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January 14, 2018 | Author: Anonymous | Category: Wissenschaft, Gesundheitswissenschaften, Endokrinologie
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Mittendrin Ein Ent-Wicklungsbegleiter aus den Verwicklungen der Wechseljahre

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Konzeption und Text Swaantje Düsenberg, Fachjournalistin, Hannover

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Dr. med. Maria J. Beckermann, Köln

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Frank W. Koch | Büro für Kommunikation 45481 Mülheim an der Ruhr

Fotos Fotolia Stand: September 2012 Diese Broschüre kann auch im Internet unter www.barmer-gek.de heruntergeladen werden. Alle Angaben wurden sorgfältig zusammengestellt und geprüft. Dennoch ist es möglich, dass Inhalte nicht mehr aktuell sind. Bitte haben Sie deshalb Verständnis, dass wir für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Inhalts keine Gewähr übernehmen können. Für Anregungen und Hinweise sind wir stets dankbar. © BARMER GEK 2012 Alle Rechte vorbehalten

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Inhaltsverzeichnis Liebe Leserin 5 Natürliches Wunderwerk 6 Wann beginnt die Umstellung? 7 Verhütung bis zur Menopause 7 Sex macht Spaß, wenn er Spaß macht 8

Die große Schar der natürlichen Helfer 27 Heilkräuter und Phytohormone – Natur pur? 27 Was wissen wir bereits heute über Phytohormonpräparate? 28 Hormontheraphie & Co. – Was hilft? 29

Wellenbäder 9

Die Kraft der Selbstwirksamkeit 31

Klimawandel rund um die Frau 9 Natürliches Leiden? 9 Gedanken schaffen Wirklichkeit 10 Nachtrag aus 2002 11

Der Schlüssel zum Geheimnis lautet: Selbstwirksamkeit entfalten 31 Ernährung – es geht auch ohne Hüftgold 31 Bleiben Sie in Bewegung! 32 Entspannung für mehr Gelassenheit 33 Bleiben Sie in Kontakt 33

Blick über den deutschen Tellerrand 12 Japanerinnen 12 Maori-Frauen in Neuseeland 13 Tapuri-Frauen im Tschad 13 Türkische Frauen 13 Werden Sie wesentlich! 14 Individuelle Lebenslagen 14 Angst vor dem Alter 14 Ansichten der Gesellschaft 15 Eigene Erwartungen und die des Partners 16

Die Sicht der Expertin 34 Gut vernetzt geht`s doppelt leicht 39 Ärztinnen und Ärzte 39 Ärztliche Einstellungen 39 Selbsthilfe 40 Die Familie 40 Welche Frauenärztin/welcher Frauenarzt passt zur Lebensphase der Wechseljahre? 41 Freundinnen und Freunde 42

„Wenn du schwitzt, dann musst du wenigstens nicht frieren“ 17

Lesenswert 43

Balanceakt 21

Quellenverzeichnis 46

Der Tanz um die Hormone 21 Hormone für die ewige Jugend? 21 Welche Risiken hat die Hormontherapie? 22 Wie übertragbar sind die Studienergebnisse? 24 Keine Angst vor dem Absetzen der Hormontherapie! 25 Hormontherapie: Mehr Nutzen oder mehr Risiko? 25 Wann passt eine Hormontherapie zu einer Frau? 26

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Liebe Leserin, die Wechseljahre – stecken Sie gerade mittendrin? Oder stehen Sie kurz davor? Vielleicht können Sie diese Fragen auch gar nicht so genau beantworten, weil Sie zu der wachsenden Anzahl von Frauen gehören, die sich um die Wechseljahre gar keinen großen „Kopf“ macht.

Die Zeit des Wechsels kommt und geht, doch jede Frau erlebt sie anders. Manchmal können diese Jahre von Ängsten und auch von körperlichen Symptomen begleitet sein, manchmal spüren Frauen aber auch schon sehr früh, wie viel neue Kraft ihnen jetzt zuwächst. In jedem Fall ist es aber gut, zu wissen, was sich in der Zeit der Wechseljahre in unserem weiblichen Körper genau abspielt, wie wir gegebenenfalls mit unserer ungewohnten „Feurigkeit“ und anderen Veränderungen umgehen und auf welche Weise wir Unterstützung erfahren können, wenn wir sie wünschen. Und lassen Sie sich nur nicht ins Bockshorn jagen, wenn der Begriff „Wechseljahre“ von vielen Leuten sofort mit „Beschwerden“ gleichgesetzt wird – sie wissen es einfach nicht besser. Aber Sie! Wenn Sie diese Broschüre der BARMER GEK gelesen haben, dann wissen Sie, dass Beschwerden auftreten können, aber nicht müssen. Und dass Sie viele Möglichkeiten haben, alle Herausforderungen, die der Umbruch mit sich bringen kann, zu

meistern, ob mit oder ohne medizinische Hilfe. Es mag auch sein, dass Sie zu denjenigen Leserinnen mit besonders ausgeprägten Wechseljahrsymptomen gehören. Das kann sich dann zeitweilig so anfühlen, als sei man nicht mehr selbst die Herrin im eigenen Körper, sondern vielmehr die Schlaflosigkeit oder Erschöpfung, die Hitzewellen oder die Niedergeschlagenheit. Aber lassen Sie sich von derartigen Empfindungen nicht entmutigen, sondern gerade dann von dieser Broschüre unterstützen. Damit nicht die Wechseljahre weiter Regie in Ihrem Alltag führen, sondern Sie Ihr Leben wieder selbst und selbstwirksam gestalten können. Hier werden Ihnen unsere Informationen über körperliche Abläufe, individuelles Belastungsempfinden und verschiedene (Be-)Handlungsoptionen ganz sicher helfen, sich aus den Verwicklungen der Wechseljahre herauszulösen. Die BARMER GEK wünscht Ihnen bei allen derzeitigen und kommenden Entwicklungen gutes Gelingen!

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Natürliches Wunderwerk Rund zehn Millionen Frauen in Deutschland sind derzeit mehr oder weniger gerade „mittendrin“. Die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren wirft neben vielen anderen Fragen auch die Frage auf: Was spielt sich in meinem Körper jetzt eigentlich genau ab? Drehen wir für die Antwort auf diese Frage die Lebensuhr für einen Moment zu unserer Geburt zurück, und staunen wir noch einmal über das natürliche Wunderwerk unseres weiblichen Körpers: Er wird bereits mit zwei Eierstöcken geboren, in denen Abertausende Eizellen in kleinen Bläschen (Follikeln) lagern. Mit der Geschlechtsreife bewirkt nun jeden Monat neu ein fantastisches Zusammenspiel verschiedener Hormone in unserem Körper, dass schließlich ein Follikel heranreift und eine Eizelle freigegeben wird (Eisprung, fachsprachlich auch Ovulation genannt). Sie könnte nun befruchtet werden und sich in der Gebärmutter einnisten, die sich dafür eigens mit zusätzlicher Schleimhaut „ausgepolstert“ hat. In diesem „Nest“ kann sich die befruchtete Eizelle sicher und geschützt zum ausgereiften Baby entwickeln. Findet keine Befruchtung statt, stirbt die Eizelle, und die Gebärmutter trennt sich von der ungenutzten Schleimhaut. Dieser monatliche Zyklus der Regelblutung währt bei der Frau von ihrer Geschlechtsreife bis zu ihrer Menopause, also bis zur letzten Blutung. In diesen 35 bis 40 Jahren leistet der weibliche Körper – ob mit oder ohne Geburten – sehr, sehr viel! Ebenso gehört es zum Wunderwerk der schlauen Natur, dass wir nicht schon während unserer Kindheit oder noch im höheren Alter

Babys zur Welt bringen. Denn in beiden Lebensphasen haben wir andere Entwicklungsaufgaben: Als Mädchen sind wir vollauf mit unserem eigenen Heranwachsen beschäftigt, als Frau in der Lebensmitte können wir uns dank unserer erworbenen Reife und Erfahrung neuen Aufgaben zuwenden, ohne auf Stillzeiten, volle Windelpakete oder nächtliches Geschrei Rücksicht nehmen zu müssen. Die Wechseljahre sind also genau das, was sie uns versprechen: der Wechsel in eine neue Lebenszeit. Solche entscheidenden Wechsel haben wir bereits mehrfach erlebt, zum Beispiel beim Übergang vom Kind zur Frau oder als Erwachsene, wenn wir schwanger und schließlich Mutter werden. Allen Wechseln, wohin auch immer sie uns führen, ist eines gemeinsam: Wenn wir erst einmal zur Frau geworden sind, bleiben wir das für den Rest unseres Lebens! Unsere Weiblichkeit erlischt nie. Der Volksmund nennt die Zeit der hormonellen Umstellung vor und nach der letzten Regelblutung Wechseljahre. Der Fachbegriff dafür lautet Klimakterium. Es umfasst die gesamte Zeit der hormonellen Umstellung (etwa zwölf Jahre) und wird in mehrere Phasen eingeteilt: Ein fruchtbarer Zyklus ist ein ausgeklügeltes System, das viel Energie und eine gute Durch-

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blutung benötigt. Die Prämenopause beginnt, wenn der Zyklus der Frau „unzuverlässig“ wird, meist verkürzt er sich zu Beginn dieser Phase. Ein Auslöser dafür ist die mit zunehmendem Alter nachlassende Durchblutung der Eierstöcke. Dadurch kann die Östrogenproduktion allmählich sogar so weit sinken, dass kein gut ausgebildetes Eibläschen entsteht und kein Eisprung mehr stattfindet. In der Folge bildet sich auch der Gelbkörper nicht mehr aus, der in der zweiten Zyklushälfte eigentlich das Hormon Progesteron produzieren soll. Während der Prämenopause kommen „unzuverlässige“ Zyklen mit wenig oder viel Östrogen- und Progesteronbildung vor. Das kann neben- oder nacheinander, regelmäßig oder abwechselnd sowie in kurzen oder langen Abständen geschehen. Schließlich lässt die Regelblutung immer länger auf sich warten, bis sie schließlich ganz ausbleibt. Dieser Zeitpunkt wird Menopause genannt (griechisch meno = Monat, pausis = beenden). Der Zeitraum vor der letzten Regelblutung heißt entsprechend Prämenopause (griechisch prä = vor, Menopause = ultimativ letzte Regelblutung). Den Zeitraum plus/ minus zwei Jahre um die Menopause herum bezeichnet man als Perimenopause (griechisch peri = um … herum). In dieser Phase kann das Körpererleben der Frau besonders intensiv sein. Anschließend folgt die Postmenopause (griechisch post = danach). Der Zeitpunkt der Menopause selbst ist erst sicher zu bestimmen, wenn die Regelblutung dauerhaft nicht mehr aufgetreten ist. „Wenn Frauen unter 50 Jahre zwei Jahre und Frauen

über 50 Jahre ein Jahr lang keine Regelblutung mehr hatten, kann man davon ausgehen, dass die Menopause eingesetzt hat“, erklärt dazu Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte e.V.1

Wann beginnt die Umstellung? Bei vielen Frauen setzen die ersten Anzeichen für die beginnende hormonelle Umstellung etwa Mitte 40 ein, bei anderen früher oder später. Ähnliches gilt für die Menopause selbst: Viele Frauen erreichen sie bei uns in Deutschland um das 52. Lebensjahr, andere einige Zeit davor oder danach. Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. „Viele Gynäkologen berichten, dass bei starken Raucherinnen die Wechseljahre überdurchschnittlich früh beginnen“, sagt zum Beispiel die Medizinpsychologin Dr. Beate SchultzZehden2, die intensiv über das Klimakterium geforscht hat. Auch die Anzahl der Geburten, schwere Belastungen, der allgemeine gesundheitliche Zustand und die Veranlagung können die zeitlichen Verläufe beeinflussen.

Verhütung bis zur Menopause In jedem Fall ist vor der verlässlich eingetretenen Menopause – also dem Ende der fruchtbaren Zeit der Frau – die Verhütung unbedingt erforderlich. Denn bis zur Menopause, die sich ja erst nachträglich bestimmen lässt, kann auch bei unregelmäßigem Zyklus ein Eisprung stattfinden. Wer also auf keinen Fall schwanger werden möchte, muss verlässlich verhüten!

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Mechanische Verhütungsmittel wie Kondome, Diaphragma oder Portiokappe greifen nicht in körperliche Abläufe ein und haben den Vorzug, nur bei Bedarf zum Einsatz zu kommen. Sie bilden gerade für die Frau jenseits der 40 eine gute Alternative zu hormonellen Verhütungsmitteln wie der „Pille“ (nicht zu verwechseln mit der Hormontherapie bei starken Wechseljahrbeschwerden, (siehe Seite 21 ff.).

Sex macht Spaß, wenn er Spaß macht Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass Frauen, deren fruchtbare Zeit zu Ende ist, auch keine Lust mehr auf Sex haben. Frauen haben solchen hartnäckigen Vorurteilen, mit denen sie ins sexuelle Niemandsland verbannt werden sollen, schon lange widersprochen. Jetzt beweist eine Studie in den USA an fast 2.000 Frauen zwischen 45 und 80 Jahren: Sexualität und sexuelles Interesse sind auch im höheren Lebensalter bei einem Großteil der Frauen vorhanden. Und das umso mehr, wenn sie schon vorher ein erfülltes Sexualleben (mit sich, mit ihm, mit ihr) hatten.3 Gut, dass viele Frauen das auch ohne wissenschaftliche Belege wissen! Andererseits muss auch gesagt werden: Für Frauen können während der Wechseljahre sehr viele belastende Lebensumstände zusammentreffen, die ihnen die hormonelle Umstellungsphase nicht gerade erleichtern und die sich deshalb auch zu sexuellen „Lustkillern“ auswachsen können. Zu nennen sind hier beispielsweise vermehrte Scheidungen, die Pflege kranker Eltern/Schwiegereltern oder auch das „leere Nest“ zu Hause, wenn das jüngste Kind in die Welt hinausgezogen ist. Möglicherweise kämpfen Frauen jetzt auch mit aufkommender Angst vor „dem Alter“. Vielleicht müssen sie sich nun im Beruf gegenüber Jüngeren behaupten. Oder sie

werden schon rund um das 50. Lebensjahr Großmutter, was sie zwar meist freut, aber auch vor neue Herausforderungen stellen kann. „Große Belastungen können die Lebensqualität der Wechseljahre verschlechtern und auch mögliche Beschwerden verstärken“, sagt die Kölner Frauenärztin Dr. Maria J. Beckermann der BARMER GEK (siehe Seite 34 ff.). Manchmal reichen aber auch schon Hitzewallungen oder die Müdigkeit nach einem schlechten Nachtschlaf, um von körperlicher Nähe zum anderen vorübergehend Abstand zu nehmen. Eine kurze Erklärung dazu wirkt Wunder und schafft Verständnis. Der Mut, eventuelle Scham zu überwinden und intime Wünsche, Ängste und Befindlichkeiten auszusprechen, wird sich auszahlen. Darüber hinaus können Sie darauf vertrauen, dass sich Körper und Seele immer besser auf das neue hormonelle System einstellen. Unabhängig davon gilt aber wie im gesamten Frauenleben: Wer Lust hat, hat Lust, wer keine Lust hat, hat keine Lust. Das hat aber nichts mit den Wechseljahren zu tun. Denn eine spezielle Sexualität in den Wechseljahren gibt es nicht.

