Freude – ahd. *mit mihhileru freuuidu = pron./st. (unbestimmt) nhd. mit der größten Freude – ahd. *mit deru mihhilōstūn freuuidu = nom./sw. (bestimmt)



nhd. Der Mann ist groß – ahd. *der man ist mihhil = Nullform

Zum Vergleich: schwache und starke Flexion von nhd. weise (vgl. ahd. uuīs) im Sg. Mask.:

Nom. Gen. Dat. Akk.

nominal/schwach weise weisen weisen weisen

pronominal/stark weiser weises weisen weisen

Komparation der Adjektive im Ahd.: (vgl. Ahd.+Mhd., S. 57f.)  

Stamm + Suffix -ir- / -ōr- (Komparativ) + Flexionsendung Stamm + Suffix -ist- / -ōst- (Superlativ) + Flexionsendung

 bei Komparationsformen nur nominale/schwache Flexion. Bspe. eldiron (Tat. 12, 1) iungiron (Tat. 87, 2) liobōsta (Otfrid V. 86) vgl. Positiv: scōni – Komparativ: scōnōro (Mask.) – Superlativ: scōnōsto (Mask.)  die Bildung der Komparationsformen (und Flexion) bei den Adjektiven der verschiedenen Stammklassen ist gleich. Bildung der Adverbien im Ahd.: (vgl. Ahd.+Mhd., S. 57) Adjektivadverbien: Stamm + Suffix -o z.B. uuārlīh – uuārlīhh-o beachte: Adj. herti – Adv. harto (ohne Umlaut) guot – uuola (verschiedene Wortstämme) (+ Adverbbildung mit dem Suffix -(il)ingūn, z.B. blint – blintilingūn ‚blindlings’) (+ Kasusformen von Subst. z. B. tag – tages ‚am Tag, tags’, Gen. Sg., und in Analogie dazu z.B. naht – nahtes ‚nachts’, wobei -es von diu naht keine ursprüngliche Gen. Sg.-Form dieses fem. Subst. ist) Komparation der ahd. Adverbien: Stamm + Suffix -ōr (Komparativ) – -ōst/-ist (Superlativ) z.B. harto (Positiv) – hart-ōr (Komparativ) – hart-ōst (hertist) (Superlativ) (vgl. Adj. herti – hert-iro – hert-isto) Bestimmung von Adjektiven im ahd. Text: Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Adjektive (und Partizipialformen) aus dem ahd. Text (Tat. 148,1-8) grammatisch. Geben Sie Kasus, Numerus und Genus sowie die

