Grundlagen Business Process Management

February 19, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Nachhaltigkeit in gesamtwirtschaftlichen Kreisläufen

Skript zum MODUL Prozessmanagement: Grundlagen SUSTAINABILITY 2020

Vorlesung an der TU Chemnitz: Prof. Dr.-Ing. Egon Müller; Fabrikplanung und Fabrikbetrieb

Ziele und Inhalte der Veranstaltung Vermittlung von: Grundlagen Prozesse. Grundlagen Prozessmanagement. Prozessmanagement als Bindeglied zwischen Strategie und operativem Geschäft. Identifizierung und Darstellung von Prozessen, Teilprozessen.

MODUL P r o z e s s m a n a g e m e n t

Dozent/in

Erich Dräger M.Sc.; Dipl.Wirt.Ing. (FH) RESULTANCE GmbH Rückersdorfer Strasse 26 90552 Röthenbach E-Mail: Web:

[email protected] www.resultance.de

Aufgaben und Funktionen Geschäftsführer; Honorardozent

Veröffentlichungen (Auswahl) Projektmanagement mit SAP R/3, Addision-Wesley, ISBN 3-8273-1707-X Projektorientiertes Prozessmanagement, Resultance, ISBN 978-3-9814376-1-4

Hinweis: Eine Verwendung der vorliegenden Unterlagen darf ausschließlich im Rahmen der Lehrveranstaltungen und Prüfungen des Masterstudiengangs Projekt- und Prozessmanagement (M.Sc.) erfolgen. Die Weitergabe und Verbreitung der Unterlagen ist ohne ausdrückliche Genehmigung des Dozenten/Verfassers nicht gestattet.

Stand: Mai 16

Inhaltsverzeichnis

MODUL P r o z e s s m a n a g e m e n t

Inhaltsverzeichnis 1

2

Grundlagen Prozesse ..............................................................................1 1.1

Gründe für Prozessorientierung .............................................................2

1.2

Prozessorientierung vs. Organisationsorientierung ......................................6

1.3

Definition Prozess und Geschäftsprozess ................................................ 10

1.4

Merkmale von Prozessen ................................................................... 12

1.5

Prozessarten ................................................................................. 15

1.6

Ebenen von Prozessen ...................................................................... 17

1.7

Stakeholder im Prozess .................................................................... 19

1.8

Kontrollfragen zu Kapitel 1 ................................................................ 20

Grundlagen des Prozessmanagements ........................................................ 21 2.1

Definition von Prozessmanagement ...................................................... 22

2.2

Ziele, Kernaufgaben und Nutzen von Prozessmanagement ........................... 23

2.3

Verbindung zwischen Prozessmanagement und Qualitätsmanagement ............. 25

2.4

Historie und Entwicklung von Prozessmanagement .................................... 27

2.5

Überblick über wesentliche Konzepte im Themengebiet ............................... Prozessmanagements ....................................................................... 30

2.5.1

Supply Chain Management ........................................................... 31

2.5.2

Six Sigma ................................................................................ 32

2.5.3

Lean Management ..................................................................... 33

2.5.4

Business Reengineering ............................................................... 34

2.5.5

Total Quality Management ........................................................... 35

2.5.6

Kaizen ................................................................................... 36

2.5.7

Quality Function Deployment ........................................................ 37

2.5.8

EFQM .................................................................................... 38

2.6 3

4

Kontrollfragen zu Kapitel 2 ................................................................ 42

Prozessmanagement als Bindeglied zwischen Strategie und operativem .................. Geschäft........................................................................................... 43 3.1

Effizienz und Effektivität als Kernziele von Unternehmen............................ 44

3.2

Grundlagen des strategischen Managements............................................ 46

3.3

Bedeutung von Prozessmanagement für die Strategieumsetzung.................... 49

3.4

Geschäftsprozessmanagement als geschlossener Regelkreis ......................... 52

3.5

Kontrollfragen zu Kapitel 3 ................................................................ 56

Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen........................ 57 4.1

Darstellung der Geschäftsprozesse in der Prozesslandkarte .......................... 58

4.2

Identifizierung und Darstellung von Teilprozessen ..................................... 63

4.3

Kontrollfragen zu Kapitel 4 ................................................................ 67

Literaturverzeichnis ................................................................................... 68 Abbildungsverzeichnis................................................................................. 70 Tabellenverzeichnis ................................................................................... 71

Abkürzungsverzeichnis

MODUL P r o z e s s m a n a g e m e n t

Abkürzungsverzeichnis DIN

Deutsches Institut für Normung e.V.

DMAIC

Define – Measure – Analyse – Improve - Control

EFQM

European Foundation for Quality Management

GPM

Geschäftsprozessmanagement

ISO

International Organization for Standardization

IT

Informationstechnologie

KVP

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

PDCA

Plan - Do - Check - Act

QFD

Quality Function Deployment

QM

Qualitätsmanagement

RADAR

Results, Approach, Deployment, Assessment and Review

SCM

Supply Chain Management

SIPOC

Supplier – Input – Process – Output - Customer

TQM

Total Quality Management

Grundlagen Prozesse

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1 Grundlagen Prozesse Lernziel In diesem Kapitel werden wesentliche Grundlagen zum Themenfeld Prozesse thematisiert. Sie sind in der Lage,    

die Notwendigkeit der Prozessorientierung in Unternehmen zu begründen grundlegende Begriffe zu definieren die Merkmale von Prozessen zu beschreiben Prozessarten sowie Ebenen von Prozessen zu unterscheiden

Einführung Prozesse sind in Unternehmen allgegenwärtig. Der Begriff wird ständig im Alltag verwendet, so dass vermutet werden könnte, dass allen Beteiligten bewusst ist, was Prozesse sind und welche grundlegenden Merkmale in diesem Themenfeld zu unterscheiden sind. In der Praxis zeigt sich häufig, dass viele Personen den Begriff Prozesse nutzen, jedoch oft ein grundlegend anderes Verständnis von dessen Bedeutung haben. Dies führt häufig zu Missverständnissen und damit verbundenen Effizienzverlusten.

Nutzen/Anwendung Die Klärung der Grundlagen zu Prozessen bietet den Mehrwert, dass alle Personen, die sich mit Prozessen beschäftigen, tatsächlich über das gleiche Thema sprechen. Die zielgerichtete Kommunikation wird hierdurch deutlich verbessert. Dies ist eine wichtige Basis für das Verständnis der Methoden und Konzepte des Prozessmanagements, die in den folgenden Kapiteln schrittweise erörtert werden.

Seite | 1

Prozesse sind allgegenwärtig

Gemeinsames Prozessverständnis schaffen

Grundlagen Prozesse

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Gründe für Prozessorientierung Die einzige Konstante im Wirtschaftsleben ist jene der ständigen Veränderung. Unter dieser Prämisse führt globaler Wettbewerb und damit verbundener steigender Konkurrenzdruck, die sich stetig erhöhenden Kundenerwartungen und rasante technologische Veränderungen zu Herausforderungen, denen sich die Unternehmen in immer stärker werdendem Ausmaß und in immer rasanterer Geschwindigkeit stellen müssen. Sich darauf einzustellen heißt, das eigene Geschäft besser als andere zu beherrschen um sich rechtzeitig den Veränderungen anpassen zu können. Dies erfordert eine konsequente Orientierung an den Prozessen des Unternehmens. Anhand von Beispielen wird nun erläutert, weshalb eine verstärkte Prozessorientierung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen von hoher Bedeutung ist. Barrieren zwischen Organisationseinheiten behindern Wertschöpfung Im folgenden Beispiel wird symbolhaft aufgezeigt, dass Barrieren, in Form von Schnittstellen, zwischen den einzelnen Abteilungen die Wertschöpfung massiv behindern.

Abbildung 1: Barrieren zw. Organisationseinheiten behindern Wertschöpfung

Eine wesentliche Ursache hierfür sind die in vielen Unternehmen bestehenden Barrieren zwischen den Organisationseinheiten. Prozesse und Schnittstellen sind häufig unklar oder intransparent, was zu Blindleistungen, geringer Wertschöpfung, hohen Durchlaufzeiten und Kostensteigerungen führt. Lediglich 5 bis 20 Prozent der Tätigkeiten sind wertschöpfend

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Steigender Konkurrenzdruck

Prozessorientierung bedeutet Zukunftsfähigkeit

Grundlagen Prozesse

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Erfahrungen in der Praxis und verschiedenste Studien zeigen, dass von der Gesamtdurchlaufzeit eines Auftrages zwischen 80% bis 95% auf nicht wertschöpfende Tätigkeiten entfallen.1 Daher ist es von großer Bedeutung, wertschöpfende Prozesse zu identifizieren und zu stärken sowie nicht wertschöpfende Prozesse konsequent zu eliminieren. Ermittlung der Wertschöpfung von Aktivitäten

Gesamtdurchlaufzeit eines Auftrages Gesamtdurchlaufzeit eines Auftrages Wertschöpfende Gesamtdurchlaufzeit eiProzesse identifizieren nes Auftrages Gesamtdurchlaufzeit eiWertschöpfende nes Auftrages Aktivitäten ermitteln Wertschöpfende Aktivitäten ermitteln Wertschöpfende Aktivitäten ermitteln Wertschöpfende Aktivitäten ermitteln

Abbildung 2: Ermittlung der Wertschöpfung von Aktivitäten

Übersicht über wesentliche Trends und Herausforderungen Reaktionszeit am Markt als Erfolgsfaktor

Abbildung 3: Reaktionszeit am Markt als Erfolgsfaktor

1

vgl. Schuh (2006), Seite 49 Seite | 3

Reaktionszeit als Erfolgsfaktor

Grundlagen Prozesse

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Herausforderung:  

Dynamik von Markt und Wettbewerb steigt Verfügbare Reaktionszeit sinkt

Dynamik steigt

Fazit: Reduzierung von Prozessdurchlaufzeiten ist zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von hoher Bedeutung Zeitspanne zur Gewinnerzielung reduziert sich

Abbildung 4: Wettbewerbsfaktor Zeit2

Herausforderung:  

Produktlebenszyklen verkürzen sich Amortisationszeit für Investitionen steigt

Fazit: Höhere Prozesseffizienz notwendig, damit Gewinnziele erreicht werden können

2

vgl. Geschka (1993), Seite 18 Seite | 4

Prozesseffizienz für Gewinnziele wichtig

Grundlagen Prozesse

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Gründe für die Notwendigkeit stärkerer Prozessorientierung am Beispiel der Automobilbranche Tabelle 1: Notwendigkeit stärkerer Prozessorientierung am Bsp. Automotive

Themengebiet

Früher

Heute

Markt

Fahrzeuge wurden verteilt

Harter Wettbewerb um die Kunden

Komplexität

Wenig Modelle und Sonderausstattungen

Viele Modelle und Sonderausstattungen

Technologie

Trendsetter

Viele Innovationen, komplexe Technik

Entwicklungszeit

7 Jahre oder mehr

4 Jahre oder weniger

Arbeitsweise

Nacheinander (ca. 80% OEM-Anteil

Gleichzeitig (ca.30-40% OEM-Anteil)

Abbildung 5: Entgangener Deckungsbeitrag (Automobilbranche)

Verzögerungen bei der Markteinführung, Qualitätsprobleme oder Kostensteigerungen hängen letztendlich sehr eng mit Prozessproblemen in Unternehmen zusammen. Dies macht deutlich, dass die Gestaltung und Steuerung der Prozesse ganz wesentliche Erfolgsfaktoren der Unternehmen sind.

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Gestaltung und Steuerung der Prozesse = Erfolgsfaktoren

Grundlagen Prozesse

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Prozessorientierung vs. Organisationsorientierung Die Bedeutung von Prozessen wird noch deutlicher, wenn man die prozessorientierte Sichtweise und die traditionelle organisationsorientierte Sichtweise gegenüberstellt. Wenn Unternehmen ein Bild von sich aufzeigen sollen, so erfolgt dies meistens anhand der Aufbauorganisation. Die Aufbauorganisation stellt die hierarchische Grundstruktur einer Organisation dar und besteht aus dauerhaften Organisationseinheiten wie zum Beispiel Stellen und Abteilungen.

Prozess vs. Organisationsorientierung

Aufbauorganisation = hierarchische Grundstruktur

Die Aufbauorganisation wird in Form eines Organigramms dargestellt und visualisiert. Es zeigt das hierarchische Gefüge eines Unternehmens und wie einzelne Stellen bzw. Abteilungen miteinander in Beziehung stehen. Somit wird ein guter Überblick über die Entscheidungsstrukturen eines Unternehmens vermittelt. Die unterschiedlichen Formen der Aufbauorganisation werden im Skript zur Präsenzphase zwei vorgestellt. Das Organigramm gibt jedoch keine Auskunft darüber, mit welchen Abläufen, Tätigkeiten und Aufgaben das Unternehmen die Leistungen erbringt. Insbesondere wird auch kein unmittelbarer Bezug zu den Kunden sowie Lieferanten hergestellt. Die Darstellung von Abläufen und Tätigkeiten erfolgt in Form von Prozessen, die wesentlicher Bestandteil der Ablauforganisation sind. Die Ablauforganisation bezeichnet in der Organisationstheorie die Ermittlung und Definition von Arbeitsprozessen unter Berücksichtigung von Raum, Zeit, Sachmitteln und Personen, während sich die Aufbauorganisation hauptsächlich mit der Strukturierung eines Unternehmens in organisatorische Einheiten - Stellen und Abteilungen - beschäftigt.

Ablauforganisation = Ermittlung/ Definition von Arbeitsprozessen

In der Praxis stellt sich nicht die Frage, ob eine Aufbauorganisation oder eine Ablauforganisation benötigt wird. Beide Elemente sind wesentliche Bestandteile einer funktionierenden Organisation. Wichtig ist jedoch, dass sich auch die Aufbauorganisation an Prozessen orientiert und diese bestmöglich unterstützt. In der Vergangenheit hat sich in Unternehmen vielfach eine zu starke Orientierung an den aufbauorganisatorischen Strukturen herausgebildet. Abteilungen und Teams arbeiten dabei häufig aneinander vorbei anstatt gemeinsam die Herausforderungen bestmöglich zur Zufriedenheit von internen und externen Kunden zu lösen.

