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January 17, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Schreiben, Grammatik
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An die Nachgeborenen von Bertolt Brecht in niederländischer Übersetzung – eine komparative Analyse

Magisterarbeit von Jaap Winsemius 21. August 2005 Betreuer: Dr. Cees Koster Prof. Dr. Ton Naaijkens

Universiteit Utrecht Faculteit der Letteren Duitse taal en cultuur

Inhaltsverzeichnis

Seite

Einleitung

3

I

Das Verfahren

6

II

Die Fallstudie

9

II.1 Allgemeine Informationen zum Quelltext

10

A. Smit A.1 Hintergrund-Informationen A.2 Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext A.3 Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext A.4 Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext A.5 Schlußfolgerung Smit

12 15 18 24 25 47

B. Van den Bremt B.1 Hintergrund-Informationen B.2 Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext B.3 Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext B.4 Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext B.5 Schlußfolgerung Van den Bremt

49 52 58 64 65 84

C. Gielkens & Naaijkens C.1 Hintergrund-Informationen C.2 Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext C.3 Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext C.4 Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext C.5 Schlußfolgerung Gielkens & Naaijkens

85 88 91 97 98 112

D. Van Istendael, Stassijns und De Vin D.1 Hintergrund-Informationen D.2 Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext D.3 Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext D.4 Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext D.5 Schlußfolgerung Van Istendael, Stassijns und De Vin

113 116 120 126 127 141

E. Droogenbroodt E.1 Hintergrund-Informationen E.2 Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext E.3 Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext E.4 Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext E.5 Schlußfolgerung Droogenbroodt

142 145 147 153 154 167

F. Mooij F.1 Hintergrund-Informationen F.2 Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext F.3 Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext F.4 Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext F.5 Schlußfolgerung Mooij

168 171 173 179 180 191

III

Abschließende Bemerkungen

192

IV

Literaturverzeichnis

199

2

Einleitung Diese Arbeit stellt den Abschluß des Studiums „Duitse taal en cultuur“ an der Universiteit Utrecht dar. Sie bewegt sich in einem übersetzungswissenschaftlichen Rahmen; im Sinne von Holmes’ Schema ist sie deskriptiv und produkt-orientiert, laut Van Leuven-Zwart ist sie Teil der theoriebildenden Übersetzungswissenschaft.

Ursprünglich bestand die Arbeit darin, im Rahmen des Brecht-Jahres 1998 möglichst viele niederländischsprachige Übersetzungen von Brecht-Gedichten aufzuspüren und zu katalogisieren. Die Suche fand in Bibliotheken und Archiven statt und umfasste Anthologien, Zeitschriften, Zeitungen usw. Sie führte zwar zu einem Aufsatz (Naaijkens 1998), aber trug an jenem Moment nicht zu einer Forschung meinerseits bei. Dabei stellte sich aber heraus, daß das Gedicht An die Nachgeborenen eine besondere Rolle innerhalb des Korpus spielte; es wurde sechs mal übersetzt, während der überwiegende Teil der anderen Gedichte nur ein bis zwei mal übersetzt wurde. Somit ist diese Fallstudie im Vokabular der Göttinger Gruppe eine „comet’s tail study“: Gegenstand sind verschiedene Übersetzungen eines einzelnen Quelltextes. „Small corpora are extracted from large corpora“, wie Pym es lapidar ausdrückt (1998: S. 56); das ursprüngliche Korpus – alle Brecht-Gedichte in niederländischer Übersetzung – wurde reduziert auf ein kleineres Korpus – alle Versionen von An die Nachgeborenen in niederländischer Übersetzung. Wahrscheinlich existieren noch mehr Versionen von anderen Übersetzern, aber eine noch intensivere Recherche hätte den Rahmen gesprengt. Pym vergleicht die Zusammenstellung eines Korpus mit der Suche nach Gold: „At each stage in a prospecting operation, the cost of compiling information has to be related to the probable value of the result.“ (1998: S. 50). In diesem Sinne müsste das ausgewählte Korpus ausreichen, um sinnvolle Aussagen zu machen.

Naaijkens gibt eine Übersicht aus historischer und Rezeptions-Sicht über Brecht-Gedichte in niederländischer Übersetzung. Sein Fazit ist, daß die Rezeption des Dichters Brecht im niederländischen Sprachraum bis 1998 „slechts schoorvoetend, sporadisch en in de marge plaatsvindt.“ (1998: S. 231). Im Brecht-Jahr 1998 änderte sich die Rezeption jedoch stark. Es

3

erschienen vier Anthologien, die ausschließlich übersetzter Brecht-Lyik gewidmet waren – Vergleichbares war vorher noch nicht passiert:

-

Een engel verleid je niet – Twintig liefdesgedichten (zusammengestellt von Gerda Meijerink)

-

Zoals de wolk na de regen – Wie die Wolke nach dem Regen (zusammengestellt von Germain Droogenbroodt)

-

Over de aardse liefde en meer – uit een leven vol gedichten en verzen (zusammengestellt von Martin Mooij)

-

De mooiste van Brecht (zusammengestellt von Koen Stassijns und Ivo van Strijtem)

Die drei letzten Anthologien aus der Reihe enthalten wiederum eine Übersetzung von An die Nachgeborenen.

Das Gedicht nimmt was die Übersetzungshäufigkeit anbelangt eine Sonderstellung ein und ist somit rezeptionshistorisch ein interessanter Fall. Gegenstand dieser Arbeit sind die sechs unterschiedlichen Übersetzungen eines einzelnen Gedichtes. Viele Fragen stellen sich: Wie haben die Übersetzer das Gedicht interpretiert? Und wie haben sie diese Interpretation umgesetzt? Welche Unterschiede gibt es zwischen den Zieltexten? Dies führt unumgänglich zu methodologischen Fragen der Übersetzungswissenschaft: Wie geht man vor, wenn man Übersetzungen beschreiben möchte? Wie vergleicht man Übersetzungen miteinander und mit dem Quelltext? Welche Rolle können übersetzungshistorische Informationen und außertextliche Faktoren in einer vergleichenden Analyse spielen? Für Pym ist die Frage nach dem „warum“ die Hauptfrage, die die Übersetzungsgeschichte zu beantworten hat (1998: S. IX). Koster wirft Pym jedoch vor, er weise zur konkreten Beschreibung und Vergleich von Übersetzungen auf existierende Methoden hin, während es bisher keine methodologisch fundierte und praktikable Modelle gäbe. (2000: S. 235) Der Schlüssel zu diesem Problem sollte nach dem vorherrschenden zieltext-orientierten Paradigma in den Übersetzungen selbst zu finden sein. So stellte sich eine in gewisser Weise engere, aber dennoch vielumfassende Frage: Wie wurde das Gedicht übersetzt? Und da es sich um sechs Zieltexte handelt, tritt automatisch die Frage nach Unterschieden und Übereinstimmungen hervor. Beide Fragen, die nach der Beschreibung und dem Vergleich, erfordern zunächst eine strukturierte und systematische Herangehensweise. Die ersten 4

Übersetzungswissenschaftler, die sich in der deskriptiven Forschung von der vorhergehenden normativen Ausrichtung verabschiedeten, und nach intersubjektiven Methode suchten, waren Holmes (1988), Toury (1980/1995) und Van Leuven-Zwart (1984). Das „armamentarium“, daß Cees Koster in seiner Dissertation From World to World präsentiert, bietet ein konkretes beschreibendes und komparatistisches Modell. Die vorliegende Arbeit ist eine Analyse des Brecht-Gedichts An die Nachgeborenen und der sechs niederländischen Zieltexte unter Anwendung dieses Modells. In der einschlägigen Literatur wurde das Modell kritisch rezipiert. Delabastita schreibt: „(…) the descriptive model which results from Koster’s sustained effort is undoubtedly workable up to point. However, in the final analysis it fails to overcome the problem of the provisional and subjective nature of interpretation.“ (2001: S. 104f.) Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Zunächst wird das Verfahren erläutert, im Anschluß findet die tatsächliche Analyse statt und als Abschluß werden Schlußfolgerungen gezogen.

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I

Das Verfahren

Im Holmes’ Unterteilung des Fachgebiets der Übersetzungswissenschaft ist die Methode Kosters auf der Grundlagen-Seite positioniert; sie entspricht außerdem den Kriterien der beschreibenden und produktorientierten Übersetzungswissenschaft (Holmes 1994: S. 67-80). Van Leuven-Zwart befürwortet mehr Dynamik in der Beziehung zwischen theoretischer und deskriptiver Forschung und schlägt den Begriff der „theoriebildenden“ Übersetzungswissenschaft vor. Laut Van Leuven-Zwart sollte nicht nur die Rede sein von einem „voortdurend contact, maar vooral ook van een voortdurende wisselwerking tussen de beide gebieden van het ‚tot licht strekkende’ vertaalonderzoek“ (1992: S. 63). Ein Teil dieser Forschung sei die Theorie und Beschreibung des Übersetzungsprodukts. Die theoretisch und methodologisch eingehend untermauerte Methode Kosters ist nun in diese Sparte einzureihen. Im Folgenden wird der methodologische Hintergrund von Kosters Verfahren erläutert.

Kosters Anliegen ist die Entwicklung eines Instrumentariums und eines Verfahrens zur komparativen Beschreibung von lyrischen Texten und den dazugehörenden Übersetzungen. Mit der Anwendung des Instrumentariums kann der Forscher die so genannte übersetzerische Interpretation herausarbeiten –diese Interpretation des Quelltextes kann er mittels eines Vergleichs mit dem Zieltext erstellen. Dabei wird die Übersetzung als hybrider Gegenstand betrachtet: sie ist sowohl ein eigenständiger Text, der innerhalb seines kulturellen Umfelds ähnlich wie andere Texte in diesem Umfeld funktioniert, als auch eine Repräsentation oder Reproduktion eines anderen Textes, der nicht in diesem Umfeld funktioniert. Die Unterschiede, die ein wesentlicher Teil des Konzepts Übersetzung sind, stellen im Modell Lösungen zur Überbrückung der unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Systeme dar. Für die Unterschiede zwischen Übersetzungen wird im Verfahren der Begriff „Verschiebung“ benutzt. Die übersetzerische Interpretation ist implizit im Zieltext enthalten; das Verfahren bietet eine praktische Lösung, mit der man die Rolle des interpretierenden Übersetzers herausarbeiten kann. Der Übersetzer ist zunächst nur indirekt im Text anwesend. Als textuelle Instanz ist er aber unmittelbar in den Unterschieden zwischen Quell- und Zieltext, den Verschiebungen, enthalten. Dementsprechend ist die textuelle Präsenz des Übersetzers kein eigenständiges Merkmal eines Textes, sondern das Ergebnis einer komparativen Analyse. Andere Elemente

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aus der extratextuellen Welt, wie die historische und kulturelle Kontextualisierung, sind im Verfahren nicht formalisiert. Sie sind zunächst als Hintergrund-Informationen vorgesehen, die aus der Situation heraus analysiert werden können. Diese Analyse findet vor dem eigentlichen Vergleich statt. Die Ergebnisse der Analyse können nachher bei einer eventuellen historischen oder kulturellen Erklärung der übersetzerischen Interpretation herangezogen werden. Ein zentraler Begriff im Modell ist die „Textwelt“. Dieses Konzept ist nicht mimetisch oder referentiell belegt – es verweist nicht auf eine existierende Realität, sondern ist eine Repräsentation einer autonomen, fiktionalen Welt. Diese fiktionale Welt wird vom Leser konstruiert aus den textuellen Daten eines Gedichtes und stellt einen möglichen Kontext zum Text dar; das Gedicht erhält somit eine gewisse semantische und pragmatische Kohärenz. Eine Übersetzung ist eine spezifische Rekontextualisierung eines Quelltextes und die übersetzerische Interpretation kann durch Feststellung der Verschiebungen zwischen der Zieltextwelt und der Quelltextwelt hergeleitet werden. Die Textwelt ist ein latentes Konstrukt, das einer textuellen Aktivität zuzuordnen ist. Unterschiede zwischen Textwelten sind demnach das Ergebnis von Verschiebungen auf der textuellen Ebene. Die übersetzerische Interpretation ist nun zugänglich, indem diejenigen textuellen Verschiebungen beschrieben und analysiert werden, die das Ergebnis eines Vergleich von Quell- und Zieltext sind. Das Modell beschreibt mehrere Arten der Verschiebung. Erstens gibt es die Kategorie der individuellen Verschiebungen, die den Entscheidungen des Übersetzers zugeordnet werden können. Zweitens gibt es konstitutive Verschiebungen, die dem Unterschied der (linguistischen, textuellen oder kulturellen) Systeme zugeschrieben werden können. Bei der Feststellung der Verschiebungen wird pragmatisch vorgegangen: die Zielsetzung des Verfahrens wird hervorgehoben. Deswegen sind oben genannte Verschiebungen den nachfolgenden Verschiebungen untergeordnet. Formelle Verschiebungen rühren von den Unterschieden zwischen den jeweiligen Sprachen, poetischen Systemen oder Stilen her. Verschiebungen dieser Art auf mikrostruktureller Ebene haben keinen oder lediglich einen geringen Einfluss auf die makrostrukturelle Ebene. Sie beeinflussen die Realisierung der Textwelt nicht und brauchen deswegen nicht bei der Feststellung der übersetzerischen Interpretation berücksichtigt zu werden. Substantielle Verschiebungen können den expressiven Neigungen des Übersetzers und dessen subjektivem Idiolekt zugeordnet werden. Verschiebungen dieser Sorte auf mikrostruktureller Ebene haben einen klaren Einfluss auf makrostruktureller Ebene. Sie bestimmen die Realisierung der Textwelt und müssen dementsprechend bei der Feststellung der übersetzerischen Interpretation einbezogen werden. 7

Die Methode Kosters macht beim Vergleich Gebrauch von einem Repertorium der zu vergleichenden Elemente, das a priori bestimmt wurde. Es ist auch möglich, Texte mittels einer von Fall zu Fall unterschiedlichen Analyse zu vergleichen. Das vorliegende Modell ist dementsprechend einfacher anzuwenden. Das Repertorium zielt darauf ab, die übersetzerische Interpretation unter Anwendung des Begriffes Textwelt herzuleiten. Es umfasst Ebenen, die bei der Beschreibung und dem Vergleich von lyrischen Textwelten sachdienlich sein können: die traditionelle Ebenen der linguistischen und textuellen Analyse (Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexis, Semantik und Pragmatik), die gattungsspezifische Ebene der Prosodie und die literarisch relevanten Ebenen des rhetorischen Sprachgebrauchs und der Intertextualität. Die Ausrichtung des Modells ist sowohl „bottom-up“ als „top-down“ und kann als zirkulär bezeichnet werden. Zunächst wird die makrostrukturelle Ebene analysiert, danach findet eine Analyse der mikrostrukturellen Ebene statt und daraufhin wird die makrostrukturelle Ebene wieder einbezogen. Das „semantisch-pragmatische Skelett“ des Zieltexts ist der erste formalisierte Schritt im Verfahren. Dabei werden die Subjekte und Objekte der Textwelt identifiziert, deren räumliche und zeitliche Position festgestellt, und das deiktische Zentrum des Diskurses identifiziert. Im nächsten Schritt wird untersucht, ob das semantisch-pragmatische Skelett auch für den Quelltext zutrifft. Der dritte Schritt befasst sich mit der Analyse der syntaktischen und lexikalischen Ebenen. Die Listen des Ziel- und Quelltexts, die das Ergebnis der verschiedenen Analyse-Vorgänge sind, werden jetzt verglichen. Dabei wird festgestellt, inwieweit eventuell festgestellte Verschiebungen die Realisierung der Textwelt beeinflussen. Weiterhin wird erforscht, was die Folgen von eventuellen Verschiebungen für die Realisierung der Textwelt des Zieltextes im Vergleich zur Textwelt des Quelltexts sind. Diese Folgen bedingen die übersetzerische Interpretation, also die Interpretation des Quelltextes, die dem Zieltext zugrunde liegt. Die übersetzerische Interpretation kann historisch oder kulturell erklärt werden unter Zuhilfenahme der Hintergrund-Informationen aus der vorbereitenden Phase.

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II

Die Fallstudie

9

II.1 Allgemeine Informationen zum Quelltext Die Erstausgabe des Gedichtes An die Nachgeborenen erschien als Schlußtext der Sammlung Svendborger Gedichte 1939 im Malik-Verlag. Der Malik-Verlag, unter Leitung von Wieland Herzfelde, befand sich zunächst Berlin, nach der Machtergreifung Hitlers ist der Verlagssitz Prag und später London. Spezialgebiet des Hauses ist die Verbreitung sozialistischer und kommunistischer Literatur. Im Verlag erscheinen ab 1934 die Gesammelte Werke Brechts – die Svendborger Gedichte waren ein Vordruck aus Band IV, dem letzten geplanten Band, jedoch sind letztendlich in dieser Ausgabe nur Band I und II erschienen. Zur Geschichte des Buches schreibt Esslin: „Eine kleine Anzahl von Exemplaren eines Vorabdrucks aus dem vierten Band, den Gedichten, erschien 1939 in Dänemark (obwohl hier ebenfalls London als Verlagsort auf der Titelseite angegeben ist) als Svendborger Gedichte. Der größte Teil dieser Auflage fiel nach der deutschen Besetzung Dänemarks in die Hände der Nazis (…)“ (1970: S. 101). Svendborg ist der dänische Küstenort, in dem Bertolt Brecht (1898-1956) sich zwischen 1933 und 1939 aufhielt. Hier besuchte ihn Walter Benjamin, der ein Kommentar zu sieben der Svendborger Gedichte schrieb.

Kurz vor Brechts Tod begann der Suhrkamp Verlag mit der Herausgabe des Gesamtwerks Brechts. Laut Esslin wurde diese Ausgabe „im Laufe ihres Erscheinens allerdings heftig kritisiert, da sowohl ihre Anordnung unübersichtlich war und sie zudem auch große und schwer verständlich Lücken aufwies“ (1970: S. 346). Eine neue Gesamtausgabe erschien 1967; Esslin zufolge enthalte auch sie noch verschiedene Lücken (ebd.)

Die untenstehende Tabelle zeigt, welchen Text die Übersetzer als Quelle angegeben haben:

Smit 1975

kein Quelltext angegeben

Van den Bremt 1982

Gesammelte Werke, Bd. 9, Suhrkamp 1967 (Werkausgabe in 20 Bänden)

Gielkens und Naaijkens 1984

Gesammelte Werke, Bd. 4, Suhrkamp 1967 (Dünndruckausgabe in 8 Bänden)

Van Istendael, Stassijns und De Vin 1998

Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 12

10

Droogenbroodt 1998

Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 12

Mooij 1998

Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 12

Fig. 1: Quelltextangaben

Alle Suhrkamp-Ausgaben, die zwischen im Zeitraum von 1967 bis 1988 erschienen sind, sind seitengleich; deswegen kann man die Quelltexte, die Van den Bremt und Gielkens/Naaijkens benutzt haben als identisch betrachten. Obwohl verschiedene Autoren, u.a. Kesting (1992) und Fuegi (1997) darauf hingewiesen haben, daß Brecht seine Texte zum Teil von seinen Mitarbeiterinnen bzw. Lebensgefährtinnen hat schreiben lassen, frei nach dem Motto „sex for text“, oder sie wenigstens im Kollektiv verfasst hat, gehen wir von der Annahme aus, daß Brecht selbst der Autor ist – anders lautende Angaben sind für diese Studie nicht erheblich. Dieser Faktor kann in diesem Forschungsrahmen nicht von substantieller Bedeutung sein. Die Übersetzer, mit denen diese Arbeit sich befasst, erwähnen die Herkunft oder Produktionsweise ihres jeweiligen Quelltextes nicht als problematisch.

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A.

Smit

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AAN DIE NA ONS KOMEN – Übersetzung

Gabriël Smit

1 1

5

10

15

20

25

30

2

Werkelijk, ik leef in duistere tijden! Het argeloze woord is dwaas, een glad voorhoofd duidt op ongevoeligheid. Wie lacht heeft het verschrikkelijke bericht nog net niet gekregen.

35

Wat zijn dat voor tijden, waar een gesprek over bomen haast een zonde is, omdat het een zwijgen over zoveel wandaden inhoudt. Wie daar rustig in de straat wandelt, is hij onbereikbaar voor zijn vrienden die in nood zijn?

40

Het is waar: ik verdien mijn kost nog, maar geloof me: dat is louter toeval. Niets van wat ik doe geeft me het recht mij vol te eten. Toevallig bleef ik gespaard. (Wanneer mijn geluk uitvalt, ben ik verloren.)

45

Men zegt mij: eet en drink. Wees blij dat je het hebt! Maar hoe kan ik eten en drinken wanneer ik de hongerenden ontroof wat ik eet, en mijn glas water een dorstende ontbreekt? En toch eet en drink ik.

50

Ik zou ook graag wijs zijn. In de oude boeken staat wat wijs is: je buiten de strijd van de wereld te houden en de korte tijd doorbrengen zonder vrees. Maar het zonder geweld klaarspelen, kwaad met goed vergelden, je wensen niet vervullen, maar vergeten, ook dat is wijs. Dit alles kan ik niet: werkelijk, ik leef in duistere tijden! 3

60

65

70

75

Jij, die zult opduiken uit de maalstroom waarin wij zijn ondergegaan, gedenk, wanneer je over onze zwakheden spreekt, ook de duistere tijd waaraan je zelf bent ontsnapt. Vaker van landen wisselend dan van schoenen, doorstonden wij de oorlogen van de klassen, vertwijfeld, omdat er niets dan onrecht was en geen opstand. Dit alles omdat wij toch weten: ook de haat tegen de laagheid verwringt de gezichten. Ook de toorn om het onrecht maakt de stem hees. Ach, wij die de aarde wilden toerusten voor vriendelijkheid, konden zelf niet vriendelijk zijn. Jij echter, wanneer het zo ver is gekomen dat de mens de mens een naaste is, gedenk ons met welwillendheid.

13

55

In de steden kwam ik tijdens jaren van chaos, toen er honger heerste. Onder de mensen kwam ik tijdens jaren van oproer en ik deelde hun woede. Zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was. Mijn eten at ik tussen de veldslagen door, ik legde mij te slapen tussen de moordenaars, de liefde pleegde ik achteloos en de natuur bekeek ik zonder geduld. Zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was. De straten voerden in mijn tijd naar het moeras. De taal verried mij aan de beulen. Ik kon weinig doen. Maar de heersers zaten zonder mij vaster in het zadel, hoopte ik. Zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was. Mijn krachten waren pover. Het doel lag in een duizelende verte. Wel was het duidelijk zichtbaar, maar ook voor mij nauwelijks te bereiken. Zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was.

AN DIE NACHGEBORENEN – Bertolt

1

5

10

15

20

25

30

Brecht

I

II

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten! Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unemfpindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen.

In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung Als da Hunger herrschte. Unter die Menschen kam ich zur Zeit des Aufruhrs Und ich empörte mich mit ihnen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

35

Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind?

40

Es ist wahr: ich verdiene meinen Unterhalt Aber glaubt mir: Das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.)

45

Man sagt mir: Iß und trink du! Sei froh, daß du hast! Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich.

50

Ich wäre gerne auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen Auch ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen Gilt für weise. Alles das kann ich nicht: Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

55

III

60

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut In der wir untergegangen sind Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid. Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

65

70

75

Dabei wissen wir doch: Auch der Haß gegen die Niedrigkeit Verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht Macht die Stimme heiser. Ach, wir Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit Konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es so weit sein wird Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist Gedenkt unsrer Mit Nachsicht.

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Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten Schlafen legte ich mich unter die Mörder Der Liebe pflegte ich achtlos Und die Natur sah ich ohne Geduld. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit. Die Sprache verriet mich dem Schlächter. Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

A.1

Hintergrund-Informationen

Historisch-bibliographische Informationen Smits Übersetzung Aan die na ons komen ist Teil der einsprachig niederländischen Anthologie Grensverkeer. Sie erschien 1975 beim Verlag Ambo, einem Verlagshaus mit einem literarischen und vor allem auch philosophisch-religiösen Programm. Die Quelltexte, die Smit für seine Übersetzungen benutzt hat, sind nicht aufgeführt. Der Text erschien im gleichen Jahr in einer Anthologie mit übersetzer Lyrik (Oosterhuis 1975) als textgleiche Fassung.

Grensverkeer ist einer von insgesamt sieben Titeln die Smit bei Ambo veröffentlichte:

Psalmen opnieuw (1971) Grensverkeer (1975) Gedichten (1976) Avondboek – teksten ter overweging (1978) Beatrijs – de vroege tekst (1979)

Evenbeeld (1981) De Psalmen (1986)

Psalmbereimung übersetzte Gedichte Anthologie seiner eigenen Gedichte religiöse Texte, von Smit gesammelt mittelniederländische Mariengeschichte, neu bearbeitet und von Kommentar versehen von Smit posthum erschienen, Gedichte von Smit Neue Bereimung der Psalme; Neuauflage, Erstausgabe 1952 (Utrecht: Spectrum)

Kenntllichmachung als Übersetzung Smits Grensverkeer ist auf dem ersten Blick nicht als Anthologie übersetzer Lyrik erkennbar; so wird der Band in der Bibliographie des Werks Smits einfach als „verzamelbundel“ bezeichnet (Van Geelen 1981, Lissens 1986, Meeuwesse 1986). Das Titelblatt verrät aber, daß es sich um Übersetzungen handelt: der Untertitel lautet „Vertaalde gedichten“.

Hintergrund-Informationen zum Übersetzer Gabriël Smit (1910-1981) schrieb Prosa, Essays und Literaturkritiken. Er war in der Kunstredaktion der Volkskrant tätig und war Mitherausgeber und Redakteur verschiedener

15

niederländischer Literaturzeitschriften. Er ist aber vor allem als Dichter bekannt. Smit trat 1934 in die katholische Kirche ein. Während der deutschen Besetzung trat er als einer der wenigen bekannteren Autoren (neben Bouten und Van Deyssel) freiwillig dem „letterengilde“ der niederländischen Kulturkammer bei (Lewin 1986, S. 24). Paradoxerweise werden gleichzeitig sechs seiner Gedichtbände im Untergrund illegal gedruckt und verbreitet. Man könnte Smit als „Dichter-Übersetzer“ bezeichnen. Seine Anthologie Grensverkeer enthält übersetzte Lyrik von Brecht und dreiunddreißig anderen Dichtern. Abgesehen von diesem Band ist Smit nicht als Übersetzer in Erscheinung getreten. Da Smit die Psalme neu bereimt hat, gehört er außerdem einer geläufigen Kategorie an, über die Koster schreibt: „(…) in the system of Dutch literature individual poets translating biblical poetry frequently occur” (2000: S. 55). Andere bekannte Vertreter dieser Gattung sind Guillaume van der Graft und Ad den Besten. Van Geelen bezeichnete die lyrische Produktion Smits als „elegisch-romantische poëzie“ (1981); laut Meeuwesse ist Smit “een van de meest authentieke religieuze dichters uit onze moderne letterkunde (…)”(1986, S. 292). Hauptthema der Lyrik Smits sei „zijn verlangen naar de nabijheid Gods in de aardse werkelijkheid.“ (ebd.) Gedichte schreiben sei für ihn “vertalen van God in de werkelijkheid geworden of: Gods woord woord laten worden in het zijne.” (ebd.) Van Bork beobachet dieselbe Thematik: “De als pijnlijk ervaren scheiding tussen het aardse en het hemelse zou daarin een polariteit zijn die aan het bestaan hier en nu zin verleent. In zijn latere poëzie werd deze problematiek steeds duidelijker.” (1985) Im Denken und Werk Smits sei aber am Ende der sechziger Jahre eine Wendung eingetreten, hin zu einem „zeer persoonlijke toon in een mystiek getinte poëzie (…) Behalve de vrees voor overijling behoedde hem een sterk maatschappelijk engagement. Dit alles voerde hem tot een’wending’ naar de aardse situatie; een georganiseerde geloofsgemeenschap als de rooms-katholieke kerk kon hem niet meer leiden op deze weg; vandaar zijn uittreding in 1969. Op mijn woord (1968) getuigt van een houding die haar grondslag vindt op en in deze wereld.” (ebd.) Brackmann nimmt den Kirchenaustritt und die Wende bei Smit ähnlich wahr: “Ten slotte keerde hij terug tot het aardse; Op mijn woord (1968) was hiervan het dichterlijk eindpunt. Ook trad hij uit de Kerk.” (1996)

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Hintergrund-Informationen Quelltext Toury zufolge ist die Feststellung eines Quelltextes von wesentlicher Bedeutung, aber keineswegs unproblematisch. Er zeigt verschiedene Schwierigkeiten auf, die richtige Quelle zu finden (1995: S. 74ff.) Selbstverständlich sei es aber nicht erlaubt, irgendeine Version zum Vergleich hinzuzuziehen (1995, S. 75.) Gabriël Smit äußert sich nicht zu seiner Quelle, es ist aber trotzdem klar, daß das Original An die Nachgeborenen von Brecht ist; deswegen können zum Quelltext in diesem Fall nur provisorische Äußerungen gemacht werden. Weil seine Übersetzung 1975 veröffentlicht wurde, kommen nur Zieltextversionen vor dieser Zeit in Frage. Nahe liegend als Quelle sind die Gesammelten Werke aus 1967, die von Van den Bremt und Gielkens c.s. benutzt haben. Denkbar sind aber auch andere Fassungen, die gegebenenfalls in Anthologien, Zeitschriften oder Zeitungen erschienen sind. Es würde aber den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen, alle möglichen Quelltexte aufzuspüren.

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A.2

Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext

Als erster Schritt des Verfahrens wird ein semantisch-pragmatisches Skelett des Zieltextes erstellt. Dabei werden die situative Dimension des Textes festgestellt, die „poetische Stimme“ und die Persona identifiziert, die deiktischen Elemente erortert und die Gattung, Struktur und Thema des Textes festgestellt.

Die wichtigsten Subjekte des Zieltext sind eine nachfolgende Gruppe, die im Titel Aan die na ons komen angedeutet wird, und eine Persona, ein „ik“, das in der ersten Zeile eingeführt wird und im ganzen Text die poetische Stimme darstellt. Diese Persona trifft auf eine Gemeinschaft, die hungert, und solidarisiert sich mit ihr. Die Persona hat ebenfalls mit Mördern, Henkern und Herrschenden zu tun. Außerdem begegnet die Persona ein „wie“, ein anonymes Subjekt, das bestimmte Verhaltensweisen aufzeigt, („wie lacht…“, Zeile 3). Das „ich“ befindet sich in einem Dialog mit diesem Subjekt. Neben der Persona bewegt sich ein „jij“ , ein nachgeborenes Subjekt, das angesprochen wird; diesem „jij“ werden Hintergründe erklärt. Dieses Objekt soll den Vorgängern, inklusive der erzählenden Persona, wenn die Welt sich geändert hat, mit Nachsicht erinnern. Im Text spielen Tiere oder lebendige, personifizierte Objekte keine Rolle. Die wichtigsten Objekte sind Teil der Landschaft, die die Persona umgibt, wie Bäume, Straßen, Städte, Länder, die Natur.

Der Zieltext von Smit besteht aus freien, ungereimten Versen. Das Gedicht besteht aus insgesamt dreizehn Strophen und drei Teilen, die man als relativ autonom betrachten kann; man könnte sie als drei eigenständige Texte lesen.

Der erste Teil enthält zwei Fragesätze, die die Verunsicherung der Persona und ihren Konflikt mit der Welt, in der sie lebt, ausdrücken. Außerdem enthält die dritte Strophe Befehls- oder Aufforderungssatz (Zeile 13: „geloof me“), Gegenüber wird zum ersten mal im Gedicht direkt angesprochen. Die direkte Rede in Zeile 17 ist ebenfalls Ausdruck der schwierigen Beziehung zwischen der Persone und ihrer sozialen Umgebung. Das Umfeld wirft der Persona Undankbarkeit vor.

18

Anhand der Personalpronomina der ersten oder zweiten Person lassen sich die wichtigen Subjekte feststellen:

Strophe (Teil 1) 1 2 3 4 5 6

Personalpronomina der 1. und 2. Person ik ik mijn me ik me mij ik mijn ik mij je (direkte Rede) ik ik ik mijn ik ik ik ik

(Teil 2) 7 8 9 10

ik ik ik mij ik ik mij ik ik mij mijn mij ik mij ik mij mijn mij mij

(Teil 3) 11 12 13

jij wij je onze je wij wij wij jij ons

Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß im ersten Teil ausschließlich die erste Person Singular verwendet wird. Im zweiten Teil des Gedichtes ist diese Person ebenfalls am häufigsten, sie wird nur ein mal von einem Possessivpronomen der zweiten Person Plural abgelöst. Im dritten Teil treten die erste und die zweite Person in ungefähr gleicher Frequenz auf. Der erste Teil fängt mit einem sakral wirkenden Ausruf an. Im ersten Teil wird ein „ich“ eingeführt, das die Schwierigkeiten beschreibt, sich in den aktuellen finsteren Zeiten richtig zu Verhalten. Als problematisch empfindet die Persona verschiedene Gegebenheiten des Alltags: man könne nicht mehr lachen, nicht über Allerweltsthemen sprechen, nicht mehr spazierengehen. „Normales“ Verhalten sei eine Verneinung der grausamen Wirklichkeit. Die Tatsache, daß es der Persona gut geht und daß sie zu essen und trinken hat, sei lediglich Zufall. Ihre Umgebung sagt der Persona, sie solle ob ihres Glückes froh sein – sie selbst habe aber ein schlechtes Gewissen. Außerdem gelinge es der Persona nicht, sich der Tugenden alter Verhaltenslehren, wie Gewaltlosigkeit, Angstfreiheit und Verzicht, anzunehmen. Die Aussage bezüglich der schwierigen Zeit wird in der letzten Zeile des ersten Teils wiederholt

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Der zweite Teil besteht vollständig aus Aussagesätzen und ist demnach eine Beschreibung. Jede der vier Strophen wird mit dem gleichen Satz abgeschlossen. Im zweiten Teil schildert die Persona, wie sie ihr Leben verbracht hat. Sie habe in einem Sumpf, einer kriegerischen städtischen Landschaft agiert; diese Landschaft bestand aus einer chaotischen Gemeinschaft, die sich in Aufruhr befand habe. Mit dieser Gemeinschaft habe die Persona sich solidarisiert. Es tobten Schlachten, es herrschten Wut und Hunger. Die Persona habe mit Mördern verkehrt und den Herrschern die Unterstützung verweigert. Dabei habe sie den einzigen positiv besetzten Begriffen, Liebe und Natur, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Grundbedürfnisse Essen und Schlaf seien notdürftig befriedigt worden. In dieser Situation haben ihre sprachlichen Äußerungen die Persona in Gefahr gebracht: sie haben das Interesse der Henker erweckt. Die Persona habe sich in dieser Umgebung als zu schwach empfunden und sei sich ihrer Wirkung nicht sicher gewesen – sie sei jedenfalls nicht in der Lage gewesen, ein großes und wichtiges Ziel zu erreichen. Der dritte besteht aus drei Strophen –die mittlere Strophe enthält nur Aussagesätzen, die umringenden Strophen enthalten jeweils einen Befehls- oder Aufforderungssatz. In den letzteren spricht die Persona sein Gegenüber direkt an. Im dritten Teil spricht die Persona ein Gegenüber, ein „jij“ an. Sie und die Gemeinschaft, von der sie ein Teil ist (ein „wij“), haben sich für den internationalen Klassenkampf viel bewegen müssen und auf persönliche Bedürfnisse verzichtet. Dabei seien sie oft verzweifelt gewesen und waren sie, was das Zwischenmenschliche anbelangt, nicht aufmerksam genug – es habe ihnen an Geduld und Freundlichkeit gefehlt, obwohl sie gerade auch für diese Sachen gekämpft haben. Wenn das Gegenüber in einer menschenfreundlichen Gesellschaft lebt, für die die Persona und ihre Mitstreiter gekämpft haben, solle er sich nicht nur deren Fehler entsinnen, sondern auch deren Bemühungen, eine bessere Welt herbeizuführen. Der nächste Punkt ist das deiktische Zentrum, das „Hier“ und „Jetzt“ der Textwelt. Die Persona berichtet aus einem nicht näher definierten Raum über ihre Vergangenheit und richtet ein Aufforderung an die Nachgeborenen. Über ihren aktuellen Aufenthaltsort ist nichts in Erfahrung zu bringen, nur über die Situation im Allgemeinen und über die Stadtlandschaft und die Kriegsschauplätze, wo sie sich vorher aufgehalten hat.

