Gen-Umwelt-Interaktion - UPD Abteilung für Psychotherapie

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Gesundheitswissenschaften, Psychiatrie
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Seminar: Psychopathologische Prozesse und psychologische Intervention I bei Prof. Dr. phil. W. Tschacher

Vortrag Gen-Umwelt-Interaktion und Psychopathologie

Mark Hauser Nicole Jost Vanessa Caprino 04.November 2013

Inhalt > > > > > > > >

Einleitung Modelle Beispiel Schizophrenie: Vergleich DSM-IV und 5 Biologische Faktoren von Schizophrenie Umweltfaktoren von Schizophrenie Beispiel-Studie Weitere Studien Diskussion

04.November 2013

Anlage vs. Umwelt >

„Anlagetheoretiker“ - Die Entwicklung wird durch die genetische Ausstattung des Menschen gesteuert.

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„Umwelttheoretiker“ - Interindividuelle Unterschiede werden auf unterschiedliche Lernerfahrungen zurückgeführt. - „Gebt mit ein Dutzend Kinder und eine Welt, in der ich sie aufziehen kann. Ich garantiere, dass ich jedes zu dem mache, was ich möchte: Arzt, Rechtsanwalt, Künstler, Unternehmer oder auch Bettler und Dieb.“ (Watson, 1925)

04.November 2013

Möglichkeiten der Forschung >

Durch Vergleiche der Ähnlichkeit zwischen Menschen unterschiedlicher Anlageähnlichkeit ist es möglich, Anlageund Umwelteinflüsse zu trennen.

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- Zwillingsuntersuchungen - Untersuchungen in Adoptivfamilien

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04.November 2013

Genetische Ähnlichkeit > > > > > > >

Verwandtschaftsgrad Eltern – Kind Großeltern – Enkelkind Geschwister Zweieiige Zwillinge Eineiige Zwillinge Eltern – Adoptivkind

04.November 2013

Genetische Ähnlichkeit 50 % 25 % 50 % 50 % 100 % 0%

Beispiele in der Forschung >

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Ergebnisse aus Längsschnittstudien an Zwillingen weisen darauf hin, dass kognitive Fähigkeiten (z.B. Intelligenz) einem hohen erblichen Faktor von etwa 60 bis 70 % unterliegen. 30 bis 40% werden den Anlagen bei Persönlichkeitseigenschaften zugeschrieben (z.B. Ängstlichkeit oder Offenheit gegenüber anderen). Bei Einstellungen, moralischen Werte und politischen Überzeugungen ist das soziale Umfeld entscheidend.

04.November 2013

Methoden zur Untersuchung

Petersen, Busche & Bergelt (2005) 04.November 2013

Nachteile der Untersuchungsmethoden >

Querschnitt: - Stichproben entstammen unterschiedlichen Kohorten. Beobachtete Unterschiede zwischen den Altersgruppen können nicht sicher auf die Entwicklung zurückgeführt werden.

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Längsschnitt: - Stichprobengewinnung (hohes Engagement ist erforderlich) - Lange Dauer - Systematische Ausfälle von Probanden (Drop-out)

04.November 2013

Gen-Umwelt-Interaktion (GxE) Winkler et al. (2010)

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Die Auswirkung von Umwelteinflüssen hängt von der individuellen genetischen Ausstattung ab Genauer: Genotypen beeinflussen die Vulnerabilität bzw. Resilienz gegenüber definierten Umwelteinflüssen Beispiel: Traumatische Lebensereignisse führen bei Menschen mit einem oder zwei s-Allelen am 5-HTTLPR-Gen (Serotonin-Transporter-Steuerregion) häufiger zu Depressionen

04.November 2013

Gen-Umwelt-Interaktion (GxE) Caspi et al. (2003)

04.November 2013

Gen-Umwelt-Korrelation (rGE) Winkler et al. (2010)

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Genetische Faktoren beeinflussen spezifische Verhaltensmuster Verhaltensweisen bestimmen, inwiefern sich Menschen gegenüber bestimmten Umweltbedingungen exponieren  Einfluss der Genetik auf Persönlichkeitsvariablen

04.November 2013

Drei grundlegende Mechanismen der Gen-Umwelt-Korrelation Winkler et al. (2010)

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1. passive Gen-Umwelt-Korrelation: Es sind die genetisch beeinflussten Charakteristika der Eltern, die determinieren, welche Art von Umwelt sie für ihre Kinder aussuchen

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2. aktive (selektive) Gen-Umwelt-Korrelation: Individuen wählen gemäss ihrer (genetisch beeinflussten) Persönlichkeitsvariablen das soziale Umfeld selbst aus

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3. evokativen (bzw. reaktiven) Gen-Umwelt-Korrelation: Der Umstand, dass individuelle, genetisch mitbestimmte Verhaltensweisen die Reaktionen der Menschen im Umfeld beeinflussen

04.November 2013

Ätiologie psychischer Störungen

Modifiziert nach Margraf & Schneider (2009). Lehrbuch der Verhaltenstherapie 04.November 2013

Vulnerabilität-Stress-Modell Berking & Rief (2012)

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Nach Zubin & Spring (1977): Entstehungsmodell der Schizophrenie Individuelle Vulnerabilität für Schizophrenie hängt von der Ausprägung der angeborenen und/oder erworbenen Risikofaktoren ab Aktuelle Stressoren und Belastungsfaktoren führen dann zu psychotischen Symptomen (individuelle Toleranzschwelle der Vulnerabilität!)

