Exkursionsführer 2002 - Ökologischer Stadtumbau Berlin

February 19, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Ökologischer Stadtumbau Berlin exkursion – mai 2002

Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Bauhaus-Universität Weimar

Impressum

Juli 2002

Herausgeber Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Fakultät Architektur, Stadt- und Regionalplanung Bauhaus-Universität Weimar

Betreuerinnen Ulrike Jurrack Ulla Schauber Layout | Daniel Schwenke Exkursionsfotos | Christoph Riefenstahl Bauhausstrasse 7b, 99423 Weimar, Tel: +49 (0) 3643 58 34 47, Fax: +49 (0) 3643 58 34 51 http://www.uni-weimar.de/architektur/oekologisches_bauen/

Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin

Vorwort Wer sich auf die Spuren der bald 30jährigen Geschichte des ‚Ökologisches Stadtumbaus‘ begibt, kommt an Berlin nicht vorbei. Das Spektrum reicht hier von den ersten Experimenten der "ÖkoPioniere", über ökologische Standards im Städtebau bis zu Beispielen aktueller „High - Tech - Ökoarchitektur“. Die Exkursion war ein erfolgreicher (!) Versuch, anhand historischer und aktueller Modellvorhaben, die Geschichte der Ideen, Experimente, Erfahrungen, Rückschläge und Erfolge des Ökologischen Stadtumbaus in Berlin aufzuspüren. Im Westberlin der 70er Jahre entwickelte sich in Kreuzberg eine Protestbewegung gegen die Abriss- und Flächensanierungspolitik. Aus dieser Situation heraus wurden 1982 in Vorbereitung der IBA Berlin die Grundsätze der ‚Behutsamen Stadterneuerung‘ verabschiedet. Die Bedingungen der 80er Jahre und die IBA-Aktivitäten ermöglichten eine konsequente Weiterentwicklung in Richtung Ökologischer Stadtumbau. Dabei wurde sowohl materiell als auch verfahrensmäßig experimentiert. Nicht alles war

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Ökologischer Stadtumbau Berlin erfolgreich. Aus vielen "Spinnereien" entwickelten sich jedoch gute ökologischer Standards, die noch Anfang der 90er Jahre Teil der ModInst-Richtlinien und der Wohnungsbauförderung waren. Der große Sanierungsbedarf im Ostteil der Stadt und der Wohnungsbauboom Anfang der 90er Jahre veränderten zunächst die Schwerpunktsetzung der Berliner Stadterneuerungspolitik. Erst schrittweise wird in den letzten Jahren im Sinne nachhaltiger Strategien an die ökologischen Ansätze des Stadtumbaus der 80er angeknüpft. Häufig werden nur Teilaspekte, wie Solarenergietechnik, umgesetzt. Unsere „Spurensuche“ begann in BerlinKreuzberg und Tempelhof, wo neben Block 103 und Ufa-Fabrik als „Urgesteine“ des ökologischen Stadtumbaus auch aktuelle Beispiele einer kontinuierlichen Weiterentwicklung zu entdecken waren: Heiligkreuzkirche, Grundschulsanierung. Das Bundeswirtschaftsministerium, die Bürogebäude und das urbane Gewässer (als Teil des Regenwasserkonzeptes) am Potsdamer Platz stehen beispielhaft

für innovative High-Tech-Lösungen und Einzelmaßnahmen der letzten Jahre, die Regenwasserbewirtschaftung auf städtebaulicher Ebene. In Pankow wurde die Heinrich-BöllSiedlung „aufgespürt“, die beispielhaft für ganzheitlich – ökologischen Wohnungsneubau im Bestand ist. Am Ende der „Erkundungsreise“ fanden wir in Berlin-Hellersdorf sehenswerte Ansätze für die Bewältigung der viel komplexeren Problemlagen in einer Großsiedlung. In der vorliegenden Broschüre sind die Beiträge der ExkursionsteilnehmerInnen zusammengefaßt. Nicht zuletzt, um die häufig unvollständigen oder unkritischen Veröffentlichungen über die Projekte zu ergänzen, sind Informationen, Eindrücke und Erkenntnisse, die vor Ort gesammelt werden konnten, in die Texte eingeflossen. Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren verantwortlich. Sie müssen nicht immer mit der Meinung des Herausgebers übereinstimmen. Ulla Schauber Ulrike Jurrack Weimar, Juli 2002

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Ökologischer Stadtumbau Berlin

Berlin-Exkursion: Ökologischer Stadtumbau Berlin Termin: 5.-8.5.2002

Ablauf- und Zeitplan 6. Mai 9.00 Uhr

11.00 Uhr

14 Uhr

18.30 – 20.30 Uhr

Ablaufplan

Themenschwerpunkt: Kirche zum Heiligen Kreuz, Zossener Straße, 10961 Berlin, Frau Reichmann Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Gruppe Ökologischer Städtebau „Ökologischer Städtebau – Modellvorhaben in Berlin“ – Rundgang mit Führung Der Block 103 in Berlin-Kreuzberg Herr Büsching / Frau Reichmann „Auf den Spuren des Ökologischen Stadtumbaus“ Rundgang mit Führung durch die Luisenstadt – Block 103 und Besuch der Grundstücksverwaltungsgenossenschaft Luisenstadt 2. Grundschule Prenzlauer Berg Herr Jarnot / Frau Reichmann „Umbau im Quartier / Schule als ökologischer Lernort“ Rundgang mit Führung ufa fabrik, Cafe Olé, Viktoriastraße 10/18, 12105 Berlin-Tempelhof Herr Wiartalla „Kultur und Ökologie in der Großstadt“ Führung und Vortrag zum Entwicklungs- und Bauprozess der ufa-fabrik

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7. Mai

Themenschwerpunkt:

9.00 - 12.00 Uhr

Bundeswirtschaftsministerium, Scharnhorstrasse 35, Herr Dr. Römmling, IEMB (Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken) Herr Wünsche (Referat innerer Dienst) „Nachhaltigkeitsstandards bei Bundesbauten“ • Rundgang mit Erläuterungen zu den Gebäuden: Bundespresseamt, Bundeswirtschaftsministerium

14.00 – 16.00 Uhr

„Ökologisches Gesamtkonzept Potsdamer Platz“ Herr Planck, DS-Plan • Kollhoff-Gebäude (Fassadengestaltung / Doppelkastenfenster) • Rogers-Gebäude

16.00 – 18.00 Uhr

„Wasserkonzept – Potsdamer Platz“ Herr Hausdorf, Landschaftsarchitekt • Konzepterläuterung, Platzbesichtigung, Technikzentrale

Ablaufplan

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8. Mai 9.00 – 11.00 Uhr

Themenschwerpunkt Heinrich-Böll-Siedlung, Heinrich-Böll-Straße, Berlin-Pankow Herr Jaschke, Büro Brenne (Projektarchitekt) „Modellprojekt für einen nachhaltigen ökologischen Wohnungsbau“

11.30 – 16.00 Uhr

Kompetenzzentrum Hellersdorf, Adele-Sandrock-Str. 10, 12627 Berlin Herr. Protz (Herr Hensel, Herr Lehmann, Herr Schütze) „Fertigstellung der Großsiedlung Berlin-Hellersdorf unter ökologischen Aspekten“ • Vortrag zum EXWOST-Projekt Hellersdorf • Rahmenplan / Quartierskonzept • Mustersanierung – Suhler Baufeld • Rundgang durch das Kienbergviertel

Ablaufplan

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1.

Projektsteckbrief: Kirche zum Heiligen Kreuz, Kreuzberg

2.

Projektsteckbrief: Auferstehungskirche, BerlinFriedrichshain

3.

Block 103 – IBA Berlin 87 Altbau

4.

Projektsteckbrief: 2. Grundschule Prenzlauer Berg

5.

Projektsteckbrief: Ufa-fabrik

6.

Projektsteckbrief: Bundeswirtschaftsministerium

7.

Projektsteckbrief: Bundespresseamt

8.

Projektsteckbrief: Reichstagsgebäude

9.

Potsdamer Platz Ökologisches Gesamtkonzept

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10. Potsdamer Platz Ökologisches Wasserkonzept 11. Projektsteckbrief: debis-Zentrale (Potsdamer Platz, Renzo Piano) 12. Projektsteckbrief: Kollhoff-Gebäude (Potsdamer Platz)

17. Projektsteckbrief: Gründerinnenzentrum Weiber Wirtschaft e.G. 18. Leitfaden Nachhaltiges Bauen für Bundesbauten 19. Berliner Energiepolitik

13. Projektsteckbrief: Rogers-Gebäude (Potsdamer Platz) 14. Projektsteckbrief: Heinrich Böll-Siedlung, Berlin – Pankow 15. Berlin- Hellersdorf: ExWoSt-Modellprojekt: Fertigstellung der Großsiedlung unter ökologischen Aspekten 16. Projektsteckbrief: Kienbergviertel Berlin – Hellersdorf

Inhaltsverzeichnis

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Kirche zum Heiligen Kreuz, Kreuzberg Bearbeitung: Katja Dorsch, Maria Wolf

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Katja Dorsch. Maria Wolf

Projektsteckbrief: Projektbezeichnung Heilig- Kreuz Kirche Standort Blücherstr./ Ecke Zossenerstr. Berlin Kreuzberg Auftraggeber Evangelische Kirche Auftragnehmer KirchBauhof GmbH Bauherr Evangelische Kirche Land Berlin Förderung Stadtverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, Landesarbeitsamt, Stadtverwaltung für Arbeit und Frauen, Stadtverwaltung für Soziales Fertigstellung 1995 Ansicht Kirche zum Heiligen Kreuz

Schlagworte zum Projekt Umbau der Heilig- Kreuz Kirche 1

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Katja Dorsch. Maria Wolf

Geschichte 1888 wurde die Heilig Kreuz errichtet, doch im Volksmund nannte man sie bei einem anderen Namen: gemeinhin „Pickelhaube“, den sie aufgrund ihrer Dachform erhalten hat. Nachdem sie im 2. Weltkrieg durch Luftangriffe schwer beschädigt wurde, baute man sie mit nur wenigen Mitteln und erst nach Drängen der Kirchengemeinde wieder auf. Diese zeigte auch in den 70ern besonderes Engagement und wurde besonders im sozialen und politischen Bereich aktiv. Ziele, Aufgabenstellung des Bauherrn Heute allerdings ist auch hier der allgemeine Trend zu rückläufiger Kirchenbesucherzahlen abzulesen. Deshalb erarbeitete man ein neues, für andere Gruppierungen offenes Nutzungskonzept. Dies beinhaltet eine Nutzungsverdichtung durch das Aufteilen der Kirche in verschiedene Nutzungsbereiche. Zum Beispiel fand mit Hilfe einer neuen Zwischendecke im Dachstuhl ein Büro seinen Platz. Außerdem legte man Wert auf eine ökologisch verträgliche Umsetzung Kirche zum Heiligen Kreuz

Schnitt

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Bausteine des ökologischen Gesamtkonzept Eine Reduktion des Wärmeverbrauchs erwartet man durch Schaffung von Wärmepufferzonen, die durch spezielle Raumaufteilung, Wärmedämmung und Nutzung von passiver Sonnenenergie entstehen. Es kam hier rationale Energietechnik zum Einsatz: Gasbetriebene Brennwertkesselanlage, Niedertemperaturheizkörper und eine Luftheizung für Spitzenlasten im Großraum, die auch Lüftungsfunktion übernehmen kann, reduzieren den Energiebedarf. Außerdem achtete man auf die Verwendung von ökologischen Baustoffen. Durch den Umbau sind allerdings noch weitere Maßnahmen notwendig geworden. Aus Schall- und raumakkustischen Gründen mussten raumakkustische Segelflächen angebracht werden, die allerdings entgegen meiner Befürchtung den Gesamteindruck des Kirchenraums nicht beeinträchtigen. Zur zusätzlichen Belichtung dient ein neues Lichtband im First und generell die Vergrößerung der Kirche zum Heiligen Kreuz

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Katja Dorsch. Maria Wolf

Fensterflächen. Zudem sind viele eingesetzte Wände transparent. Als einen weiteren Baustein des Gesamtkonzept ist noch die Verbesserung des Mikroklimas durch Pflanzen und Brunnen zu nennen. Dies ist allerdings leider nicht verwirklicht worden. So muß man leider ein nicht unbedingt angenehmes Klima in den Büro unter dem Dach in Kauf nehmen.

Quellen Europäische Akademie für städtische Umwelt (EA.UE), Stadtökologische Exkursionen in Berlin- Bauen & Wohnen http://www.kirchbauhof.de http://www.stadtentwicklung.berlin.de 1

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Auferstehungskirche, Berlin - Friedrichshain Bearbeitung: Katja Dorsch, Maria Wolf

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Katja Dorsch, Maria Wolf

Projektsteckbrief: Projektbezeichnung Auferstehungskirche Standort Friedenstraße Berlin Friedrichshain Initiatoren Evangelische Kirchengemeinde Auferstehung, Evangelischer Kirchenkreis Berlin Stadtmitte, KirchBauhof gGmbH Projektentwicklung und Bauherr KirchBauhof gGmbH Fördermittel Europäischer Fonds für regionale Entwicklungen, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Baubeginn März 2000 Größe zusätzliche Nutzungsfläche von 2000 m² Schlagworte zum Projekt Umbau der Auferstehungskirche Auferstehungskirche

Ansicht 2

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Geschichte 1895 wurde die Kirche erbaut, jedoch erlitt sie im 2. Weltkrieg schwere Beschädigungen. Erst in den 60ern erfolgte der Wiederaufbau. Dabei wurden an der ursprünglichen Bauform starke Veränderungen vorgenommen. In den darauf folgenden Jahren traten aufgrund fehlender Finanzmittel immer mehr Bauschäden am Objekt auf. Diese wurden 1995 innerhalb der Entwicklung eines Konzeptes für die Erhaltung des Kirchenbaus ausgebessert. Das Konzept sah eine Umnutzung vor, die die Gemeindesituation (Abnahme der Kirchenbesucherzahlen) berücksichtigen sollte. Ziele und Aufgabenstellung des Bauherrn Das Ziel war der Aufbau eines ökologischen Stadtteilzentrum, dessen Umsetzung auf ökologischen Standards basieren sollte. Eine multifunktionale und langfristig tragfähige Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes (durch die Nutzungsintensivierung soll ein Großteil der Umbaukosten refinanziert werden) wurde angestrebt. Auferstehungskirche

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Katja Dorsch, Maria Wolf

Ästhetisches Konzept Das vorhandene Sekundärraster des Gebäudes wurde übernommen, womit man die Erscheinungsform des Kirchenbaus wahrte. Das Kirchenschiff verlängerte man um das im Krieg zerstörte vierte Joch und durch das neue Dachgeschoss erhält die Kirche ihre ursprünglichen Proportionen wieder. Das vorhandenen Giebeldach ersetzte man durch ein neues Flachdach, das die Sicht auf die rückwärtige Seite des Kirchturms wieder freigibt. Der Neubau wurde durch vertikale und horizontale Glasbänder und der kargen Stahl-Beton-Konstruktion gegenüber dem historischen Backsteinbau stark abgesetzt. Damit wird das Neue im Bau von der vorhandenen Substanz hervorgehoben. Der Sakralraum blieb in seiner vorhandenen Gesamtdimension erhalten. Die seitlichen Galerien bilden in Verbindung mit der vorhandenen Orgelempore eine umlaufende Ebene und die beweglichen Ganzglasabtrennungen schaffen unter den Galerien Platz für Seminarräume. Die netzartig gegliederte Kassettenwand wurde mit einer lichtstreuenden Vergla-

sung konzipiert, die eine bessere Ausleuchtung der Räume schafft und gleichzeitig den Großraum vom Neubaubereich trennt. Bausteine des ökologischen Gesamtkonzept Der Um- und Neubau erfolgten nach ökologischen Gesichtspunkten. Bestandteile davon waren das extensive Gründach mit Photovoltaikanlagen, die Kunststoffisolierung im Gebäude mittels halogenfreier Materialien, wassersparende Einrichtungen und die Verwendung von Lehmputzen und umweltfreundlichen (Silikat- bzw. wasserverdünnbare Acrylfarben) Innenanstrichen. Die Optimierung der Wärmebilanz des Kirchenbaus war bei der Umsetzung des Konzeptes ein wesentlicher Schwerpunkt. Die Raumgefüge in Kirchen sind in ihrer großzügigen Bauform selten im Wärmeverbrauch mit anderen Gebäude vergleichbar. Hier allerdings war man bestrebt, die Wärmebilanz auf ein verträgliches Maß einzuschränken. Mittel dafür waren:

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• thermisch entkoppeltes Stahlfenster, • die Schwachstellenisolierungen im Altbau, • eine Dach- und Fußbodenisolierung durch Zelluloseflocken bzw. Holzfaserplatten und • der Einbau einer Brennwertkesselanlage, die beim Erdgasverbrennungsprozess 90% der vorhandenen Energie nutzt. Die Klimatisierung der Räume erfolgte ebenfalls mittels der Heizungsanlage. Das in den Rohren zirkulierende Wasser gleicht die Temperatur zwischen den Büroräumen und dem Kirchenraum aus. Die Glas des Neubau war als Solarfassade geplant, bei der das Sonnenlicht durch Glasfassade auf sogenannte Solarwaben trifft. Die Energie des Sonnenlichts wird eingefangen, in Wärmeenergie umgewandelt und in eine Wärmedämmschicht geleitet. Die Kartonwaben arbeiten optimal bei tiefstehender Sonne, d.h. je mehr Wärme am Tag benötigt wird, desto effektiver arbeiten sie. Insgesamt erreichte man bei dem Gebäude den Niedrigenergiehausstandard.

Auferstehungskirche

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Katja Dorsch, Maria Wolf

Schnitt 2

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Umweltforum Berlin Auferstehungskirche Bestimmung Das Umweltforum Berlin ist der Nutzer der neu entstandenen Flächen in der Auferstehungskirche. Das Forum bietet für Firmen kleiner und mittelständischer Unternehmen, die sich mit ihren Projekten in dem Bereich des "Ökologischen Bauens" engagieren, Standortfläche innerhalb Berlins an. Zusätzlich dient es als Veranstaltungs-, Tagungs- und Messezentrum für aktuelle umweltpolitische Diskussionen. Anliegen Anliegen des Forums ist die Förderung des ökologisch orientierten Bauens durch: • die Verbesserung der Markttransparenz und Verbreitung der Bekanntheit und der Zugänglichkeit von ökologischen Baustoffe und Verfahren • die Erprobung neuer Formen der Zusammenarbeit verschiedener an einem Bauvorhaben beteiligter Betriebe (z.B. Planungsbüro und Baufirma) Auferstehungskirche

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Katja Dorsch, Maria Wolf

• die Förderung der Kommunikation, Kooperation und Vernetzung zwischen den am Baugeschehen beteiligten Akteuren • die Verbreitung und Intensivierung des betrieblichen Umweltschutzes in der Baubranche • die effektive Umweltentlastung durch ressourcenschonende Gebäudetechnik und • die Demonstration und Visualisierung des Einsatzes moderner Öko-Techniken in einem denkmalgeschützten Gebäude. Leistungen An dem Standort soll ein know-how Transfer auf dem Gebiet des ökologischen Bauens stattfinden. Das Forum bietet im Rahmen von ökologischen Ansätzen Projektentwicklung für Bauvorhaben an. Prinzipien des Initiators und Projektentwicklers KirchBauhof gGmbH Anliegen Als Ziel gilt es, die Beschäftigung und Qualifizierung Arbeitsloser in zukunfts-

orientierten Projekten zu fördern. Ebenfalls bietet die KirchBauhof gGmbH auch eine Berufsausbildung für Jugendliche an. Sie unterstützen die Evangelische Kirche bei ihrem sozialen und kulturellen Engagement, beraten kleine und mittlere Unternehmen im Bereich des ökologischen Bauens und tragen selbst zur Entwicklung ökologischer Bauweisen bei. Leistungen Die KirchBauhof gGmbH nimmt nicht nur eine beratende Funktion auf dem Baumarkt wahr, sondern bietet auch ein umfassendes Leistungsprogramm von der Planung bis zur Übergabe von Bauten an. Projekte Beginn der Bautätigkeit war der Umbau der Heilig-Kreuz-Kirche in BerlinKreuzberg 1991. Später folgten weitere Aufträge, darunter anspruchsvolle Altbausanierungen, Kirchenumbauten, Neubau von Wirtschafts- und Verwaltungsgebäuden, Reihenhäusern in Lehmbauweise und eine denkmalgerechte Schlosssanierung. 2

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Katja Dorsch, Maria Wolf

Quellen KirchBauhof gGmbh, Ökologische Baustoffbewertung und Anwendungsempfehlung http://www.kirchbauhof.de http://www.umweltforum-berlin.de http://www.stadtentwicklung.berlin.de Auferstehungskirche

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Block 103 – IBA Berlin 87 Altbau Bearbeitung: Dorit Büchner

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Dorit Büchner

Projektsteckbrief: Block 103 Standort: Berlin - Kreuzberg Oranien-, Naunyn-, Manteuffel-, Mariannenstraße Auftraggeber: Senatsverwaltung Bau-und Wohnungswesen

für

Auftragnehmer: S.T.E.R.N. GmbH für Blochplanung und Koordination der Ökologischen Begleitforschung STATTBAU GmbH für Gesamtsteuerung und Durchführung des ökologischen Modellvorhabens Bauherr: Grundstücksverwaltungsgenossenschaft Luisenstadt eG Bauzeit: 5.9.1983 Unterzeichnung des Sanierungsvertrages im Rahmen der Grundsätze der „behutsamen Stadterneuerung“, 1986 Baubeginn, !991 Fertigstellung , 1991 Unterzeichnung der Erbbaurechtsverträge Größe: 12 Gebäude auf 12 Grundstücken, mit ca.200 Personen und 15 Gewerben,95 WE auf 121 erweiterbar Block 103 – IBA Berlin 87 Altbau

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Schlagworte zum Projekt: Die Berliner Stadterneuerung der 60er und 70er Jahre war geprägt von Abriss und Neubebauung. Damit wurde die gewachsene Stadtstruktur zerstört, wobei auch die 1875 entstandene Luisenstadt bedroht war. Anfang der 80er Jahre trug die Hausbesetzerszene zum Problembewusstsein dieser Zustände bei. Aufgrund von Entmietungen und Abrissplänen des Blockes 103 gründeten dessen Mieter eine Gegeninitiative, wobei ein Blockentwicklungsplan entworfen wurde. In der Luisenstadt wurden 1981 12 Häuser besetzt, welche in Selbsthilfe repariert und instandgesetzt werden sollten. Neue Konzepte einer „behutsamen Stadterneuerung“ mit 12 Grundsätzen verabschiedete man auf der internationalen Bauausstellung 1987 in Berlin. Zentrale Elemente sind: Betroffenheitsbeteiligung, sozialverträgliches Sanierungsverfahren und Erhalt der Bausubstanz, welche bei der Sanierung des Blockes 103 zu integrieren waren. Zum ersten mal in der Berliner Sanierungsgeschichte ist hier ein Beteiligungsmodell entstanden, das Bewohner und Gewerbetreibende direkt in die Erneuerung einbezieht und ihnen die Häuser zur Block 103 – IBA Berlin 87 Altbau

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Dorit Büchner

Selbstverwaltung in einem genossenschaftlichen Verbund, der Luisenstadt eG, 1991 in Erbpacht übereignete. Das Projekt galt als Vorbild für die Integration ökologischer Aspekte bei der Altbausanierung. Der Block 103 lebt aus der Initiative seiner Bewohner, deren Individualität sich in den verschiedenen „Gesichtern“ der einzelnen Häuser wiederspiegelt. Stichworte zum ökologischen Gesamtkonzept (Bausteine, Besonderheiten): Bei dem Konzept wurden wesentliche beispielhafte ökologische Schwerpunkte berücksichtigt. Daraus resultiert die Entwicklung von fünf Bausteinen: Energie: a.) Einsparung von Energie durch konsequente Wärmedämmung, Einsatz von Technologien mit hohem Wirkungsgrad und eigenverantwortliches Nutzerverhalten b.) Senkung der früheren Schadstoffbelastung der Luft durch eine emissionsarme Erzeugung von Heizwärme und elektrischer Energie anstelle der Kohleheizungen

c.) Niedrige Heizenergiekosten für die Bewohner d.) Erprobung einer Energieanlage mit kombiniertem Parallelbetrieb von zwei gasbetriebenen Brennwertkesseln (Heizung und Warmwasser), Solargenerator, Blockheizkraftwerk -Wirkungsgrad 86%(dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung) und dem Netzbetrieb der BEWAG zur Abnahme der überschüssigen Stromes. Diese Kombination gilt als erste innerstädtische Anlage dieser Art in Deutschland. Wasser: Intensive Nutzerinformationen, wassersparende Sanitärinstallationen und teilweisen Ersatz von Trinkwasser durch Regenwasser oder Betriebswasser aus gereinigtem Grauwasser sollen zum konsequenten Einsparung von TW beitragen (Trinkwassersubstitution). Die Rückhaltung und Versickerung von Niederschlägen entlastet den Abwasserkanal und die Kläranlage, außerdem wird das Grundwasser angereichert. So sollte der Haushaltstrinkwasserverbrauch um bis zu 30% gesenkt werden. 3

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Klima/Grün- und Freiflächengestaltung: Hof-, Fassaden- und Dachbegrünungen sollten die Schadstoffbelastung dieses innerstädtischen Gebietes herabsetzen, das Kleinklima verbessern und die Luftfeuchtigkeit erhöhen. Damit entstand eine gesündere Umwelt und ein geeigneter Spielort für Kinder. Es gab eine Begleitforschung mit zwei Schwerpunkten: a.) Freiraumökologie: Es wurden Biotope entwickelt durch die Neuanlage von Vegetationsflächen und dabei die potentiellen Vegetationsträger, wie Dach und Wände ausgeschöpft. Untersucht und bewertet wurde der Naturhaushalt. Das Resultat ist eine verbesserte Aufenthaltsqualität. b.) Klima: Untersucht wurden unterschiedliche Begrünungsmaßnahmen in hochverdichteten Gebieten und deren Auswirkung auf das Klima im direkten Wohnumfeld. Dazu wurden in verschiedenen Innenhöfen die Lufttemperatur, die relative Luftfeuchte und zeitweise auch Schadstoffe gemessen(SO2, NOX, NO2). Block 103 – IBA Berlin 87 Altbau

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Dorit Büchner

Baustoffe:

Abfall:

Für die Sanierungsarbeiten sollten nur Materialien Verwendung finden, die in der Herstellung, der Verwendung und Entsorgung unbedenklich im bezug auf Umweltbelastung und Giftanteil sind. In der Begleitforschung zu diesem Baustein wurde der Dachgeschossausbau und der Einfluß der dabei vewendeten baubiologisch vertretbaren Materialien auf das Wohnklima und die gewählte Konstruktion untersucht. In einem Katalog waren alle empfohlenen Baustoffe, Holzschutzmittel, Fußbodenbeläge und Farben zusammengestellt. Beispiele: Der Verbau von konventionellen Baustoffen, wie Ziegel oder Zement, fand Anwendung. Um Zugluft zu vermeiden wurden die Lücken mit Hanf ausgefüllt. Alle Holzkonstruktionen wurden mit Borsalz (Balsit B) behandelt. Die Bewohner erbrachten viele Innenausbauarbeiten in Eigenleistung und verwendeten die empfohlenen Materialien.

Im Herbst 1991 wurde für den Block 103, nach Abschluss der meisten Bauarbeiten, ein Konzept zur Vermeidung, Reduzierung und sinnvollen Weiterverwendung von Abfall in Auftrag gegeben. Innerhalb eines Jahres sollte zusammen mit den Hausgemeinschaften ein Netz informeller und materieller AbfallInfrastruktur geschaffen werden, mit dem langfristig das Restmüllaufkommen um bis zu 70% gesenkt werden sollte. Ziel der Untersuchungen dieses Bausteines war eine Optimierung und Bewertung der abfallwirtschaftlichen Maßnahmen unter ökologischen Gesichtspunkten. Außerdem eine Verbesserung der Maßnahmen im Hinblick auf Sozialverträglichkeit und dauerhafte Akzeptanz und schließlich die Ableitung standardisierbarer Lösungen. Es wurden Modelle für ein blockbezogenes Recycling entwickelt. Schnellkomposter wurden aufgestellt, welche wegen des geringen Platzbedarfes in den engen Höfen einsetzbar sind. Es erfolgte die Einrichtung einer langfristigen, personellen Betreuung des Abfallkonzeptes. 3

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Dorit Büchner

Einwohnerbeteiligung:

Fragen:

Bemerkenswert bei diesem Pilotprojekt ist die Durchsetzung der Mieterinteressen entgegen städtischer Planungen. Nur mit der Beteiligung der Bewohner konnten die ökologischen Maßnahmen realisiert werden und die gewachsenen Strukturen erhalten bleiben. Im Block 103 hat sich gezeigt, wie sinnvoll die Integration von Beschäftigungsprojekten für arbeitslose Jugendliche und Langzeitarbeitslose in Baumaßnahmen ist, wobei man die Qualität deren Arbeitsergebnisse in Frage stellen kann. Somit wurde gewährleistet, dass Mieter mit geringem Einkommen verbleiben konnten. Dank dieser vorbildhaften Bürgerinitiative können noch viele Generationen von diesen ökologischen Umsetzungen profitieren.

1.)Sind die Mieten heute immer noch relativ niedrig? Von Anfang an bis heute war es möglich die Mieten niedrig zu halten: 3-5 DM pro m2. Die Wohnungen sind dadurch so attraktiv und günstig, dass ein Leerstand von Null über lange Zeit besteht. Aber trotzdem besteht die Gefahr, dass die Mieten in nächster Zeit steigen könnten. (Auslaufen der Mietpreisbindung nach 10 Jahren)

3.)Ist die bunte Mischung der verschiedenen Kulturen noch vorhanden?

2.) Gibt es eine bestimmte Altersgruppe, die dominiert? Welche Tendenz bildet sich ab? Es wohnen noch viele Mieter der Anfangszeit im Block, daher ist der heutige Altersdurchschnitt zwischen 40 und 50 Jahren. Vermutlich wird der Gemeinschaftsgedanke mit dieser Generation zu ende gehen. An den Namen des Klingelschildes sieht man sehr deutlich die noch vorhandene Kulturvielfalt. Der Anteil der türkischen Bewohner scheint in der Überzahl zu sein.

Block 103 – IBA Berlin 87 Altbau

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Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin

4.)War die damals geplante personelle Kontrolle und Überwachung durch die Mieter selbst ausreichend? (Grauwasserkläranlage und Abfallsystem) Die Grauwasseranlage konnte durch die Anwohner (Laien) nicht betrieben werden und wurde deshalb in die Hände der Firma Lokus übergeben. Außerdem traten Konstruktionsfehler auf, wie z.B. zu dünne Rohrdurchmesser.

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Dorit Büchner

Schlusswort: Das Einmalige bei diesem Projekt war, dass Bürger und Politiker das selbe Ziel hatten. Dies war sehr fördernd. 1:1 wird es heute ein solches Sanierungskonzept kaum noch geben.

Es traten weitere Probleme auf: - Solaranlagen auf Stelzen hielten den Windlasten nicht stand - durch die alten Leitungen entstanden Fehlströme, es wurden in den letzten Jahren für 30000 Euro neue Leitungen und Wechselrichter installiert - die Grauwasseraufbereitung in Form einer Pflanzenkläranlage in einem dafür zu kleinen Hof wäre wahrscheinlich unterirdisch vorteilhafter gewesen - die Dachfläche für die Regenwasser nutzung reicht bei einem fünfgeschossigen Wohngebäude nur bis zur dritten Etage, die übrigen Geschosse müssen nachgespeist werden – dies wurde bei der Planung nicht beachtet Block 103 – IBA Berlin 87 Altbau

Quelle: Kreuzberger Kreislaeufe : Block 103 ein Modell fuer umweltorientierte, behutsame Stadterneuerung Verfasser : Peter Beck]. Internat. Bauausstellung Berlin. [Bearb. von d. STERN GmbH im Rahmen d. 6. Bundeswettbewerbs "Buerger es geht um Deine Gemeinde" 1986 - 1987. 3

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Bauhaus - Universität - Weimar

2. Grundschule Prenzlauer Berg Bearbeitung: Juliane Schild

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Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Juliane Schild

Projektsteckbrief: Projektbezeichnung 2. Grundschule Prenzlauer Berg Standort Heinrich-Roller-Str. 18, Berlin Prenzlauer Berg Auftraggeber Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr Württembergische Str. 6, 10707 Berlin Auftragnehmer S.T.E.R.N. Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung mbH Schwedter Str. 263, 10119 Berlin Bauherr Bezirksamt Prenzlauer Berg Bauzeit ab 1994 Größe 1.533 m2 bebaute Fläche 3.175 m2 Freifläche Schlagworte zum Projekt Modellvorhaben der ökologischen Sanierung Schule als ökologischer Lernort Ökologisches Gesamtkonzept 2. Grundschule Prenzlauer Berg

Ansicht des hinteren (teilsanierten) Schulgebäudes)

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Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin

Im Rahmen des Berliner Programms „Stadtökologische Modellvorhaben“ war Mitte 1994 mit der schrittweisen Modernisierung begonnen worden. Das Schulgebäude aus dem Jahre 1877 gehört zu den ältesten öffentlichen unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden im Stadtteil Prenzlauer Berg. Seit seiner Errichtung war an ihm wenig verändert worden und die Dringlichkeit zur Modernisierung offensichtlich. In der Modernisierung kamen modellhaft ökologische Maßnahmen zum Einsatz, die zu einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes der Schule und zu einer Senkung der Betriebskosten führen sollten. Als Bestandteile des Schulalltages wurden Wassereinsparung, Abfallvermeidung und gesunde Ernähung eingeführt. Zur Veranschaulichung für die Nutzer sollten Windräder und Photovoltaik Anwendung finden. Die extreme Luftverschmutzung durch Kohleheizung sollte durch den Einbau einer Gasheizung gemindert werden.