Zur temporalen Deixis können Aussagen gemacht werden die sich auf bestimmte textuelle Merkmale beziehen. Ein Anhaltspunkt ist die Anwesenheit von Zeitadverbien, wie „gestern“ 20

oder „morgen“. Im vorliegenden Text fehlen diese gänzlich. Den temporalen deiktischen Nullpunkt kann man anhand der Tempora feststellen:

Präsens Teil 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 Teil 2 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

Präteritum

Perfekt

Infinitiv

Präteritumperfekt

leef is duidt, lacht heeft gekregen zijn is inhoudt wandelt is zijn is, verdien geloof, is doe, geeft uitvalt

eten bleef gespaard ben verloren

zegt, eet, drink, wees, hebt kan ontroof, eet ontbreekt eet, drink zou staat, is

eten, drinken

zijn houden doorbrengen klaarspelen vergelden vervullen, vergeten

is kan leef

kwam heerste kwam deelde verging gegeven was at legde pleegde bekeek verging

slapen

gegeven was voerden verried

21

Futur

46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

kon, zaten hoopte verging gegeven was waren lag was bereiken verging gegevens was

Teil 3 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

zult opduiken zijn ondergegaan gedenk spreekt bent ontsnapt doorstonden was weten verwringt maakt wilden konden

toerusten is gekomen

is gedenk

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß der erste Teil überwiegend Verben im Präsens und keine einzige Präteritum-Bildung enthält, der zweite Teil überwiegend im Präteritum und keine Präsens-Formen hat, und im dritten Teil hauptsächlich und zu nahezu gleichen Teilen Präsens- und Präteritum-Bildungen vertreten sind. Dies geht konform der Thematik der drei Teile des Gedichts – erstens eine Schilderung einer schwierigen und konfliktreichen Gegenwart, zweitens die Probleme einer vergangenen Zeit und drittens eine Rechtfertigung und ein Appell für die Zukunft.

Beziehung zwischen coding time/content time Die Persona erzählt von der heutigen Zeit aus; sie beschreibt die aktuelle schwierig Lage, die „finsteren Zeiten“, und die Vorgeschichte. Ihre Aufforderung richtet sich an die Zukunft. Es gibt also drei Zeitbezüge: das Jetzt, in dem die Perona spricht, berichtet und

22

anspricht/auffordert, die Vergangenheit, die beschrieben wird, und die Zukunft, der die Aufforderung/der Aufruf an die Nachgeborenen gilt.

23

A.3

Vergleich semantisch-pragmatisches Skeletts Zieltext/Quelltext

Als zweiter Schritt der Analyse werden die Ergebnisse des semantisch-pragmatischen Skeletts mit dem Quelltext verglichen. Die Frage dabei ist, ob die Ergebnisse auch für den Quelltext gelten. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte das semantisch-pragmatische Skelett sollte derartig erarbeitet werden, daß eine Überstimmung gegeben ist. Falls auf dieser Ebene substantielle Verschiebungen stattfinden, sollten diese erfasst werden. Erstens ist zu bemerken, daß wir von einem provisorischen Quelltext ausgehen müssen, da in Gabriël Smits Sammlung Grensverkeer keine Angaben zu den verwendeten Vorlagen gemacht werden. Ausgegangen wird von der Gedichtfassung, die in 1967 in den Gesammelten Werken Brechts veröffentlicht wurde. Das semantisch-pragmatische Skelett besteht aus Daten, die sich auf die Subjekte, Objekte, Situationen, Deixis, Gattung, Struktur und Thematik beziehen. In diesen Punkten stimmen Ziel- und Quelltext im Wesentlichen überein. Eine Überarbeitung des semantischpragmatischen Skeletts ist demnach nicht erforderlich; das Skelett ist in der vorliegenden Form als tertium comparationis brauchbar. Nichtsdestotrotz gibt es zwischen dem Ziel- und Quelltext einen wesentlichen Unterschied. Die Verschiebung ereignet sich auf der Ebene der Subjekte. Während im Zieltext die wichtigsten Subjekte ein „ich“ und ein „du“ sind, treten im Quelltext ein „ich“ und ein „ihr“ auf. Somit gibt es in diesem Punkt einen substantiellen Unterschied zwischen den beiden Textwelten. Das einzelne Gegenüber, das im Zieltext angesprochen wird, rückt den Text in ein persönliches, fast intimes Licht – der Quelltext dahingegen ist vielmehr ein Monolog an die Gemeinschaft, an die Nachwelt.

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A.4

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext Zieltext Smit Nominalphrasen in duistere tijden het argeloze woord, een glad voorhoofd ongevoeligheid, het verschrikkelijke bericht wat zijn dat voor tijden een gesprek over bomen, een zonde een zwijgen, zoveel wandaden in de straat zijn vrienden in nood mijn kost louter toeval recht mijn geluk de hongerenden glas water, een dorstende in de oude boeken buiten de strijd van de wereld, de korte tijd zonder vrees zonder geweld kwaad met goed vergelden je wensen in duistere tijden in de steden, tijdens jaren van chaos honger onder de mensen, tijdens jaren van oproer hun woede de tijd op aarde mijn eten, tussen de veldslagen door tussen de moordenaars de liefde de natuur, zonder geduld de tijd op aarde de straten, in mijn tijd, naar het moeras de taal, aan de beulen de heersers in het zadel de tijd op aarde mijn krachten, het doel in een duizelende verte -

Quelltext* Nominalphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort, eine glatte Stirn Unempfindlichkeit, der Lachende die furchtbare Nachricht was sind das für Zeiten ein Gespräch über Bäume, ein Verbrechen ein Schweigen, so viele Untaten über die Straße seine Freunde in Not meinen Unterhalt nur ein Zufall mein Glück dem Hungernden Glas Wasser, einem Verdurstenden in den alten Büchern aus dem Streit der Welt, die kurze Zeit ohne Furcht ohne Gewalt Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche in finsteren Zeiten in die Städte, zur Zeit der Unordnung Hunger unter die Menschen, zur Zeit des Aufruhrs meine Zeit auf Erden mein Essen, zwischen den Schlachten unter die Mörder der Liebe die Natur, ohne Geduld meine Zeit auf Erden die Straßen, in den Sumpf, zu meiner Zeit die Sprache, dem Schlächter die Herrschenden meine Zeit auf Erden die Kräfte, das Ziel in großer Ferne -

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54 de tijd 55 op aarde 56 uit de maalstroom 57 58 59 onze zwakheden 60 de duistere tijd 61 62 vaker van landen wisselend dan van schoenen 63 de oorlogen van de klassen 64 niets dan onrecht, geen opstand 65 66 de haat tegen de laagheid 67 de gezichten 68 de toorn om het onrecht 69 de stem 70 de aarde, voor vriendelijkheid 71 72 73 de mens de mens, een naaste 74 75 met welwillendheid * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

meine Zeit auf Erden aus der Flut unseren Schwächen der finsteren Zeit öfter als die Schuhe die Länder wechselnd die Kriege der Klassen nur Unrecht, keine Empörung der Haß gegen die Niedrigkeit die Züge der Zorn über das Unrecht die Stimme den Boden, für Freundlichkeit der Menschen dem Menschen, ein Helfer mit Nachsicht

Bei der Suche nach Verschiebungen kann man zuerst feststellen, an welchen Stellen Nominalphrasen im Zieltext keine Entsprechung im Quelltext haben und umgekehrt. Dies lässt sich in einigen Fällen beobachten, zunächst in der Zeile: Zieltext Smit Nominalphrasen 3 ongevoeligheid, * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Nominalphrasen Unempfindlichkeit, der Lachende

Der Zieltext Smits enthält in Zeile 3 ein Nomen, wohingegen der mutmaßliche Quelltext außerdem die Nominalphrase „der Lachende“ enthält. Auf dieser Ebene tritt demnach eine Verschiebung hervor. Der Sachverhalt findet sich im Zieltext aber schon wieder, in der Verbalphrase „wie lacht“ – statt eines Nomens wurde hier das Stammverb „lachen“ von einem determinativ-relativ gebrauchten Relativpronomen („wie“) versehen, das kein selbständiges Antezedens hat, sondern dieses in sich einschließt. Die syntaktische Funktion des Pronomens ist vergleichbar mit dem Satzglied „jeder, der …“. Was hat sich da nun verschoben? Es ist, was die Verschiebung betrifft, sinnvoll, zu gucken, wie Smit in einem ähnlichen Fall vorgegangen ist: Zieltext Smit 9 Wie daar rustig in de straat wandelt * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Der dort ruhig über die Straße geht

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Hier wurde, wie in der dritten Zeile, das Relativpronomen „wie“ benutzt. Smit bewegt sich mit dieser Wahl innerhalb des niederländischen linguistisch-kulturellen Systems. Benutzung eines bestimmten Artikels (entsprechend „der Lachende) oder eines Relativpronomens (entsprechend „der“ in Zeile 9) wäre in diesem Fall als individuelle Verschiebung zu bewerten gewesen; die Änderung wäre einer persönlichen Entscheidung des Übersetzers zuzuschreiben. Der Gebrauch des Pronomens „wie“ ist derweil als konstitutive und formelle Verschiebung zu aufzufassen – für die Makrostruktur des Textes und für die Erarbeitung der Textwelt sind keine Schlüsse zu ziehen.

Die Zeile 14 zeigt ebenfalls eine Verschiebung, was die Anwesenheit eines Nomens betrifft: Zieltext Smit Nomina 14 recht * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Nomina -

Das Auftreten eines Nomens, das keine Entsprechung im Zieltext findet, kann man in diesem Fall als konstitutive Verschiebung betrachten, die demzufolge dem Unterschied zwischen den linguistischen Systemen der niederländischen und der deutschen Sprache zugeordnet werden kann. Auf der mikrostrukturellen Ebene in den Nominalphrasen „geeft me het recht“ und „berechtigt mich dazu“ wird also eine formelle Verschiebung festgestellt, die keinen wesentlichen Einfluss auf die makrostrukturelle Ebene hat – der übersetzerischen Interpretation Smits kann man sich anhand der Verschiebung nicht nähern, sie ist in unserem Rahmen nicht substantiell. Die nächste Diskrepanz auf der Ebene der Nominalphrasen findet sich in Zeile 35: Zieltext Smit Nomina 35 woede * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Nomina -

Das Verfahren sieht vor, daß man die Checkliste von Leech bei der Analyse der Listen zu Hilfe zieht. Leech 1981 hat eine Liste mit Fragen erstellt, anhand derer man die “artistic principles underlying a writer’s choice of language” (Leech 1981: S. 74) ermitteln kann. Die Checklist von Leech ist in vier Hauptkategorien eingeteilt: eine lexikalische Kategorie, eine grammatikalische Kategorie, eine Kategorie der Redewendungen und eine Kategorie der Zusammenhänge und Kontext. Für die Analyse der Zeile 35 wäre die Kategorie „Context and cohesion“ hilfreich. 27

Die entsprechende Zeile im Quelltext lautet: „ich empörte mich mit ihnen“. Eine mögliche Bedeutung des Verbs „sich empören“ ist „sich auflehnen“ oder „Widerstand leisten“. Da Smit in Zeile 34 bereits das Nomen „oproer“ verwendet hat, bestünde die Möglichkeit einer teilweisen Wiederholung, z.B. „opstand“. So könnte hier ein “artistic principle underlying a writer’s choice of language” vorliegen, indem Smit ein Phänomen anwendet, das Leech als „avoidance of repetition by the substitution of a descriptive phase“ bezeichnet – Smit vermeidet eine Wiederholung auf dem engen Raum von nur zwei Zeilen und beschreibt das Gefühl der Empörung mittels „woede“. Eine größere Distanz im Text steht einer Wiederholung nicht im Wege: In Zeile 64 wurde „opstand“ verwendet als Übersetzung von „Empörung“. Die Verwendung des Nomens in Zeile 35 kann dementsprechend als individuelle Verschiebung bezeichnet werden. Sie kann den expressiven Neigungen des Übersetzers und zugeordnet werden und hat einen Einfluss auf makrostruktureller Ebene. Zeile 47 des Zieltextes enthält das Nomen „zadel“, während der Quelltext keine entsprechende Nominalphrase enthält: Zieltext Smit Nomina 47 in het zadel * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Nomina -

Die Stelle im Zieltext lautet: „de heersers zaten zonder mij vaster in het zadel“. Smit verwendet eine Metapher in der Form der Synekdoche (Bronzwaer 1993, S. 167ff.) „vast(er) in het zadel zitten“. Die entsprechende Stelle im Quelltext lautet: „die Herrschenden saßen ohne mich sicherer“. Die zugrundelliegende Synekdoche der Stelle lautet: „die Herrschenden saßen sicher(er)“. Laut Bronzwaer (ebd.) ist die „strekking“ der beiden Synekdoche deckungsgleich; insofern tritt keine Verschiebung auf. Die Anwesenheit des Nomens im Zieltext kann in dem Sinne nicht also individuelle oder substantielle Verschiebung, sondern als formelle Verschiebung aufgefasst werden.

Eine zweite Kategorie der Verschiebung tritt in der Benutzung von Singular- und PluralFormen der Substantive auf. In Zeile 19 hat Smit ein Plural und Brecht ein Singular verwendet:

19

Zieltext Smit Nomina de hongerenden

Quelltext* Nomina dem Hungernden

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* provisorischer Quelltext: Brecht 1967

In der nächsten Zeile stimmt der Numerus der beiden Nomina überein:

Zieltext Smit Nomina 20 een dorstende * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Nomina einem Verdurstenden

Die Persona fragt sich in der betroffenen Strophe, wie er ganz normal essen und trinken sollte, obwohl es viele Menschen gibt, die zu wenig oder nichts zu essen und zu trinken haben. Im Quelltext sind der Hungernde und der Durstende im Singular; im Zieltext ist der Hungernde auch im Singular, während der Verdurstende im Plural ist. Somit bewegen sich im Zieltext die beiden Sachverhalte (Vorenthalten von Essen und Trinken) was die Beziehung zwischen der Persona und der Not leidenden Umwelt betrifft auf der gleichen Ebene: die Synekdoche bezieht sich auf ein „pars pro toto“ – eine Instanz steht der Persona sozusagen direkt gegenüber, stellvertretend für die gebeutelten Massen. Bei Smit dahingegen ist diese Beziehung in der Synekdoche zunächst kein „pars pro toto“: die Persona ist mit mehreren hungernden Menschen konfrontiert. Gleich im Anschluß ist eine Beziehung als „pars pro toto“ gegeben. In den zwei Zeilen Smits wird die Lage zugespitzt. Es findet demnach eine Entwicklung statt, die von einem eher allgemeinen zu einer eher spezifischen Zustand läuft – von der Konfrontation mit einer Masse zur Konfrontation mit einem Einzelnen. Im Quelltext ist die Entwicklung nicht enthalten. Die Verschiebung, die hier festgestellt wird, liegt nach dieser Erklärung im individuellen Bereich und sollte als substantiell bezeichnet werden; sie ist für die Analyse der übersetzerischen Interpretation von Bedeutung.

Die Frage des Numerus der Substantive stellt sich auch in der Zeile 45: Zieltext Smit Nomina 45 aan de beulen * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Nomina dem Schlächter

Im Zieltext ist die Plural-, im Quelltext die Singular-Form verwendet worden. Die semantische Konnotation des „Schlächters“ ist eher quantitativ ausgerichtet; ein Schlächter bewegt sich in der Nähe des Massenmörders. Der „beul“ ähnelt ist dem Henker oder Scharfrichter ähnlich und beschäftigt sich eher mit einzelnen Hinrichtungen. Smit hat diesen Aspekt des Vereinzelung mit einem Plural gekontert, so daß die Quantität auch im seinem

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Text gegeben ist. Die Verschiebung, die hier auf der Ebene des Numerus stattfindet, ist also auf der semantischen Ebene als individueller Kunstgriff des Übersetzters zu betrachten.

Ein dritter Typus der Verschiebung, die in der Liste der Nominalphrasen auftritt, stellt die Verschiebung im Bereich des Registers vor. Das Phänomen ist in den folgenden Zeilen vorzufinden: Zieltext Smit Nomina 7 een zonde 73 een naaste * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Nomina ein Verbrechen ein Helfer

Bei der Analyse dieser Zeilen kann die Checkliste von Leech angewandt werden. In diesem Fall ergibt die Kategorie des Registers eine Verschiebung. Als Register betrachtet Leech „language variation of a non-dialectal type“; als Beispiel erwähnt er die Variante der religiösen Sprache (Leech & Short 1981, S. 80). Man kann die vorliegenden Zeilen also nach diesem Prinzip befragen, eine Tabelle sieht dann so aus:

Zieltext Smit Nomina aus dem religiösen Register 7 een zonde 73 een naaste * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Nomina aus dem religiösen Register -

Beide Zeilen, die am Anfang und am Ende des Gedichts stehen, enthalten im Zieltext Begriffe, die eindeutig dem christlich-biblischen semantischen Feld angehören – eine Entsprechung ist auf dieser Ebene im Quelltext nicht gegeben. Die Verschiebung im Register ist eine individuelle, sie ist einer Entscheidung des Übersetzers zuzuschreiben. Die Textwelt des Zieltexts ist diesem Einfluss ausgesetzt.

30

47

Zieltext Smit Verbalphrasen ik leef in duistere tijden het argeloze woord is dwaas duidt, lacht heeft gekregen wat zijn dat voor tijden haast een zonde is inhoudt wandelt is hij onbereikbaar die in nood zijn het is waar, ik verdien mijn kost nog geloof me, dat is louter toeval niets van wat ik doe, geeft me het recht, mij vol te eten toevallig bleef ik gespaard, wanneer mijn geluk uitvalt ben ik verloren men zegt mij, eet en drink, wees blij dat je het hebt maar hoe kan ik eten en drinken wanneer ik de hongerenden ontroof wat ik eet mijn glas water een dorstende ontbreekt en toch eet en drink ik ik zou ook graag wijs zijn staat wat wijs is je buiten de strijd van de wereld te houden de korte tijd doorbrengen zonder vrees het zonder geweld klaarspelen kwaad met goed vergelden je wensen niet vervullen, maar vergeten ook dat is wijs dit alles kan ik niet ik leef in duistere tijden in de steden kwam ik toen er honger heerste onder de mensen kwam ik en ik deelde hun woede zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was mijn eten at ik ik legde mij te slapen de liefde pleegde ik achteloos de natuur bekeek ik zonder geduld zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was de straten voerden in mijn tijd naar het moeras de taal verried mij aan de beulen ik kon weinig doen, de heersers zaten zonder mij vaster in het zadel hoopte ik

48 49 50

zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was mjin krachten waren pover

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46

Quelltext* Verbalphrasen ich lebe in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht deutet hin, hat empfangen was sind das für zeiten fast ein Verbrechen ist einschließt geht ist wohl nicht mehr erreichbar die in Not sind es ist wahr, ich verdiene meinen Unterhalt glaubt mir, das ist nur ein Zufall nichts von dem was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen zufällig bin ich verschont, wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren man sagt mir, iß und trink du, sei froh daß du hast aber wie kann ich essen und trinken wenn ich dem Hungernden entreiße was ich esse mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt und doch esse und trinke ich ich wäre auch gerne weise steht was weise ist sich aus dem Streit der Welt halten halten die kurze Zeit ohne Furcht verbringen ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen gilt für weise alles das kann ich nicht ich lebe in finsteren Zeiten in die Städte kam ich als da Hunger herrschte unter die Menschen kam ich und ich empörte mich mit ihnen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war mein Essen aß ich schlafen legte ich mich der Liebe pflegte ich achtlos die Natur sah ich ohne Geduld so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit die Sprache verriet mich dem Schlächter ich vermochte nur wenig die Herrschenden saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Kräfte waren gering

31

51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

het doel lag in een duizelende verte wel was het duidelijk zichtbaar maar ook voor mij nauwelijks te bereiken zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was jij, die zult opduiken uit de maalstroom waarin wij zijn ondergegaan gedenk wanneer je over onze zwakheden spreekt waaraan je zelf bent ontsnapt vaker van landen wisselend dan van schoenen, doorstonden wij de oorlogen van de klassen 63 64 omdat er niets dan onrecht was 65 dit alles omdat wij toch weten 66 67 [de haat tegen de laagheid] verwringt de gezichten 68 69 [de toorn om het onrecht] maakt de stem hees 70 [wij] die de aarde wilden toerusten voor vriendelijkheid 71 [wij] konden zelf niet vriendelijk zijn 72 wanneer het zo ver is gekomen 73 dat de mens de mens een naaste is 74 gedenk ons 75 * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

das Ziel lag in großer Ferne es war deutlich sichtbar wenn auch für mich kaum zu erreichen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut in der wir untergegangen sind gedenkt wenn ihr von unseren Schwächen sprecht der ihr entronnen seid gingen wir doch, öfter die Schuhe als die Länder wechselnd wenn da nur Unrecht war dabei wissen wir doch [der Haß gegen die Niedrigkeit] verzerrt die Züge [der Zorn über das Unrecht] macht die Stimme heiser [wir] die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit [wir] konnten selber nicht freundlich sein wenn es so weit sein wird daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist gedenkt unsrer -

Zeile 3 enthält eine erste Verschiebung: Zieltext Smit Verbalphrasen 3 lacht * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Verbalphrasen -

Der Zieltext enthält eine Verbalphrase und der Quelltext nicht. Die Analyse der Verbalphrasen überschneidet sich hier mit der Analyse der Nominalphrasen. Die festgestellte Verschiebung wird an der entsprechenden Stelle besprochen.

Wie bei den Nominalphrasen, ergibt eine Analyse des Numerus einige Verschiebungen:

Zieltext Smit Verbalphrasen 13 geloof me, dat is louter toeval 56 jij, die zult opduiken uit de maalstroom 58 gedenk 61 waaraan je zelf bent ontsnapt 74 gedenk ons * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Verbalphrasen glaubt mir, das ist nur ein Zufall ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut gedenkt der ihr entronnen seid gedenkt unsrer

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Sowohl Ziel- als Quelltext enthalten haben einen dialogischen Charakter: die Verben sind in der 2. Person aufgestellt. Der Unterschied liegt auf der Ebene des Numerus. Im Zieltext handelt es sich um Singular-Bildungen, während der Quelltext Verben in der 2. Person Plural enthält. Dabei kann man die Verbbildung „geloof me“ in Zeile 13 auch als Pluralform betrachten, da es im niederländischen Sprachsystem zunehmend üblicher wird, auch beim Ansprechen mehrerer Menschen die (ursprüngliche) Singularform zu verwenden. Dahingegen trägt es sich bei den restlichen vier Verbalphrasen anders zu. In diesen Fällen wird eindeutig eine Person, ein „jij“ angesprochen. Diese auf mikrostruktureller Ebene haben einen deutlichen Einfluss auf makrostruktureller Ebene. Sie bestimmen die Realisierung der Textwelt und müssen dementsprechend bei der Feststellung der übersetzerischen Interpretation einbezogen werden.

Zeile 40 enthält einen anderen Typus derVerschiebung: Zieltext Smit Verbalphrasen 40 de liefde pleegde ik achteloos * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Verbalphrasen der Liebe pflegte ich achtlos

Es handelt sich hier um eine Verschiebung auf der semantischen Ebene. Trotz der ähnlichen Schreibweise, gehören die Verben unterschiedlichen semantischen Felder an. Das Verb „plegen“ findet man nur in Zusammenhang mit dem semantischen Feld „Verbrechen“, in der Bedeutung „verüben“. Das deutsche Verb „pflegen“ dahingegen gehört eher dem Feld „betreiben“, „sich mit etwas beschäftigen“ an, und bezieht sich auf eine eher allgemeine Aktivität. Von der Semantik her hat die Zeile im Zieltext eine kriminalistische Konnotation, während der Zieltext auf eine vielmehr beiläufige Aktion abzielt. Damit ist eine individuelle Entscheidung des Übersetzers und eine individuelle, substantielle Verschiebung gegeben.

33

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Smit Präpositionalphrasen in duistere tijden duidt op ongevoeligheid een gesprek over bomen een zwijgen over zoveel wandaden in de straat wandelt onbereikbaar voor zijn vrienden die in nood zijn in de oude boeken je buiten de strijd van de wereld te houden het zonder geweld klaarspelen kwaad met goed vergelden in duistere tijden in de steden kwam ik onder de mensen kwam ik op aarde tussen de veldslagen door tussen de moordenaars op aarde in mijn tijd, naar het moeras verried mij aan de beulen vaster in het zadel op aarde in een duizelende verte maar ook voor mij op aarde

Quelltext* Präpositionalphrasen in finsteren Zeiten deutet auf Unempfindlichkeit hin ein Gespräch über Bäume ein Schweigen über so viele Untaten über die Straße geht nicht mehr erreichbar für seine Freunde die in Not sind in den alten Büchern sich aus dem Streit der Welt halten ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten in finsteren Zeiten in die Städte kam ich unter die Menschen ich empörte mich mit ihnen auf Erden zwischen den Schlachten unter die Mörder auf Erden in den Sumpf zu meiner Zeit auf Erden in großer Ferne wenn auch für mich auf Erden

34

56 zult opduiken uit de maalstroom 57 58 59 wanneer je over onze zwakheden spreekt 60 61 62 van landen wisselend, van schoenen 63 64 65 66 haat tegen de laagheid 67 68 toorn om het onrecht 69 70 de aarde wilden toerusten voor vriendelijkheid 71 72 73 74 75 met welwillendheid * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

auftauchen werdet aus der Flut wenn ihr von unseren Schwächen sprecht durch die Kriege der Klassen Haß gegen die Niedrigkeit Zorn über das Unrecht den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit mit Nachsicht

Aus der Liste ist ersichtlich, daß in einigen Fällen der Zieltext eine Präpositionalphrase enthält und der Quelltext nicht oder umgekehrt. Die erste Zeile, für die dies zutrifft, ist Zeile 35:

Zieltext Smit Präpositionalphrasen 35 * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Präpositionalphrasen ich empörte mich mit ihnen

Die Zeile lautet im Zieltext „ik deelde hun woede“. In diesem Fall überschneidet sich die Verschiebung mit dem Sachverhalt, der bei der Analyse der Nominalphrasen behandelt wurde.

In drei Fällen enthält der Zieltext eine Präpositionalphrase und die entsprechende Zeile des Quelltextes nicht. Zieltext Smit Präpositionalphrasen 45 verried mij aan de beulen 47 vaster in het zadel 62 van landen wisselend, van schoenen * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Präpositionalphrasen -

Dabei handelt es sich in zwei Fällen um formelle, konstitutive Verschiebungen, die den betroffenen sprachlichen Systemen zugeordnet werden müssen: 35

Zieltext Smit Präpositionalphrasen 45 verried mij aan de beulen 62 van landen wisselend, van schoenen * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Präpositionalphrasen -

Die syntaktische Funktion, die die Präposition „aan“ in Zeile 45 innehat, wird im Quelltext durch den deklinierten Artikel „dem“ vertreten („die Sprache verriet mich dem Schlächter“). Gleiches gilt für Zeile 62, in der die syntaktische Rolle der Präposition „van“ im deutschen Verb „wechseln“ inkorporiert ist. Demzufolge handelt es sich in beiden Fällen um Verschiebungen, die für die Textwelt und die übersetzerische Interpretation nicht von Bedeutung sind. Der dritte Fall, in dem im Zieltext eine Präpositionalphrase vorliegt und im Quelltext nicht, findet sich in Zeile 47:

Zieltext Smit Präpositionalphrasen 47 vaster in het zadel * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Präpositionalphrasen -

Eine Überschneidung der Analyse ist auch hier gegeben, da die betroffene Zeile schon im Rahmen der Nominalphrasen behandelt wurde.

36

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Smit Adverbialphrasen in duistere tijden nog net niet rustig louter toeval wees blij graag zonder vrees zonder geweld in duistere tijden tijdens jaren van chaos toen er honger heerste tijdens jaren van oproer tussen de veldslagen door tussen de moordenaars achteloos zonder geduld weinig [zaten] zonder mij vaster in het zadel duidelijk zichtbaar nauwelijks te bereiken -

Quelltext* Adverbialphrasen in finsteren Zeiten nur noch nicht ruhig nur ein Zufall sei froh gerne ohne Furcht ohne Gewalt in finsteren Zeiten zur Zeit der Unordnung als da Hunger herrschte zur Zeit des Aufruhrs zwischen den Schlachten unter die Mörder achtlos ohne Geduld nur wenig saßen ohne mich sicherer deutlich sichtbar kaum zu erreichen -

37

56 57 58 59 60 61 62 63 vertwijfeld 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

verzweifelt -

Im Rahmen der Adverbialphrasen ist lediglich eine Verschiebung festzustellen, die sich in der fünften Zeile befindet: Zieltext Smit Adverbialphrasen 5 nog net niet * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Adverbialphrasen nur noch nicht

Der Zeitpunkt, zu dem “der Lachende“ aus den vorhergenden Zeilen, die „furchtbare Nachricht“ empfängt oder noch nicht empfängt, ist im Quell- und Zieltext unterschiedlich. Im Zielltext steht der Erhalt der Nachricht unmittelbar bevor, wohingegen sie im Quelltext in einer nicht näher bestimmten Zukunft eintreffen wird. Diese Änderung auf der Ebene der Semantik stellt eine individuelle und substantielle Verschiebung dar, die ihren Einfluß auf die Gestaltung der Textwelt hat.

38

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

Zieltext Smit Adjektivphrasen in duistere tijden het argeloze woord is dwaas, een glad voorhoofd het verschrikkelijke bericht onbereikbaar wijs in de oude boeken, wijs de korte tijd wijs in duistere tijden mijn krachten waren pover in een duizelende verte duidelijk zichtbaar -

Quelltext* Adjektivphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht, eine glatte Stirn die furchtbare Nachricht

nicht mehr erreichbar weise in den alten Büchern, weise die kurze Zeit weise in finsteren Zeiten die Kräfte waren gering in großer Ferne deutlich sichtbar -

39

55 56 57 58 59 60 de duistere tijd 61 62 63 64 65 66 67 68 69 hees 70 71 vriendelijk 72 73 74 75 * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

der finsteren Zeit heiser freundlich -

Im Bereich der Adjektivphrasen kann in Zeile 51 eine Verschiebung festgestellt werden: Zieltext Smit Adjektivphrasen 51 in een duizelende verte * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Adjektivphrasen in großer Ferne

Das Adjektiv „duizelende“ stammt vom Verb „duizelen“, das ein gewisses Schwindelgefühl beschreibt. Die Adjektivbildung ist im alltäglichen Sprachgebrauch ungewöhnlich und gibt dem Antezedens ein bestimmtes poetisches Gewicht. Die Adjektivphrase „[das Ziel lag] in großer Ferne“ weist auf eine bedeutende Distanz hin; sie ist zwar auch metaphorisch geladen, bedient sich aber einer eher lapidaren bildlichen Sprache. Auf der Ebene des Stils stellt dieser Sachverhalt demnach eine Verschiebung dar, die nicht in unmittelbarer Beziehung zu den Unterschieden zwischen den beiden sprachlichen oder kulturellen System gestellt werden kann. Es handelt sich um eine Entscheidung des Übersetzers, die als Zeichen seiner Interpretation betrachtet werden kann. Die vorliegende Verschiebung ist für die Analyse also von substantieller Bedeutung.

Was die Segmentierung der beiden Texte betrifft, läßt sich ebenfalls eine Verschiebung feststellen. Wir gehen provisorisch davon aus, daß Smit als Quelltext die Gedicht-Version aus den Gesammelten Werke aus 1967 benutzt hat. Im Vergleich zu diesem Text ergeben sich zwei Änderungen auf der Ebene der Strophik. So enthält der Zieltext nach der

40

fünfundzwanzigsten Zeile eine Leerzeile, die im (mutmaßlichen) Quelltext nicht gegeben ist. Die Folge ist, daß Smit die letzte Strophe des ersten Teils des Gedichts teilt. Die grammatikalische Abgrenzung zwischen den beiden Strophen durch die restriktive Konjunktion „maar“ in Zeile 26 und die typographische Trennung durch eine eingefügte Leerzeile verstärken sich gegenseitig. Im Quelltext befindet sich keine vergleichbare Bruchstelle, nicht auf der grammatikalischen noch auf der typographischen Ebene. Vielmehr werden hier gleichrangige Elemente aneinder gereiht. Die zweite Verschiebung auf der Ebene der Strophik ereignet sich im dritten Teil des Gedichts; sie verhält sich diametral zu der eben genannten Verschiebung. In diesem Fall wurde keine Leerzeile hinzugefügt, sondern getilgt – wo der Quelltext zwischen der 64. und der 65. Zeile ein Leerzeile enthält, läuft der Zieltext weiter ohne typographische Trennung. Auch in diesem Fall findet die physische Zusammenführung eine wechselseitige Verstärkung auf der grammatikalischen Ebene: er wird eine kausale Konjunktion („omdat“) verwendet, die die Ursache eines Sachverhalts angibt. Es könnte eine kausale Beziehung zwischen dem ganzen vorhergehenden Text und einer Art Schlußfolgerung existieren – die Redewendung „dit alles“ könnte sich auf den ganzen Text vor der Konjunktion beziehen. Die QuelltextKonjunktion „dabei“ ist dahingegen konzessiv oder einräumend zu verstehen: sie drückt einen nicht wirksamen Gegengrund, ein „obwohl“ aus. Damit liegt hier eine unterschiedliche grammatikalische Konjunktion vor.

Eine weitere praktische Handreichung, die die Checkliste von Leech und Short bietet, ist die Analyse der Wortklassen. Für eine Studie seien u.a. Präpositionen, Konjunktionen, Pronomina, Bestimmwörter, Hilfsverben, Interjektionen geeignet (Leech und Short 1981, S. 78). Zunächst wird eine Liste der verwendeten Konjunktionen erstellt.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Zieltext Smit Konjunktionen omdat -

Quelltext* Konjunktionen weil -

41

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68

maar wanneer maar, en, wanneer en en en maar maar toen en en maar maar [ook] wanneer omdat, en omdat -

aber wenn aber, und, wenn und und und sondern als und und aber wenn auch wenn wenn, und dabei -

42

69 70 71 72 wanneer 73 74 75 * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

wenn -

Beim Vergleich fällt auf, daß die Verwendung der Konjunktionen größtenteils übereinstimmt. Es treten jedoch auch einige Verschiebungen hervor. Die erste Verschiebung ist in Zeile 26 festzustellen:

Zieltext Smit Konjunktionen 26 maar * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Konjunktionen -

Bei Smit lautet die Zeile „Maar het zonder geweld klaarspelen“, im Quelltext „Auch ohne Gewalt auskommen“. Während Smit hier die restriktive Konjunktion „maar“ benutzt, gehört „auch“ als Gradpartikel einer anderen Wortklasse an. Mit dem einschränkenden Bindewort bewirkt der Übersetzer eine grammatikalische Abgrenzung zwischen den beiden Seiten, die inhaltlich auch durch eine vorhergehende Leerzeile unterstützt wird. Als idealisierte Verhaltensweise gilt ein Leben ohne Furcht, das aber nicht in Gewalt ausarten darf, sondern gewaltlos und enthaltsam gestaltet werden muss. Im Quelltext wirkt das Partikel „auch“ anreihend: die verschiedenen gleichwertigen Elemente eines richtig gelebten Lebens werden hier nicht von einer Bruchstelle versehen, sondern als gleichrangige Teile aufgelistet. Eine Verschiebung auf der Ebene der Wortklassen und Grammatik ist damit gegeben. Es handelt sich dabei nicht um eine Verschiebung, die den unterschiedlichen kulturellen oder sprachlichen Systemen anzukreiden ist – vielmehr kann man in diesem Fall von einer individuellen und substantiellen Verschiebung sprechen.

