Interkulturelle –ffnung 12.6.

January 30, 2018 | Author: Anonymous | Category: Sozialwissenschaften
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Die Umsetzung der interkulturellen Öffnung in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit Eine Arbeitshilfe für die Praxis

Impressum Herausgeber: AWO Bundesverband e.V. Verantwortlich: Rainer Brückers Redaktion: Wolfgang Barth, Dr. Talibe Süzen, Fachbereich Migration © AWO Bundesverband e.V. Postfach 41 0163, 53023 Bonn Oppelner Str. 130, 53119 Bonn Telefon: 02 28/66 85-0; Fax: 02 28/66 85-2 09 E-Mail: [email protected] http://www.awo.org Geschäftsstelle Berlin: Blücherstr. 62/63, 10961 Berlin Layout: Sabine Marx, Andernach Druck: Druckpunkt Offset GmbH, Bergheim Bonn, Mai 2006 Abdruck auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages oder Herausgebers. Alle Rechte vorbehalten.

Die Umsetzung der interkulturellen Öffnung in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit Eine Arbeitshilfe für die Praxis

Ergebnisse einer Fachtagung vom 13.-15. April 2005 in Remagen-Rolandseck

Inhalt

Inhalt Programm der Tagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Fachvorträge Aktueller Stand und Strategien des Bundesverbandes im interkulturellen Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Barth Strategien und Hindernisse auf dem Weg zur interkulturellen Orientierung und Öffnung Dieter Filsinger

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Stolpersteine auf dem Weg zur interkulturellen Öffnung der Sozialen Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Gaitanides

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Vom interkulturell orientierten Qualitätsmanagement zur regionalen interkulturellen Qualitätsentwicklung in München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Handschuck

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In kultureller Vielfalt miteinander leben, voneinander lernen und die „Interkulturelle Öffnung“ in Hannover gestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzu Altu¯g

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Interkulturelle Trainings am Beispiel von INKUTRA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Kircher

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2. Bericht aus der Praxis Die vier verschiedenen Dimensionen bei der Umsetzung der interkulturellen Öffnung: Helmut Hertz: Karl-August Schwarthans: Gönül Sebibucin: Heike Arnecke:

Interkulturelle Interkulturelle Interkulturelle Interkulturelle

Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung

ist Teil der Personalentwicklung . . . . . als Leitungs- und Managementaufgabe als Kundenorientierung . . . . . . . . . . . durch Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Arbeitsgruppen Good-Practice-Beispiele in vier Handlungsfeldern: Kita: Jugendhilfe: Altenhilfe Suchthilfe

Annette Schnitzler, AWO Kreisverband Essen e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebehat Eroglu-Schulze; Hans-Dieter Kolb AWO Kreisverband Solingen e. V. Hubert Reiss, AWO Kreisverband Stuttgart e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doris Heckmann-Jones, AWO Kreisverband Mettmann e. V. . . . . . . . . . . . .

Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Publikationen der AWO zum Thema „Interkulturelle Öffnung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

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Programm der Tagung

Tagungsprogramm Die Umsetzung der interkulturellen Öffnung in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit

Mittwoch, 13. April 2005 13:00

Anreise/Kaffee

14:00-14:30

Begrüßung: Wolfgang Barth, AWO Bundesverband

14:30- 15:15

Prof. Dr. Dieter Filsinger: Strategien und Hindernisse auf dem Weg zur interkulturellen Orientierung und Öffnung

15:15-16:00

Wolfgang Barth: Aktueller Stand und Strategien des Bundesverbandes im interkulturellen Prozess

16:00 – 16:30

Diskussion

16:30 -16:45

Kaffeepause

16:45-18:00

INKUTRA

18:00

Abendessen

Donnerstag, 14.04.2005 9:00 -11:00

Die vier verschiedenen Dimensionen bei der Umsetzung der interkulturellen Öffnung Interkulturelle Öffnung ist eine Leitungs- und Managementaufgabe, Karl-August Schwarthans, AWO Kreisverband Duisburg e. V. Interkulturelle Öffnung ist Teil der Personalentwicklung, Helmut Herz, Geschäftsführer AWO Kreisverband Nürnberg e. V. Interkulturelle Öffnung als Kundenorientierung, Gönül Sebibucin, AWO Kreisverband Göppingen e. V. Interkulturelle Öffnung durch Vernetzung, Heike Arnecke, AWO Kreisverband Bremen e. V.

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11:00- 12:00

Podiumsdiskussion „Was macht die Qualität der interkulturellen Arbeit aus?“

12:00 -14:00

Mittagspause

Programm der Tagung

14:00-18:00

Arbeitsgruppen AG 1: Kita

Moderation: Susanne Bourgeois AWO Bundesverband und Annette Schnitzler, AWO Kreisverband Essen e. V.

AG 2: Jugendhilfe Moderation: Dr. Talibe Süzen AWO Bundesverband und Nebehat Eroglu-Schulze; Hans-Dieter Kolb AWO Kreisverband Solingen e. V.

18:00

AG 3: Altenhilfe

Moderation: Dragica Baric-Bündel AWO Bundesverband und Hubert Reiss, AWO Kreisverband Stuttgart e. V.

AG 4: Suchthilfe

Moderation: Hedi Boss AWO Bundesverband und Doris Heckmann-Jones, AWO Kreisverband Mettmann e. V.

Abendessen

Freitag, 15.04.2005 9:00-10:00

Auswertung der Arbeitsgruppen

10:00-11:30

Podiumsdiskussion „Sozialarbeit im Einwanderungsland“ – eine gemeinsame Aufgabe von Politikverbänden und Kommunen – Prof. Dr. Stefan Gaitanides, Fachhochschule Frankfurt/Main Arzu Altu¯g, Landeshauptstadt Hannover, Referat für interkulturelle Angelegenheiten Sabine Handschuck, Stelle für interkulturelle Arbeit der Landeshauptstadt München Wolfgang Barth, AWO Bundesverband

11:30-11:45

Verabschiedung, Wolfgang Barth

12:00

Mittagessen/Abreise

Veranstalter:

AWO Bundesverband AWO-Akademie Helene Simon

Tagungsleitung:

Wolfgang Barth und Dr. Talibe Süzen, AWO Bundesverband

Moderation der Tagung: Marion Baldus, Heidelberg

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Vorwort

Vorwort Liebe Leserin und lieber Leser, die Arbeiterwohlfahrt (AWO) sieht es als ihre Aufgabe an, Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen den Zugang zu allen Angeboten und Diensten des Einwanderungslandes zu ermöglichen. Im politischen Integrationsdiskurs setzt sich die AWO für die rechtliche Gleichstellung aller Bürger und Bürgerinnen ein und versteht Integration als sozialpolitischen Gestaltungsauftrag. Schon in ihrem Grundsatzprogramm von 1998 definierte die AWO interkulturelle Arbeit als wichtigen Beitrag zur Gestaltung des unumkehrbaren Einwanderungsprozesses. Im April 2005 hat der Fachbereich Migration des Bundesverbandes die traditionelle Jahrestagung in Rolandseck durchgeführt. Das Ziel der Jahrestagung war vor allem, die unterschiedlichen Möglichkeiten, Umsetzungsstrategien und den Stand des interkulturellen Prozesses im Verband und in der Praxis zu beleuchten, um so diesen Prozess begleiten und die damit verbundenen Anforderungen sowohl auf der Verbandsebene als auch auf der kommunalen und politischen Ebene präzisieren zu können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AWO-Einrichtungen sollten mit der Veranstaltung die Möglichkeit bekommen, ihre Praxiserfahrungen in die Diskussion einzubringen, erfolgreiche Good-Practice-Modelle kennen zu lernen und eigene Ideen für die Umsetzung der interkulturellen Öffnung in ihrer Einrichtung zu entwickeln. Die Jahrestagung konzentrierte sich auf die Fragen: Was macht die Qualität der interkulturellen Arbeit aus? Und nicht zuletzt, wie ist der Stand seit dem Beschluss der Bundeskonferenz der AWO (2000) mit dem sich AWO verpflichtete, all ihre bestehenden und neuen Dienste und Einrichtungen interkulturell zu öffnen und ihre Dienstleistungsangebote so zu gestalten, dass die Migrantenpopulation entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil in den Einrichtungen der AWO repräsentiert ist. Mit diesem Thema beschäftigten sich drei Tage lang engagierte Mitarbeiter/-innen aus den Bereichen Jugendhilfe, Altenhilfe, Suchthilfe, Kita, Migrationssozialdienste und Jugendmigrationsdienste. In Rolandseck wurden gemeinsam mit namhaften Experten und Expertinnen aus der Wissenschaft und der Praxis und politisch Verantwortlichen aus der Kommunalebene die „Umsetzungsstrategien“ und „Stolpersteine“ einer interkulturellen Öffnung diskutiert. Die präsentierten und diskutierten Praxisbeispiele aus den verschiedenen Handlungsfeldern sozialer Arbeit haben bewiesen: Die AWO kann inzwischen auf zahlreiche erfolgreich umgesetzte interkulturelle Konzepte zurückgreifen. Die Arbeiterwohlfahrt versteht die interkulturelle Öffnung als einen Teil der Qualitätsentwicklung ihrer Angebote, die sich an alle in einer Einwanderungsgesellschaft lebenden Menschen mit Bedarf an Hilfsangeboten richten. Wir freuen uns Ihnen die Arbeitsergebnisse der Jahrestagung bzw. Anregung und Impulse auf dem Weg zur interkulturellen Praxis in diesem Heft vorlegen zu können. In diesem Sinne wünschen wir allen engagierten Kollegen und Kolleginnen, dass die vorliegende Dokumentation bei der Fortsetzung und Weiterentwicklung ihrer interkulturellen Arbeit nützlich sein wird.

Die Jahrestagung wurde durch Marion Baldus moderiert.

Im Namen des Fachbereichs Migration Talibe Süzen

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1. Fachvorträge

1. Fachvorträge Wolfgang Barth

Interkulturelle Orientierung und Interkulturelle Öffnung der sozialen Dienstleistungen

Warum interkulturelle Öffnung? „Die Bundesrepublik ist kein Einwanderungsland“ – diese Formel war jahrzehntelang die Grundlage für migrationspolitische Entscheidungen aller Bundesregierungen. Im Verlauf der Einwanderungsgeschichte der Bundesrepublik hat dieser Satz zunehmend den Charakter einer mythischen Beschwörungsformel angenommen, weil sie mit der Einwanderungsrealität zunehmend nichts mehr zu tun hatte. Über Jahrzehnte hinweg hat die Politik daran festgehalten. Ausgehend von diesem migrationspolitischen Grundsatz war es möglich, dass Einwanderer/-innen in vielen gesellschaftspolitischen Bereichen und in vielen sozialpädagogischen Praxisfeldern nicht als Kun-

den und nicht als Zielgruppe wahrgenommen wurden. Die Hilfesysteme haben vielfach entweder ihre Nichtzuständigkeit erklärt, indem sie auf die existierenden Migrationsozialdienste als zuständige Hilfeinstanz verwiesen haben, oder den farbenblinden Ansatz gewählt, indem sie versicherten, doch für alle, die ihrer Hilfe und Unterstützung bedürfen, da zu sein. Erst mit der Verabschiedung des neuen Staatsangehörigkeitsrechtes, das erstmals Elemente des so genannten Geburtsrechts vorsieht, wurde eine politische und migrationspolitische Änderung erkennbar. Bis dahin galt im Staatsangehörigkeitsrecht ausschließlich das so genannte Abstammungsrecht, wonach deutscher Staatsbürger nur werden kann, wenn er oder sie von Deutschen abstammt. Zwar

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1. Fachvorträge

war es durchaus auch für Ausländer möglich, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, aber nur nach einem sehr komplizierten Verfahren. Nach dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht erhalten Kinder von Migranten/-innen, die in der Bundesrepublik geboren werden, unter bestimmten Bedingungen die deutsche Staatsangehörigkeit. Damit ist politisch ansatzweise anerkannt worden, dass die Bundesrepublik ein Einwanderungsland ist. Die Unabhängige Kommission Zuwanderung hat in ihrem Bericht vom Sommer 2001 folgende Position eingenommen: „Deutschland ist kein Einwanderungsland“ ist aus heutiger Sicht als Maxime für eine deutsche Zuwanderungs- und Integrationspolitik unbrauchbar geworden“ (UKZ, S. 12). Die Ergebnisse der defensiven migrationspolitischen Haltung lassen sich an den Ergebnissen in der Sozialberichtserstattung des Bundes und der Länder ablesen. All diese Berichte – zu erwähnen sind: der 11. Kinder- und Jugendbericht, der 3. Altenbericht, der 6. Familienbericht, der 1. Armuts- und Reichtumsbericht, der 1. Sicherheitsbericht – kommen zu dem Ergebnis, dass Einwanderer/-innen unterdurchschnittlich an den präventiven Maßnahmen der sozialen Hilfesysteme partizipieren. Der dokumentierten, unzureichenden soziale Versorgung entspricht dann auch noch eine weit unterdurchschnittliche Bildungssituation. Seit den internationalen Bildungsstudien PISA und Iglu ist bekannt, dass der Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland äußerst schlecht ist. Das Konzept der interkulturellen Orientierung und Öffnung verfolgt das Ziel und die Idee, die Ungleichbehandlung von Einwanderer/-innen in den sozialen Hilfesystemen zu überwinden. Soziale Arbeit generell ist ebenfalls mit dem Mandat und der gesellschaftlichen Aufgabe ausgestattet, soziale Benachteiligung und Ausgrenzung zu überwinden. Das Konzept der interkulturellen Orientierung kann deshalb als Soziale Arbeit in einer Einwanderungsgesellschaft verstanden und gelesen werden. Dieses Argument wird durch das Grundgesetz gestützt. Artikel 20 des Grundgesetzes enthält das so genannte Sozialstaatsgebot. Danach ist die Bundesrepublik ein demokratischer, sozialer Rechtsstaat. Das Sozialstaatsgebot gilt ausdrücklich für alle Bewohner der Bundesrepublik Deutschland und ist keineswegs nur deutschen Staatsangehörigen vorbehalten. Das Sozialstaatsgebot gilt für Jederman und Jederfrau.

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Die Erfahrungen in allen sozialen Hilfesystemen zeigen, dass dieser Ansatz seinerseits ungewollt und unbewusst Ausgrenzung von Einwanderer/ -innen produzieren kann. Dann nämlich, wenn sich Migranten/-innen mit ihren Handlungs- und Deutungsmustern, mit ihren Themen, Biographien und Lösungsmustern in den deutschen, mittelschichtorientierten Hilfesystemen nicht angenommen fühlen. Wenn also Einwanderer/-innen möglicherweise andere Konzepte von Sucht und Krankheit, von Hilfe und Unterstützung, von Ich und Wir, von Religion und Kultur, Alter und Kindheit, von Erziehung und Selbstständigkeit in die Hilfe- und Unterstützungssysteme einbringen und von diesen nicht wahrgenommen und nicht akzeptiert werden, dann kann auch die angebotene Dienstleistung nur schwer angenommen werden. Die Chiffre von der Interkulturellen Öffnung wird hier also gelesen als ein sozialpolitisches Konzept zur Teilhabe von Einwanderern an sozialen Dienstleistungen. Allerdings ist diese Chiffre für die unterschiedlichen Handlungsfelder noch sehr undifferenziert ausgebildet. Die Konkretisierung für die einzelnen Handlungsfelder steht noch aus. Die Fachtagung ist ein erster Versuch, der handlungsfeldspezifischen Ausdeutung auf die Spur zu kommen. Denn natürlich haben alle Handlungfelder der Sozialen Arbeit ihre je eigenen Handlungsroutinen und Selbstverständlichkeiten herausgebildet. Insofern ist es selbstverständlich, das die Umsetzung der interkulturellen Öffnung sich in den einzelnen Handlungsfelern unterschiedlich konkretisiert. Anders gesagt; die Forderung nach der interkulturellen Öffnung versteht die Arbeiterwohlfahrt als sozialpolitischen Gestaltungsauftrag in der Einwanderungsgesellschaft. Wie aber diese Forderung in den Kindertagesstätten, in den Jugendfreizeiteinrichtungen, in der Jugendgerichtshilfe, in den Seniorenstätten usw. konkret umgesetzt wird, das versuchen wir in dieser Arbeitshilfe nachzuzeichnen.

Bausteine der interkulturellen Öffnung Analysiert man die vorliegenden Konzepte der interkulturellen Öffnung, die für verschiedenen Handlungs- und Praxisfelder sozialer Arbeit entwickelt worden sind, so kann man verschiedene Bausteine für die Umsetzung erkennen. Einigkeit besteht darin, dass es sich bei der Initiierung der interkulturellen Öffnung gleichzeitig um eine Leitungsaufgabe („topdown“) und eine Aufgabe der Arbeitsteams und der Mitarbeiter ( bottom-up) handelt.

1. Fachvorträge

Interkulturelle Öffnung als Leitungsaufgabe Für die Umsetzung der interkulturellen Öffnung ist die Leitungsebene in besonderer Weise verantwortlich. Zur nachhaltigen Umsetzung ist es erforderlich, dass der Prozess und das Ziel der Interkulturellen Öffnung im Leitbild, im Qualitätsmanagement und in der Konzeption der jeweiligen Einrichtung beschrieben werden.

Beispiel für eine Grundsatzentscheidung eines Wohlfahrtsverbandes

trauen untereinander überwunden werden.“ (Stadt Essen, Konzept für die interkulturelle Arbeit in der Stadt Essen, 1999)

Interkulturelle Öffnung als Teamentscheidung Interkulturelle Öffnung muss sowohl von „oben“ als auch von „unten“ gewollt und akzeptiert werden. Deshalb ist es wichtig, dass auch das jeweilige Arbeitsteam, z. B. der Suchthilfe hinter dieser Aufgabe steht.

Die Bundeskonferenz der Arbeiterwohlfahrt hat für die Gesamtorganisation folgenden Beschluss gefasst:

Beispielhaft seien hier die Bedingungen für die Teamentscheidung einer Erziehungsberatungsstelle zur interkulturellen Öffnung dokumentiert:

Gestaltung der Einwanderung als Zukunftsaufgabe der AWO

Politische Akzeptanz und finanzielle Unterstützung auf Landes- und kommunaler Ebene. Ideologische und finanzielle Unterstützung durch den Träger der Einrichtung. Teamentscheidung zur Arbeit mit Migranten/ -innen. Teamentscheidung zur Arbeit in einem interkulturellen Team. Teamentscheidung zur niederschwelligen Arbeit. Zeit- und energieaufwändige Auseinandersetzung um das Thema „Migration“. Einsatz systemischer Prämissen: Offenheit, Neugier und Respekt als Arbeitsmittel. Akzeptanz von Unterschieden und Fremdheit. Bewusstsein für die persönlichen kulturellen Hintergründe der Beraterinnen. Wissen über die kulturellen Hintergründe des Klientels. Festanstellung einer muttersprachlichen, migrationserfahrenen Berater/-in. Intensive Öffentlichkeits- und Multiplikatorenarbeit. Anlaufstelle der Erziehungsberatungsstelle im Hauptwohngebiet der Migranten/-innen.

Alle AWO-Gliederungen werden aufgefordert, bestehende und neue Dienste und Einrichtungen interkulturell zu öffnen, indem darauf geachtet wird, dass Migranten/-innen ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend in den Angeboten repräsentiert sind; dass konzeptionell, organisatorisch und personell den Bedürfnissen von Migranten/-innen in den Einrichtungen und Maßnahmen entsprochen wird. Begründung: Die Arbeiterwohlfahrt versteht die Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft als eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Zukunftsaufgaben. Wir sind davon überzeugt, dass die Interkulturalität unserer sozialen Dienstleistungen ein zentrales Qualitätsmerkmal unserer Angebote, Maßnahmen und Projekte ist. Die Arbeiterwohlfahrt versteht diesen Prozess der interkulturellen Öffnung als wichtige Managementaufgabe der verschiedenen Gliederungsebenen.

Beispiel für eine Leitbildformulierung einer Kommune „Ziel ist es, ein gemeinsames Leben und Lernen von Deutschen und Nichtdeutschen unter Einbezug ihrer unterschiedlichen Lebenserfahrungen zu ermöglichen und ihre Handlungskompetenzen und Erfahrungsmöglichkeiten so zu erweitern, dass ein Miteinander gefördert und die Isolation und das Miss-

Interkulturelle Öffnung als Teil der Personalentwicklung Wenn Personalentwicklung als Teil des Prozesses der interkulturellen Öffnung verstanden wird, dann gilt es, mehrsprachige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund zu gewinnen, dann werden Stellenausschreibung so gestaltet, dass sich Migranten und Migrantinnen angesprochen fühlen. Migrationserfahrung, Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenz sind dann als Qualifikationsmerkmale einzustufen.

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1. Fachvorträge

Da alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Prozess einbezogen sind, werden auch deutschen Fachkräfte interkulturell qualifiziert. Sie müssen Möglichkeiten der Selbstreflexion und der Aneignung von Spezialwissen bzw. den Erwerb von Handlungskompetenz erhalten. Damit aus multikulturell zusammengesetzten Teams interkulturell kompetente Teams werden und die vorhandenen Ressourcen genutzt werden, sollte der Teamentwicklungsprozess bewusst gesteuert werden, z. B. durch institutionalisierte Supervisionen und Reflexionen und regelmäßige Teambesprechungen.

Interkulturelle Öffnung als Kundenorientierung Migranten und Migrantinnen werden als Klienten explizit in allen Außendarstellungen der Einrichtung benannt, einschließlich der Sprachen, die in der Einrichtung bedient werden können. Im äußeren Erscheinungsbild der Einrichtung signalisieren Symbole und Mehrsprachigkeit der Migrantenbevölkerung, dass sie und ihre Anliegen ernst genommen werden. Die Öffentlichkeitsarbeit bezieht das Umfeld und vor allem Schlüsselpersonen aus den Communities mit ein.

Interkulturelle Öffnung als Teil des Qualitätsmanagements Vor dem Hintergrund der „Ökonomisierung des Sozialen“ in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts werden Mitarbeiter in Einrichtungen der Sozialen Arbeit verstärkt mit der Anforderung konfrontiert, um die Effektivität ihres Handelns nachzuweisen und das Verhältnis von Aufwand und Wirkung zu dokumentieren. Zu diesem Zweck sind mittlerweile vielfach Qualitätsmanagementsysteme eingeführt worden. Trotz der Vielfalt dieser Systeme hat sich bei der Betrachtung der Qualität einer Einrichtung eine Unterscheidung nach • Strukturqualität (Ausstattung einer Einrichtung, organisatorische Rahmenbedingungen, Qualifikation der Mitarbeiter etc.) • Prozessqualität (Leistungsbeschreibungen, Zielbeschreibungen etc.) • Ergebnisqualität ( Erfolg der Leistungen, Zielerreichung etc.) mittlerweile weitgehend durchgesetzt. Unbestritten ist, dass die Einführung eines Qualitätsmanagements eine Leitungsaufgabe ist. Mittlerweile haben viele Einrichtungen entsprechende Qualitätsmanagementhandbücher entwickelt.

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Zugangsbarrieren Die Inanspruchnahme sozialer Dienstleistungen durch Migranten/-innen ist, wie wir oben dargestellt haben, in den meisten Bereichen unterdurchschnittlich und entspricht nicht dem Bevölkerungsanteil der Einwanderer/-innen. Lange Zeit wurde diese empirisch mehrfach nachgewiesene Tatsache durch die vermeintlich intakten Familienstrukturen von Einwanderer/-innen erklärt. Danach bestehe der Hilfebedarf in Einwandererfamilien nur in geringerem Maße, weil die Familien individuelle Problemlagen auffangen. Zudem sei den Einwanderer/-innen die differenzierten Leistungen personenorientierter Unterstützung aus ihrem Herkunftsland nicht bekannt. Wenn man genauer hinschaut, lassen sich für die unterschiedlichen Handlungsfelder allerdings eine Vielzahl von Zugangsbarrieren identifizieren. Gaitanides (1998) hat in vielen Beiträgen die so genannten Zugangsbarrieren für Migranten zu den Systemen der sozialen Dienstleistungen herausgefunden: • Sprachbarriere • Unkenntnis des Beratungs- und Hilfesystems • Misstrauen und Angst vor juristischen Konsequenzen • Fehlende Anspruchsvoraussetzungen • Missverstehen durch ethnozentrische Fehldeutungen • Unterstellung von Vorurteilen • Rassismus der Klientel der Mehrheitsgesellschaft • Abwehr von Klienten, die überdurchschnittlich viel Arbeit machen • Ressentiments gegen verbale, insbesondere reflexive Methoden • Ethnozentristisches, mittelschichtorientiertes Beratungs- und Therapiesetting • Alternatives Therapiekonzept • Extrem schlechte soziale Chancen Auch diese Beschreibung stellt eine Allgemeingültigkeit dar, die für die einzelnen Handlungsfelder Sozialer Arbeit überprüft und konkretisiert werden muss. Zu fragen wäre etwa, ob die so genannte Sprachbarriere in allen Handlungsfelder – in der Kindertagesstätte ebenso wie in der Werkstatt für Behinderte – in der gleichen Weise existiert. Und ob sie für alle Zielgruppen in der gleichen Weise existiert. Und vor allem, was die Dienstleister tun können, um sie zu überwinden. Trotz der Vielfalt an Veröffentlichungen zu dem Konzept der Interkulturellen Öffnung – diese Arbeit und die mühsame Suche nach der konkreten Praxis hat gerade erts begonnen.