2. Grundschule Prenzlauer Berg

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Juliane Schild

Da sich die Schule in einem dicht bebauten Block befindet, fehlten Freiflächen; die vorhandenen Sport- und Freizeitflächen waren wenig attraktiv, da das Schulgrundstück zum größten Teil versiegelt ist. In einem 4-Stufen-Konzept war die Umsetzung der ökologischen Maßnahmen geplant. Neben dem Baukonzept stand die Einbeziehung der Nutzer im Vordergrund. Sie wurden sowohl an Entscheidungen als auch an Baumaßnahmen (wie z.B. der Entsiegelung des Schulhofes) beteiligt. Solche vernetzten Konzepte können nur unter aktiver Mitwirkung der Betroffenen erfolgreich durchgeführt werden. Die Veränderung des Unterrichts sollte ein wachsendes Umweltbewusstsein der Schüler fördern. Die ersten drei Stufen des baulichen Konzeptes sind heute nahezu abgeschlossen.

1. Stufe: Sofortmaßnahmen - Bestandsaufnahme und Mängelanalyse - Reparaturen und Bausubstanzerhaltung - Erneuerungskonzepte in den Bausteinen: Wasser; Energie, Klima/Grün, Baustoffe, Abfall 2. Stufe: Mängelbeseitigung, vorrangige Maßnahmen, ökologische Beispielmaßnahmen - Erarbeitung eines Energie-, Wasser-, Klima-/Grün-, Baustoff-, AbfallNutzungs-, Farb- und umweltpädagogischen Konzeptes - Veränderung des Schulhofes - Heizungsumstellung von Koks auf Erdgas - Nutzung regenerativer Energie (Photovoltaik, Windkraft) - Verbesserung der technischen Infrastruktur - Nutzung von Regenwasser für WCSpülung - Dachstuhlerneuerung und Begrünung auf Dachflächen, die von Klassenzimmern aus einsehbar sind

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Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin

- Schaffung von Modellklassenräumen mit unterschiedlichen Standards - Einrichtung einer Lehrküche mit erweitertem Pausenhof und Umstellung des Schulessens auf die „Prinzipien der gesunden Ernährung“ 3. Stufe: Fertigstellung des ökologischen Konzeptes - Schulhof-Freiraumgestaltung - Erneuerung der Räume und der Turnhalle - Schulwegsicherung - Umbau der Hausmeisterwohnung - Kopplung mit anderen Programmen 4. Stufe: Langfristige Maßnahmen - Neubau einer Turnhalle in der Nähe des Schulstandortes - Zusammenführung interessierter Eigentümer im Block und Bildung von ökonomisch und ökologische sinnvollen, grundstücksübergreifenden Energieverbundsystemen - Errichtung eines Blockheizkraftwerkes, das die Schule und anliegende Häuser mit Wärme und Strom versorgt 2. Grundschule Prenzlauer Berg

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Juliane Schild

Modellräume

Denkmalschutz

Im dritten Obergeschoss der Schule wurden drei Klassenräume mit unterschiedlichen Maßnahmen modernisiert. Es entstanden ein „Standard-Raum“, ein „Öko-Standard-Raum und ein „ÖkoPlus-Raum“. Die raumklimatisch wesentlich besseren Materialien, die im „ÖkoPlus-Raum“ wurden die raumklimatisch hervorragendsten Materialien verwendet, die zum angenehmsten Raumklima – vergleichen mit den anderen Modellräumen - beitragen. Verschiedene akustische Qualitäten wurden durch unterschiedliche Ausbaustandards in den Fußböden erreicht und ebenfalls die Beleuchtung wurde experimentell unterschiedlich ausgeführt. In diesen drei Räumen wurde ebenfalls unterschiedliches Mobiliar erprobt – von den klassischen Stühlen und Tischen mit Plastikbeschlägen bis hin zu Mobiliar aus Stahl und Holz. Die drei Modellräume stehen nun einzelnen Klassen zur Verfügung und werden in ihren besonderen klimatischen und praktikablen Eigenschaften untersucht und bewertet.

Die vorhanden Holzfenster wurden durch neue Holzfenster nach altem Vorbild ausgetauscht und in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde mit thermisch hochwertigerer Verglasung versehen. Aus Sicherheitsgründen fanden in der Turnhalle Stahlfenster mit ballwurfsicherer Wärmeschutzverglasung Anwendung. Ebenfalls in der Elektro-Installation konnte auf PVC-Materialien gänzlich verzichtet werden. Schulküche Im Keller wurde eine Schulküche eingerichtet, die zur Versorgung der Kinder und zu Unterrichtszwecken genutzt wird. Vom Schulhof aus ist sie direkt über eine Treppenanlage erreichbar.

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Juliane Schild

Wärmeversorgung

Wasserhaushalt

Mit der Wärmeversorgung des Schulgebäudes wurde eine Betreibergesellschaft beauftragt. Durch rationelle Arbeitsweise und hohe Professionalität kann die Betreibergesellschaft dem Nutzer günstige Wärmepreise anbieten. Die zügige Umstellung von Koks auf Gas machte die baldige Einzelraumregelung der Heizkörper und somit eine bedarfsgerechte Steuerung möglich.

Bei der Erneuerung der Sanitäreinrichtungen wurden in jedem der drei Geschosse verschiedenen Armaturen installiert: Standard-Armaturen, Selbstschlussarmaturen und optischelektronische Armaturen. Derzeit wird messtechnisch der Verbrauch an den verschiedenen Armaturen in Abhängigkeit der Benutzerzahl festgestellt. Die Toilettenspülungen werden mit Regenwasser versorgt, der Wasserstand in der Zisterne wird technisch überprüft und kann, wenn er zu hoch steht, durch Gartenbewässerung aus der Zisterne gesenkt werden.

Ökologische Gebäudetechnik Ein kleines Windrad und eine Photovoltaik-Anlage mit einem Pufferspeicher wurden auf dem Hofgebäude installiert. Die Anlage versorgt die Beleuchtung des Treppenhauses. Auf eine Anzeigentafel im Eingangsbereich wird der Nutzen dieser ökologischen Gebäudetechnik angezeigt. Das anfallende Regenwasser wird auf dem Schulhof versickert, bzw. wird in einer Zisterne gesammelt und für die Toilettennutzung und zur Bewässerung der Grünflächen verwendet. 2. Grundschule Prenzlauer Berg

Die Kompostanlage rundet das neue Bewirtschaftungskonzept zusammen mit der getrennten Müllsammlung ab.

Schulhof und Gebäudeumfeld Der hintere Schulhof wurde entsiegelt und mit Rasensteinen befestigt, die die Oberflächenversickerung auf dem Grundstück ermöglichen. Der Außenraum konnte mit Pflanzspalieren, Blumenbeeten und einem Sandspielplatz ökologisch gestaltet werden.

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Juliane Schild

Fazit Als Mangel an der Realisierung dieses Projektes ist die Modellhaftigkeit anzuführen. Sie hat zur Folge, dass nur wenige Maßnahmen flächendeckend angewendet worden sind und nur wenige Schüler die, zum Beispiel raumklimatischen, Vorzüge einer ökologischen Sanierung zuteil werden. Die Situation, in der dieses Modellvorhaben durchgeführt wurde, erweist sich auch für den Schulalltag als problematisch, da nur immer dann Maßnahmen durchgeführt werden können, wenn Gelder zur Verfügung stehen. Demzufolge wird über einen wesentlich längeren Zeitraum der Schulalltag erheblich gestört. Bis dato konnte viel probiert werden, jedoch sind noch keine kostengünstigen und praktikablen Erkenntnisse aus den Versuchen gezogen worden. Die im Idealfall durchzuführenden Veränderung sind finanziell nicht tragbar.

2. Grundschule Prenzlauer Berg

Positiv ist bei diesem Projekt die voranschreitende Umgestaltung des Außenraumes anzumerken. Die Entsiegelung des Schulhofes und der Bau eines Klettergerüstes und einiger Sitzmöglichkeiten steigert die Aufenthaltsqualität und Erlebbarkeit des Freiraumes. Erste Bepflanzungen wurden ebenfalls schon vorgenommen.

In diesem Projekt zeigt sich besonders, dass ökologische Aspekte und finanzielle Möglichkeiten Kompromisse mit sich ziehen, deren Nutzen manchmal in Frage zu stellen ist.

Die Untersuchung der Messergebnisse und die Durchführung der stückweisen Sanierung der Schule sind noch nicht abgeschlossen, sondern werden in den nächsten Jahren fortgeführt. Das gesamte vordere Schulgebäude ist noch gänzlich unsaniert. Des Weiteren bedarf die Turnhalle einer dringenden Sanierung. Als weitere Ziele werden der Erwerb eines benachbarten Grundstückes zum Bau einer neuen Turnhalle und die Zusammenarbeit mit den Nachbarn angestrebt. 4

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Bauhaus - Universität - Weimar

Ufa – Fabrik Bearbeitung: Heidrun Becker

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Heidrun Becker

Projektsteckbrief: ufaFabrik Viktoriastrasse, Berlin-Tempelhof Selbstverwaltetes Kulturprojekt Existiert seit 1979

Ökologische Ideen werden in Projekten, auch in Zusammenarbeit mit der TU Berlin, vorangetrieben. Das Umsetzen dieser Ideen ist ein ständiger Lernprozeß und stets abhängig von Menschen, die bereit sind, neue Dinge auszuprobieren, Bekanntes weiterzudenken und für die eigene Situation sinnvoll einzusetzen. Ohne Eigeninitiative läuft nichts, mit ihr ist sehr viel möglich, wie die Menschen hinter der ufa seit 1979 beweisen.

ufaFabrik

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Im Juni 1979 besetzten Alternative das seit Jahren leerstehende Gelände der ehemaligen UFA-Film-Kopierwerke. Aus der Idee eines ökologischen Lebensund Arbeitsprojektes entstand das „Internationale Kulturcentrum ufaFabrik Berlin“, eine Kombination aus Wohnen, Arbeit, Kultur, Kreativität und sozialem Leben.

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Heidrun Becker

Teilkonzepte Energie .Blockheizkraftwerk (BHKW) .Sonnenenergie .Windrad .Gebäudeleittechnik .Dämmen und Bauen mit Naturstoffen . Viel Licht aus wenig Strom Kälte .Die klimaschonende Kühlanlage Schallschutz .Akustikplatten und Schallschutzfenster .Das Vertikop Abfall .Mülltrennung .Kompostierung Regenwasser .Trinkwasser – zum Spülen zu kostbar Luft .Dachbegrünung .Fassadenbegrünung

Idee: Alternative Lebensformen sollen in einer veränderten technischen, umweltverträglichen Umgebung stattfinden. ufaFabrik

„Mao-Diesel“ 1979 Bau des „Mao-Diesel“, einer ersten Kraft-Wärme-Kopplung mit Hilfe eines LKW-Motors. Leistung: 50 kW el, 100 kW th. Ab 1985 Fassaden- und Dachbegrünung mit einheimischen Gräsern und Kräutern. Diese Maßnahme verbessert das Mikroklima auf dem Gelände durch die Bindung von Staub aus der Luft, durch Sauerstofferzeugung, für Vögel und Insekten wird Lebensraum geschaffen. Im Sommer dient die Dachbegrünung als Wärmepuffer. Niederschläge fließen 5

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zudem langsamer ab, die Gefahr des Überlaufens von Abwasser aus der Kanalisation wird verringert. Zur Reinhaltung der Oberflächengewässer wie des Grundwassers wird durch eine erste (Erd-)Filterung beigetragen.

vorher

heute ufaFabrik

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Heidrun Becker

Ab 1994 erhält die ufaFabrik für ihre Ökologieprojekte erste Fördergelder im Rahmen des Umwelt-Förder-Programms (UFP) sowie von der Europäischen Gemeinschaft aus dem Fonds für regionale Entwicklung. Diese ermöglichen eine ganze Reihe von neuen Projekten.

wurde durch zwei Rottetrommeln optimiert. Durch Drehen wird der Kompost stets gut durchlüftet und wesentlich schneller zu Dünger verarbeitet, was gleichzeitig Raumgewinn bedeutet, da der „Bio-Müll“ nicht so lange gelagert werden muß.

1994 .Der Mao-Diesel wird durch zwei Erdgas-betriebene BHKWs ersetzt, deren Leistung zusammen ca. 88 kW el und 190 kW th beträgt. Die Abwärme wird zum Heizen und zur Warmwasserbereitung genutzt. Mit etwa 300.000 kWh/a decken die beiden BHKW 75% des Strombedarfs der ufaFabrik ab. .Energiesparlampen mit zusätzlichem Vorschaltgerät werden eingebaut. Bei achtfacher Lebensdauer brauchen sie nur ein Viertel der Leistung. Reflektoren sorgen zudem für eine augenschonende, reflexionsarme Arbeitsplatzbeleuchtung. .Der Restmüll konnte durch Mülltrennung, Recycling und Kompostierung auf 10% des ehemaligen Volumens reduziert werden. Recycelt wird wo möglich und sinnvoll. Die Kompostierung

Rottetrommel 5

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.Regenwasser wird über einen Pflanzenkiesfilter gereinigt und zur Grünflächen-Bewässerung wie auch für die Toillettenspülung genutzt. Der „Ertrag“ beträgt zwischen 1500 und 2000 ccm/a, was an Trinkwasser eingespart wird. Das Wasser wird zunächst in einem Absatzbecken gespeichert, in dem Steine, Sand und Schlamm zurückbleiben. Von da wird es über eine mit Kies belegte Trennwand, auf der Laub, kleinere Steine und Holz zurückbleiben, in ein zweites Becken geleitet. Wird eine höhere Wasserqualität benötigt, kann es von da aus auf ein Pflanzen-Kiesbeet gepumpt werden, wo ihm mittels verschiedener Kieskörnungen restliche Schwebeteile entzogen werden. Unter den Kies gemischter Eisenschrott bindet Phosphate, Bodenorganismen an Wasserpflanzenwurzeln wandeln chemische Verunreinigungen in Mineralstoffe als Dünger um. Nach diesen Vorgängen hat das Wasser fast Trinkwasser-Qualität.

ufaFabrik

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Heidrun Becker

Schema Pflanzenkiesfilter

Pflanzen-Kiesbeet 1995 .Alle elektrischen Anlagen sowie Heizung, Lüftung, Biofilter, Kühlung und Siloanlage der Bäckerei werden von einem zentralen Gebäudeleitrechner aus gesteuert, geregelt und überwacht. Dieser berechnet den tatsächlichen Energiebedarf, auf den die Leistung der BHKWs angepasst werden kann. Er zeigt eventuelle Störungen an, wodurch

Wartungs- und Reparaturarbeiten erleichtert werden. .Die Wärmedämmung der Ökoausstellung wird mit Papier-Recyclingmaterial umgesetzt, dem unschädliche Mineralsalze zugesetzt sind, um die Dämmung feuerhemmend zu imprägnieren und gegen Schädlinge zu schützen. Holzbalken eines abgerissenen Hauses werden wiederverwendet. Beim Streichen kommen Mineral- und Kaseinfarben zum Einsatz mit Quark, Leinöl und Kreide als Zusätzen. .Ein Windrad mit einem 3m-Rotor und einer Leistung von bis zu 1000 W wird installiert –trotz der eher ungünstigen Verhältnisse im innerstädtischen Bereich wie häufig wechselnder und dabei wesentlich weniger kräftiger Wind als auf dem Land. Zudem wird in Zusammenarbeit mit der TU ein Schlitzrotor entwickelt. Die aus dem Wind gewonnene Energie treibt unter anderem den Motor der Rottetrommeln an. 1996/97 Café-Restaurant und Bäckerei werden umgebaut. 5

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.Beim Kauf der neuen Maschinen ist die Ressourcen-Einsparung ein wichtiges Entscheidungs-Kriterium. .Die Kühlung funktioniert mit Propan (statt FCKW) als Kältemittel, das bei Entweichen in die Atmosphäre unschädlich abgebaut wird. Die zentral erzeugte Kälte wird über Sole, eine spezielle Salzlösung, auf die verschiedenen Kühlräume verteilt. Die Abwärme der Kältemaschine wird zur Warmwasserbereitung der Spülstrasse der Kantine genutzt. .Schafwolle und Akustikplatten aus Recyclingmaterial bilden zusammen mit den Schall-Wärmeschutz-Fenstern ein kombiniertes Schall-WärmedämmKonzept.

ufaFabrik

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Heidrun Becker

.Das Gründach dient als natürlicher Filter zur Reduzierung der Kantinen- und Backofengerüche. 1997 .Die größte Solaranlage Berlins wird an der ufaFabrik installiert. Sie liefert bei Sonnenschein bis zu 53 kW el, ca. 37.000 kWh/a. Sie dient als Ergänzung der BHKWs, deren Abwärme aufgrund des fehlenden Heizbedarfs im Sommer nur begrenzt gebraucht wird. So läuft im Sommer tagsüber nur ein BHKW in Teillast, bei abendlichen Veranstaltungen mit großem Strombedarf laufen beide BHKWs, deren Abwärme die Warmwasserspeicher erwärmen. Für die Module gab es bereits verschiedene Modelle zur beweglichen Lagerung, damit sich die einzelnen Platten automatisch in die beste Sonnenposition bewegen, jedoch sind diese Versuche noch nicht zufriedenstellend abgeschlossen.

PV-Anlage

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.Das „Vertikop“ , Kunstwort für Vertikales Biotop, entsteht. Dies ist eine begrünte Schallschutzwand, 50m lang, 5m hoch, die aus einem mit Fasermatten belegten Stahlgerüst besteht, das innen zur Massebildung mit Sand, Steinen, organischen Materialien und Erde angefüllt ist. So dient es dem Schallschutz als auch zur Wasserspeicherung für die darauf wachsenden Pflanzen, die wiederum Lebensraum für Vögel und Insekten bieten.

ufaFabrik

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Heidrun Becker

umgesetzt wurden, hängt sicherlich mit einigen wenigen der dort Aktiven zusammen, die keine Fachleute sind, sondern sich ihr Wissen nach und nach erarbeiten, dadurch auch Fehler machen aber auf diese Weise, da sie keine vorgefertigten, gelernten Vorstellungen im Kopf haben, wie etwas funktioniert, in der Lage sind, Neues zu entdecken und entwickeln. Durch dieses langsame Entdecken und Entwickeln von „Was bedeutet ‚Ökologisches Bauen’“ –was meiner Meinung nach der richtige Weg ist, da Lebensräume Zeit brauchen- ist ein sehr schönes, grünes und vielseitiges Projekt in der Großstadt entstanden.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass dieses Projekt aus der Ökobewegung Ende der 70er hervorgegangen ist, zunächst als Kommune funktionierte und sich vor allem kulturellen Aktivitäten verschrieben hatte. Dass die ökologischen Aspekte in dem heutigen Maße 5

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Bundeswirtschaftsministerium Bearbeitung: Axel Karstedt

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Axel Karstedt

Projektsteckbrief: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Standort Invalidenstraße 48/49 Scharnhorststraße 34-37 Berlin Mitte Bauherr Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

Größe Bruttogeschossfläche 93.300 qm Bruttorauminhalt 408.400 cbm Nutzfläche 47.100 qm Hauptnutzfläche 41.600 qm

Beschäftigte 1.400 Mitarbeiter

Architekt Arbeitsgemeinschaft Thomas Baumann(Planung), und Dieter Schnitter (Bauleitung) Bauzeit 1991 – 1994 (1. Bauabschnitt) 1996 – 2000 (2. Bauabschnitt) Baukosten 170 Mio. DM (1. Bauabschnitt) 380 Mio. DM (2. Bauabschnitt) Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

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Geschichtlicher Hintergrund: 19.12.1746_Stiftungsurkunde von Friedrich II. für ein Invalidenhaus, Baubeginn auf dem insgesamt 134 ha großen Areal. 1747_Baubeginn für eine katholische und eine lutherischreformierte Kirche (beide im Zweiten Weltkrieg zerstört). 15.11 1748_ Einweihung des Invalidenhauses für einen Kommandanten, zwölf Offiziere und 600 Soldaten und deren Familienangehörigen, Prinzip der Selbstversorgung. 02.08.1795_Gründung der ersten medizinisch-chirugischen Bildungsanstalt für angehende Millitärärzte in der Georgenstraße durch den Arzt Johann Goercke ; 1872 Verlegung der Anstalt mit Baubeginn des Bahnhofs Friederichstraße. 1843_Umgestaltung der Garten- und Parkanlagen um das Invalidenhaus nach Plänen von Peter Josef Lenné, Ausgestaltung des Ehrenhofs an der Scharnhorststraße zum „Kanonenhof“; Kanone 1928 durch heute noch vorhandenen Brunnen ersetzt. 1903_Bauwettbewerb zur Errichtung eines Neubaus für das FriederichWilhelm-Institut; Umwandelung eines Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Axel Karstedt

fast 2 ha großen Teilstücks des alten Invalidengartens zwischen Invalidenhaus- und straße in einen Bauplatz, eingeschränkter Bauwettbewerb, Gewinner. Cremer & Wolffenstein. 10.06.1910_Grundsteinlegung und Einweihung der neuen „KeiserWilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen“, einschließlich Hörsälen, Laboratorien, und Internatsgebäude für 300 Studierende. 1919_Versailler Vertragverlangt Abrüstung in Deutschland, Auflösung der Akademie.1919 bis 1934_ Reichsarbeitsministerium. 1933_Neubegründung der Militärärzteakademie, Einzug in das alte Akademiegebäude und in das alte Invalidenhaus. 1939_Verlegung des Invalidenhauses in die neugebaute Invalidensiedlung nach Fronau. 1939 bis 1945_Lazarett der Wehrmacht. 1945_Zerstörung der beiden Kapellen und des 220 m langen Hauptflügels des alten Invalidenhauses durch Bomben. Nach 1945_Lazarett der roten Armee. 1949 bis 1951_Akadamiegebäude Invalidenstraße: Sitz des obersten Gerichts der DDR (bis 1998) und der General 6

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Staatsanwaltschaft der DDR, Gesundheitsministerium der DDR (bis in die 60er Jahre); Invalidenhaus Scharnhorststraße: Regierungskrankenhaus der DDR (1949 bis 1989) und NVA-Krankenhaus (1955 bis 1989). 13.08.1961_nach bau der Mauer liegt das Areal direkt an der Grenze, vor dem alten Akademiegebäude Übergang Invalidenstraße. 1973_Umbau und Erweiterung des Regierungskrankenhauses zum Regierungs- und Diplomatenkrankenhaus der DDR (bis 1989), Auszug der Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Axel Karstedt

Generalstaatsanwaltschaft der DDR in die Luisenstr.33. 1990_vorübergehende Nutzung des alten Invalidenhauses durch das deutsche Herzzentrum. 1994_Wiederherrichtung des alten Internatstraktes der Akademie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. 1996 bis 2000_Sanierung, Umbau und Neubau des gesamten Areals des ehemaligen Invalidenhauses und der Militärärzteakademie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. 6

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Axel Karstedt

Aktuelle Bezüge: Ziel des jüngeten Umbaus zum Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie war es, die anspruchsvolle neue Nutzung mit den Belangen der Denkmalpflege in Einklang zu bringen und möglichst viel vom ursprünglichen Zustand der Häuser wieder herzustellen. Die historische Ausstattung der Repräsentationsräume wurde restauriert und behutsam ergänzt. Erhaltenswerte Spuren der wechselvollen Nutzungsgeschichte, wie z.B. Ausstat Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

tungen aus der Zeit der „Nationalen Tradition“ der 50er Jahre im Bauteil an der Invalidenstraße, wurden bewahrt. Hinzufügungen der Architekten, wie beispielsweise eine eigens entwickelte Beleuchtung, ordnen sich in vornehmer Zurückhaltung dem großzügigen und eleganten Gesamteindruck unter. Hinsichtlich des Einsatzes regenerativer Energien, gehört das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu

den innovativen Bauten des Bundes in Berlin. Zwischen Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal und Scharnhorststraße, haben die Architekten Thomas Baumann und Dieter Schnittger eine 180 Meter lange Photovoltaik-Anlage installiert, die weit mehr ist als ein Signal der von der Bundesregierung angekündigten Solar-Offensive. Die 715 Quadratmeter große Modulfläche aus monokristallinen Siliziumzellen, die derzeit zu den größten dachgeständerten 6

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Axel Karstedt

Photovoltaik-Anlagen in Deutschland gehört, soll den Energiebedarf der Bundesbauten zu drei Prozent decken. Deren Gesamtleistung ist auf 100 kWP (76 000kWh/Jahr) errechnet. Dies entspricht einer Energiemenge, die rund Fünfzig energiebewusste Haushalte pro Jahr benötigen. Die Qualität des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie liegt eindeutig in seiner sichtbaren Vielschichtigkeit und Komplexität. Ein neues Kapitel ist hinzugefügt worden und schreibt seine Geschichte fort.

- NACHBETRACHTUNG Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

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ZUR BESICHTIGUNG: Zum Auftakt der Besichtigung des Bundeswirtschaftsministeriums wurde die Exkursionsgruppe an Hand eines bildreichen Powerpointvortrages in knapper Form über die Geschichte und die vollzogenen Umbaumaßnahmen informiert. In dem darauffolgenden Gespräch mit einem Mitarbeiter des IEMB (Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken), der für die Erstellung des Energiekonzeptes zuständig war, hatten wir Gelegenheit entstandene Fragen zu diskutieren. Hierbei stellte es sich als schwierig heraus, kritische Aspekte der Planung zu durchleuchten. Wurden Fragen zum fragwürdige ökologische Gesamtkonzept oder anderen Schwachstellen der Planung gestellt, so beantwortete sie der Sprechers des Ministeriums, nur durch ausweichende Antworten. Es wurde stets versucht das Gebäude in einem durchweg positiven Licht erscheinen zu lassen. Auf dem Weg dieses Gespräches war es somit schwer sich dem wahren Kern des Gebäudes zu nähern. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Axel Karstedt

Auf der anderen Seite wurde dadurch aber auch sehr klar, was dem Bund, der in diesem Fall als Bauherr auftrat, bei der Errichtung des neuen Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie konzeptionell wirklich wichtig war. Es wurde eindeutig die meiste Arbeit und der größte Teil der zur Verfügung stehenden Mittel zu Gunsten des repräsentativen Charakters des Ministeriums aufgewendet. Moderne, ressourcenschonende Maßnahmen wurden oft nur dann ergriffen, wenn es im weitesten Sinne wieder dem repräsentativen Zweck diente, wie die Photovoltaikanlage auf dem Ergänzungsgebäude am Invalidenhaus veranschaulicht. Die Anlage suggeriert nach außen hin den Einsatz von umweltschonenden Technologien – eine Aussage, die sich so im Gesamtkonzept nicht fortsetzt, was bei der anschließenden Führung durch den Gebäudekomplex stets deutlich zu erkennen war.

DER DISKUSSIONSABEND: An dem Diskussionsabend zeigte sich in der objektbezogenen Diskussion sehr klar der Zwiespalt, in dem sich dieses Gebäude befindet. Gab es einerseits am äußeren Erscheinungsbild wenig zu kritisieren, so massierten sich die kritischen Äußerungen jedoch im Bezug auf die nicht vorhandene ganzheitliche Konzeption, die auch dem ökologischen Anspruch nicht genügt. Kritisiert wurde des weiteren der hohe Kostenaufwand, der für die Umbaumaßnahmen betrieben wurde, ohne ein gebäudetechnisch ganzheitliches Energiemanagement zu etablieren, was zum Beispiel an dem fehlerhaften Einsatz von Energiesparmaßnahmen deutlich wurde. Zusammenfassend kann man also sagen, dass der dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unter politischen Gesichtspunkten verliehene Eindruck, den es auf seine Betrachter ausübt, bedauerlicher Weise im Gesamtkonzept nicht durchgehalten wurde. 6

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Axel Karstedt

Bibliografie: Bundesministerium für Verkehr Bau und Wohnungswesen Junius Verlag Seite 248 ff Demokratie als Bauherr Die Bauten des Bundes in Berlin 1991 bis 200 Bauwelt Jg. 92 (2001) ; Nr. 42/43 ; Seite 3 DB Deutsche Bauzeitung Jg. 134 (2000) ; Nr.5 ; Seite 92 ff Bauwelt Berlin Annual Chronik der baulichen 1996 – 2000 Birkhäuserverlag

Ereignisse

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

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Bauhaus - Universität - Weimar

Bundespresseamt Bearbeitung: Christoph Riefenstahl

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeiter: Christoph Riefenstahl

Projektsteckbrief: Bundespresseamt Dorotheenstraße, Berlin-Mitte Architekten und Generalplaner: KSP Engel Kraemer Zimmermann Berlin, Jürgen Engel, M.Zimmermann Bauherr: Bundesrepublik Deutschland; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Bauzeit: 1996 - 2000

Ökologisches Konzept: „Gekühlt wird mit der Sonne!“ 1.Verminderung von Kühllasten 2. Solares Kälteversorgungskonzept

Bundespresseamt

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeiter: Christoph Riefenstahl

Der Komplex des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung in Berlin ist ein Gebäudekomplex, der aus mehreren Bauten zusammengefügt wurde. Zwei von ihnen, das alte Postscheckamt ,1917 von Alfred Lempp gebaut und ein Plattenbau, waren im Bestand vorhanden. Das ehemalige Postscheckamt, welches mit mehreren Höfen den größten Teil des Blockes zwischen Reichstagsufer und Dorotheenstraße füllt, wurde mühevoll in mehreren Schritten umgebaut und beherbergt die Büros der meisten der 500 Berliner Mitarbeiter. Ergänzt wurde es durch ein dem Postscheckamt östlich angelagerten Büroband mit Glasfassade und einem flachen Solitärbau des Presse- und Besucherzentrums, auf dessen Platz schon 1965 von Heinz Mehlan und Harry Reichert 1965 ein Pavillon mit großem, zur Elbe offenen Vorplatz errichtet wurde. Der neue Kubus, der dem Vorgängerbau in seinen Dimensionen entspricht, besticht durch seinen großen Innenraum. Nach Norden und Süden ist er komplett verglast, innen stellt sich ein „Haus im Haus“ dar, eine geschlossene mit Stahllochblech verkleidete Box, in der Pressekonferenzen stattfinden können. Bundespresseamt

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Das eingestellte Konferenzzentrum, welches über eine eigene Tragkonstruktion verfügt, ist über Schiebewände in unterschiedlich große Säle unterteilbar (maximal 6, künstlich über Lichtdecken aus Mattglas beleuchtet, bis zu 300 Personen). Das Equipment des technischen Ausbaus verschwindet in der Decke, ein kleines Fernsehstudio und Arbeitsplätze für Journalisten sind gleich nebenan zu finden. Das innere Zentrum ist durchgängig vom Foyer umgeben, welches sich auch noch durch rahmenlose Glasplatten in verschiedene Bereiche abtrennen lässt. Erschlossen wird der Würfel von Norden über die flache Rampe des Vorplatzes, die VIP-Einfahrt liegt genau an der anderen Seite im Süden des Baus, die Räume um den südlichen Hof werden mit Sonderfunktionen wie Fahrbereitschaft, Fotostudios usw. belegt. Der zweite Bauabschnitt der Gesamtanlage betrifft den Umbau des Plattenbaus in der Dorotheenstraße, der erst kurz vor der Wende 1989 fertig geworden war. Allerdings erinnert der siena-rote glattverputzte Baukörper mit seiner Lochfassade, dem gläsernen Staffelgeschoss und dem quadratischen Fensterformat Bundespresseamt

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeiter: Christoph Riefenstahl

überhaupt nicht mehr an seine frühere Optik. Westlich des roten Blocks schließt der zweite Teil des Neubaus an: die 120 Meter lange und nur 7 Meter schmale gläserne Büroscheibe, die direkt an die Brandwand des ehemaligen Postscheckamtes angeschlossen wurde. Dieser Riegel verbindet alle Teile des Presseamtes miteinander, trennt aber auch die öffentlichen und die internen Bereiche des Amtes. Interessant ist die doppelte Ganzglasfassade, deren äußere Schicht sich, mit schwarzen Punktraster bedruckt, je nach Licht- und Witterungsverhältnissen abweisend oder offen zeigt. Die Lamellen sind an Sensoren gekoppelt und dadurch nicht mehr durch Mitarbeiter zu verstellen: die nach Osten orientierte Front soll morgens im geschlossenen Zustand schwarz erscheinen und sich erst im Laufe des Tages öffnen. Städtebaulich wirkt die ganze Situation aufgrund der unterschiedlichen Gebäudecharaktere etwas heterogen, aber Anliegen der Architekten war es ja auch, „keine Harmonie zu suchen“. KSP vertritt hier das Konzept, nicht wie sonst in Berlin die Blockrandbebauung zu 7

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favorisieren, sondern an der vorgefundenen Konstellation festzuhalten, die Solitärwirkung des Würfels zu stärken und somit dem Amt einen starken städtebaulichen Auftritt zu verschaffen. Energetisches Konzept: Vorbemerkung: Ziel der Um- und Neumaßnahmen der Regierungsgebäude war es ja, den Energieverbrauch zu senken sowie erneuerbare Energien zu nutzen. Dies zielt nicht nur auf die Verringerung des Wärme und Strombedarfs, sondern betrifft auch auf den Energieverbrauch zur Kühlung. Sollte hier eine maschinelle Kühlung trotz einer Verminderung der äußeren und inneren Kühllasten erforderlich sein, werden vorrangig Abwärme und regenerative Energieressourcen genutzt. Das Anlagensystem zur solar gestützten Kälteerzeugung des Bundespresseamtes wird von 2001 bis 2004 vom IEMB ( Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der TU Berlin ) koordiniert und messtechnisch begleitet. Bundespresseamt

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeiter: Christoph Riefenstahl

Wirkungsweise: 1.Verminderung der Kühllasten: Der auffällige Ausgangspunkt der solar gestützten Kälteerzeugung ist die sogenannte Giebelwandbebauung, die hier als Ganzglas- bzw. Doppelfassade ausgebildet wurde. Baukonstruktiv besteht diese auf der Innenseite aus einer Pfosten-RiegelKonstruktion mit raumhoher Verglasung mit integrierten Öffnungsflügeln im oberen und unteren Fassadenbereich, während auf der Außenseite über die gesamte Fläche bewegliche Glaslamellen als Sonnenschutz- und Lichtlenkelemente angebracht sind. Der Raum zwischen den beiden Fassaden wirkt wie ein Kamin, in dem die erwärmte Luft aufsteigt und im oberen Teil des Gebäudes ins Freie strömt. Bei ihrem Auftrieb entzieht die Luft den Büroräumen Wärme. Wegen der erhöhten Temperaturdifferenz zwischen Fassadenzwischenraum und Außenluft funktioniert der Auftrieb in der Nacht am besten, weshalb die Räume über Nacht gut auskühlen können. (Bild 1)

Schnitt durch die Giebelwand mit Doppelfassade

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Durch diese freie Nachtauskühlung über den weitestgehend wettergeschützten Fassadenzwischenraum und eine tageslichtabhängige Beleuchtungssteuerung kann in den Standartbüros der Giebelwandbebauung ein akzeptables Raumklima ohne maschinelle Kühlung erreicht werden. Das sind immerhin 50 Prozent der Flächen. Thema Lichtlenkung: in der Praxis kommt allerdings, Angaben der Benutzer zu Folge, das System der äußeren Glaslamellen zur Lichtlenkung den theoretischen Simulationen nicht besonders nahe. Verstellung und auch Reinigung gestalten sich schwierig. 2. Das solare Kälteversorgungskonzept: In den anderen Büroräumen, die wiederum 50 Prozent der Flächen ausmachen, konnte auf eine ergänzende Kühlung nicht verzichtet werden. Es handelt sich hierbei z.B. um Nachrichtenauswerteräume, die mit leistungsstarken PC´s mit hoher Abwärme ausgestattet sind. Hier wird die Kälte durch Schwerkraftkühlsysteme bereitgestellt, welche in die hinteren Bürowände integriert sind. Das Kältenetz ist auf Temperaturen von 16/20 Grad (Vorlauf/Rücklauf) ausgelegt. Der Kältebedarf der solar versorgBundespresseamt

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeiter: Christoph Riefenstahl

ten Bereiche beträgt ca. 100 kW und wird durch zwei Absorbtionskältemaschinen (AKM) bereitgestellt. Bereitgestellt wird die Antriebsheizleistung vorrangig durch ein 348 m² großes Feld aus Vakuumröhrenkollektoren auf dem Dach des Gebäudes. Für die Betriebszeiten, in denen der Kältebedarf der Räume nicht vollständig durch die Solaranlage gedeckt werden kann, greift hier bei verringerter Solarstrahlung das System auf Fernwärme zurück. (thermisches Backup-System).