Flexionsweise an, nennen Sie die Nullform und ordnen Sie die Adjektive in die jeweiligen Stammklassen ein. Gegen Sie zusätzlich mit an, ob das Adjektiv atrributiv (auch mit eliptischem Nomen) oder prädikativ verwendet wird: uuīso (2,2), dumbo (2,2), uuīsūn (2,2), mitteru (3,2), tumbūn (5,1), spāhōn (5,1), erlosganu (= erloscaniu) (5,3/4), uuīsun (5,4), forcoufentōn (5,6/7), garauuo (6,2), bislozzano (6,4), andro (7,1). Musterbeispiel: dumbo (2,1): Adj., F. Nom. Pl., pronominal/stark flektiert, Nullform: dumb (tumb), a-/ō-St., prädikative Verwendung (= mit einer Form von wesan): uuārun dumbo. Adjektive im Mittelhochdeutschen: Verschiedene Flexion:  vgl. das zum Ahd. Gesagte sowie Ahd.+Mhd., S. 91-94 sowie Übersicht Nr. 35, S. 218  durch die Abschwächung der Endsilbenvokale ist das Formeninventar gegenüber dem Ahd. deutlich reduziert, bisweilen, so im Dat. Pl. -en, kann zwischen starker und schwacher Flexion nicht mehr unterschieden werden. (vgl. Ahd.+Mhd., S. 92 und S. 218 Übersichten), während pron.st. Gen. Sg. M./N. wîs-es nach wie vor von nom.sw. Gen. Sg. M./N. wîs-en unterschieden werden kann. Einteilung der mhd. Adjektive in 3 Stammklassen (anhand der Nullform): (Ahd.+Mhd., S.93f.) a) ehem. a-/ō-Stämme: Nullform auf Konsonant: z.B. wîs, tumb (wie Ahd.) b) ehem. ja-/jō-Stämme: Nullform auf -e: z.B. mitte, schoene c) ehem. wa-/wō-Stämme: hier -w- in den Flexionsformen, z.B. blâ ‚blau’ – blâwer (Nom. Sg. pron.st. M.)  die Verwendung (atrributiv – prädikativ, bestimmt – unbestimmt) der verschiedenen Adjektivformen ist wie im Ahd. nicht streng geregelt (s.o. und vgl. Ahd.+Mhd., S. 94). Komparation der Adjektive im Mhd.: (vgl. Ahd.+Mhd., S. 95) Bildung der Adverbien im Mhd.: (vgl. Ahd.+Mhd., S. 94f.) Bestimmung von Adjektiven im mhd. Text: Instruktion: Bestimmen Sie die folgenden Adjektive (und Partizipialformen) aus dem mhd. Text (NL. 1. âventiure) grammatisch. Geben Sie Kasus, Numerus und Genus sowie die Flexionsweise an, nennen Sie die Nullform und ordnen Sie die Adjektive in die jeweiligen Stammklassen ein. Gegen Sie zusätzlich mit an, ob das Adjektiv atrributiv (auch mit eliptischem Nomen) oder prädikativ verwendet wird: alten (1,1), lobebaeren (1,2), grôzer (1,2), küener (1,4), edel (2,1), scoene (2,3), minneclîchen (3,1), küene (3,2), edel (3,3), ándériu (3,4), junge (4,3), milte (5,1), starkiu (5,4) Musterbeispiel: schoeners (= schoeneres) (2,2): Adj. atrributiv (mit eliptischem Nomen [magedînes]), Gen. Sg. N., Komparativ, pronominal/stark flektiert, Nullform: schoene, ehem. ja-/jō-Stämme

10. Sitzung Termin

Thema

19. 12. 2008

Wiederholung

11. Sitzung Termin

Thema

16. 1. 2009

Historische Phonologie I: Erste  Ahd.+Mhd: Kap. III. 1. c) (S. 108-113) Lautverschiebung und Grammatischer Kap. IV.3. (S. 135-138) Wechsel, Nasalausfall vor germ. -h, Primärer Übersicht Nr. 40 (S. 224) Berührungseffekt, Westgermanische Konsonantengemination

Literatur

Historische Phonologie I Das Idg. Konsonantensystem  sieh Ahd.+Mhd, S. 97-103 und Übersicht Nr. 36, S. 219! Unterscheidung nach der Artikulationsart a) Explosive (Verschlußlaute)

Phoneme

unbehaucht / stimmhaft unbehaucht / stimmlos behaucht / stimmhaft behaucht / stimmlos

/b/ /d/ /g/ /p/ /t/ /k/ /bh/ /dh/ /gh/ /ph/ /th/ /kh/

b) Frikativ (Reibelaut) Unterscheidung nach der Artikulationsstelle a) Labiale b) Dentale c) Velare d) Liquide e) Nasale

/s/ Phoneme /b/ /p/ /bh/ /ph/ /d/ /t/ /dh/ /th/ /g/ /k/ /gh/ /kh/ /l/ /r/ /m/ /n/

im Germanischen unverändert

Veränderungen vom Idg. zum Germ. im Rahmen der Ersten Lautverschiebung: („Grimms Law“) Idg.

a) p(h) t(h) │ │ │ │ │

│ │ │ │ │

k(h) │ │ │ │ │

b) bh │ │ │ │ │

dh

gh

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

c) b

d

g

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

Germ.