Die nächste Verschiebung findet in Zeile 52 statt:

Zieltext Smit Konjunktionen 52 maar [ook] * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Konjunktionen wenn auch

43

Anfänglich sehen „maar ook“ und „wenn auch“ gleich aus, man muss hier jedoch zwei unterschiedliche grammatikalische Funktionen feststellen. Der Zieltext stellt mit seiner Konjunktion eine restriktive Beziehung her, mit dem hinzugefügten Gradpartikel „auch“, während die im Quelltext verwendete Konjunktion eine konzessive Beziehung hervorruft. Während der Zieltext von einem „jedoch“ ausgeht, ist im Quelltext ein „obwohl“ ersichtlich – damit ist eine unterschiedliche grammatikalische Konstruktion gegeben. Diese Entscheidung ist eine poetische Wahl des Übersetzers, demzufolge liegt hier eine individuelle und substantielle Verschiebung vor.

In Zeile 65 hat was Konjunktionen anbelangt ebenfalls eine Verschiebung stattgefunden:

Zieltext Smit Konjunktionen 65 omdat * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Konjunktionen dabei

Eine Verwendung als Pronominaladverb von „dabei“ ist auch möglich, aber in diesem Fall wird das Wort als Konjunktion verwendet. Die Zeile im Zieltext lautet „dit alles omdat wij toch weten“; im Quelltext lautet sie „dabei wissen wir doch“. Im Zieltext wurde eine kausale Konjunktion verwendet, die die Ursache eines Sachverhalts angibt. Es könnte eine kausale Beziehung zwischen dem ganzen vorhergehenden Text und einer Art Schlußfolgerung existieren – die Redewendung „dit alles“ könnte sich auf den ganzen Text vor der Konjunktion beziehen. Die Quelltext-Konjunktion „dabei“ ist dahingegen konzessiv oder einräumend zu verstehen: sie drückt einen nicht wirksamen Gegengrund, ein „obwohl“ aus. Damit liegt hier eine unterschiedliche grammatikalische Konjunktion vor. Die Verschiebung kann demzufolge nicht als formell oder konstitutiv betracht werden. Sie ist die Folge einer Entscheidung des Übersetzers und dadurch individuell und substantiell.

Eine weitere Tabelle, die man zur Analyse heranziehen kann, basiert sich auf Auffälligkeiten bei den Nominalphrasen. Bei der Kombination Possessivpronomen mit Nomen treten Lücken auf:

10

Zieltext Smit Possessivpronomin + Nomen zijn vrienden

Quelltext* Possessivpronomin + Nomen seine Freunde

44

12 mijn kost 15 mijn geluk 20 mijn glas water 28 je wensen 35 hun woede 36 38 mijn eten 42 44 mijn tijd 48 50 mijn krachten 54 59 onze zwakheden * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

meinen Unterhalt mein Glück mein Glas Wasser seine Wünsche meine Zeit mein Essen meine Zeit meiner Zeit meine Zeit meine Zeit unseren Schwächen

Die Verschiebung in Zeile 35 wurde schon bei den Nominalphrasen behandelt. Die restlichen fünf Fälle sind:

Zieltext Smit Possessivpronomin + Nomen 36 42 48 50 mijn krachten 54 * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Possessivpronomin + Nomen meine Zeit meine Zeit meine Zeit meine Zeit

Bei den Zeilen 36, 42, 48 und 54 handelt es sich um einen identischen Satz, der jeweils die Strophen des zweiten Teils des Gedichts abschließt. Die nachfolgende Tabelle kann man als Spiegelbild der obigen Tabelle betrachten; die Lücken sind gefüllt, dafür gibt es sie jetzt auf der anderen Seite:

Zieltext Smit Bestimmter Artikel + Nomen 36 de tijd 42 de tijd 48 de tijd 50 54 de tijd * provisorischer Quelltext: Brecht 1967

Quelltext* Bestimmter Artikel + Nomen die Kräfte -

Smits Zeile lautet: Zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was.

Die Zeile im Quelltext lautet: So verging meine Zeit

45

Die mir auf Erden gegeben war.

Es wurde schon in der Analyse der Nominalphrasen festgestellt, daß der Übersetzer eine Strategie angewandt hat, die von Leech und Short als „avoidance of repetition“ bezeichnet wird (Leech & Short 1981, S. 79). Hätte Smit statt den bestimmten Artikel „de“ das Possessivpronomen „mijn“ gewählt, so hatte der Satz nicht nur wie im Quelltext ein zweifaches, sondern ein dreifaches Binnenreim enthalten: „mijn tijd die mij“/“meine Zeit“. Mit der Wahl des bestimmten Artikels hat der Übersetzer hier eine Wiederholung was der Klang betrifft bzw. ein Binnenreim vermieden. Die Verschiebung, die dies zur Folge hat sagt etwas über die übersetzerische Interpretation aus und ist demnach substantiell.

46

A.5

Schlußfolgerung Smit

Smit war 1975 chronologisch gesehen der erste, der das Gedicht übersetzte. Das Verlagsprogramm von Ambo und die Veröffentlichungen Smits im Verlag weisen als Schwerpunkt religiös orientierte Texte auf; außerdem publizierte Smit im Verlag seine eigene Lyrik. Die erste Verschiebung die auf eine spezifische übersetzerische Interpretation Smits hinweist, ist die Verwendung von den Begriffen „zonde“ und „naaste“, die dem religiösen Register entstammen. Die Nähe zur christlichen Religion ist in Smits Lebengeschichte eindeutig nachzuweisen, er gehört zu seinen wesenstlichen biographischen Eckdaten. Laut Meeuwesse ist Smit “een van de meest authentieke religieuze dichters uit onze moderne letterkunde (…)”(1986, S. 292). Hauptthema der Lyrik Smits sei „zijn verlangen naar de nabijheid Gods in de aardse werkelijkheid.“ (ebd.) Gedichte schreiben sei für ihn “vertalen van God in de werkelijkheid geworden of: Gods woord woord laten worden in het zijne.” (ebd.) Somit kann man die Präsenz von den Begriffen „zonde“ und „naaste“ in seiner übersetzerischen Interpretation erklären. Auch die Verschiebungen auf der Ebene der Nomina und Verbalphrasen, die Individualisierung des Problems der Persona und seines Gegenübers, läßt sich aus Smits Biographie, aus seinem persönlichen Kampf mit der organisierten Religion erklären. Zudem wird Smit ein starkes gesellschaftliches Engagement zugeschrieben, wobei er ab einem gewissen Zeitpunkt keiner organisierte Glaubensgemeinschaft mehr angehören wollte – die Folge war sein Austritt aus der katholischen Kirche 1969. Ebenso könnte die Stelle "de liefde pleegde ik" ins Bild eines vergeistigten Autors passen, der sich von der Sexualität entfernt und sich dem Nicht-Körperlichen hinwendet. Einerseits zeigt Smit in seiner Interpretation an zwei Stellen „avoidance of repetition“, womit er in seiner Übersetzung möglicherweise eine zu große sprachliche Dichte vermeiden möchte. Andererseits steht ihm die deutsche Sprache bei seiner Interpretation mehrmals im Wege: bei den Adverbialphrasen und Konjunktionen treten Verschiebungen auf, die auf Smits mangelnde Fremdsprachenkenntnisse zurückzuführen sind. Smit ist kein routinierter Übersetzer; abgesehen von diesem Band ist er nicht als Übersetzer in Erscheinung getreten. Dementsprechend gestaltet sich seine Verantwortung, die die Überschrift „Excuus“ trägt. Hierin berichtet der Autor, daß die Übersetzung von Lyrik eine „hachelijke aangelegenheid“ sei, er sei dabei schon oft gescheitert. Bei seinen Übersetzungen habe er oft intermediäre Texten und die fremdsprachliche Kompetenz seiner Tochter in Anspruch genommen.

47

Die Verschiebungen in der Strophik treten zusammen mit Verschiebungen auf der Ebene der Konjunktionen hervor – hiermit bleibt die Textwelt der Übersetzung in sich geschlossen und logisch. Wie die strophischen Änderungen genau zustande gekommen sind, ist mangels Quelltextangabe nicht genau nachzuvollziehen.

48

B.

Van den Bremt

49

AAN HEN DIE NA ONS KOMEN

1

5

10

– Übersetzung Stefaan van den Bremt

I

II

Werkelijk, ik leef in duistere tijden! Het zorgeloze woord is dwaas. Een glad voorhoofd Wijst op ongevoeligheid. Wie lacht Heeft alleen maar het verschrikkelijke nieuws Nog niet ontvangen.

In de steden kwam ik ten tijde van de wanorde Toen daar honger heerste. Onder de mensen kwam ik ten tijde van het oproer En ik kwam in opstand met hen. Zo verging de tijd Die mij op aarde toegemeten was.

35

Wat zijn dat voor tijden waarin Een gesprek over bomen haast een misdrijf is Omdat het zwijgt van zoveel wandaden! Wie daar rustig op straat loopt Is al niet meer bereikbaar voor zijn vrienden In nood?

40

15

Het is waar: ik verdien nog mijn brood Maar gelooft me: dat is zuiver toeval. Niets Van wat ik doe, geeft me het recht me zat te eten. Toevallig bleef ik gespaard. (Als het lot keert, ben ik verloren.)

45

20

Ze zeggen me: Eet en drink toch! Wees blij dat je ’t kunt! Maar hoe kan ik eten en drinken, als Ik de hongerlijder ontruk wat ik eet, en Wie sterft van dorst mijn glas water mist? En toch eet en drink ik.

50

25

30

Graag was ik ook wijs. In de oude boeken staat wat wijs is: ’s Werelds strijdtoneel mijden en zijn korte tijd Slijten zonder vrees En het redden zonder geweld Kwaad met goed vergelden Zijn wensen niet bevredigen, maar vergeten Geldt als wijs. Dat alles kan ik niet: Werkelijk, ik leef in duistere tijden! III

55

60

Jullie die zult opduiken uit de vloed Waarin wij zijn ondergegaan Gedenkt Als je over onze zwakheden spreekt Ook de duistere tijd Waaraan jullie ontkomen bent. Trokken we niet, vaker van land wisselend dan van schoenen Door de oorlogen der klassen, vertwijfeld Als er slechts onrecht was en geen opstandigheid.

65

70

Daarbij weten we wel: Ook de haat tegen de laagheid Verwringt het gezicht. Ook de woede om het onrecht Maakt de stem schor. Ach, wij Die de grond wilden effenen voor vriendelijkheid Konden zelf niet vriendelijk zijn. Jullie echter, als het zover zal zijn Dat de mens de mens een hulp is Gedenkt ons Welwillend.

50

Mijn eten at ik tussen twee veldslagen in Te slapen legde ik me onder de moordenaars De liefde bedreef ik achteloos En de natuur bekeek ik zonder geduld. Zo verging de tijd Die mij op aarde toegemeten was. De straten leidden naar het moeras in mijn tijd. De taal verried me aan de beul. Ik kon maar weinig doen. Maar zonder mij Zaten de heersers zelfverzekerder: dat hoopte ik. Zo verging de tijd Die mij op aarde toegemeten was. De krachten waren gering. Het doel Lag ver verwijderd Het was goed zichtbaar, hoewel voor mij Amper te bereiken. Zo verging de tijd Die mij op aarde toegemeten was.

AN DIE NACHGEBORENEN – Bertolt

1

5

10

15

20

25

30

Brecht

I

II

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten! Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unemfpindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen.

In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung Als da Hunger herrschte. Unter die Menschen kam ich zur Zeit des Aufruhrs Und ich empörte mich mit ihnen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

35

Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind?

40

Es ist wahr: ich verdiene meinen Unterhalt Aber glaubt mir: Das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.)

45

Man sagt mir: Iß und trink du! Sei froh, daß du hast! Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich.

50

Ich wäre gerne auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen Auch ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen Gilt für weise. Alles das kann ich nicht: Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

55

III

60

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut In der wir untergegangen sind Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid. Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

65

70

75

Dabei wissen wir doch: Auch der Haß gegen die Niedrigkeit Verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht Macht die Stimme heiser. Ach, wir Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit Konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es so weit sein wird Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist Gedenkt unsrer Mit Nachsicht.

51

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten Schlafen legte ich mich unter die Mörder Der Liebe pflegte ich achtlos Und die Natur sah ich ohne Geduld. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit. Die Sprache verriet mich dem Schlächter. Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

B.1

Hintergrund-Informationen

Historisch-bibliographische Informationen Van den Bremts Aan hen die na ons komen ist Teil des Zyklus Svendborger Gedichte, den Van den Bremt 1982 als integrale Übersetzung im Verlag SUN veröffentlichte. Dieser Verlag, der Socialistiese Uitgeverij Nijmegen, bracht den Band als „Sunschrift 177“ und als Teil der Reihe Marxisme en kultuur, in der die unten aufgeführten Werke ebenfalls erschienen:

1979

Sergej Eisenstein, Lessen in regie

1981

Sergej Eisenstein, Montage: het konstruktieprincipe in de kunst

1980

Christian Metz, De beeldsginifikant: psychoanalyse en film

1980

Eric de Kuyper (Hrsg.), Seminar semiotiek van de film: over Christian Metz

Im selben Verlag war 1972 der übersetzte Band Muziek en politiek von Brechts Freund und Kollege Hanns Eisler erschienen. Das Verlagsprogramm enthielt auch übersetzte Werke Brechts:

1972

Teatereksperiment en politiek

1975

Driestuiversproces

1976

Me-Ti – boek der wendingen (Neuauflage 1998, aus Anlaß des Brecht-Jahres)

1978

Tui-roman

1980

Driestuiversroman

Den obigen Informationen zufolge, sind die Svendborgse gedichten fest im Verlagsprogramm eingebettet. Der Band ist bis dato der einzige integral übersetzte Gedichtband Brechts im niederländischen Sprachraum.

Kenntlichmachung als Übersetzung Auf dem Einband sind als Titel Svendborgse gedichten und als Autor Bertolt Brecht angegeben – rein äußerlich ist es nicht erkennbar, daß es sich um Übersetzungen handelt. Explizit wird dies auf dem Titelblatt, das zuerst den Titel, dann den Autor und schließlich den

52

Übersetzer Stefaan van den Bremt ausweist. Im AnSchluß an die Gedichte enthält der Band drei Seiten mit Anmerkungen des Übersetzers und eine Quellenangabe.

Hintergrund-Informationen zum Übersetzer Stefaan van den Bremt Der Romanist Stefaan van den Bremt (1941) ist als Dichter, Übersetzer, Literaturkritiker, Dramatiker und Publizist tätig. Sein Lyrik-Debüt, unter dem Pseudonym Stevi Braem, war der Gedichtband Sextant (1968). Seine Lyrik wird eine gewisse Nähe zum flämischen NeoRealismus zugesagt: d.h. Ablehnung des extremen Subjektivismus und der hermetischen bildlichen Sprache der (literarischen) Strömung der „Vijftigers“, mehr Beschäftigung mit der objektiven Wirklichkeit und eine offenere Kommunikation. Dem folgt ein Phase der Politisierung: in seinen nachfolgenden Werken zeigt er ein ausgeprägtes gesellschaftliches Engagement. Die Bänder Lente in Vorst (1976) und Andere gedichten (1980) enthalten politische Lyrik. In einem Interview sagt Van den Bremt: “Ik heb het gevoel met de bundel Andere gedichten een ideaal te hebben verwezenlijkt, namelijk te hebben aangetoond dat politieke poëzie vandaag de dag mogelijk is.” Dabei habe er die Vorurteile seiner Leser überwinden müssen, “bij de poëzieliefhebber tegenover het politieke, bij de politiek actieve mensen het vooroordeel tegenover poëzie. Op die wijze open ik ook grenzen, heb ik het gevoel een taak te vervullen.” Diese Aufgabe formuliert er folgendermaßen: “Een gedicht dat politiek juist is, blijft zijn geldigheid behouden zolang wat het over de maatschappij zegt geldig blijft. Zolang het soort maatschappij blijft bestaan waartegen het gedicht zich richt, is dat een goed gedicht.” Diese Politisierung ist teilweise auf seine Auslandsreisen zurückzuführen – er besuchte 1968 Kuba und 1969 die palästinensischen Flüchtlingslager in Jordanien. Van den Bremt wurde 1974 wegen seiner Mitverantwortung bei einem palästinensischen Attentat, das 1972 in den Niederlanden verübt wurde, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, dem ein Berufsverbot als Lehrer folgte. Von 1977 bis 1983 war Van den Bremt Redakteur beim marxistisch orientierten Verlag Masereelfonds. Als Redakteur von Kreatief stellt er Sonderausgaben zu den Themen Lateinamerika (1972), Surrealismus (1975), Brecht (1976) und Arbeiterliteratur (1980) zusammen. In der Sekundarliteratur wird daraufhin gewiesen, daß das Bild des Dichters Van den Bremt korrigiert werden sollte – die Bereiche Theater, Literaturkritik und Übersetzung

53

müssen auch in Betracht gezogen werden. „Ten onrechte heeft zijn werk op deze andere gebieden tot nu toe weinig aandacht gekregen“ (Zuiderent 1980). Seine Haltung der Lyrik gegenüber sei immer kritisch gewesen: „Het conflict tussen enerzijds het streven naar verstaanbaarheid en anderzijds de ingewikkeldheid van de werkelijkheid zou dan ook als een rode draad door het werk van Van den Bremt heen gaan lopen: het bepaalde in aanzienlijke mate de evolutie die zijn poëzie op het gebied van thematiek en vormgeving doormaakte, inspireerde de kritische belangstelling voor het socialistisch realisme en meer bepaald voor Brecht (…) (Zuiderent 1980). Die Auswahl der Texte, die Van den Bremt übersetzt hat, sei „symptomatisch voor de eigen poëtische, theatrale en kritische belangstellingssfeer.“ (Zuiderent 1980). Bis zum Anfang der achtziger Jahre gilt er als „sociaal-geëngageerde, Brechtiaanse dichter“ (Zuiderent 1980). Danach findet eine Wende zu einer eher persönlichen Thematik statt. Er widmet sich erotischen Themen und klassischen Versformen. Gerade in diesem Zeitraum erscheint seine Übersetzung der Svendborger Gedichte, an der er allerdings schon seit Jahren gearbeitet hatte.

Van den Bremt ist 1967 einer der Gründer der flämischen Literaturzeitschrift Kreatief. Die Zeitschrift veröffentlicht 1970 seine erste publizistische Beschäftigung mit Bertolt Brecht – unter dem Pseudonym Stevi Braem veröffentlicht er einen Artikel, in dem er Brechts Auffassung von der Sinn und Funktion Lyrik erörtert, und zwei Übersetzungen von BrechtGedichten (slechte tijd voor lyriek en waarom zou mijn naam ook genoemd worden). Im Artikel, der den Titel „Notities bij Brechts bedenkingen ‚Über Lyrik’“ trägt, setzt Van den Bremt sich mit der Poetik Brechts auseinander und vergleicht sie mit der Poetik niederländischsprachiger Dichter. Er analysiert Brechts Aussagen und bewertet sie als fortschrittlich und sehr aktuell. Die Zeitschrift Kreatief widmet 1976, zwanzig Jahre nach dessen Tod, Brecht eine ganze Ausgabe unter dem Titel „Brecht, naar de letter“. Im Vorwort zu dieser Ausgabe bezeichnet Van den Bremt den zwanzigsten Todestag als Anlass, sich „kritisch te bezinnen over de nalatenschap van deze representatieve tijdgenoot.“ (Van den Bremt 1976, S. 3). Die Ausgabe befasse sich mit dem mit den Schriften Brechts, die nichts mit dem Theater zu tun haben, da mehrere Theater-Stücke in niederländischer Fassung vorliegen, während das literarische Werk „voor de meeste lezers nog een grote onbekende blijft“ (ebd). Die hohen finanziellen Forderungen des Suhrkamp-Verlags habe jedoch die ursprüngliche Idee, die Ausgabe als Anthologie aufzumachen, verhindert. Deshalb bestehe das Heft aus Essays, in denen Brecht jedoch mittels einer großen Zahl Zitate zu Wort komme. In der nachfolgenden Bibliographie 54

der vorliegenden niederländischen Brecht-Übersetzungen sind lediglich neun Gedichte verzeichnet, die sich „uitsluitend in bloemlezingen“ befänden. Zwei dieser Übersetzungen, die aus dem Svendborger Zyklus stammen, Fragen eines lesenden Arbeiters und An die Nachgeborenen, sind Gegenstand des Essays „Poëzie van Brecht vertalen … Een embryonale gedachtenwisseling met Gabriël Smit“ (Van den Bremt 1976b, S. 27-46). Van den Bremt stellt fest, daß Gabriël Smit einer der wenigen ist, die Brechts Lyrik ins Niederländische übertragen haben. Smits Anthologie Grensverkeer enthält vier dieser Übersetzungen; Van den Bremt habe zwei der Texte zufälligerweise auch selbst übersetzt. Ein Vergleich liege deswegen auf der Hand. Dieser öffentliche Gedankenaustausch solle zu einer Debatte beitragen, in der Fragen zur Übersetzungsmethodik und zur Übersetzbarkeit von Lyrik erörtert werden. In einer Fußnote verweist Van den Bremt auf die gerade entfachte übersetzungstheoretische Debatte, an dem u.a. sein Landsmann André Lefevere beteiligt ist. (Van den Bremt 1976b, S. 27). Zu einem Austausch sei es aber nicht gekommen, weil Smit die Unterschiede zwischen den beiden seinen und Van den Bremts Übersetzungen für geringfügig und nicht diskussionswürdig hielt. Es folgen der Quelltext, die beiden Versionen von Smit und Van den Bremt, und dessen Bemerkungen zu Smits Version. Die Verschiebungen die er in den Bemerkungen festhält, beziehen sich u.a. auf die Poetik Brechts, zu deren Merkmale fehlende Übertreibung und eine „gestische“ Ausdrucksweise zähle. Im selben Heft veröffentlicht Van den Bremt das Essay „Realisme en vervreemding in ‚Aus einem Lesebuch für Städtebewohner’. Een lezing ten gerieve van het voortgezet onderwijs“, das Interlinear-Übersetzungen von sechs Brecht-Gedichten enthält (Van den Bremt 1976c).

Die Literatur-Zeitschrift Yang befasst sich 1982 ebenfalls mit Brecht; sie enthält drei der Svendborger Gedichte in der Übersetzung Van den Bremt. Laut Quellenangabe sind sie der Integral-Übersetzung aus demselben Jahr entnommen worden. Die April-Ausgabe 1983 von Kreatief enthält den Zyklus Duits OorlogsABC, eine Auskopplung aus Van den Bremts integrale Übersetzung der Svendborger Gedichte. Die Übersetzung der Svendborger Gedichte zieht auch Kreise in späteren Veröffentlichungen – die Anthologie De dichter is het hart van de wereld. Honderd dichters van Achterberg tot Yeats (Janssens und Van Vliet 1986) enthält Vragen van een lezende arbeider in der Übersetzung Van den Bremts. Als Quelle ist Kreatief (10/4, 1976) angegeben. Im Text wurden im Vergleich zu dieser Quelle jedoch zwei Änderungen vorgenommen: 55

Filips van Spanje weende toen zijn vloot gekelderd werd. (Van den Bremt 1976b)

Filips van Spanje weende toen zijn vloot gekelderd was. (Van den Bremt 1986)

[Kursivierung d. Verf.]

Die Änderung lässt darauf schließen, daß die Zusammensteller der Anthologie auch Van den Bremts Fassung aus 1982 zu Kenntnis genommen haben, da diese vollständig mit deren Version übereinstimmt. Weiterhin wurde eine Änderung in der Zeichensetzung vorgenommen: die Leerzeichen vor den Fragezeichen aus Van den Bremt 1976b wurden getilgt. Die Anthologie Gedicht en omgedicht (Claes und Denissen 1993) enthält sechs Gedichte, die von Van den Bremt übertragen wurden, u.a. Vragen van een lezende arbeider. Als Quelle ist die integrale Übersetzung der Svendborger Gedichte im Verlag SUN von 1982 angegeben und der Text entspricht dieser Quelle vollständig.

Zu den sonstige Übersetzungen von Stefaan van den Bremt zählen:

Lyrik aus dem Französischen: -

Emile Verhaeren

-

Maurice Maeterlinck

-

Marc Dugardin

-

Aimé Césaire

Prosa aus dem Französischen: -

Maryse Condé

-

Marie Gevers

Lyrik aus dem Englischen: -

Wallace Stevens

56

Lyrik aus dem Spanischen: -

Jorge Guillén

-

Jorge Luis Borges

-

Jaime Sabines

-

Joaquín Silva

-

Octavio Paz

-

José Lezama Lima

-

José Luis Sierra

Prosa aus dem Spanischen: -

Cristina Fernández Cubas

Lyrik aus dem Deutschen: -

Franz Kafka

Librettos aus dem Deutschen von Richard Wagner, aus dem Italienischen von Mozart und Guiseppe Verdi.

Theaterstücke aus dem Deutschen: -

Heiner Müller

-

Bertolt Brecht (Die Mutter)

Hintergrund-Informationen Quelltext Van den Bremt Die letzte Seite des Buches enthält das Impressum. Zum Quelltext wird folgendes ausgesagt:

De nederlandse vertaling berust op: Bertolt Brecht, Svendborger Gedichte, uit: Gesammelte Werke. Band 9 © Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1967

Suhrkamp veröffentlichte 1967 zwei textgleiche Versionen der Gesammelten Werke, eine Dünndruckausgabe in zehn Bänden und eine Werkausgabe in 20 Bänden. Letztere wurde von Van den Bremt als Quelltext verwendet.

57

B.2

Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext

Die Erstellung eines semantisch-pragmatischen Skeletts stellt der erste Schritt des Verfahrens dar. Eine Bestimmung der Elemente der situativen Dimension, der „poetischen Stimme“ und der Persona, der deiktischen Elemente, der Gattung, der Struktur und des Themas des Textes werden dabei vorgenommen. Da die Quelltexte der vorliegenden Arbeit sich rein pragmatisch gesehen sehr nahe stehen, tun sich naturgemäß Parallelen zum semantisch-pragmatischen Skelett der Übersetzung Gabriël Smits auf. Das unten beschriebene Skelett wird dementsprechend zu großen Teilen mit dem Smitschen übereinstimmen.

Die wichtigsten Subjekte des Zieltext sind eine nachfolgende Gruppe, die im Titel Aan hen die na ons komen angedeutet wird, und eine Persona, ein „ik“, das in der ersten Zeile eingeführt wird und im ganzen Text die poetische Stimme darstellt. Diese Persona trifft auf eine Gemeinschaft, die hungert, und solidarisiert sich mit ihr. Die Persona hat ebenfalls mit Mördern, Henkern und Herrschenden zu tun. Außerdem begegnet die Persona ein „wie“, ein anonymes Subjekt, das bestimmte Verhaltensweisen aufzeigt, („wie lacht…“, Zeile 3). Das „ich“ befindet sich in einem Dialog mit diesem Subjekt. Neben der Persona bewegt sich ein „jullie“ , ein nachgeborenes Subjekt, das angesprochen wird; diesem „jullie“ werden Hintergründe erklärt. Dieses Objekt soll den Vorgängern, inklusive der erzählenden Persona, wenn die Welt sich geändert hat, mit Nachsicht erinnern. Im Text spielen Tiere oder lebendige, personifizierte Objekte keine Rolle. Die wichtigsten Objekte sind Teil der Landschaft, die die Persona umgibt, wie Bäume, Straßen, Städte, Länder, die Natur.

Der Zieltext von Van den Bremt besteht aus freien, ungereimten Versen. Das Gedicht besteht aus insgesamt dreizehn Strophen und drei Teilen, die man als relativ autonom betrachten kann; man könnte sie als drei eigenständige Texte lesen.

Der erste Teil enthält zwei Fragesätze, die die Verunsicherung der Persona und ihren Konflikt mit der Welt, in der sie lebt, ausdrücken. Außerdem enthält die dritte Strophe Befehls- oder Aufforderungssatz (Zeile 13: „gelooft me“), das Gegenüber wird zum ersten mal im Gedicht direkt angesprochen.

58

Die direkte Rede in Zeile 16 ist ebenfalls Ausdruck der schwierigen Beziehung zwischen der Persone und ihrer sozialen Umgebung. Das Umfeld wirft der Persona Undankbarkeit vor.

Anhand der Personalpronomina der ersten oder zweiten Person lassen sich die wichtigen Subjekte feststellen:

Strophe (Teil 1) 1 2 3 4 5

Personalpronomina der 1. und 2. Person ik ik mijn me ik me me ik ik me je (direkte Rede) ik ik ik mijn ik ik ik ik

(Teil 2) 6 7 8 9

ik ik ik mij ik ik me ik ik mij mijn me ik mij ik mij mij mij

(Teil 3) 10 11 12 13

jullie wij je onze jullie we we wij jullie ons

Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß im ersten Teil ausschließlich die erste Person Singular verwendet wird. Im zweite Teil des Gedichtes ist ebenfalls ausschließlich diese Person vertreten. Im dritten Teil treten die erste und die zweite Person in ungefähr gleicher Frequenz auf. Der erste Teil fängt mit einem sakral wirkenden Ausruf an. Im ersten Teil wird ein „ich“ eingeführt, das die Schwierigkeiten beschreibt, sich in den aktuellen finsteren Zeiten richtig zu Verhalten. Als problematisch empfindet die Persona verschiedene Gegebenheiten des Alltags: man könne nicht mehr lachen, nicht über Allerweltsthemen sprechen, nicht mehr spazierengehen. „Normales“ Verhalten sei eine Verneinung der grausamen Wirklichkeit. Die Tatsache, daß es der Persona gut geht und daß sie zu essen und trinken hat, sei lediglich Zufall. Ihre Umgebung sagt der Persona, sie solle ob ihres Glückes froh sein – sie selbst habe aber ein schlechtes Gewissen. Außerdem gelinge es der Persona nicht, sich der Tugenden alter

59

Verhaltenslehren, wie Gewaltlosigkeit, Angstfreiheit und Verzicht, anzunehmen. Die Aussage bezüglich der schwierigen Zeit wird in der letzten Zeile des ersten Teils wiederholt.

Der zweite Teil besteht vollständig aus Aussagesätzen und ist demnach eine Beschreibung. Jede der vier Strophen wird mit dem gleichen Satz abgeschlossen. Im zweiten Teil schildert die Persona, wie sie ihr Leben verbracht hat. Sie habe in einem Sumpf, einer kriegerischen städtischen Landschaft agiert; diese Landschaft bestand aus einer chaotischen Gemeinschaft, die sich in Aufruhr befand habe. Mit dieser Gemeinschaft habe die Persona sich solidarisiert. Es tobten Schlachten, es herrschten Wut und Hunger. Die Persona habe mit Mördern verkehrt und den Herrschern die Unterstützung verweigert. Dabei habe sie den einzigen positiv besetzten Begriffen, Liebe und Natur, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Grundbedürfnisse Essen und Schlaf seien notdürftig befriedigt worden. In dieser Situation haben ihre sprachlichen Äußerungen die Persona in Gefahr gebracht: sie haben das Interesse der Henker erweckt. Die Persona habe sich in dieser Umgebung als zu schwach empfunden und sei sich ihrer Wirkung nicht sicher gewesen – sie sei jedenfalls nicht in der Lage gewesen, ein großes und wichtiges Ziel zu erreichen. Der dritte besteht aus vier Strophen – die zweite und dritte Strophe enthalten nur Aussagesätze, die umringenden Strophen enthalten jeweils einen Befehls- oder Aufforderungssatz. In den letzteren spricht die Persona sein Gegenüber direkt an. Im dritten Teil spricht die Persona ein Gegenüber, ein „jullie“ an. Sie und die Gemeinschaft, von der sie ein Teil ist (ein „wij“), haben sich für den internationalen Klassenkampf viel bewegen müssen und auf persönliche Bedürfnisse verzichtet. Dabei seien sie oft verzweifelt gewesen und waren sie, was das Zwischenmenschliche anbelangt, nicht aufmerksam genug – es habe ihnen an Geduld und Freundlichkeit gefehlt, obwohl sie gerade auch für diese Sachen gekämpft haben. Wenn das Gegenüber in einer menschenfreundlichen Gesellschaft lebt, für die die Persona und ihre Mitstreiter gekämpft haben, solle er sich nicht nur deren Fehler entsinnen, sondern auch deren Bemühungen, eine bessere Welt herbeizuführen. Der nächste Punkt ist das deiktische Zentrum, das „Hier“ und „Jetzt“ der Textwelt. Die Persona berichtet aus einem nicht näher definierten Raum über ihre Vergangenheit und richtet ein Aufforderung an die Nachgeborenen. Über ihren aktuellen Aufenthaltsort ist nichts in Erfahrung zu bringen, nur über die Situation im Allgemeinen und über die Stadtlandschaft und die Kriegsschauplätze, wo sie sich vorher aufgehalten hat. 60

Zur temporalen Deixis können Aussagen gemacht werden die sich auf bestimmte textuelle Merkmale beziehen. Ein Anhaltspunkt ist die Anwesenheit von Zeitadverbien, wie „gestern“ oder „morgen“. Im vorliegenden Text fehlen diese gänzlich. Den temporalen deiktischen Nullpunkt kann man anhand der Tempora feststellen:

Präsens Teil 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

Präteritum

Perfekt

Infinitiv

Präteritumperfekt

leef is wijst, lacht heeft ontvangen zijn is zwijgt loopt is is, verdien gelooft, is doe, geeft keert zeggen, eet, drink, wees, kunt kan ontruk, eet sterft, mist eet, drink was staat, is

eten ben verloren

bleef gespaard

eten, drinken

mijden slijten redden vergelden bevredigen, vergeten geldt kan leef

Teil 2 31 32 33 34 35 36

kwam heerste kwam kwam verging

37 38 39

at legde bedreef

toegemeten was slapen

61

Futur

40 41 42

bekeek verging

43 44 45 46 47 48

leidden verried kon zaten, hoopte verging

49 50 51 52 53 54

waren lag was

toegemeten was

toegemeten was

bereiken verging toegemeten was

Teil 3 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

doen

zult opduiken zijn ondergegaan gedenkt spreekt ontkomen bent trokken was weten verwringt maakt wilden konden

effenen zal zijn

is gedenkt

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß der erste Teil überwiegend Verben im Präsens und keine einzige Präteritum-Bildung enthält, der zweite Teil überwiegend im Präteritum und keine Präsens-Formen hat, und im dritten Teil hauptsächlich und zu nahezu gleichen Teilen Präsens- und Präteritum-Bildungen vertreten sind. Dies geht konform der Thematik der drei Teile des Gedichts – erstens eine Schilderung einer schwierigen und konfliktreichen Gegenwart, zweitens die Probleme einer vergangenen Zeit und drittens eine Rechtfertigung und ein Appell für die Zukunft.

62

Beziehung zwischen coding time/content time Die Persona erzählt von der heutigen Zeit aus; sie beschreibt die aktuelle schwierig Lage, die „finsteren Zeiten“, und die Vorgeschichte. Ihre Aufforderung richtet sich an die Zukunft. Es gibt also drei Zeitbezüge: das Jetzt, in dem die Persona spricht, berichtet und anspricht/auffordert, die Vergangenheit, die beschrieben wird, und die Zukunft, der die Aufforderung/der Aufruf an die Nachgeborenen gilt.