Andererseits kann außerhalb der Kühlperioden die Solarwärme bei Bedarf in das Niedertemperaturheizsystem gespeist werden.

Bild 2:Schaltschema SGK-System BPA 7

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeiter: Christoph Riefenstahl

Quellen- und Bildernachweis:

3.Messtechnische Begleitung: Hier soll es durch die Auswertung der Betriebsergebnisse zu verbesserten Lösungen in der Auslegung und Regelung künftiger Anlagen kommen. Dabei ist zu berücksichtigen, das der Wirkungsgrad von Solarkollektoren bei zunehmender Kollektortemperatur fällt, während die Leistung und Effizienz einer AKM mit zunehmender Heizmitteltemperatur steigt. Zur Berücksichtigung dieser gegenläufigen Effekte erfolgt die Erweiterung der vorhandenen Temperaturregelung der AKM zu einer gekoppelten Temperatur- und Massenstromregelung unter Berücksichtigung der solaren Strahlungswerte.

bauwelt 10/1999 IEMB-info 2001, www.iemb.de www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/ klimaschutz/berlin_spart_energie/de/oeff entliche_einrichtungen/bpa.shtml

Mit den Messergebnissen werden wichtige Fakten in den vollständigen Energiebilanzen erwartet, die auch zur Bewertung des Teillastverhaltens von Kältemaschinen beitragen.

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Bauhaus - Universität - Weimar

Reichstagsgebäude Bearbeitung: Katrin Friedrich

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Bauhaus - Universität - Weimar Bearbeitung: Katrin Friedrich

Projektsteckbrief: Projektbezeichnung Umbau des Reichtagsgebäudes Standort Platz der Republik Auftraggeber Bundesrepublik Deutschland Auftragnehmer Foster and Partners Bauherr Bundesbaugesellschaft Berlin mbH Bauzeit Oktober 1995 Juli 1999 Größe 34.000m² Hauptnutzfläche 400.000m³ umbauter Raum

1898

1940

1945

1979

1995

1999

Schlagworte zum Projekt energetisch zukunftsweisend umweltpolitisch verantwortungsvoll ökologisches Gesamtkonzept BHKW mit Biodiesel betrieben Erdspeicher für Wärme und Kälte natürliche Belichtung natürliche Belüftung 8

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Die Bundesregierung hat frühzeitig, in einem Kabinettsbeschluss vom 11. November 1991, beschlossen, bei den Neuund Umbaumaßnahmen in Berlin ausdrückliche Anstrengungen zu unternehmen, um den Energieverbrauch vorbildlich zu senken und erneuerbare Energien zu nutzen. Neben den energetischen Aspekten zählen Ökologie und ökologische Beratung zu den zentralen Anliegen der in Berlin als Bauherr fungierenden Demokratie. Im Sommer 1996 wurde die Gesellschaft für Ökologische Bautechnik Berlin mbH (GFÖB) mit der ökologischbautechnischen Beratung für die Regierungsbauten in der deutschen Hauptstadt beauftragt, welche unter Leitung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung entstanden. Die Beratungstätigkeit der Gesellschaft für Ökologische Bautechnik umfasst den gesamten Planungs-, Ausschreibungs- und Ausführungsprozess. Ergänzt wird die Beratungsarbeit durch ein umfangreiches Programm zur Erkennung, Erfassung und Bewertung vorhandener Schadstoffbelastungen in Altbauten, dem Erstellen von Sanierungskonzepten und einer Überwachung der Entsorgungswege der anfallenden Bauabfälle im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

Bauhaus - Universität - Weimar Bearbeitung: Katrin Friedrich

„Wir haben beim Reichstag umweltschädliche Technologien vermieden und alternative Methoden der Energiegewinnung bevorzugt. Diese Art Architektur stellt das ökologische Gleichgewicht wieder her überschüssige Energien werden recycelt statt vergeudet.“ Norman Foster

Publikum Presse MdBs Verwaltung Präsidium

Aufbau des Reichstages

Von vornherein wollte Foster für den Wallotbau Transparenz, Offenheit und Respekt vor der historischen Bausubstanz erreichen und das Haus so ökologisch vorbildlich wie möglich gestalten; dabei den Wallotbau so wenig wie möglich antasten, was wohl auch an den Vorgaben der Bundesbauge-sellchaft lag. Diese hat in den Verträgen mit den Architekten und Technikplanern darauf gedrungen, daß beispielsweise die Schweizer Normen für niedrigen Strombedarf (SIA-Normenentwurf 380/4) im wesentlichen eingehalten werden, und die Wärmeschutzverordnung um mindestens 25% unterschritten wird. Die Grundlage des Konzepts, um diese Forderungen einzuhalten, sind Blockheizkraftwerke (BHKW), deren Motoren mit pflanzlichem Brennstoff betrieben werden. Verwendung findet der in unseren Regionen nachwachsende Rohstoff Raps. Er hat bei seinem Wachstum CO2 aufge8

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nommen, das bei der Verbrennung erneut freigesetzt wird -ein geschlossener Kreislauf. Er ist die Basis des Biodiesels (Pflanzenölmethylester), der für den Antrieb der Stromgeneratoren umweltschonend eingesetzt wird. Hierdurch kommt es zu einer Reduzierung der CO2 Emissionen von bisher 7.000 t jährlich auf nur rd. 450 t. Die bei der Stromproduktion entstehende Motorwärme wird zum heizen im Winter und zum Kühlen im Sommer verwendet. Die Wärme wird in einen 200 Millionen Jahre alten Aquiferspeicher geleitet, der umweltverträglich Wärme in einer wasserführenden Erdschicht rund 300 m unterhalb der Erdoberfläche speichert. Bei Bedarf wird diese Wärme über einen Bohrschacht wieder in den Energiekreislauf der Parlamentsbauten zurückgeführt. So kann das Reichstagsgebäude im Winter durch tiefengespeicherte Wärmeenergie beheizt und belichtet werden. Durch einen zweiten Bohrschacht wird in etwa 60 m tiefe die Kälte aus der winterlichen Umgebungsluft für den Kühlbedarf im Sommer gespeichert. Dies reicht allerdings nicht aus, und so werden zusätzlich Absorptionskältemaschinen zur Kühlung im Sommer verwendet, die ebenfalls über die Wärme des BHKW’s betrieben werden. Diese FCKWfreien Kältemaschinen verwandeln Wärme

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in Kälte, die im Sommer durch die Decken des Gebäudes geleitet wird, um das Raumklima abzusenken.

Erdspeicher

Zusätzlich liefert eine 310 m² große Photovoltaikanlage auf dem Dach des Reichtagsgebäudes emissionsfrei elektrischen Strom. Der Strombedarf des Reichstags kann so zu über 80% durch die eigene Anlage gedeckt werden, was den Einsatz von Primärenergie verringert. Bei der hauseigenen Stromproduktion wird ca. 90% der eingesetzten Energie auch tatsächlich in Nutzungsenergie umgewandelt. Ein anderes, wichtiges System ist die natürliche Lüftung und Belichtung. Durch die von Foster entwickelten überproportional großen Fenster, teilweise 4,7 m breit und 2,7 m hoch und bis zu 490 kg schwer, ist es möglich, die Räume außerhalb des Plenarsaals auf natürlichem Wege zu belüften und beleuchten. Die Konstruktion gleicht einer Doppelfassade. Es handelt sich dabei um eine komplex zusammenwirkende Anordnung aus zwei Glasfenstern. Durch ein durchlüftetes äußeres Fenster aus Sicherheitsglas, einer dahinter im Zwischenraum liegenden geschützten, intelligenten Sonnenschutz- und Lichtlenkung und der inneren manuell oder motorisch zu öffnenden, thermisch getrennten Isolierglasebene mit Aluminiumprofil können hohe technische Ansprüche verwirklicht werden. 8

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Sensoren zur Messung der Luftqualität und Lufttemperatur steuern die äußeren umlaufenden Lüftungsklappen. Durch den Einsatz von motorisch und/oder manuell zu öffnenden Fenstern ist es z.B. bei schwacher Belegung möglich, Räume über einen großen Zeitraum natürlich zu belüften.

Bauhaus - Universität - Weimar Bearbeitung: Katrin Friedrich Aber nicht nur dies war entscheident für die Wahl der Raumklimasteuerung, sondern die Örtlichkeit selbst. Das System mußte den unterschiedlichen thermischen Bedingungen der einzelnen Gebäudetrakte angepasst werden. Der Unterschied zeigt sich beispielsweise im Vergleich zwischen dem neuen dritten Geschoss und den darunter liegenden Räumlichkeiten, die noch vom historischen Mauerwerk eingefasst sind. Für die Räume des dritten Geschosses wurden Kühldecken installiert, die die Raumtemperatur im Sommer absenken. Nur in Ausnahmefällen, bei einer hohen Raumbelegung, muss für eine zusätzliche Abkühlung gesorgt werden. Unabhängig von allen anderen Räumen wird der Plenarsaal durch den noch erhaltenen Kanal auf der westlichen Gebäudeseite oberhalb des Eingangsportals mit Frischluft bedient. Die Außenluft wird durch die alten Strömungsschächte nach unten geleitet und sammelt sich unterhalb des Plenarsaals in einer großen Luftkammer. Von dort steigt sie auf, nimmt dabei den Weg durch ein Lochblech im Fußboden und wird dann durch einen locker gewebten Teppich gefiltert. Im Saal selbst breitet sie sich sehr langsam aus und steigt, nachdem sie sich erwärmt hat, allmählich auf. Wenn die erwärmte Luft aufsteigt, wird sie etwa auf Deckenhöhe des Plenarsaals in den Kegel hineingezogen, tritt am Kegelkopf aus und wird durch die breite

Öffnung an der Kuppelspitze wieder an die Atmosphäre abgegeben. Der Belüftungskreislauf geht auf natürliche Weise vonstatten, stimuliert durch die thermischen Strömungseffekte, die der Kegel und die Kuppel auslösen. Ein Ventilator im Inneren des Kegels kann diesen Strömungsprozess noch befördern. Wie auch die Aggregate des Sonnensegels in der Kuppel wird er von 100 Solarpaneelen betrieben, die mit photovoltaischen Zellen ausgestattet sind. Sie befinden sich auf der Südseite des Daches. Die Anlage erzeugt etwa 40 Kilowatt Strom. Mittels Wärmetauschern lässt sich ein gewisser Teil der ausströmenden Luft recyceln, bevor sie durch die Kuppelspitze austritt. Aber nicht nur hierzu wird der Kegel genutzt, sondern auch zur Lichtumlenkung in den 10 m darunter liegenden Plenarsaal. Der Tageslichtkonus ist mit 360 Spiegeln bestückt, die das diffuse Tageslicht ins Gebäude lenken, so daß weniger Strom für die Gewinnung von Licht benötigt wird als in konventionell beleuchteten Häusern.

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„Wir haben Schluss gemacht mit der regelmäßigen Überheizung oder Unterkühlung im Inneren. Das Energiekonzept für den Reichstag setzt auf die kostbaren Ressourcen und darauf, daß überschüssige Energie recycelt statt vergeudet werden. Mag die Außentemperatur auch subtropisch heiß sein oder kalt wie die nördliche Steppe, im Inneren des Reichtags variieren die Temperaturen jeweils nur um wenige Grade. Diese Balance des Raumklimas bei niedrigem Energieverbrauch halten wir für beispielhaft.“ Norman Foster

Belüftung und Belichtung des Plenarsaals

Sämtliche Gebäude des Bundestages, Paul-Löbe-Haus, Maria-Elisabeth-LüdersHaus, Jakob-Kaiser-Haus und das Bundeskanzleramt bilden einen Energiekreislauf, der eine optimale und zugleich auch sparsame Ausnutzung der erzeugten bzw. im Erdreich gespeicherten Energien, sowie Luft und Wasser gewährleistet. Auch vom Standpunkt der Kommunikation und der Sicherheitstechnik ist der Reichstag wegweisend. Alle Bauten des Bundestages sind miteinander verkabelt und kommunikations-technisch verbunden.

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Literaturverzeichnis Foster, Norman: Der neue Reichstag. Mit Beitr. von Martin Pawley... Hrsg. David Jenkins. Dt. Bearb. Jochen Gaile. (Uebrs. aus dem Engl.: Gaile & Partner), Brockhaus, Leipzig 2000. Cullen, Michael S.: Der Reichstag. Parlament, Denkmal, Symbol. be.bra-Verl., Berlin 1999 Demokratie als Bauherr. Die Bauten des Bundes in Berlin 1991-2000 Bundesbaublatt, BBauBl, Heft 6/98, Seite 46 Bundesbaublatt, BBauBl, Heft 6/97, Seite 383-388 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/klimas chutz/berlin_spart_energie/de/oeffentliche_einrichtu ngen/erneuerung_des_reichtags.shtml

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Potsdamer Platz – Ökologisches Gesamtkonzept Bearbeitung: Torsten Harms

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Projektsteckbrief: Potsdamer Platz Standort: Berlin Auftraggeber: Stadt Berlin Bauherr: Daimler Benz AG General Manager: Drees & Sommer AG (Berlin, Stuttgart) Bauzeit: 1994 -1998 Größe : 2500 WE, 7500 AP Stichworte zum ökologischen Gesamtkonzept : Regenwasserkonzept Energiekonzept ökol. Baustoffe Raumklima Grundwasserkonzept

Ökologisches Gesamtkonzept – Potsdamer Platz

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Vorgeschichte Der Potsdamer Platz liegt zwischen den Bezirken Mitte und Tiergarten im Stadtzentrum Berlins. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts war der Platz ein besonders wichtiger Verkehrsknotenpunkt der Stadt. Neben S- und UBahn kreuzten zu der Zeit 26 Straßenbahnen und fünf Buslinien den Platz. Um den Platz herum entstanden im 19. Jahrhundert viele Hotels und Cafés internationalen Ranges. Während der Besatzungszeit durch die Alliierten entwickelte sich das 51 ha große Areal zum Grenzgebiet zwischen Ost und West und verödete zunehmend. Auf westlicher Seite blieben nur das 1912 erbaute Gebäude der Weinhandlung Huth, das seit 1979 unter Denkmalschutz steht, sowie der Gebäudetorso des 1908 errichteten Grandhotels Esplanade erhalten. Nach dem Abriss der Berliner Mauer 1990 war das Gebiet zunächst eine brachliegende Fläche. Erst mit dem Verkauf angrenzender Grundstücke an die Wirtschaftsunternehmen DaimlerBenz AG (debis) und Sony wurde die Phase der Neubebauung eingeleitet. Ökologisches Gesamtkonzept – Potsdamer Platz

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Den 1991 vom Berliner Senat international ausgeschriebenen städtebaulichen Wettbewerb für das gesamte Gebiet

Potsdamer Platz und Leipziger Platz gewannen die Münchener Architekten Heinz Hilmer und Christoph Sattler.

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Städtebauwettbewerb Das Wettbewerbsgebiet wird im Norden durch die Lenné- Straße, Ebertstraße und Vossstrasse, im Osten durch die Otto-Grotewohl-Straße, Niederkirchnerstraße und Köthener Straße begrenzt. Nach Süden hin bildet der Landwehrkanal bis zur Potsdamer Brücke und nach Westen die neue Potsdamer Straße und Entlastungsstraße die Grenzen. Es handelt sich hierbei um ein Wettbewerbsgebiet von 480.000m².

Dem Siegerentwurf von Hilmer und Sattler liegt die Vorstellung von der kompakten, räumlich komplexen, europäischen Stadt zugrunde. Der Entwurf Ökologisches Gesamtkonzept – Potsdamer Platz

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greift die Typologie von großräumlicher Offenheit und Stadträumlich gefasster Geschlossenheit als Thema auf. Großräumliche Elemente sind: - der Freiraum mit der Wasserfläche, der sich vom Potsdamer Platz nach Süden erstreckt. - die Raumfolge Leipziger / Potsdamer Platz, die aufgeweitete Potsdamer Straße und das Kulturforum. - der historische Raum der alten Potsdamer Straße mit der Allee. - der perspektivisch angelegte Grünkeil vom Potsdamer Platz in den Tiergarten. Die Ausschreibung war bereits im Sommer 1990, noch im Sinne eines ökologischen Stadtumbaus, unter der Stadtentwicklungssenatorin Schreyer formuliert worden. Die, auch in Folge der Senatsumbildung, gewandelte Zielstellung ging davon aus, ein Neubaugebiet zu schaffen, welches in die polyzentrische Stadtstruktur eingebunden ist. Eine breite Nutzungsmischung sollte erzielt werden, um der Monofunktionalität des Kulturforums entgegenzuwirken. Kritik an der Ausschreibung kam von der Investorenseite, die daran nur indirekt Ökologisches Gesamtkonzept – Potsdamer Platz

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Senat jedoch abgelehnt wurde. Das Ökologiekonzept wurde jedoch als richtungsweisend eingeschätzt und ÖkoStadt Berlin wurde beauftragt, diesen auf den Siegerentwurf von Hilmer und Sattler zu übertragen. Realisierungswettbewerb Daimler Benz AG

beteiligt waren. Die Großinvestoren Daimler-Benz, Sony, Hertie und ABB hatten somit Richard Rogers mit einem Gegenentwurf beauftragt, welcher vom

1992 gewannen R. Piano (Genua) und C. Kohlbecker (Gaggenau) gemeinsam den Architekturwettbewerb. Ein Jahr später erfolgte der erste Spatenstich. Der Siegerentwurf für Sony stammt von Helmut Jahn (Chicago). Insgesamt fünf Investoren sind beteiligt: Daimler, Sony, Roland Ernst/ABB, Deutsche Bahn und Delbrück Bank. 9

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Im Rahmen des Realisierungsplans wurde für das Areal der Daimler Benz AG mit 68 000 m² Bauland ein ökologisches Gesamtkonzept entwickelt. Seit 1992 sind Bauökologen der Drees & Sommer-Tochter DS Plan (Berlin) beauftragt das Projekt zu betreuen.

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Neben dem umweltschonenden Wasserkonzept mit einer der größten Regenwassersammelanlagen besteht das Gesamtkonzept aus einem umweltschonenden Energieversorgung, klimagerechten Bauweisen und schadstoffarmen Baumaterialien.

Energieeinsparung und Schadstoffreduzierung Die Gebäude erhalten Strom und Wärme hauptsächlich durch das neue ganzjährig gasbetriebene Heizkraftwerk Mitte (HKW). Beim HKW – Mitte wird aus dem Brennstoff durch moderne Technik zu 50% elektrische Energie gewonnen – nur zu 50% entsteht Wärme; im Gegensatz zu herkömmlichen Kraftwerken, wo der Brennstoff nur zu 30% bis 40% in Elektroenergie umgewandelt wird. Die entstandene Wärme wird zum überwiegenden Teil dazu genutzt, die Gebäude am Potsdamer Platz über Fernwärmeleitungen zu heizen und diese auch im Sommer mit Hilfe der Fernwärme zu kühlen. Die dazu verwendete Kältemittel der Absorptionskältetechnik enthalten darüber hinaus kein FCKW. Diese verbesserte Energieversorgung führt zu einer Reduzierung des CO2 – Ausstoßes m 70%. Das entspricht einer Menge von 48 000 t CO2.

Raumklima Ökologisches Gesamtkonzept – Potsdamer Platz

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Um ein natürliches Raumklima zu gewährleisten, wurden die Gebäude so gestaltet, dass eine Fensterlüftung möglich ist, wobei eine unterstützende mechanische Lüftung zusätzlich zu Verfügung steht. In Räumen mit einer hohen Wärmebelastung (z.B. EDV-Anlagen), werden Kühldecken verwendet, die nur einen Bruchteil einer herkömmlichen Klimaanlage beanspruchen. Die Gebäude orientieren sich am zu dem Zeitpunkt erhöhten Dämmstandart der WschVO ´95. Dies führt zu einem Heizenergieverbrauch der Gebäude von 70 kWh/m². Wasserkonzept Das Regenwasserkonzept ist wesentlicher Hauptbestandteil der ökologischen Betrachtung und wir aus diesem Grund gesondert betrachtet. Die damit verbundenen Aspekte sind die Verbesserung des Mikroklimas und die Trinkwassereinsparung.

Baustoffe Ökologisches Gesamtkonzept – Potsdamer Platz

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DS Plan erarbeitete einen Produktkatalog, in dem Materialien und Inhaltstoffe angegeben sind, die nicht verwendet werden durften. Zu den Auflagen für Bauunternehmen und Handwerkern gehörten die Verwendung von Pflanzenöl für die Betonschalungen, sowie der Verzicht auf Tropenholz und die luftgeschäumten Dämmstoffe. Grundwasser Um den Grundwasserspiegel nicht zu verändern, wurde Unterwasserbeton verwendet, wodurch die Grundwasserentnahme auf ca. 5% einer offenen Wasserhaltung reduziert wurde. Zusammenfassung Das ökologische Gesamtkonzept des Potsdamer Platzes unter der Leitung der Drees & Sommer AG umfasst im wesentlichen das Areal der Daimler Benz AG. Die einzelnen Bausteine Energie, Wasser, Klima, Baustoffe ergänzen sich. Nachteilig ist, dass erst zum Zeitpunkt des Realisierungsplanes und nicht schon im Zusammenhang mit der Wett-

bewerbsaufgabe ein konsequent ökologischer Ansatz verfolgt wurde. Nur bei einer umgekehrten Reihenfolge hätte es zu einem wirklichen ökologischen Stadtumbau kommen können. Die vorliegenden Ergebnisse, insbesondere die Nutzung des HKW, die Wärmedämmung, inkl. Baustoffe und das Wasserkonzept entsprechen einer ökologischen Aufgabenstellung, bleiben jedoch weitestgehend auf das Daimler Benz- Areal beschränkt. Quellen Hahn, Ekhart „Ökologiebetonter Städtebau. Konzept für den Potsdamer Platz“, in Glasforum 1995,Nr.3, S. 31-34 Kardorff, Gabriele von, „Kostendruck schließt den Umweltschutz nicht aus“, in leonardoonline, 1999, Nr.3, S. 78-80 „Daimler-Benz-Projekt am Potsdamer Platz. Bauen und Ökologie“, in Bauingenieur, 1996, Nr.6, S. A16 - A 18 www.Stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/klima schutz/berlin_spart_energie/de/industrie_gew erbe/daimlerchrysler.shtml

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Potsdamer Platz – Wasserkonzept Bearbeitung: Susann Kintat

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Projektsteckbrief:

Projektbezeichnung: Regenwasser- und Reinigungskonzept Standort: Potsdamer Platz, Berlin Auftraggeber: Stadt Berlin/ debis Immobilien Planung: ARGE Dreiseitl/ Piano/ Kohlbecker Bauzeit: Planung: Bauausführung:

1994- 98 1997- 98

Größe: Urbanes Gewässer: 1,2ha Gesamtfläche 2 Reinigungsbiotope: 1.670m Gesamtfläche 3 Zisternen: 2.600m Gesamtvolumen

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat

Die Regenwasserbewirtschaftung und -nutzung ist ein wesentlicher Planungsbestanteil eines Gesamtkonzeptes seit Beginn des Bauvorhabens.

Es vereint sowohl ökologische Funktionen des Regenwasserrückhaltes und kleinklimatischer Effekte als auch eine attraktive Freiraumgestaltung. Das Daimler- Crysler - Areal am Potsdamer 2 Platz ist auf einer Fläche von 68.000m stark versiegelt: 19 Gebäude, 10 Straßen und der Marlene- Dietrich- Platz. Neben den 2 12.000m Gründachfläche, die einen Großteil der auf sie fallende Niederschläge aufneh2 men, sind 32.000m Hartdach zu entwässern. Die lt. Berechnungen zu erwartende Menge 3 von bis zu 280 Mio. l/a, 23.000m Niederschlag im Jahr, bei einem Jahresniederschlag von 530mm, hat keine Versickerungsmöglichkeit auf dem Gelände. Sie kann nicht vom Tiergarten aufgenommen werden und darf nicht direkt in den Landwehrkanal fließen. Die Auflage der Stadt erlaubt einen maximalen RegenwasserPotsdamer Platz

abfluss von 3l(s*h), um den Spitzenabfluss bei starkem, langanhaltendem Regen zu reduzieren, im Überlauf in den Landwehrkanal. Die Belastung für den angrenzenden Landwehrkanal als auch die neu verlegte Trennkanalisation sind in kleinem Rahmen zu halten. Regenwasserkonzept: Dem Regenwassermanagement geht eine Langzeitstudie nach Computersimulation voraus. Zum Schutz der

Grund- und Oberflächengewässer erfolgt eine integrative Regenwasserwasserbewirtschaftung, die mehrere Maßnahmen beinhaltet: Extensive Dachbegrünung; Sammlung der Dachabläufe in Zisternen zur Nutzung dieses Wasser für Toilettenspülung und Gartenbewässerung und zur Speisung für ein künstliches Gewässersystem. Starkregen: Wasser wird in die Zisternen und 10

Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin in das urbane Gewässer eingespeist. Der schwankende Wasserspiegel ist bis 15cm über den normalen Pegel anstaubar, was 3 einem Staupuffer von rund 1300m entspricht oder, über das Jahr gesehen, einem Meter Wasserstand.

Einbettung des Urbanen Gewässers

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat Ein Notüberlauf mit einer Überlaufkante von 44m im Süden am Reichpietschufer in den Landwehrkanal ist vorgesehen. Die mit 1,2ha sehr große Fläche des Gewässers führt zu einer starken Verdunstung, etwa 3 11570m /a, dass zum Teil der natürliche Zugewinn an Regen nicht reicht. Allerdings verweisen Prognosen nur auf sehr seltene, besonders trockene Sommermonate, und eine Nachspeisung erfolgen muss. Eine Pufferkapazität weisen natürlich auch die unterirdi3 schen Speicher auf. 900m bleiben stets für Starkregenfälle frei. Die extensive Begrünung mit einer Gesamtfläche von rund 1/3 der Dachflächen werden in der Regenwassersammlung mitberücksichtigt. Wenn auch nur 20% des Regenwassers in die Speicher abfließen, was den Zahlen in der Literatur, die von einem Abflussbeiwert 0.3 bis 0,4 nennen, widerspricht, diese lt. Versuche widerlegt, während der andere Teil über die Pflanzen aufgenommen wird und verdunstet, somit dem natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt wird. Nach intensiven Tests in Zusammenarbeit mit der TU Berlin wird für den Aufbau rein mineralisches Substrat verwendet, das nährstoffarm ist. Düngemittel kommen nicht zum Einsatz. Hiermit sind gewisse Nutzereinschränkungen, die sich auf ein Nachdüngeverbot des Grünbewuchses auf Dachflächen auf das Reinigungsgebot der Atriumsverglasung nur mit klarem Wasser beziehen, verbunden. Vorteilhaft wirken auch

hier die Eigenschaften der Gründächer als Schadstoff- und Nährstoffrückhalt, Partikelrückhalt und als Verbesserer des Mikroklimas. Als Dachflächenmaterial neben Glas, Kies, Metall und Bitumen wird auf Kupfer verzichtet, um eine Schwermetallbelastung zu verhindern, die die Pflanzen im See gefährden 2 könnte. Die 32.000m Hartdachfläche werden klassisch über Fall- und Sammelleitungen entwässert und das Regenwasser in die Zisternen geleitet.