ƒ



χ

Þ

đ



p

t

k

Im Einzelnen (beginnend mit dem letzten Drittel): Idg.

Germ. Idg.

c) b

d

g

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

p

t

k

dh

gh

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

b) bh │ │ │ │ │

Germ.





đ

Grammatischer Wechsel: Idg.

a) p(h) │ │ │ │ │ │

Germ.

ƒ

t(h)

k(h)

│ │ │ │ │ │

│ │ │ │ │ │

 Þ

đ χ



zu a) Erklärung des Nebeneinanders von germ. stimmlosen und stimmhaften Reibelauten durch das Vernersche Gesetz: Wenn der Akzent den behauchten oder unbehauchten stimmlosen Verschlusslauten idg. /p(h)/ /t(h/ /k(h)/nicht unmittelbar vorausging und wenn die Umgebung stimmhaft war, entwickelten sich – statt der stimmlosen – die stimmhaften germ. Reibelaute // /đ/ //. In allen anderen Fällen, so auch im Anlaut, der stets stimmlos ist, stehen die stimmlosen germ. Reibelaute /ƒ/ /Þ/ /χ/.  sieh Ahd.+Mhd., S. 101f. Es müssen immer beide Bedingungen erfüllt sein, so befindet sich der wurzelschließende Konsonant d in ahd. st. V. wer-d-an in stimmhafter Umgebung (Liquid + Vokal), jedoch findet der grammatische Wechsel erst an der Stelle statt, an der der Akzent dem Konsonanten nicht unmittelbar vorausging. Im Ahd. sind Relikte dieses Wechsels sichtbar, auch wenn die Akzentuierung sich verändert hat: seit german. Zeit verlagerte sich der idg. freie Wortakzent, vgl. z.B. lat. ámo – amavísti, auf die Stammsilbe (sog. germ. Initialakzent), das liegt auch im Ahd. vor. In vielen Fällen ist daher der grammatische Wechsel bereits ausgeglichen. Zur Veranschaulichung sei hier die AR. IIIb) des st. V. werdan mit rekonstruierter ursprünglicher Akzentuierung dargestellt: *wérdan – wírdu – wárd –wurtún – wortán

Die wurzelschließenden Konsonanten d – t gehen auf germ. Þ – đ zurück. Zum Vergleich nun die AR. mit ahd. Akzentuierung: wérdan – wírdu – wárd –wúrtun – wórtan  sieh Ahd.+Mhd., S. 102 a) Vom Idg. zum Germ. und vom Germ. zum Ahd.: Idg.

a) p(h) │ │ │ │ │ │

ƒ f

Germ. Ahd.

t(h)

k(h)

s

│ │ │ │ │ │

│ │ │ │ │ │

│ │ │ │ │ │

 Þ b d

đ χ d h

 s g s

z r

 /z/ (stimmhaftes s) > /r/ = Rhotazismus Der grammatische Wechsel vom Germ. zum Ahd. ausführlicher: /Þ/, /đ/ /s/, /z/ /ƒ/, // /χ/, // = Allophone (jeweils Varianten desselben Phonems) /đ/ /χ/ // /Þ/ // /s/ = Phonemisierung (selbständige Phoneme) /b/ /th/ /d/ /h/ /g/ /s/ /b/  /d/ /g/ /s/  /t/ /h/

Germ. /ƒ/ Ahd.