Seite | 6

Vergangenheit = starke aufbauorganisatorische Strukturen

Grundlagen Prozesse

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Abbildung 6: Funktionsorientierte vs. prozessorientierte Sichtweise

Funktionsorientierte Organisationen hatten in Zeiten überschaubarer Märkte, hoher Marktstabilität, langer Produktlebenszyklen, stabiler Technologien und großer Stückzahlen ihre Berechtigung. Heute ist es in funktionalen Organisationen jedoch schwierig, flexibel auf schnell verändernde Märkte, Kundenbedürfnisse und Technologien zu reagieren. Prozessorientierte Organisationen bauen auf Geschäftsprozessen auf und orientieren sich von außen nach innen und nicht wie Funktionen von innen nach außen. Die eigene Organisation wird durch die Augen der Kunden gesehen. Welche Leistungen in den Geschäftsprozessen erbracht werden, bestimmen die Anforderungen, Erwartungen und Bedürfnisse der Kunden. Prozessorientierte Organisationen ermöglichen es, flexibel auf Bedürfnisse und Anforderungen des Marktes und der Kunden zu reagieren. Die gemeinsame Sicht auf die Kunden bestimmt Ziele und Handeln der Mitarbeiter. Die gemeinsame Orientierung übt eine starke Koordinationswirkung aus und unterstützt die horizontale Kooperation und Zusammenarbeit.3

3

vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 71 Seite | 7

Kunde bestimmt

Möglichkeit, auf Marktanforderungen zu reagieren

Grundlagen Prozesse

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Abbildung 7: Quellen für ineffiziente Prozessabläufe

Überblick über wesentliche Merkmale der organisations- und der prozessorientierten Sichtweise Merkmale organisationsorientierter und prozessorientierter Sichtweise

Abbildung 8: Merkmale: Organisationsorientierung vs. Prozessorientierung

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Grundlagen Prozesse

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Prozessorientierung erfordert ein grundlegendes Umdenken. Weg vom arbeitsteiligen Denken mit starren Aufgaben und Verantwortungen innerhalb der Aufbauorganisation, welche stark durch formale Weisungsbeziehungen geprägt ist, hin zur Prozessverantwortung über Funktionsbereiche hinweg.

Abbildung 9: Von der Weisungsorientierung zur Prozessverantwortung

Notwendigkeit von Prozessorientierung anhand eines Beispiels Ein Kunde ruft im Unternehmen an. Nach einigen Minuten Verharrens in der Warteschleife gelangt er in die Telefonzentrale. Diese verbindet ihn mit der Verkaufsabteilung. Dort ist der zuständige Ansprechpartner gerade nicht anwesend. Aufgrund der Wichtigkeit der Anfrage wird nun die Geschäftsleitung eingeschaltet. Dabei ergeben sich Rückfragen mit der Einkaufsabteilung.

Abbildung 10: Beispiel: Informationsfluss bei einer Kundenanfrage

An jeder Schnittstelle kommt es zwangsläufig sowohl zu einem Zeit- als auch zu einem Informationsverlust. Die nachfolgende Abbildung zeigt das im Rahmen einer Untersuchung festgestellte Ausmaß des Informationsverlustes.

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Prozessorientierung erfordert Umdenken

Grundlagen Prozesse

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Abbildung 11: Schnittstellenprobleme zwischen Organisationseinheiten 4

Schnittstellen sind mitunter vergleichbar mit „Mauern“ zwischen den einzelnen Abteilungen/Bereichen. Eine Optimierung der Abläufe im beschrieben Beispielfall erfordert die konsequente Orientierung an den Prozessen. Dies ist die Basis, um Informations- und Schnittstellenprobleme und somit die Prozess-Performance nachhaltig verbessern zu können.

63% „Reibungsverlust“

Definition Prozess und Geschäftsprozess Als Basis für die weiteren Ausführungen ist es wichtig, grundlegende Begriffe zu klären und voneinander abzugrenzen. Dabei stellt sich die vermeintlich einfache aber zentrale Frage: Was ist eigentlich ein Prozess? In der Literatur gibt es hierzu eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen, die häufig inhaltlich sehr ähnlich sind, sich jedoch in Umfang und Art der Formulierung unterscheiden. Nachfolgend werden einige der gängigsten Definitionen vorgestellt:

Diverse Prozess-definitio nen

Definition Prozess nach ISO 9000:2000 „Satz von in Wechselbeziehungen stehenden Mitteln und Tätigkeiten, die Eingaben in Ergebnisse umgestalten.“

Definition ISO

Zu den Mitteln zählen sowohl Finanzen, Anlagen, Einrichtungen, Techniken, Methoden und natürlich Personal. Definition nach der Deutschen Gesellschaft für Qualität - DGQ 11-04 „Gesamtheit von in Wechselbeziehungen stehenden Abläufen, Vorgängen und Tätigkeiten, durch welche Werkstoffe, Energien oder Informationen transportiert oder umgeformt werden“.

4

vgl. Wunderer (1985), Seite 509 Seite | 10

Definition DGQ

Grundlagen Prozesse

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Definition nach Becker5

Definition Becker

„Ein Prozess ist die inhaltlich abgeschlossene, zeitliche und sachlogische Folge von Aktivitäten, die zur Bearbeitung eines betriebswirtschaftlich relevanten Objektes notwendig sind.“ Definition nach Vahs6 „Unter einem Prozess wird die zielgerichtete Erstellung einer Leistung durch eine Folge logisch zusammenhängender Aktivitäten verstanden, die innerhalb einer Zeitspanne nach bestimmten Regeln durchgeführt wird.“ Definition nach Schmelzer/ Sesselmann7 „Ein Prozess ist eine Reihe von Aktivitäten, die aus einem definierten Input ein definiertes Ergebnis (Output) erzeugen.“  

Definition Vahs

Definition Schmelzer/ Sesselmann

Input: Einsatzfaktoren wie Arbeitsleistung, Betriebsmittel (Maschinen, Gebäude), Roh- Hilf- Betriebsstoffe, Informationen Output: Produkte, Dienstleistungen

Die Definition nach Schmelzer/ Sesselmann stellt die wesentlichen Merkmale eines Prozessen in den Vordergrund. Ein Prozess transformiert einen Input (Rohstoffe, Arbeit) in einen konkreten Output (z.B. Produkt). Hierbei sind in der Regel mehrere Prozessschritte erforderlich, um das gewünschte Prozessergebnis zu erhalten.

Von NOVACESS bevorzugte Definition

Alle der genannten Definitionen sind sachlich richtig, jedoch wird von Seiten NOVACESS aufgrund der pragmatischen und eindeutigen Formulierung, die Definition von Schmelzer/Sesselmann bevorzugt verwendet. Abgrenzung Prozess vs. Geschäftsprozess Der Prozessbegriff sagt noch nichts über Begrenzung, Reichweite, Inhalt, Struktur des Prozesses sowie die Empfänger der Prozessergebnisse aus. Bereits die Verknüpfung weniger Aktivitäten zur Erstellung eines Ergebnisses ist ein Prozess. Prozesse existieren im Prinzip überall dort wo Menschen tätig sind, ob in Unternehmen, Privathaushalten, Sportvereinen, Kirchen, Forschungseinrichtungen, politischen und kulturellen Einrichtungen oder der Verwaltung.

Verknüpfung weniger Aktivitäten = Prozess

Ein Geschäftsprozess besteht aus der funktions- und organisationsübergreifenden Verknüpfung wertschöpfender Aktivitäten, die von Kunden erwartete Leistungen erzeugen und die aus der Geschäftsstrategie abgeleiteten Prozessziele umsetzen.8

Funktions- und organisationsübergreifenden Verknüpfung

5 6 7 8

vgl. Becker et al. (2003), Seite 6 vgl. Vahs (2001), Seite 194 vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 59 vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 60 Seite | 11

Grundlagen Prozesse

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Er beschreibt eine Folge von Einzeltätigkeiten, die schrittweise ausgeführt werden, um ein geschäftliches oder betriebliches Ziel zu erreichen. Mit anderen Worten sind Geschäftsprozesse alle Prozesse, die in Unternehmen ausgeführt werden. Zum einen die Prozesse, die der Erstellung von Ergebnissen (Produkte, Dienstleistungen, etc.) für die externen Kunden dienen. Zum anderen sind es Prozesse, deren Zweck die Erbringung von Ergebnissen/Leistungen für interne Kunden ist.

Geschäftsprozess verfolgt betriebs-wirtschaftliches Ziel

besteht aus einer Folge von Schritten, die aus einer Reihe von Inputs einen Output erzeugen

besteht aus der funktions- und organisationsübergreifenden Verknüpfung wertschöpfender Aktivitäten, die von Kunden erwartete Leistungen erzeugen und die aus der Geschäftsstrategie abgeleiteten Prozessziele umsetzen

Abbildung 12: Unterscheidung zwischen Prozess und Geschäftsprozess 9

Merkmale von Prozessen Prozesse lassen sich durch verschiedene Merkmale charakterisieren. Diese werden nachfolgend schrittweise dargestellt und erläutert. Am Anfang und Ende eines Prozessschrittes steht jeweils ein Ereignis. Das Ereignis am Anfang eines Prozessschrittes ist der Input, der von einer Quelle kommt. Das Ereignis am Ende eines Prozessschrittes ist der Output, der an eine so genannte Senke geliefert wird.

Abbildung 13: Darstellung Prozess

9

vgl. Schmelzer/Sesselmann (2008), Seite 61

Seite | 12

Ereignis = Input Ergebnis = Output

Grundlagen Prozesse

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Input: Materielle Einsatzgüter oder Informationen Output (Prozessergebnis): Materielle oder immaterielle Leistungen (z.B. Auto, Maschine, Software) Kunden-Lieferanten-Beziehungen: Jeder Prozess hat mindestens eine Quelle, die den Input liefert und eine Senke, an die das Prozessergebnis weitergeleitet wird. Quellen und Senken sind dabei vor- und nachgelagerte Prozesse bzw. Prozessschritte. Somit entstehen Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Hierbei ist zwischen internen und externen Kunden-Lieferanten-Beziehungen zu unterscheiden.

Prozess hat Quellen und Senken

Abbildung 14: Kunden-Lieferanten-Beziehungen10

Merkmale von Prozessen im Überblick

Abbildung 15: Merkmale von Prozessen im Überblick

Prozessziele:   10

Aussagen über erwünschte Zustände Beispiele: Prozessqualität, Durchlaufzeit, Prozesskosten

vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2996), Seite 67 Seite | 13

Prozessziele

Grundlagen Prozesse

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Prozessaufgaben:    

sind auf die Erfüllung von Zielen ausgerichtet kennzeichnen den Prozesszweck sind tätigkeitsorientiert und dienen der Ableitung der erforderlichen Aktivitäten Beispiel: Aufgabe des Innovationsprozesses ist das Generieren und Überprüfen neuer Produktideen

Aktivitäten:    

Prozess bzw. Teilprozess besteht aus mehreren Aktivitäten Aktivitäten dienen der Umwandlung des Inputs in einen Output Kern der Prozessabwicklung Können sequenziell, parallel durchgeführt werden oder wiederholend sein

Ressourcen:     

Zeitraum vom Start bis zur Beendigung des Prozesses

Prozessverantwortlicher: 

Aktivitäten

Ressourcen

Arbeitsleistung Sachmittel Informationen Methoden etc.

Durchlaufzeit: 

Prozessaufgaben

Durchlaufzeit

Prozessverantwortlicher

ist für die Prozessziele verantwortlich. Dies beinhaltet insbesondere das Managen des „magischen Dreiecks“ (Prozessergebnisse, Ressourceneinsatz und Durchlaufzeit)

Seite | 14

Grundlagen Prozesse

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Prozessarten In Unternehmen gibt es eine große Anzahl unterschiedlichster Prozesse. Um die Transparenz und Übersichtlichkeit der Prozesse zu erleichtern, ist eine Unterscheidung nach Prozessarten sinnvoll. Hierzu gibt es verschiedene Klassifizierungsmöglichkeiten. Nachfolgend werden die in Theorie und Praxis am weitesten verbreiteten Varianten vorgestellt.

Vielfalt an unterschiedlichen Prozessen

Variante 1: Klassifizierung von Prozessen nach vier Prozessarten

Klassifizierung von Prozessen nach vier Prozessarten

1.) Kernprozesse (Wertschöpfungsprozesse): Diese Prozesse beginnen beim externen Kunden und enden beim externen Kunden. Beispiele sind der Entwicklungsprozess, der Auftragsabwicklungsprozess oder der Serviceprozess. 2.) Managementprozesse: Dies sind insbesondere die Prozesse, die zur Steuerung des Unternehmens notwendig sind. Beispiele: Strategische Planung, operative Planung, Personalmanagement, Marketing, etc.. 3.) Unterstützungsprozesse: Dies sind Prozesse, die die Wertschöpfung indirekt unterstützen. Beispiele: EDV, Infrastruktur, Instandhaltungsprozess, Lagerhaltungsprozess, etc.. 4.) Prozesse zum Messen, Analysieren und Verbessern: Diese Prozesse bieten die Basis für die Transparenz der Prozessleistungen sowie zur Realisierung von Prozessverbesserungen. Beispiele: Audits, Prozessmessung, Kontinuierliche Verbesserung (KVP), etc.. Variante 2: Klassifizierung nach primären und sekundären Geschäftsprozessen:11 1) Primäre Geschäftsprozesse: Beispiele      

11

Innovationsprozess: Generieren und Überprüfen neuer Produktideen Produktplanungsprozess: Festlegen der Anforderungen an neue Produkte Produktentwicklungsprozess: Entwickeln neuer Produkte Vertriebsprozess: Akquirieren neuer Kunden und Kundenaufträge Auftragsabwicklungsprozess: Fertigen, Liefern und Installieren der Produkte Serviceprozess: Klären von Beanstandungen und Lösen von Produktproblemen

vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 66ff Seite | 15

Klassifizierung nach primären und sekundären Geschäftsprozessen

Primäre Geschäftsprozesse

Grundlagen Prozesse

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Abbildung 16: Übersicht primärer Geschäftsprozesse im Industrieunternehmen

2) Sekundäre Geschäftsprozesse: Beispiele     

Strategieplanungsprozess: Planung, Anpassung und Kontrolle von Geschäftsfeldern, Kernkompetenzen, Erfolgsfaktoren, Wettbewerbsstrategien und Unternehmenszielen Personalmanagementprozess: Planung, Beschaffung, Qualifizierung, Bereitstellung und Betreuung von Personal Finanzmanagementprozess: Planung, Beschaffung, Bereitstellung und Kontrolle der finanziellen Mittel Ressourcenmanagementprozess: Planung, Beschaffung, Bereitstellung, Instandhaltung und Kontrolle technischer Ressourcen IT-Managementprozess: Planung, Beschaffung, Bereitstellung, Instandhaltung und Kontrolle von IT-Ressourcen