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat Speichernetzwerk: Das Baugelände ist in 4 Baufelder A, B, C und D unterteilt, die jeweils ein gemeinsames zusammenhängendes Untergeschoss aufweisen. Dort befinden sich je ein oder zwei Zisternen, insgesamt fünf mit 3 einer Speicherkapazität von 2.600m , in die das Wasser eingespeist wird, wo es kühl und dunkel gespeichert wird. Es sind vier Neben3 zisternen mit einer Kapazität von 350m in 3 3 Baufeld D, 560m in A, 660 und 680m in B 3 und eine Hauptzisterne mit 1200m Speicher im Baufeld C. Die Zisternen sind an den Feldrändern angeordnet, haben so eine möglichst große Bauteilfläche an das Erdreich. Ihre Wände bilden die zweigeschossigen Betonwände und –decken, Kunststoff schafft die Abdichtung. Mechanische Filter verhindern das Eindringen von Partikeln. Zu dem werden Schwebeteilchen, die sich im Speicher absetzen vom Boden regelmäßig abgesaugt. Sämtliche Speicher sind untereinander mit Rohren und Pumpen verbunden und unterliegen als Teil der Gesamtbewirtschaftungsanlage regelmäßiger Kontrolle ihrer Zu- und Abläufe. Es gibt nur eine Netzbetriebsstelle, die als Ansprechpartner für den gesamten Potsdamer Platz fungiert. Regenwassernutzung: Für die Toilettenspülung wird ein Teil des in den Zisternen gesammeltes Regenwasser in die Gebäude C1, C2/ C3 aus dem Hauptspeicher in C1, und in die Gebäude D2 und A5 gepumpt, durch-

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schnittlich 9300m / a(16800m / a). Es passiert vor der Nutzung einen Feinfilter und durchläuft eine UV- Bestrahlung, um nach der Nutzung in den Abwasserkanal eingeleitet zu werden. Zur Sicherheit, um den Bedarf in allen Fällen decken zu können, ist für die Spülungen eine Trinkwassernachspeisung mit einem Vorlagebehälter von 150l vorgesehen. Zu etwa 80% wird jedoch das Regenwasser genutzt und die Anordnung gewährleistet, dass immer zuerst Regenwasser genutzt wird. 3 3 750m / a (1.114m / a) Wasser dienen der Gartenbewässerung auf dem Areal. Priorität in der Regenwassernutzung liegt in der Speisung des künstlichen Sees, der in ‘Urbanes Gewässer’ seinen Namen gefunden hat. Hochwasserschutz, Regenwasserrückhalt und dessen reduzierten wie kontrollierten Ablauf auf der einen, Ausgleich von Temperatur, Luftfeuchte und Staubentwicklung auf der anderen Seite beschreiben die Funktionen neben der hohen Freiraumqualität, die er in seiner Größe, Lage und Gestalt zu bieten hat. Das gesamte Gewässer ist in drei Teilgewässer in funktionaler Hinsicht zu unterscheiden: Südgewässer, Hauptgewässer, Piazza- und Nordgewässer. Der tiefste Punkt liegt auf der Piazza auf dem Marlene- Dietrich- Platz, zu dem das Wasser aus drei Richtungen über zum Teil vor allem gestalterisch wirksame Strömungsstufen hin fließt. Die rhythmischen

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat Wellenstrukturen zeigen nur ein kleines Spektrum des ansonsten sehr künstlerischen, fast philosophisch zu nennenden, Umgangs Herbert Dreiseitls mit dem Medium Wasser. Für das Publikum machen Umläufe, Brücken und Treppenelemente das Wasser erlebbarein Ort der Erholung, der Erlebnisse für Kinder, denen ein Bad bei einer Wasserqualität von 1-2 nicht verwehrt werden muss. Geländerfrei, abgesehen von einigen kurzen Abschnitten auf der Piazza, säumt die insgesamt 1,7km lange Uferkanten mit gegensätzlichen Ufermotiven das Wasser: ein weicher, dünenartiger Ufersaum steht strengen, linearen Uferlinie der Naturstein- Werksteine gegenüber. Die teils mit Kies bzw. Sand aufgeschütteten Böschungen und teils senkrechten Natursteinkanten gleichen die variable Wassertiefe von 25cm bis zu 1,75m, die auf Grund der unterschiedlichen Bodenbeschaffenheit und der anschließenden Gebäude entsteht, aus. Die Dichtungseben des Wasserbeckens sind in eine zuverlässige Randeinfassung und Gründungsschicht eingebettet. Die Randeinfassung ist eine Stützkonstruktion aus Beton, die gewässerseitig eine Natursteinverkleidung in Form von vorgehängten Randsteinen erfährt, hinter der die Abdichtung bis zur Uferkante hochgezogen wird. Diese Form der Konstruktion soll sich als flexibel bei Frost in den Wintermonaten erweisen, in denen das Wasser nicht abgepumpt wird, sondern der

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Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin Betrieb, so es geht, aufrecht erhalten wird, oder, wie Publikationen verheißen lassen, eine Eislauflandschaft den sommerlichen Besucherstrom nicht abreißen lässt. Zum anderen besteht die Notwendigkeit eines zuverlässigen Unterbaus. Da Teile des Gewässers mit Tiefgaragen, dem Tunnel als Weiterführung der B 98 und Untergeschossabschnitten einzelner Baufelder unterbaut sind, liegt in diesen Abschnitten die Dichtungsschicht unmittelbar über den unterirdischen Bauwerken. Der Regelaufbau besteht aus einer 10cm dicken Trägerschicht, einer Betonplatte B10, auf die die mehrschichtige Abdichtung folgt: es handelt sich um Kunststoffdichtungsbahnen auf der Basis flexibler Polyolefine, einem in Rohstoff wie auch in seinen Pigmenten frei von Chlor und Schwermetallen bleibenden, hoch reißfesten, reißdehnungsfesten, perforationsfesten und druckfesten Material mit einer Trägereinlage aus Glasvlies. Seine Lebensdauer ist auf einige Jahrzehnte prognostiziert, in denen es Bauwerksschwund, Temperaturschwankungen und Setzungen mit Flexibilität stand hält, ohne Undichtigkeiten zuzulassen. Die Primärabdichtung beinhaltet zwei Abdichtungsschichten zwischen Filzlagen. Die darüber liegende Sekundärschicht mit einer Abdichtung deckt eine Schutzbahn gegen die darauf verlegten Natursteinplatten in flachen Gewässerteilen oder gegen die darauf aufgebrachte

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat Kies- bzw. Sandschicht in tieferen Bereichen ab. Die Sicherheit, undichte Stellen registrie-

ren und lokalisieren zu können, bietet ein Online-Motoring- System. Sensoren im Vlies zwischen beiden Dichtungsebenen halten als Elektroden ein konstantes elektrisches Feld zwischen sich und den im Gewässer angeordneten Dioden aufrecht. Ein Leck ist sofort als verändertes Spannungsverhältnis auf-

grund anderer Leitungsverhältnisse in der Computerüberwachung zu erkennen und verfolgen. Reinigungskonzept: Es wirken unterschiedliche Reinigungsstufen in einem Kreislaufsystem. Grundparameter der Umwälzung ist die Trübung im Hauptgewässer. Der Trübungsgrad bestimmt über die Umwälzrate. Die Entnahme des Umlaufwassers aus dem Hauptgewässer ist durch in Filterkies eingebettete Bodenabläufe und Skimmer geregelt, die ebenfalls Teile des Reinigungsprozesses sind. Die Einspeisung des Umlaufwassers erfolgt aus Quelltöpfen auf Schachtbauwerken im Reinigungsbeet in drei Gewässerabschnitten, vor allem über Reinigungsbiotope mit einer Gesamtfläche von 2 1.670m . Sinkt der Wasserstand im Hauptge-

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wässer wird ihm über das Reinigungsbeet Regenwasser aus dem Speicher zugeführt. Diese schilfbewachsene Uferstreifen übernehmen am Haupt- und Südufer, in annähernder Form von Prall- und Gleitufer natürlicher Gewässer, nach dem Prinzip der Pflanzenkläranlage die mechanischen Reinigung über eine Sand- Schiefer- Zeolith Mischung und eine biologisch/ chemischen Reinigung zum einen durch die Mikroben im Schilf, zum anderen durch den über die Schilfröhren eindringenden Sauerstoff, der die organische Belastung abzubauen hilft. Im Regelfall, somit zum größten Teil des Jahres, ist die erste Reinigungsstufe, das Reinigungsbiotop, ausreichend. Allerdings unterliegt das Gewässer jahreszeitlichen Schwankungen was die Algenbildung betrifft, die natürlich im Sommer verstärkt auftritt. Dem Ablauf kann nach einer installierten Trübungsmessung ein Mikrosieb mit einer Maschenweite von 15µm zu geschaltet werden und zusätzlich ein MehrschichtfilPotsdamer Platz

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat ter, eine Schnellfilteranlage an der Umwälzzisterne nach nochmaliger Trübungsmessung. Um der Gefahr, dass das Gewässer umkippt, zu entgehen, muss innerhalb kürzester Zeit eine vollständige Umwälzung erfolgen können, um sauerstoffarme Zonen zu verhindern, was eine gezielte Anordnung der Abläufe zur Bedingung macht,. Einspeisung und Entnahme sind in einer Strömungssimulation, limnologischer Vorstudie, so optimiert, dass es zu keinen Stagnationen kommen kann. Aktiviert wird die Umwälzung bei Erreichen eines gewissen Wasserstandsniveau in der unterirdischen Umwälzzisterne. Wie schon angesprochen, wird die Umwälzrate nach dem Trübungsgrad eingestellt: eine Austauschrate von 31 Tagen mit einer Umwälzung von 3 500m / h war es zum Zeitpunkt der Exkursion im Frühjahr. Kristallklares Wasser ist Utopie, aber die

Numerische Strömungssimulation für Optimierung der Zuund Ablaufpunktanordnung

Akzeptanz läuft gerade darüber. Auch für die Wasserqualität ist die Trübung ein entscheidende Größe, und gerade die Qualität des Wassers soll im Bereich ‘Badewasser’ gehalten werden. Problematisch ist die Veralgung des flachen Grundes bei sehr klarem Wasser, da die Sonnenstrahlen an diesen Stellen bis zum Grund vordringen. Dazu kommt, dass gerade in den Anfangsphasen nährstoffarmes Wasser dem Anwuchs des Schilfgürtels nicht dienlich ist. Einer starken Algenbildung versucht man zum Teil mit dem temporären Einsetzen von Karpfen entgegen zu wirken. Ein weiteres Mittel ist die Einstellung der Umwälzung auf die Situation. Um dem Anspruch eines künstlichen Gewässers im urbanen Raum gerecht werden zu 10

Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin können und dabei auf chemische Zusätze zu verzichten, erfordert einen sehr hohen technischen, aber auch energieintensiven Aufwand, der sich auf die Kosten niederschlägt. Grob geschätzt wurde von einer Bausumme inklusive der Technik von bis 9Mio € gesprochen, also einem Quadratmeterpreis von ungefähr 2 900€/m . Die immensen Betriebskosten, die aus einem recht hohen Energieaufwand, so oft auch erwähnt wird, dass eine optimal eingestellte Technik den Energieaufwand minimiert, resultieren, bleiben ein weiter immenser Kostenpunkt wie sicherlich auch die Wartung, in der Hand der debis, die sich um die Verschmutzung durch Stoffeinträge wie Laub, Hunde- und Vogelkot besonders durch den Nutzer in Form von Futter für Enten und Fische, Speisereste und Verpackungen kümmern muss, die sich nicht nur als ästhetisches

Potsdamer Platz

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat Problem erweisen, sondern auch ernstliche Schäden an den Bauteilen verursacht, das Schilfwachstum nicht unbeeinträchtigt lassen und die Wasserqualität gefährden. Aber auch das Regenwasser wird ohne jede Möglichkeit, es kontrollieren zu können, in die Zisternen geleitet; Angaben über Mengen, über Effizienz des Systems sind nicht nachvollziehbar. Problematisch gestaltet sich seit der Realisierung die Schnittstelle zwischen der Gebäudetechnik um die Brauchwassernutzung bei Toilet-

tenspülung und Gartenbewässerung innen und der Ausführung der Technik der Außenanlagen um das urbane Gewässer. Nicht der Probleme, wahrscheinlich nicht einmal der Funktion der Regenwasserretention mit Selbstreinigungsprozess in einem eigenen Kreislauf, so eine Beschilderung einzig darauf hinweist, die Anlagenteile zum einen Teil unterirdisch, zum anderen Teil überflutet oder überwachsen sind, wird der Besucher auf der öffentlichen Freifläche gewahr. Aber vom verbessertem Klima im Wasserbereich unterstützt durch den Wind,

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Professur Grundlagen des Ökologischen Bauens Exkursion Berlin der der Schleusenwirkung der Bebauung entspringt, scheint er überzeugt, denn die Wasserfläche erfreut sich großer Beliebtheit. Und trotz allen Aufwands, die das Betreiben des künstlichen Wasserkreislaufes erfordert, werden zumindest die Investoren bei dem Kundenstrom, der sich zur Verkaufspause der Attraktivität des urbanen Gewässers hingibt, entschädigt sein und ihn für gerechtfertigt wissen. Positive Auswirkungen auf das Klima sind in Hinsicht auf Rechtfertigung eines solch großen Projektes nicht zu vernachlässigen, genau so wenig wie die Trinkwassereinspa3 rung, die bei bis zu 20.000m / a beträgt, zu Schonung der Ressourcen beiträgt. Es ist eine Maßnahme gegen die starke Versiegelung des gesamten Areals, gegen die Überlastung der Kanalisation und des Stoffeintrages in den Landwehrkanal. Es ist ein attraktives Gestaltungselement, ein Vorzeigeobjekt, das in seiner Größe kein Vergleich im Stadtraum findet.

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat

Literatur und Abbildungen: Sarnafil GmbH in: Detail. Aussenanlagen, 7/ 98, S. 1327- 1328. Gabriele von Kardorff in: DBZ. Deutsch Bauzeitschrift, 2/99, S.9196. http://www.fh-weihen stephan.de /la/06_skripten/bauko/bauko2/wa/do wnloads/wa-t3-2beispielproj.pdf http://www.dreiseitl.de

Potsdamer Platz

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Potsdamer Platz

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Susann Kintat

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debis – Zentrale, Potsdamer – Platz Bearbeitung: Christian Lippmann

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Projektsteckbrief: Projektbezeichnung Debis- Zentrale Daimler Crysler AG Standort Potsdamer Platz Berlin- Tiergarten Auftraggeber Daimler Crysler AG Projektrealisierung: Daimler Crysler Immobilien GmbH 10875 Berlin Auftragnehmer Renzo Piano Buliding Workshop Christoph Kohlbecker Bauherr Daimler Crysler Ag Bauzeit Oktober 1993 Oktober 1998 Größe 550.000m² Bruttogrundfläche Schlagworte zum Projekt energetisch zukunftsweisend umweltpolitisch verantwortungsvoll ökologisches Gesamtkonzept natürliche Belichtung, Belichtung Wasserkonzept, Energiekonzept Projektsteckbrief: Debis Zentrale - Potsdamer Platz

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Situation, Objekt Der Debis Hauptsitz hat seine Adresse in der Eichhornstrasse 3 und wurde bereits 1997 bezogen, zu einer Zeit, in der der Potsdamer Platz noch eine riesige Baustelle war. Mit einer Bruttogeschossfläche von 45.100 Quadratmetern gehört das Gebäude zu den grössten Neubauten auf Europas grösster Innenstadtbaustelle der Neunziger Jahre. Der Grundriss erstreckt sich auf 82 Metern und beschreibt die Form eines langgestreckten Dreiecks. Im Norden wird der Bau durch die Eichhornstrasse und den Marlene Dietrich Platz gefasst, östlich und westlich begrenzen die Schellingstrasse und eine Tunneleinfahrt die Lage. Der Baukörper besteht aus 21 Geschossen und gliedert sich in verschieden Bauteile mit unterschiedlichen Dimensionen. An der Struktur der Baukörper kann man seine Funktionen direkt ablesen, es bilden sich Aufzüge und Treppenhäuser hinter der transluzenten Fassade ab und teilweise ist der Einblick in Bürobereiche gestattet. Die Fassade geht in Richtung Süden in eine gläserne Hülle über und bildet zuProjektsteckbrief: Debis Zentrale - Potsdamer Platz

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sammen mit dem von Piano entworfenen Büroturm im Norden des Areals eine städtebauliche Klammer. Die Ost- und Westfassade der niedrigeren Gebäude teile bestehen aus Aluminium, an denen Terrakottaformteile höchster Präzision hängen. Senkrechte Vorsprünge gliedern die Fassade und bilden zugleich das Traggerüst mit den waagerechten Stäben. Schwere Stahlträger im zweigeschossigen Sockel halten die Lasten der oberen Büroetagen, während Erdund erstes Obergeschoss im Strassenraum neben solcher Massivität kaum zur Geltung kommen. Netzartig liegen die massiven Steinelemente vor der Glasfassade, verlieren jedoch an Strenge. Süd- und Westseite des Hochhauses sind mit einer gläsernen Doppelfassade verkleidet, die sich entsprechend der Aussentemperatur und Sonneneinstrahlung automatisch be- und entlüftet werden. Sie vereint bauökologische Aspekte mit bautechnischen: Zum einen kann das Gebäudeklima über die Fassade reguliert, zu anderen wird aber auch gleichzeitig ein Schallschutz am hochfrequentierten Potsdamer Platz gewährleistet. Zentraler Raum des Gebäudes ist das

Atrium, das mit 82 Metern Länge, 14 Metern Breite und einer Höhe von sieben Geschossen so gross ist wie das Mittelschiff von Notre Dame. Während jedoch die gotischen Baumeister das Licht von 11

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den Seiten in den Innenraum lenken, führt Piano das Licht von oben in das Atrium. jedoch ist im Gegensatz zu den dunklen düsteren Kathedralen ist Pianos Exkurs lichtdurchflutet und heiter, was dem Raum die Möglichkeit gibt zugleich Empfangshalle und Ausstellungsraum zu sein. Er verbindet durch seine Offenheit aber auch das Medium des Arbeitens mit dem des Lebens- und Erfahrungsraum und ist somit auch der Öffentlichkeit zugänglich; Cafés, Restaurants und Ladengeschäfte bestehen neben Bürostrukturen. Ökologie und Umweltpolitik Im planerischen Entscheidungsprozess am Potsdamer Platz spielte Ökologie eine wesentliche Rolle hinsichtlich der neuen zukunftsweisenden Technologien, speziell im Bauwesen. Seit Beginn der Planungen wurden Bauökologen der Drees & Sommer AG beauftragt das Daimler Crysler Projekt zu betreuen. Alle Gebäude am Potsdamer Platz werden zentral aus dem neuen Heizkraftwerk Mitte und durch eine Kälteanlage vor Ort Projektsteckbrief: Debis Zentrale - Potsdamer Platz

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versorgt. Durch den Einsatz modernster Technik wird im HKW- Mitte aus Brennstoff zu 50% elektrische Energie gewonnen bei herkömmlichen Ausbeuten von 30- 40%. Anfallende Abwärme wird direkt in die Gebäude am Potsdamer Platz geleitet. Im Sommer werden die Gebäude mit Hilfe dieser Fernwärme gekühlt. Wärme wird mit umweltfreundlicher Absorptionstechnik ohne FCKW- haltige Kältemittel umgewandelt. Die gewählte Art der Energieversorgung verringert den CO2 - Ausstoss um 70% (48.000 t CO2) gegenüber einer zentralen Eigenversorgung. Die Konzeption der Debis- Zentrale ermöglicht eine weitgehend natürliche Lüftung und den Verzicht von energieaufwendigen Klimaanlagen. Gegenüber der konventionellen Klimatechnik wird hier rund 50% an Energie eingespart. Der ganzjährige Heizenenergieverbrauch liegt bei 70 kWh/m². Vergleicht man diesen Wert mit ähnlichen Gebäuden gleicher Grössenordnung, die zwischen 100140 kWh/m² Energie verbrauchen, wird man feststellen, dass die vorgeschriebenen Werte der Wärmeschutzverordnung 1995 wesentlich grösser sind. Der Vorteil kann auch auf Investorenseite gesehen werden, die durch den Einsatz

moderner Technik enorme Kosten für Unterhaltung von Gebäuden einsparen. Optimaler Einsatz von Lichtlenk- und 11

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Blendsystemen verringert zusätzlich den Verbrauch an elektrischer Energie. Das Debis Hauptgebäude fängt auf seinen gesamten Dachflächen Regenwasser auf. Ein Teil wird von der Dachbegrünung verbraucht oder verdunstet und kann positiv zum unmittelbaren Klima der Umgebung beitragen. Ein weiterer Teil dient zur Nachspeisung des künstlichen Sees und zur Bewässerung. Das restliche Regenwasser wird für sanitäre Einrichtungen, vor allem WC- Spülungen, verwendet, was eine Einsparung von rund 20.000 m³ Trinkwasser bedingt. Architektur und Konstruktion Obwohl die Hochbaukonstrktion einigermassen gewöhnlich ist, stellt die Grösse und Komplexität des Daimler Crysler Bauvorhabens an Architketen und Ingenieure besondere Anforderungen, besonders aufgrund der Grundwassersituation. Der Einsatz von Schwimmbaggern- und kränen war unverzichtbar zur Erstellung der Fundamente. Die Tiefgeschosse sind gegen Auftrieb verankert und später abgepumt worden. Das erste fertig gestellte Gebäu-

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de im Neubau- Ensemble am Potsdamer Platz ist das Debis Haus. Die unmittelbare Umgebung bot kaum kontextuelle Bezüge für die äussere Gebäudegestalt. Eine Intervention der Architekten war die maximal mögliche Ausnutzung an Licht, zusätzlich einen weitgehendste natürliche Belüftung. Atrium Die Architekten haben das Atrium als Innen- und Aussenraum behandelt. Die Umrisse der Halle werden gebildet durch mit Terracotta verkleidete Pfeiler, die auf der Höhe der zweiten Obergeschossdecke seitlich einspringen, um die gleichen nach aussen offenen Kastenprofilträger aufzunehmen, wie man sie an der Aussenfassade findet. Darüber erstrecken sich auf fünf Etagen Fensternbänder zwischen den Pfeilern. Reihen aufwärts geneigter „ Regale“ aus mit weissen Streifen gefrittetem Glas überspannen die Ober- und Unterkanten der Fensteröffnungen sowie die Fensterbrüstungspaneele. Die Glaslamellen dienen einerseits der Akustik und eliminieren die Echobildung im Atrium, unterstützt von der schalldämmen-

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den Verkleidung der Fensterbrüstungen aus Lochblechpaneelen über Steinwollplatten. Die Glaslamellen unterhalb der Fenster schützen ausserdem vor 11

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Einblicken von unten, während die oberhalb der Fenster angebrachten das durch das gläserne Atriumdach einströmende Tageslicht in die Büros lenken. Zusätzlich unterstützen sie die energiesparende Funktion des Atriums als Übergangsklimaszone zwischen Aussen- und Innentemperatur und dienen der natürlichen Belichtung und Belüftung der angrenzenden Büros durch einfach verglaste Fenster. Die „Glasregale“ haben eine gleichermassen nützliche wie ästhetisch Funktion: Sie mildern den kolossalen Eindruck der hoch aufragenden Innenfassade und stellen den Bezug zum Dach der Halle her. Von den Stützeköpfen erheben sich schlanke Stahlrohrpfosten, auf denen das Stahltragwerk des Glasdachs ruht. Davon abgehängt sind Reihen mit geraden weissen Streifenmuster gefritteten Glastafeln. Während sie in Richtung Norden Blick in den Himmel erlauben, wirken sie nach Süden als Sonnenschutz und. Der Renzo Piano Building Workshop investierte viel Arbeit in die Entwicklung moderner Schichtenfassadentechnik. Projektsteckbrief: Debis Zentrale - Potsdamer Platz

Fassade Der Entwurf der Terracottafassaden für den Aussenbereich sollte energetisch

hochwirksam sein. Man entwickelte je nach Gebäudeausrichtung zwei Fassadentypen: opake Form und transparente Form Erstere ist die regenbeständige Haut aus Terracottaplatten vor hochgedämmter Aussenwand und hat preisgünstige Standardfenster, die sich öffnen lassen. Diese Aussenhaut zeigt einen Wechsel von Material und Lücke in architektonischer Qualität; gleichzeitig schützt sie die Hinterfassade vor der Witterung. Der zweite Fassadentyp ist ähnlich konstruiert, besitzt aber zusätzlich eine äussere Schicht aus verstellbaren Glaslamellen. Die belüftete Fassade wird an den West- und Südseiten des Hochhauses eingesetzt, die Wind, Regen und und Verkehrslärm am stärksten ausgesetzt sind; die weniger belastete Ostseite des Hochhauses zeigt die gleich opake Front wie die restlichen Gebäudeteile. Die beiden Fassadentypen mit geneigten Glaslamellen des Atriums gehören zum Massnahmenbündel der optimalen Nutzung von Tageslicht und natürlicher Beund Entlüftung. Die opaken Fassaden wurden so gestaltet, dass sie so viel Tageslicht wie möglich in die Büros lassen, die Sicherheit 11

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abgeschirmter Innenräume bieten und zugleich blendendes Licht ausschliessen. Die äussere Lage aus Glaslamellen reduziert die Windbeanspruchung der eigentlichen Fassaden und schützt diese zugleich vor Regen, so dass die Fenster jederzeit geöffnet bleiben können, unabhängig ihrer Höhe - und die Büros während der Arbeitszeit natürlich belüftet und nachts gekühlt werden können. Im Winter lassen sich die Lamellen schliessen und sorgen so für eine luftgefüllte Pufferzone vor der Fassade. Im Sommer lassen sie sich dann mit unterschiedlichen Neigungen öffnen, so dass der Hohlraum als Konvektionsschacht fungiert, durch den Warmluft nach oben abzieht und Frischluft in die Räume gesogen wird. Die Büros lassen sich so im Jahresverlauf länger natürlich belüften. Bei Temperaturen über 30° Celsius genügen mechanische Lüftung und Kühldecken, um angenehme klimatische Zustände zu erzeugen. Vor den Fenstern befinden sich farblich angepasste Jalousien, die je nach Bedarf eingesetzt werden können um Blendungen am Arbeitsplatz zu vermeiden. Projektsteckbrief: Debis Zentrale - Potsdamer Platz

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Resümee Renzo Piano hat sich zusammen mit Kohlbecker und den anderen involvierten Architekten intensiv mit der Planungsaufgabe auseinandergesetzt. Vom anfänglichen Masterplan bis hin zum Detail am Debis Tower wird sein Bestreben nach Gesamtlösungen sichtbar, die sich von städtebaulicher und auch konstruktiv ökologischer Seite beurteilen lassen. Für den Berliner Städtebau hat er ein sichtbares Zeichen gesetzt, dass durch seine Architektur und die der anderen Architekten, den Potsdamer Platz zu einer neun Mitte werden lässt. Wenn ich mir an dieser Stelle ein Urteil erlauben darf, die Dimensionen sind ein wenig gross ausgefallen.

Hier stellt sich die Frage nach der Ökologie, die im Kleinsten zu finden sein soll. Solche Baumassen bedürfen eines enormen Aufwandes und verbrauchen erstmal sehr viel Energie, die sie später einsparen wollen?; da hat man doch nichts gespart, sondern nur verlagert. Auf der anderen Seite sind aber wirklich „energetische Trends“ gesetzt worden, die auch nachhaltig sind. Piano verfolgt gesamtheitliche Planungsansätze beim Debis- Gebäude und seine Studien greifen an das technisch heute erreichbare Maximum. Ob letztlich solche Aufwendung ökologischer sind als andere bleibt zu hinterfragen, Piano`s Prestige Architektur setzt zumindest Zeichen.

Aus ökologischer Sicht scheint es überdurchschnittlich zu sein. Wasserrecycling, Lichtlenk- und Gebäudetechnik auf höchsten Niveau, scheinen Systeme zu sein, die in Zeiten beschränkter Ressourcen nach vorn schreiten. Besucher, die sich erstmals mit der Materie auseinander zu setzten versuchen, werden erschlagen von dieser Pracht. ... Projektsteckbrief: Debis Zentrale - Potsdamer Platz

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verwendete Literatur und Links Berlin Stadtwandel, 1998 Die neuen Architekturführer Nr.1 Verlag Daniel Furhop Berlin Renzo Piano Building Workshop Band 1- 4 Hatje Cantz Verlag, 2000 Ein Stück Grosstadt als Experiment Planungen am Potsdamer Platz Berlin Vittorio Magnago Lampugnani und Romana Scheider Gerd Hatje Verlag, Stuttgart http://www. stadtentwicklung.berlin.de http://www. RPBW.com http://www.debis.de http://www.baunetz.de http://www.archINFORM.de

Autor:

Christian Lippmann A/99/H Matrikel 990864

Projektsteckbrief: Debis Zentrale - Potsdamer Platz

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Kollhoff – Gebäude, Potsdamer – Platz Bearbeitung: Michael Bender

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Michael Bender

PROJEKTSTECKBRIEF: Büro- und Geschäftshaus Potsdamer Platz 1

Berlin

Architekt Prof. Hans Kollhoff Projektleiter Jasper Joachimsen Bauherr DaimlerChrysler AG Stuttgart Bauzeit 1997-1999 Gebäudehöhe 101 m Anzahl der Geschosse 26 Bruttogeschossfläche 33.500 m² Baukosten 100 Mill. DM (51 Mill. €) Schlagworte zum Objekt Torsituation Klinkerfassade Glasüberdachtes Atrium Aussichtsplattform Stichworte zum ökologischen Gesamtkonzept Energie und Wärme Lüftung Sonnen- und Blendschutz Regenwassernutzung

Kollhoff-Gebäude

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ARCHITEKTUR Beschreibung Die Gesamtkosten für die Bauten am Potsdamer Platz beliefen sich auf rund 3,5 Mrd. DM (1,8 Mrd. €), davon entfielen auf das von Hans Kollhoff konzipierte Bürohochhaus 100 Mill. DM (51 Mill. €). Mit 26 Stockwerken ist es das höchste Gebäude des DaimlerChrysler-Areals. Der spitzwinklige Dreiecksgrundriss ist durch eine auf Pfeilern ruhende Erweiterung zur Neuen Potsdamer Straße hin ergänzt, so dass sich zum Potsdamer Platz hin eine schmale Front ergibt, die einen stumpfen Winkel bildet. Aufwendig gestaltet entwickelt sich das Gebäudevolumen mehrfach abgestuft aus der Traufhöhe der entlang der Neuen Potsdamer Straße angrenzenden Bauten. Zwischen den rückwärtigen Gebäudeflügeln liegt ein viergeschossiges Atrium, in dem regelmäßig Empfänge stattfinden. Aus gestalterischen Gründen traten hier jedoch in der Vergangenheit Akustikprobleme auf, die derzeit beseitigt werden. Kollhoff-Gebäude

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Michael Bender

Das Gebäude besitzt eine Doppelfassade. Die tragende Stahlbetonkonstruktion ist mit verschiedenen Materialien verblendet. Erdgeschoss und erstes Obergeschoss sind mit einer Verkleidung aus graugrünem Granit zu einer Sockelzone zusammengefasst. Den Jochbreiten der Pfeilerstellung entsprechen die Erdgeschossfenster, im ersten Obergeschoss sind diese Felder in je zwei Fenster unterteilt. Von der zweiten Etage an ist die Fassade komplett mit Klinkern verkleidet, schmale Granitbänder deuten hier Fenstergesimse an. Im ersten Fassadenabschnitt überwiegt eine Horizontalgliederung mit umlaufenden Brüstungsbändern, denen nur die vertikale Ausrichtung der zweigeteilten Fenster entgegensteht. Darüber führen Lisenen, die die Fenstergesimse durchbrechen, einen Vertikalakzent in die Fassade ein. Schließlich verbinden sich die Fensterteilungen im Oberflächenprofil zu schmalen Lisenen und begründen eine dominante senkrechte Struktur. Den Abschluss des Gebäudes bildet ein Kranz nebeneinander gereihter Klinkerstreben. 12

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Türen und Fenster der beiden unteren Geschosse sind als Stahlkonstruktionen mit außen liegenden Bronzeprofilen gefertigt, in den darüber liegenden Stockwerken sind Holzfenster mit außen liegender Bronzeverkleidung eingesetzt. Ebenerdig liegt eine zweigeschossige Eingangshalle, die von der Alten und Neuen Potsdamer Straße her erschlossen wird. Die vertikale Erschließung erfolgt durch drei mal drei Aufzugsgruppen im Foyer. Jeweils um eine zentrale Etagenlobby, die mit Marmor und Granit ausgestattet ist, gruppieren sich die Räume der oberen Stockwerke. Außer in den Fluren gibt es im gesamten Gebäude keine abgehängten Decken. Dafür besitzt der Fußboden einen 15 cm hohen Hohlraumboden. Für den Einzelhandel ist das Erdgeschoss konzipiert. Es folgen die Büroetagen, in denen die einzelnen Räume durch Gipskarton-Wände voneinander getrennt sind. im 24. und 25. Obergeschoss befindet sich eine Aussichtsplattform. Nachts wird das Gebäude mit Strahlern inszeniert. Derzeit sind rund 95 % des Gebäudes vermietet. Die Miete beträgt 55 DM/m². Kollhoff-Gebäude

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Michael Bender

Beurteilung

Architekt

Unangepasst, schroff und kompromisslos, so lässt sich die Wirkung des „Kollhoff-Tower“ beschreiben. Hart und direkt tritt er seiner Umgebung entgegen. Das Gebäude erscheint kompakt und in sich geschlossen, die Fassade thematisiert die Schwere und Solidität des Aufbaus. Durch die kräftigen Pilaster des Granitsockels ist der Bau fest mit dem Erdboden verwurzelt. Gleichzeitig steht die Wahl der Verkleidungsmaterialien für ein handwerkliches Bauen, bei dem der Fassadenaufbau auf das kleinste Element, den Klinker, zurückführbar bleibt. Moderne technische Errungenschaften sind aus dem Blickfeld verbannt. Sicher komponiert entwickelt die Fassadengliederung einen mit zunehmender Höhe sich verstärkenden Rhythmus, der das Gebäude nach oben streben lässt, so als seien 26 Geschosse noch nicht ausreichend. Seine markante Gestalt, die an amerikanische Hochhausarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts erinnert, sichert dem Gebäude den höchsten Wiedererkennungswert am Platz.

Hans Kollhoff wurde 1946 in Lobenstein, Thüringen, geboren. Von 1968 bis 1975 studierte er Architektur an der Universität Karlsruhe. Im Jahre 1978 gründete er sein eigenes Büro. Nach diversen Lehrtätigkeiten ist er seit 1990 Professor an der ETH Zürich. Zu Kollhoff´s Arbeiten in Berlin zählen die Leibniz-Kolonnaden, der Hofgarten am Gendarmenmarkt und die Stadtvillen am Malchower Weg. Ferner gewann er den städtebaulichen Wettbewerb zur Umgestaltung des Alexanderplatzes. Hans Kollhoff ist ein Vertreter der traditionellen Architektur und legt viel Wert auf die Funktionalität eines Gebäudes sowie die Qualität der Baumaterialien.