04.November 2013

Stress, Genetik und psychische Störungen

Modifiziert nach Stahl (2001) 04.November 2013

Schizophrenie > DSM-IV Kriterien:

aus Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (4. Auflage, 1994)

A) mind. 2 Symptome über mind. 1 Monat: Wahn, Halluzinationen, desorganisiertes Sprechen, desorganisiertes oder katatones Verhalten, negative Symptome

B) Soziale und/oder berufliche Leistungseinbussen C) Anzeichen bestehen mind. 6 Monate, in diesem Zeitraum mind. 1 Monat Kriterium A erfüllt D) Ausschluss einer schizoaffektiven Störungen und einer affektiven Störung mit psychot. Merkmale E) Symptome nicht auf körperliche Wirkung einer Substanz oder medizinischer Faktor zurückzuführen. F) Bei autistischer/entwicklungsgestörter Vorgeschichte wird nur eine Diagnose vergeben, wenn mind. 1 Monat Wahn oder Halluzinationen gleichzeitig 04.November 2013

Welche verschiedene Arten der Schizophrenie gibt es?

04.November 2013

http://flexikon.doccheck.com/de/Schizophrenie

Vergleich zu DSM-5 Tandon et al. (2013)

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Änderungen: 1. Abschaffung der klassischen Subtypen und ersetzen durch 6 Dimensionen -positive Symptome -negative Symptome -kognitive Symptome -motorische Symptome -Stimmung -Desorganisation

2. Klärung zwischen aktuellem Zustand und Langzeitverlauf 3. Änderungen in den Kriterien 4. Bessere Harmonisierung mit ICD-11 04.November 2013

Vergleich zu DSM-5 Tandon et al. (2013) >

DSM-IV Kriterien: A)

mind. 2 Symptome über mind. 1 Monat: Wahn, Halluzinationen, desorganisiertes Sprechen, desorganisiertes oder katatones Verhalten, negative Symptome

B) Soziale und/oder berufliche Leistungseinbussen C) Anzeichen bestehen mind. 6 Monate, in diesem Zeitraum mind. 1 Monat Kriterium A erfüllt D) Ausschluss einer schizoaffektiven Störungen und einer affektiven Störung mit psychot. Merkmale E) Symptome nicht auf körperliche Wirkung einer Substanz oder medizinischer Faktor zurückzuführen. F) Bei autistischer/entwicklungsgestörter Vorgeschichte wird nur eine Diagnose vergeben, wenn mind. 1 Monat Wahn oder Halluzinationen gleichzeitig

04.November 2013

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DSM-5 Kriterien: A) -mind. 1Symptom sollte von 1-3 sein -Aufhebung des Hinweises, dass 1 Kriterium reicht, wenn der Wahn bizarr ist oder die Halluzinationen aus einer kommentierenden Stimme oder aus einem Dialog bestehe -Klärung der Negativsymptome B-E) ->keine Veränderung F) Hinzufügen von „anderen Kommunikationsstörungen, welche in der Kindheit beginnen“

Biologische Faktoren: Schizophrenie Davison, Neale, & Hautzinger (2007)

> Struktur des Gehirns:

- Auffälligkeiten im präfrontalen Cortex - Volumenreduktion: geringeres Volumen der Basalganglien und der limbische Strukturen (Hippocampus) - Erweiterten Seitenventrikeln

Universitäts Klinikum Heidelberg 04.November 2013

Biologische Faktoren: Schizophrenie Berking & Rief (2012)

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Dopaminhypothese: Überaktivität des dopaminergen Systems (vor allem mit Positivsymptomatik assoziiert) Neuere Forschung: Auch Veränderungen anderer Transmittersysteme (serotonergen) Ungleichgewicht innerhalb und zwischen verschiedenen Transmittersystemen

04.November 2013

Umweltfaktoren: Schizophrenie Davison, Neale, & Hautzinger (2007)

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Stress: Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse: - wird bei Stress aktiviert

 Kortisol wird ausgeschüttet und erhöht Dopaminaktivität  Erhöhte Dopaminaktivität kann die Aktivierung des HHN-Systems verstärken (man ist stressempfindlicher)

04.November 2013

Umweltfaktoren: Schizophrenie Davison, Neale, & Hautzinger (2007)

> Familie:

Fehlangepasste Familien: Adoptivkinder mit hohem genetischem Risiko reagieren sensibler auf gestörtes Familienleben, als Kinder mit niedrigen genetischem Risiko