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Wellenbäder „Wenn die Wellen kommen, bauen die einen Mauern und die anderen Schiffe“, heißt es in China. Schauen wir mal, wie in der Vergangenheit über die Wechseljahre gedacht wurde, welche Wellentäler wir heute durchschreiten, ob wir dabei auch mit Frauen aus anderen Ländern auf einer Wellenlinie liegen und welchen Wellengang die Gesellschaft uns jetzt beschert. Klimawandel rund um die Frau Das Älterwerden im Allgemeinen und die Wechseljahre der Frau im Besonderen sind heute in unserer Gesellschaft ein großes Thema. War das eigentlich auch in früheren Zeiten so? Hier erhellen einige Bücher aus unterschiedlichen Epochen die öffentliche Meinung sowie das Empfinden der Frauen. Der folgende kleine literarische Streifzug bis hinein in das 21. Jahrhundert fördert zutage, dass sich in 200 Jahren viel weniger verändert hat, als man erwarten dürfte.

Natürliches Leiden? Im 19. Jahrhundert lag die Bestimmung der Frau nahezu ausschließlich in ihrer Reproduktionsfähigkeit und im Mutterdasein. Entsprechend galt die Menopause als behandlungsbedürftiges Krankheitsbild und wurde für viele seelische wie körperliche „Anomalien“ der Betroffenen verantwortlich gemacht.4

Diese „bedauerliche Leidenszeit der Frau“ setzte sich auch im Verständnis des beginnenden 20. Jahrhunderts fort. War das jüngste Kind flügge geworden, hatte sich damit die Lebensaufgabe der Mutter und Pflicht der Ehefrau erledigt. Die damalige Gesellschaft habe „für das nun kommende Alter nicht viel übrig gehabt“, schreibt die Ärztin Helenefriederike Stelzner im Jahre 1931.5 In den frühen 30er-Jahren bemerkt sie jedoch einen allmählichen Wandel. Von da an sah man Mütter und Ehefrauen mit der Menopause nun nichtmehr automatisch dem Ende ihres Frauendaseins entgegengehen, erklärt die Frauenärztin. Dr. Helenefriederike Stelzner selbst sah das Klimakterium als natürlichen Prozess mit vielen Entwicklungsmöglichkeiten an. Sie wusste schon damals, dass diese Chancen weit über das hinausragen, was die Frauen hinter sich lassen.

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Gedanken schaffen Wirklichkeit Diese Sichtweise schildern ebenso andere Autoren aus den nachfolgenden Jahrzehnten. Prof. Dr. Heinrich Martius, damals Direktor der Universitätsfrauenklinik Göttingen, betont in den 60er-Jahren: „Die Wechseljahre bestehen (…) nur darin, dass etwas aufhört (…) und ein neues Regulationsgleichgewicht im weiblichen Körper hergestellt wird.“7 Umso mehr bedauert er, dass ihnen von der Gesellschaft und auch von Ärzten immer noch etwas Krankhaftes angedichtet werde. Prof. Dr. Martius widerspricht vehement, dass es mit der Frau nun körperlich oder geistig bergab gehe. Er warnt zudem vor einer Hormonbehandlung, die er „nicht für völlig ungefährlich“ hält. Damit ging er weiter als sein Kollege Prof. Dr. Hans Hermann Schmid, Direktor der Universitätsfrauenklinik Rostock, der im Jahre 1956 „die Ausfallerscheinungen während der Wechseljahre verhältnismäßig leicht durch künstliche Hormonzufuhr“ günstig beeinflussen will. Allerdings sei dies kein „Jungbrunnen“ für die moderne Frau.8 Auch Mitte der 80er-Jahre erhalten die Wechseljahre viel Aufmerksamkeit. Für die Autorin Kristine Kurth beispielsweise, die das Klimakterium nicht aus medizinischer Sicht, sondern aus eigenem Erleben schildert, ist es etwas ganz Natürliches – und doch „zweifellos oft eine quälende Zeit des Leidens“.9 Vor allem, weil sie zur Auseinandersetzung mit dem Älterwerden zwinge.

In den 80er-Jahren setzen sich die Frauen zunehmend mit ihrem Körpererleben während der Wechseljahre auseinander. Sie wollen jetzt genau wissen, was sich in ihrem Körper abspielt. In den vorangegangenen Jahrzehnten konnte man über das Klimakterium noch vom „Leben im Schatten jahrhundertalter Märchen“10 lesen (1931), von „vielen Fehlauffassungen beim Laienpublikum“11 (1965) oder sogar noch im Jahre 1973 über „altverwurzelte Vorstellungen, von der Ahne her überliefert.“12 Somit übten also zu jeder Zeit fehlerhafte Vorstellungen, Hand in Hand mit dem individuellen Empfinden der Frau, erheblichen Einfluss auf ihr klimakterisches Erleben aus. Dr. Helenefriederike Stelzner hielt zu viel Beschäftigung mit den biologischen Vorgängen allerdings für wenig hilfreich. So schreibt sie im Jahre 1931, es würden diejenigen am wenigsten leiden, die „weder Zeit noch Lust haben, tiefschürfenden Forschungen (…) nachzuhängen.“13 Ähnlich sieht das Prof. Dr. Hans Hermann Schmid in den 50er-Jahren.14 Im Übrigen verstecke sich hinter der Angst vor den Wechseljahren nur die Angst vor dem Alter, was eine Wechselwirkung zwischen körperlichen Symptomen und seelischem Zustand der Frauen erzeuge. Dieser Zusammenhang blieb weiter im Blickpunkt. Kristine Kurth formuliert etwa Mitte der 80er-Jahre, dass „die gesamte körperliche und seelische Verfassung einer Frau, ihre Lebenseinstellung (…), ihr Verhältnis zur Umwelt und das Verhältnis der Umwelt zu ihr (…) mildernd oder verstärkend auf die Beschwerden wirken können.“16

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Nachtrag aus 2002 Noch 2002 ließ der Berufsverband der Frauenärzte e.V., Landesverband Niedersachsen, in einer Presseerklärung verlauten: „Wechseljahre sind eine Krankheit und nicht natürlich. Sie sind von Menschenhand geschaffen. Frauen wurden um 1897 38 Jahre alt. Eine Hormonersatzbehandlung bedeutet daher eine Zurückversetzung der Frau in ihren ‚Naturzustand‘.“ Diese Verlautbarung empörte nicht nur die Frauenforscherin und Bremer Professorin Dr. Petra Kolip. Sie kommentierte dazu: „Aus solchen Formulierungen wird deutlich, dass die älter werdende Frau noch immer zu einem Mangelwesen erklärt wird, das an einer Hormonmangelkrankheit (…) leidet. Dieses Bild hat sich nicht nur innerhalb der Medizin durchgesetzt, sondern prägt leider auch das öffentliche Bild und die Selbstwahrnehmung von Frauen. Dass dies so ist, hängt natürlich mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zusammen, die eine Medikalisierung der Wechseljahre erleichtern. Denn auch die Wechseljahre unterliegen einer sozialen Konstruktion, an der viele Akteurinnen und Akteure beteiligt sind.“27

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Blick über den deutschen Tellerrand Der gesellschaftliche Stand der Frauen beeinflusste von jeher auch die Bewertung der Wechseljahre. Dies ist jedoch nicht nur auf der zeitlichen Schiene ein Phänomen, sondern auch aus der kulturellen Perspektive betrachtet. Denn das Klimakterium hat in unterschiedlichen Kulturen auch eine unterschiedliche Bedeutung. Je nach Tradition und religiösen Wurzeln findet sich längst nicht in allen Ländern und Völkern ein reduzierter biomedizinischer Blick auf die „kritischen Jahre“, der insbesondere den „Hormonmangel“ für sämtliche Beschwerden verantwortlich sieht und vor psychosozialen Faktoren die Augen verschließt.

einem spürbaren Zeichen des Älterwerdens – im Besonderen. In der Folge kann oft gar nicht geklärt werden, ob Stimmungstiefs oder Antriebslosigkeit körperlich begründet sind oder eher von der Furcht vor einer grauen Zukunft, vor Unbedeutsamkeit und möglichen Gebrechen herrühren.

Hitzewallungen und Nachtschweiß sind als Begleiter der Wechseljahre zwar meist kulturübergreifend bekannt. Aber ob sie auch als belastend empfunden werden, wird unterschiedlich eingeschätzt. Das hängt entscheidend auch davon ab, welches Ansehen und welche Lebensqualität die Frau nach der Menopause erwarten. Das Konstrukt „Menopause“ der westlichen Kultur sei in der Dritten Welt nicht anzutreffen, schlussfolgert Prof. Dr. Ingrid Kowalcek nach Studienlage. „Der Wahrnehmung und den Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit liegen kulturell produzierte Muster zugrunde.“28

Diverse Frauenforscherinnen haben vielfach zusammengetragen, wie die Wechseljahre in anderen Kulturen gesehen und erlebt werden. In den folgenden Abschnitten sind entsprechende Beispiele dafür aufgeführt.

In einer Gesellschaft wie der unsrigen, die Jugendlichkeit zum Götzen erhebt, stetige Vitalität, Leistungsfähigkeit und Energie erwartet sowie reife Frauen für unattraktiv hält und in die Unsichtbarkeit drängt, dürfte statt der Freude auf eine neue spannende Lebensphase eher die Angst vor dem Älterwerden überwiegen. Diese Angst beeinflusst die immer älter werdende Gesellschaft allgemein und die Frauen angesichts der Wechseljahre –

Japanerinnen Das traditionelle Asien fixiert sich nicht auf Hormone. Es schreibt Veränderungen in der weiblichen Lebensmitte ganzheitlich tendenziell dem allgemeinen Älterwerden und den damit einhergehenden sinkenden Energien zu. Deshalb gilt auch vielen Japanerinnen das Versiegen der Regelblutung eher als sinnvolles Ereignis, das dem Körper hilft, Energie zu sparen. Entsprechend spielen Hitze und Nachtschweiß in den traditionellen Gruppen als Belastung kaum eine Rolle, umso mehr dafür die steife Schulter und ein Klingeln in den Ohren. Je stärker ihre Lebensweise jedoch jener der westlichen Industrienationen ähnelt, umso deutlicher tritt die Hitzewallung als Leitsymptom der Wechseljahre hervor.29

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Maori-Frauen in Neuseeland

Türkische Frauen

Maoris fassen Wechseljahre als eine normale Übergangszeit innerhalb des Frauenlebens auf. Zwar kennen auch Maori-Frauen körperliche Sensationen wie das Hitzegefühl, bewerten dies aber als allgemeine Begleiterscheinung während der Übergangszeit hin zu einer besseren gesellschaftlichen Stellung. Denn in der traditionell orientierten MaoriGesellschaft gewinnen Frauen nach der Menopause an Einfluss und Autorität.30

Ihr Lebensort bestimmt ihre Wahrnehmung der Beschwerden. Frauen in türkischen Großstädten wie Istanbul oder Ankara berichten von Hitzewallungen sowie von Muskel-, Gelenk- und Knochenschmerzen. Für Frauen aus ländlichen Regionen stehen während der Wechseljahre eher Erschöpfung, verminderte Gedächtnisleistung und Libidoverlust im Vordergrund. Gemeinsam empfinden aber alle das Klimakterium als erwartbares, natürliches Ereignis, in dessen Zusammenhang nicht nur Hitzewallungen, sondern auch heftige Kopfschmerzen und „Nervenkrisen“ gesehen werden. In Deutschland lebende Frauen mit türkischem Migrationshintergrund fühlen sich mit vergleichbaren Symptomen belastet.

Tapuri-Frauen im Tschad31 Hier sind jegliche Anspielungen auf die Wechseljahre absolut tabu. Für Frauen jenseits der Gebärfähigkeit gilt jedoch das ungeschriebene Gesetz, dass sie nach der Menopause jegliche sexuellen Kontakte zu unterlassen haben. Denn diese dienen nach Überzeugung der Tapuris nur der Fortpflanzung. Frauen in und nach den Wechseljahren werden als „gealtert“ und als „Großmutter“ bezeichnet. Allerdings kann „die Großmutter“ auch neue Freiheiten genießen, denn die Tapuris sagen: „Sie hat sich in einen Mann verwandelt.“ Ähnlich ergeht es den Beti-Frauen im Süden Kameruns. Die Menopause beendet auch für sie jegliche sexuellen Kontakte – aber ebenso die Zeit der Unterwerfung unter die männliche Autorität. Denn nun werden sie dem Mann gleichgestellt. Die Wechseljahre stärken also ihr Ansehen und ihre Macht und stehen deshalb für den Beginn einer neuen, guten Lebenszeit.31

Innerhalb der Familie und Gesellschaft bedeutet die Menopause aber einen Statusgewinn für Türkinnen in der Türkei, sie erfahren mehr Respekt. Offen ist jedoch, ob das steigende gesellschaftliche Ansehen auch in der Migration erhalten bleibt.34

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Werden Sie wesentlich! Unsere zeitlichen wie auch die kulturellen Betrachtungen zeigen, wie unterschiedlich die Wechseljahre sowohl von Frauen selbst als auch von der Gesellschaft empfunden werden. Diese Wahrnehmungen steht in einem inneren Zusammenhang. Auch Frauen in Deutschland erleben die Wechseljahre höchst individuell. Je nach Lebenslage, mehr oder weniger ausgeprägter Angst vor dem Alter sowie den Botschaften und Erwartungen, die an sie gerichtet sind, erweisen sich die Wechseljahre als eine verletzliche Zeit voller Leiden und Beeinträchtigung – oder aber als eine Zeit, aus der neue Kraft und Energie erwachsen können.

Individuelle Lebenslagen Aus der Schmerzforschung wissen wir: Wenn zwei Menschen die gleiche Wunde aufweisen – sie haben sich zum Beispiel beide in den Finger geschnitten oder bei einem Sturz das Knie aufgeschlagen –, so kann die Schmerzwahrnehmung trotzdem sehr unterschiedlich sein. „Bei der Bestimmung der emotionalen Komponente des Schmerzes spielen die Zentren im Hirn, die den psychologischen Zustand des Menschen beeinflussen, eine wichtige Rolle. So können negative Stimmungen zu einer Zunahme der Schmerzvorstellung führen“, schreibt die Schmerzforscherin Prof. Dr. Rohini Kuner, Universität Heidelberg.35 Ähnlich verhält es sich mit möglichen Symptomen der Wechseljahre. Deren Intensität und Belastungsgrad können genauso wenig objektiv gemessen werden wie die Heftigkeit eines Schmerzes. Beide Grade bestimmen sich subjektiv von Patient zu Patient, von Frau

zu Frau. So, wie das aufgeschlagene Knie auf der Schmerzskala (von 0 = kein Schmerz bis 10 = unerträglicher Schmerz) eine 2 oder auch eine 6 sein kann, so kann eine Frau mögliche Hitzewallungen auf einer solchen Skala mit 0 oder 1 bewerten, eine andere dagegen mit 8 oder gar 9. Beide Einschätzungen müssen ernst genommen werden. Denn so wenig, wie die Frau mit niedrig empfundenem Belastungsgrad gefühllos ist, so wenig ist die Frau mit hoch empfundener Belastung hysterisch. Beide geben nur ihre persönliche Wirklichkeit wieder, und die ist immer wahr.

Angst vor dem Alter „Das Alter“ wird in unserer Gesellschaft meist in Zusammenhang mit Abstellgleis, Gebrechen, abnehmender Attraktivität und zunehmender Einsamkeit diskutiert. Es scheint wie eine Naturkatastrophe über uns hereinzubrechen und ist nie willkommen. „Alt“ sind immer nur die anderen, und das „richtige Alter“ kommt sowieso stets später, besonders das eigene. Diesem Bild entsprechend werden auch Alterszeichen wie graue Haare oder Fältchen massiv bekämpft, Jugendlichkeit ist das Gebot der Stunde. Auf dieser Welle reiten übrigens unzählige Geschäftemacher, die mit der Angst vor dem Alter ordentlich Geld scheffeln. Und immer ganz vorn mit dabei: die Pharmaindustrie.