Sekundäre Geschäftsprozesse

Am meisten verbreitet ist die Unterteilung in Managementprozesse, Kernprozesse (Wertschöpfungsprozesse), Unterstützungsprozesse und Prozesse zum Messen, Analysieren und Verbessern. Vorteil ist die Einfachheit und Verständlichkeit der Einteilung. Nachteil dieser Klassifizierung sind häufig auftretende Schwierigkeiten zur Abgrenzung zwischen Management- und Unterstützungsprozessen. Weitere Typisierungen von Prozessarten

Weitere Typisierung

Tabelle 2: Typisierung von Prozessarten EFQM

Roland Berger

Diebold

Griese/Sieber

Management Processes Operating Processes Support Processes

Steuerungs-prozesse Primäre Prozesse Sekundäre Prozesse

Management-prozesse Primäre Prozesse Sekundäre Prozesse Innovationsprozesse

Management-prozesse Kernprozesse Supportprozesse

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Grundlagen Prozesse

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Ebenen von Prozessen Jeder Geschäftsprozess hat eine hierarchische Aufbaustruktur, die aus mehreren Ebenen besteht. Dies ermöglicht eine stufenweise Konkretisierung der Prozessinhalte sowie eine übersichtliche Darstellung von Prozessen. In Theorie und Praxis werden unterschiedliche Strukturvarianten zur hierarchischen Darstellung von Prozessen verwendet. Nachfolgend werden einige gängige Varianten vorgestellt. Strukturierung Geschäftsprozesse: Variante 1

Abbildung 17: Prozessaufbaustruktur12

Strukturierung Geschäftsprozesse: Variante 2

Abbildung 18: Auftragsabwicklungsprozess13

12 13

vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 109 vgl. Vahs (2003), Seite 228 Seite | 17

Geschäftsprozess hat hierarchische Aufbaustruktur

Grundlagen Prozesse

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Strukturierung Geschäftsprozesse: Variante 3 Nach den Erfahrungen von NOVACESS hat sich in der Praxis die folgende dreistufige Gliederung besonders bewährt. Hierbei wird zwischen Prozess, Teilprozess und Aktivitäten unterschieden. Die einzelnen Ebenen werden in verschiedenen Modellen abgebildet, die jeweils an anderer Stelle dieses Skriptes noch ausführlich thematisiert werden.

Abbildung 19: Prozesspyramide

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NOVACESS Modell

Grundlagen Prozesse

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Stakeholder im Prozess Anforderungen an Geschäftsprozesse werden nicht nur von Kunden sondern von allen Interessengruppen und Personen (Stakeholder) gestellt, von denen der Erfolg und die Zukunft des Unternehmens abhängen.

Anforderungen an Geschäftsprozess durch alle Interessengruppen

Stakeholder eines Prozesses sind alle Personen oder Personengruppen, die ein Interesse am Prozess haben, an ihm beteiligt, am Ablauf interessiert oder von den Auswirkungen in irgendeiner Weise betroffen sind. Man unterscheidet zwischen internen und externen Stakeholdern.

Interne vs. externe Stakeholder

Abbildung 20: Interne und externe Stakeholder

Stakeholderanalyse Das Stakeholder-Konzept geht von einem gegenseitigen Nutzen für Unternehmen und Stakeholder (Anspruchsgruppe, siehe oben) aus. Eine Stakeholder-Analyse wird durchgeführt, um bei der Einführung neuer Prozesse die beteiligten und betroffenen Personen zu identifizieren und deren Einstellungen und Erwartungen zu analysieren oder bei schon bestehenden Prozessen einen Überblick über alle zu einem Ablauf in Beziehung stehende Anspruchsgruppen zu schaffen. Dazu werden alle Stakeholder benannt, charakterisiert und deren Relevanz für den betroffenen Prozess ermittelt.

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Gemeinsamer Nutzen für Unternehmen und Stakeholder

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Kontrollfragen zu Kapitel 1 

Nennen Sie drei Gründe für die Notwendigkeit stärkerer Prozessorientierung!



Skizzieren Sie kurz den Unterschied zwischen der Ablauf- und der Aufbauorganisation!



Was versteht man unter einer funktionsorientierten Organisation?



Was versteht man unter einer prozessorientieren Organisation?



Nennen Sie jeweils zwei wesentliche Merkmale einer organisationsorientierten und einer prozessorientierten Sichtweise!



Was ist ein Prozess?



Grenzen Sie Prozess von Geschäftsprozess ab!



Welche Merkmale hat ein Prozess? Erläutern Sie diese!



Welche Prozessarten gibt es? Nennen Sie je ein Beispiel!



Wie können Geschäftsprozesse strukturiert werden?



Was wird unter einer Stakeholderanalyse verstanden?

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Grundlagen des Prozessmanagements

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2 Grundlagen des Prozessmanagements Lernziel In diesem Kapitel werden wesentliche Grundlagen des Prozessmanagements erörtert. Sie sind in der Lage,    

Prozessmanagement zu definieren die wesentlichen Ziele und Aufgaben des Prozessmanagements abzugrenzen einen Überblick über die Entwicklung des Prozessmanagements aufzuzeigen grundlegende Konzepte des Prozessmanagements sowie deren Kennzeichen und Einsatzgebiete zu benennen

Einführung Prozessmanagement ist ein breites Themengebiet mit einer langen Geschichte, deren Wurzeln bis in das 18. Jahrhundert zurückgehen. Als Basis ist es von Bedeutung, zunächst einige begriffliche Grundlagen abzugrenzen. In der Praxis gibt es verschiedene Definitionen des Prozessmanagements bzw. Geschäftsprozessmanagements. Zudem werden Ziele, Aufgaben und Nutzen des Prozessmanagements sowie Möglichkeiten zur Klassifizierung von Prozessen erörtert. Prozessmanagement ist ein breites Themengebiet, das viele Schnittstellen zu anderen Disziplinen, wie z.B. dem Qualitätsmanagement aufweist. Diese Zusammenhänge werden nachfolgend ausführlich dargestellt.

Nutzen/Anwendung Die Grundlagen dieses Kapitels unterstützen das Gesamtverständnis für Zusammenhänge im Themengebiet Prozessmanagement. Der Nutzen liegt insbesondere darin, dass viele Prozessmethoden in den nachfolgenden Kapiteln besser verständlich sind, wenn das Wissen zu Grundlagen des Prozessmanagements vorhanden ist.

Seite | 21

Grundlagen des Prozessmanagements

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Definition von Prozessmanagement Definition nach Gaitanides/Scholz/Vrohlinger: Unter Prozessmanagement sind alle planerischen, organisatorischen und kontrollierenden Maßnahmen zur zielgerichteten Steuerung der Wertschöpfungskette eines Unternehmens im Hinblick auf die Zielsetzungen, Kosten, Zeit, Qualität, Innovationsfähigkeit und Kundenzufriedenheit zu verstehen.14

Definition Gaitanides/ Scholz/ Vrohlinger

Definition nach Schmelzer/Sesselmann: Unter Geschäftsprozessmanagement wird ein integriertes Konzept von Führung, Organisation, und Controlling verstanden, das eine zielgerichtete Steuerung der Geschäftsprozesse ermöglicht.15

Definition Schmelzer/ Sesselmann

NOVACESS favorisiert die Definition von Schmelzer/ Sesselmann, wonach Geschäftsprozessmanagement ein integriertes Konzept darstellt. Geschäftsprozessmanagement bezieht sich auf das Management von Geschäftsprozessen. Das Geschäftsprozessmanagement ruht auf vier Stützpfeilern: 1. Führung: Sie ist die Grundlage dafür, dass Verbesserungen überhaupt durchgesetzt werden können. Die Etablierung einer Unternehmenskultur, Kommunikation und Motivation gehören hierzu. 2. Organisation: Sie bildet den Ordnungsrahmen, innerhalb dessen die Geschäftsprozesse ablaufen. Dazu gehören die Identifizierung der relevanten Prozesse, die Festlegung der Entscheidungsträger und die Einbettung in das Unternehmen. 3. Controlling: Wer die Zielerreichung nicht kontrolliert, weiß nie, wo er steht. Darum bildet das Controlling eine weitere wichtige Stütze: Prozesskennzahlen werden hier ausgewertet und Soll-Ist-Vergleiche durchgeführt. 4. Optimierung: Sie sollte fortlaufend erfolgen, u. a. auf Basis der Ergebnisse des Controllings. Prozessmanagement verfolgt eine ganzheitliche Sichtweise von Unternehmen und integriert die Faktoren Kunden, Mitarbeiter sowie Systemlandschaft. Diese ist ein wichtiger Erfolgsfaktor zur Optimierung der Unternehmensleistung.

14 15

vgl. Gaitanides/ Scholz/ Vrohlinger (1994), Seite 3 vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 4 Seite | 22

Führung

Organisation

Controlling

Optimierung

Ganzheitliche Sichtweise

Grundlagen des Prozessmanagements

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Abbildung 21: Spannungsfelder des Prozessmanagements

Ziele, Kernaufgaben und Nutzen von Prozessmanagement Geschäftsprozessmanagement ist auf die Erfüllung der Bedürfnisse der Kunden und anderer Interessengruppen (Mitarbeiter, Kapitalgeber, Eigentümer, Lieferanten, Partner, Gesellschaft) ausgerichtet und trägt im Wesentlichen dazu bei, die strategischen und operativen Ziele des Unternehmens zu erreichen. Zielsetzung des Geschäftsprozessmanagements ist es, die Effektivität und Effizienz des Unternehmens zu erhöhen und damit den Wert des Unternehmens zu steigern.

Ausrichtung auf Erfüllung von Bedürfnissen

Ziele von Prozessmanagement: Das magische Dreieck Art und Anzahl der durch Prozessmanagement verfolgten Ziele sind sehr vielfältig. Im Kern lassen sich die meisten Ziele folgenden Kernfaktoren zuordnen:    

Magisches Dreieck

Prozessleistung (als Ergebnis der Prozessaktivitäten) Prozesskosten (bzw. eingesetzten Ressourcen) Prozessdurchlaufzeit

Abbildung 22: Das magische Dreieck des Prozessmanagements

Diese drei Kernziele determinieren die Qualität im Prozessmanagement.

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Optimierung „magisches Dreieck“

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Das Prozessmanagement hat zum Ziel, die Performance der Komponenten des magischen Dreiecks zu optimieren. Es gilt, einen bestmöglichen Ausgleich zwischen den Kernzielen zu erreichen. Gelingt dies, kann ein optimaler „Fit“ zwischen der Qualität der Leistung, den Prozesskosten sowie der Durchlaufzeit erreicht werden. Den drei Oberzielen lassen sich eine Vielzahl weiterer Ziele zuordnen. Strategische Ziele, die in Unternehmen durch Prozessmanagement unterstützt werden sollen:          

Erhöhung der Kundenzufriedenheit Reduzierung der Bestände Reduzierung der Fertigungsfläche Reduzierung der Lagerfläche Reduzierung der Fehlerhäufigkeit Reduzierung der Gemeinkosten Reduzierung der Hierarchieebenen Verkürzung der Entscheidungswege Verbesserung der Qualität Erhöhung der Kapital-Rendite

Unterstützung strategischer Ziele

Kernaufgaben des Prozessmanagements Aufgabe des Geschäftsprozessmanagements ist es, die in jedem Unternehmen existierende Informationen zu den eigenen Geschäftsprozessen zu nutzen, um sich auf den Kunden auszurichten und als Ergebnis die Unternehmensziele besser zu erreichen.

Kernaufgaben Prozessmanagement

Aufgaben des Prozessmanagements im Überblick:

Abbildung 23: Aufgaben des Prozessmanagements

Prozessmanagement … 

fördert einen bereichsübergreifenden Ansatz über Abteilungsgrenzen hinweg, Seite | 24

Nutzen Prozessmanagement

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     

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ermöglicht eine systematische und gemeinsame Ausrichtung an den Forderungen der externen/ internen Kunden, ist Grundlage zur Identifikation wertschöpfender, d.h. in der Regel „kundennaher“ Prozesse, stellt Transparenz der Prozesse sicher und ist somit eine Basis für Prozessverbesserungen (nur wer seine Prozesse kennt kann diese auch verbessern), ermöglicht eine Modellierung und Analyse alternativer Prozessvarianten, ermöglicht gezielte Optimierung durch Definition entsprechender Prozessparameter, ist wichtiger Ausgangspunkt für die Differenzierung/ Definition der Kernprozesse, der Kernkompetenzen einer Unternehmung und damit auch der Überlebensfähigkeit im globalen Wettbewerb.

Verbindung zwischen Prozessmanagement und Qualitätsmanagement Prozessmanagement und Qualitätsmanagement sind zwei Disziplinen, die hinsichtlich Zielsetzung und inhaltlicher Ausrichtung vielfältige Überschneidungen besitzen. Dies wird anhand der Charakterisierung wesentlicher Ziele und Inhalte des Qualitätsmanagements deutlich, die nachfolgend skizziert werden.

Überschneidung von Prozess- und Qualitätsmanagement

Zielsetzung / Nutzen des Qualitätsmanagements Qualitätsmanagement wurde mit dem Ziel eingeführt, Rechtsvorschriften zur Produkthaftung, zur Arbeitssicherheit, zum Umweltschutz einzuhalten und um den Wettbewerb mit der fernöstlichen Konkurrenz, der Globalisierung, dem Kostendruck und der zunehmenden Erwartung der Kunden gerecht zu werden. Anwendungsbereich Qualitätsphilosophien sind eine Art geistiger Überbau. Ihr Zweck ist denkund verhaltensnormativ ohne eindeutig definierte Vorgehensweisen und Anwendungsbereiche. Sie zielen auf die Arbeitsmentalität bzw. Geisteshaltung, die als organisationsgenetischer Code das Mitarbeiterverhalten und die Unternehmenskultur qualitätsaktivierend prägen sollen.

Qualitätsphilosophien sind geistiger Überbau

Kurzbeschreibung Konzept Bei Qualitätsmanagementsystemen handelt es sich um durchstrukturierte Modellbeschreibungen (z.B. DIN EN ISO), in denen Qualität als Teil der Gesamtführungsaufgabe eines Unternehmens betrachtet wird.