63

B.3

Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext

Als zweiter Schritt der Analyse werden die Ergebnisse des semantisch-pragmatischen Skeletts mit dem Quelltext verglichen. Die Frage dabei ist, ob die Ergebnisse auch für den Quelltext gelten. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte das semantisch-pragmatische Skelett sollte derartig erarbeitet werden, daß eine Überstimmung gegeben ist. Falls auf dieser Ebene substantielle Verschiebungen stattfinden, sollten diese erfasst werden. Das semantisch-pragmatische Skelett besteht aus Daten, die sich auf die Subjekte, Objekte, Situationen, Deixis, Gattung, Struktur und Thematik beziehen. In diesen Punkten stimmen der Zieltext von Van den Bremt und der Quelltext im Wesentlichen überein. Eine Überarbeitung des semantisch-pragmatischen Skeletts ist demnach nicht erforderlich; das Skelett ist in der vorliegenden Form als tertium comparationis brauchbar.

64

B.4

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen in duistere tijden het zorgeloze woord, een glad voorhoofd ongevoeligheid, het verschrikkelijke nieuws wat zijn dat voor tijden een gesprek over bomen, een misdrijf -, zoveel wandaden op straat zijn vrienden in nood mijn brood zuiver toeval recht het lot de hongerlijder glas water, in de oude boeken ’s werelds strijdtoneel, zijn korte tijd zonder vrees zonder geweld kwaad met goed vergelden zijn wensen in duistere tijden in de steden, ten tijde van de wanorde honger onder de mensen, ten tijde van het oproer de tijd op aarde mijn eten, tussen twee veldslagen in onder de moordenaars de liefde de natuur, zonder geduld de tijd op aarde de straten, naar het moeras, in mijn tijd de taal, aan de beul de heersers de tijd op aarde de krachten, het doel -

Quelltext Nominalphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort, eine glatte Stirn Unempfindlichkeit, der Lachende die furchtbare Nachricht was sind das für Zeiten ein Gespräch über Bäume, ein Verbrechen ein Schweigen, so viele Untaten über die Straße seine Freunde in Not meinen Unterhalt nur ein Zufall mein Glück dem Hungernden Glas Wasser, einem Verdurstenden in den alten Büchern aus dem Streit der Welt, die kurze Zeit ohne Furcht ohne Gewalt Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche in finsteren Zeiten in die Städte, zur Zeit der Unordnung Hunger unter die Menschen, zur Zeit des Aufruhrs meine Zeit auf Erden mein Essen, zwischen den Schlachten unter die Mörder der Liebe die Natur, ohne Geduld meine Zeit auf Erden die Straßen, in den Sumpf, zu meiner Zeit die Sprache, dem Schlächter die Herrschenden meine Zeit auf Erden die Kräfte, das Ziel in großer Ferne -

65

53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

de tijd op aarde uit de vloed onze zwakheden de duistere tijd vaker van land wisselend dan van schoenen de oorlogen der klassen slechts onrecht, geen opstandigheid de haat tegen de laagheid het gezicht de woede om het onrecht de stem de grond, voor vriendelijkheid de mens de mens, een hulp -

meine Zeit auf Erden aus der Flut unseren Schwächen der finsteren Zeit öfter als die Schuhe die Länder wechselnd die Kriege der Klassen nur Unrecht, keine Empörung der Haß gegen die Niedrigkeit die Züge der Zorn über das Unrecht die Stimme den Boden, für Freundlichkeit der Menschen dem Menschen, ein Helfer mit Nachsicht

Zunächst wird festgestellt, an welchen Stellen Nominalphrasen im Zieltext keine Entsprechung im Quelltext haben und umgekehrt. In diesem Bereich treten sechs Verschiebungen auf :

3 8 14 19 50 74

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen ongevoeligheid, -, zoveel wandaden recht glas water, -

Quelltext Nominalphrasen Unempfindlichkeit, der Lachende ein Schweigen, so viele Untaten Glas Wasser, einem Verdurstenden in großer Ferne mit Nachsicht

Was die Verschiebung in Zeile 3 betrifft, kann man auf die komparative Analyse der SmitÜbersetzung verweisen – entsprechend diesem Fall ist die Verschiebung hier als eine konstitutive und formelle Verschiebung zu betrachten, die für die Makrostruktur des Textes und für die Erarbeitung der Textwelt nicht von wesentlicher Bedeutung ist. Die Zeile 14 zeigt, analog zum Smit-Zieltext, ebenfalls eine Verschiebung was die Anwesenheit eines Nomens betrifft:

14

Zieltext Van den Bremt Nomina recht

Quelltext Nomina -

66

Auf der mikrostrukturellen Ebene wird hier eine formelle Verschiebung festgestellt, die keinen wesentlichen Einfluss auf die makrostrukturelle Ebene hat. Es bleiben also vier Verschiebungen übrig, die nicht im Smit-Kapitel behandelt wurden:

8 19 50 74

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen -, zoveel wandaden glas water, -

Quelltext Nominalphrasen ein Schweigen, so viele Untaten Glas Wasser, einem Verdurstenden in großer Ferne mit Nachsicht

8

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen -, zoveel wandaden

Quelltext Nominalphrasen ein Schweigen, so viele Untaten

In Zeile 8 ist an der Stelle des quelltextlichen substantivierten „Schweigen“ keine nominale Entsprechung vorhanden. Im Quelltext „zwijgt een gesprek“, im Zieltext „schließt ein Gespräch ein Schweigen ein“. Wenn man diesen Unterschied aus der Perspektive der Kategorie des Registers betrachtet, kann man eine Kennzeichnung der Verschiebung vornehmen. Die Redewendung im Zieltext ist eher einem spezifisch lyrischen Register zuzuordnen; indes könnte man den quelltextlichen Ausdruck unter dem Register der nichtlyrischen Prosa-Sprache verbuchen. Die Verschiebung im Register ist eine individuelle, sie ist einer Entscheidung des Übersetzers zuzuschreiben. Die Textwelt des Zieltexts ist diesem Einfluss ausgesetzt.

Die nächste Verschiebung findet man in Zeile 19:

19

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen glas water, -

Quelltext Nominalphrasen Glas Wasser, einem Verdurstenden

Für die Zuordnung der Verschiebung ist es sinnvoll, die vorhergende Zeile 18 herbeizuziehen:

18 19

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen de hongerlijder glas water, -

Quelltext Nominalphrasen dem Hungernden Glas Wasser, einem Verdurstenden

Von den beiden leidenden Personen des Quelltexts, der „Hungernde“ und der „Verdurstende“, kann im Niederländischen, unter der Voraussetzung des gängigen Sprachgebrauchs im niederländischen linguistischen System, nur der „Hungernde“ mit einem üblichen Substantiv 67

bezeichnet werden. Für eine Person im Zustand des Durstes gibt es keine Entsprechung auf nominaler Ebene. Der Satzteil „wie sterft van dorst“ bewegt sich somit innerhalb des niederländischen linguistisch-kulturellen Systems. Das Fehlen einer Nominalphrase ist als konstitutive und formelle Verschiebung zu verstehen; die Makrostruktur des Textes und die Textwelt sind nicht betroffen.

Was die Anwesenheit bzw. das Fehlen einer Nominalphrase betrifft, befindet sich die nächste Verschiebung in Zeile 50:

50

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen -

Quelltext Nominalphrasen in großer Ferne

In diesem Fall liegt ein Unterschied zwischen dem Nominalen und einer Adjektivphrase vor. Dies ist einer allgemeinen Tendenz zuzuschreiben, wonach das niederländische linguistische System in seiner Ausdrucksweise eher verbal und das deutsche eher nominal ausgerichtet ist. Damit ist die zieltextliche Wahl für „ver verwijderd“ zu erklären. Man kann hier demnach nicht von einem strukturellen Phänomen sprechen; die Auswahl hat keinen Einfluß auf die makrostrukturelle Ebene oder die Textwelt.

Auch in Zeile 74 ist eine Verschiebung festzustellen:

74

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen -

Quelltext Nominalphrasen mit Nachsicht

Der Teilsatz lautet im Zieltext: „Gedenkt ons Welwillend.“

Im Quelltext lautet er: „Gedenkt unsrer Mit Nachsicht“

68

In Zeile 50 war festzustellen, daß das niederländische linguistische System in manchen Fällen Verbalkonstruktionen statt Nominalkonstruktionen bevorzugt; hier kann man feststellen, daß in anderen Fällen Adverbkonstruktionen bevorzugt werden. Damit bewegt sich die Zeile in einem gängigen zielsprachlichen linguistischen Rahmen; die Verschiebung ist demzufolge als konstitutiv und formell zu bezeichnen.

Eine weitere Verschiebung tritt in Zeile 37 auf:

37

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen mijn eten, tussen twee veldslagen in

Quelltext Nominalphrasen mein Essen, zwischen den Schlachten

Die Nominalphrase enthält im Zieltext das Zahlwort „twee“ und im Quelltext an der gleichen Stelle den bestimmten Artikel „den“. Dies ist wiederum auf den strukturellen Unterschied zwischen dem zieltextlichen und dem quelltextlichen linguistischen System zurückzuführen: in Verbindung zum Konzept „tussen“ bedarf es im Niederländischen eine Spezifizierung zur Betonung des temporalen im Gegensatz zum lokalen Aspekt. Dafür kommt in diesem Fall das Zahlwort „twee“ zur Anwendung. Im Deutschen ist dies nicht erforderlich, das temporale Element wird vom bestimmten Artikel „den“ abgedeckt. Somit kann man die Verschiebung als konstitutiv und formell bezeichnen – sie hat keinen Einfluß auf die Makrostruktor des Textes oder auf die Gestaltung der Textwelt.

Die Kategorie der Verschiebung in Bezug auf die Benutzung von Singular- und PluralFormen der Substantive, die im Fall des Smit-Zieltextes von Bedeutung war, spielt in der komparativen Analyse der vorliegenden Texte keine Rolle: es treten in dieser Hinsicht keine Verschiebungen auf. Abgesehen von der Zeile 8, die oben besprochen wurde, treten innerhalb der Kategorie des verwendeten Registers ebenfalls keine Verschiebungen auf. Der Vergleich der Nominalphrasen gibt für die Analyse also nicht mehr her.

69

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51

Zieltext Van den Bremt Verbalphrasen ik leef in duistere tijden het zorgeloze woord is dwaas wijst, lacht heeft ontvangen wat zijn dat voor tijden haast een misdrijf is zwijgt van loopt is hij al niet meer bereikbaar het is waar, ik verdien nog mijn brood gelooft me, dat is zuiver toeval niets van wat ik doe, geeft me het recht me zat te eten toevallig bleef ik gespaard, als het lot keert, ben ik verloren ze zeggen mij, eet en drink, wees blij dat je ‘t kunt maar hoe kan ik eten en drinken als ik de hongerlijder ontruk wat ik eet wie sterft van dorst mijn glas water mist en toch eet en drink ik graag was ik ook wijs staat wat wijs is ’s werelds strijdtoneel mijden zijn korte tijd slijten zonder vrees en het redden zonder geweld kwaad met goed vergelden zijn wensen niet bevredigen, maar vergeten geldt als wijs dat alles kan ik niet ik leef in duistere tijden in de steden kwam ik toen daar honger heerste onder de mensen kwam ik en ik kwam in opstand met hun zo verging de tijd die mij op aarde toegemeten was mijn eten at ik te slapen legde ik me de liefde bedreef ik achteloos de natuur bekeek ik zonder geduld zo verging de tijd die mij op aarde toegemeten was de straten leidden naar het moeras de taal verried mij aan de beul ik kon maar weinig doen maar zonder mij zaten de heersers zelfverzekerder, dat hoopte ik zo verging de tijd die mij op aarde toegemeten was de krachten waren gering het doel lag ver verwijderd het was goed zichtbaar

Quelltext Verbalphrasen ich lebe in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht deutet hin, hat empfangen was sind das für zeiten fast ein Verbrechen ist einschließt geht ist wohl nicht mehr erreichbar die in Not sind es ist wahr, ich verdiene meinen Unterhalt glaubt mir, das ist nur ein Zufall nichts von dem was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen zufällig bin ich verschont, wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren man sagt mir, iß und trink du, sei froh daß du hast aber wie kann ich essen und trinken wenn ich dem Hungernden entreiße was ich esse mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt und doch esse und trinke ich ich wäre auch gerne weise steht was weise ist sich aus dem Streit der Welt halten halten die kurze Zeit ohne Furcht verbringen ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen gilt für weise alles das kann ich nicht ich lebe in finsteren Zeiten in die Städte kam ich als da Hunger herrschte unter die Menschen kam ich und ich empörte mich mit ihnen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war mein Essen aß ich schlafen legte ich mich der Liebe pflegte ich achtlos die Natur sah ich ohne Geduld so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Straßen führten in den Sumpf die Sprache verriet mich dem Schlächter ich vermochte nur wenig die Herrschenden saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Kräfte waren gering das Ziel lag in großer Ferne es war deutlich sichtbar

70

52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

hoewel voor mij amper te bereiken zo verging de tijd die mij op aarde toegemeten was jullie die zult opduiken uit de vloed waarin wij zijn ondergegaan gedenkt als je over onze zwakheden spreekt waaraan jullie ontkomen bent trokken we niet, vaker van landen wisselend dan van schoenen, door de oorlogen der klassen als er slechts onrecht was daarbij weten we wel [de haat tegen de laagheid] verwringt het gezicht [de woede om het onrecht] maakt de stem schor [wij] die de grond wilden effenen voor vriendelijkheid [wij] konden zelf niet vriendelijk zijn als het zover zal zijn dat de mens de mens een hulp is gedenkt ons -

wenn auch für mich kaum zu erreichen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut in der wir untergegangen sind gedenkt wenn ihr von unseren Schwächen sprecht der ihr entronnen seid gingen wir doch, öfter die Schuhe als die Länder wechselnd, durch die Kriege der Klassen wenn da nur Unrecht war dabei wissen wir doch [der Haß gegen die Niedrigkeit] verzerrt die Züge [der Zorn über das Unrecht] macht die Stimme heiser [wir] die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit [wir] konnten selber nicht freundlich sein wenn es so weit sein wird daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist gedenkt unsrer -

Auf der Ebene der Verbalphrasen treten mehrere Verschiebungen auf. Naturgemäß gibt es darunter, wie bei der Analyse des Falles Smit, Überschneidungen. Die Verschiebungen in den unten aufgeführten Zeilen wurden demnach schon beim Vergleich der Nominalphrasen analysiert:

3 8 19

Zieltext Van den Bremt Verbalphrasen wijst, lacht zwijgt van wie sterft van dorst mijn glas water mist

Quelltext Verbalphrasen deutet hin, einschließt mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt

Was die Anwesenheit einer Verbalphrase betrifft, sieht man in Zeile 11 eine Verschiebung:

11

Zieltext Van den Bremt Verbalphrasen -

Quelltext Verbalphrasen die in Not sind

Die Notsituation, in der die Freunde des Subjekts sich befinden, ist im Quelltext in einem Nebensatz beschrieben; „die in Not sind“. Im Zieltext wird die Phrase „in nood“ verwendet. Dabei handelt es sich um eine Adjektivphrase, die auf der grammatikalischen und

71

semantischen Ebene ansonsten die gleiche Funktion wie der Nebensatz im Quelltext ausübt. Hier liegt also keine substantielle, sondern eine formelle Verschiebung vor, die die Textwelt nicht im Wesentlichen berührt.

Eine weitere Verschiebung liest man in Zeile 16:

16

Zieltext Van den Bremt Verbalphrasen ze zeggen mij, eet en drink

Quelltext Verbalphrasen man sagt mir, iß und trink du

Das Gegenüber, das im semantisch-pragmatischen Skelett ausführlich dargestellt ist, spricht in dieser Zeile das Subjekt des Textes direkt an. Im Zieltext spricht das Gegenüber in der 3. Person Plural („ze“), im Quelltext in der 2. Person Singular (was die Grammatik des Verbs betrifft), in der allgemeinen Form „man“. In beiden Fällen ist die Situation klar: das Subjekt steht hier einer Gruppe gegenüber. Auch auf der Ebene des sprachlichen Stils sind „ze“ und „man“ als gleichwertig zu beurteilen – in der Zielsprache würde „men“ zu einem eher formalen Sprachgebrauch tendieren und demzufolge eine Verschiebung herbeiführen. Im vorliegenden Fall tritt also keine individuelle, sondern eine konstitutive und formelle Verschiebung auf.

Der Vergleich der Verbalphrasen zeigt auch in Zeile 27

27

Zieltext Van den Bremt Verbalphrasen zijn wensen niet bevredigen, maar vergeten

Quelltext Verbalphrasen seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen

Es handelt sich hier um eine Verschiebung zwischen „bevredigen“ und „erfüllen“ auf der semantischen Ebene. Während das zieltextliche „bevredigen“ sich eher dem semantischen Feld der Psyche, oder sogar des Triebs bzw. der Sexualität zugeordnet werden kann, gehört das „Erfüllen von Wünschen“ einer gängigen, neutralen Kollokation an. Die Verschiebung in den Bereich der Erotik stellt eine Verbindung zu Zeile 39 dar:

39

Zieltext Van den Bremt Verbalphrasen de liefde bedreef ik achteloos

Quelltext Verbalphrasen der Liebe pflegte ich achtlos

In der obigen zieltextlichen Zeile kann man ebenfalls einen Ausdruck der aktiven Sinnlichkeit oder Sexualität beobachten. Daraus läßt sich folgern, daß die semantische Verschiebung in 72

Zeile 27 eine bewußte Entscheidung des Übersetzers ist. Diese individuelle Verschiebung kann auch als substantiell bezeichnet werden, weil sie die makrostrukturelle Ebene des Texts berührt.

Wie bei den Nominalphrasen, ergibt eine Analyse des Numerus eine Verschiebung:

58

Zieltext Van den Bremt Verbalphrasen als je over onze zwakheden spreekt

Quelltext Verbalphrasen wenn ihr von unseren Schwächen sprecht

Sowohl Ziel- als Quelltext enthalten haben einen dialogischen Charakter: die Verben in der betroffenen Strophe sind in der 2. Person aufgestellt. Der Unterschied liegt auf der Ebene des Numerus. Im Zieltext handelt es sich mit Ausnahme der Zeile 58 um Plural-Bildungen; indes enthält der Quelltext durchgehend Verben in der 2. Person Plural enthält. Auf der rein grammatikalischen Ebene bildet diese Ausnahme also eine Verschiebung. Wenn man die phonologische Ebene mit einbezieht, ergibt sich im Quelltext ein klares Halbreim-Muster:

55 56 57 58 59 60

Zieltext Van den Bremt Verbalphrasen jullie die zult opduiken uit de vloed waarin wij zijn ondergegaan gedenkt als je over onze zwakheden spreekt [ook de duistere tijd] waaraan jullie ontkomen bent

Quelltext Verbalphrasen ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut in der wir untergegangen sind gedenkt wenn ihr von unseren Schwächen sprecht [auch der finsteren Zeit] der ihr entronnen seid

Jede Zeile der Quelltext-Strophe endet auf einen t-Laut. Im Zieltext weicht nur die Zeile 56 von diesem Halbreim-Muster ab. Da die Verbform „[je] spreekt“ als Singular-Form sich wieder in dieses Muster einreiht, wo die Plural-Form „[jullie] spreken“ es erneut durchbrechen würde, hat die Verschiebung auf der grammatikalischen Ebene keine Entsprechung auf der phonologischen Ebene. Die Verschiebung zeigt ihre Wirkung im Kreis der Strophe, von einem klaren Einfluß auf die Makrostruktur des Textes kann jedoch nicht die Rede sein.

73

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Van den Bremt Präpositionalphrasen in duistere tijden wijst op ongevoeligheid een gesprek over bomen zwijgt van zoveel wandaden op straat loopt niet meer bereikbaar voor zijn vrienden in nood in de oude boeken zonder vrees het redden zonder geweld kwaad met goed vergelden in duistere tijden in de steden kwam ik onder de mensen kwam ik ik kwam in opstand met hen op aarde tussen twee veldslagen door onder de moordenaars op aarde naar het moeras in mijn tijd verried mij aan de beul zonder mij op aarde hoewel voor mij op aarde zult opduiken uit de vloed

Quelltext Präpositionalphrasen in finsteren Zeiten deutet auf Unempfindlichkeit hin ein Gespräch über Bäume ein Schweigen über so viele Untaten über die Straße geht nicht mehr erreichbar für seine Freunde die in Not sind in den alten Büchern sich aus dem Streit der Welt halten ohne Furcht ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten in finsteren Zeiten in die Städte kam ich unter die Menschen ich empörte mich mit ihnen auf Erden zwischen den Schlachten unter die Mörder auf Erden in den Sumpf zu meiner Zeit ohne mich auf Erden in großer Ferne wenn auch für mich auf Erden auftauchen werdet aus der Flut

74

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

als je over onze zwakheden spreekt van land wisselend, van schoenen door de oorlogen der klassen haat tegen de laagheid woede om het onrecht de grond wilden effenen voor vriendelijkheid -

wenn ihr von unseren Schwächen sprecht durch die Kriege der Klassen Haß gegen die Niedrigkeit Zorn über das Unrecht den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit mit Nachsicht

Aus der Liste ist ersichtlich, daß in einigen Fällen der Zieltext eine Präpositionalphrase enthält und der Quelltext nicht oder umgekehrt. Die erste Zeile, für die dies zutrifft, ist Zeile 23:

23

Zieltext Van den Bremt Präpositionalphrasen -

Quelltext Präpositionalphrasen sich aus dem Streit der Welt halten

Die Zeile lautet im Zieltext „’s werelds strijdtoneel mijden “. Der Sachverhalt der Abgrenzung bzw. Distanzierung, die in der Präposition „aus“ in Zusammenhang mit dem Verb halten gegeben ist, findet man im zielsprachlichen Verb „mijden“ deckungsgleich wieder. Eine substantielle Verschiebung ist deshalb nicht vorhanden. Die Verschiebung kann man als konstitutiv auffassen. Die Zeile 44 enthält ebenfalls eine konstitutive Verschiebung auf der präpositionalen Ebene:

44

Zieltext Van den Bremt Präpositionalphrasen verried mij aan de beul

Quelltext Präpositionalphrasen -

Das deutsche Verb „verraten“ ist ein direktes Verb, das ohne Präposition auftritt. Dahingegen wird das niederländische Verb von einer Präposition begleitet, „verraden aan“. Dieser Unterschied geht auf das Konto der unterschiedlichen linguistischen Systeme und sollte deswegen als konstitutive Verschiebung betrachtet werden.

75

Bei dem zielsprachlichen Verb „wisselen van“ und dem deutschen „wechseln“ in Zeil 61 verhält es sich genau so:

61

Zieltext Van den Bremt Präpositionalphrasen van land wisselend, van schoenen

Quelltext Präpositionalphrasen -

Auch hier handelt es sich um eine formelle, konstitutive Verschiebung, die den betroffenen sprachlichen Systemen zugeordnet werden muß. In Zeile 61 ist die syntaktische Rolle der Präposition „van“ im deutschen Verb „wechseln“ inkorporiert.. Demzufolge handelt es sich in beiden Fällen um Verschiebungen, die für die Textwelt und die übersetzerische Interpretation nicht von Bedeutung sind. Außerdem gibt es zwei Fälle, in dem im Quelltext eine Präpositionalphrase vorliegt und im Zieltext nicht:

50 74

Zieltext Van den Bremt Präpositionalphrasen -

Quelltext Präpositionalphrasen in großer Ferne mit Nachsicht

Eine Überschneidung der Analyse ist auch hier gegeben, da die betroffenen Zeilen schon im Rahmen der Nominalphrasen behandelt wurden.

76

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

Zieltext Van den Bremt Adverbialphrasen in duistere tijden nog niet rustig zuiver toeval wees blij graag zonder vrees zonder geweld in duistere tijden ten tijde van de wanorde toen daar honger heerste ten tijde van het oproer tussen twee veldslagen in onder de moordenaars achteloos zonder geduld maar weinig [zonder mij zaten de heersenden] zelfverzekerder goed zichtbaar amper te bereiken -

Quelltext Adverbialphrasen in finsteren Zeiten nur noch nicht ruhig nur ein Zufall sei froh gerne ohne Furcht ohne Gewalt in finsteren Zeiten zur Zeit der Unordnung als da Hunger herrschte zur Zeit des Aufruhrs zwischen den Schlachten unter die Mörder achtlos ohne Geduld nur wenig saßen ohne mich sicherer deutlich sichtbar kaum zu erreichen -

77

55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

vertwijfeld welwillend

verzweifelt -

Im Rahmen der Adverbialphrasen kann lediglich eine Verschiebung festgestellt werden. Sie befindet sich in Zeile 74:

74

Zieltext Van den Bremt Adverbialphrasen welwillend

Quelltext Adverbialphrasen -

In diesem Fall überschneiden sich zwei Vergleiche: eine Analyse der betreffenden Stelle wurde schon im Rahmen der Nominalphrasen durchgeführt.

78

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

Zieltext Van den Bremt Adjektivphrasen in duistere tijden het zorgeloze woord is dwaas, een glad voorhoofd het verschrikkelijke nieuws in de oude boeken, wijs zijn korte tijd wijs in duistere tijden de krachten waren gering ver verwijderd goed zichtbaar -

Quelltext Adjektivphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht, eine glatte Stirn die furchtbare Nachricht in den alten Büchern, weise die kurze Zeit weise in finsteren Zeiten die Kräfte waren gering in großer Ferne deutlich sichtbar -

79

54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

de duistere tijd schor vriendelijk -

der finsteren Zeit heiser freundlich -

Im Bereich der Adjektivphrasen kann keine Verschiebung festgestellt werden.

Laut der Checkliste von Leech und Short kann eine Analyse der Wortklassen sinnvoll sein. Für eine Studie seien u.a. Präpositionen, Konjunktionen, Pronomina, Bestimmwörter, Hilfsverben, Interjektionen geeignet (Leech und Short 1981, S. 78). Zunächst wird eine Liste der verwendeten Konjunktionen erstellt.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

Zieltext Van den Bremt Konjunktionen omdat maar als maar, en, als en en -

Quelltext Konjunktionen weil aber wenn aber, und, wenn und und -

80

22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

en en maar toen en en maar hoewel als als, en daarbij als -

und sondern als und und aber wenn auch wenn wenn, und dabei wenn -

Bei der Vergleich fällt auf, daß die Verwendung der Konjunktionen größtenteils übereinstimmt. Eine Verschiebung ist in Zeile 26 festzustellen:

81

25

Zieltext Van den Bremt Konjunktionen en

Quelltext Konjunktionen -

Im Zieltext lautet die Zeile „en het redden zonder geweld“, im Quelltext „Auch ohne Gewalt auskommen“. Während Van den Bremt die kopulative Konjunktion „en“ benutzt, gehört „auch“ als Gradpartikel einer anderen Wortklasse an. Das Partikel „auch“ stellt jedoch auch in anreihenden Satzverbindung her. In dem Sinne sind die Satzverbindungen im Ziel- und Quelltext als gleichwertig zu beurteilen und ist keine substantielle Verschiebung gegeben.

Eine weitere Tabelle, die man zur Analyse heranziehen kann, basiert sich auf Auffälligkeiten bei den Nominalphrasen. Bei der Kombination Possessivpronomen mit Nomen treten Lücken auf:

10 12 15 20 28 36 38 42 44 48 54 59

Zieltext Van den Bremt Possessivpronomin + Nomen zijn vrienden mijn kost mijn geluk mijn glas water je wensen mijn eten mijn tijd onze zwakheden

Quelltext Possessivpronomin + Nomen seine Freunde meinen Unterhalt mein Glück mein Glas Wasser seine Wünsche meine Zeit mein Essen meine Zeit meiner Zeit meine Zeit meine Zeit unseren Schwächen

Ein Unterschied tritt in vier Fällen hervor:

36 42 48 54

Zieltext Van den Bremt Possessivpronomin + Nomen -

Quelltext Possessivpronomin + Nomen meine Zeit meine Zeit meine Zeit meine Zeit

Bei den Zeilen 36, 42, 48 und 54 handelt es sich um einen identischen Satz, der jeweils die Strophen des zweiten Teils des Gedichts abschließt. Die nachfolgende Tabelle kann man als Spiegelbild der obigen Tabelle betrachten; die Lücken sind gefüllt, dafür gibt es sie jetzt auf der anderen Seite:

82

36 42 48 54

Zieltext Van den Bremt Bestimmter Artikel + Nomen de tijd de tijd de tijd de tijd

Quelltext Bestimmter Artikel + Nomen -

Im Zieltext lautet der Satz: Zo verging de tijd die mij op aarde gegeven was.

Im Quelltext lautet der Satz: So verging meine Zeit Die mir auf Erden gegeben war.

Im Zieltext wurde eine Strategie angewandt hat, die von Leech und Short als „avoidance of repetition“ bezeichnet wird (Leech & Short 1981, S. 79). Hätte der Zieltext statt den bestimmten Artikel „de“ das Possessivpronomen „mijn“ enthalten, so hatte der Satz nicht nur wie im Quelltext ein zweifaches, sondern ein dreifaches Binnenreim enthalten: „mijn tijd die mij“/“meine Zeit“. Mit der Wahl des bestimmten Artikels hat der Übersetzer hier eine Wiederholung was der Klang betrifft bzw. ein Binnenreim vermieden. Die Verschiebung, die dies zur Folge hat sagt etwas über die übersetzerische Interpretation aus und ist demnach substantiell.

83

B.5

Schlußfolgerung Van den Bremt

Van den Bremts Aan hen die na ons komen ist Teil des Zyklus Svendborger Gedichte, den Van den Bremt 1982 als integrale Übersetzung im Verlag SUN veröffentlichte. Bis dato ist dies die einzige komplette Übersetzung einer Sammlung Brecht-Lyrik. Der Band ist im Verlagsprogramm fest eingebettet: neben anderen politische linksorientierten Werken von u.a. Sergej Eisenstein gingen den Svendborgern Gedichten fünf andere Werke Brechts voran. In seiner eigenen Lyrik zeigt Van den Bremt ein ausgeprägtes gesellschaftliches Engagement, sie ist selbsterklärte politische Lyrik. Van den Bremt reiste nach Kuba und Jordanien und ist bekannt für seine verlegerischen links-orientierten Tätigkeiten. Er wird als Dichter als „sociaal-geëngageerde, Brechtiaanse dichter“ bezeichnet (Zuiderent 1980). Spätestens seit 1976 findet in der Zeitschrift Kreatief eine intensive publizistische und übersetzerische Beschäftigung mit Brecht statt, wobei Van den Bremt auch ein Interesse an Übersetzungsmethodik und Übersetzbarkeit von Lyrik zeigt. Van den Bremt ist auch sonst als Übersetzer sehr aktif, insbesondere im lyrischen Bereich. Eine Verschiebung in Richtung lyrischen oder erotisierenden Sprachgebrauchs ist demzufolge ein logischer Schritt in seiner Gestaltung der Textwelt. Auch legt Van den Bremt an der gleichen Stelle wie Smit „avoidance of repetition“ an den Tag.

84

C.

Gielkens & Naaijkens

85

AAN DE KOMENDE GENERATIES

– Übersetzung Jan Gielkens und Ton Naaijkens

I 1

5

10

II

Werkelijk, ik leef in duistere tijden! Het argeloze woord is dwaas. Een glad voorhoofd wijst op gevoelloosheid. Wie lacht heeft de vreselijk tijding alleen nog niet ontvangen.

31

35

Wat zijn dat voor tijden, waarin een gesprek over bomen bijna een misdaad is, omdat het een zwijgen over zo veel wandaden inhoudt! De man die daar rustig over straat loopt is zeker niet bereikbaar meer voor zijn vrienden die in nood zijn?

40

15

Het is waar: ik verdien mijn levensonderhoud nog, maar geloof me: dat is maar toeval. Niets van wat ik doe geeft mij het recht me vol te eten. Toevallig bleef ik gespaard. (Als mijn geluk ophoudt ben ik verloren.)

45

20

Men zegt tegen mij: Eet en drink toch! Wees blij dat je hebt! Maar hoe kan ik eten en drinken, als ik de hongerlijder ontneem wat ik eet en mijn glas water gemist wordt door iemand die van de dorst omkomt? En toch eet en drink ik.

50

25

30

Graag was ik ook wijs. In de oude boeken staat wat wijs is: je buiten de strijd van de wereld houden en de korte tijd zonder vrees doorbrengen, het ook zonder geweld redden, kwaad met goed vergelden, je wensen niet vervullen maar vergeten geldt als wijs. Dat kan ik allemaal niet: werkelijk, ik leef in duistere tijden!

III 55

60

Jullie, die zullen opduiken uit de vloed waarin wij zijn ondergegaan, denk, wanneer jullie over onze zwakheden spreken, ook aan de duistere tijd waaraan jullie zijn ontkomen. Wij gingen immers, vaker van land wisselend dan van schoenen, door de oorlogen der klassen, wanhopig als er slechts onrecht was en geen verontwaardiging.

65

70

Terwijl we toch weten: ook de haat tegen de laagheid vervormt de gelaatstrekken. Ook de woede over het onrecht maakt de stem hees. Ach wij, die de bodem klaar wilden maken voor vriendelijkeid, konden zelf niet vriendelijk zijn. Maar jullie, als het zover zal zijn dat de ene mens een helper voor de ander is, denk aan ons met welwillendheid.

86

In de steden kwam ik ten tijde van de wanorde, toen er honger heerste. Onder de mensen kwam ik ten tijde van het oproer en ik kwam met hen in opstand. Zo verstreek mijn tijd die mij op aarde gegeven was. Mijn eten at ik tussen de veldslagen, slapen ging ik tussen de moordenaars, de liefde bedreef ik achteloos en de natuur zag ik zonder geduld. Zo verstreek mijn tijd die mij op aarde gegeven was. De straten leidden in mijn tijd het moeras in. De taal verried mij aan de slachter. Ik kon maar weinig uitrichten. Maar de heersers zaten zonder mij veiliger, dat hoopte ik. Zo verstreek mijn tijd die mij op aarde gegeven was. De krachten waren gering. Het doel lag op grote afstand het was duidelijk zichtbaar, al was het voor mij nauwelijks te bereiken. Zo verstreek mijn tijd die mij op aarde gegeven was.

AN DIE NACHGEBORENEN – Bertolt

1

5

10

15

20

25

30

Brecht

I

II

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten! Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unemfpindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen.

In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung Als da Hunger herrschte. Unter die Menschen kam ich zur Zeit des Aufruhrs Und ich empörte mich mit ihnen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

35

Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräche über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind?

40

Es ist wahr: ich verdiene meinen Unterhalt Aber glaubt mir: Das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.)

45

Man sagt mir: Iß und trink du! Sei froh, daß du hast! Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich.

50

Ich wäre gerne auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen Auch ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten Sein Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen Gilt für weise. Alles das kann ich nicht: Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

55

III

60

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut In der wir untergegangen sind Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid. Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

65

70

75

Dabei wissen wir doch: Auch der Haß gegen die Niedrigkeit Verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht Macht die Stimme heiser. Ach, wir Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit Konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es so weit sein wird Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist Gedenkt unsrer Mit Nachsicht.