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Die Menopause kennzeichnet nun für die Frau das Ende der Gebärfähigkeit und ist für sie somit ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie älter geworden ist. Damit wird ihr – ob sie will oder nicht – das Thema „Älterwerden“ direkt vor die Füße gelegt, sie kann ihm nicht ausweichen. Hat sie nun die allgemeinen Vorstellungen vom Älterwerden und Alter verinnerlicht, bleibt die Angst vor der kommenden Lebensphase kaum aus. In diesem Sinne könnten wir mit Prof. Dr. Kuner sagen: Dann können in den Wechseljahren negative Stimmungen auftreten und zu einer Zunahme der empfundenen Beschwerden führen.

Ansichten der Gesellschaft Tatsache ist: Wechseljahre sind ein Entwicklungsvorgang und keine Krankheit. Trotzdem spukt diese Sicht – auch aufgrund der Medikalisierung des Klimakteriums – immer noch leise in vielen Köpfen herum. Laut wird jedoch gesagt: Aber Wechseljahre sind doch ganz natürlich! Wie wahr … Allerdings scheint das kaum jemand zu glauben, wie die unzähligen Ratgeberbücher zum Thema nahelegen. Hier zwei Schlaglichter auf die Untertitel einiger gedruckter WechseljahreMöchtegern-Ratgeber: „Orientierungshilfen und Strategien bei Beschwerden“, „Wechseljahrbeschwerden erfolgreich behandeln“ oder auch „Rat und Hilfe bei typischen Beschwerden“ – aha, da ist sie also wieder, die unsägliche Botschaft: Wechseljahre und Beschwerden gehören offenbar zwingend zusammen. Leider ist diese Aussage so häufig wie falsch. Noch verhängnisvoller klingt übrigens „Ein behandelbares Schicksal“.



Wechseljahre als „schicksalhafter“ Vorgang, dem man nur mit „Behandlung“ entrinnen kann? Oh nein! „Was Frauen wissen sollten, um gesund, lustvoll und jung zu bleiben“ oder „So bleiben Sie jung, schön und sinnlich“ – natürlich wünscht sich das jede Frau! Nur leider befördern solche Versprechen nicht nur die überzogenen Erwartungen an die „ewige Jugend“, sondern unterstellen auch noch, dass Gesundheit, Lust und Schönheit durch die Wechseljahre bedroht sein könnten.



Traurig! Denn Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters, Lust und Sinnlichkeit jenseits jeder Altersgrenze – und persönliche Gesundheit zu einem wesentlichen Teil auch in unseren eigenen Händen.

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Eigene Erwartungen und die des Partners Auch die verschiedenen Erwartungen spielen eine wesentliche Rolle dabei, wie es Frauen in den Wechseljahren ergeht. Schon mit den Ansprüchen an sich selbst überfordern sich viele Frauen – und das nicht nur in Zeiten der hormonellen Umstellung. Das Streben nach Perfektion in Haushalt, Beruf, Partnerschaft und Kindererziehung ist auch heute noch allzu oft ein Begleiter im täglichen Leben von Frauen. Zudem fällt es manchen Frauen schwer, ihre Bedürfnisse klar zu äußern. „Ich wünsche mir mehr Mithilfe durch die Familie, mehr Zärtlichkeit von meinem Partner, mehr Respekt am Arbeitsplatz“, solche Äußerungen kommen Frauen zuweilen schwer über die Lippen. Unbewusst könnten sie dann den Umweg wählen, Rücksichtnahme, Zuwendung oder eine Auszeit über die Äußerung körperlicher Beschwerden zu erlangen zu versuchen. „Ich kann nicht mehr“ mutet irgendwie vertretbarer an als „Ich will nicht mehr“ (etwa den Haushalt allein bewältigen). „Ich fordere“ (zum Beispiel mehr Rücksichtnahme) und „Ich wünsche mir“

(etwa mehr Einfühlungsvermögen) rücken damit jedoch in noch weitere Ferne. Dabei bieten gerade die Wechseljahre eine große Chance, hier umzudenken und den Stier bei den Hörnern zu packen. Auch deshalb haben Renée Zucker und Ingke Brodersen ihr sehr erhellendes und Mut machendes Buch über die Frau um die 50 „Werden Sie wesentlich!“ genannt (Piper Verlag 2008). Doch nicht nur der Eigenanspruch kann Frauen während der Wechseljahre in die Erschöpfung treiben, sondern auch ein wenig einfühlsamer oder unaufmerksamer Partner ist Gift für ihr Selbstbewusstsein. Hört eine Frau etwa ein „Stell dich doch nicht so an!“ oder „Das bildest du dir doch alles nur ein!“, wenn sie sich mal unpässlich fühlt oder ihrem Partner von ihrem Körpererleben während der Wechseljahre oder auch von ihren Ängsten berichtet, dann wird ihr das wohl kaum Flügel verleihen. In diesem Fall wäre der Partner wahrscheinlich ein hartnäckiger Fortbildungsfall in Sachen gelingendes Miteinander.

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„Wenn du schwitzt, dann musst du wenigstens nicht frieren“ Jede einzelne Frau ist Expertin in eigener Sache. Sie weiß am besten: Wie fühle ich mich vor und nach der Menopause? Welche Chancen sehe ich in den Wechseljahren? Und was macht mir in dieser Zeit besonders zu schaffen? Stellvertretend sprechen hier Andrea Reimann (46 Jahre), Dörte Dietz-Möbius (52 Jahre) und Brigitte Stellmacher (64 Jahre) über die „Frauensache Wechseljahre“.36 Die drei Freundinnen singen zusammen in einem Chor. Das Gespräch hatte die BARMER GEK im Herbst 2011 in Hannover organisiert und moderiert.

Andrea: Vielleicht sollten wir uns erst mal den Leserinnen vorstellen. Ich kann ja mal den Anfang machen. Also, ich bin jetzt 46 Jahre alt, nach mehreren Beziehungen mal wieder Single, habe keine Kinder und war bis vor Kurzem im Einkauf eines Modegeschäfts tätig. Im Moment bin ich aber arbeitslos und hoffe, bald wieder was Neues zu finden. Das ist in meinem Alter ja auch nicht mehr ganz so einfach.

Mit 57 Jahren habe ich mich scheiden lassen, seit zwei Jahren lebe ich nun mit einem neuen Mann zusammen und bin sehr, sehr glücklich mit ihm. Ach ja, und ich bin schon 64. Die Wechseljahre sind für mich also eigentlich gar kein Thema mehr.

Andrea: Erzähl doch bitte trotzdem mal, wie das bei dir war. Man hört ja immer wieder von so vielen Beschwerden, dass mir richtig angst und bange wird, was da noch so alles auf mich zukommt. Besonders, wenn ich an meine Mutter denke. Deren Wechseljahre hab ich so schlimm erlebt, das war schon nicht mehr zum Aushalten. Sie war launisch und irgendwie dauernd schlecht drauf. Dörte: Das muss aber nicht heißen, dass es bei dir jetzt auch so wird!

Dörte: Jetzt hör aber mal auf! Du wirst dich bestimmt bald wieder voll in einen neuen Job schmeißen können. Bestimmt! Okay, also dann kurz zu mir: Ich bin schon 52, seit 26 Jahren verheiratet und habe drei Kinder. Die beiden Großen sind 24 und 22, unsere Merle ist gerade 16 geworden. Tagsüber arbeite ich mit einer halben Stelle bei einem Steuerberater.

Brigitte: Ich bin bei einem Rechtsanwalt als Gehilfin angestellt, gehe aber bald in den Ruhestand. Schließlich bin ich schon Großmutter! Mein Enkel ist 14, meine Tochter 34.

Andrea: Aber seit meine Regel unregelmäßiger wird, hab ich auch schon ganz schöne Stimmungsschwankungen, du meine Güte! Einen Moment himmelhochjauchzend, dann wieder zu Tode betrübt. Irgendwie fühle ich mich dem Auf und Ab total ausgeliefert. So, als hätte ich die Kontrolle über mein ganzes Leben verloren. Außerdem erinnert mich das an meine Pubertät, die echt nicht die beste Zeit in meinem Leben war. Und was mich noch nervt: Manchmal schwitze ich schon wie blöd. Und zwar zu den unmöglichsten Zeiten, wenn’s einem so gar nicht in den

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Kram passt. Voll peinlich, besonders, wenn du dann gerade im Vorstellungsgespräch sitzt.

Dörte: In erster Linie bringen einen die sinkenden Hormonwerte zum Schwitzen. Brigitte: Ja, ja. Aber es kommt immer noch

Brigitte: Dann wirst du wahrscheinlich gar nicht wissen wollen, wie das bei mir war. Denn meine Wechseljahre waren zeitweise die Hölle für mich. Am schlimmsten waren die Hitzewellen, besonders nachts. Da war ich durchgeschwitzt wie ein nasser Lappen, musste manchmal dreimal das Nachtzeug wechseln und konnte danach nicht wieder einschlafen. Dann habe ich versucht zu lesen, aber das hat Jürgen so gestört, dass ich dann schlaflos im Dunkeln lag und den schrecklichsten Gedanken ausgesetzt war. Na ja, und morgens hab ich mich dann wie gerädert aus dem Bett gequält und so durch den Tag geschleppt. Und wenn die Hitze kam, dann hatte ich auch dieses Herzrasen …

Dörte: … also Brigitte, jetzt hör aber mal auf, du machst Andrea ja noch ganz verrückt! Brigitte: Warte, warte mal, heute denke ich über diese Zeit nämlich anders. Weißt du, damals war meine Ehe schon ziemlich kaputt, du weißt ja, wie Jürgen war. Nie ein nettes Wort. Für ihn war ich doch nur noch ein Möbelstück, und zwar ein ziemlich unerotisches (lacht). Irgendwann hab ich mich dann wie jemand gefühlt, der nur noch funktionieren muss, obwohl er schon alt und klapprig ist. Aber das finde ich heute gar nicht mehr erstaunlich. Schließlich musste ich mich damals ja auch noch um Jürgens Mutter kümmern, und die war erst richtig klapprig. Und biestig dazu. Und ausgerechnet in dieser Zeit kriegte meine Anja dann auch noch den Kleinen, machte mich zur Oma und zog auch noch aus. Da wurde ich dann richtig depressiv. Also wenn das Ganze zusammen eine Frau nicht zum Schwitzen bringt, dann weiß ich auch nicht!

darauf an, wie man das verkraftet. Und bei mir kam einfach alles zusammen.

Andrea: Wurde es denn irgendwann besser? Brigitte: Und ob! Und zwar hat mir mein Frauenarzt dann Hormone verschrieben – und ich war die scheußlichen Hitzewellen so ziemlich los.

Andrea: Aber hast du denn keine Angst gehabt, dass die Hormone Krebs oder so auslösen? Brigitte: Ganz ehrlich? Nein, hab ich nicht. Denn erstens konnte es mit mir sowieso nicht so weitergehen – und zweitens hab ich die Hormone ja nicht so wahnsinnig lange genommen. Und auch ziemlich niedrig dosiert. Für mich war das dann überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass ich wieder einen klaren Kopf bekam und schließlich wegen meiner Depressionen eine Therapie machen konnte. Hormone und Therapie, das war für mich damals genau die richtige Mischung. Dörte: Na ja, wenn es mir so schlecht gehen würde wie dir damals, dann würde ich auch Hormone nehmen. Hitzewallungen habe ich zwar auch, aber sie machen mir nicht so viel zu schaffen. Außerdem trinke ich regelmäßig Rotkleetee, da sind pflanzliche Hormone drin, die mir gut helfen. Brigitte: Hab ich auch alles gemacht. Rotklee, Salbei, Yamswurzel hoch und runter, vor allem Soja, bis es mir zu den Ohren herauskam. Geholfen hat mir das nicht.

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Dörte: Das ist sicher bei jeder Frau anders. Außerdem geht es mir ja auch insgesamt sehr viel besser. Klar hab ich auch mal Brustspannen gehabt, auch mal Kopfschmerzen zwischendurch. Und schwindlig ist mir auch hin und wieder. Aber wenn mich überhaupt etwas stört, dann ist das die Hitze. Da ist Hans-Peter aber ziemlich verständnisvoll, das muss ich wirklich sagen. Wenn ich nachts so vor mich hin transpiriere und nicht schlafen kann, dann bringt er mir manchmal sogar einen feuchten Waschlappen zur Abkühlung. Ihr glaubt gar nicht, wie gut mir das tut, dass er mich so liebt, wie ich bin. Mit ein paar Pfund zu viel und manchmal auch ein Häuflein Elend. Er sagt immer, ein Häuflein Elend streichelt er besonders gern. Und wenn mir der Schweiß von der Nase rinnt, dann sagt er: Wenn du schwitzt, dann musst du wenigstens nicht frieren (lacht). Dieser Kerl! Aber meine überflüssigen Pfunde, die will ich ernsthaft loswerden.

Andrea: Na dann fang mal damit an! Dörte: Wenn das bloß so einfach wäre! Glaub ja nicht, dass man in meinem Alter noch so locker abnimmt wie früher. Andrea: Das wohl nicht. Aber dann musst du halt deine Ernährung umstellen und ordentlich Sport machen. Einfach weniger essen und dich mehr bewegen. Dörte: Ja, ja, ich weiß. Aber im Moment, wo Merle noch so stark pubertiert, da schaff ich das einfach nicht, weniger zu essen. Brigitte: Oh je, das stelle ich mir aber auch schwierig vor: Wechseljahre trifft Pubertät.

Dörte: Ja, da kannste manchmal wirklich die Krise kriegen. Aber irgendwann geht das ja bei uns beiden auch vorbei, das stehen wir schon durch. Und wenn nichts mehr geht

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mit uns und wir dem Hans-Peter dann beide die Ohren vollheulen, dann hat er so seine Art, uns zu beruhigen.

Brigitte: Ach was, diesen ganzen elenden

Andrea: Ja, ja, der liiiiebe, gute Hans-Peter! Was soll ich denn sagen, so ganz ohne Mann? Ach, was soll‘s, ich hab ja euch! Aber trotzdem … jetzt, mit 46, fühle ich mich schon merkwürdig, weil die Wechseljahre mit so großen Schritten auf mich zukommen und ich keine Kinder habe. Die Gelegenheit ist nun bald verpasst. Das macht mich irgendwie traurig.

Wettbewerb um die jugendliche Straffheit hab ich doch gar nicht mehr nötig. Und du glaubst gar nicht, wie gut sich das anfühlt, wie entspannt! Ich fühle mich überhaupt so entspannt und gut wie noch nie in meinem Leben. Wenn ich müde bin, ruhe ich mich einfach aus, wenn mir nach langem Schlabberpulli ist, meckert auch keiner an mir herum, ich treffe mich mit Freundinnen, wann immer ich will, ich gehe ins Museum, in Ausstellungen, ins Theater, lese viel, singe schön mit euch – na, wie hört sich das an?

Dörte: Ich glaube, die Menopause bedeutet

Dörte: Das hört sich für mich nach einem

für jede Frau Abschied von der Gebärfähigkeit, ganz egal, ob sie Kinder hat oder nicht.

sehr guten Leben an – und nicht wie nach altem Eisen.

Andrea: Na ja, ich wollte eben keine Kinder ohne Vater aufziehen und habe den richtigen Mann halt noch nicht gefunden. Damit muss ich mich jetzt abfinden, dass ich eben kein Kind habe. Aber das Herz ist mir schon schwer.

Brigitte: Und das Interessanteste ist dabei: Seit ich mich so fühle, genieße ich überall ganz andere Aufmerksamkeit. Das war schon so, als ich noch solo war. Plötzlich hörten mir die Leute ganz anders zu, es war irgendwie, als hätte ich auf einmal Wichtigeres zu sagen als vorher.