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UMWELT UND ÖKOLOGIE Im planerischen Entscheidungsprozess am Potsdamer Platz spielte Ökologie hinsichtlich des Einsatzes moderner Technologien als Zukunftsinvestition eine wesentliche Rolle. Seit Beginn der Planungen für den Potsdamer Platz im Jahre 1992 wurden die Bauökologen Dress & Sommer AG (DS-Plan) beauftragt, kontinuierlich das DaimlerChrysler-Areal zu betreuen. Den Architekten wurde beim Bau neben Senkung von Schadstoffausstoß und Energieverbrauch auch die Auswahl von umwelt- und gesundheitsgerechten Baustoffen zur Aufgabe gemacht. So mussten zur Wärmedämmung luftgeschäumte Dämmstoffe und bei den Schalungsarbeiten Rüben- und Rapsöl statt umweltgefährdende Mineralöle eingesetzt werden. Außerdem durften bei den Gebäuden keine Tropenhölzer zum Einsatz kommen. Zum Zeitpunkt der Konzeptionen für Kollhoff´s Gebäude im Jahre 1994 war die zur Verwendung vorgesehene ökologische Gebäudetechnik noch Hightech, heute ist sie bereits Standard. Kollhoff-Gebäude

Energie und Wärme Die Gebäude am Potsdamer Platz werden zentral durch das Gas betriebene Heizkraftwerk Mitte, welches über eine moderne Kraft-Wärme-Kopplung verfügt, sowie eine Kälteanlage vor Ort versorgt. Durch den Einsatz modernster Technik wird im HKW Mitte aus dem eingesetzten Brennstoff statt der üblichen 30 bis 40 % bis zu 50 % elektrische Energie gewonnen.

Die anfallende Abwärme heizt über Fernwärmeleitungen die Gebäude am Potsdamer Platz. Im Sommer werden mit Hilfe dieser Fernwärme die Gebäude gekühlt. Die Umwandlung von Wärme in Kälte geschieht mit Hilfe einer umweltfreundliche Absorptionskältetechnik, die keine FCKW-haltigen Kältemittel benötigt. Dadurch ist ein ganzjähriger Betrieb des Heizkraftwerkes möglich. Die gewählte Art der Energieversorgung führt dazu, dass der CO2-Ausstoß gegenüber einer dezentralen Eigenversorgung der einzelnen Gebäude des DaimlerChrysler-Areals um 70 % geringer ausfällt. Obwohl die WSchVO 1995 noch nicht auf das DaimlerChrysler-Areal am Potsdamer Platz angewendet werden musste, unterschreiten die Gebäude die darin vorgegebenen Werte. Der erwartete Heizenergieverbrauch der Gebäude liegt bei rund 70 kWh/m² pro Jahr. Derzeit wird der Energiekennwert des von Kollhoff entworfenen Gebäudes überprüft. Um dort den beabsichtigten Wert erreichen zu können, werden die Nutzer des Gebäudes unter anderem dazu aufgefordert, die Fenster nicht zu kippen, wenn die Heizung an ist. 12

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Natürliche und mechanische Lüftung Sämtliche Räume in Kollhoff´s Gebäude besitzen, unter anderem zur Abpufferung der starken Windkräfte, Kastenfenster. Sie gewährleisten eine natürliche Be- und Entlüftung. Die inneren Flügel dieser Fenster sind dreh- und kippbar. Die Glasscheibe des äußeren festen Fensterelements besitzt einen Spalt, der je nach Jahreszeit an einer Schraube reguliert wird und somit die Wärme im Raum beeinflussen kann.

Kollhoff-Gebäude

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Im Sommer sind oben und unten Schlitze, damit die Wärme abgeführt wird. Im Winter hingegen ist die obere Öffnung geschlossen, um einen Wärmestau (Wintergarteneffekt) zu erzeugen. Das äußere Fensterelement wird zu Beginn und am Ende der Heizperiode dementsprechend eingestellt. Außerdem dienen die Kastenfenster zur Reduzierung des äußeren Lärmpegels von 70-80 dB um durchschnittlich 7 dB sowie zur Vermeidungen von Zugerscheinungen im Gebäude. In den Räumen gewährleisten sie einen dreifachen Luftwechsel. Auf den Einbau einer energieaufwendigen Klimaanlage in das Gebäude wurde verzichtet, stattdessen steht zusätzlich zur natürlichen eine mechanische Lüftung unterstützend zur Verfügung. Die Büros sind an eine Lüftungsanlage angeschlossen, die sie mit ausreichend Frischluft versorgt und eine Wärmerückgewinnung besitzt. Die Lüftungsanlage wird in der Regel nur bei sehr warmen Wetterlagen und während der Heizperiode genutzt. Sie kann im Flur zentral an- und abgeschaltet werden. In der übrigen Jahreszeit ist die Fensterlüftung vorteilhafter. Sie

schafft ein natürliches Raumklima und benötigt keine Energie. Die Nutzer des Gebäudes sind dazu angehalten, die Fenster nicht zu öffnen, wenn die Lüftungsanlage an ist, um eine Energieverschwendung zu vermeiden. Sollte man die Fenster dennoch öffnen wollen, darf dies nur stoßweise für maximal 5 bis 10 Minuten geschehen. An sehr warmen Tagen können die Nutzer in den Büros eine Nachtlüftung vornehmen, indem sie die Fenster abends in Kippstellung öffnen. Die Räume kühlen dadurch ab und tagsüber wird weniger Energie zum Kühlen verbraucht. In den Fluren befindet sich unter den abgehängten Decken ein Kühlsystem, das zum Einsatz kommt, wenn die normale Lüftung in den Büroräumen nicht mehr ausreicht. Durch kombinierte Wand-Quellauslässe kann die 18º C kalte Luft mit geringer Geschwindigkeit nach unten in die Räume wabern. Dort erwärmt sie sich an den thermischen Lasten der EDV-Anlagen und steigt erwärmt nach oben, wo sie wieder abgesaugt wird. Die Dach- und Fassadenklappen im Atrium werden regelmäßig automatisch 12

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geöffnet. Durch den Schornsteineffekt strömt frische Luft in das Atrium nach. Die Steuerung läuft automatisch und ist an die Witterungsbedingungen angepasst. Das Atrium ist durch die natürliche Durchlüftung fast wie ein Außenraum zu sehen.

Im Sommer werden alle Atriumsklappen sowie die Fenster der an das Atrium angrenzenden Räume nachts automatisch geöffnet. Diese Fenster sind außerdem kippbar. Sie werden über Schalter neben der Tür geöffnet. Der optimale Einsatz der Gebäudetechnik ermöglicht im Gebäude die Einsparung von 50 % der Primärenergie gegenüber einer konventionellen, ganzjährig eingesetzten Klimaanlage. Kollhoff-Gebäude

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Sonnen- und Blendschutz Mittels Computersimulation und Modellversuchen mit künstlichen Sonnen wurde bei der Konzeption ermittelt, wie das Tageslicht in Kollhoff´s Gebäude optimal genutzt werden kann. Durch die Optimierung lässt sich der Kunstlichteinsatz minimieren, was mit einem entsprechend geringeren Stromverbrauch verbunden ist. Im gesamten Gebäude finden sich nur Energiesparlampen. Auch bei der Wahl der Sonnen- und Blendschutzsysteme wurde darauf geachtet, dass genügend Tageslicht bei der Nutzung der Systeme verwendet werden konnte. Bei den Kastenfenstern befindet sich die als Sonnenschutz dienende Jalousie zwischen der Doppelfassade. Die oberen Lamellen sind fixiert, während hingegen die unteren flexibel sind. Die Jalousie wird automatisch mit Windwächtern und Fotozellen gesteuert. Man kann sie jedoch jederzeit selber über Schalter neben der Tür verstellen. Von April bis Oktober fährt der Sonnenschutz bei einer höheren Einstrahlung herunter. Dies kann auch bei bedecktem Himmel der Fall sein. Hingegen fährt er

von November bis März nicht automatisch herunter. In diesen Monaten spart jeder Sonnenstrahl, der in die Büros fällt, Heizenergie. Der Sonnenschutz wird nur heruntergefahren, wenn man sich geblendet fühlt. Die Terrassentüren sind mit innen liegenden Rollos als Blendschutz ausgestattet. Man kann diese über Schalter neben der Tür herunterfahren. Regenwassernutzung Im DaimlerChrysler-Areal wird das Regenwasser der insgesamt 50.000 m² Dachflächen aufgefangen. Das von Kollhoff entworfene Büro- und Geschäftshauses besitzt auf den verschiedenen, abgestuften Dachflächen eine extensive Dachbegrünung, die das Wasser aufsaugt und anschließend verdunstet. Dies trägt zur Verbesserung des Mikroklimas in der unmittelbaren Umgebung bei. Der überschüssige Teil des Regenwassers wird in fünf Zisternen unter der Erdoberfläche gesammelt und von dort aus für die Notkühlung sowie die Toilettenspülung in den Gebäuden verwendet. Außerdem werden damit die Frei12

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flächen bewässert sowie ein künstlicher See nachgespeist. Mit diesem Konzept wird eine erhebliche Menge an Trinkwasser pro Jahr gespart. Beurteilung Die geschilderten Maßnahmen besaßen einen beispielhaften Charakter für andere Investoren in Berlin. Sie zeigten, dass bei Büroneubauten große Einsparpotentiale erschlossen werden können. Allerdings resultierte das ökologische Konzept in erster Linie aus den Anforderungen, die das Land Berlin an die Bauherren am Potsdamer Platz gestellt hatte, und nicht aus deren Willen, freiwillig eine Vorbildfunktion zu erfüllen. So führten die technischen und finanziellen Notwendigkeiten DaimlerChrysler zur Beauftragung der renommierten Firma DS-Plan, die gemeinsam mit den Architekten, darunter Kollhoff, das ökologische Gesamtkonzept konzipierte. Aufgrund der Anforderungen ist ihr Konzept jedoch hauptsächlich auf den Aspekt Wasser konzentriert. Andere Elemente, wie die Nutzung der Sonnenenergie spielen hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Kollhoff-Gebäude

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Michael Bender

QUELLEN Der neue Potsdamer Platz: Ein Kunststück Stadt Andreas Muhs und Heinrich Wefing be.bra-Verlag, Berlin, 1998 Der Potsdamer Platz: Urbane Architektur für das neue Berlin Yamin von Rauch und Jochen Visscher Jovis, Berlin, 2000 Projekt Potsdamer Platz: 1989 bis 2000 Mark Muenzing und Vincent Mosch Nishen, Berlin, 2001 www.archinform.de www.baunetz.de www.potsdamerplatz.com www.potsdamerplatz.de www.stadtentwicklung.berlin.de

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Rogers – Gebäude, Potsdamer – Platz Bearbeitung: Silvia Svitekova

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Bauhaus - Universität - Weimar Bearbeitung: Silvia Svitekova

Projektsteckbrief Rogers Gebäude DaimlerChrysler

Standort: Potsdamer Platz, Berlin Bauherr: DaimlerChrysler AG Projektrealisierung: DaimlerChrysler Immobilien GmbH Architekten: R. Rogers Kategorie: Bürogebäude , Wohnungsbau Fertigstellung: 1998

Rogers-Gebäude

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Zahlen Bruttogrundfläche( Büro ): 550.000 qm

Bauhaus - Universität - Weimar Bearbeitung: Silvia Svitekova

bäude, 1 Wohnungsbau) besitzen eine Fläche von 57.800 m2 und sind 1998 gebauten worden.

Verbrauchsminderung, Regenwassernutzung Die Ökologische Strategie

Das Gebiet: 57.800 qm Grundstücksverhältnis(1): 54.9 x 52.6 m Bauhöhe: von 27 bis 29m Geschosse: max. 9 Die Zukunft Potsdamer Platz Die Zukunft des Gebietes um den Potsdamer Platz nahe des einstigen Verlaufs der Mauer, war das Thema der Diskussionen in Berlin. Im Jahr 1991 wurde von den Stadtbehörden ein internationaler Wettbewerb für einen Masterplan für den Wiederaufbau ausgeschrieben. Rogers war bereits von einigen wichtigen Teilbesitzern des Geländes ( DaimlerBenz ) für ein Projekt miteinbezogen worden. Sein Konzept wurde aber als zu radikal abgelehnt. Der Wettbewerb für das DaimlerChrysler Gebäude ist zusammen von Rogers, Renzo Piano mit Christoph Kohlbecker gewonnen worden. 3 Gebäude von Rogers (2 BürogeRogers-Gebäude

Die Verantwortung Im planerischen Entscheidungsprozeß am Potsdamer Platz spielte Ökologie eine wesentliche Rolle. Seit Beginn der Planungen sind Bauökologen der Drees & Sommer AG beauftragt das DaimlerChrysler Projekt zu begleiten. Schlagworte zum Ökologischen Konzept Ressourcen sparendes Bauen Energiegewinnendes Bauen: Nutzung regenerativer Energien, Sinne, Wind, Wasser, Biomasse Energiesparendes Bauen: Wärmedämmung, Rückgewinnung, Speicherung Materialsparendes Bauen: recycelbare Baustoffe Kapital sparendes Bauen: dezentrale Produktion, lokale Baustoffe Boden sparendes Bauen: verdichtetes Bauen, Brauchflächenutzung Trinkwasser sparendes Bauen:

Energiekonzept Dicht gesetzte Gebäude und offene Plätze erzeugen öffentliche und halböffentliche Räume. Der offene Raum bildet den Mittelpunkt. Die ökologische Strategie trägt dazu bei, dass Energie mittels maximaler Ausnutzung des Tageslicht eingespart wird und zur natürlichen Belüftung der Bebauung beiträgt. Große Atrien zerschneiden diese Blöcke und öffnen sie für das Publikum. Man verwendet passive Energie in Atrium. Mit seinen Längsseiten ist das Gebäude nach Süden ausgerichtet und wird von Südwesten her über einen thermisch abgetrennten Windfang betreten. Das Atrium Das Atrium begünstigt die Luftzirkulation und steht als „Übergangsklimazone“ zwischen Außen- und Innentemperatur. Den oberen Abschluss bildet das gläserne Atriumdach, durch das einströmendes Tageslicht in die Büros gelenkt wird. 13

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Fenster: transparente Isolierglasverkleidungen auf allen Seiten gewährleisten einen freien Blick nach außen. Jalousien verringern die Aufheizung durch starkes Sonnenlicht, während Tageslichtsensoren den Verbrauch elektrischen Lichts herabsetzen. Die Gebäude haben das Zertifikat erhöhter Dämmstandard der WschV erhalten. Der Verbrauch der Heizenergie: 70kWh/m2. Gegenüber einer konventionellen Art kann man nur mit der Hälfte Energie die Gebäude versorgen. Versorgung Alle Gebäude am Potsdamer Platz werden zentral aus dem neuen Heizkraftwerk Mitte (Khw) versorgt. Man verwendet auch zentrale Kälteanlage. Diese Technik leistet zu 50% elektrische Energiegewinnung. Die anfallende Abwärme versorgt mit der Hilfe Fernwärmeleitungen die Gebäude. (im Winter werden Bauten geheizt, im Sommer gekühlt). Wärme in Kälte umzuwandeln geschieht, indem man die Absorptionskältetechnik verwendet. (ohne Kältemittel).

Rogers-Gebäude

Bauhaus - Universität - Weimar Bearbeitung: Silvia Svitekova

Mit dieser Art der Versorung wird der Co2 Ausstoß gegenüber der dezentralen Art der Versorgung um 48.000 t/a redzuiert.

gen. Ein Teil wird aufgesogen (Dachbegrünung) und verdunstet. (Verbesserung des Klimas in der Umgebung bei). Der zweite Teil dient zu Einspeisung in den künstlichen See. Der übrige Teil wird gesammelt und für Toiletten und Außenanlagen verwendet. Resultat: Einsparung von Trinkwasser: 20.000 m3.

Mechanische Lüftung Um ein natürliches Raumklima zu gewinnen, wurden die Gebäude so entworfen, dass eine Fensterlüftung möglich ist. Die Räume liegen an offenen Fenster, soweit möglich. (100% Arbeitsplätze). Dadurch kann von Südosten Wind gewonnen werden. Das gilt auch für die Atrien. Das halbgeschlossene Atrium ist das ganzen Jahr mit frische Luft versorgt. Dieses wurde sehr genau berechnet und ausgerichtet. Die Gebäude wurden um ihre Ecken um 2 bis 3 Meter reduziert, um große Mengen frische Luft zu gewinnen. Mechanische Lüftung steht zu Verfügung. Man soll zu diesem Zeitpunkt nicht die Klimaanlagen benutzen. Resultat: 50% Energie wird eingespart.

Materialkonzept In Räumen mit einer hohen Wärmebelastung werden Kühldecken angewendet. Man hat die Fermacell Gipsfaser – Platte verwendet. Es galt, ästhetisch fugenlose Decken, die gute Schall- und Brandschutzeigenschaften sowie eine günstige Wärmeleitfähigkeit besitzen, mit einem modernen Raumtemperatursystem zu kombinieren. Mit Fermacell beplankte Wärmetauscher als Kühldecke garantieren Zugluftfreiheit, Geräuschlosigkeit und gleichmäßige Temperaturverteilung.

Regenwasserkonzept Das Regenwasserkonzept ist Hauptbestandteil der ökologischen Betrachtung. Das Regenwasser wird auf den gesamten 50.000 m2 Dachflächen aufgefan-

Das Glas Das Glas, gut isoliert, teilweise sogar in 3 Lagen, mindert durch eine Spezialbehandlung die Intensität der Sonnenstrahlen, verleiht den Fassaden aber den13

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Bauhaus - Universität - Weimar Bearbeitung: Silvia Svitekova

noch Glanz, selbst an Tagen mit verhangenem Himmel. Terracotta Fassaden Sollte für Außenbereich energetisch hochwirksam sein.( Wohnungsbau ). Ergebnisswerte Konzeptes -

des

Ökologischen

Jahresheizwärmebedarf: 70 kwh/qm (Büro), (gegenüber dem üblich Wert von 100-140 Kwh/qm pro Jahr)

Quellen Deyan Sudjic ,Richard Rogers( Bauten &Projekte), E&S Verlag, Berlin, 1994

-

CO2 Minderungseffekt: u.a. 48.000 t/a (Energieversorgung)

Richard burdett, R. Rogers, Deutsch. V. Anstalt, Stuttgart, 1996

-

50% Energieeinsparung durch mechanische Lüftung

Kenneth powell, R. Rogers & Partnership, Phaidon P. L., 2001

-

Trinkwassereinsparung: 20.000 m3 pro Jahr

James Russel, R. Rogers, Phaidon, 1999 www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/klima schutz/berlin_spart_energie/de www.richardrogers.com www.greatbuilding.com

Rogers-Gebäude

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Bauhaus - Universität - Weimar

Heinrich Böll – Siedlung, Berlin Pankow Bearbeitung: Ralf Stier

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

Projektsteckbrief: Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow Standort: Heinrich-Böll-Straße, 13156 Berlin-Pankow (zwischen Schiller- und Dietzgenstraße) Auftraggeber: GSW, Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft Berlin mbH Auftragnehmer: Arbeitsgemeinschaft Brenne Architekten mit Franz Jaschke (Architekt)



Eble

Bauherr: GSW, Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft Berlin mbH Bauzeit: 1995 - 1999 Größe: 8 ha, ca. 640 Wohnungen + 1 Kita in 4 Bauabschnitten

Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

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Auf den Winkelwiesen in Berlin-Pankow entsteht seit 1995 die Heinrich-BöllSiedlung. Es handelt sich dabei um ein Modellprojekt für einen nachhaltigen ökologischen Wohnungsbau, deren Auftraggeber die GSW, Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft Berlin mbH ist. Die GSW geht auf die Gründung der Wohnfürsorgegesellschaft Berlin im Jahre 1924 zurück und befindet sich heute zu 100% im Besitz der Stadt Berlin. Wie auch bei anderen Projekten der GSW, soll mit dem Bau der HeinrichBöll-Siedlung vorwiegend Einkommensschwächeren Mietern die Möglichkeit gegeben werden, Wohneigentum zu bilden. Der Standort des ehemaligen Gärtnereigeländes „Grüne Zukunft“ war hierbei für die GSW Anspruch genug, ein Modellprojekt für einen hochwertigen und dennoch preiswerten und umweltgerechten Wohnungsbau zu starten. Dem Projekt liegt ein ganzheitlicher ökologischer Ansatz zu Grunde. Er beinhaltet Energieeinsparung, die Schaffung eines gesunden Raumklimas, Langlebigkeit, die Reduzierung der Herstellungs- und Unterhaltskosten, sowie die Herausstellung des synergetiHeinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

schen Effektes durch die Vernetzung der vielschichtigen „Ökobausteine“. Schon mit der Ausarbeitung der städtebaulichen Leitidee durch die beauftragte Arbeitsgemeinschaft Brenne – Eble Architekten in Zusammenarbeit mit dem Architekten Franz Jaschke, wird der ganzheitliche Ansatz deutlich. Ihr städtebauliche Entwurf orientiert sich weniger an dem in Berlin üblichen Straßenraster, sondern versucht in besonderem Maße die naturräumlichen Gegebenheiten, wie auch die Spuren der Geschichte einzubeziehen.

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Aus dieser Herangehensweise ist ein Städtebau mit „grüner Mitte“ entstanden, d.h. einem ökologisch gegliederten Freiraum. Zwischen die einzelnen Häuser schieben sich große Höfe, die im Wechsel teilweise der Erschließung dienen, teilweise aber auch vollständig begrünt sind. Mit ihnen werden landschaftliche Themen, wie Wald, Wiese und Wasser thematisiert. Verbindendes Element ist ein kleiner Wasserlauf der die Siedlung durchfließt und in einen kleinen, regenwassergespeisten See mündet.

Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

Die GSW beabsichtigt durch die starke Begrünung der Siedlung insgesamt, ein attraktiveres Wohnumfeld zu schaffen. Die Heinrich-Böll-Straße, als Haupterschließung für die Siedlung, wurde mit einem Tempo-30-Limit versehen. An ihr ordnen sich auch die Großzahl der PKW-Stellflächen für den ruhenden Verkehr an. Doch auch den Bewohnern der innenliegenden Wohngebäude stehen Stellplätze direkt bzw. unweit ihrer Wohnung zur Verfügung. Mit den Wohnbauten hofft die GSW ebenfalls eine hohe künstlerische Qualität im Massenwohnungsbau etablieren zu können, mit klar proportionierten, aber eindrucksvollen Raumkompositionen und individuellen Details. Für gestalterische Abwechslung sorgen nicht nur die unterschiedliche Geschossigkeit der Mehrfamilienhäuser (max. 5), sondern auch die Dachterrassen, Balkone, Loggien, Wintergärten, Säulenbereiche und die Terrassen für die Wohnungen im Erdgeschoss. Die unterschiedlichen Wohneinheiten sind ein bis fünf Zimmer groß, teilweise auch in Maisonetteausführung. Wohnküchen und optimierte Grundrisse vermitteln den Eindruck von Großzügigkeit, wo der soziale Woh-

nungsbau sonst mit dem Vorurteil von beengten Wohnverhältnissen für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten zu kämpfen hat. Einige Wohnungen sind für einen behindertengerechten Ausbau vorgesehen und auch therapeutische Wohngemeinschaften, eine Kindertagesstätte, sowie mehrere kleine Geschäfte sollen die neue Siedlung zu einem komplexen Stadtteil mit einer bunten Mieterstruktur werden lassen.

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Wie bereits oben erwähnt, soll mit dem Projekt der Heinrich-Böll-Siedlung der Versuch unternommen werden, die umgesetzten ökologischen Maßnahmen als Alltagsökologie im sozialen Massenwohnungsbau zu etablieren. Deshalb ist es auch das Anliegen der GSW sowie der beteiligten Planer, diese Maßnahmen transparent, nachvollziehbar und entwicklungsfähig zu gestalten. D.h. auch eine Planung in Alternativen um den Planungs- und Bauprozess optimieren zu können. Die unterschiedlichen Baustandards, der sonst baugleichen Häuser lassen sich deshalb in folgende Ökobausteine unterteilen bzw. kategorisieren. Ökobausteine 1.

Niedrigenergie, Solarintegration und Bautechnik

2.

gesundes Bauen und Bauökologie

3.

Ressourcenmanagement Ökobilanz

Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

und

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

Die Verwirklichung sämtlicher Ökobausteine in einem Gebäude, wurde exemplarisch im Ökohaus umgesetzt. Mit ihm soll der Beweis erbracht werden, dass ökologische Prinzipien auch ökonomisch überzeugen können. Beim Ökohaus handelt es sich um eines von elf 4-geschossiges Wohngebäuden des 2. Bauabschnittes mit Zwei- bis

Vier-Zimmerwohnungen und Grundrissgrößen von 58m² bis 85m². Auch hier sind Terrassen im Erdgeschoss, sowie Wintergärten, Balkone und Loggien für die oberen Geschosse verwirklicht worden. Folgende ökologische und baubiologische Bauweisen wurden im Ökohaus umgesetzt: energetisch optimierte Gebäudehülle mit Liapor-Mauerwerk, Brettstapelwänden, Brettstapeldächern und optimierten Holzfenstern mit einem k-Wert von 1,2 Massivholzdecken, teilweise in Holzbetonverbundbauweise mit Brettstapelelementen nach einem System von Professor Julius Natterer lehmverputzte Innenwände für ein gesundes Raumklima Reduzierung des Jahresheizwärmebedarfs durch die Verwendung einer Wandstrahlungsheizung im Lehmputz (deutlicher Unterschied zwischen der Empfindungstemperatur und der tatsächlichen Raumtemperatur) 14

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Im Folgenden werden die einzelnen umgesetzten Maßnahmen noch einmal etwas ausführlicher erläutert. 1. Brettstapelbauweise Die Brettstapelbauweise beruht auf einem System von dem Schweizer Prof. Julius Natterer und ermöglicht die maßgerechte Vorfertigung von 8 bis 12cm starken Wandelementen sowie 12 bis 24cm starken Deckenelementen. Bei größeren Spannweiten ist auch die Herstellung als Holz-Beton Verbunddecke möglich, wobei die Brettstapelelemente einzeln verlegt werden und im Anschluss ca. 9cm Ortbeton aufgebracht werden, um den schubsteifen Verbund mit den Brettstapeln herzustellen. Die Vorteile der Brettstapelbauweise liegen vor allem in den guten Wärmedämmeigenschaften. Durch die großflächige Holzmasse lässt sich auch der sommerliche Wärmeschutz ohne Probleme gewährleisten. Ein weiterer Vorteil ist die angenehme Oberflächenstrukur des Holzes, wenn sie in Innenräumen sichtbar belassen wird. Eine Dampfbremse oder –sperre ist ebenfalls nicht Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

erforderlich. Des weiteren verfügt der Werkstoff Holz über relativ hohe Oberflächentemperaturen, wirkt ausgleichend auf die Raumluftfeuchtigkeit und besitzt zudem gute schallschutztechnische Eigenschaften. Mit dem Ökohaus kommt die Brettstapelbauweise auch erstmals im Berliner Geschosswohnungsbau zur Anwendung. Die nichttragenden Außenwände wurden in Brettstapelbauweise (8cm) mit einer 18cm dicken Dämmschicht gefertigt. Im Innenbereich wurden die Brettstapelwände, wie auch die übrigen Wände zweilagig mit Lehm verputzt. Für die Dachkonstruktion waren ebenfalls Brettstapelelemente mit einer 20cm dicken Dämmschicht aus Zelluloseplatten vorgesehen. Aus Kostengründen wurde aber nur ein herkömmliches Sparrendach realisiert. Die Deckenuntersicht im Innenbereich wurde mit einer emissionsfreien, mineralischen Lasur auf Wasserglasbasis behandelt, welche nach einem leichten Anschliff problemlos erneuerbar ist und die Holzoberfläche nicht versiegelt. Bauherr und Planer begreifen die Nutzung des regenerativen Baustoffes Holz als Beitrag zur Bewirtschaftung der

Wälder, deren Erhalt und Pflege im Sinne einer optimalen CO2-Umsetzung, und somit als einen Beitrag zum Klimaschutz.

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2. Liapor-Mauerwerk Die tragenden Außenmauern des Ökohauses wurden in Massivbauweise durch Liaporsteine aus zementgebundenem Blähton mit einer Wärmeleitfähigkeit von Λ=0,13W/mK hergestellt. Dabei erreicht die Liapormauer bei einer Stärke von d=36,5cm den gleichen kWert, wie eine Kalksandsteinwand mit d=24cm und einer 10cm dicken Dämmschicht WLG040. Der k-Wert mit Innenund Außenputz beträgt im Ökohaus 0,33W/m²K. Die Vorteile einer Liapormauer liegen im reduzierten Arbeitsaufwand bei deren Errichtung, sowie im Wegfall einer separaten Dämmschicht und ihrer notwendigen Erneuerung nach den üblichen 25 Jahren. 3. Lehmputz Bei Lehm handelt es sich um einen Baustoff der aus Ton als Bindmittel und Sand bzw. Schluff als Gerüstsubstanz besteht. Bedingt durch seine im luftgetrockneten Zustand verbleibende Gleichgewichtsfeuchte von 3-7Vol.% innerhalb der Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

Poren, kann er in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte sehr schnell Feuchtigkeit in sein Kapillarsystem aufnehmen bzw. abgeben und so eine relativ gleichbleibende Raumluftfeuchte von 45-55% gewährleisten, die sich als wohnmedizinisch gesund erwiesen hat. Zudem lässt sich auch die Aufnahme von im Wasserdampf gelösten Substanzen nachweisen. Die Innenwände im Ökohaus wurden zweilagig mit Lehm verputzt; einer 1015mm dicken Unterputzschicht, sowie einem 5mm glatten Oberputz der direkt überstreichbar ist. Durch die, von der GSW herausgegebene, Mieterfibel werden die Bewohner darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Versiegelung mit Vinyltapete, die positiven Lehmeigenschaften zunichte macht.

4. Wandflächenheizung Die Wandflächenheizung kommt vorwiegend in den Außenwänden der Wohnräume des Ökohauses zur Anwendung. Sie besteht aus handelsüblichen Kupferrohren, die in 5cm-tiefen Verlegeschlitzen in Fußbodennähe und neben den Fensteröffnungen verlegt wurden. Da die Heizung sofort nach dem Verfüllen der Verlegeschlitze in Betrieb genommen wurde, konnte es erst gar nicht zu temperaturbedingten Spannungsrissen im Mauerwerk kommen, die Ausbildung von notwendigen Dehnfugen aber bewerkstelligt werden. Durch die konstante Temperierung der Außenwände, wird deren Feuchtigkeitsgehalt gesenkt und damit auch die Wärmeleitfähigkeit vermindert, was wiederum zu geringeren Transmissionswärmeverlusten führt. Des weiteren kommt es durch die gleichmäßige Erwärmung großer Wandflächen zu einem erhöhten Strahlungsanteil und die gesundheitsbelastende Hausstaubverwirbelung durch zirkulierende Raumluft, wie bei üblichen Heizkörpern, kann vermieden werden. Ein weiterer Vorteil der Wandflächenheizung besteht darin, dass 14

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die Strahlungswärme tiefer in den Körper eindringt und so einen Unterschied von 1-2°C zwischen der Empfindungstemperatur und der tatsächlichen Raumlufttemperatur hervorruft. Das körperliche Wohlbehagen stellt sich so schon bei unter 20°C ein. Durch die geringeren Lüftungswärmeverluste lässt sich eine zusätzliche Energieeinsparung verzeichnen. Winfried Brenne äußerte dazu: „Wir wollen geringeren Energieverbrauch nicht durch High Tech erreichen. Uns geht es um begreifbare Alltagsökologie.“

Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

5. Nahwärme-Versorgung Nahwärmenetze sind umweltfreundlich und rationell. Die Heizzentrale für die Heinrich-BöllSiedlung befindet sich im Kellerraum eines der Gebäude des 2. Bauabschnittes. Hier sollen zwei Gasbrennwertkessel in Kopplung mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) die notwendige Wärmeenergie liefern. Die ersten beiden Bauabschnitte werden mit einem Brennwertkessel, der 1.400kW liefert, versorgt. Außerdem ist eine Übergabestation mit Plattenwärmetauschern für die Wärmeverteilung installiert worden. Der Wärmeerzeuger-Primärkreislauf ist von den Heizwärmekreisläufen in den einzelnen Wohnhäusern hydraulisch getrennt. Der Betreiber der Anlage ist die „Nahwärme Berlin GmbH“ (EKT und Gasag). Das BHKW ist in die Energieerzeugung eingebunden und deckt die ganzjährig notwendige Warmwasserbereitung ab, was hohe Laufzeiten erlaubt. Pro 2kWh erzeugter Wärme werden außerdem ca. 1kWh höherwertiger elektrischer Energie bereitgestellt, die direkt an den Endverbraucher in der Siedlung weiterverkauft werden. Da-

durch liegt der Strompreis auch unter dem der Bewag. 6. Photovoltaik-Generator

In der Siedlung wurden auf den Dächern der Häuser B19, B23 und B27 flächendeckende Photovoltaik-Module mit einer Gesamtfläche von ca. 1.200m² installiert. Sie erwirtschaften eine elektrische Spitzenleistung von insgesamt 145kWp. Die Kosten beliefen sich auf 1,8Mio DM, die in Höhe von knapp 1Mio DM über das Förderprogramm „Energie 2000“ der Bewag abgedeckt werden konnten. Die erzeugte elektrische Energie wird in das öffentliche Versorgungsnetz eingespeist 14

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und über einen Zeitraum von 15 Jahren mit 70Pf/kWh vergütet. Bei einem Energieertrag von 120MWh/Jahr und einem Energieüberschuß von ungefähr 100.000kWh/Jahr, der in das Netz der Bewag eingespeist wird, bringt die Anlage dem Bauherren eine jährliche Vergütung in Höhe von 70.000DM. Darüber hinaus treibt eine photovoltaisch betriebene Pumpe auch den Regenwasserlauf an. Nach der energetischen Amortisationszeit von ca. 7 Jahren wird die zur Herstellung der Anlage benötigte Energie durch die produzierte Energie vollständig kompensiert sein. Danach erspart die Photovoltaikanlage der Erdatmosphäre jährlich 83t CO2. Die ursprüngliche Planung sah darüber hinaus auch große Kollektorfelder für die Wärmegewinnung vor, welche aber in Konkurrenz zum BHKW gestanden hätte und deshalb wieder verworfen wurde. Eine große Schautafel ermöglicht den Bewohnern jederzeit die aktuelle Leistung der Anlage in kW, die erzeugte Energie in MWh, sowie die CO2Einsparung seit der Inbetriebnahme im Oktober 1999 in kg abzulesen. Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

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Die Option zur Nachrüstung anderer bzw. weiterer aktiver Solarsysteme ist in der Heinrich-Böll-Siedlung vorhanden.