87

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten Schlafen legte ich mich unter die Mörder Der Liebe pflegte ich achtlos Und die Natur sah ich ohne Geduld. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit. Die Sprache verriet mich dem Schlächter. Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

C.1

Hintergrund-Informationen

Historisch-bibliographische Informationen Die Anthologie Spiegel van de Duitse poëzie van 750 tot heden, zusammengestellt von Jan Gielkens und Ton Naaijkens, ist 1984 beim Meulenhoff-Verlag in Amsterdam erschienen. Laut der Rückseite des Bandes ist die “representatieve bloemlezing” der deutschen Lyrik der erste “in een reeks van buitenlandse ‘Spiegels’”. Der erste “Spiegel” überhaupt ist Spiegel van de Nederlandse poëzie; der Band wurde 1965 von Victor E. van Vriesland herausgegeben. Die Nachfolger der Anthologie der deutschen Lyrik waren folgende Bänder:

1988

Spiegel internationaal: moderne poëzie uit 21 talen, Hrsg. von Maarten Asscher und Laurens Vancrevel

1988

Spiegel van de Grieks poëzie van oudheid tot heden, Hrsg. von Hans Warren und Mario Molegraaf

1989

Spiegel van de Engelse poëzie uit de gehele wereld van 1200 tot 1900, Hrsg. von Elizabeth Mollison, Henk Romijn Meijer und Gerrit de Blaauw

1991

Spiegel van de klassieke Chinese poëzie, Hrsg. von W.L. Idema

1994

Spiegel van de Friese poëzie van de zeventiende eeuw tot heden, Hrsg. von Teake Oppewal und Pier Boorsma

1995

Spiegel van de Surinaamse poëzie: van de oude liedkunst tot de jongste dichters, Hrsg. von Michiel van Kempen und Jan Bongers

2000

Spiegel van de Russische poëzie van de twaalfde eeuw tot heden, Hrsg. von Willem G. Weststeijn, Peter Zeeman und Frans-Joseph van Agt

2003

Spiegel van de Franse poëzie, Hrsg. von Philip Ingelse

Die Anthologie enthält acht Gedichte von Brecht. Neben An die Nachgeborenen ist ein weiteres Gedicht dem Zyklus Svendborger Gedichte entnommen worden, Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration. Zur Motivation der Auswahl der Gedichte Brechts schrieb Ton Naaijkens später: „Ik denk dat de keuze die in het jaar 1984 voor de Spiegel van de Duitse poëzie gemaakt werd (…) te maken heeft met een poging het marxistische van Brechts huid te krabben en een blik te gunnen op wat hierboven ‘het andere’ van de schrijver heet.” (Naaijkens 1998, S. 229). Damit verweist Naaijkens auf

88

die Bewegung weg vom eindimensional politischen Dichter Brecht hin zum ernstzunehmenden Künstler Brecht, die seit Mitte der siebziger Jahre festzustellen sei.

Kenntlichmachung als Übersetzung In der zweisprachigen Ausgabe haben die Originalgedichte einen hohen Stellenwert; sie sind im Blattspiegel mit einem größeren Schrifttyp vertreten und belegen einen zentralen Platz, während die Übersetzungen kleiner gedruckt sind und sich am unteren Seitenrand befinden. Der Band verfügt zunächst über einen allgemeinen einleitenden Text, der eine historischen und poetischen Übersicht über die deutschsprachige Lyrik gibt. Auch Brechts Poetik und seine Rolle im deutschsprachigen literarischen System werden erwähnt: „Brechts invloed op de Duitstalige poëzie is niet altijd direct zichtbaar maar mag niet onderschat worden. Dat geldt niet alleen voor de poëzie die in de DDR wordt gemaakt. Brecht heeft de schijnheiligheid ontmaskerd en met ogenschijnlijke eenvoud een andere manier van denken ingeleid.” (Gielkens & Naaijkens 1984, S. 13). Außerdem gibt es im Rahmen der Diskussion um den Stellenwert der Lyrik nach Auschwitz einen direkten Hinweis auf das Motiv der Natur und des Baums in An die Nachgeborenen: Die deutschsprachigen Lyriker wüssten nicht, „hoe men de Duitse schande kann overwinnen als rijm als overmoed wordt gezien, als een poëtisch ritme dat een boom beschrijft automatisch een zwijgen inhoudt over de vele misdaden die tegelijkertijd begaan worden.“ (ebd.) Damit wird der hohe Stellenwert von An die Nachgeborenen angesprochen – das Gedicht wurde vielfach poetisch reflektiert.1 Die dichterische Auseinandersetzung mit Brecht findet außerdem im 1970 erschienenen Band Von den Nachgeborenen – Dichtungen auf Bertolt Brecht, herausgegeben von Jürgen P. Wallmann, statt.

Danach folgt ein Text, in dem die Auswahl-Kriterien der Gedichte und die Aufmachung des Bandes motiviert werden. Die Anthologie enthalte Gedichte, worüber ein „algemeen aanvaard oordeel van kwaliteit“ besteht (Gielkens & Naaijkens 1984, S. 18). Gleichzeitig trage die Auswahl den persönlichen “stempel van de samenstellers”; konkret wählten sie Gedichte 1

Siehe zum Beispiel: - Hans Magnus Enzensberger, „Weiterung“, in Blindenschrift, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1964. - Erich Fried, „Gespräch über Bäume“, in Anfechtungen, Berlin: Wagenbach, 1967. - Paul Celan, „Ein Blatt“, in Schneepart, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1971. - Gregor Laschen, „Naturgedicht 7“, in Die andere Geschichte der Wolken, München: Hanser, 1983.

89

„waarin sprake is van een hoge mate van taalbewustzijn” und in denen “grammaticale grenzen en grenzen van het menselijke voorstellingsvermogen worden overschreden, waarin meer risico’s worden genomen dan in teksten daarvóór.” (ebd.) Die Auswahl umfasse außerdem Lyrik, die “ritme, klanken, metaforen tot het uiterste gebruikt in haar spel met symbolen, een spel dat naar eigen orde streeft.” (ebd.) Lyrik, die als “verhalend of anekdotisch” bezeichnet wird, sei nicht aufgenommen worden (ebd.) Bei der Auswahl sei die Übersetzbarkeit der Gedichte kein Kriterium gewesen. Den Übersetzungen seien gelegentlich zum besseren Verständnis erklärende Anmerkungen hinzugefügt worden; bei den acht Brecht-Gedichten An die Nachgeborenen ist dies jedoch nicht der Fall.

90

C.2

Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext

Die Erstellung eines semantisch-pragmatischen Skeletts stellt der erste Schritt des Verfahrens dar. Eine Bestimmung der Elemente der situativen Dimension, der „poetischen Stimme“ und der Persona, der deiktischen Elemente, der Gattung, der Struktur und des Themas des Textes werden dabei vorgenommen. Da die Quelltexte der vorliegenden Arbeit sich rein pragmatisch gesehen sehr nahe stehen, tun sich naturgemäß Parallelen zum semantisch-pragmatischen Skelett der Übersetzung Gabriël Smits auf. Das unten beschriebene Skelett wird dementsprechend zu großen Teilen mit den der anderen Zieltexte übereinstimmen.

Die wichtigsten Subjekte des Zieltext sind eine nachfolgende Gruppe, die im Titel Aan de komende generaties angedeutet wird, und eine Persona, ein „ik“, das in der ersten Zeile eingeführt wird und im ganzen Text die poetische Stimme darstellt. Diese Persona trifft auf eine Gemeinschaft, die hungert, und solidarisiert sich mit ihr. Die Persona hat ebenfalls mit Mördern, Schlächtern und Herrschenden zu tun. Außerdem begegnet die Persona ein „wie“, ein anonymes Subjekt, das bestimmte Verhaltensweisen aufzeigt, („wie lacht…“, Zeile 3). Das „ich“ befindet sich in einem Dialog mit diesem Subjekt. Neben der Persona bewegt sich ein „jullie“ , ein nachgeborenes Subjekt, das angesprochen wird; diesem „jullie“ werden Hintergründe erklärt. Dieses Objekt soll den Vorgängern, inklusive der erzählenden Persona, wenn die Welt sich geändert hat, mit Nachsicht erinnern. Im Text spielen Tiere oder lebendige, personifizierte Objekte keine Rolle. Die wichtigsten Objekte sind Teil der Landschaft, die die Persona umgibt, wie Bäume, Straßen, Städte, Länder, die Natur.

Der Zieltext von Gielkens besteht aus freien, ungereimten Versen. Das Gedicht besteht aus insgesamt dreizehn Strophen und drei Teilen, die man als relativ autonom betrachten kann; man könnte sie als drei eigenständige Texte lesen.

Der erste Teil enthält zwei Fragesätze, die die Verunsicherung der Persona und ihren Konflikt mit der Welt, in der sie lebt, ausdrücken. Außerdem enthält die dritte Strophe Befehls- oder Aufforderungssatz (Zeile 13: „geloof me“), das Gegenüber wird zum ersten mal im Gedicht direkt angesprochen.

91

Die direkte Rede in Zeile 16 ist ebenfalls Ausdruck der schwierigen Beziehung zwischen der Persone und ihrer sozialen Umgebung. Das Umfeld wirft der Persona Undankbarkeit vor.

Anhand der Personalpronomina der ersten oder zweiten Person lassen sich die wichtigen Subjekte feststellen:

Strophe (Teil 1) 1 2 3 4 5

Personalpronomina der 1. und 2. Person ik ik mijn me ik mij me ik mijn ik mij je (direkte Rede) ik ik ik mijn ik ik ik ik

(Teil 2) 6 7 8 9

ik ik ik mijn mij ik ik ik ik mijn mij mijn mij mij ik mijn mij mij mijn mij

(Teil 3) 10 11 12 13

jullie wij jullie onze jullie wij we wij jullie ons

Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß im ersten Teil ausschließlich die erste Person Singular verwendet wird. Im zweite Teil des Gedichtes ist ebenfalls ausschließlich diese Person vertreten. Im dritten Teil treten die erste und die zweite Person in ungefähr gleicher Frequenz auf. Der erste Teil fängt mit einem sakral wirkenden Ausruf an. Im ersten Teil wird ein „ich“ eingeführt, das die Schwierigkeiten beschreibt, sich in den aktuellen finsteren Zeiten richtig zu Verhalten. Als problematisch empfindet die Persona verschiedene Gegebenheiten des Alltags: man könne nicht mehr lachen, nicht über Allerweltsthemen sprechen, nicht mehr spazierengehen. „Normales“ Verhalten sei eine Verneinung der grausamen Wirklichkeit. Die Tatsache, daß es der Persona gut geht und daß sie zu essen und trinken hat, sei lediglich Zufall. Ihre Umgebung sagt der Persona, sie solle ob ihres Glückes froh sein – sie selbst habe aber ein schlechtes Gewissen. Außerdem gelinge es der Persona nicht, sich der Tugenden alter

92

Verhaltenslehren, wie Gewaltlosigkeit, Angstfreiheit und Verzicht, anzunehmen. Die Aussage bezüglich der schwierigen Zeit wird in der letzten Zeile des ersten Teils wiederholt.

Der zweite Teil besteht vollständig aus Aussagesätzen und ist demnach eine Beschreibung. Jede der vier Strophen wird mit dem gleichen Satz abgeschlossen. Im zweiten Teil schildert die Persona, wie sie ihr Leben verbracht hat. Sie habe in einem Sumpf, einer kriegerischen städtischen Landschaft agiert; diese Landschaft bestand aus einer chaotischen Gemeinschaft, die sich in Aufruhr befand habe. Mit dieser Gemeinschaft habe die Persona sich solidarisiert. Es tobten Schlachten, es herrschten Wut und Hunger. Die Persona habe mit Mördern verkehrt und den Herrschern die Unterstützung verweigert. Dabei habe sie den einzigen positiv besetzten Begriffen, Liebe und Natur, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Grundbedürfnisse Essen und Schlaf seien notdürftig befriedigt worden. In dieser Situation haben ihre sprachlichen Äußerungen die Persona in Gefahr gebracht: sie haben das Interesse des Schlächters erweckt. Die Persona habe sich in dieser Umgebung als zu schwach empfunden und sei sich ihrer Wirkung nicht sicher gewesen – sie sei jedenfalls nicht in der Lage gewesen, ein großes und wichtiges Ziel zu erreichen. Der dritte besteht aus vier Strophen – die zweite und dritte Strophe enthalten nur Aussagesätzen, die umringenden Strophen enthalten jeweils einen Befehls- oder Aufforderungssatz. In den letzteren spricht die Persona sein Gegenüber direkt an. Im dritten Teil spricht die Persona ein Gegenüber, ein „jullie“ an. Sie und die Gemeinschaft, von der sie ein Teil ist (ein „wij“), haben sich für den internationalen Klassenkampf viel bewegen müssen und auf persönliche Bedürfnisse verzichtet. Dabei seien sie oft verzweifelt gewesen und waren sie, was das Zwischenmenschliche anbelangt, nicht aufmerksam genug – es habe ihnen an Geduld und Freundlichkeit gefehlt, obwohl sie gerade auch für diese Sachen gekämpft haben. Wenn das Gegenüber in einer menschenfreundlichen Gesellschaft lebt, für die die Persona und ihre Mitstreiter gekämpft haben, solle er sich nicht nur deren Fehler entsinnen, sondern auch deren Bemühungen, eine bessere Welt herbeizuführen. Der nächste Punkt ist das deiktische Zentrum, das „Hier“ und „Jetzt“ der Textwelt. Die Persona berichtet aus einem nicht näher definierten Raum über ihre Vergangenheit und richtet ein Aufforderung an die Nachgeborenen. Über ihren aktuellen Aufenthaltsort ist nichts in Erfahrung zu bringen, nur über die Situation im Allgemeinen und über die Stadtlandschaft und die Kriegsschauplätze, wo sie sich vorher aufgehalten hat. 93

Zur temporalen Deixis können Aussagen gemacht werden die sich auf bestimmte textuelle Merkmale beziehen. Ein Anhaltspunkt ist die Anwesenheit von Zeitadverbien, wie „gestern“ oder „morgen“. Im vorliegenden Text fehlen diese gänzlich. Den temporalen deiktischen Nullpunkt kann man anhand der Tempora feststellen:

Präsens Teil 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Teil 2 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

Präteritum

Perfekt

Infinitiv

Präteritumperfekt

leef is wijst, lacht heeft ontvangen zijn is zwijgen loopt is zijn is, verdien geloof, is doe, geeft ophoudt zegt, eet, drink, wees, hebt kan ontneem, eet omkomt eet, drink was staat, is

eten ben verloren

bleef gespaard

eten, drinken wordt gemist

houden doorbrengen redden vergelden vervullen, vergeten geldt kan leef

kwam heerste kwam kwam verstreek gegeven was at ging bedreef zag

slapen

94

Futur

41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

verstreek gegeven was leidden verried kon zaten, hoopte verstreek

uitrichten

gegeven was waren lag was, was bereiken verstreek gegeven was

Teil 3 55

zullen opduiken

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

zijn ondergegaan denk spreken zijn ontkomen gingen was weten vervormt maakt wilden konden

klaar maken zal zijn

is denk

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß der erste Teil überwiegend Verben im Präsens und keine einzige Präteritum-Bildung enthält, der zweite Teil überwiegend im Präteritum und keine Präsens-Formen hat, und im dritten Teil hauptsächlich und zu nahezu gleichen Teilen Präsens- und Präteritum-Bildungen vertreten sind. Dies geht konform der Thematik der drei Teile des Gedichts – erstens eine Schilderung einer schwierigen und konfliktreichen Gegenwart, zweitens die Probleme einer vergangenen Zeit und drittens eine Rechtfertigung und ein Appell für die Zukunft.

95

Beziehung zwischen coding time/content time Die Persona erzählt von der heutigen Zeit aus; sie beschreibt die aktuelle schwierig Lage, die „finsteren Zeiten“, und die Vorgeschichte. Ihre Aufforderung richtet sich an die Zukunft. Es gibt also drei Zeitbezüge: das Jetzt, in dem die Perona spricht, berichtet und anspricht/auffordert, die Vergangenheit, die beschrieben wird, und die Zukunft, der die Aufforderung/der Aufruf an die nachfolgenden Generationen gilt.

96

C.3

Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext

Als zweiter Schritt der Analyse werden die Ergebnisse des semantisch-pragmatischen Skeletts mit dem Quelltext verglichen. Die Frage dabei ist, ob die Ergebnisse auch für den Quelltext gelten. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte das semantisch-pragmatische Skelett sollte derartig erarbeitet werden, daß eine Überstimmung gegeben ist. Falls auf dieser Ebene substantielle Verschiebungen stattfinden, sollten diese erfasst werden. Das semantisch-pragmatische Skelett besteht aus Daten, die sich auf die Subjekte, Objekte, Situationen, Deixis, Gattung, Struktur und Thematik beziehen. In diesen Punkten stimmen der Zieltext von Van den Bremt und der Quelltext im Wesentlichen überein. Eine Überarbeitung des semantisch-pragmatischen Skeletts ist demnach nicht erforderlich; das Skelett ist in der vorliegenden Form als tertium comparationis brauchbar.

97

C.4

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50

Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext

Zieltext Gielkens c.s. Nominalphrasen in duistere tijden het argeloze woord, een glad voorhoofd gevoelloosheid, de vreselijke tijding wat zijn dat voor tijden een gesprek over bomen, een misdaad een zwijgen, zo veel wandaden over straat zijn vrienden in nood mijn levensonderhoud maar toeval recht mijn geluk de hongerlijder glas water, iemand die van de dorst omkomt in de oude boeken buiten de strijd van de wereld, de korte tijd zonder vrees zonder geweld kwaad met goed vergelden je wensen in duistere tijden in de steden, ten tijde van de wanorde honger onder de mensen, ten tijde van het oproer mijn tijd op aarde mijn eten, tussen de veldslagen tussen de moordenaars de liefde de natuur, zonder geduld mijn tijd op aarde de straten, in mijn tijd, naar het moeras in de taal, aan de slachter de heersers mijn tijd op aarde de krachten, het doel op grote afstand

Quelltext Nominalphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort, eine glatte Stirn Unempfindlichkeit, der Lachende die furchtbare Nachricht was sind das für Zeiten ein Gespräch über Bäume, ein Verbrechen ein Schweigen, so viele Untaten über die Straße seine Freunde in Not meinen Unterhalt nur ein Zufall mein Glück dem Hungernden Glas Wasser, einem Verdurstenden in den alten Büchern aus dem Streit der Welt, die kurze Zeit ohne Furcht ohne Gewalt Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche in finsteren Zeiten in die Städte, zur Zeit der Unordnung Hunger unter die Menschen, zur Zeit des Aufruhrs meine Zeit auf Erden mein Essen, zwischen den Schlachten unter die Mörder der Liebe die Natur, ohne Geduld meine Zeit auf Erden die Straßen, in den Sumpf, zu meiner Zeit die Sprache, dem Schlächter die Herrschenden meine Zeit auf Erden die Kräfte, das Ziel in großer Ferne

98

51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

mijn tijd op aarde uit de vloed onze zwakheden de duistere tijd vaker van land wisselend dan van schoenen de oorlogen der klassen slechts onrecht, geen verontwaardiging de haat tegen de laagheid de gelaatstrekken de woede over het onrecht de stem de bodem, voor vriendelijkheid de ene mens een helper voor de ander met welwillendheid

meine Zeit auf Erden aus der Flut unseren Schwächen der finsteren Zeit öfter als die Schuhe die Länder wechselnd die Kriege der Klassen nur Unrecht, keine Empörung der Haß gegen die Niedrigkeit die Züge der Zorn über das Unrecht die Stimme den Boden, für Freundlichkeit der Menschen dem Menschen, ein Helfer mit Nachsicht

In der obenstehenden Tabelle treten zwei Verschiebungen hervor, wenn feststellt an welchen Stellen Nominalphrasen im Zieltext keine Entsprechung im Quelltext haben und umgekehrt:

3 14

Zieltext Gielkens c.s. Nominalphrasen gevoelloosheid, recht

Quelltext Nominalphrasen Unempfindlichkeit, der Lachende -

Die Leerstelle in Zeile 3 des Zieltextes lautet „wie lacht“; in Zeile 14 ist das zielsprachliche „geeft mij het recht“ mit der Quelltextzeile „berechtigt mich“ verbunden. Beide Fälle treten in der gleichen Weise in den Zieltexten der Übersetzer Smit und Van den Bremt auf. Es handelt sich in beiden Fällen um Verschiebungen die dem Bereich der unterschiedlichen linguistischen Systeme von Ziel- und Quelltext zugeordnet werden müssen. Für die Makrostruktur und die Textwelt sind sie deswegen nicht von substantieller Bedeutung.

99

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49

Zieltext Gielkens c.s. Verbalphrasen ik leef in duistere tijden het argeloze woord is dwaas wijst op, lacht heeft ontvangen wat zijn dat voor tijden bijna een misdaad is inhoudt loopt is zeker niet bereikbaar meer die in nood zijn het is waar, ik verdien mijn levensonderhoud nog geloof me, dat is maar toeval niets van wat ik doe, geeft me het recht me vol te eten toevallig bleef ik gespaard, als mijn geluk ophoudt ben ik verloren men zegt tegen mij, eet en drink toch, wees blij dat je hebt maar hoe kan ik eten en drinken als ik de hongerlijder ontneem wat ik eet mijn glas water gemist wordt door iemand die van de dorst omkomt en toch eet en drink ik ik zou ook graag wijs zijn staat wat wijs is je buiten de strijd van de wereld houden de korte tijd zonder vrees doorbrengen het zonder geweld klaarspelen kwaad met goed vergelden je wensen niet vervullen maar vergeten geldt als wijs dat kan ik allemaal niet ik leef in duistere tijden in de steden kwam ik toen er honger heerste onder de mensen kwam ik en ik kwam met hen in opstand zo verstreek mijn tijd die mij op aarde gegeven was mijn eten at ik slapen ging ik de liefde bedreef ik achteloos de natuur zag ik zonder geduld zo verstreek mijn tijd die mij op aarde gegeven was de straten leidden in mijn tijd het moeras in de taal verried mij aan de slachter ik kon maar weinig uitrichten de heersers zaten zonder mij veiliger, dat hoopte ik zo verstreek mijn tijd die mij op aarde gegeven was de krachten waren gering

Quelltext Verbalphrasen ich lebe in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht deutet hin, hat empfangen was sind das für zeiten fast ein Verbrechen ist einschließt geht ist wohl nicht mehr erreichbar die in Not sind es ist wahr, ich verdiene meinen Unterhalt glaubt mir, das ist nur ein Zufall nichts von dem was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen zufällig bin ich verschont, wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren man sagt mir, iß und trink du, sei froh daß du hast aber wie kann ich essen und trinken wenn ich dem Hungernden entreiße was ich esse mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt und doch esse und trinke ich ich wäre auch gerne weise steht was weise ist sich aus dem Streit der Welt halten halten die kurze Zeit ohne Furcht verbringen ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen gilt für weise alles das kann ich nicht ich lebe in finsteren Zeiten in die Städte kam ich als da Hunger herrschte unter die Menschen kam ich und ich empörte mich mit ihnen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war mein Essen aß ich schlafen legte ich mich der Liebe pflegte ich achtlos die Natur sah ich ohne Geduld so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit die Sprache verriet mich dem Schlächter ich vermochte nur wenig die Herrschenden saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Kräfte waren gering

100

50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

het doel lag op grote afstand het was duidelijk zichtbaar al was het voor mij nauwelijks te bereiken zo verstreek mijn tijd die mij op aarde gegeven was jullie, die zullen opduiken uit de vloed waarin wij zijn ondergegaan denk wanneer jullie over onze zwakheden spreken waaraan jullie zijn ontkomen wij gingen immers, vaker van land wisselend dan van schoenen als er slechts onrecht was terwijl we toch weten [de haat tegen de laagheid] vervormt de gelaatstrekken [de woede over het onrecht] maakt de stem hees [wij] die de bodem klaar wilden maken voor vriendelijkheid [wij] konden zelf niet vriendelijk zijn als het zover zal zijn dat de ene mens een helper voor de ander is denk aan ons -

das Ziel lag in großer Ferne es war deutlich sichtbar wenn auch für mich kaum zu erreichen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut in der wir untergegangen sind gedenkt wenn ihr von unseren Schwächen sprecht der ihr entronnen seid gingen wir doch, öfter die Schuhe als die Länder wechselnd wenn da nur Unrecht war dabei wissen wir doch [der Haß gegen die Niedrigkeit] verzerrt die Züge [der Zorn über das Unrecht] macht die Stimme heiser [wir] die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit [wir] konnten selber nicht freundlich sein wenn es so weit sein wird daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist gedenkt unsrer -

Zeile 3 enthält die Verschiebung, die auch schon in den Zieltexten Smits und Van den Bremts erischtlich waren:

3

Zieltext Gielkens c.s. Verbalphrasen lacht

Quelltext Verbalphrasen -

Der Zieltext enthält eine Verbalphrase und der Quelltext nicht. Die Analyse der Verbalphrasen überschneidet sich hier mit der Analyse der Nominalphrasen. Die festgestellte Verschiebung wird an der entsprechenden Stelle besprochen. Die nächste Verschiebung findet man in Zeile 19:

19

Zieltext Gielkens c.s. Verbalphrasen mijn glas water gemist wordt door iemand die van de dorst omkomt

Quelltext Verbalphrasen mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt

Für die Zuordnung der Verschiebung ist es sinnvoll, die vorhergende Zeile 18 herbeizuziehen:

101

18 19

Zieltext Van den Bremt Nominalphrasen als ik de hongerlijder ontneem wat ik eet mijn glas water gemist wordt door iemand die van de dorst omkomt

Quelltext Nominalphrasen wenn ich dem Hungernden entreiße was ich esse mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt

Von den beiden leidenden Personen des Quelltexts, der „Hungernde“ und der „Verdurstende“, kann im Niederländischen, unter der Voraussetzung des gängigen Sprachgebrauchs im niederländischen linguistischen System, nur der „Hungernde“ mit einem üblichen Substantiv bezeichnet werden. Für eine Person im Zustand des Hungers gibt es keine Entsprechung auf nominaler Ebene. Der Satzteil „iemand die van de dorst omkomt“ bewegt sich somit innerhalb des niederländischen linguistisch-kulturellen Systems. Das Fehlen einer Nominalphrase ist als konstitutive und formelle Verschiebung zu verstehen; die Makrostruktur des Textes und die Textwelt sind nicht betroffen.

102

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Gielkens c.s. Präpositionalphrasen in duistere tijden wijst op ongevoeligheid een gesprek over bomen een zwijgen over zo veel wandaden over straat loopt niet meer bereikbaar voor zijn vrienden die in nood zijn iemand die van de dorst omkomt in de oude boeken je buiten de strijd van de wereld houden zonder vrees het zonder geweld klaarspelen kwaad met goed vergelden in duistere tijden in de steden kwam ik onder de mensen kwam ik ik kwam met hen in opstand op aarde tussen de veldslagen tussen de moordenaars op aarde in mijn tijd het moeras in verried mij aan de slachter zaten zonder mij op aarde op grote afstand al was het voor mij op aarde zullen opduiken uit de vloed

Quelltext Präpositionalphrasen in finsteren Zeiten deutet auf Unempfindlichkeit hin ein Gespräch über Bäume ein Schweigen über so viele Untaten über die Straße geht nicht mehr erreichbar für seine Freunde die in Not sind in den alten Büchern sich aus dem Streit der Welt halten ohne Furcht ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten in finsteren Zeiten in die Städte kam ich unter die Menschen ich empörte mich mit ihnen auf Erden zwischen den Schlachten unter die Mörder auf Erden in den Sumpf zu meiner Zeit saßen ohne mich auf Erden in großer Ferne wenn auch für mich auf Erden auftauchen werdet aus der Flut

103

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

wanneer jullie over onze zwakheden spreken [denk] ook aan de duistere tijd van land wisselend, van schoenen door de oorlogen der klassen haat tegen de laagheid woede over het onrecht de bodem klaar wilden maken voor vriendelijkheid de ene mens een helper voor de ander denk aan ons met welwillendheid

wenn ihr von unseren Schwächen sprecht durch die Kriege der Klassen Haß gegen die Niedrigkeit Zorn über das Unrecht den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit mit Nachsicht

Aus der Liste ist ersichtlich, daß der Zieltext in sechs Fällen eine Präpositionalphrase enthält und der Quelltext nicht oder umgekehrt. Die erste Zeile, für die dies zutrifft, ist Zeile 19:

19

Zieltext Gielkens c.s. Präpositionalphrasen iemand die van de dorst omkomt

Quelltext Präpositionalphrasen -

Im Zieltext lautet die betreffende Stelle „einem Verdurstenden“. Auf der semantischen Ebene sind das niederländische Verb „van de dorst omkomen“ und das deutsche Verb „verdursten“, das ohne Präposition angewendet wird, deckungsgleich. Folgerichtig kommt bei der Personalisierung bzw. Substantivierung des Verbs im Zieltext eine Präposition zur Anwendung und im Quelltext nicht. Von einer individuellen bzw. substantiellen Verschiebung kann daher nicht die Rede sein; die Verschiebung ist als formell einzustufen.

Die Zeilen 44 und 61 enthalten formelle, konstitutive Verschiebungen, die den betroffenen sprachlichen Systemen zugeordnet werden müssen:

44 61

Zieltext Gielkens c.s. Präpositionalphrasen verried mij aan de slachter van land wisselend, van schoenen

Quelltext Präpositionalphrasen -

Die syntaktische Funktion, die die Präposition „aan“ in Zeile 44 innehat, wird im Quelltext durch den deklinierten Artikel „dem“ vertreten („die Sprache verriet mich dem Schlächter“). 104

Gleiches gilt für Zeile 61 (Quelltext: „öfter als die Schuhe die Länder wechselnd“), in der die syntaktische Rolle der Präposition „van“ im deutschen Verb „wechseln“ inkorporiert ist. Demzufolge handelt es sich in beiden Fällen um Verschiebungen, die für die Textwelt und die übersetzerische Interpretation nicht von Bedeutung sind.

59 73

Zieltext Gielkens c.s. Präpositionalphrasen [denk] ook aan de duistere tijd denk aan ons

Quelltext Präpositionalphrasen -

Die Stelle, die im Quelltext Zeile 59 entspricht, lautet „[gedenkt] auch der finsteren Zeit“; die Entsprechung von Zeile 73 lautet „gedenkt unsrer“. Auf der Skala des Registers würde man das deutsche Verb „gedenken“ in diesem Kontext (vor allem in der Redewendung „gedenkt unsrer“) eher als formal und weihevoll einschätzen, während das zieltextliche „denken aan“ eher zum Umgangssprachlichen tendiert. Insoweit geht es hier auf der textuellen Mikro-Ebene um eine individuelle und substantielle Verschiebung, die eine Wirkung auf die Makrostruktur des Textes erzielt.

Eine letzte Verschiebung zeigt Zeile 72:

72

Zieltext Gielkens c.s. Präpositionalphrasen de ene mens een helper voor de ander

Quelltext Präpositionalphrasen -

Die dazugehörende Stelle im Quelltext lautet „[daß] der Mensch dem Menschen ein Helfer [ist]“. Die grammatikalische Funktion, die im Zieltext die Präposition „voor“ innehat, ist im Quelltext in der Dativ-Form des bestimmten Artikels „der“, d.h. in „dem“, enthalten. Daraus läßt sich schließen, daß die vorliegende Verschiebung im Bereich des Konstitutiven und Formellen liegt.

105

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Gielkens c.s. Adverbialphrasen in duistere tijden alleen nog niet rustig maar toeval wees blij graag zonder vrees zonder geweld in duistere tijden ten tijde van de wanorde toen er honger heerste ten tijde van het oproer tussen de veldslagen tussen de moordenaars achteloos zonder geduld maar weinig [zaten] zonder mij veiliger duidelijk zichtbaar nauwelijks te bereiken -

Quelltext Adverbialphrasen in finsteren Zeiten nur noch nicht ruhig nur ein Zufall sei froh gerne ohne Furcht ohne Gewalt in finsteren Zeiten zur Zeit der Unordnung als da Hunger herrschte zur Zeit des Aufruhrs zwischen den Schlachten unter die Mörder achtlos ohne Geduld nur wenig saßen ohne mich sicherer deutlich sichtbar kaum zu erreichen -

106

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

wanhopig -

verzweifelt -

In der Tabelle mit den Adverbialphrasen treten keine Verschiebungen hervor.

107

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

Zieltext Gielkens c.s. Adjektivphrasen in duistere tijden het argeloze woord is dwaas, een glad voorhoofd de vreselijke tijding niet bereikbaar meer wijs in de oude boeken, wijs de korte tijd wijs in duistere tijden de krachten waren gering op grote afstand duidelijk zichtbaar -

Quelltext Adjektivphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht, eine glatte Stirn die furchtbare Nachricht

nicht mehr erreichbar weise in den alten Büchern, weise die kurze Zeit weise in finsteren Zeiten die Kräfte waren gering in großer Ferne deutlich sichtbar -

108

55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

de duistere tijd hees vriendelijk -

der finsteren Zeit heiser freundlich -

Der Vergleich von Ziel- und Quelltext ergibt in der obigen Tabelle keine Verschiebungen.

Eine weitere praktische Handreichung, die die Checkliste von Leech und Short bietet, ist die Analyse der Wortklassen. Für eine Studie seien u.a. Präpositionen, Konjunktionen, Pronomina, Bestimmwörter, Hilfsverben, Interjektionen geeignet (Leech und Short 1981, S. 78). Zunächst wird eine Liste der verwendeten Konjunktionen erstellt.

109

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

Zieltext Gielkens c.s. Konjunktionen omdat maar als en maar, en, als en en, en en maar toen en en maar al -

Quelltext Konjunktionen weil aber wenn und aber, und, wenn und und, und und sondern als und und aber wenn auch -

110

55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

wanneer als, en terwijl als -

wenn wenn, und dabei wenn -

Im Vergleich des Ziel- und Quelltextes was die Verwendung von Konjunktionen betrifft, sind keine Verschiebungen anzutreffen.

111

C.5

Schlußfolgerung Gielkens & Naaijkens

Die Übersetzung ist eingebettet in eine Reihe „Spiegels“ der Weltlyrik, und befindet sich in einem Band der von erfahrenen Germanisten, Übersetzern und Lyrik-Übersetzern hergestellt wurde. Der Band enthalte neben den Originalen auch Übersetzungen, „die ook in de typografie een bescheiden plaats innemen; ze neigen naar een zo letterlijk mogelijke vertaling van de tekst met zo veel mogelijk behoud van beelden en ritme.“ Der Begriff “basisvertalingen” wird eingeführt und erläutert; es handele sich um Übersetzungen „voor de geïnteresseerde lezer die zelf pogingen wil doen tot een herschepping van de grote poëzie; een beter begrip van de betekenis zal wellicht bijdragen tot een hogere mate van genot bij het lezen van deze klassieke maar sprankelende bloemlezing.“ Was die Übersetzungen betrifft, wird folgendes ausgesagt: sie seien keine „herscheppende of poëtische vertalingen; ze hebben niet de pretentie poëzie te zijn.“ (Gielkens & Naaijkens 1984, S. 20). Den Übersetzern zufolgen seien sie vielmehr „nuchtere vertalingen die niet willen vervlakken, normaliseren, ontpoëtiseren of verklaren.“ (ebd.) Auch ein Aspekt der Übersetzungspoetik Brechts taucht in dieser Verantwortung auf. Es handelt sich dabei um dessen Mahnung, nicht zu viel eines Gedichts übersetzen zu wollen; man solle sich damit begnügen, die Gedanken und die Haltung des Dichters zu übertragen. Damit können man Beschädigung des Gedichts vermeiden. (ebd.)2 Die Übersetzer der Sammlung schreiben, sie haben diese Mahnung bei ihrer Vorgehensweise versucht zu berücksichtigen. In dem Rahmen ist auch die Verschiebung in den Zeilen 59 und 73 zu verstehen. Im Bereich des Registers findet eine Verschiebung von zwischen "gedenken" und "denken“, von weihevoll in Richtung umgangssprachlich statt. Keine sonstigen Verschiebungen treten hervor; somit könnte man sagen, daß das Ziel der Übersetzer erreicht wurde.

2

Die Übersetzter zitieren Brechts Die Übersetzbarkeit von Gedichten. In: Bertolt Brecht, Über Lyrik. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1977, S. 107.

112

D.

Van Istendael, Stassijns und De Vin

113

AAN WIE NA ONS KOMEN – Übersetzung

Geert van Istendael, Koen Stassijns und Daniël de Vin

1

2

1

Werkelijk, ik leef in duistere tijden!