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Qualität als Teil der Gesamtführungs-aufgabe

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Abbildung 24: Struktur eines prozessübergreifenden QM-Systems

Der Kundenwunsch wird ermittelt und im Leistungserstellungsprozess realisiert. Die Weiterentwicklung der Produkte/Dienstleistungen und die Optimierung der Abläufe erfolgt unter Berücksichtigung der Kundenzufriedenheit. Das Zusammenwirken von Führungs- und unterstützenden Prozessen bei der Leistungserstellung wird verdeutlicht. Der Gesamtprozess ist eingebettet in Verbesserungsschleifen, die alle Bereiche und Prozesse umfassen. Wichtig sind dabei vor allem zwei Fragen:  

Haben wir das Richtige gemacht? D.h. entsprechen die Produkte/ die Dienstleistungen dem, was der Markt/ der Kunde braucht? Haben wir es richtig gemacht? D.h. entsprechen die fertigen Produkte/ die Dienstleistungen den vorgegebenen Anforderungen/ Spezifikationen?

Der enge Zusammenhang zwischen Prozessmanagement und Qualitätsmanagement zeigt sich bei der Betrachtung der Historie des Prozessmanagements in Kapitel 2.4 sowie anhand der in Kapitel 2.5 dargestellten Konzepte.

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Zusammenwirken von Führungs- und unterstützenden Prozessen

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Historie und Entwicklung von Prozessmanagement

Abbildung 25: Entwicklung zum Prozessmanagement

Die Entstehung des Prozessmanagements geht zurück auf die Geschichte der Arbeitsteilung. Ohne diese wäre es nicht notwendig, Prozesse zur Erstellung von Gütern und Dienstleistungen, zu untersuchen. Zu Beginn der Neuzeit entstand die Arbeitsteilung. Die produktiven Tätigkeiten wurden auf verschiedene Personen übertragen, wie z.B. Bauern, Handwerker etc. Dieser Ansatz der Spezialisierungen sollte die Arbeit effektiver machen.

Zurückzuführen auf Geschichte der Arbeitsteilung

18. Jahrhundert: Die Arbeitsteilung Adam Smith (1720 – 1790), Begründer der Ökonomie als moderne Wissenschaft, beschreibt im Jahr 1776 die Logik der industriellen Arbeitsteilung sehr anschaulich. Anhand der Produktion von Stecknadeln wird aufgezeigt, welche Produktivitätssteigerung durch Arbeitsteilung erreicht werden kann. Wenn ein Arbeiter bei der Stecknadelproduktion alle Prozessschritte selber ausführt, erreicht er einen Output von ca. 20 Stecknadeln pro Tag. Bei Zerlegung dieses Herstellungsprozesses in 10 Teilprozesse, die von je einem Arbeiter ausgeführt wurden, konnte der Gesamtoutput auf täglich über 48.000 Stück erhöht werden. Pro Person entspricht dies einer Produktionsleistung von 4800 Stück.16

16

vgl. Smith (1993) Seite | 27

Adam Smith

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Anfang 20. Jahrhundert: Entstehung der Arbeitswissenschaft Hier setzten die Überlegungen von Frederic Winslow Taylor (Begründer der modernen Arbeitswissenschaft) ein. Er verfolgte das Ziel, durch genaue Bewegungs- und Zeitstudien der Einzelaktivitäten die Produktion „wissenschaftlich“ zu optimieren. Dies bedeutet, die Ressourcenproduktivität durch eine Vervielfachung der Arbeitsteilung innerhalb einzelner Produktionsschritte enorm zu steigern (Taylorismus). Taylor definiert erstmals die Analyse und die Gestaltung des Arbeitsprozesses als Aufgabe der Betriebsführung. Sein entwickeltes System der „wissenschaftlichen“ Betriebsführung „…zielt darauf ab, eine klare und neue Trennung zu vollziehen zwischen der geistigen und der körperlichen Arbeit innerhalb der Werkstätten. Es basiert auf genauen Zeit- und Bewegungsstudien der Tätigkeit jedes Arbeiters in Isolation und delegiert die gesamten Anteile der Vorgänge in die Hände des Managements.“17

Frederick Winslow Taylor

Prozess wird an „Spezialisten“ übergeben

Dadurch werden die Prozesse aus der Verantwortung der Ausführenden genommen und einer separaten Gruppe von Spezialisten übergeben. Anfang 20. Jahrhundert: Erfindung des Fließbandes Henry Ford (1863 – 1947) war der praktische Vollender des Taylorismus indem er den Prozess über das Fließband steuerte. Dies führte zu einer richtigen Ingangsetzung der industriellen Massenfertigung.

Henry Ford

Sein Konzept der modernen Fertigung von Fahrzeugen revolutionierte neben der industriellen Produktion die moderne Kultur (Fordismus). 30er Jahre: Erkennung der Notwendigkeit von Prozessen Bereits in den 30er Jahren wies Fritz Nordsieck (1906 – 1984) in folgendem Zitat auf die Notwendigkeit einer an Prozessen ausgerichteten Unternehmensgestaltung hin: „Der Betrieb ist in Wirklichkeit ein fortwährender Prozess, eine ununterbrochene Leistungskette … anzustreben ist in jedem Fall eine klare Prozessgliederung“ (Nordsieck 1932). Nordsieck begründet damit zwar noch kein prozessorientiertes Konzept, bildet aber die gedankliche Grundlage, denn er erkennt den abstrakten Betriebsprozess als Grundlage für die Strukturierung der Aufbauorganisation.18

Fritz Nordsieck

Ende der 50er Jahre: Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt In Deutschland fand die Wandlung vom Verkäufer- zum Käufermarkt Mitte bis Ende der fünfziger Jahre statt. (Hierbei muss beachtet werden, dass diese Wandlung produktbezogen ist).19

Wandel vom Verkäuferzum Käufermarkt

Um den Anforderungen dieses Wandels Rechnung zu tragen, entwickelten sich im Laufe der Zeit diverse Managementansätze. 60er Jahre: Zeitwirtschaft steht im Mittelpunkt In den 60er Jahren legte die Industrie das Hauptaugenmerk auf die Zeitwirtschaft, was zu einer Verkürzung der Arbeitszeiten führte. Dies war möglich, da Unternehmen sich ab diesem Zeitpunkt verstärkt mit Optimierungsmethoden beschäftigten. Einer Gesamtbetrachtung der logistischen Kette wurde zu diesem Zeitpunkt noch keine Bedeutung geschenkt.

17 18 19

vgl. Taylor (2006), frei übersetzt vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 44f Weis (2007) Seite | 28

Zeitwirtschaft

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70er Jahre: Fokus liegt auf Qualität In diesem Jahrzehnt entstanden die ersten Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme. Diese ermöglichten eine Kontrolle über die Materialbestände. Nicht behoben werden konnten mit diesen Änderungen die langen Durchlaufzeiten, die hohen Lagerbestände und die Reibung an diversen Schnittstellen. Parallel dazu setzte sich ein Qualitätsbewusstsein durch. Intensiv beschäftigten sich die klassischen Vertreter des Qualitätsmanagements wie W. Edwards Deming, Joseph Moses Juran, Armand V. Feigenbaumm und Kaoru Ishikawa in den 1970er- und 80er Jahren mit Prozessen und stellten die Bedeutung der Prozessorientierung für die Qualität und den Unternehmenserfolg heraus.

Qualitätsbewegung

Deming, Juran, Feigenbaumm, Ishikawa

80er Jahre: Erste Arbeiten zum Thema Prozessorientierung Erste Arbeiten zum Thema Prozessorientierung werden u.a. von Michael Gaitanides und August-Wilhelm Scheer veröffentlicht.

Michael Gaitanides August-Wilhelm Scheer

Der Trend dieser Zeit geht zu einer synchronen Zeit- und Materialwirtschaft. Dabei gewinnt der Computer vermehrt an Bedeutung. In dieser Zeit wird der tayloristische Ansatz weiterhin verfolgt. Allerdings wurde keine befriedigende Lösung bei der Steigerung der Produktivität und Reduktion der Lagerbestände durch den Einsatz von Computern erreicht. 90er Jahre bis heute: Entwicklung und Etablierung heute gängiger Managementphilosophien Anfang der 90er Jahre wurde dem Prozessmanagement durch Veröffentlichungen über Prozesskostenrechung, Business Process Reengineering sowie durch das Model für „Business Excellence“ der European Foundation for Quality Management (EFQM) große Aufmerksamkeit geschenkt.20 Diese Phase wurde ab Mitte der 90 Jahre durch das Lean Management ergänzt.

20

vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 44f Seite | 29

EFQM

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Überblick über wesentliche Konzepte im Themengebiet Prozessmanagements

Abbildung 26: Veränderung der Prozesssichtweise im Zeitverlauf21

Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden verschiedene Konzepte entwickelt, die das Themenfeld Prozessmanagement maßgeblich beeinflusst haben. Hierbei wird auch die bereits diskutierte enge Verbindung zwischen Konzepten und Philosophien des Prozess- und Qualitätsmanagements verdeutlicht. Oft sind die Konzepte eng miteinander verflochten und greifen teilweise auf gleiche oder ähnliche Methoden zurück. Nachfolgende Tabelle soll aufzeigen, wie die verschiedenen Managementkonzepte und Methoden mit dem Geschäftsprozessmanagement (GPM) verknüpft sind. Anschließend werden die Konzepte und deren wesentliche Merkmale vorgestellt. Tabelle 3: Beziehungen zwischen GPM und anderen Konzepten/ Methoden 22

21 22

Supply Chain Management

Ist in GPM integriert

Six Sigma

Ist in GPM integriert

Lean Management

Wird von GPM unterstützt

Business Process Reengineering

Ist in GPM integriert

Total Quality Management

Wird von GPM unterstützt

Kaizen / KVP

Ist in GPM integriert

Quality Function Deployment

Wird von GPM unterstützt

EFQM

unterstützt GPM

vgl. Servatius (1994), Seite 49 in Anlehnung an Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 8 Seite | 30

Entwicklung diverser Konzepte

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2.5.1 Supply Chain Management Zielsetzung / Nutzen Das Supply Chain Management strebt eine prozessbezogene Gesamtbetrachtung der gesamten Wertschöpfungskette an und hat zum Ziel, die Gesamtkosten des Produktes zu senken.23

Optimierung der Logistikkette vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden

Abbildung 27: Zusammenhang Hauptziele des SCM 24

Anwendungsbereich In der Vergangenheit war jeder Beteiligte der Prozesskette darauf bedacht, seine Kosten zu reduzieren. Daraus entstanden Konflikte im Absatzkanal, da die Optimierung der Logistik auf einzelnen Stufen häufig zu Mehrkosten der vor- bzw. nachgelagerten Stellen geführt hat. Kurzbeschreibung Konzept Generell werden im Supply Chain Management die drei kritischen Erfolgsfaktoren „Zeit, Qualität und Kosten“ dargestellt.25 Normalerweise weisen die Faktoren interdependente Beziehungen zueinander auf. Dies bedeutet, dass eine Verbesserung in einem Bereich zu einer Verschlechterung in mindestens einem der zwei anderen Bereiche führt. Allgemein hat sich durchgesetzt, dass das Supply Chain Management auf der Wertschöpfungskette von Michael E. Porter26, die eine Integration von Unternehmensaktivitäten aufgreift, basiert.27 Vereinfacht dargestellt ist Supply Chain Management die Optimierung der Logistikkette vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden. 28

23

vgl. Seifert (2004), Seite 100f, vgl. Waldmann (1995), Seite 68f vgl. Fleig (2007) 25 vgl. Weber/ Dehler/ Wertz (2000), Seite 264ff, vgl. Ellram (1990), Seite, 2ff, vgl. Busch/ Danglemaier/ Pape/ Rüther (2003), Seite 9 26 vgl. Porter (1999), Seite 59ff 27 vgl. Werner (2002), Seite 4 28 vgl. Walther (2001), Seite 30, vgl. Pittiglio (1997), o.S. 24

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Mehrkosten bei vor- bzw. nachgelagerten Stellen

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Nachteile  Prozessverständnis muss bei allen vorhanden sein  Hoher Schulungsaufwand  Großes Vertrauen muss zwischen den einzelnen Partnern einer Supply-Chain herrschen Vorteile  Kosten und Durchlaufzeiten werden reduziert (Peitscheneffekt)  Total Cost Philosophie für gesamte Supply Chain: Win-Win-Situationen entstehen  Transparenz der Material-, Finanz- und Informationsflüsse wird erhöht  Kontinuierliches Controlling von Prozessen wird erleichtert  Benchmarking zur Identifikation von Best Practices wird verbessert 2.5.2 Six Sigma Zielsetzung / Nutzen Zielsetzung ist die nachhaltige Einflussnahme auf die Qualität in allen Unternehmensbereichen zwecks maximaler Verringerung der Fehler im Interesse des Kunden- und Unternehmensnutzens. Six Sigma verfolgt das NullFehler-Ziel. Six-Sigma bedeutet, eine Ausbeute in Höhe von 99,99966% oder 3,4 Fehler bei einer Million Möglichkeiten erreicht zu haben.

Null-Fehler-Philosophie

Anwendungsbereich Kernpunkt von Six Sigma ist die konsequente Durchführung von Prozessverbesserungsprojekten durch speziell ausgebildete Fachleute. Kurzbeschreibung Konzept Mittels statistischer Methoden werden Fehler in wiederkehrenden Abläufen aufgespürt und korrigiert. Auf diese Art und Weise wird gegen Ineffizienz, Verschwendung und schlechte Qualität vorgegangen. Entscheidend hierbei ist, dass die Analyse und die Lösungsentwicklung auf Daten und Fakten und nicht wie bei anderen Optimierungsprojekten auf der subjektiven Wahrnehmung der Beteiligten beruhen. Six Sigma Verbesserungsprojekte basieren auf einer klar strukturierten Vorgehensweise mit fest definierten Projektphasen – dem sogenannten DMAICZyklus:     

Define – Klare Definition des Problems und des Projektziels (Projektzweck und –umfang) Measure – Messung/Beschreibung der aktuellen Prozessleistung Analyze – Auswertung der Messergebnisse und Ermittlung der Zusammenhänge innerhalb des Prozesses Improve – Entwicklung der erforderlichen Modifikationen, die definitiv zu Verbesserungen führen Control – Standardisierung der Verbesserung und Implementierung eines fortlaufenden Verbesserungsprozesses

Seite | 32

DMAIC-Zyklus

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Nachteile  Besonderer Schulungsaufwand  Einsatz professionell ausgebildeter Methodiker  Einbeziehung aller Mitarbeiter sichern  Fehleranalyse über Gesamtprozess Vorteile  Konzentration auf Kernkennzahlen zur Beschreibung der Erfüllung der Kundenanforderungen & Geschäftsergebnisse  Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit  Kostenreduzierung durch Vorbeugung  Förderung Qualitätsbewusstsein  Prozessorientierung 2.5.3 Lean Management Zielsetzung / Nutzen Lean Management bedeutet schlanke Unternehmensführung mit der Zielsetzung, den Absatz zu maximieren, die Qualität der Produkte sowie die Produktivität zu verbessern, die Durchlaufzeit zu reduzieren und geringere Kosten aufzuwenden.