Brigitte: Manchmal ist es auch schwer, mit dem falschen Mann die Kinder aufzuziehen. Das hast du ja bei mir gesehen. Ich habe den Richtigen auch erst mit Ende 50 kennengelernt. Und dass ich da schon längst keine Periode mehr hatte, fand ich einfach nur wundervoll!

Andrea (spöttisch): Ach nee, und ich dachte, mit den Wechseljahren ist dann alles aus und vorbei … Brigitte (grinst): Denkste! Manchmal geht

Andrea: Vielleicht war das ja auch so? Brigitte: Ich weiß nicht. Eigentlich war ich einfach nur selbstbewusster und zielstrebiger. Ich war mir selbst einfach wichtiger geworden. Danach wurde es mir auch ziemlich wurscht, was andere Leute über mich gesagt haben. Das war der Moment, in dem ich anfing, mich selbst zu entdecken.

Andrea: Hört sich an wie ein Frauenbuch: „Brigitte auf Schatzsuche nach sich selbst“…

es da erst richtig los!

Brigitte: … aber genau so war‘s! Nur hab Andrea: Trotz Dellen in den Schenkeln? Und jeden Tag guckt dich eine neue Falte im Spiegel an?

ich damit leider ziemlich spät angefangen. Also macht nicht den gleichen Fehler wie ich und legt einfach früher los!

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Hormontherapie Ob sich eine Frau in den Wechseljahren behandlungsbedürftig empfindet oder nicht, entscheidet sie ganz allein. Ausschlaggebend dafür ist, wie wohl sie sich in der hormonellen Umstellungsphase fühlt, wie sie ihre Lebensqualität beurteilt und was sie selbst zur Verbesserung ihres Befindens beitragen kann. Sollte sie Beschwerden verspüren, die nur schwer zu bewältigen sind, so wird sie diese und weitere Fragen ausführlich mit ihrer Frauenärztin bzw. ihrem Frauenarzt erörtern. Ist sie über ihre Handlungsmöglichkeiten sowie mögliche Risiken von Behandlungsformen informiert, kann sie ihren eigenen Weg zum inneren Gleichgewicht finden. Der Tanz um die Hormone

Hormone für die ewige Jugend?

Dass es im menschlichen Körper „innere Absonderungen“ gibt, die verschiedene Prozesse auslösen, hat die Wissenschaft schon vor über 200 Jahren vermutet. Aber erst 1905 gab ihnen der britische Physiologe Ernest H. Starling einen Namen: Hormone. Dieser Begriff geht auf das griechische Wort „hormao“ zurück und bedeutet so viel wie „antreiben“. Heute wissen wir: Viele verschiedene Hormone wirken in der Frau als Botenstoffe innerhalb eines ausgeklügelten Systems, das – im feinen Zusammenspiel mit unserem Nervensystem – unser körpereigener Motor und Dirigent zugleich ist.

Die rasante Entwicklung der Sexualendokrinologie brachte die Hormontherapie hervor. Diese revolutionierte in der Folge nicht nur die Reproduktionsmedizin, sondern versprach vor allem, dem Alterungsprozess der Frau wundersam Einhalt zu gebieten. Dabei war die Grundannahme so schlicht wie problematisch: Damals glaubte man, dass allein die Östrogene eine Frau jung und attraktiv erhalten würden. Da die Östrogenproduktion mit zunehmendem Alter aber de facto abnimmt, ging man von einem „Hormonmangel“ aus, der das „Mangelwesen“ Frau körperlich und geistig dahinwelken ließe. Dieser „Mangel“ wurde für eine hormonelle Erkrankung gehalten, die nur mit einer Östrogenersatztherapie zu „heilen“ sei.

Wodurch unterscheidet sich die Frau vom Mann? Auch diese Frage beschäftigt die Wissenschaft schon seit Langem. Insbesondere die Sexualendokrinologie, die sich seit 1920 speziell mit der Produktion der Geschlechtshormone und ihrem Steuerungssystem befasst, konzentrierte sich auf die Frau.

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1942 wurde in den USA das erste Präparat auf dem Markt zugelassen (Premarin®), das aus einem reinen Östrogencocktail aus dem Urin trächtiger Stuten bestand. Ab 1964 waren solche sogenannten konjugierten Östrogene dann auch auf dem deutschen Heilmittelmarkt zu haben.39 Jetzt pries auch der New Yorker Gynäkologe Robert A. Wilson in seinem Bestseller „Feminine forever“ die Hormontherapie, die damals noch Hormonersatztherapie hieß, als Heilmittel gegen die „Krankheit Klimakterium“ und als Zaubermittel für ewige Jugend, Schönheit, Libido, Gesundheit und Eheglück. Das Buch erschien 1968 unter dem vielsagenden Titel „Die vollkommene Frau“ auch in Deutschland,40 danach war die hormonelle Jungbrunnenkur mit reinen Östrogenen ein Muss für jede älter werdende Frau. Was Wilson geflissentlich verschwiegen hatte, war aber bereits damals bekannt: Östrogene regen in bestimmten Körperteilen die Zellteilung an, genau darauf beruht ja zum Teil der therapeutische Effekt der „Ersatztherapie“ mit reinen Östrogenen. „Aus diesem Grunde kann das Hormon aber auch das Wachstum eines bereits vorhandenen, möglicherweise unentdeckten Tumors anregen“, warnte die „ZEIT“ schon im Februar 1966. In den 70erJahren bestätigten erste Studien mit Anwenderinnen von Östrogenkuren das mehrfach erhöhte Krebsrisiko für die Gebärmutter.41 Also setzte man den Östrogenpräparaten synthetisches Gestagen (Progesteron) hinzu, das als „Gegenspieler“ des Östrogens die negativen Effekte verhindern sollte. Diese Hormonkombination wurde Frauen hauptsächlich nach der Menopause in den 80erund 90er-Jahren massenweise verabreicht, denn sie sollte auch „vor verschiedenen Alterskrankheiten“ schützen. Die Bandbreite reichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen über die Osteoporose bis hin zu Morbus

Parkinson und Demenz. Selbst dem Zahnverlust und der Makuladegeneration des Auges lasse sich durch die Einnahme der Hormone vorbeugen, lautete die Botschaft.42 Beweise gab es dafür allerdings nicht. Auch die amerikanische HERS-Studie43 konnte 1998 keine positive Wirkung etwa für die Herzgesundheit belegen.

Welche Risiken hat die Hormontherapie? Es sind mittlerweile unzweifelhaft verschiedene Risiken der Hormontherapie wissenschaftlich seriös nachgewiesen. Hier ein kurzer Überblick über aussagekräftige Studien, aus denen die WHI-Studie besonders heraussticht. Die WHI-Studie44 schockte im August 2002 die Welt mit ersten alarmierenden Analysen. Dazu sagt die Frauenärztin Dr. Maria J. Beckermann gegenüber der BARMER GEK (siehe auch Seite 34 ff.): „Seit die Ergebnisse bekannt geworden sind, haben viele Frauen aus gutem Grund Bedenken gegen die Einnahme von Hormonpräparaten. Die Ergebnisse der WHI-Studie (…) bestätigen, dass jede Hormontherapie – auch die kurzfristige – mit Risiken verbunden ist. Und dass die meisten Risiken mit der Dauer der Einnahme und mit der Dosis der Therapie ansteigen.“ In den USA hatte die Women‘s Health Initiative (WHI) in einer auf acht Jahre angelegten Untersuchung an mehr als 16.000 Frauen zwischen 50 und 79 Jahren hauptsächlich die präventive Wirkung der Hormontherapie mit einem Kombipräparat aus Östrogenen und Gestagenen45 untersucht. Gut fünf Jahre später – im Jahre 2002 – leiteten die ersten Ergebnisse einen entscheidenden Wendepunkt ein, denn man hatte erhebliche Risiken herausgefunden, wie der folgenden Tabelle zu entnehmen ist.

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Erkrankungen pro Jahr innerhalb von fünf Jahren Von 10.000 Frauen erkrankten an

Frauen in der PlaceboKontrollgruppe (ohne Hormoneinnahme)

Frauen unter Hormoneinnahme

Mehr Erkrankungen in %

Herzinfarkt

30

37

23%

Schlaganfall

21

29

38%

Thrombose

16

34

112%

Brustkrebs

30

38

26%

Quelle: Writing Group for the Women’s Health Initiative Randomized Controlled Trial W. Risks and Benefits of Estrogen Plus Progestin in Healthy Postmenopausal Women. JAMA 2002.

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� Dagegen stand die gute Nachricht: Immerhin gab es unter der Hormontherapie pro Jahr sechs Fälle weniger Darmkrebs und fünf Oberschenkelhalsbrüche weniger als in der Placebo-Kontrollgruppe.

Für die WHI-Studie sei nur eine einzige Wirkstoffkombination in immer gleicher Dosierung, per Tablette verabreicht, beforscht worden. In der Praxis werden Wirkstoffe, Dosierung und Verabreichungsform jedoch dem individuellen Bedarf der einzelnen Patientin angepasst.



� Dennoch überstiegen die Risiken, die die

Studie den Frauen bescherte, den Nutzen. Angesichts der Ergebnisse wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Weltweit und auch in Deutschland nahmen Frauen gegenüber der Hormontherapie fortan eine kritischere Haltung ein, und die Verschreibungszahlen gingen tatsächlich zurück. „Während 2001 beinahe jede zweite Frau zwischen 50 und 70 Jahren Hormone bekam, war es von 2004 bis 2006 nur noch etwa jede vierte bis fünfte Frau“, so Dr. Maria J. Beckermann im Gespräch mit der BARMER GEK. Tendenz: weiter sinkend. Parallel dazu sank auch die Zahl der Brustkrebs-Neuerkrankungen. Hier wird ein Zusammenhang mit dem Rückgang der Hormontherapie vermutet. Der wissenschaftliche Beweis steht jedoch noch aus. Spätere Auswertungen der WHI-Studie fanden außerdem ein erhöhtes Risiko für Eierstockkrebs.47 Und mehr Frauen, die eine kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie erhalten hatten,verstarben an Lungenkrebs.48

Wie übertragbar sind die Studienergebnisse? Die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus der WHI-Studie wird bis heute in Deutschland kontrovers diskutiert. Prof. Dr. Martina Dören, u. a. Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und streitbare Kämpferin für die Gesundheit der Frauen, legt folgende Argumente der Zweifler dar:49

Die an der Studie beteiligten Frauen seien relativ alt gewesen und hätten möglicherweise entsprechende Vorschädigungen insbesondere der Blutgefäße. Wissenschaftlich geprüft werden müsse daher, ob andere Präparate in anderer Dosierung und anderer Darreichungsform bei jüngeren Frauen nicht präventive und risikoarme Wirkung hätten.



� Prof. Dr. Dören positioniert sich zu solchen Überlegungen eindeutig kritisch: „Wir sollten lieber ärztliche Bestrebungen ins Zentrum rücken, die Frauen zu mehr gesundem Lebensstil in der Postmenopause befähigen, einschließlich mehr sportlicher Aktivität, und von behaupteten präventiven Effekten von Hormonpräparaten, für die sich keine belastbaren wissenschaftlichen Belege finden lassen, Abstand nehmen.“50 Im Übrigen bestätigte auch die britische Million Women Study,51 die parallel zur WHIStudie lief, an über einer Million Frauen, dass eine Hormontherapie sowohl als kombiniertes Östrogen-Gestagen-Präparat als auch als Östrogen-Monotherapie Brustkrebs begünstigt. In beiden Fällen zeigte sich sogar ein höheres Risiko für Brustkrebs als bei der WHI-Studie. Allerdings sank es nach Absetzen der Therapie wieder ab. Auch die MARIE-Studie52 des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, die zwischen 2002 und 2005 ebenfalls den Zusammenhang zwischen Hormontherapie und

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Brustkrebs untersuchten, kam zum Ergebnis: Das Risiko für Brustkrebs bei Frauen, die Hormone einnehmen, ist im Vergleich zu Frauen, die keine Hormone einnehmen, um 37% erhöht. Das höchste Risiko haben dabei Frauen, die sich länger als fünf Jahre einer Östrogen-Gestagen-Kombitherapie unterzogen.

Keine Angst vor dem Absetzen der Hormontherapie! Andererseits ist nachvollziehbar: Wenn Frauen mit Hormonen behandelt werden und es ihnen damit gut geht, könnten sie durch das Absetzen der Therapie eine Verschlechterung fürchten. Deshalb untersuchte Prof. Dr. Ursula Härtel von der Ludwig-Maximilian-Universität München bei Frauen zwischen 55 und 69 Jahren die Belastung nach dem Absetzen einer mindestens dreijährigen Hormontherapie. Die Hälfte der Frauen erhielt ihr gewohntes Hormonpräparat, die andere Hälfte ein Placebo – allerdings wusste keine der Frauen, wer was bekam. Sechs Monate nach dem Absetzen der Präparate wurden alle Frauen nach körperlichen Symptomen und empfundener Lebensqualität befragt. Schon die ersten Ergebnisse zeigten: In der Placebogruppe stiegen die vasomotorischen Probleme (Hitzewellen, Schweißausbrüche) zwar stärker an als in der Hormongruppe, nämlich um 12% im Vergleich zu 6%. In den Veränderungen der allgemeinen gesundheitlichen und psychischen Lebensqualität ließen sich dagegen keine wesentlichen Unterschiede feststellen.53 Das bedeutet: Auch bei Frauen im höheren Alter können nach dem abrupten Absetzen einer langjährigen Hormontherapie noch „typische“ Wechseljahrbeschwerden auftreten, die aber meistens nach wenigen Wochen wieder vergehen. Die meisten Frauen fühlen sich durch das Absetzen jedoch weder physisch noch psychisch stark belastet.

Hormontherapie: Mehr Nutzen oder mehr Risiko? Eine Hormontherapie kann trotz der beschriebenen Risiken während des Klimakteriums die richtige Lösung für eine Frau sein. Das gilt insbesondere, wenn sie sehr stark unter vasomotorischen Beschwerden leidet (Hitzewallungen, Schwitzen). „Denn eindeutig nachgewiesen ist, dass eine Hormonvergabe genau diese Beschwerden, die für die Lebensqualität weitreichende Folgen haben können, deutlich lindert“, bestätigt auch Dr. Maria J. Beckermann (lesen Sie dazu auch Seite 34 ff.). Ebenso nachgewiesen ist ein positiver Effekt der Hormontherapie bei Scheidentrockenheit. Entsprechend empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in der interdisziplinären S3-Leitlinie den Frauen sowie ihren Frauenärztinnen und Frauenärzten, auch nur bei diesen beiden Beschwerdebildern eine Hormontherapie in Erwägung zu ziehen. Dabei sollte die Therapie von möglichst kurzer Dauer und in möglichst geringer Dosierung erfolgen. Allerdings soll Frauen mit Vorerkrankungen wie Thrombose, Brustoder Gebärmutterkrebs sowie schweren Leberschäden keine Hormontherapie verordnet werden. In jedem Fall sind die Frauenärztinnen und Frauenärzte gerade bei starken Wechseljahrbeschwerden die richtigen Ansprechpartner. Sie wissen auch, ob das persönliche Risikoprofil einer Patientin eine Hormontherapie überhaupt zulässt. Wenn dies der Fall ist und die Behandlung mit Hormonen Besserung verspricht, wird die Ärztin/der Arzt mit der Patientin den zu erwartenden Nutzen gegen die Risiken abwägen. Derart gut informiert, kann die betreffende Frau anschließend selbst eine Entscheidung treffen.