1. Fachvorträge

Dieter Filsinger

Strategien und Hindernisse auf dem Weg zur interkulturellen Orientierung und Öffnung1

Mit dem Begriff der „Interkulturellen Öffnung“ ist ein neues Deutungsmuster eingeführt – gewissermaßen ein Paradigmenwechsel angedeutet. Die interkulturelle Orientierung und Öffnung der Institutionen der Einwanderungsgesellschaft beschreibt aber im Wesentlichen erst eine Programmatik bzw. eine Agenda, aber nicht die institutionelle und gesellschaftliche Praxis, selbst wenn sich in einer Vielzahl von Städten, Gemeinden und Sozialorganisationen beachtliche Schritte in die benannte Richtung beobachten lassen.

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1. Zur Konzeptualisierung von „Interkultureller Öffnung“ Interkulturelle Öffnung ist die konsequente Antwort auf die Realität der Einwanderungsgesellschaft, eine Antwort, die insbesondere dann zwingend ist, wenn man dem Konzept der multikulturellen Gesellschaft kritisch gegenübersteht, das ein Nebeneinander unterschiedlicher Teilkulturen postuliert. In einem weiten Verständnis ist unter „Interkultureller Öffnung“ die Aufforderung zu verstehen, allen Zuge-

Den empirischen Hintergrund für diesen Beitrag bilden eine Expertise zu kommunalen Integrationskonzepten (Filsinger 1998), eine Expertise zur interkulturellen Öffnung Sozialer Dienste (Filsinger 2002a) und Erkenntnisse im Rahmen des Wettbewerbs „Erfolgreiche Integration ist kein Zufall“, der von der Bertelsmann Stiftung und dem Bundesinnenministerium ausgeschrieben wurde, und an dem der Autor als Mitglied der Jury mitgewirkt hat (www.erfolgreiche-integration.de).

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1. Fachvorträge

wanderten und ihren Kindern eine umfassende Teilhabe an und den ungehinderten Zugang zu den sozialen, ökonomischen, ökologischen und kulturellen Ressourcen der Gesellschaft zu ermöglichen, sofern sie sich auf Dauer in der Einwanderungsgesellschaft niederlassen gehaben bzw. niederlassen (können), insbesondere den Zugang zu Bildung, zu Erwerbsarbeit, zu den sozialen Sicherungssystemen, zu den Sozial- und Gesundheitseinrichtungen, zur sozialen Infrastruktur. Im Kern folgt die Programmatik der „Interkulturellen Öffnung“ damit dem Gleichstellungspostulat. Ein Blick in die Literatur und in kommunale bzw. institutionelle Konzepte zeigt, dass das Konzept der „Interkulturellen Öffnung“ nicht nur unterschiedliche Begründungen erfährt, sondern auch unterschiedliche Interpretationen erlaubt.2 Enge Interpretationen konzentrieren sich auf den Aspekt der Mehrsprachigkeit in den sozialen Diensten, Einrichtungen und in der Verwaltung, auf die vermehrte Einstellung von Personal ausländischer Herkunft oder mit Migrationshintergrund bzw. mit nachgewiesener interkultureller Kompetenz; weitergehende Interpretationen sehen darüber hinaus die Notwendigkeit interkultureller Kompetenzentwicklung in den Institutionen und einer entsprechenden Personal- und Organisationsentwicklung; weite Interpretationen begreifen interkulturelle Öffnung auch als sozialräumliches bzw. städtisches Gestaltungsprinzip3 oder schließlich gar als zivilgesellschaftliches Projekt. Interkulturelle Öffnung verlangt zunächst „nur“ die Realität der Einwanderungsgesellschaft zur Kenntnis zu nehmen, die Faktizität der Einwanderungsgesellschaft anzuerkennen. Daraus folgt vor allem, dass relevante Aspekte der Herkunftskulturen in die Curricula der Schule eingehen müssen (Brumlik 1999), dass die Institutionen ihre Adressat/inn/en als Bürger/innen mit ihren je spezifischen Voraussetzungen, Anliegen, Ansprüchen und Eigenheiten wahrzunehmen haben. Interkulturelle Öffnung kann insofern als „soziale Öffnung“ gelesen werden, als es darum gehen soll, dass alle Bürger/innen Zugang zu den (institutionellen) Ressourcen der Gesellschaft erhalten. Auf Zugangsbarrieren treffen nämlich

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nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch andere, strukturell benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Von interkulturell ausgerichteten, migrationssensiblen Schulen, Verwaltungen und sozialen Diensten wird im Kern nichts anderes erwartet, als dass sie auf ihre Adressat/inn/en als Individuen eingehen. Adressatenorientierung, Lebensweltorientierung, Biographie- und Ressourcenorientierung sind – zumindest in der Kinder- und Jugendhilfe – allgemein anerkannte Prinzipien, die Einbeziehung der Kultur geradezu erzwingen. Soziale Lage, Geschlecht und Kultur sind Kategorien, die im Diskurs um die Interkulturelle Öffnung unverzichtbar sind.4 Interkulturelle Kompetenz lässt sich im Übrigen als eine allgemeine Kompetenz in modernen Gesellschaften verstehen, die keiner „kulturellen Aufladung“ bedarf. Es spricht deshalb vieles dafür, Interkulturalität, Interkulturelle Öffnung und Kompetenz möglichst reflexiv zu halten (vgl. Hamburger 2000). Mit Bernert/Lange (2000) könnte man etwa eine kommunale Integrationspolitik in dem Maße als „interkulturell“ bezeichnen, „wie es ihr gelingt, den Raum ‚zwischen‘ den unterschiedlichen menschlichen Lebensstilen so zu gestalten, dass Situationen des offenen zivilgesellschaftlichen Umgangs miteinander zum Normfall werden“ (S. 29).5 Mit dem Programm der interkulturellen Öffnung scheint eine Formel gefunden zu sein, die die weitere Klärung des Integrationsbegriffs, des Verhältnisses von Kultur und Struktur, von Allgemeinem und Besonderen, zu erübrigen scheint. Es sollte sich niemand täuschen; diese Fragen tauchen dann wieder auf, wenn die interkulturelle Dimension von Einrichtungs- und kommunalen Handlungskonzepten genauer bestimmt werden muss.

2. Strategien interkultureller Öffnung, deren Verbreitung und Erfolge6 Um die interkulturelle Öffnung voranzubringen, bieten sich verschiedene Strategien und Methoden an,

Zum Konzept der „Interkulturellen Öffnung und Kompetenz“ vgl. insbesondere Hinz-Rommel 1994; Barwig u. Hinz-Rommel 1995; Hinz-Rommel 1996; Stadt Göttingen 2000; Auernheimer 2001; Auernheimer 2002. Interkulturelle Öffnung wird in diesem Zusammenhang als zentraler Bestandteil einer allgemeinen städtischen Integrationsstrategie verstanden (vgl. etwa Hock 2002; Schweitzer 2002). W. Barth hat in der Diskussion über meinen Beitrag die These vertreten, dass Kultur besonders dann eine Rolle spielt, wenn gesundheitliche und psychosoziale Fragen angesprochen sind. Ich danke für diesen Hinweis. Zur zivilgesellschaftlichen Perspektive vgl. auch Filsinger 2000. Die folgenden Ausführungen basieren im Wesentlichen auf den Ergebnissen der Expertise „Interkulturelle Öffnung der Sozialen Dienste“ (vgl. Filsinger 2002a).

1. Fachvorträge

die allerdings nur dann Erfolg versprechend erscheinen, wenn sie konzeptionell integriert sind.

Typisierungen und Verallgemeinerungen (nach Nation, Herkunft), und zur Reflexion der eigenen ethnozentristischen Sichtweise und Haltung.

2.1 Information und Aufklärung

Das Angebot an diesbezüglichen Fortbildungsmaßnahmen und Trainings ist in den letzten Jahren erheblich expandiert, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass hier eine „Marktlücke“ bemerkt worden ist. Anbieter/innen sind nicht nur die traditionellen Bildungseinrichtungen (z. B. Universitäten, Fachhochschulen, zentrale Fortbildungsinstitutionen der Kirchen und Wohlfahrtsverbände), sondern auch und vor allem freie Fortbildungs- und (Praxis-) Forschungsinstitute.7

Konzepte der interkulturellen Öffnung müssen zumindest zwei Adressatinnen im Blick haben: die allochthone Bevölkerung, also die höchst heterogen zusammengesetzte Bevölkerungsgruppe der Zuwanderinnen und Zuwanderer, und die autochthone, also die alteingesessene Bevölkerung. Im Hinblick auf die zugewanderte Bevölkerung gibt es schon lange das Konzept, Informationsschriften in verschiedene Sprachen zu übersetzen bzw. Informationsveranstaltungen in mehreren Sprachen anzubieten, was vor dem Hintergrund der Nationalitäten- und Sprachenvielfalt erheblicher Anstrengungen bedarf. Gleiches gilt für Dolmetscherdienste, die in mehr oder minder großem Umfang vorgehalten werden, die aber offensichtlich der weiteren Qualifizierung bedürfen (vgl. Landeshauptstadt München 2000). Die alteingesessene Bevölkerung ist erst seit geraumer Zeit Gegenstand kommunaler Integrationspolitiken, wobei eine systematische „Interaktionspolitik“, wie sie etwa Lamura (1998) vorgeschlagen hat, noch weitgehend aussteht. Aber die Einsicht ist gewachsen, dass Integration eine Aufgabe ist, an der die deutsche Bevölkerung mitwirken muss. Städte versuchen diese Botschaft durch Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen auf Stadtteil- bzw. Quartiersebene durch Stadtteilkonferenzen oder „Runde Tische“ zu verbreiten. In Kenntnis moderner Managementtheorien wird von einer Reihe von Städten und Institutionen die Strategie verfolgt, ein Leitbild zu entwickeln, das der kulturell und sprachlich pluralen Lage Rechnung trägt. Mittlerweile scheint erkannt, dass der Zusammenarbeit mit den Migrantencommunities und Migrantenselbstorganisationen eine zentrale Bedeutung für wechselseitige Öffnungsprozesse zukommt.

Über die Inanspruchnahme dieser Angebote lassen sich keine repräsentativen Aussagen treffen. Auf der Leitungsebene scheint die Einsicht in die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Fortbildung in interkultureller Kompetenz gewachsen zu sein. Interkulturelle Kompetenz wird zunehmend als ein Qualitätsstandard betrachtet (vgl. Handschuk u. Schröer 2000). Bei den Mitarbeiter/inne/n beobachten die im Rahmen der Expertise befragten Expert-/inn/en ein wachsendes Interesse an solchen Fortbildungen, auch bei solchen Mitarbeiter/innen, die nicht aus der Migrationssozialarbeit kommen, wobei die langjährig in den Institutionen tätigen Mitarbeiter/ inne/n ihre Fortbildungspräferenzen und -resistenzen nicht selten beibehalten werden. Kommunen und Einrichtungen haben zum Teil eigene Fortbildungskonzepte entwickelt, wobei solche Konzepte als perspektivenreich einzuschätzen sind, die die Aneignung und Steigerung interkultureller Kompetenz in allgemeine Fortbildungskonzepte einer Institution bzw. in die allgemeine Qualitätspolitik einer Organisation oder der Kommune einbinden (vgl. etwa Schulze-Böing u. Röschmann 2002). Angestrebt wird nämlich die Verbesserung der Dienstleistungsqualität für alle Nutzer/innen. 2.3 Personalentwicklung

2.2 Interkulturelle Kompetenzentwicklung Interkulturelle Kompetenzentwicklung gilt als ein zentraler Schlüssel zur interkulturellen Öffnung und Orientierung der Bildungs-, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen. Zu dieser Kompetenz gehört nicht zuletzt die Fähigkeit zur Analyse des jeweiligen (Einzel-)Falls, unter Absehung von vorschnellen

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Nicht erst seit der „interkulturellen Wende“ wird die Einstellung von Mitarbeiter/inne/n ausländischer Herkunft bzw. mit Migrationshintergrund als zentraler Bestandteil einer interkulturellen Orientierung und Öffnung betrachtet. Leichte Fortschritte sind zwar zu verzeichnen; generell gilt aber der Befund einer nach wie vor starken Unterrepräsentanz. Die-

Zur inhaltlichen und thematischen „Bandbreite“ der Angebote vgl. etwa Jungk (1999).

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ser Befund erfuhr im Rahmen des Wettbewerbs „Erfolgreiche Integration ist kein Zufall“ erneut Bestätigung. Für das Sozialreferat der Stadt München werden beispielsweise 5-6 % angegeben (Schmid-Urban 2002); der Fachbereich Kinder, Jugend, Familie der Stadt Mannheim gibt es ebenfalls den Anteil mit 5-6 % an, wobei die meisten Angestellten nichtdeutscher Nationalität in den städtischen Kindertageseinrichtungen beschäftigt sind, einige wenige in der Jugendförderung und in den Sozialen Diensten. In Karlsruhe sind nach eigenen Angaben immerhin 18 % der Mitarbeiter/innen im Allgemeinen Sozialen Dienst der Stadt Migrant/inn/en aus der zweiten Generation (vgl. Barth 2002; [email protected]) – ein überraschender Wert, der jedoch keineswegs generalisiert werden kann. Während in den meisten Konzepten Wert auf die Einstellung von Mitarbeiter/inne/n ausländischer Herkunft oder zumindest mit Migrationshintergrund gelegt wird, legen andere Konzepte den Akzent auf interkulturelle Kompetenz, die aber aus guten Gründen nicht primär oder zumindest nicht ausschließlich am Kriterium der „Herkunft“ festgemacht wird. Die Gründe für die Unterrepräsentanz in den kommunalen Institutionen liegen zum einen in der restriktiven Einstellungspolitik der Kommunen (aufgrund der angespannten Haushaltssituation); zum anderen im Mangel an entsprechend qualifizierten Bewerber/inne/n. Dieser Mangel ist auch vor dem Hintergrund der Tatsache zu betrachten, dass Personen mit Migrationshintergrund und höheren Bildungsabschlüssen eben nicht unbedingt in die hier in Rede stehenden Berufs- bzw. Handlungsfelder streben. Viele junge Frauen, die aufgrund ihrer Schulabschlüsse für den Beruf der Erzieherin gewonnen werden könnten bzw. über einen entsprechenden Berufsabschluss verfügen, erfahren nicht selten im Elternhaus wenig Unterstützung, sondern werden eher auf die Rolle als Ehefrau und Mutter hin orientiert. Zwar fehlt es mittlerweile nicht mehr an der erklärten Absicht, verstärkt Mitarbeiter/innen mit Migrationshintergrund einzustellen und interkulturelle Kompetenz in den kommunalen Einrichtungen zu versammeln; wie nachdrücklich diese Absichtserklärungen umgesetzt werden, ist letztlich eine empirische Frage. Es scheint noch häufig die Vorstellung vorzuherrschen, es genüge eine Reihe von Mitarbeiter/inne/n zur Verfügung zu haben, die qua Herkunft oder Hintergrund interkulturelle Kompetenz der Einrichtung symbolisieren; zum generellen Profil von Leitungskräften scheint interkulturelle Kompe-

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tenz bei genauerem Hinsehen nicht unbedingt zu gehören, es sei denn, es handelt sich um spezielle Stellen für Integrationsaufgaben. So wurden beispielsweise in der ZEIT vom 22.8.2002 von einem Kreisjugendamt im Großraum zwischen Heidelberg und Darmstadt „5 Führungspositionen beim Jugendamt“ ausgeschrieben (drei Regionalteam-Leitungen; zwei FachbereichsLeitungen nach BAT III). Nicht nur bei den Grundsätzen der Neuorganisation findet interkulturelle Orientierung keine Berücksichtigung. Auch bei der Profilbeschreibung und bei den Anforderungen fehlt jeglicher Hinweis auf interkulturelle Kompetenz. Im Rahmen des bereits erwähnten Wettbewerbs „Erfolgreiche Integration ist kein Zufall“ war es möglich, der Empirie interkultureller Öffnung näher zu kommen. Die Hinweise sind eindeutig. Konzepte der Personalentwicklung, die der Notwendigkeit interkultureller Öffnung Rechnung tragen, werden erst jetzt wirklich angegangen. An fundierten Empfehlungen fehlt es nicht (z. B. Überprüfung des Ermessensspielraums im Einzelfall für ausländische Abschlüsse; Einbau von Bausteine zur interkulturellen Kompetenz in die Verwaltungslaufbahn; zusätzliche Sprachförderung für neu einsteigende ausländische Mitarbeiter/innen einrichten; Interkulturelle Kompetenz als fester Bestandteil der öffentlichen Anzeigenpraxis und Personalförderung). Bei den freien Trägern, insbesondere bei den Wohlfahrtsverbänden, die langjährig in der Migrationssozialarbeit tätig sind, stellt sich die Repräsentanz günstiger dar, als bei den kommunalen Institutionen. 2.4 Organisations- bzw. Qualitätsentwicklung im Rahmen eines Gesamtkonzepts Kompetenzentwicklung durch Fortbildung und Beratung, sind ebenso wie Personalpolitik bzw. Personalentwicklung Teilaspekte in den Bemühungen um die interkulturelle Öffnung der Verwaltung und der sozialen Dienste, die zwar schon für sich genommen einen Wert haben, aber nur dann ihre volle Wirkung entfalten können, wenn sie eingebunden sind in eine umfassendere Strategie der Organisations- bzw. Qualitätsentwicklung, ja noch weitergehend in ein interkulturell orientiertes Gesamtkonzept einer Organisation bzw. einer Kommune. Von besonderer Bedeutung ist die Verknüpfung von Fortbildung und Organisationsentwicklung. In diesem Zusammenhang sind etwa Projekte zu erwähnen, die interkulturelles Lernen an Entwicklungspro-

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zesse der beteiligten Institutionen koppeln.8 Angesprochen ist dabei u.a. das Konzept „lernender Organisationen“ (vgl. Heiner 1998). Die Verknüpfung von Fortbildung und Organisationsentwicklung ist auch in dem Modellprojekt TiK („Transfer interkultureller Kompetenz“) intendiert gewesen, an dem eine ganze Reihe von kommunalen Einrichtungen aus mehreren Städten teilgenommen hat. Die Notwendigkeit eines interkulturell orientierten Gesamtkonzepts für Organisationen und Kommunen ist mittlerweile erkannt. Der Entwicklungsstand ist sehr unterschiedlich. Aber immerhin über 100 Städte haben sich an dem bereits erwähnten Wettbewerb beteiligt und geben an ein Gesamtkonzept zu haben bzw. zumindest mitten im Entwicklungsprozess eines solchen Konzepts zu stehen. Dies ist beachtlich. Wenn man den jetzigen Stand mit den Befunden einer repräsentativen Erhebung über kommunale Gesamtkonzepte aus dem Jahr 1998 (vgl. Filsinger 1998) vergleicht, dann kann zu Recht von einem Entwicklungsschub gesprochen werden. In den „Vorreiterstädten“ sind zwischenzeitlich institutionelle Vorkehrungen getroffen worden, die Nachhaltigkeit erwarten lassen. Alles in allem sind die Entwicklungen auf dem lokalen Ebene recht ermutigend. Eine kontinuierliche Evaluation ist jedoch unverzichtbar. Eine „PISA“-Studie über außerschulische Bildungs-, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen hinsichtlich ihrer interkulturellen Qualität wäre nicht die schlechteste Hilfestellung für eine – nicht ausschließlich an ökonomischen Imperativen orientierten – Modernisierung der sozialen Dienste. Dafür sprechen auch – die bisher allerdings wenigen – Studien, die Kommunikations- und Interaktionsverhältnisse in sozialen Diensten empirisch untersucht haben (vgl. etwa Mecheril u.a. 2001; Landeshaupstadt München 2002; Sorg 2002).

3. Hindernisse Hindernisse auf dem Weg zur interkulturellen Öffnung gibt es genügend (vgl. etwa Gaitanides 1998; Teuber 2002). Kurzfristige Erfolge sind vor dem Hintergrund der Geschichte der deutschen Integrationspolitik – die bis vor kurzem keine ernsthafte war –, nicht zu erwarten (vgl. Blahusch 1999). Die Herausbildung eines eigenständigen, mit den Regeleinrichtungen nur lose gekoppelten Interventionssys-

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tems (vgl. Bauer 2001), aber auch die lang währende Sonderbehandlung von Migrantenkindern und -jugendlichen in Kindergarten und Schule, und der Umstand, dass erst in den späten 90er Jahren interkulturelle Öffnung zu einem politikfähigen Projekt wird, ist nur vor dem Hintergrund des nationalen Selbstverständnisses und der darauf basierenden unentschiedenen bzw. widersprüchlichen Migrations- und Integrationspolitik, sowie der Robustheit des deutschen Institutionensystems angemessen verstehbar (Filsinger 2002b). In verschiedenen Untersuchungen konnte gezeigt werden, wie stark „die im Verlauf der Geschichte nationalstaatlicher Schule herausgebildeten Strategien und Praktiken zur Herstellung von ‚Eigenem‘ und zur ‚Abgrenzung‘ bis in die die heutigen Maßnahmen zur Förderung und Integration allochthoner Minoritäten fortwirken“ (Gogolin 1998, S. 75; auch Gogolin 2000). Die bis heute gängige Annahme, die Schule sei selbstverständlich kulturell, ethnisch und sprachlich homogen, kann als ein Schlüssel zum Verständnis von Ein- und Ausgrenzungen und deren Legitimation betrachtet werden (vgl. Hildebrand u. Sting 1995; Gogolin 2002). Nicht unerwähnt bleiben kann das nicht zu unterschätzende Maß an Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung, auf das empirische Studien hinweisen.

4. Perspektiven Vor dem Hintergrund eines weiten Verständnisses von interkultureller Öffnung, für das eingangs plädiert wurde, besteht die dringendste Aufgabe in der Verbesserung der Zugangs von jungen Migrant/ inn/en zu (weiterführender) Bildung und zum Beschäftigungssystem. Die empirischen Befunde sind hinreichend bekannt (vgl. Allmendinger u. Leibfried 2003). Bildung, das ist gesicherter Wissensbestand, bestimmt die Lebensmöglichkeiten und Zukunftschancen insbesondere der jungen Generation. Wenn wir von interkultureller Öffnung der Institutionen der Einwanderungsgesellschaft sprechen, dann muss zunächst nicht nur der Kindergarten, sondern auch die Schule in den Blick genommen werden. Die Einstellung der Schule auf den kulturellen und sprachlichen Pluralismus ist eine bisher weitgehend liegen gebliebene Aufgabe. Das Schulsystem ist durch die kommunale Politik nur eingeschränkt beeinflussbar; aber Städte und Kommunen können als Schulträger im Grundschulbereich sehr wohl auf die Verteilung der Schülerinnen und Schüler achten und

Vgl. dazu www.offenbach.de – Leitstelle Zusammenleben in Offenbach.

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im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf unerwünschte Abwanderungen bzw. Konzentrationen Einfluss nehmen. Der Schulsozialarbeit dürfte künftig eine große Bedeutung zukommen, nämlich die Integrationsbzw. die Inklusionsfunktion der Schule durch einen eigenständigen Beitrag zu stärken. Interkulturelle Öffnung ist zwar zuförderst eine Herausforderung für die Institutionen der Einwanderungsgesellschaft, jedoch letztlich nur als wechselseitiger Prozess vorstellbar. In diesem Zusammenhang kommt den Migrantenselbstorganisationen eine erhebliche Bedeutung. Deren Integrationspotential lässt sich freilich nur fallspezifisch genauer bestimmen. Die Forschung darüber spricht dafür, die Ressourcen von „ethnic communities“ und Migrantenselbstorganisationen für die Zugewanderten und ihre Kinder zu nutzen, aber auch ihren Beitrag für das soziale und gesellschaftliche Zusammenleben in einer Stadt angemessen wahrzunehmen (vgl. Fijalkowski u. Gillmeister 1997; Krummacher u. Waltz 1999; Schweitzer 2001, Klein u.a.). Dies widerspricht keineswegs der eingangs vorgetragenen Position, die in einer Stadt lebenden Menschen, Zugewanderte wie Alteingesessene, als Individuen zu betrachten, und nicht in erster Linie als Angehörige von ethnisch definierten Kollektiven. Ein angemessenes Konzept interkultureller Öffnung muss sich in diesem Zusammenhang der unaufhebbaren Dialektik von gegenseitiger Abgrenzung und Integration vergewissern. In dieser Perspektive erscheint eine nüchterne und differenzierte Bewertung von Segregation und des „community-building“, also von „ethnic communities“ erforderlich und möglich (vgl. Leggewie 2000). Zum einen bedarf für alle Gruppen in einem Gemeinwesen, d.h. auch und vor allem für die Zugewanderten, Bewegungsspielräume und Rückzugsmöglichkeiten, Orte des Übergangs, d.h. auch der „unvollständigen Integration“ (Bahrdt); zum anderen bedarf es aber gleichzeitig öffentlicher Räume zwischen Gruppen und Kulturen, auch zwischen den Generationen, in denen Kontakt, Austausch und Arrangements zustande kommen können (vgl. Häußermann 1998).

5. Voraussetzungen und Bedingungen einer Politik der interkulturellen Öffnung Interkulturelle Öffnung ist zum einen als Bildungsprozess zu begreifen, zum anderen verlangt sie eine entsprechende Personal- und Organisationsentwicklung (Handschuk u. Schröer 2002). Ausbildungsinstitutionen und Hochschulen müssen und können hierzu einen sehr wesentlichen Beitrag leisten.