7. Elektroinstallation Für die Elektroinstallationen im Ökohaus wurden halogenfreie Mantelleitungen verwendet, deren Vorteil vor allem darin besteht, dass im Brandfall keine Halogenwasserstoffverbindungen entstehen können und eine spätere Entsorgung der Kabel ganz leicht im ShreddingVerfahren möglich ist. Zudem erreichte man durch die Verdrillung der stromführenden Leitungen, dass sich die auftretenden Magnetfelder gegenseitig neutralisieren, sodass die gesundheitliche Belastung durch Magnetfelder gesenkt werden konnte. In den Schlaf- und Kinderzimmern wurden außerdem Netzfreischaltautomaten installiert, sodass die auftretenden, gesundheitlich bedenklichen, elektrischen und magnetischen Felder noch weiter eingeschränkt werden konnten.

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8. Wasserinstallation

9. Wassersparmaßnahmen

Ökobilanzierung

Für die Trinkwasserleitungen im Ökohaus wurden Kupferrohre mit Pressfittings als Verbindungstechnik verwendet, um den Nachteilen der üblichen „weichen Lötung“ (Schwächung der Rohre an den Lötverbindungen, Belastung des Rohrsystems durch Lotreste, Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität durch im Lot enthaltene Schwermetalle) aus dem Weg zu gehen. Weiterhin wurden rückspülbare Trinkwasserfeinfilter zentral vorgeschaltet, was die Rückhaltung von feinen Schmutzpartikeln, Rost, Kalk, Installationsresten und anderen allgemeinen Verunreinigungen aus dem Versorgungsnetz ermöglicht.

Zur Einsparung von Trinkwasser wurden die Bäder im Ökohaus mit 4l Wasserklosetts versehen, die bei Betätigen der Spartaste sogar nur 1,5l Spülwasser benötigen. Die im Zusammenhang verwendeten Sammelheber, für die Erhöhung der Abwassermenge in der Hausanschlussleitung, konnten nur in einem der Abwasserfallrohre installiert werden, da es in den anderen Fallrohren auf Grund des notwendigen AbwasserrohrGefälles nicht möglich war. Auch die 85l Körperform-Badewannen und die durchflussbegrenzenden Wasserspar-Perlatoren in den Mischbatterien der Waschtische (bei voller Öffnung des Hahns nur 6l/min statt der üblichen 15l/min), leisten einen Beitrag zur Wassereinsparung.

Anliegen aller am Planungsprozess Beteiligten war es von Anfang an, ökologische Baustandards im Kostenrahmen des sozialen Wohnungsbaus verwirklichen und für die Zukunft etablieren zu können. Darum war es wichtig, die umgesetzten ökologischen Maßnahmen vor einem ökonomischen Hintergrund zu betrachten. Waldemar Achtnich, Leiter der Abteilung für Bauplanung in der GSW, äußerte dazu in einem Interview:

Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

„Wir wollen wissen, welche herkömmlichen Standards wir zu vertretbaren Kosten durch natürliche Baustoffe und Verfahren ersetzen können.“ So wurden gleich in den ersten beiden Bauabschnitten 3 verschiedene Haustypen erstellt. Im ersten Bauabschnitt wurden 114 Wohnungen im konventionellen sozialen Wohnungsbau, d.h. komplett in Ziegelbauweise errichtet. Die 216 Wohnungen des zweiten Bauabschnittes (196 Wohnungen im ersten Förderweg und 24 Eigentumswohnun14

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gen) wurden bereits mit ökologisch höherem Standard und einer naturnahen Materialwahl verwirklicht. Das Maß aller Dinge ist jedoch das umwelttechnisch optimierte Ökohaus, eines der Gebäude des zweiten Bauabschnittes. Hier wurden ökologische Maßnahmen, soweit sie der Kostenrahmen hergegeben hat, in gesteigertem Umfang umgesetzt (siehe weiter vorn im Text). Dabei entspricht das Ökohaus in Größe, Grundriss und Lage vollkommen einem der konventionellen Bauten, um optimale Bedingungen für eine vergleichende Studie zu schaffen. Diese wurde von den Architekten der Heinrich-BöllSiedlung, Winfried Brenne, Joachim Eble und Franz Jaschke und mit Unterstützung der Berliner Bauverwaltung durchgeführt. Das Ergebnis: „Ökologische Bauweisen sind langfristig, d.h. bezogen auf den Lebenszyklus eines Gebäudes, billiger.“ Bei der Errichtung des Ökohauses mussten zwar zunächst um 8% höhere Baukosten in Kauf genommen werden als beim Referenzhaus, jedoch bereits durch die bessere Dämmung und Speicherfähigkeit der Wände und die konseHeinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

quent nach Süden ausgerichtete Zonierung des Gebäudes, konnte ein um 30% geringerer Energieverbrauch erzielt werden. Auf 80 Jahre gerechnet, kostet der Unterhalt des Ökohauses nur 1.300DM/m², während die Kosten beim Vergleichsobjekt 1.700DM/m² betragen. Auch die Entsorgung der Baumaterialien bei Abriss liegen um ca. 40% niedriger als beim Referenzhaus. Beim Bau wurden keine Baustoffe verwendet, die später als Sondermüll entsorgt werden müssten, z.B. kann der Lehm als regenerativer Baustoff, mit Wasser neu angerührt, wiederverwendet werden. Nach den zugrundegelegten 80 Jahren, inklusive Bau und Abriss, würde der Quadratmeter im Ökohaus 5.526DM, im Referenzhaus jedoch 6.250DM gekostet haben.

Fazit: Während der Exkursion haben wir die Heinrich-Böll-Siedlung und das Ökohaus auch vor Ort besichtigen können und hatten Gelegenheit mit Franz Jaschke, einem ihrer Architekten zu sprechen. Der Gesamteindruck nach allem Gesehenen, Gelesenen und Gehörten bleibt bei mir ein sehr Positiver. Die städtebauliche Lösung mit den Nord-Süd-gerichteten straßenbegleitenden Baukörpern an der Heinrich-BöllStraße und den im rückwärtigen Bereich Ost-West-gerichteten Baukörpern mit den zwischenliegenden Erschließungsund Landschaftshöfen, sowie deren städtebauliche Dimensionen habe ich als angenehm und in sich stimmig empfunden. Wenn man sich ihr allerdings von der Straßenbahn auf einem Trampelpfad entlang dem Kreuzgraben nähert, hat man eher den Eindruck, vor einem losgelösten Solitär auf der Grünen Wiese zu stehen. Dieser Eindruck kommt wahrscheinlich von der großen Brach- oder Freifläche auf der anderen Seite der H.-Böll-Str., also gegenüber der Siedlung. 14

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Ralf Stier

aufdrängen, warum die ökologischen Standards des Ökohauses nicht auf die gesamte Planung, oder zumindest den gesamten zweiten Bauabschnitt übertragen worden sind? Abgesehen von den genannten Kritikpunkten, handelt es sich meiner Meinung nach um ein durchaus gelungenes Projekt und es bleibt abzuwarten, welche Wirkung es in der Zukunft auf ähnliche Bauvorhaben ausüben wird. Die technischen und ökologischen Ansätze im Ökohaus sind durchaus überzeugend. In der Ökobilanz werden die Vorteile der umgesetzten ökologischen Maßnahmen umfangreich beschrieben und erläutert. Es ist überaus lobenswert, dass bereits im Vorfeld der Planung vergleichende Studien und Untersuchungen über die Wirtschaftlichkeit des Ökohauses, nicht nur in Bezug auf den Bauprozess, sondern über die gesamte Lebensspanne des Gebäudes inklusive seines Abrisses in ferner Zukunft, angestellt wurden und so die wirtschaftliche Rentabilität herausgestellt werden konnte. Dennoch, oder gerade deswegen muss sich einem unwillkürlich die Frage Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow

Quellen- und Literaturhinweise: Heinrich-Böll-Siedlung Berlin-Pankow Modellprojekt für einen nachhaltigen ökologischen Wohnungsbau, Berliner ImpulsE, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Moderne Energieversorgung von Wohnquartieren Schöner leben im sozialen Wohnungsbau in Berlin, in: Element+Bau, Nr. 4/September 1995, S. 51-52 Ökologischer Geschosswohnungsbau ohne Aufpreis, in: BBW, Nr. 1/1998, S. 7-8 Internet: http://www.gsw.de http:/www.oekosiedlungen.de http://www.unikarlsruhe.de/~Holger.Wolpensinger/boell_siedlung.html

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Bauhaus - Universität - Weimar

ExWoSt-Modellprojekt, Berlin – Hellersdorf Bearbeitung: Charlotta Lindgren, Verena Heinemann

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Charlotta Lindgren, Verena Heinemann

Projektsteckbrief Projektbezeichnung: Berlin-Hellersdorf Standort: nordöstlicher Stadtrand Bauzeit: seit 1990 Umgestaltungsmaßnahmen Größe: Plattenbausiedlung für 100000 Menschen Schlagworte zum Projekt: Ökologie als Prinzip der Gebäudesanierung Gestaltung/ Aufwertung des öffentlichen Raumes

Abb.1 Luftbild Berlin-Hellersdorf und Lage der Großsiedlung im Stadtgebiet ExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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Berlin-Hellersdorf- eine Entwicklung von der „Wohn-Stadt“ zum „StadtTeil“ Hellersdorf wurde als für den sozialistischen Wohnungsbau typische Plattenbau-Großsiedlung geplant. Es ist am nordöstlichen Stadtrand von Berlin gelegen und entstand 1985-1992 auf einstmals landwirtschaftlich genutzten Flächen. In den überwiegend fünf- bis sechsgeschossigen Plattenbauten entstand Wohnraum für 100000 Menschen. Mit der Wende kamen auf Hellersdorf einige Schwierigkeiten zu, aber es eröffneten sich auch viele neue Möglichkeiten. Die Großsiedlung war noch nicht vollständig fertiggestellt; die Infrastruktur und die Freiflächengestaltung fehlte. Die Menschen in Hellersdorf lebten also Anfang der 90er Jahre noch auf einer Baustelle, während sich bereits erste erhebliche Mängel an den Betonplattenbauten zeigten. Besonders in der ehemals geteilten Stadt Berlin setzte 1990 eine kritische Betrachtung der PlattenbauGroßsiedlungen ein. Zu den bereits erwähnten Baumängeln traten städteExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Charlotta Lindgren, Verena Heinemann

bauliche Schwierigkeiten wie die Eintönigkeit der Architektur durch die konsequent standardisierte Baustruktur1, die stadträumliche Monotonie oder funktionale Defizite der Wohnsiedlungen. Da Hellersdorf auf freien Flächen errichtet worden war, zeigte es sich als „Stadtteil ohne Geschichte“. Die Zusammensetzung seiner Bewohnerschaft stellte sich hinsichtlich Lebensalter und Familiensituation als wenig differenziert dar, der Wandel der Bewohner (Kinder werden älter und verlassen die elterliche Wohnung) wurde bei den vorhandenen Wohnungstypen allerdings nicht berücksichtigt. Es stellte sich also für Berlin die Frage, wie man die immer deutlicher werdenden Probleme lösen und die Plattenbausiedlungen außerdem in ein nachhaltiges Entwicklungskonzept einbinden könnte. 1992 entschloss sich der Senat von Berlin dazu, die Plattenbaugebiete langfristig zu erhalten. Sie sollten zu

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Die schematische Anordnung der Gebäude erlaubte z. B. keine klar abgegrenzten Hofund Lebensräume

lebensfähigen Stadtteilen weiterentwickelt werden. Für eine nachhaltige Entwicklung seien folgende Potentiale vorhanden: - durch das „Nachbessern“ können aktuellste Erkenntnisse im Bereich des ökologischen Bauen in einem großen Gebäudebestand realisiert werden - die Sanierung des Bestandes lässt sich für ¼ der vergleichbaren Neubaukosten (1996) realisieren; allerdings müsse mit der Sanierung sofort begonnen werden und diese müsse in 10 bis 15 Jahren beendet sein - es existieren bereits sehr gute S- und U-Bahnverbindungen, die Hellersdorf an Berlin anbinden - eine „intakte soziale Mischung der Bewohnerschaft“ (Projekt Großsiedlung, S. 4) ist vorhanden; Menschen aller Schichten wohnen in der Großsiedlung - eine räumliche Nähe zu den umliegenden Erholungsgebieten ist gegeben - außerdem sind Potentiale für die Verdichtung und Weiterentwicklung des Stadtteils gegeben. Bei der Betrachtung all dieser Möglichkeiten erscheint es einleuchtend, dass Berlin nie ernsthaft an den „Abschied“ 15

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von 270.000 Wohnungen all seiner Plattenbausiedlungen gedacht hat. Obwohl zu Beginn der 90er Jahre die Lebensqualität in den Plattenbauten von den Bewohnern überwiegend mit „gut“ bewertet wurde, musste man sich die Frage nach einer Beurteilung in Zukunft stellen. In der Verbindung mit den oben erwähnten Überlegungen wird deutlich, dass allein mit einer Reparatur, einer Behebung der optischen Mängel also, die Problematik nicht dauerhaft befriedigend gelöst werden kann. Um den Plattenbaugebieten eine Entwicklung zu beständigen Stadtteilen Berlins zu ermöglichen, wurde eine „nachhaltige Anpassung der Wohn- und Lebensverhältnisse [...] an wechselnde Nutzungsansprüche“ (Projekt Großsiedlung, S. 8) für unerlässlich befunden. Ein Modell für die „Berliner-Platte“ wird erstellt Die gesellschaftlichen Änderungen bewirkten auch Änderungen der Ansprüche und Maßstäbe von Wohnqualität. Damit verbunden, änderten sich auch die städtebaulichen Ziele, die Maß- und Richtwerte. ExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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Die gestellten Ziele lassen sich nun wie folgt formulieren: der Wohnungsbestand muss erhalten und weiterentwickelt werden; Großsiedlungen müssen ein besseres Image bekommen, auf Dauer eine rentable Bewirtschaftung zulassen und in den Funktionszusammenhang „Berlin“ eingebunden werden. Strategie Auf die Sanierung der Gebäude wurde bereits hingewiesen. Seit 1991 laufen für die Sanierungen sogenannte Pilotprojekte, denen eine Analyse der Plattenbau-Großsiedlungen zugrunde liegt und deren Ergebnisse sich auf weitere Bereiche übertragen lassen. Die Finanzierung ist hauptsächlich über Kredite geregelt, „deren Verzinsung die öffentliche Hand durch verschiedene Förderprogramme bezuschusst.“ (Projekt Großsiedlung, S. 10) Die Instrumente zur Verwirklichung der gestellten Ziele sind folgende: - viele Einzelmaßnahmen werden durch Rahmenplanungen zusammengefasst, begleitet von der Schaffung von Arbeits-

plätzen, Bürgerbeteiligung und sozialer Betreuung - Reform von Wohnungsunternehmen - es gibt besondere Förderprogramme für die Gebäudesanierung - es erfolgt die städtebauliche Qualifizierung der Großsiedlungen - Wohnungsneubau folgt als Ergänzung - die Investitionen des Staates ergänzen die Gebäudesanierung - Arbeitsplätze werden in nahegelegenen Gewerbegebieten geschaffen Wie wurden diese Aufstellungen nun in Hellersdorf verwirklicht? Hellersdorf war 1992-1995 Forschungsprojekt im Rahmen von „Experimentelle[m] Wohnungs- und Städtebau“, 1994 wurde der „Öko-Stadtplan Hellersdorf“ erstellt. Von 1993-1995 erfolgte die städtebauliche Rahmenplanung mit dem Leitbild „Ökologie“. Die städtebauliche Entwicklung von der Großsiedlung zur „Grünen Stadt“ erfolgt nach elf Gestaltungsprämissen: Historische Spuren erleben, besondere Orte gestalten, charakteristische Wohnquartiere entwickeln, Zentren entwickeln, Fuß- und Radwege anlegen, das 15

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Umfeld erschließen, Landschaftsbezug herstellen, Eingänge erleben, Grenzen gestalten und Auftakte betonen, Straßenräume gestalten, Infrastrukturbänder 2 für Bewohnerfreizeit offen halten. Historische Spuren erlebbar machen Da in Hellersdorf wenig historische Bausubstanz vorhanden ist, muss diese besonders bewahrt werden. Das Hellersdorfer Gut z.B. wird künftig ein soziokulturelles Zentrum sein. Ein anderer Schwerpunkt ist die Gestaltung der Kastanienallee als Rad- und Fußwegverbindung. Neu- und Umbau in bezug auf die soziale Infrastruktur Die Wohnungen in der Großsiedlung Hellersdorf waren für junge Familien mit kleinen Kindern geplant und wurden auch so vergeben. Allerdings unterliegen die Bedürfnisse der Bewohner 2

Diese Punkte zur Stadtgestaltung sind im Internet unter http://www.hellersdorf2000.de/hell2000/cont0 075/baustein.htm veröffentlicht. In den folgenden Absätzen werden diese Gestaltungsprämissen wiederzufinden sein. ExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

Abb.2 Quartierskonzept 15

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einem stetigen Wandel. 1996 war bereits ein extremes Überangebot an Kindergärten zu verzeichnen, dagegen wurden Schulen dringend und in größerer Zahl benötigt. Jugendeinrichtungen fehlten fast vollständig. Auch bedingt durch den gesellschaftlichen Wandel herrschte ein extremer Mangel an Aufenthalts- und Freiräumen in einem Stadtteil, bei dem Kinder und Jugendliche ein Drittel! der gesamten Bewohner ausmachen (Zahlen 1996). Es gab hierbei den Ansatz, Kindergartengebäude umzunutzen bzw. auch geteilte Nutzungen der vorhandenen Gebäude anzustreben. Sehr wichtig bei all diesen Lösungsansätzen ist die Schaffung von „Zwischenräumen“, die Möglichkeiten für Selbstorganisation und Eigeninitiative offen lassen. Quartierskonzept (Abb. 2) In einer so riesigen Großsiedlung wie Hellersdorf war natürlich eine Unterteilung notwendig. Man ordnete dem ganzen Gebiet vier verschiedene Charaktere zu : Kunst, Stadt, Garten und Natur. Diese leiten sich hauptsächlich aus ihrer städExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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tebaulichen und topographische Lage in der Siedlung ab. Es gab schon eine angedachte Unterteilung in 18 „Quartiere“, die sich aus den Baufeldern der Entstehungszeit der Grossiedlung ableitet. Diese Strukturen wurden weiterentwickelt. Die Gebiete, die an die Natur angrenzen gehören zum Charakter „Natur“, die Verdichteten zum Charakter „Stadt“ und so weiter. „ Für den Erholungsbedarf der Bewohner sollen Angebote im Hofbereich, an wohnungsnahen Plätzen und in nahegelegenen Einrichtungen sowie quartiersübergreifende Angebote geschaffen werden.“ (Ökologisch sanieren naturnah wohnen, S.9) Die Hofräume - Eine neue Maßnahme. Ein Schwerpunkt für die neue Gestaltung in Hellersdorf war die Strukturierung der Hofräume. Die große, monotone und öde Fläche zwischen den Gebäudeblöcken hatte früher eine unpersönliche, kalte und windige Atmosphäre zur Folge. Durch die Neupflanzung von Bäumen und

Sträuchern wurden die Hofräume verkleinert und deswegen wohnlicher. Zu Beginn der 90er Jahre bildete noch die Eingangstür die eigentliche Grenze zwischen privatem und öffentlichem Raum. Jetzt sind die Höfe in verschiedene Bereiche unterteilt: • privat • halböffentlich • öffentlich Beispiele für die Gestaltung der privaten Räumen sind das Anlegen von Vorgärten und die Umgestaltung der Eingangsbereiche durch das Einbringen von Fahrradständern und Bänken. (Abb. 3) Außerdem wurden die Balkone im Erdgeschoss zu einer Veranda mit Treppe in den Nutzgarten umgewandelt. Im halböffentlichen Bereich findet man beispielsweise Wäscheplätze und verschiedene Spielmöglichkeiten für Kinder. Dadurch, dass die Wege in diesem Bereich schmale Sandwege sind, vermitteln sie ein Gefühl von Intimität. Der öffentlicher Bereich besteht aus Hauptwegen und Parkplätzen. Möglicherweise kann diese Gestaltungsmethode die Kriminalitätsrate senken. 15

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Charlotta Lindgren, Verena Heinemann Ein ähnliches Projekt der Sanierung einer Großsiedlung in Schweden hat ein sehr positives Ergebnis erreicht. Die Siedlung ist jetzt viel sicherer und ein attraktiverer Wohnstandort.

Weitere Prinzipien der Hofraumgestaltung in Hellersdorf sind: - die Umsetzung eines ökologischen Prinzips bei der Regenwasserbwirtschaftung; das Sammeln und Versickern des Wasser steigert nicht nur den Erlebniswert des Hofes, sondern verbessert auch das Kleinklima - die öffentliche Zugänglichkeit der Schulen und Kindergärten zugeordneten Spielplätze

Abb. 3 Hofräume Kienbergviertel ExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

Gestaltung des öffentlichen Raumes Auch dieser ist wieder in Verbindung mit dem gesellschaftlichen Wandel zu sehen. Da die „Datschenkultur“ zurückgeht und keine Freizeitaktivitäten am Arbeitsplatz mehr vorhanden sind, sind die Ansprüche an den Aufenthalts- und Freizeitwert von öffentlichen Flächen sehr gestiegen. Letztere sollen aber beim „zu-Ende-bauen“ von Hellersdorf berücksichtigt werden.

In der Rahmenplanung ist die Forderung nach einer Erweiterung bzw. einer Ergänzung der zentralen Grünachse durch Wohngebietsparks festgeschrieben. Als besonders wichtige Zukunftsaufgabe in Rahmenplanungen wird auch die „Umgestaltung der Verkehrsräume nach menschlichen Maß“ (Projekt Großsiedlung, S. 32) beschrieben. Biotope sollen an den Rändern des Planungsgebietes zu finden sein. Sanierungskonzept Nach Angaben von 1996 müssen in Berlin insgesamt 270.000 PlattenbauWohnungen in 10-15 Jahren saniert werden. Zur Finanzierung wird das „Prinzip der ergänzenden staatlichen Förderung“ benötigt. Man ergänzt dabei Eigenleistungen von Wohnungsunternehmen durch langfristige Kredite, wobei deren Kosten durch öffentliche Zuschüsse finanziert werden. Ökologie als Prinzip der Gebäudesanierung Die Sanierung erfolgt nach ökologischen Gesichtspunkten und in bewohnten Gebäuden. Die bereits erwähnten Sa15

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nierungsgründe: Mängel der Bauqualität zum einen und veränderte Standards zum anderen zeigen sich z. B. in Fassadenplatten, die ungenau montiert und gerissen sind, in einer nur wenig leistungsfähigen und verschlissenen Haustechnik oder an den hohen Energieverlusten durch Wände und Fenster. Da in Hellersdorf weitestgehend gleiche Gebäudetypen zu sanieren sind, war ein Pilotprojekt (196 Wohnungen) zur Erprobung von Prinzipien sehr günstig. Im Folgenden sollen die wesentlichen Maßnahmen genannt werden: 1.Schritt: Grundsanierung des Gebäudes - Versorgungs- und Heizungsanlagen wurden erneuert - die Loggien wurden saniert und neue Brüstungen montiert; Hauseingänge und Treppenhäuser renoviert und neugestaltet 2.Schritt: Optimierung ökologischer Kriterien über das erforderliche Maß hinaus - die Wärmedämmung von Fassade und Kellerdecke wurde mit ausschließlich ExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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ökologischen Dämmmaterialien realisiert und die Fenster vollständig erneuert - gesammeltes Regenwasser wird für die Gartenbewässerung und die Toilettenspülung genutzt - Photovoltaik für die Beleuchtung von Treppenhäusern und der Entlüftungsanlage - Es erfolgte der Nachweis, dass ein verzicht auf PVC- und Aluminiumbaustoffe wirtschaftlich und technisch möglich ist. - Ökologisch richtiges Verhalten rentierte sich als Kosteneinsparung für den Mieter Die Akzeptanz aller Maßnahmen wurde durch den Einsatz von Ökologieberatern und Mieterbeiräten entscheidend verbessert. Durch die im Pilotprojekt gesammelten Erfahrungen können nun auch viele ökologische Detaillösungen weiterverwendet werden. Ein verbessertes Zeitmanagement bei den Bauarbeiten in bewohnten Wohneinheiten kann künftig die Belastung der Mieter minimiert werden. Eine Erweiterung der Mitbestimmung der Mieter z. B. bei der Gestaltung der Gemeinschaftsanlagen erwies sich als richtig.

Abb. 4 Entwurf für einen Hauseingang

Fassadensanierung- Bewahren durch Berücksichtigung der den Plattenbauten eigenen Gestaltqualität Für Plattenbauten typisch ist die Addition gleicher Elemente, wobei die Trennfugen sichtbar bleiben. Die einzelnen Elemente sind „oberflächenfertig“ und Funktionsbereiche wie beispielsweise Treppenhäuser und Loggien wurden bereits in ihrer ursprünglichen Fassung andersfarbig hervorgehoben. Ein weiteres wichtiges Prinzip der Plattenbauweise ist außerdem die regelmäßige Reihung bei horizontalen und vertikalen Gliederungen. 15

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Diese vorgegebene Gestaltqualität ist bei der Fassadensanierung zu berücksichtigen. Im Laufe der Arbeiten stellte sich heraus, dass eine Analyse der Ursprungsfassade immer notwendig ist und die Notwendigkeit aller Überformungen funktional und finanziell vertretbar sein muss. Für Akzentsetzungen der monotonen Baustruktur bietet sich eine besondere Gestaltung der Eingänge an. Bei der Fassadengestaltung in Hellersdorf wurden von Anfang an stadträumliche Kriterien berücksichtigt; der angedeutete Quartierszusammenhang sollte bei der Neugestaltung beachtet und verstärkt werden. Die Herausbildung charakteristischer Wohnquartiere ist ein wesentlicher Wegstein in Hellersdorfs Entwicklung zu einem komplexen Stadtteil mit allen Facetten eines Lebens in der Stadt. Urbane Zentren in den Großsiedlungen Wie Hellersdorf sind auch all die anderen Großsiedlungen Teilstädte der polyzentralen Stadt Berlin. Allerdings ist auch für jede einzelne Teilstadt ein Zentrum notwendig, das Versorgung und Dienstleistungen, Kultur und UnterExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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haltung sowie Verwaltungseinrichtungen aufnimmt und wesentlich zur Identifikation und Repräsentation des jeweiligen Stadtteils beiträgt. Die Großsiedlungen im Ostteil Berlins hatten zunächst kein funktionsfähiges Stadtzentrum, was einerseits durch das ihnen zugrundeliegende städtebauliche Leitbild (Großsiedlungen waren WohnStädte) und andererseits durch das „nicht-zu-Ende-gebaut-sein“ begründet war. Zu Beginn der 90er Jahre zeigte sich in Hellersdorf verstärkt die Tendenz, dass die Bewohner häufig die Großsiedlung in Richtung City oder in Richtung der umliegenden Einkaufszentren verließen. Letztgenannte Flächenmärkte leisteten allerdings keinen Beitrag zur Urbanität, sondern „förderten“ vielmehr die Umweltbelastung durch den motorisierten Verkehr. Der urbane Mittelpunkt von Hellersdorf entsteht seit Anfang der 90er Jahre. Er wird um die Kreuzung von zwei überdimensionierten Hauptverkehrsstraßen entwickelt. Gewerbe und Dienstleistungen sowie Rathaus, Bürohochhaus, Finanzamt und Filmtheater sowie Fachund Oberschule leisten ihren Beitrag zur

Entwicklung eines lebendigen Zentrums für Hellersdorf. Das Konzept sieht weiterhin eine städtisch verdichtete Bebauung vor, die sich zum Grünzug „Hellersdorfer Graben“ hin öffnet. Der U-Bahnhof ist ein Tor zur Gesamtstadt; in etwa 30 Minuten Fahrzeit lässt sich Berlin erreichen. Weiterhin wesentlich ist die Entwicklung von sogenannten Unterzentren, die durch ihre Bereitstellung von Gewerbe und Dienstleistungen für den täglichen Bedarf manche Wege ins Hauptzentrum überflüssig werden lassen. Außerdem dient der künstlerisch gestaltete Stadtplatz der Identität und Unverwechselbarkeit des jeweiligen Quartiers. Öffentlicher Personennahverkehr, Fußund Radwege Vorstädte sind als Wohnorte dann beliebt, wenn sie bezüglich der Wegzeiten zur City mit zentraler gelegenen Stadtteilen mithalten können. Wie bereits beschrieben wird die Anbindung an Berlin durch ein umfassendes S- und U-Bahnnetz gegeben; der Zubringerverkehr in den Siedlungen wies 1996 allerdings noch wesentliche Schwachpunkte auf. 15

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Obwohl nämlich ein dichtes Bus- und Straßenbahnnetz vorhanden war, nahm die Bereitschaft auf ein eigenes Auto zu verzichten beträchtlich ab. Als Gründe werden u. a. die ungünstigen Linienführungen oder die langen Reise- und Wartezeiten des ÖPNV genannt. Außerdem erschließe der private PKW das weitere Umland der Großsiedlung. Die damit verbundenen Folgeerscheinungen sind leicht abzusehen: es existiert eine hohe Auto- und Verkehrsdichte, es werden viele Parkmöglichkeiten benötigt und die City wird durch Autos aus den Großsiedlungen belastet. Daraus ergeben sich folgende Lösungsansätze: - der Anbindungsverkehr an die City muss optimiert werden und - das Fuß- und Radwegenetz ausgebaut werden, damit eine attraktive Alternative für die Autobenutzung gegeben ist Wie im Folgenden noch deutlich werden wird, korrespondiert das Radwegenetz mit dem „Grünplan“. Die Radwege sollten die Möglichkeiten geben, Abkürzungen zu nehmen, wo man mit dem Auto Umwege fahren muss. Fahrradeinstellmöglichkeiten müssen an den Häusern ExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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(siehe Abb. 4) und weiterhin an möglichen Zielen vorhanden sein. Das neue Leitbild, das nach Meinung der Autoren der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf in den kommenden Jahren noch an Bedeutung zunehmen wird, sieht vor, dass möglichst viele Bedürfnisse (Arbeiten, Wohnen, Einkaufen und Freizeit) in der Nachbarschaft erledigt werden können. Hiermit schließt sich der Bogen dieser Betrachtungen wieder bezüglich des bereits beschriebenen Bausteins der Schaffung von Unterzentren. Verändertes Leitbild: Von einer „WohnStadt“ zur „Werk-Stadt“ Da die Großsiedlungen als Wohnstädte konzipiert waren, arbeiten etwa 4/5 ihrer berufstätigen Bewohner außerhalb ihres Wohn-Stadt-Teils (Zahl 1996). Pendlerströme während der Spitzenzeiten bedingten eine extrem große Auslegung der Verkehrswege; außerhalb der Hauptverkehrszeiten drängt sich allerdings der Eindruck von Flächenverschwendung auf. Durch die Vorsehung von Arbeitsmöglichkeiten im Wohngebiet ist wieder die

Verbindung zu dem Baustein der Zentrennotwendigkeit geschaffen. Die Voraussetzungen dafür, die „Trennung von Wohnen und Arbeiten“(S. 54) in den Großsiedlungen herabzusetzen sind gut. Unter den Bewohnern sind vielfältige Qualifikationen aller Niveaus vorhanden. Arbeitsplätze entstehen beispielsweise in gebietsbezogenen Versorgungszentren oder bei gesamtstädtisch bedeutenden Institutionen. Ein anderer wesentlicher Punkt sind Heimarbeitsplätze. Dabei müssen allerdings die Wohnungen eine entsprechende Größe haben, und sie muss mit moderner Kommunikations-Infrastuktur ausgestattet sein. Umgenutzte Wohnungen können auch für mehrere Personen als Bildschirmarbeitsplätze zur Aufhebung der Trennung von Wohnen und Arbeiten beitragen. Des weiteren können die vorhandenen Flächenpotentiale in der Siedlung und in den nahen Gewerbegebieten genutzt werden. Nicht mehr genutzte Tagesstätten für Kinder bieten Raum für Dienstleistungsunternehmen. Neubauten können auf nicht mehr benötigtem Straßenland entstehen. Außerdem ist Platz für 15

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Gewerbebetriebe in den umliegenden Gewerbebetrieben vorhanden. Durch überregionale Werbung von Investoren und Fördermitteln der EG können Arbeitsplätze geschaffen werden. Behebung ökologischer Defizite Die Plattenbausiedlungen wurden mit dem politischen Ziel errichtet, möglichst viele Wohnungen unter minimalem Aufwand fertigzustellen - für eine Stadtplanung nach ökologischen Kriterien war da kein Platz. Durch die nach der Wende eingeleitete konsequente „Ökologisierung“ der Siedlungen soll ein „Wohnen im Einklang mit der Natur“ erreicht werden. Durch die Möglichkeit der Weiterentwicklung der Siedlung im Inneren wird der sie umgebende Naturraum vor einer Zersiedelung geschützt. Die Siedlungskanten erhalten durch ergänzende Neubauten eine besondere Akzentuierung, die die schon vorhandene Spannung zwischen weitläufiger Landschaft und urbaner Dichte betonen. Energieeinsparungen sollen durch technische Optimierung hauptsächlich beExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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züglich der Fassadendämmung undRaumheizung erreicht werden. Ökologieprogramm im Kienbergviertel (dieses wurde zur regulären Gebäudesanierung hinzugefügt und sieht u. a. - Regenwassernutzung - und für Brauchwassererwärmung und Stromerzeugung Solartechnik vor. - Des weiteren wurden die Baustoffe nach ökologischen Gesichtspunkten ausgewählt. Für ein ökologisch richtiges Müllsammeln ist es weiterhin notwendig, die Standplätze der Müllcontainer sinnvoll in die Umgestaltung der Umgebung der Häuser einzubeziehen. Flächenentsiegelung lässt die Schaffung von naturnahen Plätzen und Höfen zu. Durch wassergebundene Wegoberflächen und Rasenpflaster kann der Regen an Ort und Stelle versickern. Die Betonbrocken der ehemaligen Versiegelung werden für bepflanzbare Trockenmauern und Steingärten verwendet. Es ist von außerordentlicher Wichtigkeit, die Bürger in die Planungs- und Umgestaltungsvorgänge einzubeziehen.