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Wann passt eine Hormontherapie zu einer Frau? Eine Hormontherapie passt nur dann zu einer Frau, wenn sie wirklich nötig ist und die Hormongabe tatsächlich ganz individuell angepasst wird. Für Frauen mit Gebärmutter beginnt die individuell angepasste Therapie bei der Auswahl des Präparates, das immer aus einer Kombination von Östrogenen und synthetischen Gestagenen, die dem körpereigenen Progesteron nachgebildet wurden, besteht. Es setzt sich bei der Bestimmung der Dosierung fort und mündet in der Entscheidung über die Verabreichungsform und -dauer.

Prinzipiell gibt es verschiedene Möglichkeiten, gerade bei der kombinierten Hormontherapie. Sie kann zyklisch (Östrogene und Gestagen im zeitlichen Wechsel) mit oder ohne Einnahmepause erfolgen oder durch dauerhafte gleichzeitige Einnahme beider Hormongruppen.

Frauen ohne Gebärmutter erhalten stets reine Östrogengaben. Bei ihnen ist die Zugabe von Gestagenen zum Schutz vor bösartigen Veränderungen der Gebärmutter nicht erforderlich.

Große Auswahlmöglichkeiten bestehen bei der Art der Hormongaben: über den Mund in Form von Tabletten oder Dragees (orale Anwendung) unter der Zunge in Form von Tropfen (sublinguale Anwendung) ■ über die Nase in Form von Sprays (nasale Anwendung) ■ über die Scheide in Form von Tabletten, Zäpfchen, Hormonring, Gel oder Creme (vaginale Anwendung) ■ über die Haut in Form von Pflaster, Creme oder Gel (transdermale Anwendung) ■ als Östrogen-Hormondepot im Unterhautgewebe in Form einer Injektion (meist ins Gesäß oder in den Oberarm) ■ ■

� Da Ihre Frauenärztin/Ihr Frauenarzt die Hormontherapie ohnehin fein auf Sie abstimmt, werden Ihnen auch die Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden erklärt und Empfehlungen ausgesprochen. Und auch während der Hormontherapie bleiben Sie und Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt regelmäßig im Gespräch und können über die Fortsetzung, den Abbruch oder die Änderung der Hormontherapie gemeinsam jederzeit neu entscheiden.

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Die große Schar der natürlichen Helfer Kennen Sie das? Es gibt Momente, da wünschen wir uns: Jetzt müsste es einen Knall geben – und alles wäre genau so, wie wir es uns wünschen. Aber so sehr nach diesem besonderen „Knaller gegen die Wechseljahre“ in der Vergangenheit auch gesucht wurde – gefunden hat ihn bislang niemand. Denn es gibt ihn nicht. Und es gibt schon gar kein Wundermittel, das zu jeder Frau passt. Schon allein deshalb, weil jede Frau anders ist, anders lebt, anders empfindet. Dennoch bietet uns die Naturheilkunde und Komplementärmedizin einige Möglichkeiten an, wie wir unseren Körper und unsere Seele positiv beeinflussen können. Für viele Frauen mit mäßigen Wechseljahrbeschwerden ist dieses breite Angebot eine Alternative zur klassischen Hormontherapie. Grundsätzlich vorausgeschickt werden muss jedoch: Sollten Sie Beschwerden haben, die Ihnen behandlungsbedürftig erscheinen, so besorgen Sie sich nicht einfach selbst Medikamente, sondern ziehen Sie in jedem Fall Ihre Frauenärztin/Ihren Frauenarzt zurate. Und entscheiden Sie erst danach, welchen Weg Sie für sich wählen wollen.

Heilkräuter und Phytohormone – Natur pur? Die Kräuterheilkunde zählt zu den ältesten Künsten der Menschheit. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen dazu sind in einem chinesischen Heilpflanzenbuch aus dem Jahre 3700 v. Chr. überliefert. Und dass etwa ein Tee aus Johanniskraut die Stimmung aufhellen oder Baldrian beruhigen kann, war schon für Hildegard von Bingen (1098 – 1179) ein alter Hut. Sie hat die Wirkung verschiedener Pflanzen auf den Menschen vielfach beschrieben und auch bereits Wechseljahrbeschwerden behandelt.

Aber erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts fand die Wissenschaft heraus, dass spezielle Pflanzen bzw. pflanzliche Nahrungsmittel sogenannte Phytohormone enthalten, die den menschlichen Hormonen ähneln. Sie sind zwar nicht „baugleich“ mit unseren körpereigenen Östrogenen oder dem Progesteron, aber der weibliche Körper erkennt sie trotzdem als gleichartig an. Deshalb können Phytohormone in uns als Botenstoffe in abgeschwächter Form ähnliche Prozesse bewirken wie unsere körpereigenen Hormone. Entsprechend gelten sie bei verschiedenen Beschwerden in den Wechseljahren als sanfte, natürliche Alternative zur risikobehafteten synthetischen Hormontherapie. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn hier müssen wir zwischen Phytohormonen unterscheiden, die wir entweder mit unseren natürlichen Nahrungsmitteln als Gemüse, Obst oder Tee zu uns nehmen – oder aber in konzentrierter Form etwa als Kapseln oder Tabletten.

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Als Faustregel gilt: Im Rahmen unserer Ernährung können wir Phytohormone unbedenklich zu uns nehmen. Denn Obst und Gemüse, in denen oft östrogen- wie progesteronhaltige Phytohormone zu finden sind, schmecken gut und sind gesund. Gleiches gilt für eine gute Tasse Tee, die uns Hitze nehmen, beruhigen, munter machen kann oder besser schlafen lässt. Zurückhaltung ist dagegen bei allen konzentrierten Präparaten geboten, die als Nahrungsergänzungsmittel im Supermarkt oder auch als Heilmittel überwiegend rezeptfrei in der Apotheke zu haben sind. Gerade Frauen, die leicht oder etwas stärker unter Hitze leiden, der Hormontherapie aus der Retorte aber kritisch gegenüberstehen, medikamentieren sich gern selbst mit phytohormonellen Extrakten. Mit übrigens sehr unterschiedlichem Erfolg. Das Entscheidende ist aber: Wer Wert auf gesundheitlich risikoarme Effekte legt, kann sich bei diesen Präparaten nicht absolut sicher fühlen. Zwar haben zahlreiche Anwenderbeobachtungen und kleinere Studien gezeigt, dass diese Medikamente nicht allen, aber vielen Frauen helfen können. Die Untersuchungen lassen aber keine verlässlichen Aussagen zu, weil insbesondere die Sicherheit der Arzneimittel noch nicht ausreichend auf dem Prüfstand war. Hier gibt es also dringenden Nachholbedarf.

Was wissen wir bereits heute über Phytohormonpräparate? � Soja (Glycine max) Soja gehört zu den sogenannten Phytoöstrogenen, weil es östrogenartige Isoflavone enthält. Entsprechende Präparate sind als Nahrungsergänzungsmittel in Supermärkten, Drogerien, Reformhäusern und Apotheken frei verkäuflich. Sie gelten nicht als Arzneimittel und unterliegen daher weniger strengen Prüfverfahren. Nun hört man oft, dass Asiatinnen deutlich weniger vasomotorische Beschwerden haben, weil sie sich sehr sojareich ernähren. Dieser Zusammenhang wurde bisher nicht belegt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung, das verschiedene Studien zur Sicherheit von Soja weltweit geprüft hat, hält eine normale Sojakost für unbedenklich. Allerdings rät es von der Einnahme konzentrierter Sojapräparate mit isolierten Isoflavonen ab: „Signifikante und klinisch relevante Effekte wurden ganz überwiegend nicht nachgewiesen.“ Zudem besserten sich die vasomotorischen Beschwerden bereits unter der Vergabe eines Placebos um 30 bis 50%. Außerdem könnten die hochdosierten Sojapräparate die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen und auch brustkrebsfördernd sein, warnt das Bundesinstitut.57

� Rotklee (Trifolium pratense) Im Prinzip gilt für den Rotklee Ähnliches wie für Soja: Auch er enthält Isoflavone, allerdings etwas andere. Als Tee genossen, gehen Sie sicher kein Risiko ein. Es gibt jedoch keinen belastbaren wissenschaftlichen Beweis dafür, dass Rotkleekonzentrate Hitzewallungen wirklich lindern und zudem kein Risiko bergen.58

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� Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) Östrogenartige Präparate aus der Traubensilberkerze werden vor allem gegen vasomotorische Beschwerden angeboten. Einige enthalten zusätzlich noch Johanniskraut, das bei Verstimmung und schlechtem Schlaf Linderung bringen soll. Cimicifuga-Präparate sind die am besten untersuchten Phytohormone im Hinblick auf die Wechseljahre, ihre positiven Effekte wurden mehrfach in kleineren Studien belegt – nicht aber ihre Sicherheit.54 Frauen mit Brustkrebs wird daher von der Einnahme abgeraten. Zudem warnte die europäische Arzneimittelbehörde (EMEA) schon 2006 vor Leberschäden in Verbindung mit Cimicifuga-Präparaten, weltweit waren in diesem Zusammenhang etwa 50 Fälle bekannt geworden.55 Seit 2009 muss die

Produktinformation von Arzneimitteln mit Traubensilberkerze nun auf ein mögliches erhöhtes Risiko von Leberschädigungen hinweisen. Das hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte am 9. Juni 2009 angeordnet (www.bfarm.de).

� Mönchspfeffer (Agnus castus) In den beginnenden Wechseljahren kann es zu ähnlichen Symptomen wie beim prämenstruellen Syndrom kommen: zu Zyklusunregelmäßigkeiten, Brustspannen und Stimmungsschwankungen. In dieser Übergangszeit kann der progesteronhaltige Mönchspfeffer helfen, wie eine Reihe seriöser Studien belegen. „Auch der Langzeitgebrauch wird als risikofrei angesehen“, so Christina Sachse in einer seriösen Expertise.56

Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Heilpflanzen, die wertvolle grüne Begleiterinnen während der Wechseljahre sein können. Immer vorausgesetzt, sie werden zum Beispiel „nur“ als Tee genossen. Beispiele sind: Frauenmantel, Schafgarbe, Salbei, Johanniskraut oder Baldrian.

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Alternative Behandlungsansätze Aus der Sicht der westlichen Schulmedizin, deren Behandlung von Beschwerden auf einer wissenschaftlich nachgewiesenen Datenlage basiert, können alternative Behandlungsansätze kaum bestehen. Denn deren Wirksamkeit ist bisher nicht wissenschaftlich schlüssig erwiesen. Dennoch wählen viele Frauen zur Stärkung ihres physischen und psychischen Befindens gerade während der Wechseljahre alternative Heilverfahren. Die Homöopathie geht vom Ähnlichkeitsprinzip aus: Gleiches mit Gleichem heilen. Sie ordnet unterschiedlichen Pflanzen, Mineralien und tierischen Produkten Eigenschaften zu und verdünnt die Extrakte in immer höheren Potenzen. Grundannahme ist: Je höher die Verdünnung, desto größer der Impuls für die Selbstheilungskräfte. Verabreichungsformen sind Globuli (Streukügelchen), Tabletten oder Tropfen. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) geht sehr vereinfacht ausgedrückt von einem komplexen psychischen und physischen Gefüge aus, in dem Energie fließt. Gerät dieses empfindliche Gleichgewicht aus der Balance,

kann der Mensch Beschwerden entwickeln. Diagnostik und Behandlung richten sich entsprechend auf die bestmögliche Harmonisierung der Energiedynamik. Aus der TCM sind bei uns überwiegend die Akupunktur (mittels kleiner Nadeln Impulse an definierten Körperpunkten setzen) und die Arzneimitteltherapie (als verabreichter Dekokt = flüssiger Extrakt aus verschiedenen abgekochten pflanzlichen, tierischen und/oder mineralischen Stoffen) bekannt. Beide Heilverfahren setzen viel Erfahrung bei der Therapeutin/beim Therapeuten voraus. Viele sind Heilpraktikerinnen bzw. Heilpraktiker, einige auch ausgebildete Ärztinnen bzw. Ärzte. Die TCM ist in der westlichen Kultur mittlerweile weit verbreitet, einige Therapieformen wie die Akupunktur finden auch in der Schulmedizin vermehrt Anwendung. In der Aromatherapie werden ätherische Öle benutzt, die entspannend oder belebend, aber auch antibakteriell, entzündungshemmend oder krampflösend wirken sollen. Sie werden niemals innerlich angewandt, sondern verflüchtigen sich ausschließlich äußerlich etwa über eine Duftlampe, einen Aromadiffusor oder ein Duftkissen im Raum sowie als Massageöl oder Badezusatz.

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Die Kraft der Selbstwirksamkeit Fragt man Frauen, was sie in den Wechseljahren besonders belastet, dann sagen viele: das Gefühl der Machtlosigkeit, das Ausgeliefertsein. Das ist verständlich. Denn jede Frau möchte die Kontrolle über sich behalten. Dies gelingt ihr besser, wenn sie für Körper, Seele und Geist selbst gut sorgt. Das gilt zwar nicht nur für die Zeit der hormonellen Umstellung – aber da besonders. Der Schlüssel zum Geheimnis lautet: Selbstwirksamkeit entfalten Das klingt komplizierter, als es ist. Denn um selbstwirksam seine Lebenslage zu verbessern, hilft es schon, sich gut zu kennen – und in Zeiten der Veränderung wieder neu kennenzulernen. In jedem Fall können Sie in vier Lebensbereichen während der Wechseljahre ihrer Selbstwirksamkeit freien Lauf lassen: Essen und trinken Sie gesund, sorgen Sie für genügend Bewegung und Entspannung, und pflegen Sie Kontakte zu anderen Menschen. Damit kann jede Frau ihren eigenen wichtigen Beitrag leisten, um ihre Lebensmitte trotz hormoneller Umstellung positiv zu gestalten. Deshalb werden diese vier Säulen im Folgenden noch einmal genauer beleuchtet.

Ernährung – es geht auch ohne Hüftgold Leider wird den Wechseljahren immer noch die angeblich unvermeidliche Gewichtszunahme angedichtet. Glauben Sie das nicht! Denn überflüssige Pfunde entstehen nicht etwa in den Produktionsstätten der Eierstöcke, sondern kommen immer noch von zu üppigem Essen. Der Körper bekommt dadurch ständig mehr Kalorien, als er verbrau-

chen kann. Und die machen sich dann unweigerlich im wachsenden „Gold“ um Bauch und Hüfte bemerkbar! „Aber ich esse doch gar nicht mehr als vorher – und nehme trotzdem zu“, klagen viele Frauen in den Wechseljahren. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer: Sie ernähren sich genau wie vor den Wechseljahren – bewegen sich allerdings gleichzeitig oftmals noch viel weniger. Der Energiebedarf eines Menschen beginnt jedoch schon mit Anfang 30 zu sinken und liegt bei einer Frau um die 50 bis 55 etwa bei einem guten Viertel weniger. Wer seine Essgewohnheiten also unverändert beibehält, nimmt unweigerlich zu.59 Ein weiterer Grund für die Gewichtszunahme liegt im mit zunehmendem Alter langsamer werdenden Stoffwechsel. Jene Zellen, die die aufgenommene Nahrung im Körper biochemisch in andere Stoffe umwandeln und an definierte Zielorte transportieren, arbeiten einfach gemächlicher. Das betrifft auch die Kalorienverbrennung. Verlangsamt sie sich, sinkt der sogenannte Grundumsatz. Jetzt kann der Körper leider viel leichter Fettgewebe aufbauen als vorher.