/f/ /f/

/z/ /r/ /r/

Formulierung der Ergebnisse dieses Lautwandels:  Germ.: Nebeneinander von stimmhaften und stimmlosen Reibelauten  Ahd. : Nebeneinander von Reibelauten und Verschlußlauten aufgrund der Weiterentwicklung der betroffenen Konsonanten vom Germ. zum Ahd. Reste dieses grammatischen Wechsels zeigen sich v. a. in den Ablautreihen der starken Verben:  AR. I – V: Wechsel des wurzelschließenden Konsonanten zw. der 1./3. Sg. und der 1./3. Pl. Prät. z. B.: /h/ – /g/: zeh - zigun (zīhan Ib) /d/ – /t/: fand - funtum (findan IIIa) /s/ – /r/: was - wārun (wesan V)  AR. VI – VII : Wechsel des wurzelschließenden Konsonanten zw. Präs. und der 1./3. Sg. Prät. z. B.: /h/ – /g/: slahan – sluog (slahan VI) /f/ – /b/: heffen – huob (heffen VI) Die übrige 1. Lautverschiebung in ihrer Weierwirkung auf das Ahd.: b) und c) Vom Germanischen zum Althochdeutschen: Germ.

b) 

đ









│ │ │ │

│ │ │ │

│ │ │ │

b

d

g

c) p

t

k

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

Ahd. Germ.

 2. Lautverschiebung!

Ahd.

12. Sitzung Termin

Thema

Literatur

23. 1. 2009

Historische Phonologie II: Zweite Lautverschiebung (dialektale Vielfalt des Althochdeutschen und Gegenwartsdeutschen)

 Ahd.+Mhd: Kap. III. 1. c) (S. 108-113) Kap. IV.3. (S. 135-138) Übersicht Nr. 40 (S. 224)  Übungsklausur am Ende des Skripts beachten!

Historische Phonologie II Die Zweite (hochdeutsche) Lautverschiebung  sieh Ahd.+Mhd, S. 108-113 sowie Übersicht Nr. 40, S. 224, und im Seminar ausgeteilte Kopie zur dialektalen Staffelung des Deutschen Zur Erinnerung: Germ.

Ahd.

c) p

t

k

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

 2. Lautverschiebung!

Von der 2. (hochdeutschen) LV. betroffene germ. Konsonanten:  stimmlose Explosive /p/ /t/ /k/  stimmhafte Explosive /b/ /d/ /g/ Verschiebung von germ. p, t, k, - je nach Stellung – zu Doppelfrikativen oder Affrikaten zum Ahd. hin: a) postvokalisch

/p/

/t/

/k/

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

/ff/ (Graphien) ff, f  Doppelfrikative

/ss/ /hh/ zz, z hh, h, ch

b) nicht postvokalisch:  postkonsonantisch  im Anlaut  in der Gemination

/p/

/t/

/k/

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

│ │ │ │ │

/pf/ (Graphien) ph, pf  Affrikaten im Ahd.

/fs/ zz, z, tz

/k/, /kch/ k, kh, ch

im Ahd.

 Ausnahmen von der 2. LV: germ. st, sp, sk, ft, ht bleibt im Ahd. Verschiebung von germ. b, d, g: Germ. Ahd. (allgemein) obd. (bair. + alem.) obd. (ab dem 10. Jhd.) mittelfrk.

/b/ /b/ /p/ /b/ /b/, /f/

/d/ /t/ /t/ /t/ /d/

/g/ /g/ /k/ /g/ /g/

13. Sitzung Termin

Thema

Literatur

30. 1. 2009

Wiederholung

Übungsklausur SS 2008

Übungsklausur:

Einführungsseminar Sprachgeschichte 5 SS 2008 Dr. R. Froschauer Mo. 12:00-14:00, U5/118 Abschlussklausur A. Althochdeutsch

Tatian 15,3-4 (Die Versuchung)

15,3. Gieng thō zuo thie costāri inti quad imo: „oba thū gotes sun sīs, quid thaz these steina zi brōte uuerdēn.“ Her (= er) antlingōta thō inti quad: „iz ist giscriban, thaz in themo einen brōte ni lebēt thie (= ther) man, ūzouh fon iogiuuelīhemo uuorte thaz thār framquimit fon gotes munde.“