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Die Voraussetzungen und Bedingungen für die interkulturelle Öffnung der Stadtpolitik und der Institutionen lassen sich vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen und Forschungen wie folgt zusammenfassen: Interkulturelle Öffnung muss als gesamtstädtisches Anliegen, als Dauer- und Querschnittsaufgabe begriffen werden. Erforderlich ist eine lokale Agenda: es bedarf zuförderst einer eindeutige Option der kommunalen Politik und Administration, eines abgestimmten strategischen Konzepts für die Umsetzung, institutioneller Vorkehrungen in Form von Querschnitt orientierten Stabs- bzw. Fachstellen, die für die Umsetzung und die Evaluation verantwortlich sind, und einer entsprechenden Ressourcenallokation. Die bisherigen Erfahrungen mit der Implementation von Politiken und Konzepten der interkulturellen Öffnung (Hinz-Rommel 2000; TiK 2001; Friedrich Ebert Stiftung 2002; Hartmann u. Pröhl 2003) sprechen für eine Verbindung von „top-down“ und „buttom-up“-Strategien. Die Stadt- bzw. Institutionsspitzen, vor allem die mittlere Management-Ebene, müssen gewonnen werden. Um diese Akteure gewinnen zu können, müssen plausible Begründungen generiert werden, die anschlussfähig sind. Das sind vor allem funktionalistische Begründungen, etwa das Ansehen einer Stadt bzw. einer Institution, oder der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften aufgrund der demographischen Entwicklung. „Internationalität“ und „Diversity“ eignen sich nicht schlecht für ein stadtpolitisches Leitbild. Förderlich erscheint es, das Projekt der interkulturellen Öffnung in andere, bereits etablierte allgemeine Konzepte und Strategien, wie etwa in das Qualitätsmanagement bzw. in die Qualitätspolitik einer Kommune oder Institution einzubinden (vgl. Schulze-Böing u. Röschmann 2002; Handschuk 2005), oder auch mit anderen Konzepten wie etwa dem des „Gender-Mainstreaming“ zu verknüpfen. Es braucht aber in jedem Fall eines Akteurnetzwerks, das entsprechende Diskurse anstößt, in Gang hält und den Öffnungsprozess fachlich begleitet, wobei die Einbindung von Akteuren, die bisher nicht als Migrationsexpert/inn/en gelten, zu empfehlen ist. Die interkulturelle Öffnung und Orientierung der Stadtpolitik und der kommunalen Institutionen ist eine Aufgabe, die von jeder Institution im Sinne einer Selbstverpflichtung zu realisieren ist. Als gesamtstädtisches Anliegen ist sie nur realisierbar im Rahmen einer „kooperativen Politik“ (vgl. Brocke 2002), in die die relevanten Akteure eingebunden sind. Die lokale Aushandlung und Festlegung von Zielen, die

1. Fachvorträge

Bestimmung von Indikatoren zur Evaluation der Zielerreichung sowie eine regelmäßiges Monitoring sind nicht nur geeignet den Prozess der Interkulturellen Öffnung und damit die kommunale Integrationspolitik zu strukturieren, sondern auch dazu, die notwendigen öffentlichen und institutionsinternen Diskurse in Gang zu halten (vgl. Filsinger 2004). Die Zuständigkeit des kommunalen Staates besteht dabei darin, den (Aushandlungs-) Prozess zu strukturieren und zu moderieren, dem Ergebnis aber auch kommunalpolitische Legitimation zu verleihen. Interkulturelle Öffnungspolitiken bedürfen der zivilgesellschaftlichen „Unterfütterung“, in die die Migrationselbstorganisationen einzubeziehen sind. Dazu müssen „intermediäre Instanzen“ identifiziert und gefördert bzw. auch neu herausgebildet werden (vgl. Lüttringhaus 1998). Die Strategie der Netzwerkbildung und Netzwerkförderung erscheint in diesem Zusammenhang ein geeigneter Weg, allerdings nicht im Sinne einer Festigung von Bindungen innerhalb von Bevölkerungsgruppen („bounding“-Netzwerke). Vielmehr sind „bridging“-Netzwerke (vgl. Klein u.a. 2004) gefragt, die geeignet sind, Brücken zwischen alteingesessener und zugewanderter Bevölkerung zu bauen. Schließlich braucht die interkulturelle Öffnung der Stadtpolitik und der Institutionen der Einwanderungsgesellschaft zwingend einer der Aufgabe entgegenkommende staatliche Politik. Erforderlich ist vor allem eine Politik, die den Ungleichheitstendenzen im Bildungssystem, auf dem Ausbildung-, Arbeits- und Wohnungsmarkt entgegenwirkt, also eine Sozialpolitik im umfassenden Sinne, die letztlich auch die Teilhabechancen der (benachteiligten) einheimischen Bevölkerungsgruppen verbessert (vgl. Hoffmann-Nowotny 2000). Mit dem jüngst verstorbenen großen Migrationsforscher Hoffmann-Nowotny soll die Zentralität von Strukturfragen behauptet werden (Fragen sozialer Ungleichheit und systemischer Integration). Kulturfragen sind aber nicht zu hintergehen. Mann/Frau muss die kulturellen Regeln kennen und begreifen, die in einem bestimmten Geltungsbereich die Grundverhältnisse menschlichen Zusammenlebens betreffen, wenn Verständigung und Kooperation gelingen soll. Sowohl die Hervorhebung von kulturellen Differenzen, als auch Versuche der Einebnung kultureller Eigenheiten haben nämlich ihren Preis. Gleiches gilt für den Umgang mit Fremdheit als einer sozialen Konstruktionsleistung. Aber kulturelle Fragen können nur im Kontext sozialer Verhältnisse, im Kontext sozialer Ordnungen angemessen verhandelt werden.

„Interkulturelle Kompetenz“ als Schlüsselqualifikation in der Einwanderungsgesellschaft zu betrachten, setzt voraus, die Rolle dieses Konzepts im eigenen kulturellen Kontext in die Reflexion einzubeziehen. Joachim Mathes (1998) insistiert zu Recht darauf, die Aufmerksamkeit immer wieder darauf zu lenken, wie europäisch das vorherrschende Verständnis von interkultureller Kompetenz ist und wie sehr dieses Verständnis geschichtlich gewachsen ist. Gesellschaften europäischen Typs sind – so seine Argumentation –, unter und mit einer Regelung des Verhältnisses von Fremdem und Eigenem nach einem Außen-Innen-Schema entstanden, und diese Art der Regelung mindert/e das Erfordernis, im jeweils eigenen gesellschaftlichen Alltag differenzierte Muster für den Umgang mit Fremdem auszubilden und einzuüben. Die Realität der Einwanderungsgesellschaft stellt dieses Schema infrage. Aber es mangelt eben sowohl an dem, was wir interkulturelle Alltagspraxis (incl. der Mehrsprachigkeit) bezeichnen können, als auch „an der Einsicht, dass – und wie – das jeweils Eigene auch in der ständigen Begegnung und Koexistenz mit Fremden bewahrt und zugleich bereichert werden kann“ (Matthes, 1998, S. 231f.). Vor diesem Hintergrund stellt sich vor allem die Aufgabe, darüber nachzudenken, unter welche Bedingungen ein vertieftes Bewusstsein von dem Erfordernis entstehen kann, eine interkulturelle Kompetenz bei sich selber auszubilden. Moderne Gesellschaften sind solche, die die nach „unten“, nach „außen und nach “innen“ Differenzen ausbrüten, wie Claus Offe (1996) eindrucksvoll herausgearbeitet hat. Diese Differenzen erschweren es, im Konfliktfall Zugehörigkeit anzuerkennen. Angesichts dieses Wucherns von Differenz wird Zivilität anstrengender, besteht die Gefahr einer Abwärtsspirale des Interaktikonsverzichts. Es gibt folglich in modernen Gesellschaften einen wachsenden Bedarf an ziviler Selbstkoordination. Die interkulturelle Öffnung ist deshalb als eine öffentliche, eine zivilgesellschaftliche Aufgabe zu begreifen. Sie ist letztlich eine Leistung der Gesellschaftsmitglieder. Ohne freiwillige Anstrengungen von Zugewanderten und Einheimischen ist sozialer Zusammenhalt nicht zu haben. Politik und Institutionen können den Umgang zwischen Zugewanderten und Einheimischen nicht vorschreiben. Sie können aber in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren Bedingungen schaffen, unter denen die Selbstregulierung der Gesellschaft stimuliert, und unvermeidbare Verteilungs- und Anerkennungskonflikte auf zivile Weise ausgetragen werden können.

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1. Fachvorträge

Stefan Gaitanides

Stolpersteine auf dem Weg zur interkulturellen Öffnung der Sozialen Dienste

Kurzer historischer Rückblick In den letzten Jahren hat eine erfreuliche Entwicklung in den Spitzen der Wohlfahrtsverbände und in Teilen der öffentlichen Sozialverwaltung stattgefunden. Immer häufiger wird ein Bekenntnis zu der wichtigen Integrationsaufgabe einer angemessenen Versorgung der MigrantInnenbevölkerung mit öffentlichen bzw. öffentlich finanzierten personenbezogenen sozialen Diensten abgelegt und immer häufiger wird die interkulturelle Öffnung in die Leitbilder der Organisationen als prioritäre Querschnittsaufgabe eingeschrieben. Die Experten – einschließlich der Migrations-ReferentInnen der Wohlfahrtsverbände – und die engagierte Fachbasis in der Migrationsarbeit haben lange auf diesen Rückenwind warten müssen (u.a. Tiedt 1984). Schon in den 80er Jahren gab es eine Reihe wegweisender Modellprojekte zur interkultu-

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rellen Öffnung bzw. zur engeren Vernetzung von migranten-spezifischen und allgemeinen Diensten, die aber auf keine breite Resonanz stießen (Walter 1995). Die an den Modellprojekten beteiligten Träger hatten es oft versäumt, durch entsprechende Organisations- und Personalentwicklungsmaßnahmen die innovativen Impulse institutionell abzusichern, so dass die Wirkung der Modellprojekte verpuffte und wenig nachhaltige Spuren zurück blieben (Jakubeit/ Schröer 1994 – „Ein Rückblick auf 15 Jahre“). Die ausschlaggebende politische Unterstützung bekam die interkulturelle Reformperspektive erst seit der Jahrtausendwende, seitdem der bis zur politischen Wende 1998 hegemoniale Diskurs – Deutschland sei kein Einwanderungsland – abgelöst wurde durch die späte Erkenntnis, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und dass Maßnahmen zur Integration von Einwanderern unumgänglich sind.

1. Fachvorträge

Die unabhängige Zuwanderungskommission und die Debatte um das Zuwanderungsgesetz haben das Thema Integration in den Vordergrund gespielt. Der PISA-Shock und die Sozialberichterstattung haben die enormen Integrationsdefizite sichtbar gemacht und die Unterlassungssünden unserer sozialstaatlichen Institutionen stärker ins Bewusstsein gerückt. Auf allen Ebenen – Bund, Länder und Gemeinden – zumindest in Westdeutschland werden nunmehr Integrationsziele und Programme formuliert. Es bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die Integrationsziele von der Politik verfolgt werden und ob auch Realisierungsmittel dafür bereit gestellt werden oder ob es sich um kurzatmige Aktivitäten zur eher symbolischen Demonstration von politischer Handlungsfähigkeit handelt, die nur solange unternommen werden wie das Thema Integration auf der tagespolitischen Agenda köchelt.

Die Politik setzt den Rahmen Der kurze historische Rückblick sollte auch zeigen, welche herausragende Bedeutung die Entwicklung des Einwanderungs- und Integrationsdiskurses für Blockaden oder Fortschritte bei der interkulturellen Öffnung der Sozialen Dienste hat. Die Politik setzt die entscheidenden Signale für einen Reformschub. Die Reformziele müssen politisch gewollt sein und von der Verwaltung durch entsprechende Steuerungseingriffe umgesetzt werden.

Akzeptanzprobleme seitens der Mitarbeiterschaft Ein von oben verordnetes Leitbild garantiert allerdings noch keine intrinsische Verankerung in der Mitarbeiterschaft. Bevor Umsetzungsstrategien in Einrichtungen erörtert werden, sollte erst einmal Einigkeit im Grundsatz hergestellt werden, dass es überhaupt einen Handlungsbedarf für die interkulturelle Öffnung gibt (vgl. die diesbezügliche CaritasUntersuchung von Czock/Brinkmann 2003).

Zugangprobleme werden verdrängt Das Programm der interkulturellen Öffnung der Sozialen Dienste stößt auch deswegen auf hinhaltenden Widerstand, weil viele MitarbeiterInnen kein Wissen und kein Bewusstsein haben von den unterschwelligen Zugangsbarrieren. Schon der Begriff der „interkulturellen Öffnung” löst bei vielen eine Abwehrhaltung aus. Die dem Begriff zugrundelie-

gende Annahme der faktischen Verschlossenheit der Angebote widerspricht der Selbstwahrnehmung der eigenen professionellen Handlungsweise und dem institutionellen Selbstverständnis (vgl. ebd.). Weniger Abwehr bei der Identifikation von Zugangsbarrieren scheint mir die Einbettung der Innovation in ein Mitarbeiter- und nutzerorientiertes Qualitätsmanagement zu provozieren. Die Philosophie des Qualitätsmanagements erhebt „Fehlerbewusstsein” zum professionellen Kompetenzkriterium. Überprüfung der Bedarfsgerechtigkeit und Effektivität der sozialen Dienstleistung gehören zum selbstverständlichen Qualitätsstandard. Freilich muss es sich dabei – wie bemerkt – um ein tatsächlich teilnehmerorientiertes Managementverfahren handeln, weil sich sonst die Widerstände gegen das Qualitätsmanagement insgesamt richten (vgl. Gaitanides 2003a). Abwehr selbstreflexiver Fortbildungen zur Entwicklung interkultureller Handlungskompetenz Fortbildungen zum Erwerb interkultureller Handlungskompetenz werden oft umgangen, weil die Befürchtung besteht, dass man/frau dort mit seinen/ ihren Vorurteilen vorgeführt wird oder subjektiv berechtigte Ängste und Aggressionen tabuisiert werden – so die Fantasie – damit das „Multikulti”-Weltbild der FortbildnerInnen nicht ins Wanken kommt. Gerade sozial Berufstätige, deren Berufsethik Gleichbehandlung und Respekt gegenüber sozial ausgegrenzten Gruppen verlangt, reagieren besonders empfindlich gegenüber Diskriminierungsvermutungen. Fortbildungen müssen mit diesen Erwartungshaltungen rechnen. Deshalb ist es sehr wichtig diesen Eindruck der „politisch korrekten Gedankenpolizei” schon von vornherein – in der Werbung und erst recht bei der Durchführung – nicht aufkommen zu lassen. Wichtig ist ein schützendes Fortbildungssetting, dass eher zur Äußerung von Vorurteilen ermuntert. Nur mit geäußerten Stereotypen kann frau/man sich auseinandersetzen und dabei Nachdenklichkeiten erzeugen (vgl. Nazarkiewicz 2000). Zudem ist es ratsam, – gerade, wenn es darum geht, die noch nicht Überzeugten zu gewinnen – die abschreckenden Selbsterfahrungs- und Reflexionsanteile einer Fortbildung bei der Werbung nicht so sehr auf den Präsentierteller zu legen. Dagegen können die Skeptiker eher gewonnen werden, wenn ihnen der Nutzwert einer Fortbildung

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1. Fachvorträge

deutlich gemacht wird, – dass sie durch die Fortbildung lernen können erfolgreicher und stressfreier mit der nichtdeutschen Klientel umzugehen, dass sie die Konkurrenz von MigrantInnen als KollegInnen nicht zu fürchten brauchen und im Gegenteil die Problemlösungskapazität der Einrichtung durch das gemischte Team wächst, dass insgesamt die beruflichen Handlungsspielräume durch interkulturelle Öffnungsprozesse erweitert werden. Einstellungsbarriere nicht-christliche Religionszugehörigkeit: „Grundlage der Beschäftigung von Mitarbeitern im Caritasverband ist die ‚Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse‘, wonach ein kirchlicher Dienstgeber pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur Personen übertragen kann, die der katholischen Kirche angehören. Bei katholischen Mitarbeitern in diesen Bereichen ist das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich. Von nichtkatholischen christlichen Mitarbeitern wird erwartet, dass sie die Wahrheiten und die Werte des Evangelium achten, von nichtchristlichen Mitarbeitern, dass sie ihre Aufgaben im Sinne der Kirche erfüllen.” (Czock/Brinkmann 2003, S. 42) Die Lobby christlicher Kirchen in Europa hat dafür gesorgt, dass der Tendenzschutz gemeinnütziger christlicher Betriebe auch in der europäischen „Beschäftigungsrichtlinie” durchgesetzt wurde. Inwiefern es dabei zu Kollisionen mit der Antidiskriminierungsrichtlinie kommt, ist ungewiss und muss wohl erst langwierig vor europäischen Gerichten geklärt werden.

tierung des Interkulturellen als Querschnittsaspekt der Ausbildung wurde jüngst innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften gestartet.

Interkulturelle Öffnung als Etikettenschwindel – ein effektives Controlling fehlt noch Es hat sich in der Branche herumgesprochen, dass eine nach außen präsentiertes interkulturelles Profil Vorteile beim Wettbewerb um die immer knapper werdenden Mittel bringt. Oft belassen die Einrichtungen es aber bei der Umformulierung ihres Leitbildes. In Großbritannien nennt man dies „tokenism” – so tun als ob. Deshalb sollten die Geldgeber mehr darauf achten, ob auch „drinnen ist was draußen drauf steht” oder ob es sich nur um einen Austausch des Etiketts handelt. Die Möglichkeiten der Sozialverwaltungen durch die Controlling-Instrumente der „Neuen Steuerung”, solchem Etikettenschwindel vorzubeugen, bleiben bisher weitgehend ungenutzt. Nach dem Verfahren der „Neuen Steuerung” könnten generell auch diejenigen Leistungserbringer, die nachweislich interkulturell ausgerichtet sind, bei der Ausschreibung einen Bonus bekommen. Verschleppung der Reform durch die Krise der öffentlichen Finanzen Eine Folge der Politik des Rotstifts ist der Rückgang der Fluktuation. Stellen werden durch interne Umsetzung eingespart. Häufig wird ein externer Stellenstop verfügt. MigrantInnen als Berufsanfänger haben da kaum eine Chance. Zudem werden generell weniger Mittel für Innovationen bereitgestellt (zusätzliche Beauftragten-Stellen, externer Experteneinsatz, Fortbildung, Supervision, Begleitforschung).

Mangel an einschlägig qualifizierten Kräften: Beteiligung von MigrantInnen an sozialen Ausbildungsgängen ist immer noch unterdurchschnittlich. Und die Ausbildungsstätten sind noch weit davon entfernt, interkulturelle/antidiskriminierende Aspekte als Querschnittsthema in die Curriculas aufzunehmen (Gaitanides 1999b). Die gegenwärtige Modularisierung der Lehrangebote an den Hochschulen böte u. U. eine Chance zur Implementierung von Aspekten der Einwanderungsgesellschaft in alle Bereiche der Ausbildung. Seit 1994 beschäftigt sich mit viel Engagement und wachsender Beteiligung eine Arbeitsgruppe des „Fachbereichstag Soziale Arbeit (FBTS)”, der Dachorganisation deutscher Fachhochschulen, mit dem Thema „interkulturelle Öffnung der Fachhochschulen”. Eine ähnliche Initiative zur Implemen-

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Die Finanzkrise kann aber nicht rechtfertigen, dass der Reformprozess in Gänze auf Eis gelegt wird. Räumt man/frau der interkulturellen Öffnung hohe Priorität ein, dann wird man/frau dies erst einmal nach innen als Leitbild artikulieren und nach außen in der Öffentlichkeitsarbeit deutlich erkennbar machen. Das kostet nichts. Und es kostet auch nichts, wenn die nächste frei werdende Stelle mit einer nicht-deutschen Fachkraft besetzt und nicht erst MigrantInnen einstellt werden, wenn zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Der finanzielle Aufwand erhöht sich auch nicht dadurch, dass die knappen Fortbildungsressourcen stärker für den Erwerb interkultureller Kompetenz verwendet und die Angebotsstruktur stärker den Le-

1. Fachvorträge

benswirklichkeit der MigrantInnen ausgerichtet wird – z. B. durch flexible Arbeitszeiten und aufsuchende Methoden. Kostenneutral ist auch die Kontaktaufnahme und die Entwicklung von Kooperationsbeziehungen mit den migrantInnenspezifischen Diensten und den Selbstorganisationen der EinwandererCommunities. Geringe Nachhaltigkeit durch Kurzatmigkeit der Reformversuche Eine vor kurzem veröffentlichte Studie im Auftrag des Caritasverbandes zum Stand der Gleichbehandlung von MigrantInnen und zur interkulturellen Öffnung der Dienste des Verbandes – auch das bis vor kurzem noch undenkbar – lässt erahnen, welch zähes Unterfangen die Umsetzung der zu Papier gebrachten Leitvorstellungen zu sein scheint, ja, dass der Handlungsbedarf und die grundsätzliche Zielsetzung der interkulturellen Öffnung der Mehrheit des mittleren Managements und der Mitarbeiterschaft noch keineswegs einzuleuchten scheint (Czock/ Brinkmann 2003). D.h., dass eine lange Durststrecke bevor steht. Absichtserklärungen sind nur der Anfang. Papier ist geduldig. Die Umsteuerung eingespielter Organisationskulturen wird viele Jahre in Anspruch nehmen. Diese Erfahrung machen auch niederländische Fachleute, die schon viel früher mit dem Reformprozess begonnen haben. Der niederländischern Organisationsberater Hans Bellaart von FORUM, eines Instituts für multikulturelle Entwicklung, gibt den Protagonisten der Reform folgenden Rat mit auf den Weg: „Wir wissen nun, dass interkulturelle Öffnung nur mit kleinen Schritten realisiert werden kann und dass die Realisierbarkeit der Veränderungen in der Organisation gut eingeschätzt werden muss. Schritt für Schritt voran, aber durchhalten. Kontinuität ist der Schlüssel, und das muss garantiert sein. Das heißt, dass die Organisation sich schon vorher dessen bewusst sein muss, dass der Prozess mehrere Jahre umfasst, dass er Geld und Zeit kostet und dass er andauernd korrigierend begleitet werden muss.” (Bellaart 2002, S. 71)

Geringe Durchsetzungsmacht der Adressaten durch Partizipationsdefizite Solange nur ein geringer Teil der Migrantenbevölkerung eingebürgert ist – am aller wenigsten diejenigen, die Rat und Hilfen am nötigsten hätten – gibt es keine wirksame Pressure-Group für die Reformziele. Es bleibt zu hoffen, dass der Trend zur Einbürgerung und zur Beteiligung von Migranten an politischen Parteien anhält und damit deren Stimmengewicht. Dies wird nicht ohne Wirkung auf die Sozialpolitik bleiben.