Schlanke Unternehmensführung

Konkret bedeutet dies: Verschwendungsfrei, bestandsarm und in kürzest möglicher Zeit nur das zu produzieren, was der Kunde tatsächlich und genau zu dieser Zeit benötigt. Anwendungsbereich Ursprünglich bezog sich der Begriff auf die Produktion (Lean Production). Im Laufe der Jahre weitete sich diese Philosophie auf das ganze Unternehmen aus. Kurzbeschreibung Konzept  

Orientierung an den Kunden mit dem Ziel, sie zufrieden zu stellen Dezentralisation (= Reduktion der Spezialisierung), die zu erhöhter Produktverantwortung und -qualität und zu größerer Flexibilität führen soll  Enge Zusammenarbeit mit Zulieferern der Produktion (z.B. zeitnahe Anlieferung von Produktionsmitteln nach dem Just-in-time-Prinzip, gemeinsame Qualitätskontrollen)  Einsatz von Teammodellen (Bildung von Arbeitsteams, Produktionsteams), die zu Motivation, Mitsprache und Verantwortlichkeit der Mitarbeiter führen  Verkürzung der Entwicklungszeiten durch gleichzeitige Entwicklung von Produktneuheiten und neuen Produktionsmitteln (=Simultaneous Engineering)  Qualitätssicherung durch Total Quality Management (s.a. Kap.2.5.5), das die Qualitätszusicherung gegenüber Kunden zum Inhalt hat  Durch den kontinuierlichen Verbesserungsprozess sollen die Fehler-, Ausschuss- und Nacharbeitsquoten gesenkt und Reklamationen reduziert werden (z.B. Kaizen) Nachteile Seite | 33

Ursprung in Produktion

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   

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Mitarbeiter müssen entsprechend geschult werden Einführungszeit dauert sehr lange Möglicherweise Entlassung von Mitarbeitern Akzeptanzprobleme, Widerstände

Vorteile  Schlanke Prozesse  Geringe Bestände  Hohe Motivation der Mitarbeiter  Weniger Ausschuss  Schnelle Reaktion auf Kundenwünsche  Hohe Produktqualität  Kostensenkung 2.5.4 Business Reengineering Zielsetzung / Nutzen Ziel ist es, wesentliche Verbesserungen in den Bereichen Kosten, Qualität, Service und Zeit zu erreichen. Diese Verbesserungen werden nicht durch Optimierung bestehender Unternehmensprozesse erzielt, sondern durch deren komplette Neugestaltung. Somit ist Business Reengineering eine Radikalkur im Sinne eines kompletten Neuanfangs.29

Radikale Veränderungen der Unternehmung

Anwendungsbereich Das Anwendungsgebiet von Business Reengineering ist unternehmensübergreifend. Kurzbeschreibung Konzept  

Alle Abläufe radikal verändern und vereinfachen. Spezialisten zu Generalisten umschulen. Dies ermöglicht einen reibungslosen Prozessverlauf „aus einer Hand“. Dadurch entfallen Übergabe- und Weiterleitungsprozeduren. Die Durchlaufzeit verringert sich.  Bestehende Abteilungs- und Hierarchiestrukturen vereinfachen. Dadurch wird die Teamfähigkeit unter den Mitarbeitern gefördert (Aufgaben und Positionen bereichsübergreifend zusammenfassen).  Mitarbeiter zu Caseworker entwickeln: Entscheidungen zu treffen, wird zum integralen Bestandteil ihrer Aufgaben. Dies fördert die Entscheidungskompetenz sowie die Motivation.  Arbeits- und Prozessschritte werden in eine natürliche, nichtlineare Abfolge gebracht. Nachteile  Oberflächlichkeit der Umstrukturierung  Zu hohes Risiko  Missachtung der Unternehmenskultur  Funktionierende Strukturen werden evtl. zerstört  Widerstände bei den Mitarbeitern  Business Reengineering dauert sehr lange  Business Reengineering ist sehr individuell, kein Masterplan vorhanden

29

vgl. Simon (2002), Seite 71f Seite | 34

„Alles wird von Grund auf neu gemacht“

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Vorteile  Der Kunde steht im Mittelpunkt aller Aktivitäten  Neue Informations- und Kommunikationstechniken werden prozessund kundenorientiert eingesetzt.  Prozesse werden in der Gesamtheit betrachtet, einzelne Funktionen treten in den Hintergrund  Durchlaufzeiten und Kosten sinken, Qualität steigt  Nicht nur isolierte Verbesserung sondern ganzheitlicher Ansatz 2.5.5 Total Quality Management Zielsetzung / Nutzen Total Quality Management ist ein Führungsinstrument mit dem Ziel, die Qualität als zentralen Bestandteil der Unternehmensphilosophie in den Mittelpunkt zu stellen.

Ausrichtung des Unternehmens auf „Qualität“

Beim Total Quality Management handelt es sich nach der DIN EN ISO 8402 um eine „auf Mitwirkung aller ihrer Mitglieder basierende Führungsmethode einer Organisation, die die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung der Kunden langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und für die Gesellschaft zielt“. Anwendungsbereich Die Philosophie beschränkt sich nicht auf einzelne Bereiche wie z.B. die Produktion, sondern umfasst das gesamte Unternehmen. Kurzbeschreibung Konzept Das Konzept erschließt sich aus der Betrachtung der Bestandteile des Wordings:   

Total = Alle Bereiche eines Unternehmens werden über die gesamte Wertschöpfungskette in den Qualitätsprozess einbezogen. Quality = Fehlerfreie Produkte zur Erfüllung von Kundenerwartungen  ständige Verbesserung der Prozesse. Management = Es handelt sich um eine Führungsaufgabe.

Daraus ergeben sich folgende Kerngedanken: Kundenorientierung, Six Sigma, Kaizen, … Nachteile  Setzt spezielle Unternehmenskultur voraus  Umsetzungsprozess kann mehrere Jahre dauern  TQM ist nicht in allen Bereichen möglich (Unternehmen kann nicht in jeder Ebene perfekt sein)  Soll nur als Modell angesehen werden und nicht als Zielsetzung, die real erreicht werden kann  Eine auf die Spitze getriebene Optimierung der Qualität kann auch die Kosten in die Höhe schnellen lassen Vorteile  Umfassender Ansatz, der das ganze Unternehmen auf Qualität ausrichtet Seite | 35

Philosophie umfasst ganzes Unternehmen

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   

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Umfassende, nicht nur funktionale Sicht auf Qualität (Beratung, Service, Einhaltung von Normen und Auflagen) Kundenzufriedenheit im Mittelpunkt Erfordert ganzheitliches Denken und Handeln Qualitätsverbesserung ist Unternehmensziel

2.5.6 Kaizen Zielsetzung/ Nutzen Kaizen (KAI=Veränderung; ZEN = zum Besseren) oder konti-nuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) ist eine Philosophie, um kontinuierliche, unendliche Verbesserung in allen Bereichen unter Einbeziehung aller Mitarbeiter Geschäftsleitung, Führungskräfte und Arbeiter anzustreben. Ein weiteres wichtiges Ziel ist es, Verschwendung zu erkennen und zu beseitigen. Kaizen wird dem Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) gleichgesetzt. Anwendungsbereich Kaizen / KVP findet über alle Abteilungen und Hierarchien statt. Z. B. Managementorientiertes Kaizen, gruppenorientiertes oder personenorientiertes Kaizen. Kurzbeschreibung Konzept Kaizen bedeutet für die Mitarbeiter aller Ebenen eine große Herausforderung, da der bestehende Zustand immer wieder in Frage gestellt werden muss und man sich mit dem Erreichten nicht zufrieden geben darf. Mithilfe des Plan-Do-Check-Act Ablaufs werden gefundene Ideen schnellstmöglich umgesetzt und anschließend überprüft und verbessert. Auf diese Weise lässt sich das übergeordnete Ziel aller Kaizen-Bemühungen erreichen. Dafür können folgende Methoden eingesetzt werden.

Abbildung 28: Der Kaizen Schirm30

Nachteile 30

Masaaki (1992), Abb. 1.1 Seite | 36

PDCA-Zyklus

Tools zur Umsetzung

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  

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Gefahr, dass durch die aktive Mitarbeiterbeteiligung Führungskräfte, vor allem im mittleren Management, Einfluss und Privilegien verlieren Einführung führt zu einem großen zeitlichen Aufwand Mentalität der Japaner, die durch starke Gruppenorientierung gekennzeichnet ist

Vorteile    

Kosteneinsparungen Besseres Betriebsklima Mitarbeiter, die daran gewöhnt sind mitzudenken und eigenverantwortlich zu handeln Mitarbeiter mit hoher Arbeitsmoral

2.5.7 Quality Function Deployment Zielsetzung / Nutzen Ein Produkt hat eine exzellente Qualität, wenn die Ansprüche des Kunden mit der Leistung des Produkts möglichst genau übereinstimmen. Das Ziel des Quality Function Deployment ist es, das Produkt zu entwickeln, welches der Kunde tatsächlich wünscht.

Entwicklung von Produkten, die der Kunde tatsächlich wünscht

Anwendungsbereich Alle Abteilungen eines Unternehmens sind in Planung und Durchführung einzubeziehen, z.B. Verwaltung, Technik, Versorgung oder Pflege. Kurzbeschreibung Konzept QFD beschreibt eine durchgängige Methodik zur kunden- und marktorientierten Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen. Grundlage ist die Trennung der Kundenanforderung (was wird gefordert?) von den technischen Funktionen des Produkts (wie wird es erfüllt?). Ein Spezifikum im Ablauf von QFD ist die Generierung von Qualitätsplänen für Produkte, Konstruktion, Prüfablauf und Produktion. Innerhalb dieser Pläne steigt der Konkretisierungsgrad. Wie die einzelnen Qualitätspläne umgesetzt werden können, wird im unten stehenden Schaubild am Beispiel Produkt aufgezeigt.

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Trennung Kunden-anforderung von technischen Funktionen

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Abbildung 29: Anwendung der Quality Function Deployment Methode31

Nachteile    

Hoher zeitlicher, personeller und planerischer Aufwand Kostenintensiv Gefahr einer technischen, kaum zu bewältigenden Komplexität Gefahr von entstehenden Lücken beim Übergang vom formulierten Kundenwunsch zur technischen Umsetzung

Vorteile    

Logisch gegliederte Schritte bringen hohes Maß an Ordnung und Disziplin in die Projektgruppe Der Formalismus macht häufig erst komplexe Abläufe übersichtlich und offenbart Schwachpunkte Zielkonflikte (Kosten vs. Qualität) werden früh entdeckt Eine Erhöhung der Motivation wird durch frühes Kennenlernen und Kooperation wahrscheinlicher

2.5.8 EFQM Zielsetzung / Nutzen Das EFQM-Modell32 ist ein Selbstbewertungssystem, anhand dessen sich ein Unternehmen nach vorgegebenen neun Kriterien selbst einschätzen kann. Über eine objektivierte Punktvergabe werden die Ergebnisse dieser Selbstbewertung mit denen anderer Einrichtungen vergleichbar gemacht.

Selbstbewertungs-system zur Einschätzung des eigenen Unternehmens

Anwendungsbereich Das EFQM-Modell ist eine unverbindliche Rahmenstruktur die zur Bewertung des Fortschritts einer Organisation in Richtung Excellence eingesetzt wird. Kurzbeschreibung Konzept

31 32

vgl. 4managers (o.J.) EFQM = European Foundation for Quality Management Seite | 38

Unverbindliche Rahmenstruktur

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Das Modell berücksichtigt die Vorgehensweisen, mit denen nachhaltige Excellence in allen Leistungsaspekten erzielt werden kann. Es beruht auf der Prämisse, dass exzellente Ergebnisse im Hinblick auf Leistung, Kunden, Mitarbeiter und Gesellschaft durch eine Führung erzielt werden, die Politik und Strategie mit Hilfe der Mitarbeiter, Partnerschaften und Ressourcen sowie der Prozesse umsetzt. Die Leistungsaspekte sind in der folgenden Tabelle aufgeführt. Tabelle 4: EFQM Leistungsaspekte

Leistungsaspekt

Excellence …

Ergebnisorientierung

… erzielt Ergebnisse, die alle Interessengruppen der Organisation begeistern.

Ausrichtung auf den Kunden

… schafft nachhaltigen Kundennutzen.

Führung und Zielkonsequenz

… bedeutet visionäre und begeisternde Führung, gekoppelt mit Beständigkeit hinsichtlich der Zielsetzung.

Management mittels Prozessen und Fakten

… bedeutet, die Organisation durch ein Netzwerk untereinander abhängiger und miteinander verbundener Systeme, Prozesse und Fakten zu steuern.

Mitarbeiterentwicklung und -beteiligung

… maximiert den Beitrag der Mitarbeiter durch ihre Weiterentwicklung und Beteiligung.

Kontinuierliches Lernen, Innovation und Verbesserung

… nutzt Lernen zur Schaffung von Innovation und Verbesserungsmöglichkeiten, um den Status quo in Frage zu stellen und Änderungen zu bewirken.

Entwicklung von Partnerschaften

… entwickelt und erhält wertschöpfende Partnerschaften.

Soziale Verantwortung

… bedeutet, die Mindestanforderungen der gültigen Gesetze und

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Abbildung 30: Das EFQM Modell

Die Pfeile betonen die Dynamik des Modells und zeigen, dass Innovation und Lernen die Befähiger verbessern, was wiederum zu verbesserten Ergebnissen führt.

EFQM-Modell

Die Befähiger-Kriterien beschäftigen sich damit, wie die Organisation ihre Hauptaktivitäten abwickelt wogegen es bei den Ergebnis-Kriterien darum geht, welche Ergebnisse erzielt wurden.