4. Thō nam inan ther diuual in thie heilagūn burg inti gisazta inan ubar obanentīga thekkī thes tempales, inti quad imo: „oba thū gotes sun sīs, senti thih thanne hera nidar; iz ist giscriban, thaz her sīnēn engilun gibiote fon thir, thaz sie mit iro hantun thih nemēn, zi thiu thaz thū ni bispurnēs in steine thīnan fuoz.“ Thō quad imo ther heilant: „ouh ist giscriban, thaz thū ni costōs truhtīn got thīnan.“

A.1. Übersetzen Sie den unterstrichenen Absatz des obigen althochdeutschen Textes in die heutige Hochsprache! 7P A.2. Bestimmen Sie die folgenden (im Text fettgedruckten) Wortformen grammatisch, ordnen Sie diese den entsprechenden Ablautreihen bzw. Stammklassen zu (mit Nennung der Stammformen bei den Verben und dem Nom. Sing. bei den Substantiven). Erläutern Sie bei den Verben kurz Ihre Einordnung! a) costāri b) steina c) giscriban d) burg e) gibiote f) nemēn g) fuoz 23,5P

A.3. Suchen Sie aus dem obigen althochdeutschen Text jeweils ein schwaches Verb der drei Hauptklassen heraus und ordnen Sie jeweils Verb und Klasse einander zu! 3P Σ: 33,5P B. Mittelhochdeutsch

Nibelungenlied 1, 11-13

11

Dancwart der was marscalch, dô was der neve sîn truhsaeze des küneges, von Metzen Ortwîn. Sindolt der was scenke, ein ûz erwelter degen. Hûnolt was kámeraere. si kunden hôher êren pflegen.

12

Von des hoves krefte und von ir wîten kraft, von ir vil hôhen werdekeit und von ir ritterscaft, der die herren pflâgen mit vröuden al ir leben, des enkúnde iu ze wâre niemen gar ein ende geben.

13

In disen hôhen êren troumte Kriemhildè, wie si züge einen valken, starc, scoen’ und wíldè, den ir zwêne arn erkrummen. daz si daz muoste sehen, ir enkúnde in dirre werlde leider nímmér gescehen.

B.1. Bestimmen Sie die folgenden (im Text fettgedruckten) Wortformen grammatisch, ordnen Sie diese den entsprechenden Ablautreihen bzw. Stammklassen zu (mit Nennung der Stammformen bei den Verben und dem Nom. Sing. bei den Substantiven). Erläutern Sie bei den Verben kurz Ihre Einordnung! a) was b) küneges c) werdekeit d) herren e) züge f) erkrummen g) muoste 24P B.2. Überführen Sie zu die folgenden drei althochdeutschen Wortformen in das Mittelhochdeutsche und benennen Sie die dabei auftretenden lautlichen und graphischen Veränderungen! a) kuninges b) zugi c) gibiote 5P

B.3. Welcher besonderen Verbgruppe ist die Wortform muoste zuzuordnen. Nennen Sie knapp deren semantische, morphologische und phonologische Besonderheiten. (Hierzu dürfen auch selbstgewählte Verbbeispiele verwendet werden.) 5,5P Σ: 34,5P C. Allgemeine Fragen C.1. Bilden Sie (nochmals) zur Verbalform züge den Infinitiv und erklären Sie ausgehend vom (rekonstruierten) Indogermanischen, welche konsonantische Besonderheit an den beiden mittelhochdeutschen Wortformen erkennbar ist. 5P C.2.

Stellen Sie allgemein die Entwicklung von germ. /p/, /t/, /k/ im Rahmen der Zweiten Lautverschiebung dar. 6,5P

C.3. Ordnen Sie die folgenden Wörter dialektgeographisch ein, und begründen Sie jeweils Ihre Einordnung: dorp, et hilft, ferd, pund, appel, damp, chind, pfeffer, apfel 8,5P Σ: 20P Σ: Teil A + Teil B + Teil C = 87,5P Bestanden ab 46P

Viel Erfolg und schöne Semesterferien!