04.November 2013

Umweltfaktoren: Schizophrenie Davison, Neale, & Hautzinger (2007)

Familie: Expressed Emotion (EE): -Kritische Aussagen und feindselige Äusserungen oder intensive emotionale Bindung -Rückfallrate bei hoher EE höher, als bei niedriger EE  Ursache oder Folge? > Soziale Schicht: Schizophrenie am häufigsten bei untersten sozioökonomischen Schichten (aber: Social-DriftTheorie) >

04.November 2013

Bsp.: Gen-Umwelt-Interaktion anhand einer Studie Vinkers et al. (2013)

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Hintergrund: Cannabismissbrauch und Kindsmisshandlung als 2 unabhängige Faktoren für Schizophrenie

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Hinweise auf Interaktion vergrössern das Risiko

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Gen: Catechol-O-Methyltransferase (COMT VAL158MET)

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Gegenstand der Untersuchung: — ob COMT die Interaktion zwischen Cannabismissbrauch und Kindsmisshandlung bei psychotischen Symptomen in der Allgemeinbevölkerung moderiert

04.November 2013

Bsp.: Gen-Umwelt-Interaktion anhand einer Studie Vinkers et al. (2013) >

Was ist Catechol-O-Methyltransferase (COMT VAL158MET)? = ist ein Enzym, das verschiedene Catecholamine O-methyliert und damit inaktiviert - ist Teil des Katecholamin-Abbaus - VAL158MET = Genmutation wandelt Valin in Methionin um, das auf der Position 158 (Arten Met/Met, Val/Val, Val/Met)

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Methode: Holländische Jugendliche, 18-25 Jahre, Cannabiswebsite, Querschnittsstudie, verschiedene Fragebögen, Erhebung genetischer Daten, N=918

-> nur solche ausgewählt, die hohe Werte auf Schizophreniefragebogen Replikationsstichprobe

04.November 2013

Bsp.: Gen-Umwelt-Interaktion anhand einer Studie Vinkers et al. (2013)

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Resultate: Haupteffekte und 2fach Interaktionen signifikante 3fach Interaktion: Individuen mit COMT (VAL/VAL), Cannabismissbrauch und erhöhtes Level für Kindheitsmisshandlungen haben ein höheres Risiko für subklinische psychotische Erfahrungen.

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Replikationsstichprobe: Resultat in gleiche Richtung, aber nicht sig. Fazit: Gen-Umwelt-Umwelt-Interaktion!!

04.November 2013

Weitere Studien >

Bereits Stringaris hat 1933 die klinischen Erscheinungsformen der Haschischpsychose beschrieben

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Das Risiko bei Cannabiskonsumenten ist im Mittel etwa 1,4fach bis 1,8-fach erhöht  Also um 40-80% höher!

04.November 2013

Diskussionsfrage

> Wem würdet ihr mehr Gewicht geben, den

Genen oder der Umwelt? Und warum?

04.November 2013

04.November 2013

Literaturverzeichnis American Psychiatric Association (1994). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (4. Auflage). Washington, DC: Author. Caspi, A., Sugden, K., Moffitt, T. E., Taylor, A., Craig, I. W., Harrington, H. L. et al. (2003). Influence of life stress on depression: moderation by a polymorphism in the 5-HTT gene. Science, 301, 386– 389. Berking, M., & Rief, W. (2012). Klinische Psychologie und Psychotherapie für Bachelor. Band I: Grundlagen und Störungswissen. Berlin: Springer. Davison, G. C., Neale, J. M., & Hautzinger, M. (2007). Klinische Psychologie (7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage). Weinheim: Bertz. Hoyer, J., Markgraf, J. (2003). Angstdiagnostik. Grundlagen und Testverfahren. Berlin: Springer. Tandon, R. (2013). Definition of psychotic disorder in the DSM-5 too radical, too conservative, or just right! Schizophrenia Research, 150,1-2. Tandon, R., Gaebel, W., Barch, D. M., Bustillo, J., Gur, R. E., Heckers, S., Malaspina, D., Owen, M. J., Schultz, S., Tsuang, M., Van Os, J. & Carpenter, W. (2013). Definition and description of schizophrenia in the DSM-5. Schizophrenia Research, 150, 3-10. Vinkers, C. H., Van Gastel, W. A., Schubart, C. D., Van Eijk, K. R., Luykx, J. J., Van Winkel, R. et al. (2013). Roel A. Ophoff a,e, Marco P.M. Boks a The effect of childhood maltreatment and cannabis use on adult psychotic symptoms is modified by the COMT Val158Met polymorphism. Schizophrenia Research, 150, 303–311. Winkler, D., Pjrek, E., & Kasper, S. (2010). Gen-Umwelt-Interaktionen und Gen-Umwelt-Korrelationen bei psychiatrischen Erkrankungen. Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie, 11 (1), 58–62.

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