Befähiger-Kriterien Ergebnis-Kriterien

Kernstück des Modells ist die so genannte RADAR-Logik (Results, Approach, Deployment, Assessment and Review).

RADAR

Innerhalb dieser offen gehaltenen Rahmenstruktur untermauern bestimmte Grundkonzepte das Modell. Die auf diesen Konzepten beruhenden Verhaltensweisen, Tätigkeiten oder Initiativen werden häufig als Total Quality Management im Sinne von umfassendem Qualitätsmanagement bezeichnet.33

33

vgl. EFQM (b) (1999-2003), Seite 5 Seite | 40

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Nachteile    

Die Arbeit mit dem EFQM-Modell hat kein definiertes Ende und ist auf Dauer und Kontinuität angelegt Erfolge sind nicht schnell sichtbar Die Selbstbewertungen bergen das Risiko blinder Flecken innerhalb der Organisation Bislang gibt es keine Zertifizierung, sondern nur verschiedene Stufen der Excellence, die die EFQM überprüfen und testieren kann

Vorteile   

Als offenes Modell propagiert es nicht den goldenen Weg, sondern zeigt auf, dass es viele Vorgehensweisen gibt, um hervorragende Qualität zu erreichen Stark darauf ausgerichtet, die Bezüge der Organisation zu ihrer Umwelt in das Qualitätsmanagement zu integrieren Der finanzielle Aufwand ist seitens der Organisation steuerbar und davon abhängig, für welches Qualitätsniveau man sich entscheidet

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Kontrollfragen zu Kapitel 2 

Definieren Sie den Begriff Geschäftsprozessmanagement!



Was versteht man unter dem magischen Dreieck des Prozessmanagements?



Nennen Sie die wesentlichen Aufgaben des Prozessmanagements!



Zeigen Sie an drei Beispielen den Nutzen von Prozessmanagement auf!



Erklären Sie kurz, was Supply Chain Management bedeutet!



Was ist der Unterschied zwischen Kaizen und Business Process Reengineering?



Was wird unter Total Quality Management verstanden?



Was bedeutet Quality Function Deployment?



Beschreiben Sie kurz, was hinter der Philosophie Lean Management steht!

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Prozessmanagement als Bindeglied zwischen Strategie und operativem Geschäft

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3 Prozessmanagement als Bindeglied zwischen Strategie und operativem Geschäft Lernziel In diesem Kapitel wird die Verbindung zwischen Strategie- und Prozessmanagement aufgezeigt. Sie sind in der Lage,     

die Begriffe Effizienz und Effektivität zu unterscheiden, die Verbindung zwischen Strategie und operativem Geschäft zu charakterisieren, Grundlagen der Balanced Scorecard und deren Verbindung zum Prozessmanagement darzustellen, die Bedeutung von Prozessmanagement für die Strategieumsetzung zu begründen, Prozessmanagement als geschlossenen Regelkreis darzustellen.

Einführung Strategie und operatives Geschäft sind nicht zwei voneinander getrennte Welten sondern Kernaufgaben der Unternehmensführung, die in sehr enger Verbindung zueinander stehen. Nur wenn die Strategie in das Tagesgeschäfts überführt werden kann, gelingt eine nachhaltige Strategieumsetzung. Zur Umsetzung der Strategie in den Abläufen des Unternehmens kommt dem Prozessmanagement eine Schlüsselfunktion zu. Die Zusammenhänge zwischen Strategie und operativem Geschäft sowie die Bedeutung des Prozessmanagements in diesem Kontext werden nachfolgend ausführlich erörtert.

Nutzen/ Anwendung Der Leser wird für Bedeutung und Quellen von Effizienz und Effektivität in Unternehmen sensibilisiert. Zudem wird erläutert, wie die Verbindung zwischen Strategie und operativem Geschäft mittels der Balanced Scorecard sichergestellt werden kann. Es wird vermittelt, weshalb Prozessmanagement als geschlossener Regelkreis „gelebt„ werden sollte und welche wesentlichen Schritte hierzu zu berücksichtigen sind.

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Prozessmanagement als Bindeglied zwischen Strategie und operativem Geschäft

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Effizienz und Effektivität als Kernziele von Unternehmen Unternehmen stehen unter starkem Druck, ständig innovative Produkte zu entwickeln, die die Kundenbedürfnisse optimal bedienen. Zudem müssen diese zeitnah auf den Markt gebracht und gleichzeitig durch effiziente Produktion zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Es bereitet Unternehmen häufig Schwierigkeiten, dieser Vielfalt an konkurrierenden Anforderungen gerecht zu werden. Um die Wettbewerbsposition erfolgreich zu behaupten oder auszubauen, müssen Unternehmen einerseits effektiv, andererseits effizient arbeiten.

Starker Druck, neue Produkte zu entwickeln

Effektivität = „Die richtigen Dinge tun“ Unternehmen arbeiten effektiv, wenn die richtigen Dinge in Angriff genommen und umgesetzt werden. Die Effektivität hängt maßgeblich mit der Strategie in Unternehmen zusammen, die wesentliche Rahmenbedingungen für das operative Geschäft festlegt.

Effektivität = „Die richtigen Dinge tun“

Beispiele:     

Die richtigen Märkte auswählen Die richtigen Produkte entwickeln Die richtigen Einflussfaktoren bestimmen Die richtigen Kernkompetenzen aufbauen Die richtigen Geschäftsprozesse definieren

In der Strategie werden wesentliche Rahmenbedingungen festgelegt, die hohen Einfluss auf die Effektivität haben:     

Strategie = Festlegung Rahmenbedingungen

Unternehmensvision Strategische Stoßrichtungen Strategische Maßnahmen Prozessstrategie etc.

Mangelnde Effektivität führt zu Unzufriedenheit bei den Stakeholdern des Unternehmens wie Kunden, Mitarbeitern oder Kapitalgebern, da wesentliche Unternehmensziele nicht erreicht werden können.

Mangelnde Effektivität = Unzufriedenheit

Effizienz = „Die Dinge richtig tun“ Unter Effizienz wird gemeinhin das Verhältnis von Einsatz und Ergebnis verstanden. Effizientes Wirtschaften bedeutet, die Ziele mit dem geringsten möglichen Ressourceneinsatz zu realisieren. Die Effizienz in Unternehmen hängt insbesondere von der Ausgestaltung der Prozessabläufe ab. Prozessmanagement unterstützt die Erhöhung der Effizienz durch eine nachhaltige Optimierung der Prozesse. Indikatoren der Effizienz: Das magische Dreieck 

Zeit Seite | 44

Effizienz = „Die Dinge richtig tun“

Magisches Dreieck

Prozessmanagement als Bindeglied zwischen Strategie und operativem Geschäft

 

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Leistung Kosten

 Forderung: Entwicklung Produkte mit hoher Qualität in kurzer Zeit mit geringen Kosten Häufige Ursachen für Effizienzprobleme sind …     

Betriebliche Abläufe sind intransparent Doppelarbeiten in verschiedenen Abteilungen Prozesse überladen mit nicht wertschöpfenden Aktivitäten Hoher Koordinationsaufwand durch viele Schnittstellen etc.

Beispiel Effektivität und Effizienz: „Frühstück im Krankenhaus“ Damit ein bestimmtes Ziel erreicht wird, genügt es nicht, dass ein Prozess besonders sparsam oder besonders effizient ist, sondern er muss immer in Zielrichtung gestaltet sein. Deshalb sagt man auch „Die richtigen Dinge tun“. Die Frage einer Zielerreichung wirft aber Fragen auf: Um welche Ziele geht es denn?

Prozess ist auf übergeordnetes Ziel ausgerichtet

Nehmen wir einmal die Frage der Bereitstellung und Verteilung des Frühstücks an die Patienten eines Krankenhauses: Was ist hier das Ziel? Wahrscheinlich in erster Linie die Zufriedenheit der Patienten und die Wirtschaftlichkeit (d.h. möglichst geringe Kosten). Also ist ein Prozess – wenn er gut gestaltet ist – auf ein übergeordnetes Ziel hin ausgerichtet und genau beschrieben. Idealerweise ist die Zielorientierung von Prozessen im Unternehmensleitbild begründet. Effizienz bedeutet, die Dinge richtig zu tun. Hinsichtlich des Beispiels „Frühstück im Krankenhaus“ ist dies wie folgt zu interpretieren: Wie viel Anstrengung kostet es, täglich das Frühstück in einem Krankenhaus bereitzustellen (von der Erfassung des Bedarfs bis zum Rücklauf der leeren Tabletts)? Je schlechter ein Ablauf gestaltet ist, je unklarer die Vorgaben, je umständlicher, desto geringer die Effizienz (als Maßstab für die Ressourcenwirtschaftlichkeit). Insofern ist die Arbeit an der Effizienz eines Prozesses immer auch das Bestreben, Reibungsverluste abzubauen, die Sandkörner im Getriebe zu identifizieren und zu entfernen.

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Je schlechter ein Ablauf gestaltet ist, desto schlechter die Effizienz

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Grundlagen des strategischen Managements Als strategisches Management bezeichnet man den Zweig der Betriebswirtschaftslehre, der sich mit den inhaltlichen Zielen und der Ausrichtung von Organisationen beschäftigt. Die Zeithorizonte im strategischen Management umfassen in der Regel zwei bis fünf Jahre, wobei strategisch nicht mit „längerfristig“ gleichzusetzen ist, strategische Pläne aber meistens einen längerfristigen Zeithorizont haben. Aufgrund der starken Überschneidung des Themas mit Fragen der Produktpolitik des Marketing und der Bedeutung für die Stakeholder des Unternehmens korrespondiert das strategische Management stark mit dem Begriff der Unternehmensführung

Strategisches Management beschäftigt sich mit: Entwicklung, Planung, Umsetzung

Das strategische Management beantwortet die Frage, wie sich ein Unternehmen langfristig entwickeln soll und wie Wettbewerbsvorteile nachhaltig erreicht und gesichert werden können: Wesentliche Aufgaben des strategischen Managements: 

Entwicklung einer Vision und eines Unternehmensleitbildes



Frühzeitiges Erkennen von sich ändernden Rahmenbedingungen, Risiken, Chancen sowie Stärken und Schwächen



Identifizierung von zukünftigen Tätigkeitsfeldern, Geschäftsfeldern und strategischen Geschäftseinheiten



Definition der Unternehmens- und Geschäftsstrategien



Identifizierung, Schaffung und Erhaltung von Kernkompetenzen, strategischen Erfolgsfaktoren und strategischen Erfolgs-positionen



Umsetzung der Strategieprämissen und der kritischen Einflussfaktoren

Aufgaben strategisches Management

Die Balanced Scorecard als Instrument des strategischen Managements Die Balanced Scorecard wurde von Robert Kaplan und David Norton auf Basis der Kritik an der einseitigen finanziellen Ausrichtung bestehender Kennzahlensysteme entwickelt und erstmals im Jahre 1992 veröffentlicht. Erste Praxiserfahrungen machten bereits Anfang der neunziger Jahre deutlich, dass das Nutzenpotenzial des Konzeptes wesentlich über die reine Leistungsmessung hinausgeht. Die Balanced Scorecard ist ein strategisches Managementsystem und bietet Potenziale zur Umsetzung von Unternehmensstrategien und der Handhabung der hierzu notwendigen kritischen Managementprozesse.34

34

vgl. Kaplan/ Norton (1997), Seite 10 Seite | 46

Balanced Scorecard ist ein strategisches Managementsystem

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Einsatz in Großkonzernen und im Mittelstand Die Balanced Scorecard hat inzwischen sehr weite Verbreitung in der Unternehmenspraxis gefunden. Hierbei wird das Konzept sowohl von Großkonzernen als auch mittelständischen Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen eingesetzt.35 Kernelemente der Balanced Scorecard Die Balanced Scorecard (BSC) basiert auf der Erwartung des Managements, eine ausgewogene Anzahl an finanziellen und nicht-finanziellen Steuerungsgrößen zur Verfügung zu haben.36 Das Konzept wird diesem Anspruch explizit gerecht, indem finanzielle Kennzahlen, die vergangene Leistungen reflektieren, um Messgrößen für die treibenden Faktoren zukünftiger LeisDie Balanced Scorecard ist ein Führungsinstrument 37 tungen ergänzt werden. Diese Betrachtungsweise spiegelt zur sich grundleStrategieentwicklung und -umsetzung gend in der Struktur des Konzeptes wider.

Ausgewogene Anzahl an Steuerungsgrößen

Finanzen

Potenziale

Kunden

Vision

Prozesse Abbildung 31: Perspektiven der Balanced Scorecard Die Balanced Scorecard… …betrachtet ein Unternehmen ausgewogen in verschiedenen Perspektiven

Charakteristisch für die BSC ist die umfassende Betrachtung eines Unter…zeigt dieaus Zusammenhänge zwischenNeben strategischen Zielen auf Perspektive sind nehmens vier Perspektiven. der finanziellen …macht dieidealtypischen Umsetzung strategischer Ziele durch messbar interne Gedies in der Form der BSC die Kennzahlen Bereiche Kunden, 38 schäftsprozesse sowie Rahmen Lernen für und BeiMitarbeiterführung den Bezeichnungen …bildet einen fundierten dieEntwicklung. strategieorientierte der Perspektiven sind in der wissenschaftlichen Literatur leichte Variationen festzustellen. So wird beispielsweise die Lern- oder Entwicklungsper© INCOVIS AG 2008 spektive häufig auch als Mitarbeiter- oder Potenzialperspektive bezeichnet.39 Ausgangspunkt und Basis der BSC stellen die Vision und Strategie eines Unternehmens dar. In der Vision erfolgt eine prägnant formulierte Darstellung, was ein Unternehmen in der Zukunft erreichen will.40 Im Rahmen der Strategie werden die Mittel und Wege zur Erreichung der langfristigen Unternehmensziele festgelegt.41 Kennzeichnend für die BSC ist die Konkretisierung der Strategie durch verschiedenste strategische Ziele in den einzelnen Perspektiven. Die Realisierung strategischer Ziele spiegelt sich darin

35 36 37 38 39 40 41

vgl. Morganski (2001), Seite 9 vgl. Horváth (1999), Seite 306 vgl. Kaplan/ Norton (1997), Seite 8 vgl. Kaplan/ Norton (1996), Seite 76 vgl. Morganski (2001), Seite 67 vgl. Bernhard/ Hoffschröer (2001), Seite 211 vgl. Staehle (1999), Seite 603 Seite | 47

Umfassende Betrachtung eines Unternehmens

Seite 6

Ausgangspunkt ist Vision und Strategie

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wider, inwiefern die Vorgaben für die entsprechenden Messgrößen erreicht werden. Strategische Maßnahmen sollen die Zielerreichung sicherstellen.42

Abbildung 32: Ursache-Wirkungsbeziehungen in der Balanced Scorecard 43

Die Strategie eines Unternehmens besteht nach Kaplan und Norton aus einem Bündel von Hypothesen über Ursachen und Wirkungen zwischen einzelnen strategischen Zielen. Dieser Tatsache soll Rechnung getragen werden, indem die Beziehungen zwischen Zielen der einzelnen Perspektiven explizit grafisch in sogenannten Strategy Maps dargestellt werden. Diese Ursache-Wirkungszusammenhänge ziehen sich dabei idealtypisch durch alle vier Perspektiven der BSC.