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Ein paar Pölsterchen mehr sind doch kein Problem, denken Sie jetzt vielleicht. Im Prinzip nicht. Der BMI (Body Mass Index) liegt bei 45- bis 54-Jährigen zwischen 22 und 27 und bei 55- bis 65-Jährigen zwischen 23 und 28. So errechnen Sie Ihren BMI: Multiplizieren Sie Körpergröße x Körpergröße (in Metern), Anschließend teilen Sie Ihr Körpergewicht (in Kilogramm) durch das Multiplikationsergebnis, zum Beispiel: 1,70 m x 1,70 m = 2,89. 75 kg : 2,89 = 25,95. Dieses Ergebnis ist Ihr ganz persönlicher BMI. Bei den „paar Pölsterchen mehr“ geht es jedoch nicht um kleine Abweichungen im BMI, sondern um Übergewicht. Das erhöht laut Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte e.V., „in der Postmenopause aber das Risiko für Brustkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – insbesondere, wenn noch Bewegungsarmut dazukommt“.60 Das größere Brustkrebsrisiko ist nun durch eine weitere aktuelle Studie belegt,61 der Zusammenhang von Übergewicht und Herzgesundheit seit Langem bekannt. Alles gute Gründe, besonders in den Wechseljahren für eine angemessene, ausgewogene und abwechslungsreiche Kost zu sorgen. Und die lässt sich sehr gut und selbstwirksam beeinflussen! Wenn Sie sich also vollwertig mit möglichst unbehandelten und industriell wenig verarbeiteten Lebensmitteln ernähren, liegen Sie goldrichtig. Dazu gehören viel Obst und Gemüse, am besten mindestens drei Portionen am Tag (auch als Saft), Vitamin D (zum Beispiel Seefisch) und Kalzium (zum Beispiel Milchprodukte) gegen den Knochenabbau, weniger Fleisch und Wurst – und ein gutes Auge auf versteckte Fette. Ein von Ärzten empfohlenes Vorbild kann die mediterrane Ernährung darstellen,62 übrigens nicht nur während der Wechseljahre.

Auch die Internetseiten http://www.was-wiressen.de/ sowie http://www.aid.de/ geben wertvolle und seriöse Tipps. Und nicht vergessen: Trinken Sie gerade in der Zeit der hormonellen Umstellung möglichst noch mehr als gewohnt, vorzugsweise Wasser. Das harmonisiert Ihren Flüssigkeitshaushalt im Körper (und auch im Gehirn), bringt Ihnen rasch neue körperliche und geistige Energie und schwemmt zudem Giftstoffe aus Ihrem Körper.

Bleiben Sie in Bewegung! Für Schwung im Stoffwechsel und körperliches wie seelisches Wohlbefinden sorgt dazu regelmäßige Bewegung. Sie kräftigt nicht nur die Muskeln, sondern verbessert auch die Stimmung! Sport hat außerdem positive Auswirkungen auf den Stoffwechsel. Besonders wichtig ist die bessere Insulinausnutzung. Dieses Hormon der Bauchspeicheldrüse schleust Blutzucker in die Zellen und kann in seiner Wirkung durch sportliche Aktivitäten so verstärkt werden, dass Insulin gespart werden kann. Das wirkt sich auf viele andere Organsysteme wie Herz und Gefäße günstig aus. Zudem sorgt Sport für eine gute Durchblutung des Unterleibs und damit der Gebärmutter, Vagina und Blase. Dazu werden das Immunsystem sowie die Darmtätigkeit angekurbelt und die Nerven gestärkt, ferner beugt Bewegung Bindegewebsschwäche, Osteoporose und sogar Krebs vor. Steigern Sie also Ihre Lebenslust rundum, indem Sie einfach in Bewegung bleiben. Optimal wäre drei- bis viermal wöchentlich eine Kombination aus Ausdauerund Kraftübungen. Sie können zum Beispiel schwimmen, walken, joggen, tanzen, radeln, golfen und vieles mehr – was immer Ihnen Spaß macht.

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Übrigens: Auch Gartenarbeit hält fit und munter. Oder lassen Sie doch einfach mal den Fahrstuhl aus, und benutzen Sie stattdessen die Treppe. Auch das ist in Bewegung bleiben!

Entspannung für mehr Gelassenheit

Bleiben Sie in Kontakt!

Entspannung lässt die Seele lächeln und baut zugleich Stress ab, führt also zu mehr Gelassenheit. Vielleicht genießen Sie ein Schaumbad bei Kerzenschein, ein Buch bei einer leckeren Tasse Tee oder einen Tagtraum bei Ihrer Lieblingsmusik. Darüber hinaus findet manche Frau ihre Mitte auch mit speziellen Entspannungstechniken wie Yoga, autogenem Training, progressiver Muskelrelaxation, Tai-Chi oder Qigong.

� Ach ja: Und warum das Ganze?

Soziale Kontakte fördern die Lebenslust, das weiß jeder. Nun haben auch US-amerikanische Wissenschaftler belegt: Wer sein soziales Umfeld pflegt, lebt länger, gesünder – und vor allem glücklicher.63 Dafür werteten sie in einer Metaanalyse 148 Studien mit Daten von über 300.000 Menschen aus westlichen Ländern aus und kamen im Vergleich mit anderen Risikofaktoren zu dem Ergebnis, dass Einsamkeit genauso schädlich ist wie 15 Zigaretten täglich oder Alkoholmissbrauch. Und sogar noch schädlicher als Sportverzicht oder Fettsucht.

Weil Sie in einem entspannten Körper- und Seelenzustand alle Herausforderungen der neuen Lebensphase viel kraftvoller und gelassener meistern können.

Auch in Volkshochschulkursen und anderen Bildungsangeboten kann man interessante Menschen treffen. Zugleich fördern solche Aktivitäten die geistige Fitness.

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Die Sicht der Expertin Dr. Maria J. Beckermann ist Frauenärztin mit psychosomatischem Schwerpunkt in Köln und verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in Klinik und Praxis. Als Wissenschaftlerin engagiert sie sich für eine evidenzbasierte Medizin. Sie setzt sich also für Behandlungen ein, die sich an wissenschaftlich nachgewiesener Wirksamkeit und Sicherheit orientieren und sich an der jeweiligen Patientin ausrichten. Im folgenden Gespräch sortiert die Expertin verschiedene Symptome in den Wechseljahren nach Ursache und Wirkung und positioniert sich mit klaren Sätzen zur Frage, wann eine Hormontherapie sinnvoll erscheint und was Frauen darüber hinaus helfen kann, gut durch die „kritischen Jahre“ zu kommen.

„Nur 20 % der Frauen brauchen eine Behandlung.“ BARMER GEK: Frau Dr. Beckermann, kaum hört oder liest man von Wechseljahren, da folgen auch schon die Beschwerden auf dem Fuße. Gehören Beschwerden zu den Wechseljahren wie der Deckel zum Topf? Beckermann: Keineswegs! Sehr viele Frauen verspüren zwar körperliche und auch seelische Veränderungen während der Wechseljahre, die meisten empfinden das aber nicht oder nur wenig beschwerlich. Nicht nur nach meiner Erfahrung haben tatsächlich nur etwa 20% behandlungsbedürftige Beschwerden.64

BARMER GEK: Aber warum werden Wechseljahre und Beschwerden dann stets automatisch miteinander verknüpft? Beckermann: Dafür müssen wir uns anschauen, in welchen Zusammenhängen diese Verknüpfung vorkommt. Einmal finden wir sie natürlich in wissenschaftlichen Studien über das Klimakterium. Dort wird beispielsweise

danach gefragt, ob und welche Beschwerden Frauen in einem bestimmten Alter haben. Aber schon die Frage „Haben Sie Beschwerden?“ oder „Welche Beschwerden haben Sie?“ halte ich für suggestiv, sie legt den befragten Frauen nämlich „Beschwerliches“ eher nahe. Anschließend bringen die Medien die Ergebnisse dann in die allgemeine Öffentlichkeit. Dann heißt es, soundso viele Frauen haben die und die Beschwerden in den Wechseljahren. Da haben Sie schon mal eine erste wichtige Verknüpfung. Solche Informationen, die die Wechseljahre auf Beschwerden reduzieren, setzen sich schnell in den Köpfen fest.

BARMER GEK: Sie meinen auch in den Köpfen der Frauen, die auf die Wechseljahre zugehen oder schon mittendrin sind? Beckermann: Absolut! Aber die Informationen beeinflussen auch allgemein das Denken in unserer Gesellschaft – was sich gegenseitig verstärkt.

BARMER GEK: Haben Frauen im Hinblick auf die Wechseljahre denn so etwas wie Erwartungsangst? Beckermann: Aber ja! Die Befürchtung, ab einem gewissen Alter vielleicht selbst unter körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen leiden zu müssen, ist eindeutig da. Und diese Angst erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass sich Beschwerden dann

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auch tatsächlich einstellen. Diesen Effekt der Erwartungsangst haben zahlreiche Wissenschaftler wie zum Beispiel Avis & McKinlay längst nachgewiesen.

BARMER GEK: Also ein Teufelskreis … Beckermann: … der auch durchbrochen werden kann, wenn Frauen nur anders befragt werden. Zum Beispiel hat die von mir sehr geschätzte Medizinpsychologin Dr. Beate Schultz-Zehden in einer wichtigen Studie65 mit ihren Fragen den Blick der Frauen auch auf positive Veränderungen im Klimakterium geleitet. Und da zeigt sich plötzlich, dass es sehr viele Frauen angenehm finden, keine Blutungen und die damit verbundenen Beschwerden mehr zu haben. Dass sie sich reif und erfahren fühlen. Dass sie selbstbewusster sind als in der Jugend und sich besser abgrenzen können; dass sie gelassener geworden sind, genauer wissen, was sie wollen und wie sie es erreichen. Und dass sie sich freuen am Leben und stolz sind auf die Früchte, die sie hervorgebracht haben. Viele Frauen können ihren Körper im reiferen Alter besser akzeptieren und sind mit ihrer Attraktivität genauso zufrieden wie eine Kontrollgruppe 30jähriger Frauen. Sie verabschieden sich gerne von ihren reproduktiven Aufgaben und sind bereit, neue Ziele ins Visier zu nehmen. Frauen erleben die Wechseljahre also auch als eine Zeit des geistigen Wandels.

BARMER GEK: Dann scheint doch alles gut zu sein?!

Beckermann: Leider nicht. Denn SchultzZehden hat in derselben Studie auch nachgewiesen, dass sich sehr viele Frauen jenseits ihres 50. Lebensjahrs von der Gesellschaft ganz anders wahrgenommen fühlen. Über die Hälfte sieht sich abgewertet und zum „alten Eisen“ gezählt. Das kann sich zu einem richtigen Teufelskreis auswachsen, wenn sich die äußere Abwertung durch die Gesellschaft

und die eigene innere Abwertung der Frau gegenseitig verstärken.

BARMER GEK: Andererseits wird wohl kaum eine 50-jährige Frau zu ihrer Gynäkologin oder ihrem Gynäkologen sagen: „Ach wissen Sie, eigentlich macht mir die rein körperliche Umstellung gar nicht so viel aus. Aber weil mich die Öffentlichkeit nicht so positiv sieht, wie ich mich selbst erlebe, habe ich doch arge Beschwerden.“ Beckermann (lacht): Nein, natürlich nicht! Aber Sie haben das schon richtig erkannt: Die seelische Befindlichkeit beeinflusst natürlich das Körpererleben der Frau – und wie sehr sie sich durch ihre Beschwerden belastet fühlt. Genau deshalb ist das ausführliche Gespräch mit einer Patientin mit typischen klimakterischen Beschwerden für uns Frauenärztinnen und Frauenärzte auch oft wichtiger als die körperliche Untersuchung. Zumindest wenn die Frau ansonsten regelmäßig zu den Vorsorgeuntersuchungen kommt. „Hitzewallungen können Dominoeffekt auslösen.“ BARMER GEK: Sie sprechen von „typischen Wechseljahrbeschwerden“. Welche sind das?

Beckermann: Die nachlassende Hormonproduktion kann objektiv zu sogenannten vasomotorischen Beschwerden führen – also zu Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Schwitzen. Nur diese Symptome sowie die Trockenheit der Scheide sind in Zusammenhang mit einem niedrigen Hormongrad wissenschaftlich belegt.66 Alle anderen Beeinträchtigungen, die den Wechseljahren üblicherweise zugeschrieben werden, können nicht ursächlich auf den Hormonstatus zurückgeführt werden.

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BARMER GEK: Aber nachweislich leiden Frauen im Klimakterium doch trotzdem zum Beispiel unter Schlafstörungen, Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwäche oder sogar Depressionen. Beckermann: Das stimmt. Aber vasomotorische Beschwerden können genau diese Folgen haben. Stellen Sie sich folgenden Dominoeffekt vor: Hitzewallungen in der Nacht können Schlafstörungen verursachen, die der Frau wiederum Energie rauben. Wer aber weniger Energie hat, ist schneller müde, abgeschlagen, lustlos, reizbar, unkonzentriert, ist weniger belastbar, empfindlicher, weint leichter und hat auch stärkere Stimmungsschwankungen. All das kann eine Folge von Hitzewallungen und Schlafstörungen sein – bis hin zur Depression. Meistens liegen dann zusätzliche psychosoziale Belastungen vor. „Hormontherapie nur bei großem Leidensdruck“ BARMER GEK: Aber wenn nur die vasomotorischen Beschwerden und die Scheidentrockenheit vom niedrigen Hormongrad herrühren – dann würde doch eine Hormontherapie auch nur bei diesen Beschwerden Besserung bringen? Beckermann: Genau das ist der derzeitige wissenschaftliche Kenntnisstand. Eine sehr seriöse Studie in England67 hat bewiesen: Die Anzahl der Hitzewallungen und Schweißausbrüche wird durch eine Östrogen- bzw. Östrogen-Gestagen-Hormontherapie zu 75% reduziert. Eine völlige Symptomfreiheit wird also auch hiermit nicht erzielt. Andererseits reduzierten sich in der Kontrollgruppe, die keine Hormone einnahm, die Hitzewallungen zu 58 % von allein. Also bei über der Hälfte der Frauen! Deshalb will ich es mal so ausdrücken: Eine Hormontherapie kann bei vasomotorischen Beschwerden angezeigt sein – sie ist aber nicht zwingend. Hier braucht die

Frau ausführliche ärztliche Beratung. Sie muss zum Beispiel erfahren, dass die Hitzewallungen meist phasenhaft verlaufen und eben auch von allein wieder verschwinden. Sie sollte auch wissen, was sie selbst zu einer Linderung der Symptome beitragen kann. Und sie braucht vor allem alle wichtigen Informationen über die Chancen und Risiken einer hormonellen Behandlung. Damit hat die Patientin dann mehrere Handlungsmöglichkeiten und fühlt sich den Symptomen schon nicht mehr so ausgeliefert. Das kann für die Frau nämlich das Schlimmste an den Hitzewallungen samt Folgen sein – dieses Gefühl der Überwältigung, des Kontrollverlustes über den eigenen Körper, der einfach macht, was er will. Und das in den unpassendsten Momenten! Letztlich bleibt also entscheidend, wie stark eine Frau darunter leidet. Hat sie einen sehr heftigen Leidensdruck durch Hitzewallungen, eventuell verbunden mit Schlafstörungen und Leistungsabfall, dann würde ich ihr sicher Hormone anbieten, damit sie nicht noch tiefer in die Krise gerät. Ich würde ihr allerdings eine so niedrige Hormondosis empfehlen, dass sie durchaus gelegentlich noch eine Wärmewallung verspürt. Aus meiner Sicht ist die völlige Symptomfreiheit gar nicht erstrebenswert, denn die Frau sollte das Abklingen der Hitze ja noch bemerken können.

BARMER GEK: Aber was ist, wenn eine Frau weniger unter der Hitzewallung, dafür aber unter hormonell bedingter Scheidentrockenheit leidet und dadurch sogar Schmerzen beim Geschlechtsverkehr hat? Beckermann: Diese Schmerzen sollten natürlich nicht sein. Wenn Gleitmittel wie zum Beispiel Olivenöl oder spezielle hormonfreie Präparate aus der Apotheke nicht helfen, kann die Patientin eine gering dosierte, vaginal verabreichte Hormontherapie mit Östriol, einem sehr schwachen Östrogen, nehmen.