5

Het argeloze woord is dwaas. Een glad voorhoofd Wijst op ongevoeligheid. Wie lacht Heeft het vreselijke nieuws Alleen nog niet gehoord.

In de steden kwam ik in de tijd van de wanorde Toen daar honger heerste. Onder de mensen kwam ik in de tijd van het oproer En ik rebelleerde samen met hen. Zo verliep de tijd Die mij op aarde toegemeten was.

10

15

35

Wat zijn dat voor tijden, waarin Een gesprek over bomen haast een misdrijf is Omdat het een zwijgen over zoveel wandaden bevat! Wie daar rustig op straat loopt Is zeker wel niet meer bereikbaar voor zijn vrienden Die in nood zijn?

40

Het is waar: ik verdien nog mijn brood Maar geloof me: dat is louter toeval. Niets Van wat ik doe, geeft me het recht genoeg te eten. Toevallig ben ik gespaard. (Als het geluk mij laat vallen Ben ik verloren.)

45

50

20

Ze zeggen me: eet toch en drink! Wees blij dat je iets hebt! Maar hoe kan ik eten en drinken, als Ik wat ik eet, afpak van wie hongerlijdt, als Wie sterft van dorst mijn glas water ontbeert? En toch eet en drink ik. 55

25

30

Graag zou ik ook wijs zijn In de oude boeken staat wat wijs is: Zich ver houden van de herrie in de wereld en zijn korte tijd Zonder vrees doorbrengen Ook zich redden zonder geweld Kwaad met goed vergelden Zijn wensen niet vervullen, maar vergeten Geldt voor wijs. Dat alles kan ik niet: Werkelijk, ik leef in duistere tijden! In 3

60

Jullie, die opduiken zult uit de vloed Waarin wij zijn ondergegaan Gedenk Als jullie over onze zwakheid spreken Ook de duistere tijd Die jullie ontkomen zijn.

65

Wij gingen immers, vaker dan van schoenen van land veranderend Door de oorlogen der klassen, wanhopig Als er enkel onrecht was en geen rebellie.

70

Terwijl we toch weten: Ook de haat tegen laagheid Verwringt het gezicht. Ook de toorn tegen onrecht Maakt de stem schor. Ach, wij Die het terrein wilden effenen voor vriendelijkheid Konden zelf niet vriendelijk zijn.

75

Jullie echter, als het zover zal zijn Dat de mens de mens een helper is Gedenk ons Welwillend.

114

Mijn eten at ik tussen de veldslagen in Slapen ging ik temidden van de moordenaars De liefde bedreef ik onverschillig En naar de natuur keek ik zonder geduld. Zo verliep de tijd Die mij op aarde toegemeten was. De wegen leidden naar het moeras in mijn tijd De taal stelde mij bloot aan de slachter Ik was tot weinig in staat. Maar de heersers Zaten zonder mij veiliger, dat hoopte ik. Zo verliep de tijd Die mij op aarde toegemeten was. De krachten waren gering. Het doel Lag zeer ver weg Het was duidelijk zichtbaar, al was het voor mij Amper te bereiken. Zo verliep de tijd Die mij op aarde toegemeten was. Jullie

AN DIE NACHGEBORENEN – Bertolt

1

5

10

15

20

25

30

Brecht

I

II

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten! Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unemfpindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen.

In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung Als da Hunger herrschte. Unter die Menschen kam ich zur Zeit des Aufruhrs Und ich empörte mich mit ihnen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

35

Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräche über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind?

40

Es ist wahr: ich verdiene meinen Unterhalt Aber glaubt mir: Das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.)

45

Man sagt mir: Iß und trink du! Sei froh, daß du hast! Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich.

50

Ich wäre gerne auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen Auch ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten Sein Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen Gilt für weise. Alles das kann ich nicht: Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

55

III

60

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut In der wir untergegangen sind Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid. Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

65

70

75

Dabei wissen wir doch: Auch der Haß gegen die Niedrigkeit Verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht Macht die Stimme heiser. Ach, wir Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit Konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es so weit sein wird Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist Gedenkt unsrer Mit Nachsicht.

115

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten Schlafen legte ich mich unter die Mörder Der Liebe pflegte ich achtlos Und die Natur sah ich ohne Geduld. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit. Die Sprache verriet mich dem Schlächter. Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

D.1

Hintergrund-Informationen

Historisch-bibliographische Informationen De mooiste van Bertolt Brecht, zusammengestellt von Koen Stassijns und Ivo van Strijtem, erschien 1998, hundert Jahre nach der Geburt Brechts. Die Sammlung ist Teil einer Reihe Anthologien des flämischen Verlags Lannoo, die thematisch oder nach Autor von Stassijns und Van Strijtem zusammengestellt werden. De mooiste van de hele wereld – 300 gedichten van de 20ste eeuw De mooiste van Goethe De mooiste van Tagore De mooiste van Heine De mooiste van Neruda De mooiste van Yeats De mooiste van Alberti Klaagzang van een vogel – De mooiste gedichten uit Kosovo en Albanië Liefdes werk – 300 x liefde van altijd en overal De mooiste van Petrarca De mooiste van Dickinson De mooiste van Södergran De mooiste van Hesse De mooiste van Ungaretti De mooiste van Wallace Stevens Het laatste anker – 300 gedichten over de dood en wat troost uit de hele wereld De mooiste van Wordsworth De mooiste van Quasimodo

1996 1997 1997 1998 1998 2000 2000 2000 2001 2001 2002 2002 2002 2002 2003 2003 2004 2004

Es handelt sich um eine zweisprachige Ausgabe, wobei jeweils die linke Seite den deutschen und die rechte Seite den niederländischen Text enthält. Im Vorwort beschreiben die Herausgeber das lyrische Werk Brechts. Brecht habe mehr als 2500 Gedichte geschreiben und sei „niet voor één gat te vangen“; er vereine mehrere Dichter in einer Person, „de politieke, de lyrische, de taoïstische, de liedjeszanger, de pornografische.“ (Stassijns & Van Strijtem 1998, S. 5.) Es sei deswegen schwierig gewesen, eine repräsentative Auswahl zu treffen. Ein Experte wurde zu Rate gezogen: den Herausgeber habe Prof. Dr. Daniel de Vin bei der Auswahl geholfen. Einige Gedichte seien von den jeweiligen Übersetzern beigesteuert worden. Weiterhin wirden gemeldet, daß die Anthologie

116

ausschließlich neue Übersetzugen enthalte und daß die Herausgeber und Übersetzer sich ausschließlich „door de poëtische kwaliteit van deze grootmeester“ haben führen lassen. (ebd.) Es folgt eine Einführung in das Leben und Werk Brechts, geschrieben von Daniel de Vin.

Kenntlichmachung als Übersetzung Der erste Hinweis, daß der Band Übersetzungen enthält, steht auf dem Titelblatt. Hier werden die Namen der Mitarbeiter des Bandes aufgelistet: die Herausgeber Stassijns und Van Strijtem, der Autor der Einführung De Vin, und die Übersetzer Stassijns, Van Strijtem, De Vin, Erik Derycke, Stefaan van den Bremt, Brigitte Vanderlinden und Geert van Istendael. Außerdem sind das Inhaltverzeichnis und die tatsächlichen Gedichte der Sammlung zweisprachig aufgemacht.

Hintergrund-Informationen zu den Übersetzer Van Istendael, Stassijns und De Vin Jedes einzelne Gedicht des Bandes wird bestimmten Übersetzern zugewiesen. An die Nachgeboren ist laut Register Geert van Istendael, Koen Stassijns und Daniel de Vin zugeordnet. Journalist, Essayist, Autor, Dichter und Übersetzer Geert van Istendael übersetzte Lyrik von Ferdinand Schmalz, Erich Fried und John Burns und Prosa von Kristien Hemmerechts. Außerdem übersetzte er Theatertexte von Urs Widmer. Im Rahmen der Reihe De mooiste van … war er an den Übersetzungen der Yeats-, Goethe- und Heine-Bände beteiligt – in den meisten Fällen bildete er ein Übersetzer-Team mit Koen Stassijns, mit wem er ebenfalls Lyrik von Heinz Kahlau und Baudelaire übersetzt hat. Die Anthologie De mooiste van de hele wereld – 300 gedichten van de 20ste eeuw enthält zwei Brecht-Gedichte, die Van Istendael laut Register für diese spezifische Gelegenheit übersetzt hat. Das neueste gemeinsame Projekt von Stassijns und Van Istendael war die Übersetzung von Liedtexte Jacques Brels.3 Van Istendael übersetzte außerdem einzelne Gedichte aus Brechts Messingkauf, die in der 3

Jacques Brel, Ne me quitte pas – Laat me niet alleen. Amsterdam: Nijgh & Van Ditmar, 2004.

117

flämischen Literatur-Zeitschrift Dietsche Warande & Belfort veröffentlicht wurden (DWB3/2003.) In der Sekundarliteratur gilt er als Dichter, dessen „voornaamste preoccupatie (…) tijd en ruimte, en de verhouding tussen beide” ist. (Zuiderent 1980.) Ein Merkmal seiner Dichtung sei, daß er “niet in de eerste plaats één herkenbare stijl beoogt, maar diverse stijlen will hanteren, afhankelijk van het onderwerp.“ (ebd.) In seiner Lyrik gehe Van Istendael vor wie ein Journalist, er betrachtet “observeren en meedelen als zijn voornaamste taak.“ (ebd.) Er wurde mit dem flämischen „Literatuurprijs 2004 voor poëzie“ ausgezeichnet. Dichter, Literatur-Dozent und Übersetzer Koen Stassijns schrieb selbst sieben Gedichtbände. Als Herausgeber war er in Zusammenarbeit mit Ivo van Strijtem direkt an der Übersetzung der Gedichte in allen Sammlungen der Reihe De mooiste van … beteiligt. Laut Sekundarliteratur möchte Stassijns als Dichter „de confrontatie aangaan met zichzelf en met de wereld.“ (Zuiderent 1980.) Seine Aufassung der Lyrik sei “eerder traditionalistisch. Hij zet zich af tegen intellectualisme en al te sterk doorgedreven experimenteel formalisme.” (ebd.) Seine Themen seien “het lijden aan het menselijk tekort, de onmacht tot bevredigende communicatie met de ander en met de wereld, het terugplooien op zichzelf, het bewustzijn van de vernietigende werking van de tijd.” (ebd.) Stassijns sei ein “romantische dichter” und ein “ietwat verlate, maar zeer representatieve vertegenwoordiger van de Vlaamse neoromantiek uit de jaren zeventig en tachtig.” (ebd.) Es wird ebenfalls bemerkt, daß der Dichter Stassijns sich aktiv um ein Leser-Publikum bemüht – so habe er ein Band mit Gedichten zum Thema Wein geschrieben, der „ook in de gastronomische wereld niet onopgemerkt bleef“. (ebd.) Der dritte Übersetzer, der zur Übertragung des Gedichts beigetragen hat, ist Daniel de Vin, der Experte in Sachen Brechts, der den Herausgeber bei der Auswahl der Gedichte geholfen hat und der die Einführung verfaßt hat. Seine Haupttätigkeiten übt De Vin in en Bereichen Germanstik und Literaturwissenschaft aus. Er ubersetzte laut seiner Veröffentlichungsliste „Duitstalig literaire teksten“ für die flämischen Literaturzeitschriften Dietsche Warande & Belfort und deus ex machina. Außerdem habe er mehrere Broschüren der Kulturzeitschrift Ons erfdeel ins Deutsche übersetzt. Die Übersetzung ist demnach in seiner Optik eher eine Randerscheinung – zu seinem Beitrag an De mooiste van Brecht schreibt er in der Veröffentlichungsliste „Selectie gedichten, controle vertalingen, inleiding“. Im Register des Bandes selber ist er bei insgesamt vier Gedichten als Übersetzer aufgeführt.

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Hintergrund-Informationen Quelltext Van Istendael c.s. Der Quelltext wird zunächst im Vorwort erwähnt. Die Herausgeber schreiben, Text und Chronologie der Anthologie basieren sich auf die neue Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe (BFA). (Stassijns & Van Strijtem 1998, S. 6) Diese Angabe findet sich Register wieder. Außerdem wird zu jedem einzelnen Gedicht vermerkt, aus welchem Zyklus der Quelltext stammt, wann er geschrieben wurde, und in welchem Band der BFA er sich befindet, inklusive Seitenangabe. Demnach ist der Band was die bibliographischen Angaben betrifft in einem geradezu wissenschaftlichen Stil gehalten.

119

D.2

Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext

Die Erstellung eines semantisch-pragmatischen Skeletts stellt der erste Schritt des Verfahrens dar. Eine Bestimmung der Elemente der situativen Dimension, der „poetischen Stimme“ und der Persona, der deiktischen Elemente, der Gattung, der Struktur und des Themas des Textes werden dabei vorgenommen. Da die Quelltexte der vorliegenden Arbeit sich rein pragmatisch gesehen sehr nahe stehen, tun sich naturgemäß Parallelen zum semantisch-pragmatischen Skelett der Übersetzung Gabriël Smits auf. Das unten beschriebene Skelett wird dementsprechend zu großen Teilen mit den der anderen Zieltexte übereinstimmen.

Die wichtigsten Subjekte des Zieltext sind eine nachfolgende Gruppe, die im Titel Aan wie na ons komen angedeutet wird, und eine Persona, ein „ik“, das in der ersten Zeile eingeführt wird und im ganzen Text die poetische Stimme darstellt. Diese Persona trifft auf eine Gemeinschaft, die hungert, und solidarisiert sich mit ihr. Die Persona hat ebenfalls mit Mördern, Schlächtern und Herrschenden zu tun. Außerdem begegnet die Persona ein „wie“, ein anonymes Subjekt, das bestimmte Verhaltensweisen aufzeigt, („wie lacht…“, Zeile 3). Das „ich“ befindet sich in einem Dialog mit diesem Subjekt. Neben der Persona bewegt sich ein „jullie“ , ein nachgeborenes Subjekt, das angesprochen wird; diesem „jullie“ werden Hintergründe erklärt. Dieses Objekt soll den Vorgängern, inklusive der erzählenden Persona, wenn die Welt sich geändert hat, mit Nachsicht erinnern. Im Text spielen Tiere oder lebendige, personifizierte Objekte keine Rolle. Die wichtigsten Objekte sind Teil der Landschaft, die die Persona umgibt, wie Bäume, Straßen, Städte, Länder, die Natur.

Der Zieltext von Van Istendael c.s. besteht aus freien, ungereimten Versen. Das Gedicht besteht aus insgesamt dreizehn Strophen und drei Teilen, die man als relativ autonom betrachten kann; man könnte sie als drei eigenständige Texte lesen.

Der erste Teil enthält zwei Fragesätze, die die Verunsicherung der Persona und ihren Konflikt mit der Welt, in der sie lebt, ausdrücken. Außerdem enthält die dritte Strophe Befehls- oder Aufforderungssatz (Zeile 13: „geloof me“), das Gegenüber wird zum ersten mal im Gedicht direkt angesprochen.

120

Die direkte Rede in Zeile 17 ist ebenfalls Ausdruck der schwierigen Beziehung zwischen der Persone und ihrer sozialen Umgebung. Das Umfeld wirft der Persona Undankbarkeit vor.

Anhand der Personalpronomina der ersten oder zweiten Person lassen sich die wichtigen Subjekte feststellen:

Strophe (Teil 1) 1 2 3 4 5

Personalpronomina der 1. und 2. Person ik ik mijn me ik me ik mij ik me je (direkte Rede) ik ik ik mijn ik ik ik ik

(Teil 2) 6 7 8 9

ik ik ik mij mijn ik ik ik ik mij mijn mij ik mij ik mij mij mij

(Teil 3) 10 11 12 13

jullie wij jullie onze jullie wij we wij jullie ons

Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß im ersten Teil ausschließlich die erste Person Singular verwendet wird. Im zweite Teil des Gedichtes ist ebenfalls ausschließlich diese Person vertreten. Im dritten Teil treten die erste und die zweite Person in ungefähr gleicher Frequenz auf. Der erste Teil fängt mit einem sakral wirkenden Ausruf an. Im ersten Teil wird ein „ich“ eingeführt, das die Schwierigkeiten beschreibt, sich in den aktuellen finsteren Zeiten richtig zu Verhalten. Als problematisch empfindet die Persona verschiedene Gegebenheiten des Alltags: man könne nicht mehr lachen, nicht über Allerweltsthemen sprechen, nicht mehr spazierengehen. „Normales“ Verhalten sei eine Verneinung der grausamen Wirklichkeit. Die Tatsache, daß es der Persona gut geht und daß sie zu essen und trinken hat, sei lediglich Zufall. Ihre Umgebung sagt der Persona, sie solle ob ihres Glückes froh sein – sie selbst habe aber ein schlechtes Gewissen. Außerdem gelinge es der Persona nicht, sich der Tugenden alter

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Verhaltenslehren, wie Gewaltlosigkeit, Angstfreiheit und Verzicht, anzunehmen. Die Aussage bezüglich der schwierigen Zeit wird in der letzten Zeile des ersten Teils wiederholt.

Der zweite Teil besteht vollständig aus Aussagesätzen und ist demnach eine Beschreibung. Jede der vier Strophen wird mit dem gleichen Satz abgeschlossen. Im zweiten Teil schildert die Persona, wie sie ihr Leben verbracht hat. Sie habe in einem Sumpf, einer kriegerischen städtischen Landschaft agiert; diese Landschaft bestand aus einer chaotischen Gemeinschaft, die sich in Aufruhr befand habe. Mit dieser Gemeinschaft habe die Persona sich solidarisiert. Es tobten Schlachten, es herrschten Wut und Hunger. Die Persona habe mit Mördern verkehrt und den Herrschern die Unterstützung verweigert. Dabei habe sie den einzigen positiv besetzten Begriffen, Liebe und Natur, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Grundbedürfnisse Essen und Schlaf seien notdürftig befriedigt worden. In dieser Situation haben ihre sprachlichen Äußerungen die Persona in Gefahr gebracht: sie haben das Interesse des Schlächters erweckt. Die Persona habe sich in dieser Umgebung als zu schwach empfunden und sei sich ihrer Wirkung nicht sicher gewesen – sie sei jedenfalls nicht in der Lage gewesen, ein großes und wichtiges Ziel zu erreichen. Der dritte besteht aus vier Strophen – die zweite und dritte Strophe enthalten nur Aussagesätzen, die umringenden Strophen enthalten jeweils einen Befehls- oder Aufforderungssatz. In den letzteren spricht die Persona sein Gegenüber direkt an. Im dritten Teil spricht die Persona ein Gegenüber, ein „jullie“ an. Sie und die Gemeinschaft, von der sie ein Teil ist (ein „wij“), haben sich für den internationalen Klassenkampf viel bewegen müssen und auf persönliche Bedürfnisse verzichtet. Dabei seien sie oft verzweifelt gewesen und waren sie, was das Zwischenmenschliche anbelangt, nicht aufmerksam genug – es habe ihnen an Geduld und Freundlichkeit gefehlt, obwohl sie gerade auch für diese Sachen gekämpft haben. Wenn das Gegenüber in einer menschenfreundlichen Gesellschaft lebt, für die die Persona und ihre Mitstreiter gekämpft haben, solle er sich nicht nur deren Fehler entsinnen, sondern auch deren Bemühungen, eine bessere Welt herbeizuführen. Der nächste Punkt ist das deiktische Zentrum, das „Hier“ und „Jetzt“ der Textwelt. Die Persona berichtet aus einem nicht näher definierten Raum über ihre Vergangenheit und richtet ein Aufforderung an die Nachgeborenen. Über ihren aktuellen Aufenthaltsort ist nichts in Erfahrung zu bringen, nur über die Situation im Allgemeinen und über die Stadtlandschaft und die Kriegsschauplätze, wo sie sich vorher aufgehalten hat. 122

Zur temporalen Deixis können Aussagen gemacht werden die sich auf bestimmte textuelle Merkmale beziehen. Ein Anhaltspunkt ist die Anwesenheit von Zeitadverbien, wie „gestern“ oder „morgen“. Im vorliegenden Text fehlen diese gänzlich. Den temporalen deiktischen Nullpunkt kann man anhand der Tempora feststellen:

Präsens Teil 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 Teil 2 33 34 35 36 37

Präteritum

Perfekt

Infinitiv

Präteritumperfekt

Futur

leef is wijst, lacht heeft gehoord zijn is bevat loopt is zijn is, verdien geloof, is doe, geeft laat vallen

zwijgen

eten ben gespaard ben verloren

zeggen, eet, drink, wees, hebt kan eet, afpak, hongerlijdt sterft, ontbeert eet, drink

eten, drinken

zou zijn staat, is houden doorbrengen redden vergelden vervullen, vergeten geldt kan leef

kwam heerste kwam rebelleerde verliep

123

38

toegemeten was

39 40 41 42 43 44

at ging bedreef keek verliep

45 46 47 48 49 50

leidden stelde bloot was zaten, hoopte verliep

51 52 53 54 55 56

waren lag was, was

toegemeten was

toegemeten was

bereiken verliep toegemeten was

Teil 3 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

slapen

opduiken zult zijn ondergegaan gedenk spreken ontkomen zijn gingen was weten verwringt maakt wilden konden

effenen zal zijn

is gedenk

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß der erste Teil überwiegend Verben im Präsens und keine einzige Präteritum-Bildung enthält, der zweite Teil überwiegend im Präteritum und keine Präsens-Formen hat, und im dritten Teil hauptsächlich und zu nahezu gleichen Teilen Präsens- und Präteritum-Bildungen vertreten sind. Dies geht konform der Thematik der drei Teile des Gedichts – erstens eine Schilderung einer schwierigen und konfliktreichen

124

Gegenwart, zweitens die Probleme einer vergangenen Zeit und drittens eine Rechtfertigung und ein Appell für die Zukunft.

Beziehung zwischen coding time/content time Die Persona erzählt von der heutigen Zeit aus; sie beschreibt die aktuelle schwierig Lage, die „finsteren Zeiten“, und die Vorgeschichte. Ihre Aufforderung richtet sich an die Zukunft. Es gibt also drei Zeitbezüge: das Jetzt, in dem die Perona spricht, berichtet und anspricht/auffordert, die Vergangenheit, die beschrieben wird, und die Zukunft, der die Aufforderung/der Aufruf an die nachfolgenden Generationen gilt.

125

D.3

Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext

Als zweiter Schritt der Analyse werden die Ergebnisse des semantisch-pragmatischen Skeletts mit dem Quelltext verglichen. Die Frage dabei ist, ob die Ergebnisse auch für den Quelltext gelten. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte das semantisch-pragmatische Skelett sollte derartig erarbeitet werden, daß eine Überstimmung gegeben ist. Falls auf dieser Ebene substantielle Verschiebungen stattfinden, sollten diese erfasst werden. Das semantisch-pragmatische Skelett besteht aus Daten, die sich auf die Subjekte, Objekte, Situationen, Deixis, Gattung, Struktur und Thematik beziehen. In diesen Punkten stimmen der Zieltext von Van Istendael c.s. und der Quelltext im Wesentlichen überein. Eine Überarbeitung des semantisch-pragmatischen Skeletts ist demnach nicht erforderlich; das Skelett ist in der vorliegenden Form als tertium comparationis brauchbar.

126

D.4

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext Zieltext Van Istendael c.s. Nominalphrasen in duistere tijden het argeloze woord, een glad voorhoofd ongevoeligheid, het vreselijke nieuws wat zijn dat voor tijden een gesprek over bomen, een misdrijf een zwijgen, zoveel wandaden op straat zijn vrienden in nood mijn brood louter toeval recht het geluk mijn glas water, in de oude boeken de herrie in de wereld, zijn korte tijd zonder vrees zonder geweld kwaad met goed vergelden zijn wensen in duistere tijden in de steden, in de tijd van de wanorde honger onder de mensen, in de tijd van het oproer de tijd op aarde mijn eten, tussen de veldslagen in temidden van de moordenaars de liefde de natuur, zonder geduld de tijd op aarde de wegen, naar het moeras in mijn tijd de taal, aan de slachter de heersers de tijd op aarde de krachten, het doel -

Quelltext Nominalphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort, eine glatte Stirn Unempfindlichkeit, der Lachende die furchtbare Nachricht was sind das für Zeiten ein Gespräch über Bäume, ein Verbrechen ein Schweigen, so viele Untaten über die Straße seine Freunde in Not meinen Unterhalt nur ein Zufall mein Glück dem Hungernden Glas Wasser, einem Verdurstenden in den alten Büchern aus dem Streit der Welt, die kurze Zeit ohne Furcht ohne Gewalt Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche in finsteren Zeiten in die Städte, zur Zeit der Unordnung Hunger unter die Menschen, zur Zeit des Aufruhrs meine Zeit auf Erden mein Essen, zwischen den Schlachten unter die Mörder der Liebe die Natur, ohne Geduld meine Zeit auf Erden die Straßen, in den Sumpf, zu meiner Zeit die Sprache, dem Schlächter die Herrschenden meine Zeit auf Erden die Kräfte, das Ziel in großer Ferne -

127

54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

de tijd op aarde uit de vloed onze zwakheid de duistere tijd vaker dan van schoenen van land veranderend de oorlogen der klassen enkel onrecht, geen rebellie de haat tegen de laagheid het gezicht de toorn tegen onrecht de stem het terrein, voor vriendelijkheid de mens de mens, een helper met welwillendheid

meine Zeit auf Erden aus der Flut unseren Schwächen der finsteren Zeit öfter als die Schuhe die Länder wechselnd die Kriege der Klassen nur Unrecht, keine Empörung der Haß gegen die Niedrigkeit die Züge der Zorn über das Unrecht die Stimme den Boden, für Freundlichkeit der Menschen dem Menschen, ein Helfer mit Nachsicht

Bei der Suche nach Verschiebungen kann man zuerst feststellen, an welchen Stellen Nominalphrasen im Zieltext keine Entsprechung im Quelltext haben und umgekehrt. Dies lässt sich in einigen Fällen beobachten, zunächst in den Zeile 3 und 14:

3 14

Zieltext Van Istendael c.s. Nominalphrasen ongevoeligheid, recht

Quelltext Nominalphrasen Unempfindlichkeit, der Lachende -

Beide Verschiebungen wurden im Rahmen des Smit-Zieltexts schon behandelt und als konstitutiv und formell bewertet. Für die Erarbeitung der Textwelt und die Makrostruktur des Textes sind sie demnach nicht wichtig. Zwei weitere Verschiebungen befinden sich in den Zeilen 19 und 20:

19 20

Zieltext Van Istendael c.s. Nominalphrasen mijn glas water, -

Quelltext Nominalphrasen dem Hungernden Glas Wasser, einem Verdurstenden

Die entsprechende Stelle in der Zieltextzeile 19 lautet „wie hongerlijdt“; die Stelle in der Zieltextzeile 20 lautet „wie sterft van dorst“. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, daß

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der Zieltext die Stilfigur mit „wie“ auch an anderen Stellen enthält. Wenn man diese Phrasen zusammenträgt, entsteht die folgende Gegenüberstellung:

Titel 3 9 19 20

Zieltext Van Istendael c.s. Aan wie na ons komen wie lacht wie daar rustig op straat loopt wie hongerlijdt wie sterft van dorst

Quelltext An die Nachgeborenen der Lachende der dort ruhig über die Straße geht dem Hungernden einem Verdurstenden

Der Quelltext zeigt eine Tendenz zur Verwendung von substantivierten Verben, wohingegen der Zieltext zu Satzteilen mit „wie“ tendiert. Beide Text bedienen einer jeweils bestimmten Stilfigur, die im jeweiligen Sprachsystem gängig ist. Insoweit sind die Verschiebungen konstitutiv und formell. Was die Anwesenheit bzw. das Fehlen einer Nominalphrase betrifft, befindet sich die nächste Verschiebung in Zeile 52:

52

Zieltext Van Istendael c.s. Nominalphrasen -

Quelltext Nominalphrasen in großer Ferne

Eine Stellungnahme dazu wurde bereits in der komparativen Analyse des Zieltextes Van den Bremts geliefert: an jener Stelle wurde die Verschiebung als konstitutiv und formell beurteilt. Im Smit-Zieltext wurde bereits ein „artistic principle underlying a writer’s choice of language” festgestellt, daß Leech als „avoidance of repetition“ bezeichnet. Im vorliegenden Fall handelt es sich um Zeile 61:

61

Zieltext Van Istendael c.s. Nominalphrasen onze zwakheid

Quelltext Nominalphrasen unseren Schwächen

Der Numerus stimmt in nicht überein: der Zieltext enthält ein Singular und der Quelltext ein Plural. Was das Lautbild des Textes betrifft wird im Zieltext eine Wiederholung vermieden, die in der Form „zwakheden spreken“ aufgetreten wäre – eine vierfache Verwendung eines „e“-Lautes. Es liegt also eine individuelle und substantielle Verschiebung vor, die ihre Kreise bis in die Makrostruktur des Textes zieht.

129

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51

Zieltext Van Istendael c.s. Verbalphrasen ik leef in duistere tijden het argeloze woord is dwaas wijst, lacht heeft gehoord wat zijn dat voor tijden haast een midsrijf is bevat loopt is zeker wel niet meer bereikbaar die in nood zijn het is waar, ik verdien nog mijn brood geloof me, dat is louter toeval niets van wat ik doe, geeft me het recht genoeg te eten toevallig ben ik gespaard, als het geluk mij laat vallen ben ik verloren ze zeggen me, eet toch en drink, wees blij dat je iets hebt maar hoe kan ik eten en drinken als ik wat ik eet afpak van wie hongerlijdt wie sterft van dorst mij glas water ontbeert en toch eet en drink ik graag zou ik ook wijs zijn staat wat wijs is zich ver houden van de herrie in de wereld zijn korte tijd zonder vrees doorbrengen zich redden zonder geweld kwaad met goed vergelden zijn wensen niet vervullen, maar vergeten geldt voor wijs dat alles kan ik niet ik leef in duistere tijden in de steden kwam ik toen daar honger heerste onder de mensen kwam ik en ik rebelleerde samen met hen zo verliep de tijd die mij op aarde toegemeten was mijn eten at ik slapen ging ik de liefde bedreef ik onverschillig naar de natuur keek ik zonder geduld zo verliep de tijd die mij op aarde toegemeten was de wegen leidden naar het moeras in mijn tijd de taal stelde mij bloot aan de slachter ik was tot weinig in staat de heersers zaten zonder mij veiliger, dat hoopte ik zo verliep de tijd die mij op aarde toegemeten was de krachten waren gering

Quelltext Verbalphrasen ich lebe in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht deutet hin, hat empfangen was sind das für zeiten fast ein Verbrechen ist einschließt geht ist wohl nicht mehr erreichbar die in Not sind es ist wahr, ich verdiene meinen Unterhalt glaubt mir, das ist nur ein Zufall nichts von dem was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen zufällig bin ich verschont, wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren man sagt mir, iß und trink du, sei froh daß du hast aber wie kann ich essen und trinken wenn ich dem Hungernden entreiße was ich esse mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt und doch esse und trinke ich ich wäre auch gerne weise steht was weise ist sich aus dem Streit der Welt halten halten die kurze Zeit ohne Furcht verbringen ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen gilt für weise alles das kann ich nicht ich lebe in finsteren Zeiten in die Städte kam ich als da Hunger herrschte unter die Menschen kam ich und ich empörte mich mit ihnen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war mein Essen aß ich schlafen legte ich mich der Liebe pflegte ich achtlos die Natur sah ich ohne Geduld so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit die Sprache verriet mich dem Schlächter ich vermochte nur wenig die Herrschenden saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Kräfte waren gering

130

52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

het doel lag zeer ver weg het was duidelijk zichtbaar al was het voor mij nauwelijks te bereiken zo verliep de tijd die mij op aarde toegemeten was jullie, die opduiken zult uit de vloed waarin wij zijn ondergegaan gedenk als jullie over onze zwakheid spreken die jullie ontkomen zijn wij gingen immers, vaker dan van schoenen van land veranderend als er enkel onrecht was terwijl we toch weten [de haat tegen de laagheid] verwringt het gezicht [de toorn tegen het onrecht] maakt de stem schor [wij] die het terrein wilden effenen voor vriendelijkheid [wij] konden zelf niet vriendelijk zijn als het zover zal zijn dat de mens de mens een helper is gedenk ons -

das Ziel lag in großer Ferne es war deutlich sichtbar wenn auch für mich kaum zu erreichen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut in der wir untergegangen sind gedenkt wenn ihr von unseren Schwächen sprecht der ihr entronnen seid gingen wir doch, öfter die Schuhe als die Länder wechselnd wenn da nur Unrecht war dabei wissen wir doch [der Haß gegen die Niedrigkeit] verzerrt die Züge [der Zorn über das Unrecht] macht die Stimme heiser [wir] die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit [wir] konnten selber nicht freundlich sein wenn es so weit sein wird daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist gedenkt unsrer -

Die erste Verschiebung findet man in Zeile 3:

3

Zieltext Van Istendael c.s. Verbalphrasen lacht

Quelltext Verbalphrasen -

Der Zieltext enthält eine Verbalphrase und der Quelltext nicht. Die Verschiebung wurde bereits im Rahmen des Smit-Zieltextes bewertet; es wurde festgestellt, daß sie als konstitutiv und formell eingestuft werden kann.

Die nächste Verschiebung auf der Ebene der Verbalphrasen findet in Zeile 19 statt:

19

Zieltext Van Istendael c.s. Verbalphrasen als ik wat ik eet afpak van wie hongerlijdt

Quelltext Verbalphrasen wenn ich dem Hungernden entreiße was ich esse

Was auffällt, ist daß sich das konjugierte Verb „hongerlijdt“ im Zieltext außerhalb der grammatikalischen Regeln bewegt, da die zwei Teile des zusammengesetzten Wortes normalerweise getrennt geschrieben werden – in dem Sinne entspräche „honger lijdt“ der

131

Grammatik. Da die entsprechende Zeile im Quelltext keinen Verstoß gegen die Grammatik enthält, kann man von einer Verschiebung sprechen. Im vorliegenden Fall gibt es jedoch keinen vorstellbaren triftigen Grund, weshalb die Übersetzer absichtlich gegen die Grammatik des Niederländischen verstoßen haben – an der Textwelt ändert sich nichts Wesentliches. Von einer substantiellen Verschiebung kann man demnach nicht reden.