Lösungsschlüssel A Althochdeutsch A.1. Übersetzung A.2. Wortformenbestimmungen: a) costāri b) steina c) giscriban d) burg e) gibiote f) nemēn g) fuoz

7P

2 2,5 4,5 2,5 4,5 4,5 2,5

A.3. Zuordnung dreier sw.V. lebēt = ēn-V. antlingōta/costōs = ōn-V. gisatzta/senti = jan-V.

Σ: 23P

3P Teil A: Σ 33P

B Mittelhochdeutsch B.1. Wortformenbestimmungen a) was b) küneges c) werdekeit d) herren e) züge f) erkrummen g) muoste

4,5 2,5 2,5 2,5 4,5 4,5 3

B.2. Veränderungen vom Altzum Mittelhochdeutschen a) kuninges

1,5

küneges ½,Umlaut ½, Endsilbenabschw. ½ [fehlender Nasal + ½ ]

Σ: 24P

b) zugi

1,5

züge ½, Umlaut ½, Endsilbenabschw. ½

c) gibiote

2

gebiete ½, Nebensilbenabschw. (Präfix) ½, Abschw. Diphth. io > ie ½, Endsilbenabschw. ½

5P

B.3. Präterito-Präsentien: muoste = Prät.Präs. semantisch: präsentische Bedeutung, abgeschl. Handlung, die aus Sprecherperspektive noch weiterwirkt (ich weiz = ich habe gesehen) morphologisch: Sondergruppe starker Verben, Ablaut und Ablautreihenzuordnung, Präsensformen nach dem Prät. der st. V., Präteritalformen nach dem Prät. der sw. V. mit Dentalsuffix -t und den entsprechenden Flexiven, 2. Sg. Ind. Präs. mit alter t-Endung statt -i bei den st.V (dû nâmi/naeme – du weist) phonologisch: PBE (mag – mahta/mahte), Senkung u > o vor a (*durfta > dorfta/dorfte), Lenisierung des postnasalen (und postliquiden -t- (konda/konde, wolde)

½

1

2,5

1,5 5,5P Teil B Σ: 34,5P

C. Allgemeine Fragen C.1. züge – ziehen = Grammatischer Wechsel (der wurzelschließenden Konsonanten) Verner-Gesetz: Die stimml. behauchten und unbehauchten Plosive /p (h)/, /t(h)/, /k(h)/ entwickelten sich zum Germ. zu den (erweichten) stimmhaften Frikativen //, /đ/, // in stimmhafter Umgebung und wenn der ursprüngl. idg. Akzent nicht unmittelbar vorausging; in allen übrigen Fällen, so im stimmlosen Anlaut, entwickelten sie sich zu den stimmlosen Frikativen /f/, /Þ/, //; im Falle des Wortpaars handelt es sich um das auf diese Weise aus idg. /t(h)/ entstandene Nebeneinander von germ. /Þ/ und /đ/, welche im Ahd. phonemisiert wurden und sich (normalahd.) zu /d/ und (über d) zu t (beides 2. LV.) weiterentwickelten.

½



5P

C.2. 2 LV: Allgemeine Darstellung: a) postvokalisch p, t, k, zu Doppelfrikativen versch: p > ff, t > ss, k > hh, ch b) nicht-postvokalisch = Anlaut, Gemination, post-konsonantisch (postnasal/postliquid) p und t, k nur im südl. Obd. zu Affrikaten versch.: p < pf, t > ts, k > k/kch



4

C.3. 2 LV: dialektgeographische Einordnung und Begründung: a)dorp ripuar.: nördl. der dorp/dorf-Linie, germ. p postliquid unversch.