Bei der Durchsetzung der KlientInneninteressen mit Migrationshintergrund erweist sich auch der Mangel an Partizipation der Zielgruppe an der Gestaltung der Angebote der sozialen Dienstleister als ein Handicap. Partizipatives, nutzerorientiertes Qualitätsmanagement ist die große Ausnahme. Ein in München durchgeführtes und von mir wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt der Einführung partizipativen Qualitätsmanagement in der interkulturellen Arbeit hat gezeigt, dass mit einem solchen Verfahren die Akzeptanz und die Ergebnisqualität der Angebote auf Grund der Einbeziehung der Perspektive der befragten MigrantInnen gesteigert werden kann. Die Befragten wünschten sich die Institutionalisierung eines solchen Befragungsvorganges, der bei ihnen den Eindruck hinterläßt, nicht nur Objekt der Hilfe zu sein (Gaitanides 2003a). Für die partizipative dialogische Aushandlung von Angeboten könnten Nutzerbeiräte – wie etwa im Klinikbereich – eingerichtet werden. Ich selbst habe mit der Einrichtung eines solchen Beirates in dem von mir 14 Jahre lang geleiteten „Griechischen Haus München Westend“ – eines Kommunikations-, Bildungs- und Beratungszentrums für griechische Zuwandererfamilien – auch die Erfahrung gemacht, dass durch die Einräumung von Mitbestimmungschancen, die Identifikation mit der Einrichtung erheblich gewachsen ist und in ihrem Gefolge auch die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement (Gaitanides 1984). Dieser Mobilisierungsvorgang hat auch wesentlich zum öffentlichen Ansehen der Einrichtung beigetragen und zur Expansion der finanziellen Förderung durch die Kommune. Der öffentliche Druck auf die Bereitstellung von Mitteln zur Anpassung der Angebotsstrukturen der Sozialen Dienste an die Bedürfnisse und besonderen Voraussetzung der Migrantenklientel wird auch durch eine stärkere Förderung und engere Kooperationen mit den Migrantenselbstorganisationen – als den naturwüchsigen kollektiven Akteuren der Migranten-Communities – verstärkt. Eine engere synergetische Vernetzung mit den MSO ist ohnehin überfällig, schon wegen deren unersetzlichen Rolle bei der Verbreitung von Informationen und bei der Initiierung von präventiven Lernprozessen (Bildungs-/ Ausbildungsinformationen, Elternbildung, Drogen-/ Kriminalprävention u.a.) (Gaitanides 2003b). Ich zögere wegen der Abgedroschenheit und resignativen Unzeitgemäßheit der Parole aber sage es dennoch: „Gemeinsam sind wir stärker!“

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1. Fachvorträge

Literatur Bellaart, Hans (2002): Interkulturelle Ausrichtung der Verwaltung in den Niederlanden – Beispiel Jugendhilfe. In: Friedrich-Ebert-Stiftung. Dokumentation der Fachtagung „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung – Zuwanderungsland Deutschland in der Praxis” in Berlin vom 23.-24.5.2002

Gaitanides Stefan (2003b): Freiwilliges Engagement und Selbsthilfepotenzial von Familien ausländischer Herkunft und Migrantenselbstorganisationen – Anforderungen an die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik. In: Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, S. 36-52, Bonn

Czock, Heidrun/ Brinkmann, Anne – Herausgeber: Deutscher Caritasverband (2003): Umgang mit Fremden: Blick nach innen. Zum Stand der Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der „Rasse” oder der ethnischen Herkunft im Deutschen Caritasverband. Freiburg

Kulbach, R. (1998): Strategien für eine adressatenbezogene Qualitätspolitik In: Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit, Nr. 12, S. 443Ff

Gaitanides, Stefan (1984): 10 Jahre Griechisches Haus München Westend. Informationen zur Ausländerarbeit Nr. 8 (Hg.: Deutsches Jugendinstitut) Gaitanides, Stefan (1999b): Expertise „Aus- Fort- und Weiterbildung im Bereich der interkulturellen Sozialarbeit/ Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt ‚interkulturelle Jugendarbeit‘“. Deutsches Jugendinstitut (DJI) Arbeitspapier Nr. 1-194 Gaitanides, Stefan (2003a): Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung eines Projektes zur Einführung des Qualitätsmanagements in der interkulturellen Kinder-, Jugend- und Familienarbeit. In: LH München/Sozialreferat/Stadtjugendamt (Hg.): Offen für Qualität. Interkulturell orientiertes Qualitätsmanagement in Einrichtungen der Migrationssozialarbeit. München S. 53-104

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Nazarkiewicz, Kirsten (2000): Keine Angst vor Stereotypen! Hilfestellungen zum Umgang mit ethnischen Stereotypisierungen in Interkulturellen Trainings. In: Rösch, Olga (Hrsg.): Stereotypisierung des Fremden. Wildauer Schriftenreihe Interkulturelle Kommunikation, Berlin: News and Media 2000, S. 161-189. Tiedt, Friedemann (1985): Sozialberatung für Ausländer. Perspektiven für die Praxis. Weinheim und Basel Walter, Christoph (1995): Zusammenleben von Deutschen und Ausländern. Erfahrungen aus der Fördertätigkeit der Robert Bosch Stiftung. In: Barwig, Klaus/ Hinz-Rommel, Wolfgang (Hg.) (1995): Interkulturelle Öffnung sozialer Dienste. Freiburg im Bg. 1995, S. 37-48

1. Fachvorträge

Sabine Handschuck

Vom interkulturell orientierten Qualitätsmanagement zur regionalen interkulturellen Qualitätsentwicklung in München

Im November 2000 beschloss der Kinder- und Jugendhilfeausschuss der Stadt München, die interkulturelle Orientierung und Öffnung sozialer Einrichtungen zu unterstützen. Dies sollte durch eine enge Kooperation zwischen der Kommune und freien Trägern gelingen. 2002 wurden in zwei der dreizehn städtischen Sozialregionen Sachverständige für Migrationsfragen mit der Aufgabe eingesetzt, die Integrationsarbeit im Stadtteil zu fördern. Beteiligt waren mit je einer halben Stelle die InitiativGruppe – Interkulturelle Begegnung und Bildung e.V. und das CaritasZentrum in einer der beteiligten Regionen. Eine ganze Stelle wurde von der Arbeiterwohlfahrt eingesetzt. In zwei weiteren Sozialregionen begann das Pilotprojekt „Interkulturell orientiertes Qualitätsmanagement“, das von der Stelle für interkulturelle Arbeit der Landeshauptstadt München koordiniert wurde. Entscheidend für beide Arbeitsansätze war, Integration als Prozess zu definieren, der von zugewanderten Menschen und von der aufnehmenden Stadtgesellschaft, der von Verbänden und Initiativen und dem öffentlichen Träger gemeinsam zu gestalten ist. Auf diese Grundlage konnten sich alle Beteiligten einigen, sich mit ihren jeweiligen Ressourcen einbringen und sich gegenseitig unterstützen. Das Projekt „Interkulturelle Qualitätsmanagement in Münchner Sozialregionen“ soll hier kurz skizziert werden:

Standards und Grundlagen Im Rahmen der Kommunalen Kinder- und Jugendplanung der Landeshauptstadt München wurden 1999 vom Kinder- und Jugendhilfeausschuss „Leitlinien für eine interkulturelle orientierte Kinder- und Jugendhilfe“ verabschiedet. Sie sind damit eine verbindliche Grundlage aller Angebote der Kinder- und Jugendhilfe. Das bedeutet, dass alle Konzepte bzw. Produktbeschreibungen Aussagen zu einer interkulturellen Orientierung und Öffnung der Einrichtung zu treffen haben. Die interkulturelle Orientierung der Angebote ist somit ein Mindeststandard für eine erfolgreiche und anerkannte Arbeit. Der Veränderungsprozess der sozialen Dienste der Kinder- und Jugendhilfe basiert in München auf einem „Drei-Säulen-Modell“, das vom Stadtjugendamt entwickelt wurde. Danach soll sich der Veränderungsprozess der Methoden einer beteiligungsorientierten Kinder- und Jugendplanung, der Instrumente der Neuen Steuerung sowie eines Verfahren von kundenorientiertem Qualitätsmanagement bedienen. Es besteht bundesweit Einigkeit und ist durch das KJHG für die teilstationären und stationären Erziehungshilfen bereits auch rechtlich verbindlich, dass zwischen Leistungsgewährer, also dem Stadtjugendamt und den Leistungserbringern, also den freien Trägern, Qualitätsentwicklungsvereinbarungen zu treffen sind. So gehört auch Qualitätsmanagement zu den Mindeststandards moderner Jugendhilfe.

Neue Steuerung Ziele Das Ziel des interkulturellen Qualitätsmanagement ist es, mit Instrumenten von Qualitätsmanagement Einrichtungen der sozialen Arbeit unterschiedlicher Felder im gemeinsamen Sozialraum so zu verändern, dass sie besser als zuvor ihre Angebote und Maßnahmen wirklich allen Einwohnerinnen und Einwohnern des Stadtteils öffnen, also Deutschen und Nichtdeutschen, Angehörigen der Mehrheitskultur ebenso wie Angehörigen von Minderheitenkulturen.

Der Stadtrat der Landeshauptstadt München hat für die gesamte Verwaltung und damit auch für das Sozialreferat/Stadtjugendamt einen Verwaltungsreformprozess nach der Philosophie der Neuen Steuerung festgelegt. Damit ist ein Übergang zur Outputsteuerung verbunden, also einer Orientierung an Zielen, Ergebnissen und Wirkungen sozialer Arbeit. Grundlage dieses neuen Verhältnisses ist ein Kontraktmanagement, in dem Ziele vereinbart, Budgets festgelegt und Qualitätsvereinbarungen getroffen sowie die Ziele jährlich evaluiert werden. Die Steuerung über Kontrakte wird zur Zeit eingeführt.

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1. Fachvorträge

Grundlage der Vertragsvereinbarungen sind eine interkulturelle Orientierung und Methoden der Qualitätssicherung.

Einstiegshilfen durch Projektarbeit Die sich aus dem Neuen Steuerungsmodell ergebenen Konsequenzen waren für das Stadtjugendamt wie für freie Träger neu und eine gemeinsame Herausforderung. Auf beiden Seiten bestand und besteht Schulungs- und Auseinandersetzungsbedarf. Zu Erleichterung des Prozesses bot das Stadtjugendamt an, die Einführung von Qualitätsmanagement finanziell zu unterstützen und zu begleiten. In einer ersten Phase (1996-1998) wurde das „Münchner Modell“ mit den Erziehungsberatungsstellen und Familienbildungsstätten öffentlicher und freier Träger durchgeführt. Die positiven Erfahrungen wurden in einer Transferphase auf weitere Einrichtungen und ganz Arbeitsfelder wie beispielsweise der berufsbezogenen Jugendhilfe übertragen. Leider wurde hier die interkulturelle Orientierung weitgehend vernachlässigt, was in der jetzigen dritten Phase (20012004) verbessert werden soll. Insgesamt wurden durch das Stadtjugendamt fast eine halbe Million Euro bereitgestellt, um die Einführung von Qualitätsmanagement und die Förderung einer interkulturellen Orientierung für die freien Träger zu erleichtern. Das ist bundesweit einmalig. Das Gesundheitsreferat schloss sich dem Projekt an, so dass nicht nur Jugendhilfeeinrichtungen sondern auch Einrichtungen der Altenhilfe und des Gesundheitswesens sich an der Durchführung des Modellprojektes beteiligen konnten.

Das Angebot In insgesamt fünf Veranstaltungen wurden die freien Träger der genannten Sozialregionen über die Voraussetzungen zur Teilnahme an dem Modellprojekt „Interkulturell orientiertes Qualitätsmanagement“ Ende 2001 und Anfang 2002 informiert. Ein Projektteam wurde gebildet, das aus einer Projektleitung und zwei Fachreferenten für die Themen Interkulturelle Arbeit und Qualitätsmanagement bestand. Angestrebt war, dass in jeder Sozialregion vier bis sechs Einrichtungen für die Teilnahme gewonnen werden sollten. Voraussetzungen für die Teilnahme waren: • Die Teilnahme an dem Modellprojekt ist freiwillig. Aus der Nichtteilnahme erwachsen keine Nachteile.

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• Das Angebot ist flexibel. Unabdingbar ist lediglich das Ziel, durch eine strukturorientierte Strategie nachhaltig zu einer interkulturellen Orientierung und Öffnung der Einrichtung beizutragen und damit zu beginnen, Qualitätsentwicklungsverfahren einzuführen. • Einrichtungen, die bereits Qualitätsmanagement in ihrer Einrichtung eingeführt haben, werden darin unterstützt, die begonnen Prozesse zu ergänzen. • Das Verfahren wird mit den sich beteiligenden Einrichtungen einrichtungsbezogen geplant, die zu erreichenden Ziele werden mit den einzelnen Einrichtungen abgestimmt.

Einstiegsphase Nach den Informationsveranstaltungen zeigten sich 34 Einrichtungen an einer Projektteilnahme interessiert und wurden von der Projektleitung, Prof. Pedro Graf, in einem persönlichen Gespräch nach ihren Erwartungen befragt. Folgende Angebotsschwerpunkte kristallisierten sich heraus: • Fortbildungen zum Thema „Interkulturelle Verständigung“ • Einrichtungsspezifische Beratung zum Aufbau eines QM-Systems • Einrichtungsübergreifende, regionale Qualitätszirkel zur Weiterentwicklung der fachlichen Vernetzung • Planung konkreter Kooperationsangebote Mit den interessierten Einrichtungen wurde nach je einem weiteren regionalen Treffen die oben genannte Angebotsstruktur besprochen. Über die zur Teilnahme erforderliche Unterzeichnung einer schriftlichen Vereinbarung mit der Landeshauptstadt München wurde informiert.

Kontakte 32 Einrichtungen entschieden sich zu einer verbindlichen Teilnahme, von denen 21 Einrichtungen in der Sozialregion Milbertshofen/Am Hart und 11 Einrichtungen in der Sozialregion Laim/Schwanthaler Höhe angesiedelt sind. In den mit der Jugendamtsleitung abgeschlossenen Vereinbarungen wurden von den Einrichtungen Ziele benannt, die durch die Projektteilnahme innerhalb der vorgesehenen Projektzeit von drei Jahren umgesetzt werden sollten. Alle Einrichtungen formulierten über die einrichtungsspezifischen Ziele hinaus das Bestreben, eine interkulturelle Öffnung nachhaltig zu betreiben

1. Fachvorträge

und haben sich zu einer einrichtungsübergreifenden Kooperation verpflichtet. Die Kontrakte wurden von den Trägern der Einrichtungen gegengezeichnet.

Arbeit in Qualitätszirkeln Von den Beteiligten Einrichtungen wurde jeweils mindestens eine Ansprechperson benannt. Insgesamt bildeten sich fünf Qualitätszirkel, in denen die benannten Personen miteinander einen Arbeitsplan erstellten und an den von ihnen festgelegten Inhalten arbeiteten. Gleichzeitig übernahmen die Ansprechpersonen die Aufgabe, die Arbeitsergebnisse des Qualitätszirkels in die jeweilige Einrichtung rückzukoppeln. Vier Qualitätszirkel wurden durch eine Moderation unterstützt. Ein Qualitätszirkel entschied sich, ohne eine Moderation von außen zu arbeiten.

Ausbildung zur Durchführung von Nutzerbefragungen Innerhalb des Projektes konnten sich interessierte Fachkräfte dazu ausbilden lassen, Befragungen zu den Erwartungen von Nutzerinnen und Nutzern sozialer Einrichtungen in einem zweisprachigem Tandem durchzuführen. Interkulturelle Öffnung und Kundenorientierung wurde so durch die Einrichtungen selbst überprüfbar. Die ausgebildeten Tandems können von Einrichtungen beider Regionen in Anspruch genommen werden und stellen in einem begrenztem Umfang ihre Leistungen kostenlos zur Verfügung.

Evaluation Das gesamte Projekt wurde partizipativ evaluiert. In qualitativen Interviews wurde erhoben, wie sich die Projektteilnahme auf die jeweiligen Zielgruppen der Einrichtungen, auf die Einrichtungen selbst und auf die jeweiligen beteiligten Personen aus den Einrichtungen ausgewirkt hat. Ein Abgleich zwischen den aufgestellten Einrichtungszielen und den erreichten Ergebnissen fand statt. Durch eine Stakeholderbefragung wurde ermittelt, inwieweit die Interessen der Geldgeber und der Einrichtungsträger berücksichtigt wurden. Es werden Empfehlungen für eine Weiterführung der Projektarbeit in anderen Sozialregionen der Landeshauptstadt München durch die Stelle für interkulturelle Arbeit erarbeitet. Die Veröffentlichung der Projektevaluation ist in Vorbereitung.

Wie geht es weiter? Das geschilderte Projekt ist nun abgeschlossen und die Evaluation befindet sich in der Endphase. Erste Ergebnisse überzeugten die Politik, weiterhin Geld für die interkulturelle Orientierung und Öffnung in den Stadtregionen zur Verfügung zu stellen. Um noch effektiver arbeiten zu können, wurden beide Projektansätze zusammen geführt und ein gemeinsamer Ansatz entwickelt: „Interkulturelle Qualitätsentwicklung in Münchner Sozialregionen“. Die Zusammenführung beinhaltet, dass die Sachverständigen für Migrationsfragen direkt an der Projektumsetzung beteiligt sind. In enger Kooperation zwischen der Arbeiterwohlfahrt, der InitiativGruppe – Interkulturelle Begegnung und Bildung e.V. und der Stelle für interkulturelle Arbeit der Landeshauptstadt München wird für weitere drei Jahre die interkulturelle Orientierung und Öffnung von sozialen, bildungsbezogenen und gesundheitsbezogenen Einrichtungen in fünf Stadtbezirken unterstützt.

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1. Fachvorträge

Arzu Altu¯ g

In kultureller Vielfalt miteinander leben, voneinander lernen und die „Interkulturelle Öffnung“ in Hannover gestalten

Ziel der Stadt Hannover muss es sein, zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln, die helfen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Zufriedenheit aller Einwohnerinnen und Einwohner, ihre Chancengleichheit und demokratische Teilhabe auch unter den Bedingungen einer durch Einwanderung und demographischen Wandel veränderten Gesellschaft zu erhalten und zu stärken. Eine solche Strategie stellt die „interkulturelle Öffnung“ dar. Unter dem Namen „Diversity Management“ ist diese Strategie auch – mit stärkerer Akzentuierung auf den Wirtschaftskontext – fester Bestandteil im Kanon der modernen Managementkonzepte geworden und sehr erfolgreich.

Offenheit gegenüber den Zugewanderten und um das Einfordern von deren aktiven Teilhabe an der Stadtgesellschaft, sondern auch um einen bewusst zu gestaltenden Prozess der Reflexion über Normalitätsvorstellungen und Werte innerhalb der Bevölkerung wie auch der Stadtverwaltung. Letztlich stellt es einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit und Lebendigkeit in Hannover dar, die „Interkulturelle Öffnung“ als Leitbild (nicht nur) der Stadtverwaltung zu etablieren und im Rahmen eines Handlungskonzeptes gezielt umzusetzen.

Grundgedanke ist dabei eine Akzeptanz von Vielfalt als Chance für die gesellschaftliche Entwicklung und nicht Abwehr oder Abwertung von spezifischen Herkünften, Lebenssituationen, Lebensstilen, Sprachen und Religionen. Diese Akzeptanz entwickelt sich allerdings nicht von allein. Vielmehr müssen alle Mitglieder der Stadtgesellschaft daran mitwirken.

In diesem Themenfeld sind neun konkrete Maßnahmen entwickelt worden, die wechselseitig aufeinander verweisen und aufbauen.

Die Zuwanderung von Menschen aus anderen Ländern und Kulturen schwächt sich zwar seit Jahren ab und dieser Trend wird anhalten, so dass grenzüberschreitende Zuwanderung zukünftig praktisch nur noch in Form der Familienzusammenführung stattfinden wird. Gleichwohl wird der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Hannover kontinuierlich steigen, da diese Bevölkerungsgruppe durch Geburten wachsen wird.

Mit der Entwicklung eines eigenen Interkulturellen Leitbildes kann die Stadtverwaltung als Teil der Stadtgesellschaft einen wichtigen Impuls für Hannover setzen, indem sie vorführt, wie ein notwendiger Veränderungsprozess aktiv gestaltet werden kann. Um diese Wirksamkeit über den Kreis der Verwaltung selbst hinaus zu entfalten, muss die Erarbeitung des Leitbildes ihrerseits Anregungen von Politik, freien Trägern, Migrantenorganisationen, der Stadtöffentlichkeit u.a. aufgreifen, sie ist insofern also partizipativ zu gestalten.

Parallel dazu nimmt die Differenzierung innerhalb der bereits etablierten Religions-, Kultur-, Sprachund Nationalitätengruppen zu, so dass die Stadtgesellschaft der kommenden Jahre durch eine steigende Heterogenität und Vielfalt gekennzeichnet sein wird. Dem entspricht ein Fortschreiten der Individualisierung der Lebensstile. Hieraus erwachsen einerseits Potenziale, Entfaltungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume, andererseits können aber auch Gefahren der sozialen Polarisierung und der Ausgrenzung entstehen. Die Strategie der interkulturellen Öffnung setzt hier an. Dabei geht es nicht nur um eine erweiterte

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Maßnahmen

Ein Leitbild der Stadtverwaltung zur Interkulturellen Öffnung entwickeln

Durch Qualifizierung, Einsatz von Personal und Sprachkompetenz den Bereich Bürgerservice weiterentwickeln zu einer Servicestelle für Migrantinnen und Migranten Nicht wenige der zugewanderten Einwohnerinnen und Einwohner finden wegen fehlender Sprachkenntnisse oder mangelnder Vertrautheit mit dem Behördenapparat wenig oder keinen direkten Zugang zu den kommunalen Dienstleistungen und Ser-

1. Fachvorträge

viceangeboten. Um dem Selbstverständnis der Stadtverwaltung, ihre Dienste für alle Einwohnerinnen und Einwohner gleichermaßen zu leisten, besser gerecht zu werden, soll der Bereich Bürgerservice binnen der nächsten zwei Jahre ausgebaut werden zu einer allgemeinen Anlaufstelle für alle Einwohnerinnen und Einwohner mit Migrationshintergrund. Aufgabe der auszubauenden Servicestelle ist die qualifizierte Beratung der Klientinnen und Klienten, die Ermittlung ihrer Bedarfe und gegebenenfalls die Hinführung zu den entsprechenden Diensten. Erforderlich ist ein Einsatz von qualifiziertem Personal, das neben fließendem Deutsch weitere Muttersprach- und Kulturkenntnisse einbringen kann, sowie Fortbildung des vorhandenen Personals und Einwerbung ehrenamtlicher Hilfe.

Erarbeitung und Umsetzung von Qualitätsstandards für Handouts, Flyer und Broschüren Um sicherzustellen, dass städtische Dienste von allen Berechtigten unabhängig vom Grad der Beherrschung der deutschen Sprache in Anspruch genommen werden können, ist überall dort, wo Informationshandreichungen (Flyer, Handouts, Broschüren) erstellt oder geplant werden, zu prüfen, inwieweit Mehrsprachigkeit wegen der Aufgabenstellung oder der Zielgruppe geboten ist. Hinsichtlich Erstellung und Gestaltung solcher mehrsprachiger Informationen sind Mindestanforderungen im Sinne von Qualitätsstandards zu formulieren.

Überprüfung der kommunalen Dienste, Leistungen und Maßnahmen im Sinne einer Interkulturellen Öffnung als Teil der Organisationsentwicklung Die Realität unserer Stadtgesellschaften ist schon heute von einem etwa 20prozentigen Anteil der Einwohnerschaft mit Migrationshintergrund geprägt. Um diesem künftig noch voranschreitenden Wandel gerecht zu werden, müssen sämtliche Fachbereiche ihr Leistungsprofil daraufhin überprüfen, ob es der durch Einwanderung und andere Faktoren gesteigerten Pluralität in der Kundschaft noch gerecht wird. Die Bearbeitung interkultureller Fragestellungen ist daher als Regelaufgabe der Verwaltung anzusehen. Dies ist ein Teil der Organisationsentwicklung im Rahmen der Verwaltungsreform.

Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen zur Personalentwicklung im Sinne der interkulturellen Öffnung Da mittelfristig interkulturelle Kompetenz als wichtige Anforderung für städtische Bedienstete zu sehen ist, muss die schon vorhandene Fortbildungsschiene „Interkulturelle Kompetenz“ ausgebaut werden. Hieraus resultiert auch eine Notwendigkeit, dieses Themenfeld in die Verwaltungsausbildung zu integrieren. Darüber hinaus ist als Ziel zu formulieren, dass der Anteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund auch in höher qualifizierten Positionen erhöht werden muss. Weiterhin ist durch gezielte Motivation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund das Interesse für eine Ausbildung bei der Stadt Hannover zu wecken.

Kulturelle, religiöse und ethnische Vielfalt in der Stadt aufgreifen, Kompetenz für Konfliktlösung stärken Da ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt in den meisten Stadtteilen Hannovers längst Realität ist, bildet die Förderung der Akzeptanz von Vielfalt eine städtische Aufgabe, um ihr Potenzial für die Entwicklung der Stadtgesellschaft stärker ins Blickfeld zu rücken. Bei der gewachsenen Vielfalt kann es aber auch zu einer Aufladung normaler Interessengegensätze zu scheinbar ethnisch/religiös/kulturellen Konflikten kommen. Um dies nicht zuletzt mit Blick auf die wachsende Zahl von Migrationsreligionsgruppen zu vermeiden, bedarf es einer vorausschauenden und kenntnisreichen Handhabung von potentiell konfliktträchtigen Vorgängen. Hierfür ist die bestehende Kompetenz als Beratungs- und Informationsdienst für und in der Stadtverwaltung auszubauen, an zentraler Stelle anzusiedeln und an relevanten Vorgängen zu beteiligen. Diese Maßnahme dient auch einer verbesserten gesellschaftlichen Einbindung von Migrantengruppen als soziale Akteure in der Stadt und erlaubt eine verbesserte Früherkennung sich möglicherweise anbahnender Konflikte.

Ausbau von Integrationskursen Die Sprach- und Integrationsförderung nach dem neuen Aufenthaltsgesetz bietet neue Chancen und Möglichkeiten, räumt allerdings der Integrationsförderung der Neueinwanderer einen systematischen Vorrang ein. Unter bestimmten Bedingungen, deren Eintreten oder Nicht-Eintreten allerdings zurzeit nicht seriös vorhergesagt werden kann, könnte es

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1. Fachvorträge

deshalb zu Versorgungsengpässen kommen für alteingesessene Migrantinnen und Migranten, die der Sprachförderung bedürfen. Es ist daher sinnvoll, die Entwicklung genau zu beobachten, um anhand einer Bedarfsprognose ab 2006 entscheiden zu können, ob zusätzliche Mitteln bereit gestellt werden müssen, um insbesondere die Sprachförderung für länger hier lebende Eltern mit Migrationshintergrund im notwendigen Umfang sicher stellen zu können. Da außerdem die kurzen „Orientierungskurse“ im Rahmen der Integrationskurse allenfalls eine erste Orientierung vermitteln können, sollte es ein darauf aufbauendes freiwilliges Angebot geben, das neben allgemeiner Staatsbürgerkunde auch einen vertieften Einstieg in Kultur und Geschichte bietet. Die VHS entwickelt hierfür ein etwa 120stündiges Kursangebot für Erwachsene.

Förderung von Partizipation und Beteiligung insbesondere bei Eingewanderten Da die aktive Einbeziehung in die Gestaltung der lokalen Lebensverhältnisse eine wichtige Quelle des „Hiesig-Werdens“ und der Integration ist, muss auch für Menschen mit Migrationshintergrund eine hohe Beteiligung an lokalen Entscheidungs- und Beratungsprozessen, seien es Sanierungsforen, Elternbeiräte oder politische Gremien etc. erreicht werden. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob ein-

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zelne Bevölkerungsgruppen für die Mehrheitsgesellschaft leicht erreichbar sind oder nicht. In diesem Sinne ist eine gezielte Unterstützung für Bevölkerungsgruppen, die mit den Artikulationsformen einer zivilen Bürgergesellschaft weniger vertraut sind (z. B. jüdischstämmige Kontingentzuwanderer/Aussiedler) zu prüfen. Es ist daher ein entsprechendes Aktivierungskonzept zur Erhöhung der Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund zu erstellen.

Rassismus und Diskriminierung bekämpfen, Gleichbehandlungsgrundsatz durchsetzen Jeder Mensch hat unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Sprache, Religion, Alter, Behinderung oder Hautfarbe Anspruch auf uneingeschränkte Achtung seiner Menschenwürde. Um daher deutlich zu machen, dass Diskriminierungen weder von Stadtverwaltung, noch von Politik oder Stadtgesellschaft geduldet werden, sind bindende Vereinbarungen zur Nichtdiskriminierung zu erarbeiten. Darüber hinaus muss auch die Vernetzung der verschiedenen kommunalen Gleichbehandlungseinrichtungen (Behindertenbeauftragte; Gleichstellungsreferat; Antidiskriminierungsstelle; Schwulen-/Lesben-Beauftragte; Seniorenservice) im Sinne des horizontalen Ansatzes der EU-Richtlinien ausgebaut werden.