132

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Van Istendael c.s. Präpositionalphrasen in duistere tijden wijst op ongevoeligheid een gesprek over bomen een zwijgen over zoveel wandaden op straat loopt niet meer bereikbaar voor zijn vrienden die in nood zijn [ik] afpak van wie hongerlijdt wie sterft van dorst in de oude boeken zich ver houden van de herrie in de wereld zonder vrees zich redden zonder geweld kwaad met goed vergelden in duistere tijden in in de steden kwam ik onder de mensen kwam ik ik rebelleerde samen met hen op aarde tussen de veldslagen in temidden van de moordenaars naar de natuur keek ik op aarde naar het moeras in mijn tijd stelde mij bloot aan de slachter op aarde al was het voor mij -

Quelltext Präpositionalphrasen in finsteren Zeiten deutet auf Unempfindlichkeit hin ein Gespräch über Bäume ein Schweigen über so viele Untaten über die Straße geht nicht mehr erreichbar für seine Freunde die in Not sind in den alten Büchern sich aus dem Streit der Welt halten ohne Furcht ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten in finsteren Zeiten in in die Städte kam ich unter die Menschen ich empörte mich mit ihnen auf Erden zwischen den Schlachten unter die Mörder auf Erden in den Sumpf zu meiner Zeit auf Erden in großer Ferne wenn auch für mich -

133

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

op aarde opduiken zult uit de vloed als jullie over onze zwakheden spreken van dan van schoenen van land veranderend door de oorlogen der klassen haat tegen de laagheid toorn tegen onrecht het terrein wilden effenen voor vriendelijkheid -

auf Erden auftauchen werdet aus der Flut wenn ihr von unseren Schwächen sprecht durch die Kriege der Klassen Haß gegen die Niedrigkeit Zorn über das Unrecht den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit mit Nachsicht

Auf der komparativen Ebene der Präpositionalphrasen findet man die ersten Verschiebungen in den Zeilen 19 und 20:

19 20

Zieltext Van Istendael c.s. Präpositionalphrasen [ik] afpak van wie hongerlijdt wie sterft van dorst

Quelltext Präpositionalphrasen -

Die entsprechende Phrase ohne Präposition im Quelltext lautet „dem Hungernden entreiße“. Was Zeile 19 betrifft, muß man von einem formellen Unterschied reden: in der Zielsprache bedarf das Verb „afpakken“ die Präposition „van“, wohingegen das semantisch vergleichbare quellsprachliche „entreißen“ ohne Präposition agiert. Die Verschiebung ist deshalb als konstitutiv und formell zu bezeichnen. Für die Verschiebung in Zeile 20 gilt dies gleichermaßen; die entsprechende Stelle wurde bereits im der Analyse des Zieltextes Van den Bremts behandelt. Die Verschiebung, die in Zeile 42 hervortritt, kann ebenso als konstitutiv und formell eingeordnet werden:

42

Zieltext Van Istendael c.s. Präpositionalphrasen naar de natuur keek ik

Quelltext Präpositionalphrasen -

134

Die entsprechende Stelle im Quelltext lautet „die Natur sah ich“. Die Verben „kijken naar“ und „sehen“, die ein Beoachten ausdrücken, kann man über die Grenze der unterschiedlichen Sprachen hinweg zu einem einzelnen semantischen Feld zählen. Deswegen ist hier die Anwesenheit bzw. das Fehlen einer Präposition auf die unterschiedlichen grammatikalischen Sprachsysteme zurückzuführen und als eine konstitutive und formelle Verschiebung zu bewerten. Was die Verwendung von Präpositionen betrifft, befindet die nächste Verschiebung sich in Zeile 46:

Zieltext Van Istendael c.s. Präpositionalphrasen [de taal] stelde mij bloot aan de slachter

46

Quelltext Präpositionalphrasen -

Die ensprechende Stelle im Zieltext, die keine Präposition enthält, lautet „[die Sprache] verriet mich dem Schlächter“. Abgesehen davon, daß das zielsprachliche trennbare Verb zwangsläufig ohne Präposition verwendet wird und das deutsche Verb „verraten“ den Dativ regiert, kann man in diesem Fall die semantische Ebene bemühen. Das Verb „blootstellen aan“ trägt die Bedeutung „onderwerpen aan iets schadelijks“, während das deutsche Verb als „preisgeben“ oder „die Treue brechen“ umschrieben wird. In beide Textstellen ist es die Sprache, die eine sehr negative, sogar gefährliche Verbindung zwischen der Persona und einem Schlächter herstellt. Von der Semantik her ist es außerdem nicht möglich, dem „blootstellen“ oder „verraten“ eine eindeutig negativere Bedeutung beizumessen. Die Verschiebung ist deswegen nicht als substantiell zu betrachten. Die restlichen zwei Verschiebungen auf dieser Ebene befinden sich in den Zeilen 64 und 77:

64 77

Zieltext Van Istendael c.s. Präpositionalphrasen van dan van schoenen van land veranderend -

Quelltext Präpositionalphrasen mit Nachsicht

Wie bereits in der Analyse Van den Bremts dargestellt wurde, handelt es sich in beiden Fällen um konstitutive und formelle Verschiebungen.

135

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Van Istendael c.s. Adverbialphrasen in duistere tijden alleen nog niet rustig louter toeval wees blij graag zonder vrees zonder geweld in duistere tijden in de tijd van de wanorde toen daar honger heerste in de tijd van het oproer tussen de veldslagen in temidden van de moordenaars onverschillig zonder geduld weinig [zaten] zonder mij veiliger duidelijk zichtbaar nauwelijks te bereiken -

Quelltext Adverbialphrasen in finsteren Zeiten nur noch nicht ruhig nur ein Zufall sei froh gerne ohne Furcht ohne Gewalt in finsteren Zeiten zur Zeit der Unordnung als da Hunger herrschte zur Zeit des Aufruhrs zwischen den Schlachten unter die Mörder achtlos ohne Geduld nur wenig saßen ohne mich sicherer deutlich sichtbar kaum zu erreichen -

136

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

wanhopig welwillend

verzweifelt -

Es läßt sich in dieser Tabelle eine Verschiebung feststellen – in Zeile 77 enthält der Zieltext eine Adverbialphrase und der Quelltext nicht:

77

Zieltext Van Istendael c.s. Adverbialphrasen welwillend

Quelltext Adverbialphrasen -

Im Quelltext enthält die Zeile ein Nomen, „mit Nachsicht“. Die entsprechende Bewertung der Stelle wurde im Rahmen des Zieltextes Van den Bremts vorgenommen. Bei der Gelegenheit wurde festgestellt, daß es sich hier um eine konstitutive und formelle Verschiebung handelt.

137

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

Zieltext Van Istendael c.s. Adjektivphrasen in duistere tijden het argeloze woord is dwaas, een glad voorhoofd het vreselijke nieuws niet meer bereikbaar wijs in de oude boeken, wijs zijn korte tijd wijs in duistere tijden de krachten waren gering duidelijk zichtbaar -

Quelltext Adjektivphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht, eine glatte Stirn die furchtbare Nachricht

nicht mehr erreichbar weise in den alten Büchern, weise die kurze Zeit weise in finsteren Zeiten die Kräfte waren gering in großer Ferne deutlich sichtbar -

138

55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

de duistere tijd schor vriendelijk -

der finsteren Zeit heiser freundlich -

Im Bereich der Adjektivphrasen kann in Zeile 52 eine Verschiebung festgestellt werden:

52

Zieltext Van Istendael c.s. Adjektivphrasen [het doel lag] zeer ver weg

Quelltext Adjektivphrasen [das Ziel lag] in großer Ferne

Beim Vergleich des Zieltextes Van den Bremts mit dem dazugehörenden Quelltext wurde die gleiche Verschiebung beobachtet; an der Stelle wurde davon ausgegangen, daß die Verschiebung den jeweiligen Ausdrucksweisen der unterschiedlichen sprachlichen Systeme zuzuschreiben ist. Die Verschiebung ist demnach konstitutiv und formell. Sonstige Verschiebungen treten auf der Ebene der Adjektivphrasen nicht hervor.

Eine weitere Tabelle, die man zur Analyse heranziehen kann, basiert sich auf Auffälligkeiten bei den Nominalphrasen. Bei der Kombination Possessivpronomen mit Nomen treten Lücken auf an den Stellen die auch bei Smit und Van den Bremt Lücken aufwiesen:

37 43 49 55

Zieltext Van Istendael c.s. Possessivpronomin + Nomen -

Quelltext Possessivpronomin + Nomen meine Zeit meine Zeit meine Zeit meine Zeit

139

Bei den betreffenden Zeilen handelt es sich um einen identischen Satz, der jeweils die Strophen des zweiten Teils des Gedichts abschließt. Analog an der Analyse den Übersetzungen Smits und Van den Bremts und kann man feststellen, daß es sich hier um ein Phänomen handelt, daß als „avoidance of repetition“ bezeichnet wird (Leech & Short 1981, S. 79) – es wird im Zieltext ein dreifaches Reim vermieden. Diese Verschiebung kann als individuell und substantiell eingestuft werden.

140

D.5

Schlußfolgerung Van Istendael, Stassijns und De Vin

In der Übersetzung von Van Istendael c.s. tritt lediglich eine individuelle Verschiebung auf: in Zeile 61 ändert sich ein Plural in ein Singular (“Schwächen”, “zwakheid”). Es wurde festgestellt, daß es sich auch in diesem Fall um “avoidance of repetition” handelt. Damit haben die Übersetzer auch im Einzelnen den Klang des Quelltextes interpretiert und sich betätigt um diesen Klang auch in ihrer Textwelt zu gestalten, indem sie den Numerus in diesem Fall abgeändert haben. Sonst enthält der Text keine Verschiebungen, die für die Realisierung der Zieltextwelt von Bedeutung sind.

141

E.

Droogenbroodt

142

AN DIE NACHGEBORENEN – Bertolt

Brecht

1

2

1

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

5

Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unemfpindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen.

In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung Als da Hunger herrschte. Unter die Menschen kam ich zur Zeit des Aufruhrs Und ich empörte mich mit ihnen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

10

15

20

25

30

35

Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräche über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind?

40

Es ist wahr: ich verdiene meinen Unterhalt Aber glaubt mir: Das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.) Man sagt mir: Iß und trink du! Sei froh, daß du hast! Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich.

50

Ich wäre gerne auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen Auch ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen Gilt für weise. Alles das kann ich nicht: Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

55

3

60

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut In der wir untergegangen sind Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid. Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

65

70

75

45

Dabei wissen wir doch: Auch der Haß gegen die Niedrigkeit Verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht Macht die Stimme heiser. Ach, wir Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit Konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es so weit sein wird Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist Gedenkt unsrer Mit Nachsicht.

143

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten Schlafen legte ich mich unter die Mörder Der Liebe pflegte ich achtlos Und die Natur sah ich ohne Geduld. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit. Die Sprache verriet mich dem Schlächter. Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

AAN HET NAGESLACHT

1

5

10

15

– Übersetzung Germain Droogenbroodt

I

II

Voorwaar, ik leef in duistere tijden! Het argeloze woord is idioot. Een glad voorhoofd Duidt op ongevoeligheid. Wie lacht Heeft het vreselijke bericht Nog altijd niet ontvangen.

Ik kwam in de steden in tijden van wanorde Als daar honger heerste. Ik kwam onder de mensen als er oproer was En rebelleerde met hen. Zo verging de tijd Die mij op aarde was gegeven.

35

Wat zijn dat voor tijden, waar Een gesprek over bomen bijna een misdaad is Omdat het een verzwijgen van zoveel wandaden inhoudt! Is wie daar rustig door de straat loopt niet meer bereikbaar voor zijn vrienden Die in nood verkeren?

40

Het is waar: ik verdien nog mijn brood Maar geloof me: dat is alleen maar toeval. Niets van wat ik doe geeft me het recht, om me vol te eten. Toevallig ben ik gespaard. (Als mijn geluk ophoudt, ben ik verloren).

45

50

20

Men zegt me: eet en drink jij maar! Wees blij, dat je hebt! Maar hoe kan ik eten en drinken, als Ik de hongerigen ontneem wat ik eet, en wie van dorst vergaat, mijn glas water ontbreekt? En toch eet en drink ik. 55

25

30

Graag zou ik ook verstandig willen zijn. In de oude boeken staat, wat verstandig is: Zich buiten de strijd van de wereld houden en de korte tijd Doorbrengen zonder vrees Ook zonder geweld terechtkomen Het slechte met het goede vergelden Zijn wensen niet vervullen, maar vergeten Geldt voor wijzen. Dat alles kan ik niet: Voorwaar, ik leef in duistere tijden! III

60

65

70

75

Jullie die uit de vloed zult opduiken Waarin wij zijn ondergegaan Gedenk Als jullie van onze zwakheden spreken Ook de duistere tijd Waaraan jullie ontkomen zijn. Gingen wij toch, vaker dan van schoenen, van land veranderend Door de klassenstrijd, vertwijfeld Als daar slechts onrecht en geen opstand was. Daarbij weten we toch: Ook de haat tegen de laagheid Misvormt de gelaatstrekken. Ook de toorn tegen het onrecht Maakt de stem schor. Ach, wij Die het terrein voor vriendelijkheid wilden voorbereiden Konden zelf niet vriendelijk zijn. Maar jullie, als het zo ver zal komen Dat de mens voor de mens een helper is Gedenk ons Met toegeeflijkheid.

144

Mijn eten at ik tussen de veldslagen en legde me onder moordenaars te slapen De liefde bedreef ik achteloos En de natuur zag ik zonder geduld. Zo verging de tijd Die mij op aarde was gegeven. De straten leidden naar het moeras van mijn tijd. De taal verraadde mij de slachter. Ik vermocht slechts weinig. Maar de heersers Zaten zonder mij zekerder, dat hoopte ik. Zo verging de tijd Die mij op aarde was gegeven. De krachten waren gering. Het doel Lag heel ver weg Het was duidelijk zichtbaar, al was het ook voor mij Nauwelijks te bereiken. Zo verging de tijd Die mij op aarde was gegeven.

E.1

Hintergrund-Informationen

Droogenbroodts Aan het nageslacht ist Teil der Anthologie Zoals de wolk na de regen – Wie die Wolke nach dem Regen, die 1998 im Verlag Point Editions erschienen ist. Die Website des Verlags beschreibt die Strategie und die Ziele folgendermaßen: „Om de twee maanden nieuwe gedichten van ’s werelds beste bekende en onbekende dichters, geselecteerd uit de POINT-reeks hedendaagse internationale poëzie. De POINT-uitgaven zijn bijna steeds tweetalig, origineel/Nederlands: de beste, de mooiste en toch de goedkoopste poëziebundels in het Nederlandse taalgebied (…) POINT (Poëzie INTernationaal) werd in 1984 als een stichting zonder winstoogmerk opgericht met als doel ‘de internationale promotie van hedendaagse kunst, voornamelijk poëzie en beeldende kunst, om aldus bij te dragen tot een meer humane samenleving, tot een internationaal gesprek’ door middel van vertaling en publikatie van moderne poëzie (…)” FUSSNOTE: www.point-editions.com

Die sehr umfangreiche Reihe enthält hauptsächlich ins Niederländische übersetzte Lyrik. Die jeweiligen Quelltexte stammen aus dem europäischen, asiatischen, südamerikanischen und afrikanischen Raum.

Kenntlichmachung als Übersetzung Auf dem Einband ist angegeben, daß es sich um eine Anthologie mit Gedichten Brechts handelt und daß die Auswahl und Übersetzung von Germain Droogenbroodt besorgt wurden. Die zweisprachige Ausgabe enthält auf der jeweils linken Seite den deutschen und auf der jeweils rechten Seiten den niederländischen Text.

Hintergrund-Informationen zum Übersetzer Germain Droogenbroodt Der flämische Verleger, Dichter und Übersetzer Germain Droogenbroodt (1944) ist Gründer des Verlags Point Editions, in dem der Band Zoals de wolk na de regen – Wie die Wolke nach dem Regen erschienen ist. In seinem Verlag veröffentlichte er, neben zahlreichen anderen zweisprachigen Lyrik-Anthologien, ebenfalls mehrere Bänder eigener Lyrik. In der Reihe

145

widmete er, neben Brecht, Peter Huchel und Reiner Kunze jeweils einen Band.4 Der Band mit der Nummer 20 sammelte unter dem Titel Denn eure Träume sind schlecht Gedichte aus dem deutschen Sprachraum von u.a. Günter Eich, Hans Magnus Enzensberger, Günter Grass, Rolf Haufs und Ernst Meister. Trotz der Masse bewegen sich die Publikationen was die Kritik betrifft in der Marginalität – Droogenbroodt wird weder in der Publizistik noch in Nachschlagewerken erwähnt.

Hintergrund-Informationen Quelltext Droogenbroodt Im Anschluß an die Gedichte enthält die Anthologie eine Bibliographie und ein Register. Demzufolge hat Droogenbroodt als Grundlage für Aan het nageslacht Band 12 der Großen Berliner und Frankfurter Ausgabe verwendet.

4

Huchel: Gespräch mit dem Schweigen (POINT Nr. 25) Kunze: Nicht aufzuwiegen mit Gold (POINT Nr. 32)

146

E.2

Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext

Die Erstellung eines semantisch-pragmatischen Skeletts stellt der erste Schritt des Verfahrens dar. Eine Bestimmung der Elemente der situativen Dimension, der „poetischen Stimme“ und der Persona, der deiktischen Elemente, der Gattung, der Struktur und des Themas des Textes werden dabei vorgenommen. Da die Quelltexte der vorliegenden Arbeit sich rein pragmatisch gesehen sehr nahe stehen, tun sich naturgemäß Parallelen zum semantisch-pragmatischen Skelett der Übersetzung Gabriël Smits auf. Das unten beschriebene Skelett wird dementsprechend zu großen Teilen mit den der anderen Zieltexte übereinstimmen.

Die wichtigsten Subjekte des Zieltext sind eine nachfolgende Gruppe, die im Titel Aan het nageslacht angedeutet wird, und eine Persona, ein „ik“, das in der ersten Zeile eingeführt wird und im ganzen Text die poetische Stimme darstellt. Diese Persona trifft auf eine Gemeinschaft, die hungert, und solidarisiert sich mit ihr. Die Persona hat ebenfalls mit Mördern, Schlächtern und Herrschenden zu tun. Außerdem begegnet die Persona ein „wie“, ein anonymes Subjekt, das bestimmte Verhaltensweisen aufzeigt, („wie lacht…“, Zeile 3). Das „ich“ befindet sich in einem Dialog mit diesem Subjekt. Neben der Persona bewegt sich ein „jullie“ , ein nachgeborenes Subjekt, das angesprochen wird; diesem „jullie“ werden Hintergründe erklärt. Dieses Objekt soll den Vorgängern, inklusive der erzählenden Persona, wenn die Welt sich geändert hat, mit Nachsicht erinnern. Im Text spielen Tiere oder lebendige, personifizierte Objekte keine Rolle. Die wichtigsten Objekte sind Teil der Landschaft, die die Persona umgibt, wie Bäume, Straßen, Städte, Länder, die Natur.

Der Zieltext von Droogenbroodt besteht aus freien, ungereimten Versen. Das Gedicht besteht aus insgesamt zwölf Strophen und drei Teilen, die man als relativ autonom betrachten kann; man könnte sie als drei eigenständige Texte lesen.

Der erste Teil enthält zwei Fragesätze, die die Verunsicherung der Persona und ihren Konflikt mit der Welt, in der sie lebt, ausdrücken. Außerdem enthält die dritte Strophe

147

Befehls- oder Aufforderungssatz (Zeile 13: „geloof me“), das Gegenüber wird zum ersten mal im Gedicht direkt angesprochen. Die direkte Rede in Zeile 18 ist ebenfalls Ausdruck der schwierigen Beziehung zwischen der Persone und ihrer sozialen Umgebung. Das Umfeld wirft der Persona Undankbarkeit vor.

Anhand der Personalpronomina der ersten oder zweiten Person lassen sich die wichtigen Subjekte feststellen:

Strophe (Teil 1) 1 2 3 4 5

Personalpronomina der 1. und 2. Person ik ik mijn me ik me me ik mijn ik me jij je (direkte Rede) ik ik ik mijn ik ik ik ik

(Teil 2) 6 7 8 9

ik ik mij mijn ik me ik ik mij mijn mij ik mij ik mij mij mij

(Teil 3) 10 11 12

jullie wij jullie onze jullie wij we wij jullie ons

Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß im ersten Teil ausschließlich die erste Person Singular verwendet wird. Im zweite Teil des Gedichtes ist ebenfalls ausschließlich diese Person vertreten. Im dritten Teil treten die erste und die zweite Person in ungefähr gleicher Frequenz auf. Der erste Teil fängt mit einem sakral wirkenden Ausruf an. Im ersten Teil wird ein „ich“ eingeführt, das die Schwierigkeiten beschreibt, sich in den aktuellen finsteren Zeiten richtig zu Verhalten. Als problematisch empfindet die Persona verschiedene Gegebenheiten des Alltags: man könne nicht mehr lachen, nicht über Allerweltsthemen sprechen, nicht mehr spazierengehen. „Normales“ Verhalten sei eine Verneinung der grausamen Wirklichkeit. Die Tatsache, daß es der Persona gut geht und daß sie zu essen und trinken hat, sei lediglich Zufall. Ihre Umgebung sagt der Persona, sie solle ob ihres Glückes froh sein – sie selbst habe

148

aber ein schlechtes Gewissen. Außerdem gelinge es der Persona nicht, sich der Tugenden alter Verhaltenslehren, wie Gewaltlosigkeit, Angstfreiheit und Verzicht, anzunehmen. Die Aussage bezüglich der schwierigen Zeit wird in der letzten Zeile des ersten Teils wiederholt.

Der zweite Teil besteht vollständig aus Aussagesätzen und ist demnach eine Beschreibung. Jede der vier Strophen wird mit dem gleichen Satz abgeschlossen. Im zweiten Teil schildert die Persona, wie sie ihr Leben verbracht hat. Sie habe in einem Sumpf, einer kriegerischen städtischen Landschaft agiert; diese Landschaft bestand aus einer chaotischen Gemeinschaft, die sich in Aufruhr befand habe. Mit dieser Gemeinschaft habe die Persona sich solidarisiert. Es tobten Schlachten, es herrschten Wut und Hunger. Die Persona habe mit Mördern verkehrt und den Herrschern die Unterstützung verweigert. Dabei habe sie den einzigen positiv besetzten Begriffen, Liebe und Natur, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Grundbedürfnisse Essen und Schlaf seien notdürftig befriedigt worden. In dieser Situation spielen sprachlichen Äußerungen eine verräterische und gefährliche Rolle in der Beziehung zwischen der Persona und dem Schlächter. Die Persona habe sich in dieser Umgebung als zu schwach empfunden und sei sich ihrer Wirkung nicht sicher gewesen – sie sei jedenfalls nicht in der Lage gewesen, ein großes und wichtiges Ziel zu erreichen. Der dritte besteht aus vier Strophen – die zweite und dritte Strophe enthalten nur Aussagesätzen, die umringenden Strophen enthalten jeweils einen Befehls- oder Aufforderungssatz. In den letzteren spricht die Persona sein Gegenüber direkt an. Im dritten Teil spricht die Persona ein Gegenüber, ein „jullie“ an. Sie und die Gemeinschaft, von der sie ein Teil ist (ein „wij“), haben sich für den internationalen Klassenkampf viel bewegen müssen und auf persönliche Bedürfnisse verzichtet. Dabei seien sie oft verzweifelt gewesen und waren sie, was das Zwischenmenschliche anbelangt, nicht aufmerksam genug – es habe ihnen an Geduld und Freundlichkeit gefehlt, obwohl sie gerade auch für diese Sachen gekämpft haben. Wenn das Gegenüber in einer menschenfreundlichen Gesellschaft lebt, für die die Persona und ihre Mitstreiter gekämpft haben, solle er sich nicht nur deren Fehler entsinnen, sondern auch deren Bemühungen, eine bessere Welt herbeizuführen. Der nächste Punkt ist das deiktische Zentrum, das „Hier“ und „Jetzt“ der Textwelt. Die Persona berichtet aus einem nicht näher definierten Raum über ihre Vergangenheit und richtet ein Aufforderung an die Nachgeborenen. Über ihren aktuellen Aufenthaltsort ist nichts in

149

Erfahrung zu bringen, nur über die Situation im Allgemeinen und über die Stadtlandschaft und die Kriegsschauplätze, wo sie sich vorher aufgehalten hat.

Zur temporalen Deixis können Aussagen gemacht werden die sich auf bestimmte textuelle Merkmale beziehen. Ein Anhaltspunkt ist die Anwesenheit von Zeitadverbien, wie „gestern“ oder „morgen“. Im vorliegenden Text fehlen diese gänzlich. Den temporalen deiktischen Nullpunkt kann man anhand der Tempora feststellen:

Präsens Teil 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 Teil 2 33 34 35

Präteritum

Perfekt

Infinitiv

Präteritumperfekt

Futur

leef is duidt, lacht heeft ontvangen zijn is inhoudt is, loopt

verzwijgen

verkeren is, verdien geloof, is doe, geeft eten ophoudt

ben gespaard ben verloren

zegt, eet, drink, wees, hebt kan ontneem, eet vergaat, ontbreekt eet, drink

eten, drinken

zou willen zijn staat, is houden doorbrengen terechtkomen vergelden vervullen, vergeten geldt kan leef

kwam heerste kwam, was

150

36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56

rebelleerde verging was gegeven at legde bedreef zag verging

was gegeven leidden veraadde vermocht zaten, hoopte verging was gegeven waren lag was, was bereiken verging was gegeven

Teil 3 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

slapen

zult opduiken zijn ondergegaan gedenk spreken ontkomen zijn gingen [veranderend] was weten misvormt maakt wilden konden

voorbereiden zijn zal komen

is gedenk

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß der erste Teil überwiegend Verben im Präsens und keine einzige Präteritum-Bildung enthält, der zweite Teil überwiegend im Präteritum und keine Präsens-Formen hat, und im dritten Teil hauptsächlich und zu nahezu gleichen Teilen Präsens- und Präteritum-Bildungen vertreten sind. Dies geht konform der Thematik der drei Teile des Gedichts – erstens eine Schilderung einer schwierigen und konfliktreichen Gegenwart, zweitens die Probleme einer vergangenen Zeit und drittens eine Rechtfertigung und ein Appell für die Zukunft. 151

Beziehung zwischen coding time/content time Die Persona erzählt von der heutigen Zeit aus; sie beschreibt die aktuelle schwierig Lage, die „finsteren Zeiten“, und die Vorgeschichte. Ihre Aufforderung richtet sich an die Zukunft. Es gibt also drei Zeitbezüge: das Jetzt, in dem die Perona spricht, berichtet und anspricht/auffordert, die Vergangenheit, die beschrieben wird, und die Zukunft, der die Aufforderung/der Aufruf an die nachfolgenden Generationen gilt.

152

E.3

Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext

Als zweiter Schritt der Analyse werden die Ergebnisse des semantisch-pragmatischen Skeletts mit dem Quelltext verglichen. Die Frage dabei ist, ob die Ergebnisse auch für den Quelltext gelten. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte das semantisch-pragmatische Skelett sollte derartig erarbeitet werden, daß eine Überstimmung gegeben ist. Falls auf dieser Ebene substantielle Verschiebungen stattfinden, sollten diese erfasst werden. Das semantisch-pragmatische Skelett besteht aus Daten, die sich auf die Subjekte, Objekte, Situationen, Deixis, Gattung, Struktur und Thematik beziehen. In diesen Punkten stimmen der Zieltext von Droogenbroodt und der Quelltext im Wesentlichen überein. Eine Überarbeitung des semantisch-pragmatischen Skeletts ist demnach nicht erforderlich; das Skelett ist in der vorliegenden Form als tertium comparationis brauchbar.

153

E.4

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext Zieltext Droogenbroodt Nominalphrasen in duistere tijden het argeloze woord, een glad voorhoofd ongevoeligheid, het vreselijke bericht wat zijn dat voor tijden een gesprek over bomen, een misdaad een verzwijgen, zoveel wandaden door de straat zijn vrienden in nood mijn brood alleen maar toeval recht mijn geluk de hongerigen glas water, in de oude boeken buiten de strijd van de wereld, de korte tijd zonder vrees zonder geweld het slechte met het goede vergelden zijn wensen geldt voor wijzen in duistere tijden in de steden, in tijden van wanorde honger onder de mensen, als er oproer was de tijd op aarde mijn eten, tussen de veldslagen onder moordenaars de liefde de natuur, zonder geduld de tijd op aarde de straten, naar het moeras, van mijn tijd de taal, de slachter de heersers de tijd op aarde de krachten, het doel -

Quelltext Nominalphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort, eine glatte Stirn Unempfindlichkeit, der Lachende die furchtbare Nachricht was sind das für Zeiten ein Gespräch über Bäume, ein Verbrechen ein Schweigen, so viele Untaten über die Straße seine Freunde in Not meinen Unterhalt nur ein Zufall mein Glück dem Hungernden Glas Wasser, einem Verdurstenden in den alten Büchern aus dem Streit der Welt, die kurze Zeit ohne Furcht ohne Gewalt Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche in finsteren Zeiten in die Städte, zur Zeit der Unordnung Hunger unter die Menschen, zur Zeit des Aufruhrs meine Zeit auf Erden mein Essen, zwischen den Schlachten unter die Mörder der Liebe die Natur, ohne Geduld meine Zeit auf Erden die Straßen, in den Sumpf, zu meiner Zeit die Sprache, dem Schlächter die Herrschenden meine Zeit auf Erden die Kräfte, das Ziel in großer Ferne

154

53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

de tijd op aarde uit de vloed onze zwakheden de duistere tijd vaker dan van schoenen van land veranderend de klassenstrijd slechts onrecht, geen opstand de haat tegen de laagheid de gelaatstrekken de toorn tegen het onrecht de stem het terrein, voor vriendelijkheid de mens voor de mens een helper met toegeeflijkheid

meine Zeit auf Erden aus der Flut unseren Schwächen der finsteren Zeit öfter als die Schuhe die Länder wechselnd die Kriege der Klassen nur Unrecht, keine Empörung der Haß gegen die Niedrigkeit die Züge der Zorn über das Unrecht die Stimme den Boden, für Freundlichkeit der Menschen dem Menschen, ein Helfer mit Nachsicht

An einigen Stellen haben die Nominalphrasen im Zieltext keine Entsprechung im Quelltext und umgekehrt. Zunächst gibt es drei Fälle, die bereits anderweitig besprochen wurden:

3 14 52

Zieltext Droogenbroodt Nominalphrasen recht -

Quelltext Nominalphrasen der Lachende in großer Ferne

Was die Verschiebung in Zeile 3 betrifft, kann man auf die komparative Analyse der SmitÜbersetzung verweisen – entsprechend diesem Fall ist die Verschiebung hier als eine konstitutive und formelle Verschiebung zu betrachten, die für die Makrostruktur des Textes und für die Erarbeitung der Textwelt nicht von wesentlicher Bedeutung ist. Die Feststellung trifft ebenso auf Zeile 14 zu, die auch bei Smit analysiert wurde. Die Verschiebung in Zeile 52 wurde bereits bei der Analyse der Übersetzung Van den Bremts erwähnt und ebenfalls als konstitutiv und formell bewertet.

In Zeile 30 ist ebenfalls eine Verschiebung festzustellen:

Zieltext Droogenbroodt Nominalphrasen

Quelltext Nominalphrasen

155

30

geldt voor wijzen

-

Die entsprechende Stelle im Quelltext lautet „gilt für weise“. Die Kleinschreibung des Wortes „weise“ zeigt, daß es sich im Quelltext um ein Adjektiv handelt; derweil ist das „wijzen“ als Nomen aufzufassen. Die Merkmale der Weisheit, die vorher in der betreffenden Strophe aufgelistet werden (Gelassenheit, Angstfreiheit, Gewaltlosigkeit, Enthalsamkeit) werden im Zieltext auf Verhaltenweisen von bestimmten „weisen“ Personen bezogen, wohingegen sie im Quelltext als Merkmale einer Lebenseinstelling betrachtet werden. Somit ist in beiden Texten eine direkte Verbindung zwischen dem Phänomen der Weisheit und bestimmte Charakterzüge oder Verhaltensweisen gegeben. Auf der semantischen Ebene ist die Wortform dementsprechend und damit die Verschiebung nicht von substantieller Bedeutung.

156

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

Zieltext Droogenbroodt Verbalphrasen ik leef in duistere tijden het argeloze is idioot duidt, lacht heeft ontvangen wat zijn dat voor tijden haast een misdaad is inhoudt loopt is hij al niet meer bereikbaar die in nood verkeren het is waar, ik verdien nog mijn brood geloof me, dat is alleen maar toeval niets van wat ik doe, geeft me het recht om me vol te eten toevallig ben ik gespaard, als mijn geluk ophoudt ben ik verloren men zegt me, eet en drink jij maar, wees blij, dat je hebt maar hoe kan ik eten en drinken als ik de hongerigen ontneem wat ik eet wie van dorst vergaat, mijn glas water ontbreekt en toch eet en drink ik graag zou ik ook verstandig willen zijn staat wat verstandig is zich buiten de strijd van de wereld houden de korte tijd doorbrengen zonder vrees zonder geweld terechtkomen het slechte met het goede vergelden zijn wensen niet vervullen, maar vergeten geldt voor wijzen dat alles kan ik niet ik leef in duistere tijden ik kwam in de steden als daar honger heerste ik kwam onder de mensen als er oproer was en rebelleerde met hen zo verging de tijd die mij op aarde was gegeven mijn eten at ik [ik] legde me te slapen de liefde bedreef ik achteloos de natuur zag ik zonder geduld zo verging de tijd die mij op aarde was gegeven de straten leidden naar het moeras de taal verraadde mij de slachter ik vermocht slechts weinig maar de heersers zaten zonder mij zekerder, dat hoopte ik zo verging de tijd die mij op aarde was gegeven de krachten waren gering het doel lag ver verwijderd

Quelltext Verbalphrasen ich lebe in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht deutet hin, hat empfangen was sind das für zeiten fast ein Verbrechen ist einschließt geht ist wohl nicht mehr erreichbar die in Not sind es ist wahr, ich verdiene meinen Unterhalt glaubt mir, das ist nur ein Zufall nichts von dem was ich tue, berechtigt mich dazu mich sattzuessen zufällig bin ich verschont, wenn mein Glück aussetzt bin ich verloren man sagt mir, iß und trink du, sei froh daß du hast aber wie kann ich essen und trinken wenn ich dem Hungernden entreiße was ich esse mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt und doch esse und trinke ich ich wäre auch gerne weise steht was weise ist sich aus dem Streit der Welt halten die kurze Zeit ohne Furcht verbringen ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen gilt für weise alles das kann ich nicht ich lebe in finsteren Zeiten in die Städte kam ich als da Hunger herrschte unter die Menschen kam ich und ich empörte mich mit ihnen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war mein Essen aß ich schlafen legte ich mich der Liebe pflegte ich achtlos die Natur sah ich ohne Geduld so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Straßen führten in den Sumpf die Sprache verriet mich dem Schlächter ich vermochte nur wenig die Herrschenden saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Kräfte waren gering das Ziel lag in großer Ferne

157

53

het was duidelijk zichtbaar, al was het ook voor voor mij amper te bereiken zo verging de tijd die mij op aarde was gegeven jullie die uit de vloed zult opduiken waarin wij zijn ondergegaan gedenk als jullie van onze zwakheden spreken waaraan jullie ontkomen zijn gingen wij toch, vaker dan van schoenen van land veranderend als daar slechts onrecht was en geen opstand was daarbij weten we toch [de haat tegen de laagheid] misvormt de gelaatstrekken [de toorn tegen het onrecht] maakt de stem schor [wij] die het terrein wilden voorbereiden voor vriendelijkheid [wij] konden zelf niet vriendelijk zijn als het zover zal komen dat de mens voor de mens een helper is gedenk ons -

54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich kaum zu erreichen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut in der wir untergegangen sind gedenkt wenn ihr von unseren Schwächen sprecht der ihr entronnen seid gingen wir doch, öfter die Schuhe als die Länder wechselnd wenn da nur Unrecht war und keine Empörung dabei wissen wir doch [der Haß gegen die Niedrigkeit] verzerrt die Züge [der Zorn über das Unrecht] macht die Stimme heiser [wir] die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit [wir] konnten selber nicht freundlich sein wenn es so weit sein wird daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist gedenkt unsrer -

Die erste Verschiebung im Bereich der Verbalphrasen, die in Zeile 3 stattfindet, wurde bereits bei der Analyse der Nominalphrasen behandelt. Die nächste Verschiebung taucht in Zeile 27 auf:

27

Zieltext Droogenbroodt Verbalphrasen zonder geweld terechtkomen

Quelltext Verbalphrasen ohne Gewalt auskommen

Die Verwendung des Verbes „terechtkomen“ im Zieltext bewegt sich, anders als das Verb „auskommen“ im Quelltext, außerhalb der gängigen Ausdrucksweisen – wo im Quelltext eine Kollokation gebildet wurde, ist im Zieltext eher von einem unüblichen Ausdruck die Rede. Das Verb „terechtkomen“ wird schließlich zumeist lokativ verwendet, wobei es in den meisten Fällen ein „irgendwo“ bedarf. Dies in im Zieltext nicht vorhanden. Die Verschiebung muß der individuellen Ausdrucksweise des Übersetzers zugeschrieben werden und ist demzufolge als substantiell einzustufen. In Zeile 34 liegt ebenfalls eine Verschiebung vor:

158

34

Zieltext Droogenbroodt Verbalphrasen als daar honger heerste

Quelltext Verbalphrasen als da Hunger herrschte

In diesem Fall ist die Verwendung der Konjunktionen von Bedeutung. Das niederländische „als“ ist eine konditionelle Konjunktion, das deutsche „als“ dagegen ist eine temporale Konjunktion. Damit werden in den beiden Texten unterschiedliche Situationen geschaffen: im Zieltext kam die Persona absichtlich in die Städte falls da Hunger herrschte, im Quelltext kam sie in die Städte zum Zeitpunkt wo da Hunger herrschte – im ersten Fall handelt es sich also um eine Voraussetzung, im zweiten um einen Zeitpunkt. Die unterschiedlichen textlichen Situationen stellen eine individuelle und substantielle Verschiebung dar. Eine andere Verschiebung findet man in Zeile 46 vor:

46

Zieltext Droogenbroodt Verbalphrasen de taal verraadde mij de slachter

Quelltext Verbalphrasen die Sprache verriet mich dem Schlächter

In beiden Texten ist die Rede von Verrat – aber in welcher Beziehung der Verrat auftritt, ist unterschiedlich. Bei der zielsprachlichen Verwendung des Verbs „verraden“ in einem Satz mit Subjekt und Objekt bedarf es in einer gängigen Ausdrucksweise der Präposition „aan“, die im Quelltext im Verb inkorporiert ist. Im vorliegenden niederländischen Satz ist wegen der fehlenden Präposition unklar, wer von wem verraten ist – wird die Persona oder der Schlächter von der Sprache verraten? So entsteht im Zieltext eine zweideutige Situation, die im Quelltext nicht gegeben ist. Demnach kann man von einer individuellen und substantiellen Verschiebung sprechen. Die nächste Verschiebung ist in Zeile 47 enthalten:

47

Zieltext Droogenbroodt Verbalphrasen ik vermocht slechts weinig

Quelltext Verbalphrasen ich vermochte nur wenig

Das zieltextliche Verb „vermogen“ gehört einem eindeutig archaischen Register an, während das quelltextliche „vermögen“ auch in der modernen Sprache ihre Verwendung findet. Insoweit kann man von einer individuellen und substantiellen Verschiebung sprechen.