1

6,5P

b) et hilft moselfrk.: unversch. germ. t in Kleinw., nördl. dat-das, aber südl. dorp-dorf, postliquides 1 ½ germ p (zum Frikativ) versch.

c) ferd ostmd.: germ. p im Anlaut zum Frikativ (!) versch.

1

d) pund westmd.: nördl. der Speyrer Linie, germ. p im Anlaut unversch.

1

e) appel md. nördl. der Speyrer Linie, germ. p in Gemination unversch.

1

f) damp md.: nördl. Speyrer Linie, germ. p postnasal unversch.

1

g) chind südalem.: südl. der kind-chind-Linie, germ. k im Anlaut zur Affrikate versch.

1

h) pfeffer obd.: südl. der Speyrer Linie, germ. p im Anlaut zur Affrikate versch.

1

8,5P

Teil C Σ: 20P Insgesamt Σ: 87,5P Bestanden ab 45P

Notenschlüssel 87P – 87,5P 84P – 86,5,P 81P – 83,5P 78P – 80,5P 74P – 77,5P 70P – 73,5P 68P – 69,5P 64P – 67,5P 60P – 63,5P 55P – 59,5P 49P – 54,5P 45P – 48,5P ab 44,5P

= 1+ =1 = 1= 2+ =2 = 2= 3+ =3 = 3= 4+ =4 = 4= n.b.

Übersetzungshilfen für Christus und die Samariterin (vgl. Ahd.+Mhd., S. 171f. + Anmerkungen auf S. 172) Z. 3: ze untarne: untarn, st. M. = Mittag, ze untarne (adverb. Wendung) = mittags Z. 4: kisaz zu Inf. kisizzen = obd. Form für gisaz zu Inf. gisizzen (vgl. sizzen, st. V., j-Präs.) Z. 6: sario, adv. = sogleich, alsbald Z. 9: Bat er sih ketrencan = er bat darum, dass sie (= thaz vip Z. 10, die Samariterin) ihn tränke (Inf. sw. V. gitrenken), sih (refl. Pron. Akk. Sg. statt des Pers. Pron. Akk. Sg. Mask.: inan) Z. 10: ther für thār (nicht unbed. übers.), adv. = da, dort; thara, adv. = dahin Z. 12: vuurbon = wurbun (-on - Endung statt -un für die 3. Pl. Ind. Prät. st. V. als dialektale Variante)