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BARMER GEK: Aber gerät die Frau nicht in die nächste Falle, wenn ihr eine Hormontherapie empfohlen wird? Schließlich sind die Risiken im Hinblick auf Herzinfarkte, Schlaganfälle, Brustkrebs und Thrombosen mittlerweile bekannt und steigen mit der Einnahmedauer und Dosis sogar an. Beckermann: Sie sprechen hier wohl vor allem von der WHI-Studie, die ja auch enorm wichtig war! Wir Ärzte wurden nämlich noch vor zehn Jahren, also bis kurz vor Veröffentlichung der Forschungsergebnisse, wahnsinnig unter Druck gesetzt, den Frauen Hormone zu verschreiben – für die dauerhafte Jugend und gegen alle möglichen Wechseljahrbeschwerden. Dieser Druck auf uns ging von der Pharmaindustrie genauso aus wie von Medizinern, die von Hormonen beseelt waren. Die WHI-Studie und andere aussagekräftige Arbeiten haben diesen Trend zum Glück gestoppt.

26 %, in absoluten Zahlen sind das acht Erkrankte mehr auf 10.000 Frauen pro Jahr. Diese Zahl ist einerseits wirklich nicht hoch. Andere Medikamente – zum Beispiel Zytostatika bei Krebserkrankungen – haben zahlenmäßig viel höhere Risiken. Andererseits müssen Sie hier den harmlosen Anlass für die risikobehaftete Einnahme von Hormonen sehen: Die Frauen schwitzen einfach nur! Angesichts dieser Tatsache könnte man eine Hormontherapie und die damit verbundenen Risiken für überflüssig halten. Aber ich betone noch mal: Die aufsteigende Hitze belastet manche Frauen wirklich enorm und mindert ihre Lebensqualität deutlich. Deshalb hängt die Entscheidung für oder gegen eine Hormontherapie eben sehr vom subjektiven Leidensdruck jeder Patientin ab. Im Einzelfall kann eine Verordnung für eine kürzere Zeit und in geringer Dosis durchaus sinnvoll sein und die Frau trotzdem kaum gefährden.

BARMER GEK: Trotzdem ist die Studienlage mit ihren verwirrenden Zahlen für die einzelne Frau schwer zu bewerten, insbesondere, wenn sie keine Interpretationshilfe erhält. Nehmen wir als Beispiel eine Zahl aus der WHI-Studie. Einmal hört man, dass das Brustkrebsrisiko unter der Hormontherapie um 26% steigt, was wirklich gefährlich klingt. Eine andere Lesart dazu ist, dass unter der Hormoneinnahme im gleichen Zeitraum von 10.000 Frauen nur acht Frauen zusätzlich an Brustkrebs erkranken, als dies ohne Hormonvergabe der Fall ist. Acht Frauen mehr von insgesamt 10.000 – das klingt eher nach wenig Risiko. Können Sie hier Licht ins Dunkel bringen? Beckermann: Korrekt ist: Ohne Hormonvergabe erkranken laut WHI-Studie innerhalb von fünf Jahren 30 von 10.000 Frauen pro Jahr an Brustkrebs, mit Hormonvergabe 38 von 10.000 Frauen. Umgerechnet entspricht das einem gestiegenen Risiko von

„Bei konzentrierten Phytohormonen: Vorsicht aus Mangel an Beweisen“ BARMER GEK: Viele Frauen unterscheiden hier auch zwischen den synthetisch hergestellten Östrogenen und den sogenannten „natürlichen“, die aus Pflanzen gewonnen werden. Nehmen wir östrogenähnliche Isoflavon-Präparate etwa aus Soja oder Rotklee, auf die gern ausgewichen wird. Sind diese natürlichen Phytohormone harmlos? Beckermann: Das ist ein weitverbreiteter Irrglaube. „Natürliche“ oder „pflanzliche“ Hormone – das klingt nach „Natur“ und deshalb nach unbedenklich. Aber auch Präparate aus Phytohormonen sind Konzentrate und können deshalb unerwünschte Nebenwirkungen haben. Hier fehlen uns in der Regel gute wissenschaftliche Studien, in denen sowohl die Wirksamkeit als auch das langfristige Risiko hinreichend untersucht wurden.

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BARMER GEK: Aber es gibt doch eine ganze Reihe kleinerer wissenschaftlicher Arbeiten zu Phytohormonen … Beckermann: Das schon – aber die meisten besitzen keine wirkliche Beweiskraft, weil sich die Ergebnisse oft widersprechen und die Untersuchungen an zu wenigen Frauen über einen zu kurzen Zeitraum sowie nicht placebokontrolliert geführt wurden.

Beckermann: Aber nein, denn da sieht die Lage doch anders aus: Wem ein solcher Tee guttut, der kann ihn in Maßen unbedenklich trinken. Denn in Nahrungsmitteln ist die Hormonkonzentration so schwach, dass ein Risiko nicht zu befürchten ist. Meine Zurückhaltung bezieht sich bei den Phytohormonen ausschließlich auf die Einnahme von Konzentraten und Extrakten.

BARMER GEK: Sie sagen also: Vorsicht auch bei Phytohormonen … Beckermann: … zumindest, wenn sie als Extrakte, also in konzentrierter Form, eingenommen werden. Das gilt übrigens auch für Nahrungsergänzungsmittel, die ja auch Konzentrate sind. Ja, da sage ich aus Mangel an Beweisen: Vorsicht! Gerade bei Nahrungsergänzungsmitteln haben wir das Problem, dass sie längst nicht so gründlich geprüft werden müssen wie Medikamente, aber manchmal genau dieselben Inhaltsstoffe besitzen.

„Richtig und wichtig: entspannen, bewegen und gesund essen“

BARMER GEK: Da werden unsere Leserinnen, denen ein Tee aus Traubensilberkerze oder Rotklee immer gutgetan hat, jetzt aber verunsichert sein!

BARMER GEK: Unbedenklich sind sicher auch ganz allgemeine Empfehlungen für die Wechseljahren. Ich denke hier etwa an den Rat, sich bewusst Entspannung zu gönnen, Sport zu treiben, Freundschaften zu pflegen – und auch auf eine gesunde und ausgewogene Kost zu achten. Beckermann: Alle diese Maßnahmen sind richtig und wichtig! Frauen, die sich entspannen, ausreichend bewegen und gesund ernähren, haben nach meiner langjährigen Erfahrung deutlich weniger Probleme in den Wechseljahren. Und zwar sowohl körperlich als auch seelisch. Sie sollten diese Ratschläge aber nicht erst in den Wechseljahren beherzigen, sondern möglichst in jeder Lebensphase.

Dr. Maria J. Beckermann … … wirkt auch als 1. Vorsitzende im bundesweit tätigen Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF). Außerdem ist sie u.a. Beirätin der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatik in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Mitglied im Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) und in der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung, Hamburg. Zudem hat sich Dr. Maria J. Beckermann auch als Autorin von Fachbüchern und -aufsätzen einen Namen gemacht und bildet zusammen mit Kolleginnen junge Ärztinnen und Ärzte in der Psychosomatik aus.

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Gut vernetzt geht‘s doppelt leicht Die meisten Frauen in Deutschland erleben ihre Wechseljahre unspektakulär. Trotzdem empfinden sie gerade während der hormonellen Umstellung Verständnis und Unterstützung als wohltuend. Wen haben Sie an Ihrer Seite? Ärztinnen und Ärzte Normalerweise sehen Sie Ihre Frauenärztin bzw. Ihren Frauenarzt auch während Ihrer Wechseljahre wie gewohnt einmal jährlich bei der Vorsorgeuntersuchung. Dabei können Sie berichten, ob Sie Veränderungen an sich wahrgenommen haben und wie Sie damit zurechtkommen. Diese Informationen sind für Ihre Ärztin/Ihren Arzt wichtig. Ergreifen Sie jetzt auch die Gelegenheit, alle Fragen zu klären, die Ihnen auf dem Herzen liegen. Denn auch eine unregelmäßigere Blutung oder andere Symptome können verunsichern. Und Verunsicherung tut keiner Frau gut. „Veränderungen körperlicher Abläufe und auch ein verändertes Körpererleben sind im Klimakterium ganz normal“, betont die Frauenärztin Dr. Maria J. Beckermann gegenüber der BARMER GEK. „Oft möchten die Frauen einfach nur darüber sprechen. Das Gefühl, verstanden zu werden, braucht jeder Mensch, gerade in Zeiten der Verunsicherung. Die Bedeutung von hilfreichen Gesprächen wird leider oft unterschätzt – die Wirkung von Medikamenten dagegen zu oft überschätzt.“ Die meisten Frauen greifen bei Beschwerden ohnehin zunächst zu ihren eigenen Mitteln. Vielleicht ruhen sie sich etwas aus, nehmen ein Entspannungsbad oder trinken einen Tee. Erst wenn das nicht hilft, suchen sie ihre gynäkologische Praxis auf. „Dort werden sie

angehört, untersucht, bekommen Erklärungen, Empfehlungen – und vielleicht ein Rezept“, so Dr. Maria J. Beckermann. Bessern sich die Beschwerden dann zwei Tage nach Einnahme der Medikamente, sagen sie: „Prima, das Medikament hat geholfen.“ Dr. Beckermann bedauert, dass viele Frauen alles andere, was sie gegen ihre Beschwerden unternommen haben, gedanklich vernachlässigen. „Vor allem bedenken sie nicht den natürlichen Verlauf: Denn fast alle Beschwerden, die eine harmlose Ursache haben, verschwinden von alleine wieder − auch ohne Medikament. Aber wir alle sind leider so erzogen, dass wir jede Linderung nur auf Arzneimittel zurückführen. Diese Haltung ist mir gerade im Umgang mit der Hormontherapie oft begegnet.“

Ärztliche Einstellungen Vorweg möchte Ihnen die BARMER GEK Mut machen: Wenn Sie den Eindruck haben, Ihre Frauenärztin/Ihr Frauenarzt ■ nimmt Sie nicht ernst, ■ besitzt zu wenig Einfühlungsvermögen, ■ informiert Sie nicht hinreichend über ver schiedene Behandlungsoptionen und damit verbundene Risiken oder ■ widmet sich Ihren Anliegen nur im Vorbei gehen,

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dann sollten Sie sich einfach eine neue Frauenärztin/einen neuen Frauenarzt Ihres Vertrauens suchen. Erste Aufschlüsse über die ärztliche Einstellung kann hier die aktuelle Webseite einer Praxis geben. Noch im Jahre 2003 hatte eine Studie der Universität Bremen über den Internetauftritt von Gynäkologinnen/Gynäkologen68 gezeigt, wie dort entgegen aller Erkenntnisse die Risiken der Hormontherapie bagatellisiert wurden. Knapp die Hälfte der Praxen empfahl Östrogene sogar als AntiAging-Mittel. Studienleiterin Prof. Dr. Petra Kolip: „Das war erschreckend!“ Vergleichbare Ergebnisse förderte dann eine WIdO-Studie69 im Jahre 2005 in einer repräsentativen Befragung von Frauenärzten zutage: Rund 80% der Befragten sahen die Risiken einer Hormonbehandlung in den Wechseljahren als „überbewertet“ an, und über 50% meinten, dass dem Alterungsprozess der Frauen mit Hormonen entgegengewirkt werden sollte.

Die Familie Wen auch immer Sie zu Ihrer Familie zählen mögen – nutzen Sie jede Gelegenheit, sich unterstützen zu lassen. Dabei kann die Unterstützung sehr unterschiedliche Formen annehmen. Sie kann in ganz praktischer Hilfe bestehen, zum Beispiel eine neue Aufgabenverteilung. Sie kann Verstehen und Verständnis, vielleicht auch mehr Rücksichtnahme auf Sie bedeuten. Was auch immer Ihnen hilft – soweit es von anderen abhängig ist, wird es nicht vom Himmel fallen, sondern in erster Linie durch Gespräche entstehen. Sprechen Sie also mit Ihrem Partner offen darüber, wie es Ihnen geht und was Sie sich wünschen. Sprechen Sie gegebenenfalls auch mit Ihrem Kind/Ihren Kindern darüber, was Sie sich gern zumuten möchten, was Sie „unter Umständen“ tun würden – und was Sie nicht (oder nicht mehr) wollen.

� Im Prinzip gilt: Das bedeutet für Sie, liebe Leserin: Bleiben Sie weiter kritisch, und schauen und hören Sie genau hin!

Selbsthilfe Manche Frauen wünschen sich vor oder nach ihrer Menopause auch regelmäßigen Austausch mit anderen Frauen in vergleichbarer Lebensphase. Weil in der geschützten Runde einer Selbsthilfegruppe jedes Thema ohne Tabu angesprochen werden kann, entsteht auf diesem Wege oft mehr Gelassenheit, zudem kann man von den Erfahrungen und dem Wissen der anderen profitieren. Informieren Sie sich einfach bei Bedarf, ob es an Ihrem Wohnort eine Selbsthilfegruppe für Sie gibt.

Wenn Sie die anderen Familienmitglieder – insbesondere jene, mit denen Sie zusammenleben Ihre Bedürfnisse nicht erraten lassen, sondern darüber offen in Kenntnis setzen, können weder Fehlinterpretationen noch Verwirrung entstehen. Das wird Ihnen zugutekommen!

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Welche Frauenärztin/welcher Frauenarzt passt zur Lebensphase der Wechseljahre? Am besten aufgehoben sind Frauen in den Wechseljahren in einer ärztlichen Praxis, ■ in der alle Fragen geduldig, freundlich und verständlich beantwortet werden. Sollten Sie also vermehrten Gesprächsbedarf haben, so kündigen Sie das am besten schon bei der Terminvereinbarung an. Dann können die Sprechstundenhilfen diesen Wunsch bei der Vergabe entsprechend berücksichtigen.

in der viel Erfahrung mit der Lebensphase Wechseljahre anzutreffen ist. Einige Ärztinnen/Ärzte bieten inzwischen sogar spezielle Sprechstunden für Frauen im Klimakterium an. Hier wird sich Zeit für das Thema genommen. ■

■ in der nicht einseitig in Richtung Hormontherapie beraten wird – und schon gar nicht als Anti-Aging-Mittel.

■ in der gute Kenntnisse über Alternativen zur Hormontherapie bestehen. Dazu zählen u.a. Informationen über Naturheilmittel, Entspannungsübungen, Sport und Ernährung.





in der möglichst mit psychosomatischem Blick behandelt wird. Denn das körperliche und seelische Befinden einer Patientin steht gerade in den Wechseljahren in engem Zusammenspiel. Die Ärztin/der Arzt sollte also auch wissen, dass zum Beispiel Depressionen nicht hormonell bedingt sind, aber auch in den Wechseljahren auftreten können und gegebenenfalls therapeutischer Maßnahmen bedürfen. Übersteigt die Abklärung die frauenärztliche Kompetenz, so sollte eine weitere Therapeutin/ein weiterer Therapeut hinzugezogen werden.