1. Fachvorträge

Steffen Kircher

Warum InkuTra ?

Migration ist fester Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Mit der Annerkennung Deutschland als Einwanderungsland, hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass Integration keine Einbahnstrasse ist, d.h. sowohl die MigrantInnen als auch die Aufnahmegesellschaft müssen Integrationsleistungen erbringen. Allerdings zeigen empirische Untersuchungen zur sozialen Versorgung von Migranten/-innen, dass Migranten/-innen angesichts ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung, in präventiven sozialen Einrichtungen unterrepräsentiert sind. Und dort wo sie erreicht werden, sind Migranten/-innen mit dem Angebot häufig nicht zufrieden. Aber auch die Mitarbeiten/-innen der Dienste sind mit dem Kontakt unzufrieden und fühlen sich oft überfordert. Die Vermutung liegt nahe, dass sowohl die Migranten/-innen, als auch die Mitarbeiter/-innen, sich in ihren Bedürfnissen und Anforderungen nicht angemessen wahrgenommen fühlen. Mit interkulturellen Fortbildungen von Mitarbeiter/ -innen aus diesen Einrichtungen soll dazu beigetragen werden, dass diese für die kulturellen Aspekte ihrer Arbeit sensibilisiert werden. Dadurch werden sie gestärkt, in der Begegnung mit Migranten/-in-

nen ein differenziertes Hilfsangebot, unter Einbeziehung interkultureller Aspekte, anzubieten. InkuTra bietet mit einem festen Trainer/-innen-Team seit 2001 Interkulturelle Seminare an. Die Zielgruppen sind Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmen. Unser Angebotsspektrum umfasst: • Impulsseminare • mehrtägige modulare Seminarreihen • Inhouseschulungen für Teams und Einrichtungen • TrainerInnen-Qualifizierung • Begleitung und Beratung bei der Umsetzung der Interkulturellen Öffnung von Einrichtungen

InkuTra – Schulungsansatz In den interkulturellen Trainings wird ausgehend von den Erfahrungen der TeilnehmerInnen das eigene Handeln in Bezug gesetzt zu kulturellen Normen und Werten. Durch Übungen und Diskussionen erfahren die TeilnehmerInnen die Relativität unterschiedlicher Kulturen. Sie lernen in interkulturellen Konfliktsituationen angemessen zu reagieren, und erfahren so eine Stärkung ihrer Handlungskompetenz.

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1. Fachvorträge

Die Trainingsinhalte sollen in einem kognitiven wie auch affektiven Lernprozess erfahren werden. Dass heißt, durch Übungen Eigenerfahrungen zu ermöglichen, Reflexionsprozesse und Diskussionen anzuregen. Durch Theorieinputs kulturelles Hintergrundwissen zu vermitteln, und im Lernfeld „Interkulturelle Praxis“ durch Fallarbeit Handlungskompetenzen zu erwerben und diese auf die Arbeitspraxis zu übertragen

Interkulturelle Orientierung als Haltung

Entwicklung interkultureller Kompetenz

• Kulturstandards • Kulturdimensionen • Eigenkulturreflexion • Stereotypen, Vorurteile • Umgang mit Fremdem • Eigen- und Fremdzuschreibungen • Vielfalt, Identität • Toleranz, Demokratie • Interkulturelle Kommunikation

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• Migration • Migrationbiographien • Informationen zu speziellen Herkunftsländern • Fremdheitserfahrung, Identität • Gesetzliche Rahmen- und Aufnahmebedingungen • Migrationspezifische Versorgungsnetze • Selbsthilfestrukturen • Integration

Interkulturelle Praxis

• Kultur

kulturelles Hintergrundwissen

Hintergrundwissen Migration

Interkulturelle Orientierung

Interkulturelle Praxis

• Konflikthafte und irritierende Situationen aus der Arbeitspraxis der TeilnehmerInnen • Entwicklung handlungsfeldbezogene Ansätze interkultureller Praxis • Begleitung und Unterstützung der interkulturellen Öffnung bspw. Inhouse Schulung

1. Fachvorträge

InkuTra – Seminarbeispiele Interkulturelle Trainings für die städtischen Kindertagestätten in Nürnberg – Zeitlicher Ablauf –

Impulsseminar zur Entwicklung interkultureller Kompetenz in Kindertagesstätten • 2tägiges Seminar • insgesamt 8 Gruppen • April bis Juli 2002

Aufbauseminar zur Förderung interkultureller Kompetenz in Kindertagesstätten • 2tägiges Seminar • insgesamt 4 Gruppen

Interkulturelle Inhouse-Trainings in städtischen Kindertagesstätten • • • •

1tägiges Seminar März bis November 2003 insgesamt 15 Einrichtungen alle pädagogischen MitarbeiterInnen der Einrichtung

Entwicklungsgruppe Interkulturelle Arbeit in Kitas • • • •

4-6 TeilnehmerInnen aus verschiedenen Einrichtungen fachlich begleitet durch InkuTra fortlaufend 2003/2004 seit Herbst 2003

Aufbau einer Coaching-Gruppe • fachlich begleitet durch InkuTra • Beginn im Anschluss an die Entwicklungsgruppe

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1. Fachvorträge

InkuTra – Seminarbeispiele Interkulturelles Training für MitarbeiterInnen des Allgemeinen Sozialdienst in Nürnberg-Langwasser Modulare Fortbildungsreihe

Modul 1 Kultur & Migration • Eigenkulturreflektion • Perspektivenwechsel • Theorieinput zu Migration

Modul 2 Migration aus den Gus-Staaten • Spezielle Informationen zum Thema Spätaussiedler und jüdische Kontigentflüchtlinge

Modul 3 Sucht und Migration • Externer Referent von der MUDRA-Nürnberg

Modul 4 Islam – MigrantInnen muslimischen Glaubens • Spezielle Informationen zum Thema Islam und Erziehungsziele und Werte bei MigrantInnen muslimischen Glaubens

Modul 5 Kommunikation und Praxis • • • •

Ansätze interkultureller Kommunikation Umgang mit interkulturellen Konflikten Fallarbeit und Praxisbeispiele Handlungsoptionen für die berufliche Praxis

Follow – Up Tag und Post-Evaluation • Reflexion u. Post-Evaluation der InkuTra-Fortbildung • Fallarbeit • interkulturellen Öffnung des ASD – wie weiter?

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1. Fachvorträge

Externe Evaluation von InkuTra

So arbeiten wir …

InkuTra wurde während der Projektlaufzeit wissenschaftlich von Herrn Professor Dr. Wüstendörfer begleitet. Die bisherigen Evaluationsergebnisse zeigen, dass InkuTra mit seinen Interkulturellen Seminaren wesentlich dazu beigetragen hat, dass das Thema Migration und die Interkulturelle Öffnung der Regeldienste in den entsprechenden Organisationen zum Gegenstand der Diskussion und des Handelns geworden sind.

… als TrainerInnen

Die vielen Einrichtungen und TeilnehmerInnen die mit Interkulturellen Trainings erreicht wurden, die bundesweiten Anfragen nach Konzept und Referententätigkeit und das große Medieninteresse an InkuTra machen deutlich, dass dies in einem breiten Rahmen geschieht.

• Für die von uns angewendeten Methoden aus den internationalen Programmen der Demokratie und Toleranzerziehung verfügen wir über qualifizierte Ausbildungen als TrainerIn.

Auszug aus den Evaluationsergebnissen von Professor Dr. W. Wüstendörfer

• Wir arbeiten im gemischtgeschlechtlichen TrainerInnenteam – wovon mindestens ein/e TeamerIn über eigene Migrationserfahrung verfügt.

• Wir verfügen neben einer pädagogischen Ausbildung über langjährige Seminarerfahrung in der Erwachsenenbildung. • Als TrainerInnen sind wir PraktikerInnen und besitzen mehrjährige Berufspraxis in unterschiedlichen interkulturellen Arbeitsfeldern.

• Wir arbeiten ausschließlich mit Methoden, die wir als TeilnehmerInnen zuerst praktisch „erprobt“ haben.

• Das interkulturelle Training wird von den TeilnehmerInnen sehr gut beurteilt. Sie sind mit dem Training hochzufrieden.

… in unseren Seminaren

• Aus den Angaben der TeilnehmerInnen ist von einer starken Sensibilisierung für Angehörige anderer Kulturen auszugehen. Der Wunsch nach Fortbildungen in Bezug auf interkulturelle Handlungskompetenz ist groß.

• Im Seminar orientieren wir uns an den Erwartungen und Zielen unserer TeilnehmerInnen sowie an dem Arbeitsfeld, in welches das Gelernte umgesetzt werden soll. Somit kommen die Lerninhalte schnell zur Anwendung.

• Das interkulturelle Training wirkt sich über Sensibilisierungsprozesse auf das professionelle Handeln der Teilnehmenden aus.

• Inhalte und Methoden im Seminar sind bewusst vielseitig und praxisnah gestaltet. Im Seminar wechseln sich sensibilisierende Übungen und theoretische Inputs ab.

• Ob durch die Schulung von einzelnen MitarbeiterInnen eine strukturelle Änderung in Organisationen erreicht werden kann, hängt von einer Reihe intervenierender Faktoren ab. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Leitungskräfte einer Einrichtung. Wenn die Leitungskräfte von der Notwendigkeit einer interkulturellen Orientierung überzeugt sind, dann werden strukturelle Änderungen der Einrichtungen wahrscheinlicher und interkulturelle Trainings bilden für die Umsetzung einen wichtigen Faktor.

• Unsere Trainings setzen an der Erfahrung, der Wahrnehmung und Reflexion des eigenen Erlebens, Bewertens und Verhaltens an. • Reflektierte Selbst- und Praxiserfahrung wird durch Sachwissen unterstützt. • Zu speziellen Themenbereichen werden externe FachexpertInnen hinzugezogen. • Intensive Reflexionsrunden und Auswertungsphasen sind fester Bestandteil in jedem Seminar.

Für nähere Informationen über die Evaluation von InkuTra, wenden Sie sich bitte direkt an Herrn Professor Dr. W. Wüstendörfer: [email protected]

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1. Fachvorträge

… nach dem Training • auch nach dem Seminar stehen wir als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung, und begleiten das Team/die Einrichtung bei der Umsetzung der interkulturellen Öffnung und bei der Entwicklung von interkulturellen Standards.

Referenzen Elementarerziehung • Städtische Kindertagesstätten Nürnberg, InhouseTrainings mit verschiedenen städtischen Kindertagesstätten, Inhaltliche Begleitung und Unterstützung der städtischen Kindertagestätten innerhalb der Entwicklungsgruppe zum Thema Interkulturelle Öffnung (seit Oktober 2003), Volkshochschule Ammerland zum Thema „Interkulturelle Erziehung“ Jugendarbeit • Evangelische Jugendarbeit Nürnberg, Jugendhäuser Fürth, Runder Tisch Nürnberg-Langwasser/Gemeinsam für Aussiedler Beratung und Begleitung • Städtische Erziehungsberatungsstellen Nürnberg, Ambulanter Sozialdienst Nürnberg (ASD), Städtische Erziehungsberatungsstellen Nürnberg (Aufbauseminar) Gesundheitswesen • Gesundheitsamt Nürnberg – Kinder und Jugendärztlicher Dienst, Gesundheitsämter im Regierungsbezirk Mittelfranken, Bereich KJD, HansWeinberg-Akademie Fürth, Fortbildungslehrgang für AltenpflegerInnen Straffälligenhilfe • Nürnberger Arbeitskreis Straffälligenhilfe, Landgericht Nürnberg/Fürth, Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik (DBH e.V.)/Strafgefangenenhilfe (bundesweit) Polizei • Polizeiinspektion Nürnberg West, Polizei Fürth – Jugendkontaktbeamte, SIZ Strategisches Innovationszentrum der Bayerischen Polizei

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Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge • MitarbeiterInnen des Bundesamtes, seit September 2004 Auszubildende aller Ausbildungsjahre mit einem fortlaufenden Seminarkonzept Arbeit mit Ehrenamtlichen • ZAB – Zentrum aktiver Bürger, HIPPY, Vormünder Sonstige Arbeitsfelder • Lehrauftrag an der Staatliche Fachhochschule Nürnberg im Studienschwerpunkt „Interkulturelle Sozialarbeit“, In Kooperation mit Xenos Nürnberg, Ausbildung von Jugendlichen Moderatoren, Jugendberufshilfe, Beratung, Jugendarbeit) Referententätigkeiten • 8. Deutscher Präventionstag in Hannover 2003 • „Bundesweiter Zusammenschluss der Interkulturbeauftragten der Fachhochschulen“ 2003 • Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (BAG-JAW) zum Thema „Integrationshilfen“ in Bonn 2003 • Fachtagung „Interkulturelle Öffnung von Regeldiensten“ Potsdam 2003 • 5. Fachtagung „Netzwerk Frauen in der Sozialen Arbeit“, 24. Mai 2003, Veranstalter: Frauenbeauftragte des Fachbereichs Soziale Arbeit an der Universität Bamberg, • Fachtagung „Interkulturelle Öffnung von Tageseinrichtungen für Kinder – der Beitrag der Migrationsdienste“, 12.-14. Mai 2003, Veranstalter AWO-Akademie HELENE SIMON, Rolandseck • Bundeskongress Soziale Arbeit 2003, Jugendforum in Nürnberg, September 2003 • Fachtag „Interkulturelle Qualitätsstandards bei der AWO Nürnberg“ Oktober 2003 • AnleiterInnen-Tag der Universität Bamberg, Oktober 2003, Fachtagung Interkulturelle Öffnung – eine Herausforderung für die Jugendhilfe, 14. Oktober 2004, Duisburg

2. Praxisberichte

2. Praxisberichte Die vier verschiedenen Dimensionen bei der Umsetzung der interkulturellen Öffnung: Helmut Hertz:

Interkulturelle Öffnung ist Teil der Personalentwicklung

Vorbemerkung Als kurzen Einstieg in das Thema interkulturelle Öffnung beziehe ich mich auf einen Text von Mark Becker. Er stellt darin dar, „dass die Arbeiterwohlfahrt als Verband die Herausforderung der Gestaltung einer Einwanderungsgesellschaft frühzeitig angenommen hat. Sie ist seit den 60er Jahren in allen Bereichen der Migrationsarbeit aktiv und arbeitet darüber hinaus seit mehr als einem Jahrzehnt an der interkulturellen Öffnung aller ihrer Dienste und Einrichtungen“.

Für den Kreisverband Nürnberg stellt sich dies so dar, dass bei uns von etwa 430 Beschäftigten ca. 90 im Sachbereich Migration – Jugend und Familie arbeiten. Speziell hier wird die Forderung, ebenfalls von Mark Becker, nach „Mehrsprachigkeit, Migrationserfahrung und interkulturelle Kompetenz als Qualifikationsmerkmale, die fachliche und soziale Kompetenzen ergänzen“, erfüllt. Interkulturelle Öffnung darf sich aber, ich möchte das an dieser Stelle nicht vertiefen, nicht auf die

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2. Praxisberichte

Spezialdienste beschränken. Interkulturelle Öffnung ist überall notwendig wo unmittelbar und mittelbar mehrere kulturelle Hintergründe im Spiel sind. Das klingt jetzt wie eine Binsenweisheit: diese Situation trifft auf alle Bereiche zu. Das heißt, wir haben das zu berücksichtigen und uns interkulturelle Kompetenz zu erwerben bzw. einzufordern. Neben diesem Anspruch an das politisch Korrekte oder auch manchmal fast Moralisierende hat diese Ausgangslage handfeste Folgen für uns als Träger mit vielen (ehren- und) hauptamtlich Beschäftigten. Ich will mich auf die Hauptamtlichen konzentrieren.

Interkulturelle Öffnung und Personalentwicklung Nach Mentzel kann „Personalentwicklung definiert werden als Inbegriff aller Maßnahmen, die der individuellen beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter dienen und ihnen unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen die zur optimalen Wahrnehmung ihrer jetzigen und zukünftigen Aufgaben erforderlichen Qualifikationen vermitteln“. Oder kurz und knapp: Die Personalentwicklung sorgt dafür, dass der richtige Mitarbeiter am richtigen Platz ist. Damit ergeben sich für die Personalentwicklung folgende Ziele: Die erfolgreiche • Gewinnung, • Auswahl, • Förderung und • Bindung von qualifizierten, engagierten und motivierten Mitarbeitern. Ausgestattet mit Definition- und Zielformulierung sollte jetzt die Umsetzung einfach sein. Wir wissen alle, sie ist es nicht.

Zielgruppe(n) Zur Formulierung der Ziele gehört die Bestimmung der Zielgruppe: Es sind dies alle, wie bereits gesagt, Mitarbeiter. Auf die Aufgabenstellung im Sinne von Personalentwicklung ist dies differenziert zu sehen.

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Migrationspezialdienste Relativ einfach scheint das bei den Migrationspezialdiensten zu sein. Die Zuschussgeber geben häufig ein klares Profil vor (etwa Sprachkenntnisse, eigene Migrationserfahrung). Damit können wir die geeigneten Mitarbeiter gewinnen, auswählen und fördern. Das Binden wird etwas problematischer. Die Abhängigkeit von Förderprogrammen und die Unwägbarkeiten die damit verbunden sind, reichen häufig nicht für längerfristige Perspektiven. In der Praxis ist der Spagat zwischen zeitlicher Befristung und das Halten qualifizierter Mitarbeiter über zwei Jahre hinaus zu leisten. Zusätzlich reflektiert das oben genannte Profil meist auf die angenommenen, häufig auch in der Praxis bewährten, Voraussetzungen um die Zielgruppe der Angebote möglichst optimal zu erreichen. Es geht hier jedoch auch darum, dass sich diese Mitarbeiter kulturkompetent in unserem System fachlich bewegen können. Haben diese Mitarbeiter die interkulturelle Kompetenz, die ich eingangs gefordert habe? Meines Erachtens haben sie die ebenso wenig wie alle anderen auch. Der Auswahl- und Förderaspekt gewinnt damit eine besondere Bedeutung. Wir müssen darauf achten, was die Bewerber an „Türöffnerqualitäten“ und kulturellen Kompetenzen in beide Richtungen mitbringen. Wir müssen uns in unseren Planungen von vornherein darauf einstellen, Angebote zur Vermittlung Förderung interkultureller Kompetenz vorzuhalten und auch mit Nachdruck die Inanspruchnahme einzufordern. Gleiches gilt in umgekehrter Weise für Mitarbeiter in diesen Spezialdiensten, die nicht über einen eigenen Migrationshintergrund und entsprechende Sprachkenntnisse verfügen. Eine Platzierung im Erstberatungsbereich erscheint hier wenig sinnvoll. Angebote, die nicht auf Sprache basiert sind, können von diesen jedoch übernommen werden. An dieser Stelle treffen sich beide Gruppen. Diese Mitarbeiter müssen natürlich ebenfalls über interkulturelle Kompetenz verfügen. Deutlich wird an dieser Darstellung, dass wir sowohl bei der einen als auch bei der anderen Gruppe nicht den absolut kompetenten Menschen finden werden. Die gezielte Auswahl und Förderung kann die Situation verbessern. Vernetzung muss zusätzlich vieles kompensieren. Darauf muss ich jedoch nicht eingehen. Das wird später die Kollegin aus Bremen übernehmen.

Interkulturelle Öffnung in allen Bereichen In Nürnberg haben ca. 33 % der Bewohner einen Migrationshintergrund. D.h. die Wahrscheinlichkeit

2. Praxisberichte

wird zur Gewissheit, dass wir bei allen unseren Diensten und Angeboten auf das Thema stoßen werden. Damit gilt das vorher Gesagte generell. Bei unseren Personalentwicklungsplänen bzw. -bemühungen sollte das Berücksichtigung finden. Drei Aspekte stehen m.E. dabei im Vordergrund: • Wir sollten unsere Teams auch unter dem Aspekt der kulturellen Vielfalt bilden • Wir müssen sicherstellen, dass unsere Mitarbeiter kulturkompetent und „Kundenorientiert“ arbeiten können • Fort- und Weiterbildung muss interkulturelle Kompetenz für alle Mitarbeiter zum verpflichtenden Thema machen

Kulturelle Vielfalt Der Anspruch wird offen gesagt nicht immer systematisch verfolgt. Gibt es Sachzwänge, etwa die bereits beschriebenen Fördervorgaben, dann erfolgt die Personalauswahl natürlich entsprechend den Kriterien. Beim Start neuer Angebote, etwa einer neuen Kindertagesstätte, wird auf eine entsprechende Mischung im Team Wert gelegt. Besonders natürlich dann, wenn die Einrichtung in einem Stadtteil mit hohem Migrantenanteil liegt (für welchen gilt das nicht, besonders wo wir als AWO tätig werden!). Im Vordergrund stehen aber nach wie vor die klassischen fachlichen Anforderungen. Wir haben jedoch trotzdem eine äußerst breite Streuung an kulturellen Hintergründen.

Kulturkompetent und Kundenorientiert Wir sind auf der sicheren Seite was das Thema „Türöffnerqualitäten“ betrifft. Sprache und womöglich die gemeinsame Herkunft sind hier von großer Bedeutung. Schwieriger wird jedoch das Thema Kulturkompetenz (in beide Richtungen) und die Kundenorientierung. Unsere Angebote und Konzepte verfolgen nicht das Ziel unserem Klientel/unseren Kunden ein Leben hier unter Beibehaltung ihrer bisherigen Gewohnheiten zu ermöglichen. Unsere Mitarbeiter müssen in der Lage sein diesen Menschen ein Zurechtkommen in unserer Gesellschaft zu vermitteln. Dazu müssen sie über die notwendige Sicherheit verfügen. Ein zweiter Aspekt ist zu berücksichtigen. Wir haben auch die Konstellation, dass Mitarbeiter mit Mi-

grationshintergrund Dienstleistungen für Menschen ohne einen solchen erbringen. Wir haben darauf zu achten, dass auch hier die notwendige Sprachkompetenz und Kompetenz in unserer Kultur vorhanden ist, um den konzeptionellen Ansprüchen genügen zu können. In der Praxis heißt das etwa in der Altenpflege, dass geringe Sprachkenntnisse und wenig kulturspezifisches Verständnis für die Erwartungen und Bedürfnisse unserer Bewohner in den Heimen in der Arbeit zu Problemen führen können. Gleiches gilt auch für die Umsetzung zeitgemäßer Pädagogik etwa in Kindertagesstätten. Nur um ein paar Beispiele zu nennen. Bei der Gewinnung des geeigneten Personals sind wir auf den Markt angewiesen. Lässt er eine qualifizierte Auswahl zu, dann sind wir mit unseren Ansprüchen begünstigt. Tut er es nicht, dann gewinnt das Nachfolgende zusätzlich an Bedeutung.

Fort- und Weiterbildung In der Betrachtung ergeben sich zwei Ansätze: • Kompensation von Sprachdefiziten, sowie fehlenden konzeptionellen und kulturellen Zugängen von Mitarbeitern mit und ohne Migrationshintergrund, als fachspezifische Schwerpunktsetzung, sowie einer • Vermittlung von (inter-)kultureller Kompetenz im Sinne einer generellen Befähigung „in interkulturell geprägten (Arbeits)Situationen mit Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen und in fremdkultureller Umgebung kommunizieren und effizient tätig werden zu können.“ Wie wir das für unser bereits vorgestelltes Inkutra-Programm formuliert haben. Folgende Aspekte spielen dabei eine besondere Rolle: • Vermittlung von Grundkenntnissen über Migration und Zuwanderung • Schaffen von Sensibilität für die eigene kulturelle Prägung • Anregung und Einleitung vertrauensbildender Maßnahmen • Erkennen und Abbauen von Zugangsbarrieren • Befähigung zum interkulturellen Dialog und Handeln Ich räume gerne ein, dass wir bei der Umsetzung noch viele Schwierigkeiten und auch „Zurückhaltungen“ zu überwinden haben. Mittelfristig gesehen, gibt es aber keine Alternativen bzw. Begründung hier nicht konsequent weiter zu gehen.