Die Weiterentwicklung von Hellersdorf wurde vom Bundes-Forschungsprojekt unter das Leitbild „Ökologische Chancen sinnvoll nutzen“ gestellt. Ein Beispiel dafür wie das „Umweltforum Hellersdorf“ alle Beteiligten an einen Tisch bringt, ist das jährlich stattfindende Umweltfest. Kunst als wichtiger Faktor zum Imageaufbau Den Quartierskonzepten zufolge wurde vier Bereichen von Hellersdorf das „Image Kunst“ zugewiesen. Indem z. B. die fensterlosen Betonflächen der Plattenbauten künstlerisch gestaltet werden, lassen sich räumliche Zusammenhänge ablesen, da sich die Arbeiten aufeinander beziehen. Die Gestaltung der Eingänge, die schon an anderer Stelle als notwendige und mögliche Akzentuierung ausgewiesen wurde, wird durch Skulpturen bereichert. Des weiteren sollen Graffiti-Aktionen auf dafür vorgesehenen Flächen die Jugendlichen enger in das Stadtgefüge einbinden und Konfliktpotentiale abgebaut werden. Die wichtigsten Eingänge der Großsiedlung Hellersdorf werden außerdem 15

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durch weithin sichtbare Großskulpturen bezeichnet. Diese grenzen Hellersdorf nach außen ab, laden aber gleichzeitig auch ein, die Siedlung und das mit ihr verbundene Konzept kennenzulernen.

Abb. 5 „Der Zeichner“ Markierung des Stadteingangs von Hellersdorf

Nachbetrachtung Bei dem Besuch in Hellersdorf wurden noch einmal die Dimensionen der Siedlung und die damit verbundenen Schwierigkeiten deutlich. Der ökologische Hauptaspekt dieses Projektes ist sicherlich die Nutzung der vorhandenen Gebäude. ExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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Ein einheitliches Konzept für eine Plattenbaugroßsiedlung, ebenso wie der Versuch für die riesigen Wohnblöcke einen Identitätsfaktor zu finden, zeigt sich aber als äußerst problematisch. Ein anderer schwieriger Fakt ist sicher die administrative Zusammenlegung mit dem Stadtteil Marzahn. Diese, vorwiegend aus elfgeschossigen Gebäuden bestehende Plattenbausiedlung ist noch mit einem ziemlich negativen Image behaftet. Die Umgestaltung von einer „WohnStadt“ zur „Werk-Stadt“, also die Ansiedlung von Gewerbe in Hellersdorf, ließ sich noch nicht in den Größenordnungen verwirklichen, die ursprünglich angedacht waren.

nach vorn gemacht worden (z. B. Stadtteilzentrum „Helle Mitte“).

Abb. 6 Hellersdorf

Verena Heinemann, Lotta Lindgren

Als dennoch übertragbare Grundgedanken sind die Quartierszuordnungen zu nennen, die der Siedlung eine gewisse Möglichkeit der Strukturierung geben. Im jeweiligen Quartier wiederkehrende bzw. sich somit auch von anderen abgrenzende Fassadengestaltungen sind ein Beispiel dafür. Bezüglich des Anspruchs, sich zu einem lebendigen Stadtteil zu entwickeln, ist auf alle Fälle ein entscheidender Schritt 15

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Charlotta Lindgren, Verena Heinemann

Weitere verwendete Literatur: -

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Ökologisch sanieren naturnah wohnen. Das Kienberg-Viertel. Quartiers-Dokumentation, Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf mbH, 1998 Projekt Großsiedlung BerlinHellersdorf: Nachhaltige Strategie für Siedlungen in industrieller Bauweise. Ein Fallbeispiel für Habitat II, hrsg. v. der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr. Referat Wohnungsbau in der Stadtplanung, Großsiedlungen und der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf, Berlin 1996

Abbildungen: Abb. 1, Projekt Großsiedlung, S. 6 Abb. 2, Ökologisch sanieren naturnah wohnen, S. 8 Abb. 3 Fotos der Verfasser, 2002 Abb. 4, Projekt Großsiedlung, S. 44 Abb. 5, Projekt Großsiedlung, S. 68 Abb. 6, Foto der Verfasser, 2002 ExWoSt-Modellprojekt Hellersdorf

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Kienbergviertel Berlin, Hellersdorf Bearbeitung: Stefan Klüsener

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Stefan Klüsener

Projektsteckbrief: Projektname: Kienbergviertel Standort: Berlin Hellersdorf Auftraggeber: WoGeHe (kommunale Wohnungsverwaltung) Auftragnehmer: verschiedene Bauherr: WoGeHe Bauzeit: 1985 - 1992 1994 - 1997 2296 Wohnungen Modellhafte Sanierung von Plattenbauten unter ökologischen Gesichtspunkten Regenwassernutzungsanlage Solarthermische Anlage Photovoltaik Anlage Freiraumgestaltung

Kienbergvietel – Berlin Hellersdorf

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Das Kienbergviertel ist Teil der Großsiedlung Hellerdorf, die am nordöstlichen Rand von Berlin zwischen 1985 und 1992, auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche, erbaut wurde. Seinen Namen trägt es aufgrund des direkt gegenüberliegenden Kienberges. Es bildet einen zentralen Abschnitt der Siedlungskante gegenüber dem Wuhletal. Im Osten grenzt es an den historischen Gutsbezirk und im Norden an das Quartier Grüne Mitte. Die überwiegend fünf bis sechsgeschossigen Plattengebäude sind auf 11 Grundstücke mit insgesamt 2296 Wohnungen verteilt. Während der Bauzeit wurde der verwendeten Standarttyp WBS70 weiterentwickelt, wodurch sich hinsichtlich der Fassadengestaltung und Materialwahl Unterschiede ergaben. Als die WoGeHe 1990 die kommunalen Wohnungsbestände zur Verwaltung übernahm, befand sich Hellersdorf noch in der Bauphase, was bedeutete, das ein großer Teil der geplanten Infrastruktur noch nicht fertiggestellt war – mit Ausnahme der Schulen und Kindergärten. Seit 1994 wurden die Gebäude in Teilabschnitten modernisiert. Begonnen Kienbergvietel – Berlin Hellersdorf

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wurde mit dem Pilotprojekt „Ökologische Mustersanierung“ (196 Wohnungen) aus dessen Erfahrungen, und nach Abwägung der finanziellen Machbarkeiten die Komplettsanierung des Viertels begonnen wurde. 1998 waren 4550 Einwohner gemeldet. Das Durchschnittsalter beträgt 34 Jahre. Das Haushaltseinkommen der Bewohner liegt über dem Mittelwert. Die Arbeitslosigkeit ist gering. Eine stabile Struktur also. Städtebauliches Konzept Im Rahmen der Neudefinition der Stadtquartiere 1992 durch die Planergemeinschaft Hannes Durbach und Urs Kohlenbrenner wurde das Kienbergviertel als eines von 18 Baufeldern aus der Großstruktur abgegrenzt. Schwierigkeiten ergaben sich dabei wegen der inhomogenen Bebauung und der unklaren Abgrenzung nach Norden. Den Ausschlag gaben dann die Baufeldgrenzen und der Bezug auf das Zentrum Gothaer Straße. Prägend für das Kienbergviertel sind zwei Frankfurter Punkthochhäuser (sie markieren den Eingang nach Hellersdorf), das südlich

der Eisenacher Straße gelegene Suhler Baufeld, das sich in zweizeiliger Bebauung an der Topographie entlang zieht, und das nördlich gelegen Erfurter Baufeld mit weitern zwei Blockbauten. Insgesamt wurde auf die Verstärkung der vorhandenen Unterscheidungsmerkmale der Bereiche gesetzt. Aus den städtebaulichen und topographischen Merkmalen wurden die entsprechenden Images abgeleitet, die zu einer stärkeren Identifikation und Bindung der Bewohner an ihr Viertel führen sollte. Die unmittelbare Angrenzung an den Landschaftsraum und eine vorhandenen Grünachse in Richtung Kienberg waren ausschlaggebend das Thema „Natur“ zu wählen. Das 1994 mit der städtischen Rahmenplanung beauftragte Stadtbüro Hunger ergänzte die vorhandene Planung um die Themen Zentrum und soziale Infrastruktur. Das Büro CASA NOVA entwickelte 94/94 das Farb- und Gestaltungsleitkonzept, dass die Identifikation mit dem Quartiers als Prämisse aufweist. Richtungsweisend in der Konzeption war die permanente Beteiligung der Bewohner an der Sanierung; sie konnten ihre Stimme in einem regelmäßigem Plenum 16

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und einem eigens eingerichteten Presseorganen einbringen. Gestaltung und Material Bei der Fassadengestaltung wurde die ursprüngliche Gliederung beibehalten. Das heißt die klare horizontale Staffelung in Sockel-, Mittel- und Attikabereich blieb erhalten. Als Farbethema wurde ein graugrünes Leitmotiv gewählt. Die Fensterbereiche werden mit dunkleren Tönen gegenüber der hellen Fassade abgesetzt. Bei den Loggien und den von filigranen Dachkonstruktionen aus Stahl und Glas geprägten Eingängen und Hofdurchgängen werden Signale in Form von gelben und roten Fassadenoder Balkonvorsatzelementen eingeflochten. Die fensterlosen Giebelseiten wurden durch eine Fassadenbegrünung ansehnlicher. Ambiente und Aufenthaltsqualität sollten die Maxime bei der innenliegenden Erschließung sein – es wurde auf kräftige Farbakzente gesetzt. Es wurden drei verschiedene Eingangstypen gestaltet, die je nach städtebaulicher WichtungAnwendung finden. Kienbergvietel – Berlin Hellersdorf

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Grundrissveränderungen fanden nur im kleinen Teil der in Eigentumswohnungen umgewandelten Plattenbauten statt. Größtenteils wurde die Küche zum Wohnbereich hin geöffnet und die leichten Zwischenwände entfernt, um großzügigere Wohnungsschnitte zu erhalten. Auf das Naturthema bezugnehmend wurde Holz (aus heimischen Anbau) vor allem im Außenraum, aber auch in der Ausführung der Fenster und Handläufe (leider nur Modellprojekt) angewendet. Bei der Materialwahl wurde auf geringen Primärenergiegehalt und Umweltverträglichkeit geachtet. Dachrandblenden und Fensterbänke wurden in Zinkblech ausgeführt. Bei der Elektroinstallation wurde auf halogen und PVC freie Ummantelungen gesetzt. Bei den Treppenhäuser wurde ein Kunstharzputz verwendet. Der Fußboden wurde in Terrazzo bzw. im Modell mit schalldämmenden Gummibelag ausgeführt. Lösungsmittelarme und –freie Anstriche auf Dispersionsbasis wurden für die Außen und Innenverwendung gewählt. Für die direkt auf die Fassade aufgebrachten Wärmedämmverbundsysteme wurde FCKW freier Polysterolschaum genutzt.

Wasser In der ökologischen Modellsanierung wurde eine Regenwassernutzungsanlage zur Deckung des Wasserbedarfes für die Toilettenspülung installiert. Gleichzeitig wird es zur Bewässerung der Grünflächen verwendet. Die notwendige Zisterne wurde im Hof untergebracht, die Pumpanlage in einem speziell schallgedämmten Keller der WBS 70 Serie. Der Wasserverbrauch wurde von 130 l/Person*d auf 109 l/Person*d gesenkt. Bei der Instandsetzung wurden wassersparende Armaturen eingebaut ( Einhebelmischer, wassersparende Toiletten). Kalt- und Warmwasserzähler in den Bädern sollen die Eigenkontrolle der Nutzer steigern. Energie Mit einer 46 m² großen Solarthermischen Anlage auf dem Dach des modellsanierten Bereichs konnte die Energieaufwendung zur Wassererwärmung um 27% reduziert werden. Problematisch war das System nur aufgrund des 16

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erhöhten Aufwandes für eine Unterkonstruktion, da das Dach nicht tragfähig war. Eine Photovoltaikanlage mit gesamt 750 kWh/Jahr wird netzgekoppelt betrieben, d.h. wenn die angeschlossenen Verbraucher nicht aktiv sind, wird ins Netz eingespeist. Durch das aufgebrachte WDVS konnte der Heizenergiebedarf um 50% (Modell 60%) reduziert werden, so das man jetzt den Anforderungen der Wärmeschutzverordnung Rechnung trägt. Freiraum Die Verbesserung der Aufenthalts-, Spiel- und Erholungsqualität waren hier der Maßstab. Neue Wegenetze in Form von Fuß- und Radwegen, Entsiegelung und Anlage von Grünflächen, Neubepflanzungen und Spielplatzgestaltung waren die Mittel. Die Wohnhöfe wurden neu gegliedert, dabei wurden die vorhanden Mietergärten wieder hergestellt und Aktiv- und Ruhezonen definiert, so dass sich für alle Nutzer entsprechende Bereiche finden lassen. Neugliederung des Straßenraumes zur Geschwindigkeitsregulierung und ein optimiertes Parkkonzept, sowie die Kienbergvietel – Berlin Hellersdorf

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Gestaltung der Eingangs- und Vorbereiche, schaffen qualitativere Übergänge von privat zu öffentlich. Die Bindung an die umliegende Landschaft wurde durch erweiterte Grünzüge gestärkt. Verkehr Bedarfsgerechtigkeit spielt bei der optimierten Parkraumbewirtschaftung eine große Rolle. So wurde Rück- und sogar Neubau von Stellflächen notwendig; auf Entsiegelung der Flächen wurde dabei wertgelegt. Es wurden durch Senk- oder Klapppoller Parkbereiche mit Zugangsberechtigung geschaffen, die versuchen quartiersfremde Fahrzeuge auszuschließen. Zusätzlich wurde auch ein Beschilderung vorgenommen. Abfall Um die Zuordnung zu den Abrechnungseinheiten zu erleichtern, wurden die Mülltonnen in kleinen Parzellen gesichert und gleichzeitig durch Begrünung als markantes „negatives“ Element in ein untergeordnetes umgewandelt. Mülltrennung als Entsorgungsstra-

tegie steht bei dem riesigen Aufkommen an oberster Stelle. Zusammenfassung : Der Großteil der gebäudebezogenen ökologischen Bausteine konnte aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Wohnungsgenossenschaft nicht auf das Quartier übertragen werden. Das wird sich auch in naher Zukunft nicht ändern. Man musste die Ansprüche auf die zu steigernde Wohnqualität reduzieren, d.h. in erster Linie Wärmedämmung, Modernisierung und Innen- wie Außengestaltung. Am wichtigsten war es, den Bewohnern ein attraktives Umfeld zu bieten um sie im Gebiet zu halten. Um die Erfahrungen im Umgang mit Plattenbaugebietes weitergeben zu können, wurde ein Kompetenzzentrum eingerichtet, das vor allem bei der noch anstehenden Sanierung der osteuropäischen Plattenbaugebiete hilfreich zur Seite stehen soll.

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Gründerinnenzentrum Weiber Wirtschaft e.G. Bearbeitung: Claudia Frantz

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Projektsteckbrief: Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft eG. Standort: Anklamer Str. 38, Berlin-Mitte Auftraggeber/ Bauherr: WeiberWirtschaft eG AnklamerStr. 38 10115 Berlin Frau Dr. von der Bey Auftragnehmer: Architekturbüro I. Baller EnergieSystemTechnik Bauzeit: 1994/95 Größe: NF Bestand - 5724qm NF Neubau – 1329qm Schlagworte zum Projekt: Gewerbehof, auch in punkto Energie etwas Besonderes

Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Claudia Frantz

Förderung: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Frau Reichmann

Gesamtinvestitionen: ca. 35 Mio DM

PV-Anlage: Größe 44,3 m² Neigung ca. 45° Leistung 5,61 kWpeak Energieertrag ca. 4.400 kWh/a Bruttokosten ca. 121.000 DM Inbetriebnahme 1995

an Gesamtfinanzierung Beteiligte: Senatsverwaltung f. Wirtschaft Senatsverwaltung f. Bauen, Wohnen, Verkehr Bewag DSL – Bank Genossenschaft „WeiberWirtschaft“

Kollektoranlage: Größe 25,2 m² Neigung 30° Energieertrag ca. 10.000 kWh/a (gerechnet) Bruttokosten ca. 71.000 DM Inbetriebnahme 1996

Bausteine der Sanierung: Dämmung der Dächer und Brandwände Fensteraustausch Dach-, Hof-, Fassadenbegrünung Gasbefeuerte Brennwertkessel Thermische Solaranlage Photovoltaikanlage Gasbetriebene Motorheizkraftanlage Regenwassernutzungsanlagen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung Ökologische Baumaterialien

CO2-Minderungseffekt: PV-Anlage ca. 4.400 kg/a Kollektoranlage ca. 10.000 kg/a Motor-Heiz-Kraft-Anlage: Leistung: 44kWel und 80 kWth 2 Brennwertkessel mit je 250 kW Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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Hintergründe Die Frauengenossenschaft WeiberWirtschaft eG erwarb im Oktober 1992 in Berlin-Mitte von der Treuhandanstalt ein bis zu sechsgeschossiges Gebäude in Stahlskelett-Bauweise mit einer Nutzfläche von ca. 5.500 qm für einen Kaufpreis von 12,3 Mio. DM. Inzwischen ist das Industriegebäude aus der Jahrhundertwende für 36,5 Mio. DM umgebaut und renoviert worden. Der Gewerbehof für Frauenunternehmen beherbergt fast 60 Firmen aus Dienstleistung und Produktion, eine Kindertagesstätte, Tagungsräume, Gastronomie und Künstlerinnen-Ateliers. Die Gewerberäume waren im November 1997 zu 80% ausgelastet, der Mietpreis beträgt je nach Gewerbe zwischen 11 und 23 DM (Läden 15 bis 30 DM). Zusätzlich wurde ein Neubau errichtet, in dem sich 13 Sozialwohnungen und drei moderne Maisonette-Läden befinden. Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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Mietverträge werden mit Unternehmen abgeschlossen, deren Geschäftsführung und Kapital in Frauenhand liegt. Mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde ein "Ökologisches Gesamtkonzept für das Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft eG" entwickelt, das über die Standardmodernisierung hinausgeht und erlaubt, erhöhte ökologische Anforderungen in beispielhafter Weise durchzuführen.

plexes aus der Jahrhundertwende solide, doch sämtliche Energieversorgungssysteme waren veraltet. Hier wurden durch die Kombination modernster umweltverträglicher Verfahrensweisen und Technologien neue Standards gesetzt. So konnte ein für den innerstädtischen Bereich innovatives Gesamtkonzept entwickelt werden.

Ziel der Massnahme war unter anderem, den Primärenergieverbrauch auf weniger als 50% des ursprünglichen Wertes zu senken. Ökologisches Konzept Für die Nutzung des Produktionsstandortes des ehemaligen VEB Berlin Kosmetik als Gründerinnenzentrum waren umfassende Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen notwendig. Zwar war die Bausubstanz des Gebäudekom-

Das ökologische Konzept auf einen Blick: Bei der ökologischen Gebäudesanierung wurden formaldehydbelastete Baustoffe entfernt, die vorhandene Bausubstanz 17

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wurde schonend behandelt und soweit wie möglich wiederverwendet. Durch ein detailliertes Energienutzungskonzept, das die Nutzung regenerativer Energieträger und eine effiziente Ausnutzung nicht regenerativer Energieträger in den Vordergrund stellt, konnte die WeiberWirtschaft eine überaus positive Energiebilanz ziehen. Von der erfolgreichen Einbindung zentraler ökologischer Aspekte in ökonomisches Wirtschaften profitieren alle - auch die Umwelt. Großflächige Wärmedämm-Maßnahmen reduzieren die Heizlast, Brennwerttechnik und Wärmerückgewinnung maximieren die Energieausnutzung.

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Die Einsparung von Trinkwasserressourcen ist durch den Einbau einer Regenwassernutzungsanlage erfolgreich umgesetzt worden. Die Hofbegrünung, sowie die Begrünung von Flachdächern und Fassaden verbessern merklich das Mikroklima des Gründerinnenzentrums sowie der angrenzenden Grundstücke. Ein gemeinsames Sammel- und Entsorgungssystem mit Rückführung von Wertstoffen und Kompostierung von Gartenabfällen ist Bestandteil eines komplexen Ökologiekonzeptes.

Thermische Solaranlage und Photovoltaik liefern in den Sommermonaten einen großen Anteil an Trinkwasserwärme und Strom. Die Motorheizkraftanlage (MHKA) führt durch die Kraft-Wärme-Koppelung zu einer erheblichen Primärenergieeinsparung.

Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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Baustoffe Die Umbaumaßnahme hat an die ursprüngliche Grundhaltung der alten Bausubstanz angeknüpft und nur wenige und ortsübliche Materialien für alle baulichen Maßnahmen eingesetzt. Die durch Betrieb und Umbau eingebauten problematischen Materialien wurden abgebrochen und entsprechend der Senatsrichtlinien entsorgt. Es wurden im wesentlichen umweltverträgliche Baustoffe eingesetzt. Eine Ausnahme bildet das Kabelmaterial der elektrischen Leitungen, eine Verbesserung war in den ModInst-Massnahmen finanziell nicht zu verkraften. Es wurden PVC-Kabel benutzt. Die vorgenommenen WärmedämmMaßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs entsprechen dem ModInst-Standard und den gesetzlichen Vorschriften. Die Verstärkung der Wärmedämmung in den Dächern von 16 cm auf 20 cm verursacht nur geringe Mehrkosten, bringt aber sowohl im Winter (geringerer Energieverbrauch) wie im Sommer (verzöGründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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gerte Erwärmung) Gewinn. Ohne große zusätzliche Kosten konnte auch eine Nischendämmung hinter den Heizkörpern realisiert werden. In den Hofgebäuden wurde bei der Erneuerung der Fenster bewusst auf Drehkippflügel verzichtet, da die Kippstellung der Fenstern oft als Dauerlüftung mit einem entsprechenden Energieverbrauch missbraucht wird. Hinsichtlich der Pflege und unter Sicherheitsaspekten hat sich diese Entscheidung später als problematisch erwiesen. Die 1998 aufgetretene Kotaminierung der Raumluft durch im Deckenaufbau verborgene Teerpappen wurde im Zuge der ursprünglichen Sanierung nicht vorausgesehen. Es lagen keine Erfahrungen mit vergleichbaren Belastungen aus anderen Objekten vor, und so gab es keine Verdachtsmomente, die eine genauere Analyse des gesamten Deckenaufbaus gerechtfertigt hätten. Die 1999/2000 durchgeführte Altlastensanierung brachte das Gesamtprojekt beinahe zum Scheitern, da die Finanzierung dieser Sanierung nur unter erhebli-

chen Kraftanstrengungen gesichert werden konnte. Im Nachhinein wäre eine größere Sorgfalt aller Beteiligter bei der Analyse und Einschätzung der alten Gebäudesubstanz wünschenswert gewesen. Ungeklärt bleibt auch, inwieweit die verstärkte Wärmedämmung und ein sehr geringer Luftaustausch durch die Fenster nach Sanierung das Problem in der Vergangenheit verstärkt haben.

Das Energiekonzept Im Jahr 1993 wurde mit der Sanierung des Gebäudes begonnen, das unter energetischen Gesichtspunkten als durchschnittlich einzustufen war. Ein 1975 errichtetes, mit Braunkohle befeuertes Heizhaus (7 Kessel, Heizleistung insgesamt 1,377 MW) versorgte das Gebäude mit Wärme. Senkung des Heizwärmebedarfs: Aufgrund der baulichen Situation und der baukonstruktiven Möglichkeiten wurde über die nach ModInst-Richtlinien geforderten Maßnahmen hinaus eine verstärkte Wärmedämmung der Dachflä17

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chen und Brandwände für sinnvoll erachtet und realisiert. Der in der Summe der baukonstruktiven Maßnahmen erreichte reduzierte Heizwärmebedarf liegt bei 139 kWh/m2/a bzw. bei 42 kWh/m3/a und damit rund 30% über der Zielvorstellung. Die Aufwandskennziffer für die baukonstruktiven Maßnahmen wurde mit 0,48 DM/(kWh/a) ermittelt. Nach der Senkung des Heizwärmebedarfs verbleibt ein Nutzenergiebedarf vor Ort von 185 kWh/m²/a, der sich aus folgenden Anteilen zusammensetzt: - Heizwärme - Warmwasser - Elektrizität

75 % 3% 22 %

Zur Deckung dieses Bedarfs bieten sich zum einen die seit Jahrzehnten eingeführten Energieträger mit den herkömmlichen Techniken an. Zum anderen verlangt die Ökologisierung der Energienutzung, erprobte Techniken in umweltentlastende Konzepte zu integrieren, um so über die Bedarfssenkung hinaus bei der Bedarfsdeckung zu einer nachhaltigen Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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Reduzierung des Brennstoffenergieverbrauchs zu gelangen. Wärmeverbrauch: Der Brennstoffenergieverbrauch für Raumwärme wurde unter Berücksichtigung der KraftWärme-Kopplung (MHKA), der Brennwerttechnik und der Wärmerückgewinnung mit 150 kWh/m2/a ermittelt (=Brennstoffkennzahl). Zusätzlich zum Heizwärmeverbrauch ist der Energieverbrauch für die Trinkwassererwärmung zu bewerten. Für die Bereitstellung von 3,5 m³ Warmwasser pro Tag werden 32 MWh Wärme pro Jahr benötigt. Der damit verbundene, systembedingte spezifische Brennstoffenergiebedarf liegt mit Berücksichtigung der Solaranlage bei 7 kWh/m²/a. Die auf dem 2. Quergebäude errichtete Thermische Solaranlage kann 10 MWh/a liefern, das sind 20 % des Energieverbrauchs für die Trinkwassererwärmung. Die restlichen 80 % des Wärmebedarfs werden aus der KraftWärme-Kopplung (MHKA) gedeckt.

wurde. Die Auswertung des Stromverbrauchs des Vorderhauses bestätigt mit ca. 50 kWh/m²*a (einschl. Stromverbrauch der Heizzentrale und unter Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Nutzung durch Büros und Läden) diese Annahme. Bei Annahme einer konventionellen Stromversorgung würde sich eine Brennstoffkennzahl von 297 kWh/m²/a ergeben. Mit Berücksichtigung der installierten MHKA, die unter den beschriebenen Betriebsbedingungen den Strombedarf des Gewerbezentrums rechnerisch zu 100 % decken kann, sinkt die Brennstoffkennzahl auf 203 kWh/m²/a.

Die dritte wesentliche Komponente bei der Energienutzung ist der Strombedarf, der im Mittel mit 40 kWhel/m²/a erwartet 17

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Bedarf an Heizwärme vor baulichen Maßnahmen: 190,0 kWh/m2/a Bedarf an Heizwärme nach baulichen Maßnahmen: 139,0 kWh/m2/a Bedarf an Trinkwasserwärme: 6,0 kWh/ m2/a Bedarf an Strom: 40,0 kWh/m2/a gesamt 185,0 2 kWh/m /a Brennstoffkennzahl - Gebäudeheizung und Warmwasser 157 kWh/ m2/a - zuzüglich Strom 203 kWh/m2/a

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(Reduzierung um 28 % gegenüber dem Bestand). Eine erste Auswertung des Wärmeverbrauchs ergibt einen spezifischen Jahresheizwärmebedarf von 139 kWh/a und pro m² Nutzfläche. Der Jahresenergieverbrauch von 900 MWh für Raumheizung und Warmwasserbereitung entsteht mit 480 MWh zu 53 % durch die MHKA. Der restliche Verbrauch von 420 MWh, das sind 47 %, wird von der Brennwert-Kesselanlage geliefert. Aus der thermischen Solaranlage werden rund 10 MWh/a Wärme bereitgestellt. Die Wärmerückgewinnung in der Lüftungsanlage ”Kantine” vermeidet einen Brennstoffenergieverbrauch von ca. 27 MWh/a.

Bei der Bewertung der Emissionsminderungen durch die Maßnahmen wird für den Bestand eine Braunkohlenfeuerung mit 544 kW Wärmeleistung angenommen. Der Jahresnutzungsgrad der alten Kesselanlage wird mit 65 % angesetzt. Daraus resultiert ein Brennstoffverbrauch von ca. 291 t Braunkohleprodukten (1.572 MWh) pro Jahr.

Wärme Die Heizungsanlage versorgt im Gewerbezentrum WeiberWirtschaft eG eine Nutzfläche von insgesamt 7.069,77 m² (Gewerbezentrum 5.740,33 m² und Neubau-Wohn-/Geschäftshaus 1.329,34 m²). Die spezifische Heizlast des Gewerbezentrums liegt nach Durchführung der ModInst-Maßnahmen und der ökologischen Maßnahmen bei ca. 81 W/m² Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

MHKA: 480 MWh 53 % (Verbrauch) BWKA: 420 MWh 47 % (Verbrauch) TSA: 10 MWh 1 % (vermiedener Verbrauch) WRG: 27 MWh 3% (vermiedener Verbrauch)

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Elektrizität

Regenwasser

Das größte Potential zur Primärenergieeinsparung wurde im Bereich der elektrischen Energieversorgung genutzt. Dies ist zum überwiegenden Teil der Stromerzeugung durch dezentrale KraftWärme-Kopplung (KWK) zuzurechnen. Die Photovoltaik-Anlage konnte mit einer Nennleistung von 5,61 kWp realisiert werden. Die mit dieser installierten Leistung erwartete Stromerzeugung von 4,7 MWh pro Durchschnittsjahr wurde im ersten Jahr mit 4,5 MWh sehr gut bestätigt. Der vermiedene Brennstoffverbrauch durch die PV-Anlage wurde mit 13,9 MWh pro Jahr ermittelt, und die vermiedene CO2 - Emission mit 4,7 t pro Jahr.

Durch die Nutzung des von den schrägen Dächern ablaufenden Regenwassers ist eine Einsparung von Trinkwasserressourcen in Höhe von bis zu 500 Kubikmetern pro Jahr möglich geworden.

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Die Hofentsiegelung erhöht die Versickerung von Regenwasser im Stadtteil und verbessert damit die Bodenqualität, den Grundwassererhalt und das Mikroklima

Die WC-Spülung erfolgt zu einem hohen Anteil durch Nutzung von Regenwasser. Drei Regenwasseranlagen ersetzen bis zu 90 % den Einsatz von Wasser in Trinkwasserqualität. Die Reduzierung der Wasser- und Entwässerungskosten konnte 1996 mit ca. 1.200 DM festgestellt werden, wobei das Gewerbezentrum zu weniger als 50 % belegt war. Diese Werte sind daher nur bedingt aussagefähig. Im Vergleich dazu lassen die notwendigen Investitionen für die Regenwassernutzung kein betriebswirtschaftlich positives Ergebnis erkennen. Die Regenwassernutzung wird zum jetzigen Zeitpunkt daher immer der Entscheidung für oder gegen eine stadtökologische Maßnahmen überlassen bleiben. 17

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Hofbegrünung Das komplette Grundstück wurde mit einem Begrünungskonzept überzogen. Auf Flachdächern, an den Brandwänden und natürlich im Hof grünt und blüht es seither. Diese Maßnahmen tragen zu einer deutlichen Verbesserung des Mikroklimas bei. Gleichzeitig haben die Begrünungsmaßnahmen zum Ziel, das ökologische Image auch nach außen sichtbar zu machen, die Attraktivität und damit die Wirksamkeit des ökologischen Modellprojektes zu steigern. Die Hofentsiegelung erhöht die Versickerung von Regenwasser im Stadtteil und verbessert die Bodenqualität. Gleichzeitig bietet die Fassadenbegrünung einen Schutz für das Mauerwerk und eine klimatische Verbesserung der Innenräume, was die Qualität der vorhandenen Arbeitsplatzbedingungen erhöht. Für die Mitarbeiterinnen der Betriebe, für die Bewohnerinnen des Wohnhauses, für Kundinnen und Bebsucherinnen sowie speziell für Kinder, für die zusätzliche Frei- und Spielräume entstanden sind, wurde durch die Begrünung der Höfe die Aufenthaltsqualität Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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im Gewerbezentrum deutlich gesteigert und ein angenehmer Arbeits- und Lebensraum geschaffen. Verkehr Im Zusammenhang mit dem Freiflächenkonzept für die Höfe des Gewerbezentrums wurden Strategien zur Reduktion des motorisierten Individualverkehrs (MIV) bei gleichzeitiger Sicherung des Lieferverkehrs für die ansässigen Betriebe entwickelt. Die Zufahrt für den Lieferverkehr bis in den 2. Hof (Lastenfahrstuhl für die Produktionseinheiten) ist möglich, außerdem wurde eine Ladezone vor dem Grundstück eingerichtet. Für privates Parken ist - mit Ausnahmen für Car-Sharing oder Fahrzeuge behinderter Personen - keine Stellfläche vorgesehen. Auf den Höfen befinden sich gute Stellplätze für Fahrräder, für die langfristig eine teilweise Überdachung sowie eine Erweiterung der Anzahl wünschenswert wäre. Die Projektierung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen zur Regelung des motorisierten und nicht-motorisierten Verkehrs auf und vor dem Grundstück

Anklamer Straße 38-40 fanden im Rahmen der Planungs- und Beratungsleistungen des ökologischen Gesamtkonzeptes statt. Die baulichen Maßnahmen zur Herstellung der Fahrradstellplätze erfolgten im Rahmen des Sanierungskonzeptes und wurden nicht von den für ökologische Maßnahmen zur Verfügung gestellten Mitteln finanziert.