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Freundinnen und Freunde Gute soziale Kontakte und gemeinsame Unternehmungen im Freundeskreis sind in jeder Lebenszeit wichtig − und in sensiblen Umbruchphasen besonders. Eine besondere Rolle spielen während der Wechseljahre einer Frau ihre Freundinnen. Mit einer Freundin lässt es sich meist einfach gut reden. Da ist gewachsene oder auch neue Vertrautheit von Frau zu Frau – und damit gleich doppelte Erfahrung aus unterschiedlicher Perspektive. Mit einer Freundin kann man auch Rotz und Wasser heulen,

bis die Wimperntusche verläuft, oder kichern wie ein paar Teenies, bis das Zwerchfell vor lauter Lachen schmerzt. Da kann es auch Verstehen ohne Worte geben – es reicht ein Blick, und schon bekommt man liebevoll ein paar dicke Socken über die Füße gestreift und ein Glas Tee vorgesetzt. Nutzen Sie auch solche Freundschaften, um sich aus möglichen Verwicklungen in Zusammenhang mit den Wechseljahren zu „entwickeln“!

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Lesenswert Wechseljahre allgemein

Feministisches FrauenGesundheitsZentrum (Hg):

Dr. med. Christiane Northrup: Weisheit der Wechseljahre. Selbstheilung, Veränderung und Neuanfang in der zweiten Lebenshälfte. Goldmann Verlag 2010, 14,95 Euro

Wechseljahre. Praktische Begleitung für diese Lebensphase. Feministisches FrauenGesundheitsZentrum 2009, 7,00 Euro zzgl. Versand www.ffgz.de

Lustvoll durch die Wechseljahre. Goldmann Verlag 2011, 7,99 Euro

Marion Kiechle, Vanadin Seifert-Klauss, Bernd Neumann:

Annette Bopp:

Wechseljahre als Chance. Knaur Verlag 2003, 14,90 Euro

Wechseljahre – Den eigenen Weg finden. Verlag Stiftung Warentest 2010, 16,90 Euro

Mimi Szyper, Catherine Markstein:

Roswitha Stemmer-Beer:

Gestern jung und morgen schön. Orlanda Frauenverlag 2010, 17,90 Euro

Abenteuer Lebensmitte – Frauen im Wirbel der Lebensjahre. Centaurus Verlag 2005, 16,90 Euro

Bartholomäus Maris: Wechseljahre der Frau: Die Kunst der Reifung im Zeitalter der Hormonbehandlung. Verlag Gesundheitspflege Initiativ 2010, 12,00 Euro

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Entspannung

Erich Punz:

Dietmar Ohm:

Meine Lust zur Bewegung – Trainingsbuch zur Mobilisierung des Körpers. Wagner Verlag 2010, 14,80 Euro

Stressfrei durch Progressive Relaxation - Mehr Gelassenheit durch Tiefmuskelentspannung nach Jacobson. (Buch und CD) Trias Verlag 2011, 14,95 Euro

Ernährung

Claus Derra:

Antonie Danz:

Stress lass nach! Autogenes Training für Einsteiger. (CD) Trias Verlag 2009, 14,95 Euro

Alles wird schwerer: Ich nicht! Die genussvolle Ernährung für Frauen ab 40. Trias Verlag 2010, 14,95 Euro

Henrik Brandt:

Gerald Wüchner:

Die Power-Pause – Autogenes Training für zwischendurch. (CD) Lüchow Verlag 2007, 14,95 Euro

Mediterrane Küche – eine Chance für die Zukunft. Deutsche Herzstiftung (Hrsg.), 20,00 Euro zzgl. 3,80 Euro Versand, www.herzstiftung.de/ kochbuch-mediterrane-kueche.html

Jon Kabat-Zinn: Achtsamkeit für Anfänger. (Buch und CD) Arbor Verlag 2009, 19,90 Euro

Naturheilkunde Gaby Brecht: Yoga für Frauen in der Lebensmitte. Moderne Verlagsgesellschaft 2008, 15,90 Euro

Rina Nissim: Wechseljahre Wechselzeit. Ein naturheilkundliches Handbuch. Orlanda Frauenverlag 2008, 15,90 Euro

Bewegung Gerda Hellmann: Uta Engels: Sport für Neu- und Wiedereinsteiger ab 50. Limpert Verlag 2006, 16,95 Euro

Wechseljahre – Mit Naturheilkunde fit und gesund. Aurelia Verlag 2003, 12,90 Euro

Gabriele Blank:

Tees und Kräuter

Aus der Mitte entspringt eine Quelle – Tanzend in die besten Jahre. Moderne Verlagsgesellschaft 2008, 15,90 Euro

Heide Fischer:

Rosi Mittermaier, Christian Neureuther, Bernd Wolfrath: Die Heilkraft des Sports. Mit Spaß und Freude mehr Gesundheit (mit Omron-Schrittzähler). Nymphenburger Verlag 2008, 9,99 Euro

Frauenheilpflanzen – Wirkungen, Hausmittel und praktische Selbsthilfetipps. Nymphenburger Verlag 2006, 19,90 Euro

Anda Dinhopl: Frauenkräuter – Handbuch für Frauen. Milena Verlag 2007, 17,90 Euro

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Älterwerden allgemein

Vergnügliches

Ernst Pöppel, Beatrice Wagner:

Nora Ephron:

Je älter, desto besser – Überraschende Erkenntnisse aus der Hirnforschung. Gräfe & Unzer Verlag 2010, 19,90 Euro

Der Hals lügt nie – Mein Leben als Frau in den besten Jahren. Blanvalet Verlag 2009, 7,95 Euro

Renate Daimler:

Susanne Fröhlich:

Lust auf 50 – Frauen am Wendepunkt. Pieper Verlag 2010, 9,95 Euro

Lackschaden. Krüger Verlag 2012, 16,99 Euro

Petra Gerster:

Marianne Sägebrecht:

Reifeprüfung - Die Frau von 50 Jahren. Rowohlt Verlag 2007, 19,90 Euro

Auf ein prima Klimakterium! Meine Ratschläge für das reife Weibsbild von heute. Nymphenburger Verlag 2012, 19,99 Euro

Margot Käßmann: In der Mitte des Lebens. Herder Verlag 2009, 16,95 Euro

Sabine Latz: Kann man Hormone überlisten? Dortmund-Verlag 2011, 9,80 Euro

Beziehungen Christiane Lutz: Ich krieg die Krise – Pubertät trifft Wechseljahre. Verlag opus magnum 2009, 15,00 Euro

BARMER GEK Broschüren zu bestellen über www.barmer-gek.de/104266 oder Ihre Geschäftsstelle Ich tu was für mich Informationen für Frauen mit Harninkontinenz.

Theo Schoenaker: Wenn die Kinder aus dem Hause sind und der Hund gestorben ist - Lebendige Partnerschaft im Alter. Rdi-Verlag 2008, 12,90 Euro

Brustkrebs Früherkennung Informationen zur Mammografie

Depressionen Erkennen. Verstehen. Behandeln.

Peter Fröhlich: Meine Alte spinnt. Paare über 50 – aus Männersicht. Verlag Schardt 2011, 12,80 Euro

Osteoporose verstehen Knochenbrüche vorbeugen Einfach. Schnell. Köstlich. Die besten Rezepte mit Genuss-Garantie

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Quellenverzeichnis 1, 2, 60, 62

www.frauenaerzte-im-netz.de

3 Alison J. Huang: Sexual Function and Aging in Racially and Ethnically Diverse Women. In: Journal of the American Geriatrics Society, August 2009.

Veronika Eberhart, Diplomarbeit: Qual der Wahl – Spannungen zwischen Subjekt und biomedizinischem Diskurs im Kontext der Wechseljahre. Wien 2009.

4

Dr. Helenefriederike Stelzner: Gefährdete Jahre im Geschlechtsleben des Weibes. J.F. Lehmanns Verlag, München 1931.

5, 10, 13

Prof. Dr. med. Heinrich Martius: Das kleine Frauenhandbuch. Goldmann Verlag, München 1965. 7, 11,

Prof. Dr. Hans Hermann Schmid: Die Wechseljahre der Frau. VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1956.

31 Suzanne Ruelland: Jugend – Reife − Alter. Vom Status der Tupuri-Frauen (Tschad). In: Godula Kosack/Ulrike Krasfeld (Hrsg.): Regel-lose Frauen. Wechseljahre im Kulturvergleich. Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus 2002. 34 Uta Andrea Reich, Dissertation: Vergleich des Meinungsbildes von deutschen Frauen, türkeistämmigen und koreanischen Migrantinnen zu Wechseljahren und Hormonersatztherapie vor und nach der Veröffentlichung der WHI-Studie 2003. Medizinische Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin 2010. 35 Prof. Dr. Rohini Kuner: Schmerz: Jekyll und Hyde. In: TENGO 1.2008. 36

Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

39

„ZEIT“ vom 25.2.1966.

8

Kristine Kurth: Die verflixten Wechseljahre … und wie man sie bewältigt. Herder Verlag, Freiburg 1986. 9, 16,

12 Waltraud Buchmann: Wechseljahre – kritische Jahre? VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1973. 14 Prof. Dr. Hans Hermann Schmid: Die Wechseljahre der Frau. VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1956.

Robert A. Wilson: Die vollkommene Frau. Keine kritischen Jahre mehr – ein Geschenk der Wissenschaft. Kindler Verlag, München 1968. 40

41 Adriane Fugh-Berman A, Anthony R. Scialli AR (2006): Gynecologists and estrogen: an affair of the heart. Perspect Biol Med 49. 42

Presseerklärung vom 2.9.2002, zitiert nach Arznei Telegramm 10/2002.

Deutsches Ärzteblatt 2010, 107(38).

26

27 Prof. Dr. Petra Kolip: Was ist dran an den Wechseljahren? In: Wechseljahre multidisziplinär. Was wollen Frauen – was brauchen Frauen? BARMER GEK Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 28, Bremen/Schwäbisch Gmünd 2004. 28 Prof. Dr. Ingrid Kowalcek: Kulturspezifische kognitive Konzepte über die Menopause. In: Journal für Menopause 10/2003.

Margaret M. Lock: Encounters with Aging – Mythologes of Menopause in Japan and North America. Univerity of California Press, Berkley/Los Angeles 1993. 29

30 Christine Binder-Fritz: Wechseljahre und Altern bei Maori-Frauen in Aotearoa/Neuseeland. In: Godula Kosack/Ulrike Krasfeld (Hrsg.): Regel-lose Frauen. Wechseljahre im Kulturvergleich. Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus 2002.

Heart and Estrogen/Progestin Replacement Study, JAMA 1998. 43

44 Writing Group for the Women’s Health Initiative Randomized Controlled Trial W. Risks and Benefits of Estrogen Plus Progestin in Healthy Postmenopausal Women. JAMA 2002. 45 Konjugierte equine Östrogene (CEE) und MedroxyProgesteron-Azetat. 47 Greiser CM, Greiser EM, Dören M: Menopausal hormone therapy and risk of ovarian cancer: systematic review and meta-analysis. Hum Reprod Update 2007; 13 (5): 453-463. Epub 2007 Jun 15. Review. 48 The lancet, 20.9.2009: Oestrogen plus progestin and lung cancer in postmenopausal women (Women‘s Health Initiative trial): a post-hoc analysis of a randomised controlled trial.

47

49 Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Hormontherapie bei (post-)menopausalen Frauen in Deutschland 2007. Studienergebnisse zu Nutzen, Risiken und Versorgungsrealität.

61 M. Reuss-Borst et al.: Wie ernähren sich Frauen mit Brustkrebs in Deutschland? In: DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2011; 136 (12), Georg Thieme Verlag, Stuttgart.

50 Prof. Dr. Martina Dören,Prof. Dr. Erika Baum: Erkenntnisse und Empfehlungen zur postmenopausalen Hormontherapie. Kernaussagen der Interdisziplinären S3-Leitlinie Hormontherapie (HT) in der Peri- und Postmenopause. http://onlinezfa.de/article/erkenntnisse-und-empfehlungenzur-postmenopausalen-hormontherapie/leitlinieguideline/2010/06/1090.

63 Holt-Lunstad J, Smith TB, Layton JB (2010): Social Relationships and Mortality Risk: A Meta-analytic Review. PLoS Med 7(7): e1000316. doi:10.1371/journal. pmed.1000316.

51 Million Women Study Collaborators: Breast cancer and hormone replacement therapy in the Million Women Study. In: The Lancet 2003. 52

65 Beate Schultz-Zehden: Körpererleben im Klimakterium. Profil Verlag München, Wien 1997.

www.uke.de/extern/marie/ergebnisse.html

Gesundheitliche Lebensqualität und psychisches Befinden nach Absetzen der Hormontherapie in der Menopause – Eine randomisierte placebokontrollierte Studie. Studienleitung: Prof. Dr. Ursula Härtel MPH, Humanwissenschaftliches Zentrum der LudwigMaximilian-Universität München. 53

54 Dog TL, Powell KL, Weisman SM: Critical evaluation of the safety of cimicifuga racemosa in menopause symptom relief. In: Menopause 2003;10(4). 55 EMEA: Public Statement on Herbal Medicinal Products Containing Cimicifugae Racemosae Rhizoma, 18. Juli 2006. 56 Regina Stolzenberg, Christina Sachse: Hormongaben vor, während und nach den Wechseljahren: Soziale Faktoren und Alternativen. Expertise für die Enquetekommission „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in Nordrhein-Westfalen“, 2004. 57 Stellungnahme vom 3. April 2007: „Isolierte Isoflavone sind nicht ohne Risiko“. 58 Krebs E, Ensrud K, MacDonald R, Wilt T: Phytooestrogens for treatment of menopausal symptoms: a systemativ review. In: Obstet Gynecol 2004;104. 59

64 Schumann, C., Beckermann, M., v. Bodelschwingh, F., Dorsch, V., Lehmann, C., Möller, I., Tormann, D., Wirth, A.: Es hat an nichts gefehlt – Wechseljahre 2010 in der psychosomatischen Praxis. In: Der Frauenarzt, 2011;52(12).

SWAN-Studie, siehe http://www.swanstudy.org/

66 Nelson H, Haney E, Humphrey L, et al. (2005): Management of Menopause-Related Symptoms. Evidence Report/Technology Assessment No. 120. (Prepared by the Oregon Evidence-based Practice Center, under Contract No. 290-02-0024). AHRQ Publication No. 05-E016-2. Rockville, MD: Agency for Healthcare Research and Quality. 67 MacLennan A, Broadbent JL, Lester S, Morre V: Oral oestrogen and combined oestrogen/progestogen therapy versus placebo for hot flushes. The Cochrane Database of Systematic Reviews 2004 (Review 2004 Issue 4 John Wiley & Sons, Ltd Chichester UK). 68 Prof. Dr. Petra Kolip, Jens Bucksch, Bernhilde Deitermann: Websites wider besseres Wissen. Bericht über die Studie „Hormontherapie in den Wechseljahren – Analyse der Webseiten von Gynäkologinnen und Gynäkologen zum Thema Wechseljahre/Hormontherapie“, Zentrum für Public Health der Universität Bremen im Auftrag des WIdO. In: Gesundheit und Gesellschaft 12/2003. 69 Klauber, J., Mühlbauer, B., Schmacke, N., Zawinell, A.: Wechseljahre in der Hormontherapie. Informationsquellen und ärztliche Einstellungen in der Praxis. Bonn 2005. 70 Presseinformation des WIdO vom 7. Juli 2005: Frauenärzte unterschätzen Gesundheitsrisiko.

60165 0912

Wechseljahre bezeichnen den körperlichen, seelischen und geistigen Übergang von einer Lebensphase in die nächste. Diesen Übergang möchten fortgeschrittene Frauen bewusst und individuell gestalten. Etwa mit mehr aktiven Pausen, einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein, guter Bindung zu anderen Menschen, Lust auf Bewegung und gesunder Ernährung, neuen Interessen und einem feinen Navigationssystem für den besten persönlichen Weg. Dabei helfen auch Informationen, Erfahrungen und manchmal ein ärztlicher Rat. Mit dieser Ausrüstung, die Ihnen auch diese Broschüre näherbringen möchte, können Sie Ihrer Entwicklung gelassen entgegensehen.

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