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2. Praxisberichte

Karl-August Schwarthans:

Interkulturelle Öffnung als Leitungs- und Managementaufgabe

Interkulturelle Öffnung ist eine Leitungs- und Managementaufgabe mit den Zielen, sich als Organisation (Institution) gegenüber Menschen, die selbst oder ihre Eltern bzw. Großeltern als Zuwanderer aus einem nichtdeutschen Kulturraum einreisten, als Mitarbeiter oder Klienten zu öffnen, um die gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Sie dient somit zur Herstellung von Chancengleichheit, um soziale Mobilität als auch Zugang zu sozialen Dienstleistungen zu begünstigen. Seit 1993 beschäftige ich mich bei der AWO-Duisburg mit interkultureller Öffnung, vorrangig im Bereich der Jugendhilfe und hier insbesondere mit dem Schwerpunkt der interkulturellen Öffnung von erzieherischen Hilfen. Da ich gleichzeitig seit Mitte der 90er Jahre die AWO im Jugendhilfeausschuss der Stadt Duisburg vertrete, hatte ich die Gelegenheit, den Prozess der interkulturellen Öffnung nicht nur aus Leitungs- und Managementsicht, sondern auch aus jugendpolitischer Sicht zu begleiten. In den letzten 12 Jahren mussten sich aber auch andere Arbeitsfelder in meinem Zuständigkeitsbereich mit der Thematik interkultureller Öffnung befassen, z. B. die Schuldnerberatung. 1993 eröffnete die AWO-Duisburg ihre erste Tagesgruppe gemäß § 32 SGB VIII. Die geringe Teilhabe von Zuwanderern an erzieherischen Hilfen veranlasste mich, diese Einrichtung so zu gestalten, dass sie von nichtdeutschen Kindern und ihren Familienangehörigen als Hilfsangebot akzeptiert wird. Dies war der Start in die interkulturelle Öffnung. Aber gleichzeitig spielten Aspekte wie Trägerprofil, Kundenbindung/-orientierung und Marktanteile, aber auch Qualität von erzieherischen Hilfen in einer sich verändernden Gesellschaft, eine wichtige Rolle bei dieser Entwicklung. Interkulturelle Öffnung muss von der Leitung gewollt und manchmal auch nachdrücklich durchgesetzt werden. Interkulturelle Öffnung stellt einen langwierigen Organisationsentwicklungsprozess dar und eignet sich nicht für spontane Erfolgserlebnisse. Personalgewinnung, eine typische Leitungsaufgabe, übernimmt hier eine Schlüsselposition. Bereits die Stellenausschreibungen sollten deutlich auf die interkulturelle Öffnung hinweisen und insbesondere ein sichtbares Signal senden, dass Zuwanderer als künftige Mitarbeiter willkommen sind. Natürlich müssen

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sie interkulturelle und fachspezifische Kompetenzen vorweisen, aber interkulturelle Öffnung heißt nicht nur Kundenorientierung, sondern auch Öffnung der Dienste für neue Mitarbeitergruppen. Interkulturelle Öffnung, die gleichberechtigte Teilhabe an sozialen Dienstleistungen, kann nur glaubwürdig funktionieren, wenn die Teilhabe auch an den Arbeitsplätzen des Dienstleisters gewährleistet wird. Zwischenzeitlich gibt es in Duisburg 9 Tagesgruppen, davon 3 bei der AWO. Nur unsere Einrichtungen verfügen alle über nichtdeutsches Fachpersonal. Aber auch in anderen Arbeitsfeldern der Hauptabteilung Jugendhilfe, Beratung und Betreuung finden sich zwischenzeitlich nichtdeutsche Mitarbeiter. Vor allem in der Startphase zur interkulturellen Öffnung gab es unter den Mitarbeitern erhebliche Widerstände und Ängste zu überwinden. Es musste nicht unerhebliche Überzeugungsarbeit geleistet werden, da interkulturelle Öffnung zwar von oben gewollt werden muss, aber von unten unabdingbar mitgetragen werden muss. Natürlich hat es auch Mitarbeiter gegeben, die den Weg der interkulturellen Öffnung nicht gemeinsam mit uns gehen wollten. Natürlich gibt es auch in der Einstellungspraxis so etwas wie ausgleichende Bevorzugung, aber nur in Verbindung mit Fachkompetenz und entsprechender Formalqualifikation. Mitarbeiter, die selbst oder ihre Eltern zugewandert sind, benötigen gleiche interkulturelle Förderung und Fortbildung wie alle anderen Mitarbeiter auch. Interkulturelle Kompetenz muss erworben werden, sie wird nicht vererbt. Trotzdem gehört zur interkulturellen Öffnung stets ein Anteil von zugewanderten Mitarbeitern entsprechend dem Bevölkerungsanteil in ihrem Tätigkeitsgebiet. Als wir 1993 die Tagesgruppe Marxloh eröffneten, fanden wir mit großer Mühe auch geeignetes nichtdeutsches Fachpersonal. Wir benötigten nahezu 8 Monate, bis wir das erste nichtdeutsche Kind aufnehmen konnten. Es gab intensive Überlegungen zur Ursachenerforschung, die Situation veränderte sich aber erst, als eine nichtdeutsche Leitungskraft die Tagesgruppe übernahm. Seitdem haben wir ca. 50 % der Plätze mit nichtdeutschen Kindern belegt. Aber wir erfassen auch die Belegungsdaten, um nicht nur etwas über die ökonomische Auslastung zu erfahren, sondern auch in der Schuldnerberatung oder in der Jugendgerichtshilfe. Erfasst werden

2. Praxisberichte

Kinder oder Familien, die aus Spätaussiedlerfamilien unsere Hilfe beanspruchen, sowie Kinder von Arbeitsmigranten. Mit den entsprechenden Leitungskräften haben wir jeweils Zielgrößen vereinbart, die nach Möglichkeit erreicht werden sollten. Das daraus gewonnene Datenmaterial dient nicht dazu, zu sanktionieren, sondern um konstruktiv zu analysieren, aus welchen Gründen Hilfsangebote in den unterschiedlichen Sozialräumen besser oder schlechter angenommen werden. Letztlich erfolgt die Belegung stets durch die Zustimmung des öffentlichen Jugendhilfeträgers, aber das Datenmaterial stellt eine Grundlage zur Nachbesserung der interkulturellen Öffnung dar und ergibt die Basis für eine Steuerung. Interkulturelle Qualitätsmerkmale sind zwischen Leitung und den jeweiligen Fachteams systematisch zu beschreiben und auszuarbeiten. Letztlich führt kein Weg am interkulturellen Qualitätsmanagement als Querschnittsaufgabe vorbei. Was gehört beispielsweise dazu? Zunächst einmal relativ äußere und profane Faktoren: Die Raumge-

staltung, die deutlich macht, hier bin ich als Migrant willkommen, hier werde ich akzeptiert, ist genauso wichtig wie eine ausgeprägte Öffentlichkeitsarbeit, die das interkulturelle Image der Einrichtung weiter fördert und bekannt macht und stellen wichtige Aspekte von Leitung dar. Interkulturelle Öffnung stellt einen permanenten Entwicklungsprozess dar und beginnt im Wesentlichen mit der Einstellung des einzelnen neuen Mitarbeiters und seiner Einarbeitung und hat Aufnahme in jedem Qualitätsmanagement zu finden. Interkulturelle Öffnung ist zurzeit im Wesentlichen abhängig von der Einsicht einzelner Leitungskräfte im sozialen Bereich. Es fehlen grundsätzliche Rahmenbedingungen seitens der Auftragsgeber für soziale Dienstleistungen. Es reicht offensichtlich nicht aus, dass einzelne Träger sich zur interkulturellen Öffnung bekennen. Ist Spracherwerb die Schlüsselqualifikation zur Integration der Migranten, müsste die interkulturelle Öffnung anerkannte gesellschaftliche Gegenleistungen darstellen.

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2. Praxisberichte

Gönül Sebibucin:

Interkulturelle Öffnung als Kundenorientierung

Göppingen ist eine mittlere Industriestadt mit ca. 60 Tausend Einwohnern. 20 % davon sind Migranten. Die größte Gruppe ist aus der Türkei und aus dem ehemaligen Jugoslawien. Davon leben 670 über 61 jährige in der Stadt. Nach der Prognose wird sich diese Zahl innerhalb von 5 Jahren verdoppeln.

Von 2002 bis 2005 wurde das „Göppingen ProjektGesundheitsförderung bei älteren Migranten in Form von Präventiven Hausbesuchen verwirklicht.

Die Pflegebedürftigkeit türkischer und jugoslawischer Migranten verdreifacht sich in Göppingen bis 2010. Die Heimversorgung bleibt marginal. Die Familien pflegen immer weniger. Die Versorgungslücke ist programmiert. Es fehlen interkulturelle Dienste mit Zugangskompetenz, die frühzeitig Pflegeprobleme lösen können.

Durch diese über 2 Jahre dauernde Studie konnten wir feststellen, dass sich der Gesundheitszustand von Migranten schon vor dem 70. Lebensjahr rapide verschlechtert. Zwei Lebensdefizite sind dafür als Hauptursachen zu nennen.

Die Voraussetzungen für Kundengewinnung bei Migranten Man braucht jahrzehntelanges Erfahrungswissen der Einzelfallhilfe durch Migrationsdienste, ein interkulturelles Netzwerk und Zugangskompetenz zu Migrantenfamilien. Das wurde in Göppingen aufgebaut seit 1970 mit der Beratungsstelle der AWO für türkische und jugoslawische Migranten. Man braucht spezialisierte ambulante Dienste der Alten-, Behinderten und Familienhilfe. Das wurde im AWO-Haus konzentriert seit; 1996 mit Ambulanter Geriatrischer Rehabilitation (AGR)- Grundsatz „Reha vor Pflege“ 1997 mit Internationalen Pflegedienst (IPD) – ein Bundesprojekt bis Ende 2006 – zur Errichtung einer kultursensiblen Beziehungspflege, 1999 mit Türkischer Familienhilfe, integriert in die Sozialpädagogische Familienhilfe – in Kooperation mit dem Kreisjugendamt, Von 2000 bis 2004 mit MERHABA-Projekt für alleinerziehende von Sozialhilfe lebende Frauen (ESF Projekt)

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Dazu gab es seit 2001 das AWO INTERTEAM, das insgesamt 751 Hausbesuche durchgeführt hat.

Zum einen gibt es Besonderheiten der Migration – Diskriminierungen, familiäre Zerrissenheit, Heimwehkrankheiten, Sprachbarriere-, zum andern sind schwierige Arbeitsbedingungen. Weil aber die 2. und 3. Generationen im Alltag nicht helfen können (oder wollen) haben die jungen Alten vielfältige Hilfebedarfe im Vorfeld der Pflege, z. B. Behördenumgang, Schreibarbeiten, Einkaufen, Hausarbeit, Kochen, Müll beseitigen etc. Das Göppingen Projekt hat uns gezeigt, das frühe Intervention langfristig am effektivsten ist. Auf Pflegebedürftigkeit zu warten (im Sinne der Pflegeversicherung) und auf die familiäre Versorgung zu hoffen, wäre inhuman und teuer. Zwei Drittel der besuchten waren nicht akut gefährdet. Aber 91 waren schon hilfsbedürftig, die auf die AWO To Do – Liste kamen. Bisher haben 39 Aktionen – allein 8 erfolgreiche RehaMaßnahmen eine Gesundheitsförderung bewirkt. Im Projektzeitraum haben tatsächlich 14 Migranten (im Durchschnittsalter 67) eine Pflegestufe erhalten und werden von AWO-IPD gepflegt. Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Patienten türkischer und jugoslawischer Herkunft auf 35 gestiegen (mehr als verdoppelt). Jetzt liegt die Pflegebedarfsprognose 2010 für die Stadt Göppingen vor. Das bisherige Altenhilfesystem ist damit überfordert. Diese Versorgungslücke wird zur Chance für interkulturelle Dienste.

2. Praxisberichte

Der AWO-Kreisverband Göppingen hat vor 20 Jahren mit MSHD (Mobile Soziale Hilfsdienste) als neuer Träger angefangen. Sie musste sich eine Marktnische suchen, denn in der konservativen Industriestadt hatten die christlichen Sozialstationen und die Heime den Markt der Pflege in der Hand. Also hat der Kreisverband sich auf die Zielgruppe (Migranten aus der Türkei und aus dem ehemaligen Jugoslawien) konzentriert und spezialisiert. Mittlerweile sind von 48 Hauptberuflichen 50 % ausländischer Herkunft. Die Berufsbilder umfassen ein breites Spektrum von kaufmännischen Angestellten, Krankenschwestern, examinierten Altenpflegerinnen, Diplom Sozialpädagoginnen und Sozialarbeitern hin bis zu ungelernten türkischen und jugoslawischen Helferinnen und Helfern.

Zwei von drei Referaten werden von Migranten geleitet. Wir bleiben dabei. IPD ist der Kern des AWO Kreisverbandes Göppingen geworden. Mit dem Modellprojekt sind im Verband, „Interkulturelle Dienste der Kern der Zukunftsfähigkeit …“ geworden. Deshalb bereiten wir uns fortwährend qualitativ vor und wollen ab 01.01.2007 soweit sein, dass der Dienst sich auch selbst finanzieren wird. Daher unsere Devise: KUNDENORIENTIERT ARBEITEN KUNDEN BINDEN UND NEUE KUNDEN GEWINNEN

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2. Praxisberichte

Heike Arnecke und Hannelore Bitter-Wirtz:

Interkulturelle Öffnung durch Vernetzung – Veränderungen in den Einrichtungen anstoßen

Hintergrund des Projektes: Die AWO Bremen hat bereits etliche Maßnahmen für ältere Migranten/-innen in den vergangenen Jahren umgesetzt: • die Informationsreihe für ältere Türken/-innen wird regelmäßig in Stadtteilen mit besonders hohem Migrantenanteil realisiert • über einen Zeitraum von drei Jahren lief ein Modellprojekt „Infomobil“ für ältere Migranten/-innen und Einheimische mit dem Ziel das Altenhilfesystem in Bremen transparenter zu machen • einige Begegnungsstätten für ältere Menschen wurden interkulturell geöffnet • für Senioren mit Migrationshintergrund wurden und werden Selbsthilfegruppen initiiert und begleitet. Wichtig und förderlich für das aktuelle Projekt, nämlich die Umsetzung der Interkulturellen Öffnung in Einrichtungen und Diensten der AWO Bremen, war der Verbandsbeschluss zur IKÖ, sowie das trägerübergreifende Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe, das die Selbstverpflichtung der Wohlfahrtsverbände zur IKÖ zum Ausdruck bringt. Das Memorandum dient als Grundlage für das Konzept der IKÖ der AWO in Bremen.

Schritte der Konzeptentwicklung der IKÖ der AWO Bremen: • • • •

Entscheidung zur IKÖ auf der Führungsebene Akquise von Fördermittel für die Konzeptentwicklung Personelle und finanzielle Rahmenbedingungen Fachliche Begleitung durch die Referatsleitungen (Altenhilfe und Migrationsarbeit) • Entwicklung der fünf Dimensionen der IKÖ als praxisbezogene Handreichung und Handlungsempfehlungen für die eigenen Einrichtungen • Interne und externe Präsentation des Konzeptes

Umsetzung des IKÖ-Konzeptes – 2003 (intern) • Einrichtung einer Steuergruppe und interdisziplinärer Arbeitsgruppe (Altenhilfe und Migrationsarbeit) • Erstellen eines Projektplanes d.h. Formulierung des Auftrages mit Zeitschiene und Ergebnisabfragen

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• Erstellen eines Maßnahmenkatalogs für das Jahr 2004

Umsetzung des IKÖ-Konzeptes – 2004 (intern) • Veränderungen rund um die Einrichtungen wie z. B. Symbole in den Räumen, Einrichtung multireligiöser Gebetsräume, Übersetzung der Einrichtungsflyer, Übersetzung der wichtigsten Punkte der Heimverträge. • Erarbeiten eines Fortbildungsprogramms für die Mitarbeiter/-innen • Interkulturelle Aktivitäten wie Koranlesungen, Veranstaltungen, Feste.

Umsetzung des IKÖ-Konzeptes in Bremen • Präsentation des IKÖ- Konzeptes für alle Träger von Altenhilfeeinrichtungen • Einrichtung von regionalen Steuergruppen • Fachliche Begleitung bei der Umsetzung der IKÖ in den Stadtteilen.

Was war für das Projekt förderlich? • • • •

Das Integrationskonzept des Landes Bremen Beschluss der AWO Bundeskonferenz zur IKÖ Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe Motivation auf der Geschäftsführer und -Referatsleiterebene • Offenheit in AWO Einrichtungen • Bisherige Kooperationen zwischen der Migrationsarbeit und der Altenhilfe

Was war für das Projekt eher hinderlich? • Der Selbsttest von Hinz-Rommel ergab, dass nicht alle Mitarbeiter/-innen von dem Konzept der IKÖ überzeugt waren. • Das Projekt wurde und wird als zeitlich belastend empfunden. • Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema Migration ist eher ungewohnt. • Die Geldakquise für die Umsetzung der IKÖ war mühsam.

3. Arbeitsgruppen

3. Arbeitsgruppen Good-Practice-Beispiele in vier Handlungsfeldern:

Am zweiten Tag wurden vier verschiedene Arbeitsgruppen angeboten, die sich mit Folgenden Fragen beschäftigten: • Was sind die konkreten gegenwärtigen Themen in der Praxis? • Mit welchen Instrumenten und Ressourcen kann man die interkulturelle Orientierung einer Organisation überhaupt fördern bzw. positiv beeinflussen? • Wo sind die Systemgrenzen?

Auf der Basis von theoretischen Grundlagen war das Ziel vor allem, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit bekommen, ihre Praxiserfahrungen in die Diskussion einzubringen, erfolgreiche Good-Practice-Modelle kennen zu lernen und eigene Ideen für die Umsetzung der interkulturellen Öffnung in ihrer Einrichtung zu entwickeln.

AG I: Kita: Moderation: Susanne Bourgeois AWO Bundesverband e.V. und Annette Schnitzler AWO Kreisverband Essen e.V.

Die AG 1 war mit 4 Teilnehmer/-innen und den beiden Moderatorinnen eine kleine, aber in mehrfacher Hinsicht heterogen zusammengesetzte Arbeitsgruppe: Arbeitsfeldbezogen (Migration und Kindertagesstätten), Ebene der Tätigkeit (Bundesebene und

örtliche Träger), regionale Herkunft (Bayern, Sachsen-Anhalt, NRW und Schleswig-Holstein) sowie Alter und Geschlecht. Die Unterschiedlichkeit der Perspektiven der Teilnehmer/-innen war somit also gewährleistet.

47

3. Arbeitsgruppen

Schon in den einführenden Worten, in denen Susanne Bourgeois den Stand interkultureller Orientierung in Tageseinrichtungen der AWO und die in diesem Zusammenhang vorhandenen Arbeitshilfen darstellte, kam es zu Rückfragen und lebhaften Diskussionen (z. B. über berufliche Möglichkeiten und Bedarfe für Erzieher/-innen mit Migrationshintergrund). Annette Schnitzler stellte in der Folge als Praxisbeispiel die Konzeption der interkulturellen Kindertagesstätte Schalthaus Beisen in Essen-Katernberg anhand folgender Kategorien vor: • Multikulturelles Mitarbeiter-Team: 50 % Deutsch/ 50 % Migrationshintergrund • Vernetzung: u.a. mit Familienbildung, RAA, Stadtteil, Schulen

• Eltern als Partner: Beteiligung, Beratung und Bildung • Bildung, Erziehung und Betreuung als Einheit • Situationsansatz als pädagogische Grundlage • Sprachförderung: Zweisprachförderung, ganzheitlich, handlungsorientiert, • systematisch, SISMIK • Kooperation Kita – Schule: Verbindung der Systeme, Begegnungsjahr, Dokumentation der kindlichen Entwicklung In der Diskussion wurde immer wieder deutlich, wie hoch der Kommunikations- und Informationsbedarf bei allen Beteiligten zum Thema ist, an einigen Stellen wurden auch unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse sichtbar. Die Ergebnisse wurden in folgendem Schaubild zusammengefasst:

Themen/ Ansätze

Was fehlt? Hindernisse

Bedarfe

Vernetzung – Festgestelltes Problem: Gleiche Angebote bei unterschiedlichen Einrichtungen

Kooperation Kitas – Migrationsdienste

Transparenz bzgl. Ansprechpartnern u. Strukturen

Wissen über andere Angebote/ Einrichtungen Kita als ernstzunehmender Partner für „allgemeine Probleme“ Migrationsfachdienst als ernstzunehmender Partner für „allgemeine Probleme“

Personalentwicklung

Gibt es türkische Erzieher/-innen in genügendem Maß? Gibt es einen Markt für türkische Erzieher/-innen? Welche Anreize braucht es für türk. Erzieher/-innen?

Interkultureller Arbeitskreis im Auftrag der Kommune Innere Haltung: „Ich gehe auf jemanden zu!“ statt „Ich warte, bis jemand kommt!“ Bewusste Rollenaufteilung zwischen Akteuren (z. B. nach geschützten/offenen Bereichen) Bewusste Trägerentscheidung für kompetentes Fachpersonal mit Migrationshintergrund Besondere, zusätzliche Unterstützungsbereiche in Ausbildung und Schulen

Fachabitur als Voraussetzung für Erzieher/-innen-Ausbildung??? Religion als Zugangshemmnis

Aus den Ergebnissen ergaben sich folgende Forderungen: • Interkulturelle Themen müssen in die Aus-/Fortund Weiterbildung bedarfsgerecht aufgenommen werden. • Die sozialpolitische Gestaltungsaufgabe der AWO in Bezug auf die Einwanderungsgesell-

48

schaft muss auf den jeweils zuständigen Ebenen angepackt werden. • Notwendig ist eine systematische Bildungsarbeit für Alle Ziel sollte die Entwicklung eines eigenen AWO-Profils für Kindertageseinrichtungen sein, z. B. im Bereich der Sprachförderangebote.

3. Arbeitsgruppen

AG II: Jugendhilfe Moderation: Dr. Talibe Süzen, AWO Bundesverband e.V., Eroglu-Schulze und Hans-Dieter Kolb, AWO Kreisverband Solingen e.V.

Die Arbeitsgruppe II war mit Teilnehmer/-innen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen sehr heterogen zusammengesetzt. Mit einem einführenden Beitrag erläuterte Süzen den aktuellen Stand der interkulturellen Öffnung im Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung und die vorhandenen Zugangsprobleme der Migrantenbevölkerung zu den Angeboten der Hilfen zur Erziehung. Die Kinder- und Jugendhilfe ist nach §1 Abs. 4 SGB VIII dazu verpflichtet, Benachteiligung aller Familien und ihren Angehörigen auszugleichen bzw. zu verhindern. Fakt ist aber, dass gerade im Bereich der Hilfen zur Erziehung Kinder, Jugendliche und ihre Familien mit Migrationshintergrund bundesweit stark unterrepräsentiert sind, wie u. a. der 11. Kinder- und Jugendbericht, der Sechste Familienbericht 2000 zeigt. Das Ziel der interkulturellen Öffnung der Hilfen zur Erziehung für die AWO lautet, dass alle in der Bundesrepublik lebenden Kinder und Jugendlichen einen Anspruch auf Leistungen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe haben. Durch konsequente Umsetzung der interkulturellen Öffnung wird ermöglicht, dass Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe mit Migrationshintergrund zu gleichberechtigten Nutzer/-innen des sozialen Hilfenetzes werden. Der Bundesverband übernimmt im Prozess der interkulturellen Öffnung die Verantwortung, (Rahmen-) Konzepte für die einzelnen Arbeitsfelder der sozialen Arbeit zu entwickeln und umzusetzen. Die Umsetzung, Initiierung und Begleitung der Interkulturellen Öffnung in den jeweiligen Arbeitsfeldern erfolgt mit identischen, abgestimmten strategischen Schritten: • Bestandsaufnahme • Fortbildungen, Positionspapiere • Konzepte/Arbeitshilfen und Modellversuche • Dokumentation und Analyse vorhandener und modellhaft erprobter Good-Practice-Beispiele Nach der kurzen Einführung wurde durch Nebehat Eroglu-Schulze und Hans-Dieter Kolb das interkulturelle Konzept der Erziehungsberatungsstelle in Solingen vorgestellt.

Allgemeine Informationen zu der Erziehungsberatungsstelle Solingen Solingen ist eine Stadt mit 163.391 Einwohnern. Davon sind 7.704 türkischer und 6.064 italienischer Herkunft, ausschließlich Migranten/-innen, die bereits eine deutsche Staatsbürgerschaft haben. Die Stadt ist geprägt von klein- und mittelständischen Industriebetrieben, die unter der derzeitigen ungünstigen wirtschaftlichen Gesamtsituation leiden. Die Beratungsstelle wurde im Jahre 1993 als Familienberatungsstelle gegründet und 1997 in eine Erziehungsberatungsstelle mit Schwerpunkt Migrantenberatung nach den NRW-Richtlinien weiterentwickelt. Das Team wurde damit um eine Fachstelle mit einer Beraterin türkischer Herkunft erweitert. Nach der Statistik der Beratungsstelle ist festzustellen, dass 70 % der Familien türkischer Herkunft durch Empfehlungen anderer Institutionen, wie Schulen, Kindergärten/-tagesstätten, Jugendamt oder andere Beratungsstellen die Erziehungsberatungsstelle aufsuchten. Das spezielle Angebot der Erziehungsberatungsstelle der AWO-Solingen ist, dass sie eine Regeleinrichtung der Jugendhilfe ist, bei der die Sozialberatung für die Migranten/-innen eingebunden ist. Dies hat vorrangig das Ziel, Menschen mit Migrationshintergrund den Schritt, eine deutsche Institution aufzusuchen, zu erleichtern. Es soll den Anspruchsberechtigten mit Migra-

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3. Arbeitsgruppen

tionshintergrund damit ermöglicht werden, alle Angebote der Erziehungsberatungsstelle wahrzunehmen. Mit dem muttersprachlichen Angebot

wird zumindest die sprachliche Barriere für Menschen türkischer Herkunft reduziert bzw. abgebaut9.

Entwicklung des Anteils von ausländischen Ratsuchenden 1997 bis 2004 (Angaben in Prozent)

30

25

20

15

10

5

0

1997

1998

1999

2000

Staatsangehörigkeit IP türkisch

Theoretischer Hintergrund: Die besonderen Belastungen von Migrantenfamilien • Migrationsziele der Eltern haben sich nicht erfüllt. • Massives Aufeinanderprallen von unterschiedlichen Erziehungs- und Werthaltungen (z. B. Elternhaus vs. Schule). • Abhängigkeit der Eltern von den Kindern (z. B. Sprachkompetenz, Zurechtkommen mit hiesigen Gesellschaftsnormen und -strukturen).

9

50

2001

2002

2003

2004

Staatsangehörigkeit IP andere

• Beziehungsdefizite oder -abbrüche im Eltern-KindKontakt (z. B. längere Trennungen des Kindes von den Eltern). • Angst (vor dem Auffallen, vor den Kindern, vor Gefährdung des Aufenthaltsstatus, vor Behörden, vor den Landsleuten etc.). • Desinformation der Eltern. • Fehlen von einfühlsamen, kompetenten Gesprächspartnern, die beim Überbrücken der Widersprüche behilflich sein können.