Abbildung 33: Strategy Map eines Konzernbereichs

42 43

vgl. Kaplan/ Norton (1997), Seite 8ff vgl. Kaplan/ Norton (1997), Seite 29 Seite | 48

Strategy Maps

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Bedeutung von Prozessmanagement für die Strategieumsetzung

Abbildung 34: Bezugspunkte des Geschäftsprozessmanagements

Geschäftsprozessmanagement und Geschäftsprozesse haben zwei Bezugspunkte. Der eine Bezugspunkt ist die Geschäftsstrategie. Sie bestimmt, welche Geschäftsprozesse erforderlich sind („was“) und welche strategischen Ziele in den Geschäftsprozessen umzusetzen sind („wie“). Das „Was“ und „Wie“ auf der vertikalen Achse der Abbildung bilden die Basis für die Identifikation und Zielausrichtung der Geschäftsprozesse. Bei einer unzureichenden strategischen Ausrichtung besteht die Gefahr, dass sich die Geschäftsprozesse zu stark an der operativen Effizienz orientieren und keine ausreichenden Beiträge zum langfristigen Ausbau der Erfolgspotenziale leisten. Änderungen der Geschäftsstrategie ziehen Änderungen der Geschäftsprozesse nach sich.44 Effizienz und Effektivität durch Geschäftsprozessmanagement erhöhen Ziel des Geschäftsprozessmanagements ist es, die Effizienz und Effektivität des Unternehmens zu erhöhen. Viele Effektivitätsprobleme und die meisten Effizienzprobleme haben ihre Ursache in nicht vorhandenen bzw. mangelhaft beherrschten Geschäftsprozessen. Es ist notwendig, der Zielsetzung (Effektivität) eine ebenso hohe Aufmerksamkeit wie der Zielumsetzung (Effizienz) zu schenken.

44

vgl. Schmelzer/ Sesselmann (2008), Seite 5 Seite | 49

Ursache von mangelhaft beherrschten Geschäftsprozessen sind Effektivitäts-/ Effizienzprobleme

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Die Prozessperspektive innerhalb der Balanced Scorecard Das Konzept der BSC macht die Bedeutung von Prozessen und Prozessmanagement für die Strategieumsetzung deutlich. Die Prozessperspektive stellt eines der Kernelemente des Konzeptes dar. In diesem Teil der Balanced Scorecard werden die strategischen Ziele verankert, die sich auf die Abläufe im Unternehmen beziehen. Dies ist die Basis, um die strategischen Kundenziele wie beispielsweise Kundentreue zu erreichen.

Prozessperspektive ist Kernelement der BSC

Die Darstellung der Ursache-Wirkungsbeziehungen zeigt, dass durch Geschäftsprozessmanagement die Verbindung zwischen Strategie und operativem Geschäft in einem Managementsystem verankert werden kann. Die strategischen Ziele der Balanced Scorecard legen die Grundlage für die Effektivität im Unternehmen, während die Optimierung der Prozesse im operativen Geschäft ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Effizienz von Unternehmen darstellt.

Abbildung 35: Beispiel strategischer Ziele in der Instandhaltung

Die hohe Bedeutung des Prozessmanagements für die Strategieumsetzung wird auch in einer aktuellen Studie der INCOVIS AG deutlich. Hierbei wurden Geschäftsführer und Vorstände von Unternehmen befragt, wie hoch diese den Anteil des operativen Geschäfts im Vergleich zu von strategischen Projekten zur Strategieumsetzung einschätzen. Über alle Unternehmensgrößen hinweg sind die Manager der Ansicht, dass ca. 70% der Strategieumsetzung durch das operative Geschäft und somit durch die optimale Gestaltung der Prozesse generiert wird und ca. 30% durch gezielte strategische Projekte erreicht werden. Prozessmanagement ist somit ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Strategieumsetzung von Unternehmen.

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Hohe Bedeutung des Prozessmanagements für Strategieumsetzung durch aktuelle INCOVIS Studie bestätigt

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Abbildung 36: Anteil an der Strategieumsetzung

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Prozessmanagement als Bindeglied zwischen Strategie und operativem Geschäft

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Geschäftsprozessmanagement als geschlossener Regelkreis

Abbildung 37: Geschäftsprozessmanagement-Systematik von NOVACESS

Geschäftsprozessmanagement ist kein einmaliges Projekt sondern Daueraufgabe in Unternehmen. Daher ist es für die nachhaltige Sicherung und Optimierung der Prozessleistung erforderlich, in geschlossenen Regelkreisen zu denken und zu handeln. Nachfolgend wird die Geschäftsprozesssystematik von NOVACESS vorgestellt, in der vier Hauptphasen des Prozessmanagements unterschieden werden. Diese dienen als Übersicht zu wesentlichen Aufgabenfeldern des Prozessmanagements. Der Umfang der Maßnahmen sowie die Abfolge einzelner Schritte sollte immer vor den individuellen Rahmenbedingungen in Unternehmen betrachtet und umgesetzt werden. Hierbei ist es wichtig, stets ein gutes Aufwand-Nutzenverhältnis im Prozessmanagement sicherzustellen. Großkonzerne mit einer Vielzahl an Prozessen und Prozessschnittstellen haben andere Anforderungen zur Ausgestaltung des Prozessmanagements als beispielsweise kleine und mittelständische Unternehmen.

Geschäftsprozess-management ist kein einmaliges Projekt sondern Daueraufgabe

Prozessstrategie

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Prozesslandkarte gibt Überblick über relevante Geschäftsprozesse

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Die Effektivität des Prozessmanagements hängt davon ab, in welchem Maße es gelingt, „die richtigen Dinge“ zu tun. Dies wird durch eine fundierte Prozessstrategie sichergestellt. Auf Grundlage des Reifegrades im Prozessmanagement (Stärken und Schwächen) sowie strategischer Vorgaben aus der Unternehmensstrategie werden konkrete Prozessziele und Maßnahmen zu deren Umsetzung abgeleitet. Die Prozesslandkarte gibt einen Überblick über die relevanten Geschäftsprozesse des Unternehmens und stellt somit das „Prozessportfolio“ des Unternehmens dar. Fokus des Prozessmanagements sind ausschließlich Prozesse, die für externe oder interne Kunden notwendig sind und somit direkt oder indirekt zur Wertschöpfung beitragen.

Abbildung 38: Übersicht Elemente Prozessstrategie

Prozesserfassung, -analyse und Konzeption In der Phase der Prozesskonzeption wird die Grundlage zur Verbesserung der Effizienz der Prozessleistung geschaffen. Durch die Aufnahme der IstProzesse wird Transparenz über die bestehenden Abläufe hergestellt. Anschließend werden die Prozessabläufe und Schnittstellen unter Einsatz passender Methoden analysiert und die Verbesserungspotenziale ermittelt. Die Handlungsfelder mit dem größten Nutzen werden dann in das Soll-Prozesskonzept übernommen. Dieses stellt die Modellierung der Abläufe dar, die künftig im Unternehmen umgesetzt werden.

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Grundlage zur Verbesserung der Effizienz

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Abbildung 39: Übersicht Elemente Prozesskonzeption

Prozessintegration und Implementierung Das „Glaubensbekenntnis“ des Prozessmanagements besteht in der Umsetzung der Prozesse. Hierzu ist es wichtig, dass Aufbau- und Ablauforganisation (Prozessorganisation) bestmöglich aufeinander abgestimmt sind. Möglicherweise muss die Organisationsstruktur prozessorientiert angepasst werden. IT-Systeme können ein wesentlicher „Beschleuniger“ zur Erhöhung der Prozesseffizienz darstellen. Allerdings setzt dies ein passendes Prozesskonzept als Grundlage voraus. Die Implementierung veränderter Prozessabläufe lässt sich nicht auf Knopfdruck in das Tagesgeschäfts überführen, sondern erfordert ein umfassendes Change Management. Die Mitarbeiter müssen geschult sowie der Nutzen von Veränderungen vermittelt werden. Dies ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, damit die modellierten Prozesse tatsächlich in den Köpfen verankert sind und im Tagesgeschäft gelebt werden.

IT-Systeme können „Beschleuniger“ sein

Abbildung 40: Übersicht Elemente Prozessintegration und -umsetzung

Integrierte Prozesssteuerung

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Überprüfung der Prozessleistung setzt voraus, dass die Prozessziele durch passende Kennzahlen operationalisiert werden

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Die Überprüfung der Prozessleistung setzt voraus, dass die Prozessziele durch passende Kennzahlen operationalisiert werden. Hierzu werden die strategischen Prozessziele, die beispielsweise in einer Balanced Scorecard verankert sind „herunter gebrochen“ bzw. konkretisiert. Die Prozesskennzahlen ermöglichen es, regelmäßig zu überprüfen, wie sich die operative Leistung im Zeitverlauf entwickelt. So kann beispielsweise auch überprüft werden, ob Maßnahmen zur Prozessverbesserung die gewünschten Wirkungen erzielt haben. Zur integrierten Prozesssteuerung gehört auch, die Anforderungen der Prozessstakeholder zu ermitteln und ggf. Maßnahmen abzuleiten. Zudem müssen die Risiken für die Geschäftsprozesse regelmäßig betrachtet und die Auswirkungen auf die Effektivität und Effizienz analysiert werden. Von zentraler Bedeutung für die nachhaltige Optimierung der Prozessleistung ist es, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren und so Erfahrungen aus dem operativen Geschäft für Verbesserungen zu nutzen.

Abbildung 41: Übersicht Elemente integrierten Prozesssteuerung

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Prozessmanagement als Bindeglied zwischen Strategie und operativem Geschäft

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Kontrollfragen zu Kapitel 3 

Was bedeutet Effektivität?



Erklären Sie den Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz



Nennen Sie vier Ursachen für Effizienzprobleme



Was wird als strategisches Management bezeichnet?



Was sind die wesentlichen Aufgaben des strategischen Managements? (Nennen Sie vier Stück)



Was ist die Balanced Scorecard und aus welchen Kernelementen besteht diese?



Was ist unter dem Begriff Strategie zu verstehen?



Was wird unter einer integrierten Prozesssteuerung verstanden?

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Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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4 Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen Lernziel In diesem Kapitel werden die Grundlagen zur Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen erörtert. Sie sind in der Lage,   

eine Prozesslandkarte zu charakterisieren und darzustellen, Teilprozesse in einem Funktionsbaum zu strukturieren, Prozesse und deren Merkmale anhand der SIPOC-Methode zu identifizieren und zu beschreiben.

Einführung Wesentlicher Teil der Prozessstrategie ist es, die Geschäftsprozesse im Unternehmen zu identifizieren und darzustellen. Erst wenn das „Prozessportfolio“ transparent ist, können Maßnahmen zur Prozessanalyse und -optimierung zielgerichtet durchgeführt werden. Die Identifizierung von Prozessen erfolgt auf mehreren Stufen. In diesem Kapitel werden Prozesse auf höherer Ebene betrachtet. Zunächst gilt es, die Prozesse zu identifizieren und in einer Prozesslandkarte darzustellen. Als nächsten Schritt werden die Teilprozesse identifiziert und visualisiert. Die Modellierung von Prozessen „im engeren Sinne“ (Ebene Aktivitäten) und die dabei relevanten Methoden, werden dann im Skript zur zweiten Präsenzphase ausführlich erörtert.

Nutzen/ Anwendung Es werden die wesentlichen Grundlagen zur Identifizierung und Darstellung von Prozessen auf höherer Ebene (Prozesse und Teilprozesse) vermittelt und welche hierbei relevanten Darstellungsvarianten und Methoden angewendet werden.

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Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Darstellung der Geschäftsprozesse in der Prozesslandkarte Prozesspyramide In Kapitel 1.6 wurde bereits aufgezeigt, wie die Detaillierungsebenen von Geschäftsprozessen in Form einer Prozesspyramide strukturiert werden können. Es wird dabei verdeutlicht, wie sich Prozesse hierarchisch verzweigen und somit das Verständnis für die Komplexität der Prozesslandschaft unterstützt. Die Prozesspyramide stellt die Prozesshierarchie in Unternehmen dar. Nach den Erfahrungen von NOVACESS hat sich eine Strukturierung in 3 Stufen bewährt. Es ist jedoch bei Bedarf auch eine Unterteilung nach weiteren Ebenen möglich. Je nach Hierarchieebene kommen zur Darstellung unterschiedliche Modelle zur Anwendung. Die oberste Ebene der Pyramide ist die Gesamtsicht der Prozesse des Unternehmens. Das Modell dafür ist die Prozesslandkarte. Auf höherer Ebene eigenen sich Funktionsbaum und Wertschöpfungskettendiagramme und auf unterer Ebene z.B. Ereignisgesteuerte Prozessketten.

Abbildung 42: Prozesspyramide

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Prozesspyramide stellt Prozesshierarchie im Unternehmen dar

Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Prozesslandkarte Die Prozesslandkarte stellt sämtliche Prozesse einer Organisation dar, sowie deren Verbindung nach außen. Dies ermöglicht eine übergeordnete Sicht auf die Prozesse einer Organisation.

Prozesslandkarte gibt einen Überblick über Geschäftsprozesse

Die Prozesslandkarte findet Anwendung, wenn eine Übersicht über die Ablauforganisation erarbeitet und anschließend dokumentiert werden soll. Auf Basis dieser Übersicht kann der zu untersuchende Bereich bei einer Organisationsanalyse besser abgegrenzt, Schnittstellen leichter ermittelt, Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen einzelnen Prozessen optimal analysiert werden. Die Erstellung einer Prozesslandkarte erfordert einen Überblick über sämtliche Prozesse der Organisation, ohne diese detailliert zu erfassen. Benötigte Informationen können mittels Dokumentenanalyse (QM-Handbuch, Ablaufdokumentationen, etc.) oder durch Interviews beschafft werden.