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Abfall Die gemeinsame Abfallentsorgung im Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft eG war im Zeitraum der ökologischen Maßnahmen vor allem von baustellenbedingten Problemen bestimmt. Nach Abschluss der Bauarbeiten konnten eine angemessene Infrastruktur und eine stetige Verbesserung der Entsorgungsmöglichkeiten sowie der äußeren Gestaltung des Entsorgungsstandortes erreicht werden. Das Entsorgungsvolumen im Gründerinnenzentrum liegt insgesamt weit unter den von den Entsorgungsunternehmen angegebenen Durchschnittsmengen. Zusätzlich haben die Mieterinnen bessere Entsorgungsmöglichkeiten durch das gemeinsame Abfallsystem, als sie dies als Einzelbetriebe an einem anderen Standort hätten. Die Unternehmerinnen sind in der Mehrheit sowohl umweltbewusst schon beim Einkauf von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen als auch kooperationswillig beim Entsorgungsverhalten. Zum Teil entstehen dennoch vermeidbare Kosten durch mangelnde Entsorgungsdisziplin und Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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schlecht angepasste Entsorgungskapazitäten. Die soziale Kontrolle unter den Mieterinnen lässt auch in Zukunft Verbesserungen hinsichtlich der Entsorgungsdisziplin und Kooperationsbereitschaft beim gemeinsamen Abfallkonzept erwarten. Durch Anreize zur Müllvermeidung (Lenkungsfunktion von Entsorgungskosten) sowie durch Optimierung der Infrastruktur (Vermeidung von Engpässen und Überkapazitäten) können weitere Einsparpotentiale ausgeschöpft werden. Diese kommen den Mieterinnen als Betriebskostensenkungen zugute. Durch die umfassende Beschilderung der Entsorgungsstandorte im November 1997 wurde eine erhebliche Verbesserung der Information über die Entsorgungsmöglichkeiten im Gründerinnenzentrum erreicht. Um die ökologischen Ziele von Abfallvermeidung und -verringerung sowie von sortengerechter Trennung und Verwertung von Abfällen und Wertstoffen kontinuierlich weiterzuverfolgen, sollten dennoch auch langfristig verschiedene Möglichkeiten der Information für die

Unternehmerinnen (schriftliche Unterlagen bei Einzug, Rundschreiben zu speziellen Anlässen, Visualisierung im Hof, entsprechende Aufbereitung der Betriebskostenabrechnungen etc.) von seiten der Genossenschaft genutzt werden. Ökologieberatung Die Ökologieberatung fand im Spannungsfeld der wirtschaftlichen, baulichen, technischen und architektonischen Interessen während des Bauvorhabens statt. Interessenskollisionen gab es z.B. bei der Organisation der Abfallentsorgung während der Bauarbeiten. Auch wurden nicht alle anfangs geplanten Maßnahmen mit den Mieterinnen durchgeführt, nachdem erkennbar war, dass diese durch die stattfindenden Bauarbeiten und den Aufbau ihrer eigenen Unternehmen schon äußerst belastet waren. Im Ergebnis aber bleibt festzuhalten, dass ökologische Aspekte in viele Bereiche innerhalb der Ablauforganisation der Genossenschaft eingeflossen sind und 17

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die Akzeptanz ökologischer Fragen erheblich gesteigert werden konnte. Der Nutzen und die Effizienz der im Rahmen der Ökologieberatung erfolgten Maßnahmen sind finanziell nicht messbar. Der Nutzen besteht in der umfassenden Vermittlung und Kommunikation der ökologischen Inhalte an die Mieterinnen und innerhalb der Genossenschaft. Die Mieterinnen haben als Nutzerinnen der ökologischen Infrastruktur eine zentrale Position für den Erfolg und die multiplikatorische Wirkung der vor Ort durchgeführten Maßnahmen. Ohne die Ökologieberatung wäre weder die Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Maßnahmen, gerade im Bereich Energienutzung und Abfallkonzept, gewährleistet, noch käme der Modellcharakter des Ökologischen Gesamtkonzeptes über das Gründerinnenzentrum hinaus zum Tragen.

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Die Mieterinnen haben die Einrichtung der Ökologieberatung gut angenommen und auch als Anlaufstelle für verschiedene Fragen im Umweltbereich, sowohl das Gründerinnenzentrum, als auch ihre eigene Unternehmen betreffend, genutzt. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Funktion weiterhin nachgefragt wird. Soweit möglich, sollte die Genossenschaft daher entsprechende Möglichkeiten zur Verfügung stellen.

Die Kommunikation über ökologische Fragen bildet darüber hinaus die Grundlage für eine Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung der Grundsätze in der Umweltpolitik. Gründerinnenzentrum WeiberWirtschaft

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Leitfaden Nachhaltiges Bauen für Bundesbauten Bearbeitung: Frank Wannigmann

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Leitfaden Nachhaltiges Bauen

Inhaltsverzeichnis:

Kurzbeschreibung des Leitfadens:

1. GELTUNGSBEREICH 1

Herausgeber des Leitfadens: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung im Auftrag des Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Stand: Januar 2001, 2. Nachdruck (mit redaktionellen Änderungen) Insgesamt besteht der Leitfaden aus 121 Seiten, wovon 98 Seiten auf die Anlagen fallen. Dies weist auf die Bedeutung der Anlagen hin. Alle relevanten Parameter sind dort zu finden.

2. EINFÜHRUNG 1 3. PLANUNGSGRUNDSÄTZE 4 ·

3.1 Allgemeines 4

·

3.2 Der Entwurf 6

·

3.3 Konkrete Anforderungen 7

4. ÖKOLOGISCHE BEWERTUNG - BAUEN, BETREIBEN, NUTZEN UND RÜCKBAU 9

Anlage 1: Checkliste Anlage 2: Planungsgrundsätze für den Gebäude- und Liegenschaftsentwurf Anlage 3: Gesundheit und Behaglichkeit Anlage 4: Energie und Medien Anlage 5: Planungsgrundsätze für Außenanlagen Anlage 6: Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden und Liegenschaften Anlage 7: Gebäudepass

5. WIRTSCHAFTLICHKEIT 12 6. GESUNDHEIT, BEHAGLICHKEIT UND SOZIOKULTURELLE ASPEKTE 12 7. AUSSCHREIBUNG UND BAUDURCHFÜHRUNG 14 8. BETRIEB / NUTZUNG / BAUUNTERHALTUNG 15 9. QUALITÄTSSICHERUNG 15 10. ANWENDUNG DES LEITFADENS 16

Leitfaden Nachhaltiges Bauen

Anlagen

Welche Ziele verfolgt der Leitfaden? Nachhaltiges Bauen strebt für alle Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden von der Planung, der Erstellung über die Nutzung und Erneuerung bis zum Rückbau - eine Minimierung des Verbrauchs von Energie und Ressourcen sowie eine möglichst geringe Belastung des Naturhaushalts an. Dies ist zu erreichen durch: · Senkung des Energiebedarfs und des Verbrauchs an Betriebsmitteln, 18

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· · · · ·

Vermeidung von Transportkosten von Baustoffen und Bauteilen Einsatz wiederverwendbarer oder verwertbarer Bauprodukte / Baustoffe, Verlängerung der Lebensdauer von Produkten und Baukonstruktionen, gefahrlose Rückführung der Stoffe in den natürlichen Stoffkreislauf, weitgehende Schonung von Naturräumen und Nutzung von Möglichkeiten zu Flächen sparendem Bauen über die gesamte Prozesskette.

Durch frühzeitiges Beachten nachhaltiger Planungsansätze kann die Gesamtwirtschaftlichkeit von Gebäuden (Bau-, Betriebs-, Nutzungs-, Umwelt-, Gesundheitskosten sowie nicht monetäre Werte) erheblich verbessert werden. Nachhaltiges Planen erfordert auch die gleichberechtigte Berücksichtigung der sozialen und kulturellen Auswirkung des Bauvorhabens. Neben der städtebaulichen bzw. landschaftsräumlichen Integration haben funktionale, gestalterische, denkmalpflegerische und andere den Menschen berührende Aspekte maßLeitfaden Nachhaltiges Bauen

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gebliches Gewicht. Soziale und kulturelle Aspekte ergänzen die Bewertung zur Nachhaltigkeit. Nachhaltiges Bauen kann nicht nach einem feststehenden Konzept erfolgen, vielmehr erfordert das einzelne Vorhaben ein spezifisches Konzept oder Teilkonzepte mit unterschiedlichen Lösungsansätzen, Alternativen und Maßnahmen. In interdisziplinärer Zusammenarbeit aller an der Planung Beteiligten sollte frühzeitig ein Konzept zur Nachhaltigkeit entwickelt werden. Hierdurch sollen Lösungen erreicht werden, die gleichermaßen durch Funktionalität, Gesundheitsverträglichkeit, Behaglichkeit, Architektur, Städtebau, Gestaltung, Wirtschaftlichkeit, Konstruktion und ökologische Qualität überzeugen. Die vorbeschriebenen Planungsgrundsätze führen zu konkreten Anforderungen an einzelne Bereiche und Gewerke, die der Übersichtlichkeit halber in den Anlagen zusammengestellt sind. Im Rahmen der Qualitätssicherung sollen die Ergebnisse der Baudurchführung und des Betriebes an den Vorgaben der Planung gemes-

sen und dokumentiert und bewertet (Monitoring) werden. Unabhängig davon, dass die Grundsätze des Leitfadens über den gesamten Lebenszyklus einer Maßnahme gelten, ist Schwerpunkt der konkreten Anwendung dieses Leitfadens die jeweilige Planungsphase nach HOAI. Der erste Schritt ist die Beratung des Nutzers hinsichtlich des umzusetzenden Raumprogramms im Sinne der Planungsgrundsätze, mit dem eindeutigen Ziel der Vermeidung eines Neubaus durch optimierte Nutzung des Bestandes. Hier werden auch baufremde Aspekte, wie z. B. die Erzeugung von Verkehrsströmen und die Minimierung der Flächeninanspruchnahme einbezogen. Nach der begründeten Entscheidung für eine Baumaßnahme sollen in jeder folgenden Planungsphase in unterschiedlicher Tiefe die Aspekte -

Ökologie, Ökonomie, Baukultur/ soziale Auswirkungen

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getrennt für einen Nutzungszeitraum von 50 - 100 Jahren bewertet werden. Bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unter Einbeziehung der Baunutzungskosten werden die Verwaltungsverfahren nach § 7 BHO zu Grunde gelegt (z. B. Kapitalwertmethode). Der Kostenbezug und die Vergleichbarkeit von Gebäuden untereinander wird über eine Relation €/m2 HNF und ergänzend €/m2 BGF hergestellt. Auf die genaue Quantifizierung der Stoffströme und Primärenergieinhalte der Baukonstruktion muss bis Vorliegen einer geeigneten EDVUnterstützung verzichtet werden.

ten auf Nachhaltigkeit ausrichtet. Wichtig ist vor allem, dass alle Akteure bei der Planung und Errichtung eines Gebäudes frühzeitig kooperieren. Hierfür und für vieles andere hält der Leitfaden eine Fülle von Hinweisen, Grundsätzen und Prüfkriterien bereit. Es ist eine Anforderung an die Architektur und integrierte Gebäudeplanung, durch richtige Wahl von Geometrien und Bauprodukten die technische Ausrüstung zu minimieren und zu optimieren.

Wer ist Zielgruppe des Leitfadens für Nachhaltiges Bauen für Bundesanstalten?

Zu Vorplanungen und Wettbewerben wird dem Planer oder Wettbewerbsteilnehmer die Checkliste (Anlage 1) übergeben. In ihr werden die Anforderungen kenntlich gemacht, deren Erfüllung mit der Vorplanung bzw. dem Wettbewerbsentwurf durch Zeichnung, Wort oder Berechnung nachzuweisen ist. Für Nutzungsund Betriebsaufwendungen

In erster Linie richtet sich der Leitfaden an den Bund, bzw. an die, für Baumaßnahmen des Bundes zuständige Planer. Mit seiner Einführung wird für die Baumaßnahmen des Bundes eine Strategie umgesetzt, die das Planen, Bauen und Nutzen von Gebäuden und LiegenschafLeitfaden Nachhaltiges Bauen

Werden Zielgrößen für einzelne Handlungsbereiche vorgegeben?

werden Grenz-, Richt- bzw. Zielwerte angegeben. Insbesondere: - Baukosten, - Strombedarf, - Energiebedarf für Heizen / Kühlen, - Inspektions- und Wartungskosten, - Kosten des werterhaltenden Bauunterhalts, - Reinigungskosten sowie - Wasser-/ Abwasserverbrauch jeweils bezogen auf m² HNF und Jahr. Grundsätzlich enthält der Erläuterungsbericht gem. RBBau die Konzepte zur Minimierung der Nutzungs- und Betriebsaufwendungen für: Strom, Heizen, Kühlen, Reinigung, Inspektion und Wartung, werterhaltenden Bauunterhalt (Kaskadenmodell) sowie Medienströme (Wasser, Abwasser, Abfall). Dabei sind die Gesamtkosten, das sind Baukosten zuzüglich Baunutzungskosten, zu optimieren. Nichtbeachtung oder Nichterreichen konkreter, für das geplante Objekt relevanter Anforderungen sind zu begründen (Anlage 1). In einer 18

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abschließenden Gesamtbewertung sollen mögliche Alternativen, insbesondere in den Spannungsfeldern von Investitions- zu Betriebskosten, Investitions- und Betriebskosten zu externen Kosten und Umweltbelastungen sowie konventionellen - zu innovativen Bauverfahren, aufgezeigt und bewertet werden. Vorgaben werden in den Anlagen gemacht. Eine wünschenswerte, bzw. erstrebenswerte Ausbildung von Bauteilen und Gebäudeeinrichtungen wird angegeben, doch hier gilt der Ansatz der Interdisziplinären Zusammenarbeit aller Beteiligten. Empfehlungen stützen sich auf vorhandene Richtlinien und Normen. Sämtliche Werte sind als Richtwerte zu verstehen, deren Einhaltung von der Gewichtigkeit der Entscheidung abhängt. Im Ganzen ist der Leitfaden ein zusammengetragenes Kompositum aus Vorschriften, Richtlinien und Normen, die bei einem Bauvorhaben berücksichtigt werden müssen. Für jeden, nach Vorschrift planungsrelevanten Punkt gilt die Betrachtung unter nachhaltigen Gesichtspunkten, wobei lediglich die geneLeitfaden Nachhaltiges Bauen

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rellen, vom Gesetzgeber bestätigten Vorgaben bindend sind. Ist der Leitfaden eine geeignete Planungs- und Entwurfshilfe für Architekten? Der Leitfaden Nachhaltiges Bauen für Bundesliegenschaften leistet seinen Beitrag, indem er für die Planung und Bewirtschaftung von bundeseigenen Liegenschaften Praxishilfe leistet und dafür eine Checkliste anbietet. Mit seiner Einführung wird für die Baumaßnahmen des Bundes eine Strategie umgesetzt, die das Planen, Bauen und Nutzen von Gebäuden und Liegenschaften auf Nachhaltigkeit ausrichtet. Der Akzent wird dabei auf die ökologischen und ökonomischen Aspekte gelegt. In der Praxis heißt das etwa: bereits in der Planungsphase für ein Gebäude müssen die wirtschaftlichen Auswirkungen bestimmter, beispielsweise auch ökologischer Maßnahmen berücksichtigt und optimale Strategien für Investitionen gesucht werden. Das alles spart Geld und schont die Umwelt sowie knappe Ressourcen.

Sicher bedarf es einer gewissen Eingewöhnungszeit, bis die Berücksichtigung der Vorgaben zu einer Selbstverständlichkeit wird, doch ist der Leitfaden ein wertvolles Instrument zur Planung unter ökologischen und nachhaltigen Gesichtspunkten. Einzige Voraussetzung für wirkliche Nachhaltigkeit ist die weitsichtige Entscheidung der Verantwortlichen, die Primärenergie sowohl in der Gebäudeerstellung, als auch beim Gebäudeabriss, als auch besonders bei der Gebäudenutzung als festen Parameter zu etablieren. Eine einseitige Entscheidung, die nicht den Primärenergiegehalt der verwendeten Baustoffe berücksichtigt, wie es die EnEV tut, kann nicht als ökologisch, oder nachhaltig bezeichnet werden. Hier sollte die Bauproduktenrichtlinie um die Punkte CO²-Bindung und Primärenergiegehalt der Baustoffe erweitert werden, bzw., der Leitfaden sollte diese Argumente berücksichtigen. Voraussetzung ist und bleibt eine ganzheitliche Betrachtung aller Faktoren und Argumente. 18

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Bauhaus - Universität - Weimar Bearbeitung: Frank Wannigmann

Bei erfolgreicher Etablierung wird ein neuer Aufgabenbereich geschaffen werden, sowohl für die Architekten als auch für die genehmigungsbefähigten Verwaltungseinrichtungen der Kommunen und des Staates. Besonders wertvoll für Planer und Nutzer wird das „Monitoring“ sein, ein Dokumentation des Gebäudes in Form eines Gebäudepass, wie es auch die EnEV vorsieht, an der die reale Umsetzung mit der Planung verglichen werden kann. Für Nutzer und Planer werden hier als erstes die monetären Argumente für Nutzen und weitere Planung im Vordergrund stehen. Darum darf die Ökonomie nicht von der Ökologie getrennt werden. Bei konsequenter nachhaltiger Betrachtung aller Kriterien ist der Leitfaden ein geeignetes zukunftsweisendes und wichtiges Instrument in allen Bereichen der HOAI, gerade auch in der Entwurfsphase.

Leitfaden Nachhaltiges Bauen

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Berliner Energiepolitik Bearbeitung: Daniel Schwecke

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Berliner Energiepolitik Einleitung Die Berliner Klimaschutzpolitik basiert auf dem vom Senat am 20.12.1994 beschlossenen Energiekonzept Berlin. Das Energiekonzept Berlin sieht bis zum Jahr 2010 eine Minderung der CO2Emissionen um mindestens 25 % pro Kopf der Bevölkerung gegenüber 1990 mit dem landespolitisch zur Verfügung stehenden Instrumentarium vor. Die CO2-Emissionen Berlins einschließlich der Emissionen aus dem Stromimport lagen 1990 klimabereinigt bei knapp 33 Mio. t. Der energiebedingte CO2Ausstoß wurde bis 1997 um 16,9 % pro Einwohner reduziert. Das war insbesondere durch den Ausbau der KraftWärme-Kopplung, Energieeinsparungen im Gebäudebereich und erhöhte Energieeffizienz in der gewerblichen Wirtschaft realisierbar. Auch die Zahlen, die für 1998 vorliegen, bestätigen diese fallende Tendenz. Die Sammlung von Fakten und Hintergründen bezieht sich mit Ausnahme der Berliner Energiepolitik

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Daniel Schwecke

CO2-Emissionen nach Bezirken von 1995 auf die energiepolitischen Aktivitäten in den Jahren 1997-99. Die im Zeitraum 1990-97 initiierten bzw. eingeleiteten klimaschutzrelevanten Maßnahmen wurden in einem Energiebericht ausführlich dargelegt. Die energiewirtschaftlichen Zahlen sind bis zum Jahr 1999 verfügbar - da sie auf den Energiebilanzen basieren. Ziele und Grundsätze des Landesnergieprogramms Ziel des Landesenergieprogramms ist es, den Energieverbrauch und damit die Treibhausgase zu reduzieren. Folgende Teilziele sollen mit dem Landesenergieprogramm erreicht werden: • Senkung des Primärenergieverbrauchs in Berlin durch konsequente Umweltentlastung, Ressourcenschonung und eine nachhaltige Wirtschaft, • Verringerung der CO2-Emissionen Berlins (klimabereinigt, incl. Stromimport) auf 25,4 Mio. t im Jahr 2003 (entsprechend ca. 20 % Reduktion gegen-

über dem Basisjahr 1990) durch Dialog und Kooperation, jedoch ohne Einführung zusätzlicher ordnungspolitischer Instrumente, • verstärkte Einbindung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Akteure, insbesondere durch eine gezielte Informationspolitik (Energiesparmarketing), • Ausschöpfung positiver wirtschaftlicher Effekte durch Investitionen in Energieeinsparung und rationelle Energieverwendung insbesondere im Bau- und Handwerkbereich mit dem zusätzlichen Vorteil der Erhaltung bzw. Schaffung von Arbeitsplätzen, • Erhöhung der Attraktivität und des Modellcharakters Berlins für eine nachhaltige Stadtentwicklung insbesondere durch die Förderung von Innovationen und Pilotprojekten zur Energieeinsparung und Nutzung regenerativer Energien, • Verdopplung des Anteils regenerativer Energien von 2000 bis 2003.

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Änderung der Rahmenbedingungen Vor dem Hintergrund des neuen energierechtlichen Ordnungsrahmens und des dadurch stark eingeschränkten Spielraums für die Landespolitik vermeidet das Landesenergieprogramm 2000 – 2003 Eingriffsmöglichkeiten durch gesetzgebende oder administrative Vorschriften. Auf den Einsatz neuer ordnungsrechtlicher Instrumente wurde zugunsten kooperativer Formen der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft für den Klimaschutz verzichtet. Die rechtliche Basis für das Landesenergieprogramm bildet das Berliner Energiespargesetz. Obwohl dieses erst im Oktober 1990 in Kraft getreten ist, bezieht es sich - entsprechend den Gegebenheiten seiner Entstehungszeit noch auf die Energieversorgungsstruktur von Berlin West, sowie sie sich vor der Wiedervereinigung entwickelt hat. Dementsprechend wird noch von den statistischen Gegebenheiten und der Planbarkeit eines abgeschlossenen Versorgungsgebietes ausgegangen, das sich durch klar erfassbare grenzüberschreitende Energietransporte und Inselnetze Berliner Energiepolitik

Bauhaus - Universität Weimar Bearbeitung: Daniel Schwecke

der leitungsgebundenen Energieträger auszeichnete. Bereits mit der Wiedervereinigung, mit der die Gas- und Stromversorgung Berlins in überregionale Verbundsysteme integriert wurde und statistisch nur schwer erfassbare grenzüberschreitende Energieströme (z.B. Treibstoffe) entstanden sind, ist die Übersichtlichkeit und damit die Planbarkeit der Energieversorgung deutlich verschlechtert worden. Wohnen und Bauen Der Wohnungsbestand bietet die größten Chancen, die Ziele des Programms zu erreichen. Bezogen auf das Jahr 1998 haben die Haushalte einen Anteil am Endenergieverbrauch Berlins von ca. 37% (ohne Verkehr). Zum Energieverbrauch der Haushalte trägt die Raumheizung mit 74%, die Warmwasserbereitung mit 11% und die sonstigen Anwendungen zu 15% bei. Die Chancen ergeben sich durch die Menge des Energieverbrauchs und durch die vorhandenen, großen Sanierungsmöglichkeiten. Bei Neubauvorhaben besteht die

Chance, mit geringsten Aufwendungen große Einsparerfolge zu erzielen und Niedrigenergie-Standards anzuwenden. Von den rd. 1,77 Mio. Wohnungen in Berlin befinden sich etwa 90% in Mehrfamilienhäusern. Es ist zu berücksichtigen, dass die Neubautätigkeit und die Wohnungsbauförderung stark rückläufig sind und dass Fördermittel zur Modernisierung und Instandsetzung nicht mehr im ursprünglichen Umfang zur Verfügung stehen. Bei der Modernisierung des Altbaubestandes soll die energetische Sanierung verstärkt einbezogen werden. Vorrang hat die energetische Sanierung der Gebäudebestände in den Sanierungsgebieten. Öffentliche Einrichtungen waren 1990 mit 2,8 Mio. t CO2-Emissionen zu 9% am Berliner CO2-Ausstoß beteiligt. Diese Menge soll bis zum Jahr 2010 auf 1,9 Mio. t vermindert werden. Handel und Gewerbe, Kleinindustrie und Dienstleistungen trugen noch einmal 3,1 Mio. t (1990 = 1,8 Mio. t) bei. Im verarbeitenden Gewerbe wird eine CO2Reduktion von 50% bis 2010 angestrebt. Bei den Kleinverbrauchern sollen es dann 29% weniger als 1990 werden. 19

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Für die Maßnahmen bei Wohngebäuden gelten folgende Grundsätze:

des) sollte auf eine Zielgröße von maxi2 mal 130 kWh/m a ausgerichtet sein.

• Vorrang für die Stadtentwicklung hat die Innenentwicklung.

• Der Inanspruchnahme von energierelevanten Fördermitteln ist bei Gebäudesanierungen grundsätzlich ein Energiekonzept zugrunde zu legen. Es ist ein wirksames System der Vollzugskontrolle einzurichten. Die energetische Wirksamkeit der Programme wird regelmäßig evaluiert.

• Weitere Ablösung der Kohleeinzelofenheizung, weitere Reduzierung der Öl- und Nachtspeicherheizung, sowie Erhöhung der Anteile der Gas- und Fernwärmeheizung. • Zur Wärme- und Warmwasserversorgung sind nach §2 BEnSpG insbesondere solche technischen Lösungen zu bevorzugen, die einen möglichst geringen Verbrauch an nicht erneuerbaren Energieträgern aufweisen. • Für Neubau gelten grundsätzlich ganzheitliche Wärmeversorgungslösungen auf der Basis von Erdgas oder Fernwärme im Rahmen des Wettbewerbes. • Bei energierelevanten Sanierungsmaßnahmen ist eine Halbierung des Endenergiebedarfes für Raumheizung anzustreben. Jede umfassende Sanierung (Einrüstung des gesamten GebäuBerliner Energiepolitik

• Die Nutzung regenerativer Energieträger ist auszuweiten. • Zur Sicherung des Monitorings sind die Verbände der Wohnungswirtschaft (Klima-SchutzPartner) einzubeziehen.

vante Sanierungsmaßnahmen enthält. Der Wärmepass ermöglicht eine energetische Zertifikation für das jeweilige Gebäude, er soll bei Gebäudesanierungen Bedingung für eine Förderung sein. Die Berliner Architekten, das Berliner Handwerk und die Bauindustrie sollen in Zukunft mit jedem Sanierungsangebot ein Energieberatungspaket mit Wärmepass anbieten. Als Anreiz sollen Architekturbüros und Handwerksbetriebe bei entsprechender Qualifizierung ein Zertifikat erhalten. Dazu sollen die Berliner Verbände und Innungen in Abstimmung mit dem Programm Berliner ImpulsE Schulungen zur Energieberatung für ihre Mitglieder anbieten.

Berliner Wärmepass

Solarenergie und Nutzung regenerativer Energien

Um verstärkt wirtschaftliche Maßnahmen der energetischen Sanierung umzusetzen, wird eine koordinierte Beratung zum Klimaschutz für den Wohngebäudebereich eingerichtet. Es wird ein Wärmepass für Gebäude eingeführt, der detaillierte Verbrauchsdaten und Vorschläge für wirtschaftliche energierele-

Der Senat strebt folgende Ziele im Bereich Solarenergie und Nutzung regenerativer Energien an: Mittelfristig soll die Leistung von Photovoltaik-Anlagen auf mindestens 10 MW und die Kollektorfläche solarthermische Anlagen um mindestens 30.000 m2 erhöht werden. Er legt die hierzu erforderlichen Rahmen19

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bedingungen insbesondere für den Bereich des mit öffentlichen Mitteln zu sanierenden Wohngebäudebestandes, der Neubauten sowie die Bauten und Einrichtungen der öffentlichen Hand fest.

Info- und Förderprogramme

Initiative der Berliner Wirtschaft zur CO2-Minderung und zur Verbreitung von Solaranlagen

Für die Umsetzung von Energiesparkonzepten bestehen Förderungsmöglichkeiten bei dem Umweltentlastungsprogramm. Die aus dem Programm zur Verfügung stehenden Mittel können unter bestimmten Voraussetzungen auch für Projekte eingesetzt werden, die der Einsparung von Energie und von CO2-Emission dienen. Dazu gehören insbesondere folgende Technologien: Abwärmenutzung, Kraft-WärmeKopplung und solare Anwendungen. Im Rahmen der Neukonzeptionierung der Europäischen Stukturfonds-Kulisse für die Jahre 2000 bis 2006 werden die durch den EFRE kofinanzierten Umweltförderprogramme UFP, ZÖW und die europäische Gemeinschaftsinitiative KMU in dem ‘Umweltentlastungsprogramm (UEP)’ fortgesetzt.

Die „Initiative der Berliner Wirtschaft zur CO2-Minderung und zur Verbreitung von Solaranlagen“ hat mit einer Laufzeit bis Ende 2002 mit dem Senat eine Vereinbarung geschlossen, in der folgende Maßnahmen vereinbart sind: Einführung einer Quote von 75 % Solarkollektoranlagen mit pro Wohnung 1,5 qm Kollektorfläche bei Wohnungsneubauten mit zentraler Warmwasserbereitung, die Errichtung von BHKW und die Anwendung des Instrumentes Contracting, verbesserte Wärmedämmung, Photovoltaik-Anlagen sowie umfangreiche Maßnahmen zur Information, Weiterbildung und Qualifizierung

Nutzung des Förderprogramms „Umweltentlastungsprogramm“ (UEP) zur CO2-Minimierung

auf Motivations- und Beratungsmaßnahmen sowie ganzheitliche Dienstleistungsangebote gesetzt. Durch das Programm Berliner ImpulsE der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und das Energiesparmarketing sollen Motivation und Information zur Energieeinsparung verbessert werden. B.E.ST.: Energieund Managementberatung

Umwelt-

Ziele:

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Aktivierung der Vorteile von Energieverbund- für Gebäudeeigentümer und Mieter.

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Abbau bestehender Hemmnisse bei der Umsetzung von Projekten der Wärmelieferung im Wohngebäudebestand.

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Verfahrens- und Vertragssicherheit für Eigentümer, Mieter, Architekten und Planer.

Um die bestehenden Hemmnisse zur Energieeinsparung zu überwinden, wird Berliner Energiepolitik

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Herstellung von Vergleichbarkeit von Energiedienstleistungsangeboten untereinander und mit der Eigenregielösung (Versorgung durch den Gebäudeeigentümer). Definition von Qualitätsstandards für "gewerbliche Wärmelieferung". Steigerung der Nachfrage nach Energiedienstleistungen, die auch von kleinen und mittelständischen Unternehmen erbracht werden können.

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Überregionale Förderprogramme • Im Rahmen des KfW-CO2 Gebäudesanierungsprogramms werden seit Januar 2001 umfangreiche Investitionen gefördert, die zur Senkung des Energieverbrauchs in bestehenden Gebäuden (Errichtung vor 1979) beitragen

men Arbeitsprogramm für 2001-2002 enthalten sind: Integrierte Maßnahmen mit Bedeutung für eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger wie auch für die rationelle Energienutzung Übernahme bewährter Verfahren (Werbekampagnen und/oder Ausbildungsmaßnahmen)

• Förderung von Photovoltaikanlagen ab 1 kWp mit zinsverbilligten Darlehen durch das Bundesministerium für Wirtschaft (100.000-Dächer-Programm). • Marktanreizprogramm zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien durch das Bundesministerium für Wirtschaft. Gefördert werden Sonnenkollektoren, Kleinstwasserkraftanlagen, PVAnlagen für Schulen, Biomassefeuerung und Biogasanlagen sowie oberflächennahe Geothermieanlagen. • Vor-Ort-Beratung zum Energiesparen und Anwendung Erneuerbarer Energien im Gebäudebereich. • Förderprogramme ALTENER II (Erneuerbare Energien) und SAVE (Energieeffizienz) Beide Programme fördern Maßnahmen, die in einem gemeinsa-

Berliner Energiepolitik

Quellen: Energiebilanzen der Stadt Berlin www.stadtentwicklung.berlin.de 19

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