Die Hintergrundinformation für diesen Abschnitt beziehen sich auf einen im TUP 3/2005 erschienen Beitrag, Artikel zur „Interkulturellen Öffnung im Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung“ (Süzen 2005).

3. Arbeitsgruppen

• Unklare Zukunftsperspektiven der Eltern.

• „Decken“ problematischer Verhaltensweisen der Kinder.

• Unzureichende Bewältigungsstrategien der Eltern. • Indifferente, nicht zielgerichtete Erziehungshaltung der Eltern, unzureichende Erziehungskompetenz oder mangelndes Vertrauen in die eigene Erziehungskompetenz auf Seiten der Eltern. • Resignative Erziehungshaltung der Eltern. Tendenz, die Erziehungskompetenz an Außenstehende abzugeben.

• Rückzug eines Elternteils aus der Verantwortung für die Familie. • Ungleiche Bildungschancen ausländischer SchülerInnen. • Überforderung der Eltern mit der Begleitung der schulischen Aufträge. (Paul Frieser, „EZB-Forum“ 2/98)

Voraussetzungen zur Arbeit mit Migrationsfamilien

Bedingungen 1. Politische Akzeptanz und finanzielle Unterstützung auf Landes- und kommunaler Ebene. 2. Ideologische und finanzielle Unterstützung durch den Träger der Einrichtung. 3. Teamentscheidung zur Arbeit mit Migranten. 4. Teamentscheidung zur Arbeit in einem interkulturellen Team. 5. Teamentscheidung zu niederschwelliger Arbeit. 6. Zeit- und energieaufwändige Auseinandersetzung um das Thema „Migration“. 7. Einsatz systemischer Prämissen: Offenheit, Neugier und Respekt als Arbeitsmittel. 8. Akzeptanz von Unterschieden und Fremdheit. 9. Bewusstsein der persönlichen kulturellen Hintergründe der BeraterInnen. 10. Wissen über die kulturellen Hintergründe des Klientels. 11. Festanstellung einer muttersprachlichen, migrationserfahrenen Beraterin. 12. Intensive Öffentlichkeits- und Multiplikatorenarbeit. 13. Anlaufstelle der Erziehungsberatungsstelle im Hauptwohngebiet der Migranten.

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3. Arbeitsgruppen

Stufenmodell

im Kontakt sein

Wertschätzung, Interesse

Durchmischung aller Ebenen

... des Individuums

Persönliche Leitmotive und Glaubenssätze

Anpassung, Neugierde

generationale Leitmotive, Glaubenssätze, Ge- und Verbote ... der Familie

Know-how der Kultur, Sprache, Zugangsweisen

Tradition, Rituale, Werte, Normen ... der Kultur

Wissen um das Funktionieren des Seelenlebens

Denken, Fühlen, Handeln

Spezifische Ausprägungen …





... des Menschen allgemein

Haltung des Beraters/der Beraterin Ausprägungen der einzelnen Stufen

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3. Arbeitsgruppen

Integrationsmodell

Das Fremde

Das Gemeinsame Dritte

Praktischer Teil: Co-Beratung in Familien

Das Eigene

den lassen sich stärker in den beraterischen Prozess einbeziehen und nutzen. Speziell: • Die rollen- und geschlechtsspezifischen Fixierungen ermöglichen Parteilichkeit und Blick auf Unterschiedlichkeit. • Metadialoge innerhalb des Beraterteams im Beisein der Klienten können deren Sichtweisen erweitern. • Fixierungen einer/s BeraterIn auf ein Mitglied der Familie können zu dessen Stärkung genutzt werden. Die/Der Kollegen/-innen kann die übrigen Familienmitglieder im Blick behalten.

Die Co-Beratung ist ein besonderes Merkmal dieser Einrichtung. D.h. die Beratung wird grundsätzlich von zwei Fachkräften durchgeführt. Während der Beratung mit Migrantenfamilien ist eine der Fachkräfte in der Regel ein Muttersprachler. Die Co-Beratung durch eine türkischstämmige und deutsche Kollegin in Migrantenfamilien dient als Modell dazu, Integration und Kooperation von Kulturen beispielhaft vorzuleben. In diesem Beratungssetting werden beide Kulturen gleichberechtigt vertreten. Es wird deutsch oder türkisch gesprochen. So können auch Vorurteile und Ängste gegenüber deutschen Institutionen abgebaut werden. Die muttersprachliche CoBeraterin hat in der Beratung Doppelfunktion: Als Beraterin interveniert sie, gleichzeitig ist sie aber Dolmetscherin für die deutschen KollegInnen und türkischstämmigen Ratsuchenden. Während sie beraterisch-therapeutischen Fachverstand nachweist, ist sie in der Lage mit der Sprache zu jonglieren.

Co-Beratung in Migrantenfamilien: • Der deutsche und der türkische Lebens-/Kulturbereich sind vertreten. • Es wird deutsch und/oder türkisch gesprochen. • Es können Vorurteile gegenüber deutschen Institutionen abgebaut werden. • Es werden Missverständnisse aus der Unwissenheit über die Lebenssituation der Migranten und Deutschen schneller aufgelöst. • Berater/-innen als Modell für Integration und Kooperation von Kulturen.

Allgemein zur Co-Beratung: • effektivere Gestaltung der Sitzung. • Veränderungen können kurzfristiger und intensiver angestoßen werden. • Eine erweiterte Informationssammlung und Diagnosestellung. • Perspektivenerweiterung • Die Faktoren wie Solidarität, Parteilichkeit und Neutralität, Nähe und Distanz zu den Ratsuchen-

Die Co-Berater/-innen müssen das Arbeitssetting eindeutig klären: • Wer ist fallverantwortlich? • Wer leitet die Sitzung? • Welche Funktion übernimmt die türkische Beraterin? • Welche Funktion übernimmt die/der deutsche BeraterIn? • Wie wird der verbale Kommunikationsfluss genutzt?

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3. Arbeitsgruppen

Verbale Kommunikationsflüsse in Co-Beratung von Migranten bei bikulturellem Team

Deutsche/r BeraterIn

Türkische/r BeraterIn

Deutsche/r BeraterIn

Türkische Familie mit geringen Deutschkenntnissen

Türkische Familie mit unterschiedlich guten Deutschkenntnissen

Deutsche/r BeraterIn

Türkische/r BeraterIn

Türkische Familie mit guten Deutschkenntnissen

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Türkische/r BeraterIn

3. Arbeitsgruppen

Zwölf-Punkte-Programm

Ausblick

1. Lade eine türkische Familie in einer Krise immer sofort ein oder besuche sie zu Hause. 2. Trinke zunächst erst mal eine Tasse Tee oder Kaffee mit der Familie. 3. Habe einen Blick auf das Familienoberhaupt oder den ältesten Sohn. 4. Ziehe die Schuhe aus, wenn Du über die Schwelle einer (türkischen oder muslimischen) Familie trittst. 5. Suche Gemeinsamkeiten, z. B. „den Genuss türkischer Speisen“ oder „das Fremdsein in einem anderen Land“ (oder im eigenen?) 6. Gib den Familien eine überschaubare Struktur, z. B. 2 festgelegte Termine. 7. Beziehe die gesamte Familie in die Beratung ein. 8. Interessiere Dich ausgiebig und weitschweifig für das Familienleben, evtl. auch für das der Großfamilie. 9. Interessiere Dich auch für die Heimat der Familie und die Lebenssituation im Heimatland. 10. Benutze einen Beratungsraum möglichst im Zentrum eines Wohngebietes mit hohem Ausländeranteil. 11. Lasse Dich auch auf sozialarbeiterische Aufgaben ein. 12. Erkläre ausführlich den Sinn und die Aufgabe einer Erziehungsberatungsstelle.

Innerhalb der Diskussion wurde deutlich, dass ein Konsens über die Notwendigkeit der interkulturellen Öffnung zwar vorhanden ist, der Prozess der Öffnung aber noch sehr langsam verläuft. Als ausschlaggebender Förderfaktor für den Prozess wurde eine verbindliche Vernetzungsarbeit und Fortbildungsangebote für alle Mitarbeiter/-innen und Leitungskräfte der sozialen Dienste konstatiert. Der Erfolg interkultureller Ansätze resultiert grundsätzlich aus der Erkenntnis zur Notwendigkeit der interkulturellen Öffnung durch die Institution selbst. Die Institution selbst muss auf die Vielfalt bzw. auf die gesellschaftliche Entwicklung reagieren, von der explizit nicht nur Einwanderer, sondern auch Einheimische hinsichtlich der interkulturellen Kompetenz profitieren.

Arbeitsschwerpunkte • • • • • • •

Aufsuchende Beratung Spezielle Öffnungszeiten HdB Frauenkaffee Arbeitskreise Etc. Öffentlichkeitsarbeit: Flyer, etc.

Folgende These wurde als Fazit aufgestellt: Interkulturelle Öffnung ist keine Ansichtsache, sondern unser gesetzlicher Auftrag zur • sozialen Gerechtigkeit, • Chancengleichheit und • Partizipation in einer Einwanderungsgesellschaft. Aus den Ergebnissen ergaben sich folgende Forderungen, um den Prozess der interkulturellen Öffnung vor Ort effektiv gestalten zu können: • • • •

Handlungsinstrumente Fort- und Weiterbildung Motivation Realistische Rahmenbedingungen

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3. Arbeitsgruppen

AG 3: Altenhilfe Moderation: Dragica Baric-Büdel, AWO Bundesverband e.V. und Hubert Reiss, AWO Kreisverband Stuttgart e.V.

Eine Möglichkeit der interkulturellen Öffnung: Das Projekt der AWO Stuttgart „Älter werden in der Fremde“ – Integration älterer Migrantinnen und Migranten in Begegnungsstätten Die Teilnehmer/innen der Arbeitsgruppe 3 – überwiegend aus der Migrationsarbeit – hatten erst in jüngster Zeit Kontakt zu älteren Migranten/innen, die aufgrund ihrer Problemlagen die Beratungsstellen aufsuchten. Es wurde festgestellt, dass der Zugang zu dieser Zielgruppe sehr schwierig ist, insbesondere für die Regeldienste. Es bestehen nach wie vor auf beiden Seiten zahlreiche Vorbehalte. Information und Sensibilisierung der Mitarbeiter/innen der Altenhilfe sind hierbei sehr wichtig. Auf der anderen Seite müssen ältere Migranten/innen über Angebote der Altenhilfe informiert werden. Um ältere Migranten/innen zu erreichen, spielen Multiplikatoren/innen und Schlüsselpersonen eine wichtige Rolle. Das können Migrationsdienste aber auch Ehrenamtliche sein, die mit den Regeldiensten kooperieren und sich in entsprechenden Netzwerken engagieren. Zur Gestaltung der Angebote sind folgende Aspekte besonders wichtig: • Die Mitarbeiter/innen müssen motiviert sein • Die personelle Kontinuität muss gegeben sein, zumindest in Form einer Vertrauensperson • Die Angebote müssen offen und flexibel sein, insbesondere in der offenen Arbeit • Ältere Migranten/innen interessieren sich wie deutsche Senioren für altersspezifische Themen (Rente, Ernährung, Gesundheit, Pflege), aber auch migrationsspezifische Themen sind wichtig (Aufenthaltsstatus, Trennung von der Familie, Rückkehrwünsche) Da viele pendeln, ist dieses Verhalten bei der Planung von Angebote zu berücksichtigen.

Allgemeine Informationen zum Projekt: Dauer und Gründe für das Projekt: Das Projekt der AWO Stuttgart „Älter werden in der Fremde“ – Integration älterer Migrantinnen und Migranten in Begegnungsstätten startete Anfang des Jahres 2001 und wurde nach dreijähriger Projektlaufzeit

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Ende 2003 beendet. Es gab mehrere Gründe, ein solches Projekt zu starten. Ein Grund war z. B. die soziodemographische Entwicklung im Bereich der älteren Migranten, d.h. die Tatsache, dass ältere Migranten in den letzten Jahren zahlenmäßig stark zugenommen haben und auch weiterhin zunehmen werden. Die Zahl der ausländischen Senioren steigt kontinuierlich, da immer mehr aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Zurzeit gibt es noch keine Angaben darüber, wie viele von Ihnen beabsichtigen, ihren Ruhestand in der alten Heimat zu verbringen. Es ist aber festzustellen, dass immer mehr aus den unterschiedlichsten Gründen in Deutschland bleiben. Zum Beispiel weil die ärztliche Versorgung in Deutschland besser ist, oder aber weil sie inzwischen hier ihre sozialen Kontakte haben. Auch die Altenhilfeplanung der Landeshauptstadt Stuttgart sieht den Bedarf. Deshalb wird im aktuellen Altenhilfeplan klar gesagt, dass sich die Altenhilfe interkulturell öffnen muss und die Einrichtungen Integrationsmaßnahmen für ausländische Senioren anbieten sollen. Diesen Zielvorgaben wollte man mit dem Projekt gerecht werden. Zudem hat man sich auch aufgrund der Erfahrungen, die in den letzten Jahren im Bereich Migration und Altenhilfe gemacht wurden, dazu entschlossen, das Projekt zu machen.

Aufgabe des Projekts: Die Aufgabe des Projekts war es, die Migranten behutsam anzusprechen und ihnen den Zugang sowohl zu den bestehenden Angeboten in Begegnungsstätten zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, als auch da, wo nötig, spezifische Hilfen anzubieten. Wichtig war, dass dabei kein reines Parallelprogramm für ausländische Senioren entstehen sollte, da dies nicht Sinn und Zweck einer Integration ist. Theoretisch standen die Begegnungsstätten schon immer Menschen aller Nationalitäten offen, in der Praxis sah es aber so aus, dass Migranten kaum den Weg zu uns in die Begegnungsstätten gefunden haben. Ausländische Senioren haben kaum einen Kontakt bzw. Bezug zur deutschen Altenhilfe, was häufig auch einfach an der Unkenntnis über die Angebote der deutschen Altenhilfe liegt. Dies sollte durch das Projekt geändert werden.

3. Arbeitsgruppen

Teilnehmende Begegnungsstätten: Am Projekt beteiligt waren drei Begegnungsstätten der AWO Stuttgart: die Begegnungsstätte Altes Feuerwehrhaus in Stuttgart Süd, die Begegnungsstätte am Ostendplatz in Stuttgart Ost und die Begegnungsstätte Seelbergtreff in Stuttgart Bad-Cannstatt. Diese Begegnungsstätten wurden unter anderem ausgewählt, weil es sich um größere Begegnungsstätten handelt, die über mehrere Gruppenräume verfügen und so verschiedene Angebote gleichzeitig stattfinden können. Zum anderen sind es Begegnungsstätten, in denen genügend Personalkapazität vorhanden ist, d.h. dass hier mindestens zwei hauptamtliche Mitarbeiter/-innen beschäftigt sind.

Ziel des Projekts: Ziel des Projekts war es, die Begegnungsstätten für die Migranten zu öffnen, d.h. entsprechend Angebote zu planen und durchzuführen mit dem Ziel, die Migranten letztlich stadtteilorientiert in die Regelangebote der Begegnungsstätten zu integrieren. Stadtteilorientiert unter anderem deshalb, weil man auch bei älteren ausländischen Senioren davon ausgehen muss, dass die Mobilität mit zunehmenden Alter nachlässt, nicht anders als bei deutschen Senioren.

Finanzierung: Bei der ARD Fernsehlotterie wurden Fördermittel für einen Personalkostenzuschuss beantragt und auch bewilligt. Mit diesen Fördermitteln wurde die Stelle einer Projektleitung finanziert, da es der AWO Stuttgart sehr wichtig war, dass jemand das Projekt koordiniert. Weiterhin erhalten die Begegnungsstätten Fördermittel der Landeshauptstadt Stuttgart. Neben den normalen Fördermitteln erhalten Begegnungsstätten, die Integrationsmaßnahmen für ältere Migranten anbieten, eine zusätzliche Förderung von bis zu 3000 € pro Jahr. Die restlichen Kosten des Projekts wurden von der AWO Stuttgart eigenfinanziert.

halb wurde beschlossen, die Altenhilfe und Ausländersozialdienste der AWO Stuttgart zu vernetzen. Ältere Migranten lassen sich häufig in sozialen, gesundheitlichen und auch rechtlichen Fragen beraten, erste Anlaufstelle sind hier in der Regel die Ausländersozialdienste, die aufgrund gegenseitiger Vertrautheit und durch die langjährigen Kontakte unter den älteren Migranten eine gewachsene Akzeptanz genießen. Diese Kontakte wollte man nutzen. Mit Hilfe der Sozialberater sollten die Hemmschwellen auf Seiten der ausländischen Senioren abgebaut werden. Jede Begegnungsstätte hatte zwei zuständige Sozialberater, einen Sozialberater aus der Türkei und einen aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. Die Sozialberater waren in der Regel auch beim Allgemeinen Sozialdienst in dem jeweiligen Stadtteil tätig. Das hatte den Vorteil, dass sie dadurch die Strukturen im Stadtteil sehr gut kannten, und Ihre Erfahrungen, die sie hier bereits über Jahre gesammelt hatten, bei der praktischen Umsetzung des Projekts mit einfließen lassen konnten. Die Sozialberater waren die „Türöffner“ in den Begegnungsstätten. Sie waren vor Ort die Ansprechpartner in der Muttersprache. Gerade zu Beginn einer interkulturellen Öffnung sind die Mitarbeiter der Begegnungsstätten sehr auf die Kontakte der Sozialberater angewiesen. Die Sozialberater verfügen neben den Sprachkenntnissen vor allem auch über die kulturellen Hintergrundinformationen. Es ist deshalb wichtig, gemeinsam mit den Sozialberatern Programmpunkte zu planen und durchzuführen. Sie können in der Regel besser einschätzen, welche Angebote für ausländische Senioren interessant sein könnten. Denn Angebote, die für deutsche Senioren von Interesse sind, sind nicht zwangsläufig auch für ausländische Senioren von Interesse. Es war deshalb wichtig, dass regelmäßig Absprachen getroffen wurden. Zum einen in Begegnungsstätten-internen Besprechungen, an denen nur die zuständigen Sozialberater sowie die Mitarbeiter der Begegnungsstätte teilnahmen. Zum anderen in dem alle 4-6 Wochen stattfindenden AK Interkulturell, an dem alle am Projekt beteiligten Mitarbeiter sowie die Referatsleiter teilnahmen.

3. Projektverlauf: 2. Kooperation zwischen der Altenhilfe und den Ausländersozialdiensten der AWO Stuttgart: Damit das Projekt erfolgreich umgesetzt werden konnte war es wichtig, mit jemanden zusammenzuarbeiten, der bereits Kontakt zu älteren Migranten hat. Des-

➭ Das erste Projektjahr: Für das erste Projektjahr wurde vorgesehen: • Auf- und Ausbau der interkulturellen Öffnung: In den Begegnungsstätten am Ostendplatz sowie im Seelbergtreff wurde bisher nicht interkulturell gearbeitet, so dass es sich hier um einen Aufbau

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3. Arbeitsgruppen

der interkulturellen Öffnung handelte. In der Begegnungsstätte Altes Feuerwehrhaus wurde schon seit mehreren Jahren interkulturell gearbeitet, deshalb sprach man hier im ersten Projektjahr von einem Ausbau der interkulturellen Öffnung. • Intensive Aktivierung und Ansprache der Migranten im Stadtteil: Intensive Öffentlichkeitsarbeit durch Sozialberater, Interkulturelles Programmheft das monatlich erschien, Plakate mit Programmhinweisen, Zeitung,… • Annäherung der Mitarbeiter Für eine gute und effektive Zusammenarbeit war auch die Annäherung der am Projekt beteiligten Mitarbeiter sehr wichtig. Praxisbeispiele: Muttersprachliche Gruppentreffen, Gedächtnistraining, Feste, Ausflüge, deutsche und muttersprachliche Informationsnachmittage (z. B. zum Thema Rente, Pflegeversicherung,…), u.v.m.

➭ Das zweite Projektjahr: Für das zweite Projektjahr wurde vorgesehen: • Weiterführung der bisherigen Angebote • Ausbau der interkulturellen Öffnung • Ausbau der gemeinsamen Angebote … … für deutsche und ausländische Senioren • Intensive Aktivierung und Ansprache der Migranten im Stadtteil • Gewinnung ehrenamtlicher Gruppenleiter damit sich die Sozialberater aus der Gruppenarbeit mit der Zeit etwas zurückziehen können. Dies gelang im zweiten Projektjahr in einer Begegnungsstätte: in der Begegnungsstätte am Ostendplatz fand sich (aus der bestehenden Gruppe heraus) ein türkischer Herr, der seither ehrenamtlich tätig ist. Praxisbeispiele: „Stuttgart kennen lernen“ (eine Veranstaltungsreihe, bei der ca. monatlich für Stuttgart und Umgebung bekannte Bauwerke, Einrichtungen etc. mit deutschen und ausländischen Senioren gemeinsam besichtigt werden, z. B. Staatsgalerie Stuttgart, Residenzschloss Ludwigsburg, verschiedene Museen,…), Internationales Musikcafe, Gymnastik mit deutschen und ausländischen Senioren, u.v.m.

➭ Das dritte Projektjahr: Das dritte Projektjahr war geprägt von der Entscheidung der Landesregierung, die Fördermittel für die

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Ausländersozialberatung ersatzlos zu streichen. Daraufhin stellte auch der Bund seine Zahlungen ein. Der AWO Stuttgart war es deshalb ab Mitte des Jahres 2003 nicht mehr möglich, die Stellen der Ausländersozialdienste zu finanzieren. Der Ausländersozialdienst der AWO Stuttgart wurde deshalb am 30.06.03 geschlossen. Dies hatte natürlich auch Auswirkungen auf das Projekt, da die am Projekt beteiligten Sozialberater ebenfalls die Kündigung erhalten hatten. Für das dritte Projektjahr wurde vorgesehen: • Gewinnung weiterer ehrenamtlicher Gruppenleiter Dies gelang jedoch leider nicht! • Weiterführung der bisherigen Angebote (auch nach Wegfall der Sozialberater) • Integration in die Regelangebote Das interkulturelle Programmheft wurde im dritten Projektjahr in das normale Programmheft der Begegnungsstätten integriert, um auch nach außen nochmals auf die Integration aufmerksam zu machen. Zudem wollte man damit erreichen, dass die ausländischen Senioren vermehrt auf die anderen Angebote in den Begegnungsstätten aufmerksam werden. • Intensive Aktivierung und Ansprache der Migranten im Stadtteil Praxisbeispiele: Erinnerungsfrühstück (ein Mal im Monat mit deutschen und ausländischen Senioren), gemeinsames Gedächtnistraining, Interkulturelle Grillnachmittage, u.v.m. Sicherlich konnte das dritte Projektjahr nicht so effektiv genutzt werden, wie ursprünglich vorgesehen. Dennoch stellte sich auch nach dem Wegfall der Sozialberater heraus, dass sich doch schon sehr viele der älteren Migranten in den Begegnungsstätten heimisch fühlen, die dortigen Mitarbeiter als Ansprechpartner ansehen und sie auch weiterhin an verschiedenen Angeboten teilnehmen.

4. Erfahrungen und Erkenntnisse: In den drei Projektjahren wurden viele Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen. Einige werden im Folgenden näher betrachtet. • Motivation der Mitarbeiter: Die Motivation der Mitarbeiter ist sehr wichtig. Stehen sie nicht hinter dieser Arbeit, dann erschwert diese eine interkulturelle Öffnung. Zudem ist eine effektive Zusammenarbeit dadurch sehr schwer.