Erstellung erfordert Überblick über alle Prozesse

Abbildung 43: Von der Funktionsorientierung zur Prozessorientierung

Fragen bei Erstellung einer Prozesslandkarte Folgende Fragen sollten in diesem Zusammenhang gestellt werden:      

Wie kommt man zu authentischen Prozessmodellen? Woher bekommt man die Information, welche Prozesse in einem Unternehmen überhaupt existieren? Welche Geschäftsprozesse gibt es im Unternehmen? Wie hängen die einzelnen Prozesse zusammen und wie können sie gegeneinander abgegrenzt werden? Nach welchen Arten von Prozessen wird in der Prozesslandkarte unterschieden? Wie wird die Prozesslandkarte visualisiert?

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Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Vorgehensweise zur Erstellung der Prozesslandkarte: 1.

Zuerst werden die internen und externen Geschäftspartner (Kunden und Lieferanten) definiert. Anschließend wird der Informationsfluss zwischen den internen und externen Partnern aufgenommen (z.B. in Interviews) und daraus Informationen für die Prozesslandschaft abgeleitet.

2.

Ein wichtiger Schritt zur Identifizierung der Prozesslandkarte ist die Sichtung und Analyse vorhandener Dokumente. Dies können zum Beispiel Beschreibungen zum Geschäftsmodell, Strategiepapiere, QMHandbücher oder Ablaufdokumentationen sein. Es bietet sich an, die Extrakte dieser Dokumente im Rahmen eines Workshops mit Experten und Führungskräften zu analysieren.

3.

Ausgehend von Geschäftsmodell und Strategie sowie den gewonnen Informationen über die wesentlichen Abläufe im Unternehmen lassen sich nun die Geschäftsprozesse identifizieren, die direkt oder indirekt zur Wertschöpfung im Unternehmen erforderlich sind.

4.

Zur übersichtlichen Darstellung der Prozesse eines Unternehmens hat es sich bewährt, diese in einer Prozesslandkarte darzustellen. Hierzu gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Visualisierung. Einige Beispiele werden nachfolgend vorgestellt. Die Prozesse werden dabei in der Regel nach verschiedenen Prozessarten strukturiert.

Prozesslandkarte: Beispiel 1

Abbildung 44: Prozesslandkarte: Beispiel 1

Die obige Grafik zeigt eine sehr weit verbreitete Darstellungsvariante einer Prozesslandkarte. Um die Übersichtlichkeit der Prozesse zu erhöhen hat es sich bewährt, bei der Visualisierung nach Prozessarten zu unterscheiden.

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Identifizierung der Geschäftspartner

Dokumentensichtung

Identifizierung der Geschäftsprozesse

Visualisierung der Prozesslandschaft

Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Kategorisierung von Prozessen, wie bereits in Kapitel 1.5 ausführlich erörtert wurde. INCOVIS bevorzugt die Unterscheidung nach Managementprozessen, Kernprozessen, Unterstützungsprozessen sowie Prozessen zur Messung, Analyse und Verbesserung. Die Prozesslandkarte verdeutlicht, dass der Kunde sowohl Ausgangspunkt als auch Endpunkt der Abläufe eines Unternehmens darstellt. Ausgangspunkt sind die Anforderungen der Kunden, die in den Geschäftsprozessen zu Ergebnissen transformiert werden, die eine möglichst hohe Kundenzufriedenheit sicherstellen. Prozesslandkarte: Beispiel 2

Abbildung 45: Prozesslandkarte; Beispiel 2

Das obige Beispiel der Prozesslandkarte stellt ebenfalls eine Übersicht der Prozesse eines Unternehmens dar. Zudem werden im Bereich der Kernprozesse nicht nur die einzelnen Prozesse genannt, sondern zusätzlich auch die Teilprozesse dargestellt.

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Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Prozesslandkarte: Beispiel 3

Abbildung 46: Prozesslandkarte: Beispiel 3 45

45

Korn Consult (2006)

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Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Im dritten Beispiel einer Prozesslandkarte wird zwischen den Prozessarten „Strategische Prozesse“, „Kundenprozesse“ und „Unterstützende Prozesse“ unterschieden. Zudem werden innerhalb der Kategorien weitere Cluster gebildet. Die strategischen Prozesse werden z.B. nach Verantwortung der Leistung und Management der Ressourcen unterteilt. Generell sollte die Prozesslandkarte so einfach wie möglich und so differenziert wie nötig dargestellt werden, so dass ein fundierter Überblick über die Prozesse gewährleistet ist. Welche Darstellungsform für ein Unternehmen am besten geeignet ist, hängt letztlich von individuellen Rahmenbedingungen wie Unternehmensgröße oder dem Geschäftsmodell ab.

Identifizierung und Darstellung von Teilprozessen Funktionsbaum Grundlegend für den Funktionsbaum ist der Funktionsbegriff. Eine Funktion beschreibt eine Aufgabe bzw. eine Tätigkeit innerhalb eines komplexen Zusammenhangs.

Eine Funktion beschreibt eine Aufgabe/Tätigkeit

Der Funktionsbaum ist ein Diagramm, welches die Abhängigkeiten von Funktionen eines Systems untereinander beschreibt. Er wird häufig verwendet, um die hierarchische Struktur von Prozessen bzw. Teilprozessen zu visualisieren. Ein Funktionsbaum stellt eine mehrstufige hierarchische Gliederung von Teilfunktionen bzw. Teilprozessen dar.

Abbildung 47: Beispiel eines Funktionsbaums 46

Ein Funktionsbaum kann sehr komplex und dann unübersichtlich werden. In solchen Fällen ist eine weitere Strukturierung notwendig. Es sollten in einer Übersicht maximal drei Hierarchieebenen dargestellt werden. Weitere Detaillierungen des Funktionsbaums werden in separaten Detailübersichten dargestellt. 46

IDS/ARIS-Toolset

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Funktionsbaum kann komplex und unübersichtlich werden

Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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SIPOC-Methode Zielsetzung / Nutzen Das Ziel der SIPOC-Methode ist es, Prozesse in Bezug auf: Lieferant Input Prozess Output und Kunde zu erfassen. Prozesse in Bezug auf: Lieferant Input Prozess Output und Kunde

Abbildung 48: Darstellung einer SIPOC

Hierbei handelt es sich um eine erste grobe Erfassung, die helfen soll, alle relevanten Prozessbeteiligten zu identifizieren. Anwendungsbereich SIPOC ist ein Werkzeug zur Identifizierung und Analyse von Prozessen. Es hat seinen Namen als englischsprachiges Akronym der logischen Abfolge von Supplier-Input-Process-Output-Customer erhalten. Kurzbeschreibung Konzept Zur Prozessanalyse wird in eine tabellenartige Darstellung eingetragen, welche Lieferanten (Supplier) welche Einsatzfaktoren (Input) liefern. Weiterhin werden die wesentlichen Prozessschritte notiert, die aus dem Input das Prozessergebnis (Output) erzeugen. Die letzte Spalte der Tabelle gibt an, wer die Kunden des Prozesses sind. Dies können sowohl Endkunden als auch andere Prozesse im Unternehmen sein. Tabelle 5: SIPOC Aufbau

Supplier

Input

Process

Output

Customer

______ ______ ______

______ ______ ______

6-7 Prozessschritte

______ ______ ______

______ ______ ______

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Werkzeug zur Identifizierung von Prozessen

Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Supplier: Dies kann jeder interne oder externe Zulieferer oder Service-Anbieter für den Prozess sein.

Supplier

Input: Beschrieben werden hiermit die Eingangsgrößen, die ein Prozess benötigt, um eine entsprechende Ausgabe - ein Produkt oder einen Service zu erzeugen.

Input

Process: Die eigentliche Durchführung der gestellten Aufgabe. Der Prozess stellt aus den Eingangsgrößen unter Verwendung von Ressourcen ein entsprechendes Ergebnis als Ausgangsgröße her. Auf den Prozess wirken negative Einflussgrößen (Opportunities) ein, die ja nach ihrer Relevanz für den Kunden als "Critical to Quality" eingestuft werden. Je weniger sich diese Opportunities auf den Output des Prozesses qualitativ auswirken, desto "robuster" ist der Prozess.

Process

Output: Das Ergebnis eines Prozesses. Bei einer Prozesskette stellt der Output eines Prozess-Schrittes den Input des Folgeschrittes dar.

Output

Customer: Der Empfänger der Ergebnisse eines Prozesses ist der Kunde. Dies gilt ebenfalls für die Betrachtung einzelner Prozessschritte

Customer

Ein Beispiel der SIPOC-Methode ist auf der nächsten Seite dargestellt. Es handelt sich hierbei um den Prozess zur Prüfung eines Prototyps.

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Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Beispiel SIPOC „Prüfung eines Prototyps“

Abbildung 49: Beispiel einer SIPOC

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Identifizierung und Darstellung von Prozessen und Teilprozessen

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Kontrollfragen zu Kapitel 4 

Was versteht man unter einer Prozesspyramide und in welche hierarchischen Stufen kann diese gegliedert werden?



Was wird in einer Prozesslandkarte dargestellt und wie wird bei der Erstellung vorgegangen?



In welche Prozessarten lässt sich die INCOVIS Variante der Prozesslandkarte aufteilen und was wird unter den verschiedenen Prozessarten verstanden?



Was wird unter einer Funktion verstanden?



Was versteht man unter einem Funktionsbaum?



Was ist die Zielsetzung der SIPOC-Methode?



Beschreiben Sie kurz das Konzept einer SIPOC.

Literaturverzeichnis

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Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Barrieren zw. Organisationseinheiten behindern Wertschöpfung ..................... 2 Abbildung 2: Ermittlung der Wertschöpfung von Aktivitäten .......................................... 3 Abbildung 3: Reaktionszeit am Markt als Erfolgsfaktor ................................................. 3 Abbildung 4: Wettbewerbsfaktor Zeit ..................................................................... 4 Abbildung 5: Entgangener Deckungsbeitrag (Automobilbranche) ...................................... 5 Abbildung 6: Funktionsorientierte vs. prozessorientierte Sichtweise ................................. 7 Abbildung 7: Quellen für ineffiziente Prozessabläufe ................................................... 8 Abbildung 8: Merkmale: Organisationsorientierung vs. Prozessorientierung ......................... 8 Abbildung 9: Von der Weisungsorientierung zur Prozessverantwortung .............................. 9 Abbildung 10: Beispiel: Informationsfluss bei einer Kundenanfrage .................................. 9 Abbildung 11: Schnittstellenprobleme zwischen Organisationseinheiten .......................... 10 Abbildung 12: Unterscheidung zwischen Prozess und Geschäftsprozess ............................ 12 Abbildung 13: Darstellung Prozess ....................................................................... 12 Abbildung 14: Kunden-Lieferanten-Beziehungen....................................................... 13 Abbildung 15: Merkmale von Prozessen im Überblick ................................................. 13 Abbildung 16: Übersicht primärer Geschäftsprozesse im Industrieunternehmen ................. 16 Abbildung 17: Prozessaufbaustruktur .................................................................... 17 Abbildung 18: Auftragsabwicklungsprozess ............................................................. 17 Abbildung 19: Prozesspyramide........................................................................... 18 Abbildung 20: Interne und externe Stakeholder ....................................................... 19 Abbildung 21: Spannungsfelder des Prozessmanagements............................................ 23 Abbildung 22: Das magische Dreieck des Prozessmanagements ..................................... 23 Abbildung 23: Aufgaben des Prozessmanagements .................................................... 24 Abbildung 24: Struktur eines prozessübergreifenden QM-Systems .................................. 26 Abbildung 25: Entwicklung zum Prozessmanagement ................................................. 27 Abbildung 26: Veränderung der Prozesssichtweise im Zeitverlauf .................................. 30 Abbildung 27: Zusammenhang Hauptziele des SCM .................................................... 31 Abbildung 28: Der Kaizen Schirm ......................................................................... 36 Abbildung 29: Anwendung der Quality Function Deployment Methode ............................. 38 Abbildung 30: Das EFQM Modell .......................................................................... 40 Abbildung 31: Perspektiven der Balanced Scorecard .................................................. 47 Abbildung 32: Ursache-Wirkungsbeziehungen in der Balanced Scorecard .......................... 48 Abbildung 33: Strategy Map eines Konzernbereichs ................................................... 48 Abbildung 34: Bezugspunkte des Geschäftsprozessmanagements ................................... 49 Abbildung 35: Beispiel strategischer Ziele in der Instandhaltung ................................... 50 Abbildung 36: Anteil an der Strategieumsetzung ...................................................... 51 Abbildung 37: Geschäftsprozessmanagement-Systematik von NOVACESS .......................... 52 Seite | 70

Tabellenverzeichnis

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Abbildung 38: Übersicht Elemente Prozessstrategie .................................................. 53 Abbildung 39: Übersicht Elemente Prozesskonzeption ................................................ 54 Abbildung 40: Übersicht Elemente Prozessintegration und -umsetzung ............................ 54 Abbildung 41: Übersicht Elemente integrierten Prozesssteuerung .................................. 55 Abbildung 42: Prozesspyramide........................................................................... 58 Abbildung 43: Von der Funktionsorientierung zur Prozessorientierung ............................. 59 Abbildung 44: Prozesslandkarte: Beispiel 1 ............................................................. 60 Abbildung 45: Prozesslandkarte; Beispiel 2 ............................................................. 61 Abbildung 46: Prozesslandkarte: Beispiel 3 ............................................................. 62 Abbildung 47: Beispiel eines Funktionsbaums .......................................................... 63 Abbildung 48: Darstellung einer SIPOC .................................................................. 64 Abbildung 49: Beispiel einer SIPOC ...................................................................... 66

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Notwendigkeit stärkerer Prozessorientierung am Bsp. Automotive ...................... 5 Tabelle 2: Typisierung von Prozessarten ................................................................ 16 Tabelle 3: Beziehungen zwischen GPM und anderen Konzepten/ Methoden....................... 30 Tabelle 4: EFQM Leistungsaspekte ....................................................................... 39 Tabelle 5: SIPOC Aufbau ................................................................................... 64

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