Z. 13: kerōst = gerōs/gerōst (hier mit angehängtem -t, sw. V. gerōn), obd. Form, vgl. kisaz, kitrencan Z. 15: neniezant = ni niozant (ni, Neg. Part.; st. V. niozan) Z. 19: ercantīs zu Inf. sw. V. irkennen/-cennen Z. 20: kōsōtīs zu Inf. sw. V. kōsōn (= sprehhan) Z. 21: unnen für unnan + Gen. sines (partitiver Genitiv, im Nhd. mit Akk. übers.) Z. 22: kecprunnen = quecprunnen (= lebenti wazzar) Z. 23: liuf: -iu- für -io- /spätahd. -ie- im Prät. st. V. Ablr. VII als dialektale (obd.) Variante Z. 25: nehabis = ni habēs (-is-Endung für 2. Sg. Ind. Präs. statt -es in Analogie zu st. V. und sw. V. -jan), ni s.o. Z. 29: Nebistu = ni bist thu Z. 34: nuzzon = nuzzun (vgl. oben, -on für -un) zu Inf st. V. niozan (s.o.) Z. 41: thicho = thiggu zu Inf. sw. V. thiggen Z. 42: gābīst = 2. Sg. Konj. Prät. (gābīs mit angehängtem -t, s.o.) Z. 45: tu dih anneuaert = tuo dih/thih ananwert (2. Sg. Imperat. bes. V. tuon), sih ananwert tuon = sich beeilen Z. 51: hebitōs = habētōs Z. 52: uolliste = folliste / fulleiste (Dat. Sg. st. N./M., fulleist) Z. 54: enin = einan Z. 57: for = fora Z. 58: berega = ber(e)ge (Dat. Sg. st. M., berg) Z. 61: sagant = sagent für saget (2. Pl. Ind. Präs.) Übersetzungshilfen für Otfrid, ‚Der zwölfjährige Jesus im Tempel’ (vgl. Ahd.+Mhd., S. 173-175 + Anmerkungen auf S. 175f.) Z. 1: altero = Gen. Pl. st. N., altar Z. 2: zuīro sehs = zwölf (altero zuīro sehs jāro = zwölf Jahre alt (wörtl. an Altern)) Z. 4: zen = zi dēn (Dat. Pl., Präp. + best. Art.) Z. 7: forahtlīcho, adj.-adv. = ängstlich; iz weizēn = darauf hinweisen Z. 12: mit in frumitun = führten mit sich (Pers. Pron. Dat. Pl. in im Ahd. üblicherweise statt des refl. Pron. sih im Unterschied zum Nhd.) Z. 16: drof = trof (dialektale Variante, südrheinfrk.), adv. = im mindesten Z. 20: goumilōsan = im Akk. Sg. Mask. flektiertes Adj. trotz prädikativer Verwendung, wie häufig im Ahd., (goumilōsan liazun = ließen unbeaufsichtigt) vgl. weiteres unten Z. 21: (wānta) fruatēr, adj. (fruot), Nom. Sg. Mask. pron st. flektiert, trotz prädikativer Verwendung, s.o. (er glaubte klug) Z. 25: ni sī thih thes wuntar = wundere dich nicht darüber (wuntar wesan + Gen. rei und Akk. pers. = sich wundern über) Z. 34: bidroganu = bitroganiu (Nom. Pl. Neutr.),flektiertes Part. Prät. zu st. V. Inf. bitriogan, bitrogan werdan = sich täuschen Z. 35: gigiangun sie es (= Gen. Sg. Pers. pron. iz) in ernust = sie gerieten darüber in Sorge (in ernust gigangan = in Sorge geraten, sich Sorgen machen) Z. 43: wergin, adv. = irgendwo Z. 44: nan = inan (Pers. pron. Akk. Sg. Mask.), so öfter Z. 53: wuntun ernustin zu Inf. st. V. wintan = gerieten in Sorgen Z. 55: thia wīla, adverb. Wendung zu wila st. F. (Weile) = sogleich Z. 56: hebīg was in thiu īla = sie hatten es sehr eilig Z. 59: thiu smerza (Nom. Sg. Fem.), vgl. im Nhd. der Schmerz, Genus im Ahd. und Nhd. stimmt oft nicht überein, bzw. gab es im Ahd. neben thiu smerza auch ther smerzo)

Z. 61: siu fuarun: die Neutrumsform siu des Pers. Pron. 3. Pl. sie/sio/siu steht dann, wenn mehrere Personen beiderlei Geschlechts gemeint sind (so schon im German.) Z. 69: losōta zu Inf. sw. V. losōn = hōren Z. 75: giwurti, st. F. = Freude Z. 87: irwunti vgl. wuntun! Z. 91: irfaltōs (2. Pers. Sg. Ind. Prät.) zu Inf. sw. V. -jan: irfellen (m. RU!) Z. 93: thiu mēr, adv. Wendung = umso mehr Z. 96: gāhun, adv. = plötzlich Z. 98: sar herasun, adverb. Wendung = sehr schnell Z. 110: es wiht ni firnāmun = sie begriffen nichts davon Z. 111: zi niheineru heiti, adverb. Wendung = in keinster Weise (thiu heit st. F. = Gestalt, Beschaffenheit) Z. 114: ni (...) thes thiu min, adverb. Wendung = nichts desto weniger Z. 115: wanōta zu Inf. sw. V. wanōn, sih wanōn = sich vermindern 14. Sitzung

6. 2. 2008

Abschlussklausur

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