3. Arbeitsgruppen

• Personelle Kontinuität: Ein ständiger Wechsel der Mitarbeiter ist auch bei ausländischen Senioren mit Unsicherheit verbunden. • Sozialberater = Türöffner Die Sozialberater sind die Türöffner in den Begegnungsstätten. Viele der älteren Migranten kommen zu Beginn vor allem in die Begegnungsstätten weil sie wissen, dass der zuständige Sozialberater anwesend ist. • Ansprechpartner in der Muttersprache vor Ort Es ist wichtig, dass man auch vor Ort in den Begegnungsstätten für die ausländischen Senioren Ansprechpartner in der Muttersprache hat. Ältere Migranten sollen dadurch auch das Gefühl haben, akzeptiert und verstanden zu werden. • keine komplizierten Anmeldeverfahren • Offene und flexible Gestaltung der Treffen Zwanglose und offene Arbeitsweisen • Anfänglich Begleitung der Sozialberater Die anfängliche Begleitung der Sozialberater zu den Angeboten ist unerlässlich. Es zeigte sich jedoch mit der Zeit, dass die älteren Migranten auch ohne Sozialberater zu Angeboten kommen (da sie auch die Mitarbeiter der Begegnungsstätten als feste Ansprechpartner ansehen.) • Erste Angebote: ➭ Spezifisch und muttersprachlich ➭ Angebote, bei denen die Sprache nicht im Vordergrund steht Beispiele: Gruppentreffen, Vorträge in der Muttersprache oder in einfacher deutscher Sprache, Gesundheitsangebote (Gymnastik,…), Tanznachmittage • Langsame Annäherung! Eine interkulturelle Öffnung geht nicht von heute auf morgen. Man muss den deutschen und ausländischen Senioren Zeit geben, sich langsam zu nähern. Bestimmte Angebote, wie z. B. ein gemeinsames Erzählcafe sind erst später sinnvoll, wenn schon eine Annäherung stattgefunden hat. • Keine Angebote während den Sommermonaten Da die meisten ausländischen Senioren die Sommermonate (ca. Anfang/Mitte Juni bis Ende September) in Ihren Heimatländern verbringen, sind Angebote in dieser Zeit nicht sinnvoll. Es zeigt

sich jedoch, dass auch hier ein Wandel erkennbar ist. Einige der Senioren reisen inzwischen nur noch ein paar Wochen in ihr Heimatland, da es aus gesundheitlichen Gründen länger nicht geht. Diese Entwicklung wird wohl in den kommenden Jahren weiter zunehmen. • Möglichst preiswerte oder kostenlose Angebote: Die meisten Senioren bekommen im Gegensatz zu den deutschen Senioren eine sehr geringe Rente. • Wichtig für die Umsetzung eines solchen Projekts: ➭ Rahmenbedingungen ➭ Vernetzung/Zusammenarbeit zwischen Altenhilfe und Ausländersozialdienste ➭ Personalkapazität in den Begegnungsstätten

5. Aussichten Trotz der Entwicklungen innerhalb des letzten Projektjahres kann das Projekt als ein großer Erfolg gewertet werden. Es ist gelungen, ältere Migranten an die Altenhilfe heranzuführen und Hemmschwellen abzubauen. Es gilt nun, dies auch weiterhin zu fördern! Insgesamt muss in Zukunft im gesamten Bereich der Altenhilfe interkulturelle Kompetenz gefördert werden. Dabei sollte es nicht darum gehen, zusätzliche Programme zu entwickeln, sondern die vorhandenen Hilfen und Dienste müssen fachlich und konzeptionell zu einem europäischen Standard weiterentwickelt werden. Gelingt es, die Zugangsbarrieren der älteren Migranten zur (offenen) Altenhilfe zu verringern, verhindert dies Doppelstrukturen in der kommunalen Altenhilfe. Dies ist letztlich der ressourcensparendste Weg für eine Kommune. Umso erstaunlicher ist der politische Weg, der von der Landesregierung eingegangen wurde, nämlich die Mittel der Ausländersozialberatung ersatzlos zu streichen. In Zukunft wird es wohl auch bei Ausländersozialdiensten anderer Verbände zu weiteren Einsparungen kommen. Deutsche Beratungsdienste wie z. B. der Bürgerservice „Leben im Alter“ können hier nicht einspringen, bzw. können diese Arbeit nicht übernehmen. Zumindest nicht in ihrem derzeitigen Aufbau. Sie verfügen über keine muttersprachlichen Fachkräfte und haben auch nicht die kulturellen Hintergrundinformationen. Vor allem fehlt ihnen jedoch etwas entscheidendes, das die Ausländersozialdienste hatten: das Vertrauen der Migranten!

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3. Arbeitsgruppen

AG 4: Suchthilfe Moderation: Hedi Boss, AWO Bundesverband e.V. und Doris Heckmann-Jones, AWO Kreisverband Mettmann e. V.

Entwicklung konzeptioneller Grundlagen für eine Vernetzung der (lokalen) Hilfeeinrichtungen und eine interkulturelle Öffnung der Suchtberatungsstellen- Zur migrationssensiblen Suchtberatung und -prävention bei jungen Migranten/-innen Das Projekt ,Entwicklung konzeptioneller Grundlagen für eine Vernetzung der (lokalen) Hilfeeinrichtungen und interkulturelle Öffnung der Suchtberatungsstellen‘ ist ein bundesweites Modell des AWO Bundesverbandes e.V. und läuft seit Dezember 2003 für zwei Jahre an insgesamt vier Standorten sowohl im städtischen und als auch im ländlichen Raum. Das Projekt wird über die Stiftung Deutsche Jugendmarke e.V. gefördert. Projektstandorte sind: • Monheim am Rhein (AWO Kreisverband Mettmann, NRW) • Lampertheim (AWO Kreisverband Bergstrasse, Hessen) • Lübeck (AWO Südholstein gGmbH) • Potsdam-Mittelmark (AWO Kreisverband Potsdam-Mittelmark e.V.) Die Projektleitung, Finanzsteuerung und -bearbeitung und die Praxisbegleitung ist bei der AWO Bundesverband e.V. angesiedelt. Die Zielgruppe dieses Projektes sind zum einen die Mitarbeiter/-innen der Sucht- und Jugendhilfe und der Migrationssozialdienste in den jeweiligen Regionen zum anderen suchtgefährdete und Suchtmittel konsumierende junge Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 14 bis 27 Jahren.

Projektplanung und -durchführung: Aufgabe des Modellprojektes ist die Entwicklung eines Netzwerkes sowie einer prozessorientierten migrationssensiblen Konzeption für Suchtberatungsstellen in der Arbeit mit jungen Migranten/-innen. Durch die Einbeziehungen der kommunalen Akteure aus Suchthilfe, Migrationsdiensten und Jugendhilfe sollen trennende Mauern überwunden werden. Ein weiterer Ansatz des Projektes ist die Suchtberatung

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als Partnerin in der präventiven Arbeit der Jugendhilfe zu verstehen und umgekehrt. Zur Förderung der interkulturellen Öffnung sind die Migrationssozialdienste mit ihrem migrationsrelevanten Wissen weitere unverzichtbare Partner/-innen der Jugendund Suchthilfe. Durch die Brückenfunktion der Migrationsdienste wird in diesem Prozess die Interaktionsfähigkeit zwischen Betroffenen und der Suchtberatung verbessert. Das weitere Ziel des Modellprojektes ist eine prozesshafte Umorientierung und Optimierung der ambulanten Suchthilfe und lokalen Hilfestrukturen und hin zur Verankerung der interkulturellen Öffnung. An den vier Standorten werden alle potentiellen Partner/-innen der Suchthilfe zu einem Netzwerk zusammengeführt, um gemeinsam ein lebensweltorientiertes und interkulturelles Konzept zur Versorgung von suchtgefährdeten und Suchtmittel konsumierenden jungen Migranten/-innen zu entwickeln. Auf dieser Basis sollen Handlungsschritte für die Praxis erarbeitet werden. Der Dialog zwischen der Suchtberatung, Jugendhilfe und Migrationssozialarbeit vor Ort soll zu einem Miteinander unterschiedlicher Hilfeformen führen und den wechselseitigen Austausch der jeweiligen Fachkompetenz und deren Integration in das Konzept und in die Praxis fördern. Das vorliegende Projekt entwickelte sich aus der Sicht der Praxis der Suchtberatungsstellen. Die Fachkräfte der jeweiligen Einrichtungen haben in der Regel mit Jugendlichen zu tun, die Probleme im Umgang mit unterschiedlichen Suchtmitteln haben. Daher sucht die Suchtberatung verstärkt die Verbindung zur Jugendhilfe, um entsprechende bedarfsorientierte Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene unterbreiten zu können. Mit der Vernetzung der Sucht- und Jugendhilfe und der Migrationssozialarbeit wird ein Weg beschritten, der dazu verhelfen soll, langfristig Perspektiven zu erweitern. Lebensweltorientierte und sozialraumbezogene Projekte haben sich in den letzten Jahren u. a. in der Jugendhilfe sehr erfolgreich positioniert. Sie sollen mit ihren zentralen Kriterien wie Nachhaltigkeit, Integration, Kooperation und Vernetzung auf die Präventionskonzepte, Präventionsstrategien und Beratungsangebote der Suchthilfe für junge Migranten/-innen übertragen werden.

3. Arbeitsgruppen

An jedem Projektstandort wurden neue Stellen mit je 19,25 Wochenarbeitsstunden geschaffen für die zweijährige Durchführung des Projektes. An drei Projektstandorten sind die Mitarbeiter/-innen in die bestehenden Suchtberatungsstellen integriert und Mitglied der vorhandenen Teams. An dem Standort in Brandenburg ist die Projektmitarbeiterin im AWO Landesreferat Sucht angesiedelt und für die Einrichtungen und Angebote im gesamten Landkreis Potsdam-Mittelmark zuständig. Die fachliche Praxisbegleitung findet durch zwei Mitarbeiterinnen statt, die Referentinnen des Bundesverbandes und ausgewiesene Fachfrauen für den Bereich Migration sind. Damit ist die Fachkompetenz im Bereich Suchthilfe durch die Anbindung an die Suchtberatungsstellen im Bereich Migration durch die Praxisbegleitung von Beginn der Projektlaufzeit sichergestellt. Das Projekt wurde an den einzelnen Standorten durch Presseveröffentlichungen bekannt gemacht. Regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit gehört zum integralen Bestandteil des Projekts.

tausch miteinander. Dies kommt wie sich gezeigt den Projektmitarbeiter/-innen zu Gute und erweitert die fachliche Diskussion.

Bewertung: Das Projekt hat nach unserer Einschätzung einen positiven Verlauf. Beachtenswert ist das fachliche und öffentliche Interesse. Die Entscheidung in unterschiedlichen Regionen mit unterschiedlichem Hintergrund die Projektstandorte zu wählen hat sich als richtig erwiesen. Mögliche Skepsis und Schwierigkeiten vor Ort konnten durch die kooperativen und fachlichen Kompetenzen der Praxisbegleiterinnen und der Projektmitarbeiter/-innen abgebaut werden.

Umsetzung des Modellprojektes am Beispiel des Standortes Monheim am Rhein (NRW): Projektstandort

Projektstand: Es hat sich nach dem ersten Jahr gezeigt, dass durch die Vernetzungsarbeit der Suchthilfe, Jugendhilfe und Migrationssozialarbeit neue Perspektiven für das Versorgungsangebot für jugendliche Migranten/-innen eröffnet wurden, um das Projektziel zu erreichen. Bei der Auswahl der Standorte haben wir uns für unterschiedliche Bundesländer, unterschiedliche Größe der Städte, verschiedene regionale Bedingungen entschieden. Eine Hypothese lautete in der Vorbereitung auf das Projekt, dass Leitlinien für die interkulturelle Öffnung immer auf die jeweiligen örtlichen Bedingungen abgestimmt werden müssen. Im Laufe des ersten Jahres zeigte sich, dass die Bedingungen an den unterschiedlichen Standorten kaum vergleichbar sind. Unter anderem maßgebend dafür sind die verschiedenen Ausgangssituationen. Weiterentwicklungen und Abweichungen des Modellkonzepts aufgrund regionaler Rahmenbedingungen werden diskutiert und sind gewünscht und auch eingeplant, da dieses Projekt ein Modellprojekt ist in dem unterschiedliche Vorgehensweisen erstmalig entwickelt und erprobt werden. Es finden seit Projektbeginn regelmäßige Treffen zwischen den fachlichen Praxisbegleiterinnen und der Projektleiterin statt um die Aktivitäten miteinander abstimmen und planen und koordinieren zu können. Die Praxisbegleiterinnen stehen in regem Aus-

Die Stadt Monheim am Rhein liegt im Ballungsgebiet zwischen Düsseldorf und Köln und zählt 42.978 Einwohner (Ende 2003). Die Kommune ist in drei unterschiedliche Stadtteile gegliedert, von denen das Berliner Viertel als Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf seit 1995 im Rahmen des Bund-LänderProgrammes „Soziale Stadt“ gefördert wird. Der Anteil der Migranten an der Gesamtbevölkerung in Monheim am Rhein liegt bei ca. 14 %. Etwa 60 % aller Migranten leben im Berliner Viertel, davon etwa ein Drittel aller Monheimer Kinder und Jugendlichen.

Migrantinnen und Migranten in der Suchtberatung Der Anteil der Migranten, der die AWO Suchtberatung wegen eines Alkohol- oder Drogenproblemes aufsucht beträgt im Durchschnitt etwa 10 % aller Besucher (zw. 8 % und 12 %), Menschen mit Migrationshintergrund, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, nicht mit gerechnet. Jugendliche mit Migrationshintergrund werden über die Präventionsarbeit mit Weiterführenden Schulen erreicht. Die Sprechstunden für Eltern wurden und werden fast ausschließlich von „ursprünglich Deutschen“ aufgesucht, sehr selten von Eltern mit Migrationshintergrund. Über das Modellprojekt soll diese Zielgruppe verstärkt angesprochen werden.

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3. Arbeitsgruppen

Kooperationspartner vor Ort Jugendamt der Stadt Monheim am Rhein (Jugendberatung, Sozialpädagogischer Dienst, Jugendhilfeplanung), Mo.Ki – Monheim für Kinder (AWO Bezirksverband Niederrhein e.V., Stadt Monheim am Rhein), Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, Fachdienst für Integration und Migration des Caritasverbandes im Kreis Mettmann. Weitere Kontakte: Sozialdienste Katholischer Frauen und Männer Monheim, Evangelische Kirchengemeinde, Vertreterinnen des Jugendhilfe- und Sozialausschusses.

Praktische Umsetzung • Erste Gespräche mit potentiellen Kooperationspartnern • Gemeinsamer Workshop zu Projektbeginn: „Migration und Migrationsfolgen – • Suchtmittelmissbrauch als Bewältigungsstrategie ungelöster Konflikte“ – und – „Was bedeutet interkulturelle Öffnung und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Einrichtungen“. • Einrichtung einer Arbeits- und Steuerungsgruppe mit Vertreter/-innen unterschiedlicher Einrichtungen und Trägerschaften (Kommune, Arbeiterwohlfahrt, Caritas): Jugendberatung, Mo.Ki – Monheim für Kinder, Sozialpädagogischer Dienst des Jugendamtes, Erziehungsberatungsstelle, Beratungsdienste für Integration und Zuwanderung. Sie plant gemeinsam neue Angebote und deren Umsetzung. • Aufbau des Gemeinschaftsprojektes „MultiMo“ – Monheimer Frauen mit Migrationshintergrund als Multiplikatorinnen, die als Laiendolmetscherinnen, Vermittlerinnen bei der interkulturellen Verständigung und bei der Übermittlung von Informationen zu Hilfeangebote vor Ort fungieren. Einsatzbereiche sind z. B. Beratungsstellen, Einrichtungen der Jugendhilfe, Kindertagesstätten oder Schulen, wo sie bei Bedarf bei Gesprächen oder bei Informationsveranstaltungen dolmetschen. Längerfristige fortlaufende Beratungen oder therapeutische Gespräche sowie komplexe Rechtsangelegenheiten sind davon ausgenommen. Zu Beginn nahmen die Frauen an einer vierteiligen Schulungsreihe teil. Neben Dolmetschtechniken und Übungen anhand praktischer Fallbeispiele aus den Einrichtungen erhielten sie Informationen zum Angebot und zur Arbeitsweise verschiedener Einrichtungen, u.a. der Suchtberatung (Suchtverständnis, Suchtformen, Ursachen, Hilfe), Beratungsstellen für Familien, Jugendberufshilfe, Schulsystem, Förderangebote für Kinder und Jugendliche. Das Multiplikatorinnen-Team wird fortlaufend einmal monatlich begleitet.

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• Einrichtung einer Koordinierungsstelle (Jugendberatung der Stadt Monheim) für die Einsätze von „MultiMo“, die von örtlichen Einrichtungen bei Bedarf über die Koordinierungsstelle angefragt werden können. • Information über das Angebot von „MultiMo“ an Monheimer Einrichtungen • Vernetzung lokaler Hilfeeinrichtungen

Erste Ressonanz • AWO Suchtberatung: Durch die Schulung verfügten die Frauen aus dem MultiMo-Team über Informationen zur Suchtberatungsstelle. Sie vermittelten daraufhin Ratsuchende aus ihrer Nachbarschaft oder aus ihrem Bekanntenkreis spontan an die Suchtberatung weiter. • Die Informationsveranstaltung mit einem türkisch/kurdischen Verein zur Vorstellung der Suchtberatung und zum Thema „Suchtmittelkonsum bei Jugendlichen“ besuchten ca. 30 Teilnehmerinnen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Die Veranstaltung wurde mit einer Dolmetscherin aus dem MultiMo-Team in deutsch und türkisch abgehalten. Im Anschluss an die Veranstaltung meldeten sich spontan drei Personen für eine Beratung in der AWO Suchtberatung an, wobei bei einer Person wiederum eine Dolmetscherin von MultiMo zum Einsatz kam. Auf Wunsch des Vereins ist eine Folgeveranstaltung geplant. • Zwei Teilnehmerinnen von MultiMo leisten/leisteten im Rahmen einer Ausbildung ein Praktikum in der AWO Suchtberatungsstelle ab. • Andere Einrichtungen vor Ort: Mitarbeit von MultiMo-Teilnehmerinnen sind Ansprechspartner/innen bei Angeboten für Eltern und Kinder mit Migrationshintergrund und bei Informationsveranstaltungen für Eltern zum Thema Bildung und Erziehung.

Weitere Planung Die Arbeits- und Steuerungsgruppe des Modellprojektes in Monheim am Rhein plant nun die Schulung von Moderatorinnen (Frauen/Mütter), die selbstständig themenbezogene Treffen für Eltern/Mütter mit dem Schwerpunkt Gesundheitsförderung und Prävention organisieren werden. Diese Treffen können in kleinen Gruppen im privaten Umfeld der Moderatorinnen oder in bereits vorhandenen Treffpunkten durchgeführt werden. Diese sollen Ergänzung zu professionellen Angeboten und zur Förderung der Selbstorganisation darstellen.

Projektstandorte und Zuständigkeiten

Projektstandorte und Zuständigkeiten: Brandenburg: AWO Kreisverband Potsdam-Mittelmark e.V. Landesreferat Drogen/Sucht Potsdamer Str.62 14513 Teltow Tel.: 0 33 28/33 97 77 Fax: 0 33 28/33 97 76 [email protected] Ansprechpartnerin: Viktoria Schneidmüller

Hessen: AWO Kreisverband Bergstr. e.V. Jugend- und Drogenberatung PRISMA Wormser Str. 19 68623 Lampertheim Tel.: 0 62 06/5 48 00 Fax: 0 62 06/5 96 20 [email protected] Ansprechpartner: Frank Strassner

Nordrhein-Westfalen: AWO Kreisverband Mettmann e.V. Suchtberatung Monheim/Langenfeld Friedenauerstr.17 a 40789 Monheim Tel.: 0 21 73/5 07 88 Fax: 0 21 73/5 02 05 [email protected] Ansprechpartnerin: Doris Heckmann-Jones

Schleswig-Holstein: AWO Landesverband Schleswig-Holstein e.V. Jugenhilfe- und Sozialverbund Drogenhilfe Lübeck Anonyme Drogenberatungsstelle An der Wakenitzmauer 176 Tel.: 04 51/7 99 88-0 Fax: 04 51/7 99 88-2 87 [email protected] Ansprechpartnerin: Isabel Nitz

Projektleitung: Hedi Boss AWO Bundesverband e.V. FB Gesundheit u. Rehabilitation/Senioren Oppelner Str. 130, 53119 Bonn Tel.: 02 28/66 85-1 57, Fax: 02 28/66 85-2 09 [email protected] Praxisbegleitung: Dr. Talibe Süzen AWO Bundesverband e.V. Fachbereich Migration Oppelner Str. 130 53119 Bonn Tel.: 02 28/66 85-4 03 Fax: 02 28/66 85-2 09 [email protected]

Maria Krumrey AWO Bundesverband e.V. Oppelner Str. 130 53119 Bonn Tel.: 0 22 46/69 80 Fax: 02 28/66 85-2 09 [email protected]

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Autorinnen und Autoren

Autorinnen und Autoren: Arzu Altu¯g: Landeshauptstadt Hannover Referat für interkulturelle Angelegenheiten Marktstr. 45 30150 Hannover Tel.: 05 11/1 68-4 28 90 [email protected] Wolfgang Barth: AWO Bundesverband e.V. FB Migration Tel.: 02 28/66 85-2 49 [email protected] Susanne Bourgeois: AWO Bundesverband e.V. FB Migration Tel.: 02 28/66 85-2 55 [email protected] Hedi Boss: AWO Bundesverband e.V. FB Gesundheit u. Rehabilitation/Senioren Oppelner St.130, 53119 Bonn Tel.: 02 28/66 85-1 28, Fax 02 28/66 85-2 09 [email protected] Dragica Baric-Büdel: AWO Bundesverband e.V. FB Migration Tel.: 02 28/66 85-1 66 [email protected] Nebehat Eroglu-Schulze: AWO Kreisverband Solingen e. V. Lennestr. 7 42697 Solingen Tel.: 02 12/5 94 99 99 Fax: 02 12/7 91 59 [email protected] Prof. Dr. Dieter Filsinger: Katholische Hochschule für Soziale Arbeit Saarbrücken Tel.: 06 81/9 71 32-33 [email protected] www.khsa.de

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Prof. Dr. Stefan Gaitanides: Fachhochschule Frankfurt FB Soziale Arbeit und Gesundheit Tel.: 0 69/43 40 64 [email protected] Sabine Handschuck: Stelle für interkulturelle Arbeit der Landeshauptstadt München [email protected] Tel.: 0 89/2 33-4 06 55 Doris Heckmann-Jones: AWO Suchtberatung Monheim/Langenfeld Friedenauerstr. 17 a 40789 Monheim Tel.: 0 21 73/5 07 88 Fax: 0 21 73/5 02 05 [email protected] Helmut Herz: Arbeiterwohlfahrt KV Nürnberg e.V. Karl-Bröger-Str. 9 90459 Nürnberg Tel.: 09 11/45 06 01-20 09 11/45 06 01-22 [email protected] Karl-August Schwarthans: AWO Duisburg e. V Universitätsstr. 41 47051 Duisburg Tel.: 02 03/40 00 01 02 Fax: 02 03/40 00 01 19 [email protected] Steffen Kircher: AWO Nürnberg: Gartenstraße 9 90443 Nürnberg Tel.: 09 11/27 41 40 17 Fax: 09 11/27 41 40 41 E-mail: [email protected] Web: www.inkutra.de

Hans Dieter Kolb: AWO Kreisverband Solingen e. V. Lennestr. 7 42697 Solingen Tel.: 02 12/5 94 99 99 Fax: 02 12/7 91 59 [email protected] Hubert Reiss: Das alte Feuerwehrhaus Möhringer Str. 56 70199 Stuttgart Tel.: 07 11/6 49 89 94 Fax: 07 11/6 07 07 32 [email protected] Gönül Sebibucin: AWO Kv Göppingen e.V. Rosenstr. 20 73033 Göppingen Tel.: 0 71 61/9 61 23 11 Fax: 0 71 61/686000 [email protected] Annette Schnitzler: AWO Kreisverband Essen Pferdemarkt 5 45127 Essen Tel.: 02 01/18 97-3 60 Fax.:02 01/18 97-1 47 [email protected] Dr. Talibe Süzen: AWO Bundesverband e.V. FB Migration Tel.: 02 28/66 85-4 03 [email protected] Moderatorin Marion Baldus: Gaisbergstrasse 31 69115 Heidelberg Tel.: 0 62 21/2 81 15 [email protected]

Einige Publikationen der AWO zum Thema „Interkulturelle Öffnung“ und Altenhilfe

Einige Publikationen der AWO zum Thema „Interkulturelle Öffnung“: Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (Hrsg.) (2002): „Gemeinsam Leben und Lernen“. Interkulturelle Orientierung in Tageseinrichtungen für Kinder. Dokumentation der 3. bundesweiten Arbeitstagung für Leiter/-innnen in Tageseinrichtungen für Kinder. (Schriftenreihe Theorie und Praxis) Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (Hrsg.) (2003): Interkulturelle Öffnung in Tageseinrichtungen für Kinder der AWO. (Standpunkte) Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (Hrsg.) (2006): Interkulturelle Öffnung der Suchtberatung. Ein Leitfaden für die Praxis. (Schriftenreihe Theorie und Praxis)

Bourgeois, S./Schneider, V. (2002): Die Herausforderung: Interkulturelle Öffnung in Tageseinrichtungen für Kinder. In: TUP 6/2002, S. 421-428 Fischer, R./Hansen, D. (2005): Der QM-Prozess der Interkulturellen Öffnung. In: TUP 5/2005, S. 36-40 Süzen. T. (2005): Interkulturelle Öffnung im Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung. In: TUP 3/2005, S. 31-37 HIPPY Deutschland e.V. Kontaktadresse: AWO Kreisverband Nürnberg. Koordination HIPPY, Philipp-Koerber-Weg 2, 90439 Nürnberg

Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (Hrsg.) (2004): Interkulturelle Orientierung in Tageseinrichtungen für Kinder. Ein Leitfaden für die Praxis (Schriftenreihe Theorie und Praxis)

Altenhilfe: Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (2003 ) (Hrsg.): Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe Betreutes Wohnen, Begegnungsstätten", Dokumentation der Arbeitstagung vom 24.-25. Oktober 2002 in Remagen – Rolandseck. Bonn. Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (2005) (Hrsg.): Interkulturelle Aspekte der Altenpflegeausbildung – Arbeitshilfe für die Unterrichtspraxis, Bonn 2005. Baric-Büdel, D. (2005): Interkulturelle Aspekte in der Altenpflegeausbildung- eine Arbeitshilfe für die Unterrichtspraxis. In: TUP 5/2005, S. 62-64 Baric-Büdel, D. (2001): Spezifika des Pflegebedarfs und der Versorgung älterer Migranten – Konzeptentwicklung zur interkulturellen Öffnung des Pflegeversorgungssystems am Beispiel der Stadt Dortmund. In Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.). Thema 160. Köln.

Baric-Büdel, D. (2002): Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe – Bedarfsorientierte Konzeptentwicklung der Stadt Dortmund In Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit, Nr. 2/2002, S. 113 ff. Kuratorium Deutsche Altershilfe/Arbeitskreis Charta für eine kultursensible Altenhilfe (Hrsg.): Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe – ein Beitrag zur interkulturellen Öffnung am Beispiel der Altenpflege. Köln 2002. Wohlrab, H (2000): Internationaler Pflegedienst (IPD) Kooperationsmodell der AWO Göppingen. In Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Württemberg e.V. (Hrsg.) Altenhilfe für ältere Migranten. Dokumentation einer Fachveranstaltung vom 20.10.1999. Stuttgart 2000.emberg e.V. (Hrsg.) Altenhilfe für ältere Migranten. Dokumentation einer Fachveranstaltung vom 20.10.1999. Stuttgart.

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