159

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Droogenbroodt Präpositionalphrasen in duistere tijden wijst op ongevoeligheid een gesprek over bomen een verzwijgen van zoveel wandaden door de straat loopt niet meer bereikbaar voor zijn vrienden in nood wie van dorst vergaat in de oude boeken zich buiten de strijd van de wereld houden zonder vrees zonder geweld terechtkomen het slechte met het goede vergelden geldt voor wijzen in duistere tijden ik kwam in de steden ik kwam onder de mensen [ik] rebelleerde met hen op aarde tussen de veldslagen onder moordenaars op aarde naar het moeras van mijn tijd zonder mij op aarde al was het ook voor mij -

Quelltext Präpositionalphrasen in finsteren Zeiten deutet auf Unempfindlichkeit hin ein Gespräch über Bäume ein Schweigen über so viele Untaten über die Straße geht nicht mehr erreichbar für seine Freunde die in Not sind in den alten Büchern sich aus dem Streit der Welt halten ohne Furcht ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten gilt für weise in finsteren Zeiten in die Städte kam ich unter die Menschen ich empörte mich mit ihnen auf Erden zwischen den Schlachten unter die Mörder auf Erden in den Sumpf zu meiner Zeit ohne mich auf Erden in großer Ferne wenn auch für mich -

160

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

op aarde uit de vloed zult opduiken als jullie van onze zwakheden spreken dan van schoenen, van land [veranderend] door de klassenstrijd haat tegen de laagheid toorn tegen het onrecht het terrein voor vriendelijkheid wilden voorbereiden dat de mens voor de mens een helper is met toegeeflijkheid

auf Erden auftauchen werdet aus der Flut wenn ihr von unseren Schwächen sprecht durch die Kriege der Klassen Haß gegen die Niedrigkeit Zorn über das Unrecht den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit mit Nachsicht

Aus der Liste ist ersichtlich, daß in einigen Fällen der Zieltext eine Präpositionalphrase enthält und der Quelltext nicht oder umgekehrt. Dabei wurden die folgenden drei Stellen schon in der Analyse der Übersetzung Van den Bremts besprochen:

21 52 63

Zieltext Droogenbroodt Präpositionalphrasen wie van dorst vergaat dan van schoenen, van land [veranderend]

Quelltext Präpositionalphrasen in großer Ferne -

In den drei Fällen wurde festgestellt, daß es sich um konstitutive und formelle Verschiebungen handelt, die den unterschiedlichen sprachlichen Systemen zuzuschreiben sind. Auch die Anwesenheit der Präposition „voor“ in Zeile 75 wurde bereits anderweitig thematisiert:

75

Zieltext Droogenbroodt Präpositionalphrasen dat de mens voor de mens een helper is

Quelltext Präpositionalphrasen -

Der Zieltext von Gielkens c.s. enthält eine vergleichbare Verschiebung, die als konstitutiv und formell eingestuft wurde.

161

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Droogenbroodt Adverbialphrasen in duistere tijden nog altijd niet rustig alleen maar toeval wees blij graag zonder vrees zonder geweld in duistere tijden in tijden van wanorde als daar honger heerste als er oproer was tussen de veldslagen onder de moordenaars achteloos zonder geduld slechts weinig zaten zonder mij zekerder duidelijk zichtbaar nauwelijks te bereiken

Quelltext Adverbialphrasen in finsteren Zeiten nur noch nicht ruhig nur ein Zufall sei froh gerne ohne Furcht ohne Gewalt in finsteren Zeiten zur Zeit der Unordnung als da Hunger herrschte zur Zeit des Aufruhrs zwischen den Schlachten unter die Mörder achtlos ohne Geduld nur wenig saßen ohne mich sicherer deutlich sichtbar kaum zu erreichen

162

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

vertwijfeld -

verzweifelt -

Im Rahmen der Adverbialphrasen werden keine Verschiebungen festgestellt.

163

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

Zieltext Droogenbroodt Adjektivphrasen in duistere tijden het argeloze woord is idioot, een glad voorhoofd het vreselijke bericht in de oude boeken, verstandig de korte tijd in duistere tijden de krachten waren gering duidelijk zichtbaar -

Quelltext Adjektivphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht, eine glatte Stirn die furchtbare Nachricht in den alten Büchern, weise die kurze Zeit weise in finsteren Zeiten die Kräfte waren gering in großer Ferne deutlich sichtbar -

164

55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

de duistere tijd schor vriendelijk -

der finsteren Zeit heiser freundlich -

Im Bereich der Adjektivphrasen werden meherer Verschiebungen festgestellt, zunächst welche, die sich auf das Wortpaar „verstandig“ und „weise“ beziehen. Die Texte zeigen, daß hier neben den Zeilen 24 und 30 auch die Zeile 23 von Bedeutung ist:

23 24 30

Zieltext Droogenbroodt Adjektivphrasen [graag zou ik ook verstandig willen zijn] in de oude boeken staat, wat verstandig is [zijn wensen niet vervullen, maar vergeten geldt voor wijzen]

Quelltext Adjektivphrasen [ich wäre gerne auch weise] in den alten Büchern steht, was weise ist seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen gilt für weise

Erstens ist festzuhalten, daß im Zieltext das Konzept „verstandig“ zwei Mal verwendet wurde, während im Quelltext der Begriff „weise“ drei Mal benutzt wurde. Somit enthält der Quelltext eine Wiederholungsfigur, die im Zieltext nicht in dem Maße vorhanden ist. Zweitens gibt es in den betroffenen Zeilen eine Verschiebung auf der semantischen Ebene – „verstandig“ und „weise“ kann man zu einem semantischen Feld rechnen, „verstandig“ hat aber eine eher praxisorientierte Konnotation, während das Konzept „Weisheit“ eher ins Philosophische geht. Dementsprechend kann man in den drei Zeilen von individuellen und substantiellen Verschiebungen sprechen.

Zeile 52 enthält die nächste Verschiebung:

165

52

Zieltext Droogenbroodt Adjektivphrasen -

Quelltext Adjektivphrasen in großer Ferne

Im Rahmen der Analyse Van den Bremts wurde die vorliegende Zeile bereits untersucht, wobei das Ergebnis die Einstufung als konstitutive, formelle Verschiebung war.

Eine weitere Tabelle, die man zur Analyse heranziehen kann, basiert sich auf Auffälligkeiten bei den Nominalphrasen. Bei der Kombination Possessivpronomen mit Nomen treten Lücken auf an den Stellen die bereits bei Smit, Van den Bremt und Van Istendael Lücken aufwiesen:

37 43 49 55

Zieltext Droogenbroodt Possessivpronomin + Nomen -

Quelltext Possessivpronomin + Nomen meine Zeit meine Zeit meine Zeit meine Zeit

Bei den betreffenden Zeilen handelt es sich um einen identischen Satz, der jeweils die Strophen des zweiten Teils des Gedichts abschließt. Analog an der Analyse den Übersetzungen Smits und Van den Bremts und kann man feststellen, daß es sich hier um ein Phänomen handelt, daß als „avoidance of repetition“ bezeichnet wird (Leech & Short 1981, S. 79) – es wird im Zieltext ein dreifaches Reim vermieden. Diese Verschiebung kann als individuell und substantiell eingestuft werden.

166

E.5

Schlußfolgerung Droogenbroodt

Die Übersetzung Droogenbroodts enthält eine Vielzahl an individuellen und substantiellen Verschiebungen. So enthält die Zieltextwelt statt einer Kollokation einen ungebräuchlichen Ausdruck, verschiebt sich ein Zeitpunkt zu einer Voraussetzung, eine klare Situation (des Verrats) zu einer zweideutigen Situation und ein moderner Ausdruck zu einem archaischen. In all diesen Fällen lehnt der Zieltext sich im sprachlichen Erscheinungsbild direkt an den Quelltext an, wodurch eine optische Übereinstimmung zwischen Ziel- und Quelltext gegeben ist die jedoch auf der Ebene der beiden Sprachsysteme nicht in dem Maße vorhanden ist. Droogenbroodt, der mit seinen Point Editions eine große Zahl an Übersetzungen aus vielen Sprachen veröffentlicht, rückt demzufolge in seiner übersetzerischen Interpretation sehr weit von der Textwelt des Quelltextes ab und stellt somit ein Einzelfall dar – seine Publikationen bewegen sich was die Kritik betrifft in der Marginalität, sie werden weder in der Publizistik noch in Nachschlagewerken erwähnt.

167

F.

Mooij

168

AAN DE NIEUWE GENERATIE

– Übersetzung Martin Mooij

1

2

1

Werkelijk, ik leef in duistere tijden!

5

Het argeloze woord is dwaas. Een glad voorhoofd Duidt op ongevoeligheid. Wie lacht Heeft het vreselijke bericht Alleen nog niet ontvangen.

In de steden kwam ik in de tijd van de chaos Toen er honger heerste. Onder de mensen kwam ik in de tijd van de opstand En ik werd woedend met hen. Zo verging mijn tijd Die op aarde mij gegeven was.

10

15

20

25

30

35

Wat zijn dat voor tijden, waarin Een gesprek over bomen bijna een misdaad is Omdat het een stilzwijgen over zoveel wandaden inhoudt! Die daar rustig over straat loopt Is zeker niet meer bereikbaar voor zijn vrienden Die in nood zijn.

40

Het is waar: ik kan mij nog bedruipen Maar geloof me: dat is slechts toeval. Niets Van wat ik doe, geeft mij het recht mij zat te eten. Toevallig ben ik gespaard. (Wanneer mijn geluk ophoudt, Ben ik verloren.)

45

Ze zeggen mij: eet en drink jij maar! Wees blij dat je het hebt! Maar hoe kan ik eten en drinken als Ik van de hongerende afpak wat ik eet en Mijn glas water een verdorstende ontbreekt? En toch eet en drink ik. Ik zou ook graag wijs zijn In de oude boeken staat wat wijs is: Je buiten de strijd van de wereld houden en de korte tijd Zonder vrees doorbrengen Het ook zonder geweld redden Kwaad met goed vergelden Je wensen niet vervullen, maar vergeten Geldt als wijs. Maar dat alles kan ik niet: Werkelijk, ik leef in duistere tijden!

55

3

60

Jullie, die zullen opduiken uit de vloed Waarin wij zijn ondergegaan Gedenkt Wanneer jullie over onze zwakheden spreken Ook de duistere tijd Waaraan jullie ontkomen zijn. Gingen wij immers, vaker dan van schoenen van landen wisselend Door de oorlogen der klassen, vertwijfeld Als er slechts onrecht was en geen opstand.

65

70

75

50

Daarbij weten we immers: Ook de haat tegen de laagheid Vervormt de gelaatstrekken. Ook de toorn over het onrecht Maakt de stem hees. Ach, wij Die de grond wilden bereiden voor vriendelijkheid Konden zelf niet vriendelijk zijn. Jullie echter, als het zover zal zijn Dat de mens voor de mens een helper is Gedenkt ons Met mededogen.

169

Mijn eten at ik tussen de veldslagen Te slapen legde ik mij te midden van de moordenaars De liefde bedreef ik achteloos En de natuur bekeek ik zonder geduld. Zo verging mijn tijd Die op aarde mij gegeven was. De wegen leidden naar het verderf in mijn tijd De taal verried me aan de slachter Ik bracht slechts weinig tot stand. Maar de heersers Zaten zonder mij toch zekerder, dat hoopte ik. Zo verging mijn tijd Die op aarde mij gegeven was. De krachten waren gering. Het doel Lag heel ver weg Het was duidelijk zichtbaar, zij het ook voor mij Nauwelijks te bereiken. Zo verging mijn tijd Die op aarde mij gegeven was.

AN DIE NACHGEBORENEN – Bertolt

Brecht

1

2

1

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

5

Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unemfpindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen.

In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung Als da Hunger herrschte. Unter die Menschen kam ich zur Zeit des Aufruhrs Und ich empörte mich mit ihnen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

10

15

20

25

30

35

Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräche über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind?

40

Es ist wahr: ich verdiene meinen Unterhalt Aber glaubt mir: Das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.) Man sagt mir: Iß und trink du! Sei froh, daß du hast! Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich.

45

50

Ich wäre gerne auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen Auch ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen Gilt für weise. Alles das kann ich nicht: Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

55

170

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten Schlafen legte ich mich unter die Mörder Der Liebe pflegte ich achtlos Und die Natur sah ich ohne Geduld. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit. Die Sprache verriet mich dem Schlächter. Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war.

F.1

Hintergrund-Informationen

Historisch-bibliographische Informationen Martin Mooijs Aan de nieuwe generatie ist Teil der Anthologie Over de aardse liefde en meer – uit een leven vol gedichten en verzen, die im Brecht-Jahr 1998 im kleinen, selbständigen Rotterdamer Verlag Ad. Donker erschien, dessen Programmschwerpunkt nach Eigenaussage im Bereich Kinder, Erziehung und Psychologie liegt. Trotzdem befindet sich der Brecht-Band in ausgewählter Gesellschaft, da das Programm auch Werke von Shakespeare, Lewis Carroll, Multatuli und Erasmus umfaßt.

Kenntlichmachung als Übersetzung Auf dem Einband ist der Autorname Bertolt Brecht prominent anwesend. In einem kleineren Schrifttyp ist erwähnt, daß Martin Mooij sich für die Zusammenstellung, Einführung und Übersetzung verantwortlich zeichnet.

Hintergrund-Informationen zum Übersetzer Martin Mooij Martin Mooijs ist vor allem als Mitbegründer und langjähriger Leiter des Literaturfestivals Poetry International bekannt. Im Rahmen des Festivals übersetzte er Werke zahlreicher Lyriker. Dabei ist er als Übersetzer vor allem Spezialist für den deutschen Sprachraum; er übersetzte Prosa von Peter Handke, Martin Walser, Joseph Roth, Horst Bienek, Günter Kunert, Anna Seghers, Kurt Tucholsky und Sarah Kirsch. Außerdem übersetzte er LyrikBände von Hermann Hesse und Hans Magnus Enzensberger. Man kann Mooij durchaus als Brecht-Spezialisten bezeichnen: 1968 veröffentlichte er eine Brecht-Monographie,5 1971 und 1983 übersetzte er Brecht-Prosa.6

5

Bertolt Brecht. Amsterdam: Stichting IVIO Leesboek. Amsterdam: Meulenhoff Vertelling over Meneer K. Amsterdam: Wereldbibliotheek 6

171

Hintergrund-Informationen Quelltext Mooij Die letzte Seite des Bandes enthält das Impressum, in dem die zugrundeliegende Quelle vermerkt ist: Mooij hat die Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe verwendet.

172

F.2

Semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext

Die Erstellung eines semantisch-pragmatischen Skeletts stellt der erste Schritt des Verfahrens dar. Eine Bestimmung der Elemente der situativen Dimension, der „poetischen Stimme“ und der Persona, der deiktischen Elemente, der Gattung, der Struktur und des Themas des Textes werden dabei vorgenommen. Da die Quelltexte der vorliegenden Arbeit sich rein pragmatisch gesehen sehr nahe stehen, tun sich naturgemäß Parallelen zum semantisch-pragmatischen Skelett der Übersetzung Gabriël Smits auf. Das unten beschriebene Skelett wird dementsprechend zu großen Teilen mit dem Smitschen übereinstimmen.

Die wichtigsten Subjekte des Zieltext sind eine nachfolgende Gruppe, die im Titel Aan de nieuwe generatie angedeutet wird, und eine Persona, ein „ik“, das in der ersten Zeile eingeführt wird und im ganzen Text die poetische Stimme darstellt. Diese Persona trifft auf eine Gemeinschaft, die hungert, und solidarisiert sich mit ihr. Die Persona hat ebenfalls mit Mördern, Henkern und Herrschenden zu tun. Außerdem begegnet die Persona ein „wie“, ein anonymes Subjekt, das bestimmte Verhaltensweisen aufzeigt, („wie lacht…“, Zeile 3). Das „ich“ befindet sich in einem Dialog mit diesem Subjekt. Neben der Persona bewegt sich ein „jullie“ , ein nachgeborenes Subjekt, das angesprochen wird; diesem „jullie“ werden Hintergründe erklärt. Dieses Objekt soll den Vorgängern, inklusive der erzählenden Persona, wenn die Welt sich geändert hat, mit Nachsicht erinnern. Im Text spielen Tiere oder lebendige, personifizierte Objekte keine Rolle. Die wichtigsten Objekte sind Teil der Landschaft, die die Persona umgibt, wie Bäume, Straßen, Städte, Länder, die Natur.

Der Zieltext von Mooij besteht aus freien, ungereimten Versen. Das Gedicht besteht aus insgesamt vierzehn Strophen und drei Teilen, die man als relativ autonom betrachten kann; man könnte sie als drei eigenständige Texte lesen.

Der erste Teil enthält zwei Fragesätze, die die Verunsicherung der Persona und ihren Konflikt mit der Welt, in der sie lebt, ausdrücken. Außerdem enthält die dritte Strophe Befehls- oder Aufforderungssatz (Zeile 13: „geloof me“), das Gegenüber wird zum ersten mal im Gedicht direkt angesprochen.

173

Die direkte Rede in Zeile 17 ist ebenfalls Ausdruck der schwierigen Beziehung zwischen der Persone und ihrer sozialen Umgebung. Das Umfeld wirft der Persona Undankbarkeit vor.

Anhand der Personalpronomina der ersten oder zweiten Person lassen sich die wichtigen Subjekte feststellen:

Strophe (Teil 1) 1 2 3 4 5 6

Personalpronomina der 1. und 2. Person ik

ik mij me ik mij mij ik mijn ik mij jij (direkte Rede) je (direkte Rede) ik ik ik mijn ik ik je (Reflexivpronomen) je (Reflexivpronomen) ik ik

(Teil 2) 7 8 9 10

ik ik ik mijn mij mijn ik ik mij ik ik mijn mij mijn me ik mij ik mijn mij mij mijn mij

(Teil 3) 11 12 13 14

jullie wij jullie onze jullie wij we wij jullie ons

Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß im ersten Teil ausschließlich die erste Person Singular verwendet wird. Im zweite Teil des Gedichtes ist ebenfalls ausschließlich diese Person vertreten. Im dritten Teil treten die erste und die zweite Person in ungefähr gleicher Frequenz auf. Der erste Teil fängt mit einem sakral wirkenden Ausruf an. Im ersten Teil wird ein „ich“ eingeführt, das die Schwierigkeiten beschreibt, sich in den aktuellen finsteren Zeiten richtig zu Verhalten. Als problematisch empfindet die Persona verschiedene Gegebenheiten des Alltags: man könne nicht mehr lachen, nicht über Allerweltsthemen sprechen, nicht mehr spazierengehen. „Normales“ Verhalten sei eine Verneinung der grausamen Wirklichkeit. Die Tatsache, daß es der Persona gut geht und daß sie zu essen und trinken hat, sei lediglich

174

Zufall. Ihre Umgebung sagt der Persona, sie solle ob ihres Glückes froh sein – sie selbst habe aber ein schlechtes Gewissen. Außerdem gelinge es der Persona nicht, sich der Tugenden alter Verhaltenslehren, wie Gewaltlosigkeit, Angstfreiheit und Verzicht, anzunehmen. Die Aussage bezüglich der schwierigen Zeit wird in der letzten Zeile des ersten Teils wiederholt.

Der zweite Teil besteht vollständig aus Aussagesätzen und ist demnach eine Beschreibung. Jede der vier Strophen wird mit dem gleichen Satz abgeschlossen. Im zweiten Teil schildert die Persona, wie sie ihr Leben verbracht hat. Sie habe in einem Sumpf, einer kriegerischen städtischen Landschaft agiert; diese Landschaft bestand aus einer chaotischen Gemeinschaft, die sich in Aufruhr befand habe. Mit dieser Gemeinschaft habe die Persona sich solidarisiert. Es tobten Schlachten, es herrschten Wut und Hunger. Die Persona habe mit Mördern verkehrt und den Herrschern die Unterstützung verweigert. Dabei habe sie den einzigen positiv besetzten Begriffen, Liebe und Natur, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Grundbedürfnisse Essen und Schlaf seien notdürftig befriedigt worden. In dieser Situation haben ihre sprachlichen Äußerungen die Persona in Gefahr gebracht: sie haben das Interesse der Henker erweckt. Die Persona habe sich in dieser Umgebung als zu schwach empfunden und sei sich ihrer Wirkung nicht sicher gewesen – sie sei jedenfalls nicht in der Lage gewesen, ein großes und wichtiges Ziel zu erreichen. Der dritte besteht aus vier Strophen – die zweite und dritte Strophe enthalten nur Aussagesätzen, die umringenden Strophen enthalten jeweils einen Befehls- oder Aufforderungssatz. In den letzteren spricht die Persona sein Gegenüber direkt an. Im dritten Teil spricht die Persona ein Gegenüber, ein „jullie“ an. Sie und die Gemeinschaft, von der sie ein Teil ist (ein „wij“), haben sich für den internationalen Klassenkampf viel bewegen müssen und auf persönliche Bedürfnisse verzichtet. Dabei seien sie oft verzweifelt gewesen und waren sie, was das Zwischenmenschliche anbelangt, nicht aufmerksam genug – es habe ihnen an Geduld und Freundlichkeit gefehlt, obwohl sie gerade auch für diese Sachen gekämpft haben. Wenn das Gegenüber in einer menschenfreundlichen Gesellschaft lebt, für die die Persona und ihre Mitstreiter gekämpft haben, solle er sich nicht nur deren Fehler entsinnen, sondern auch deren Bemühungen, eine bessere Welt herbeizuführen. Der nächste Punkt ist das deiktische Zentrum, das „Hier“ und „Jetzt“ der Textwelt. Die Persona berichtet aus einem nicht näher definierten Raum über ihre Vergangenheit und richtet ein Aufforderung an die Nachgeborenen. Über ihren aktuellen Aufenthaltsort ist nichts in 175

Erfahrung zu bringen, nur über die Situation im Allgemeinen und über die Stadtlandschaft und die Kriegsschauplätze, wo sie sich vorher aufgehalten hat.

Zur temporalen Deixis können Aussagen gemacht werden die sich auf bestimmte textuelle Merkmale beziehen. Ein Anhaltspunkt ist die Anwesenheit von Zeitadverbien, wie „gestern“ oder „morgen“. Im vorliegenden Text fehlen diese gänzlich. Den temporalen deiktischen Nullpunkt kann man anhand der Tempora feststellen:

Präsens Teil 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 Teil 2 32 33 34 35 36 37

Präteritum

Perfekt

Infinitiv

Präteritumperfekt

Futur

leef is duidt, lacht heeft ontvangen zijn is inhoudt loopt is zijn is, kan geloof, is doe, geeft ophoudt

bedruipen eten ben gespaard ben verloren

zeggen, eet, drink, wees, hebt kan afpak, eet ontbreekt eet, drink

eten, drinken

zou zijn staat, is houden doorbrengen redden vergelden vervullen, vergeten geldt kan leef kwam heerste kwam werd verging gegeven was

176

38 39 40 41 42 43 44 45 46

at legde bedreef bekeek verging

gegeven was leidden verried aan bracht tot stand zaten, hoopte verging

47 48 49 50 51 52 53 54 55 Teil 3 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

slapen

doen

gegeven was waren lag was bereiken verging gegeven was zult opduiken zijn ondergegaan gedenkt spreken ontkomen zijn gingen was weten vervormt maakt wilden konden

bereiden zal zijn

is gedenkt

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß der erste Teil überwiegend Verben im Präsens und keine einzige Präteritum-Bildung enthält, der zweite Teil überwiegend im Präteritum und keine Präsens-Formen hat, und im dritten Teil hauptsächlich und zu nahezu gleichen Teilen Präsens- und Präteritum-Bildungen vertreten sind. Dies geht konform der Thematik der drei Teile des Gedichts – erstens eine Schilderung einer schwierigen und konfliktreichen Gegenwart, zweitens die Probleme einer vergangenen Zeit und drittens eine Rechtfertigung und ein Appell für die Zukunft.

177

Beziehung zwischen coding time/content time Die Persona erzählt von der heutigen Zeit aus; sie beschreibt die aktuelle schwierig Lage, die „finsteren Zeiten“, und die Vorgeschichte. Ihre Aufforderung richtet sich an die Zukunft. Es gibt also drei Zeitbezüge: das Jetzt, in dem die Perona spricht, berichtet und anspricht/auffordert, die Vergangenheit, die beschrieben wird, und die Zukunft, der die Aufforderung/der Aufruf an die Nachgeborenen gilt.

178

F.3

Vergleich semantisch-pragmatisches Skelett Zieltext/Quelltext

Als zweiter Schritt der Analyse werden die Ergebnisse des semantisch-pragmatischen Skeletts mit dem Quelltext verglichen. Die Frage dabei ist, ob die Ergebnisse auch für den Quelltext gelten. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte das semantisch-pragmatische Skelett sollte derartig erarbeitet werden, daß eine Überstimmung gegeben ist. Falls auf dieser Ebene substantielle Verschiebungen stattfinden, sollten diese erfasst werden. Das semantisch-pragmatische Skelett besteht aus Daten, die sich auf die Subjekte, Objekte, Situationen, Deixis, Gattung, Struktur und Thematik beziehen. In diesen Punkten stimmen der Zieltext von Mooij und der Quelltext im Wesentlichen überein. Eine Überarbeitung des semantisch-pragmatischen Skeletts ist demnach nicht erforderlich; das Skelett ist in der vorliegenden Form als tertium comparationis brauchbar.

179

F.4

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

Vergleichende Analyse Ziel- und Quelltext Zieltext Mooij Nominalphrasen in duistere tijden het argeloze woord, een glad voorhoofd ongevoeligheid, het vreselijke bericht wat zijn dat voor tijden een gesprek over bomen, een misdaad een stilzwijgen, zoveel wandaden over straat zijn vrienden in nood slechts toeval recht mijn geluk de hongerende glas water, een verdorstende in de oude boeken de strijd van de wereld, de korte tijd zonder vrees zonder geweld kwaad met goed vergelden je wensen in duistere tijden in de steden, in de tijd van de chaos honger onder de mensen, in de tijd van de opstand mijn tijd op aarde mijn eten, tussen de veldslagen te midden van de moordenaars de liefde de natuur, zonder geduld mijn tijd op aarde de wegen, naar het verderf, in mijn tijd de taal, aan de slachter de heersers mijn tijd op aarde de krachten, het doel -

Quelltext Nominalphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort, eine glatte Stirn Unempfindlichkeit, der Lachende die furchtbare Nachricht was sind das für Zeiten ein Gespräch über Bäume, ein Verbrechen ein Schweigen, so viele Untaten über die Straße seine Freunde in Not meinen Unterhalt nur ein Zufall mein Glück dem Hungernden Glas Wasser, einem Verdurstenden in den alten Büchern aus dem Streit der Welt, die kurze Zeit ohne Furcht ohne Gewalt Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche in finsteren Zeiten in die Städte, zur Zeit der Unordnung Hunger unter die Menschen, zur Zeit des Aufruhrs meine Zeit auf Erden mein Essen, zwischen den Schlachten unter die Mörder der Liebe die Natur, ohne Geduld meine Zeit auf Erden die Straßen, in den Sumpf, zu meiner Zeit die Sprache, dem Schlächter die Herrschenden meine Zeit auf Erden die Kräfte, das Ziel in großer Ferne -

180

53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

mijn tijd op aarde uit de vloed onze zwakheden de duistere tijd vaker dan van schoenen van landen wisselend de oorlogen der klassen slechts onrecht, geen opstand de haat tegen de laagheid de gelaatstrekken de toorn over het onrecht de stem de grond, voor vriendelijkheid de mens voor de mens, een helper met mededogen

meine Zeit auf Erden aus der Flut unseren Schwächen der finsteren Zeit öfter als die Schuhe die Länder wechselnd die Kriege der Klassen nur Unrecht, keine Empörung der Haß gegen die Niedrigkeit die Züge der Zorn über das Unrecht die Stimme den Boden, für Freundlichkeit der Menschen dem Menschen, ein Helfer mit Nachsicht

Zunächst wird festgestellt, an welchen Stellen Nominalphrasen im Zieltext keine Entsprechung im Quelltext haben und umgekehrt. In diesem Bereich treten einige Verschiebungen auf, die schon anderweitig analysiert wurden:

3 14 51

Zieltext Mooij Nominalphrasen recht -

Quelltext Nominalphrasen der Lachende in großer Ferne

Im Rahmen des Van den Bremt-Zieltextes wurde festgestellt, daß es sich in diesen drei Fällen um formelle und konstitutive Verschiebungen handelt. Die nächste Verchiebung läßt sich in Zeile 12 feststellen:

12

Zieltext Mooij Nominalphrasen -

Quelltext Nominalphrasen meinen Unterhalt

Die entsprechende Stelle lautet im Zieltext „ik kan mij nog bedruipen“ und im Quelltext „ich verdiene meinen Unterhalt“. Mooij verwendet eine Metapher in der Form der Synekdoche (Bronzwaer 1993, S. 167ff.) Laut Bronzwaer (ebd.) ist die „strekking“ der beiden Aussagen

181

gleich, jedoch wird im Quelltext keine Metapher verwendt. Insofern kann man von einer individuellen und substantiellen Verschiebung sprechen. Zeile 44 enthält ebenfalls eine Verschiebung:

44

Zieltext Mooij Nominalphrasen de wegen, naar het verderf, in mijn tijd

Quelltext Nominalphrasen die Straßen, in den Sumpf, zu meiner Zeit

Von Bedeutung ist hier die Stelle im Zieltext „de wegen leidden naar het verderf“, dem im Quelltext die Stelle „die Straßen führten in den Sumpf“ gegenübersteht. Die zieltextliche Redewendung alludiert auf ein Stelle im neuen Testament, die lautet: „Breed ist de weg, die naar het verderf leidt“ (Matthäus 7, 13). Die entsprechende Zeile im Quelltext verfügt nicht über diesen direkten Bezug zur Bibel. Dementsprechend tritt hier eine individuelle und substantielle Verschiebung hervor.

182

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51

Zieltext Mooij Verbalphrasen ik leef in duistere tijden het argeloze woord is dwaas duidt, lacht heeft ontvangen wat zijn dat voor tijden haast een misdaad is inhoudt loopt is zeker niet meer bereikbaar die in nood zijn het is waar, ik kan mij nog bedruipen geloof me, dat is slechts toeval niets van wat ik doe, geeft mij het recht mij zat te eten toevallig ben ik gespaard, wanneer mijn geluk ophoudt ben ik verloren ze zeggen mij, eet en drink jij maar, wees blij dat je het hebt maar hoe kan ik eten en drinken als ik van de hongerende afpak wat ik eet mijn glas water een verdorstende ontbreekt en toch eet en drink ik ik zou ook graag wijs zijn staat wat wijs is je buiten de strijd van de wereld houden de korte tijd zonder vrees doorbrengen het ook zonder geweld redden kwaad met goed vergelden je wensen niet vervullen, maar vergeten geldt als wijs dat alles kan ik niet ik leef in duistere tijden in de steden kwam ik toen er honger heerste onder de mensen kwam ik en ik werd woedend met hen zo verging mijn tijd die op aarde mij gegeven was mijn eten at ik te slapen legde ik mij de liefde bedreef ik achteloos de natuur bekeek ik zonder geduld zo verging mijn tijd die op aarde mij gegeven was de wegen leidden naar het verderf de taal verried mij aan de slachter ik bracht slechts weinig tot stand maar de heersers zaten zonder mij toch zekerder, dat hoopte ik zo verging mijn tijd die op aarde mij gegeven was de krachten waren gering het doel lag heel ver weg

Quelltext Verbalphrasen ich lebe in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht deutet hin, hat empfangen was sind das für zeiten fast ein Verbrechen ist einschließt geht ist wohl nicht mehr erreichbar die in Not sind es ist wahr, ich verdiene meinen Unterhalt glaubt mir, das ist nur ein Zufall nichts von dem was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen zufällig bin ich verschont, wenn mein Glück aussetzt bin ich verloren man sagt mir, iß und trink du, sei froh daß du hast aber wie kann ich essen und trinken wenn ich dem Hungernden entreiße was ich esse mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt und doch esse und trinke ich ich wäre auch gerne weise steht was weise ist sich aus dem Streit der Welt halten halten die kurze Zeit ohne Furcht verbringen ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen gilt für weise alles das kann ich nicht ich lebe in finsteren Zeiten in die Städte kam ich als da Hunger herrschte unter die Menschen kam ich und ich empörte mich mit ihnen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war mein Essen aß ich schlafen legte ich mich der Liebe pflegte ich achtlos die Natur sah ich ohne Geduld so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Straßen führten in den Sumpf die Sprache verriet mich dem Schlächter ich vermochte nur wenig aber die Herrschenden saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war die Kräfte waren gering das Ziel lag in großer Ferne

183

52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

het was duidelijk zichtbaar zij het ook voor mij nauwelijks te bereiken zo verging mijn tijd die op aarde mij gegeven was jullie die zullen opduiken uit de vloed waarin wij zijn ondergegaan gedenkt wanneer jullie over onze zwakheden spreken waaraan jullie ontkomen zijn gingen wij immers, vaker dan van schoenen van landen wisselend als er slechts onrecht was daarbij weten we immers [de haat tegen de laagheid] vervormt de gelaatstrekken [de toorn over het onrecht] maakt de stem hees [wij] die de grond wilden bereiden voor vriendelijkheid [wij] konden zelf niet vriendelijk zijn als het zover zal zijn dat de mens voor de mens een helper is gedenkt ons -

es war deutlich sichtbar wenn auch für mich kaum zu erreichen so verging meine Zeit die auf Erden mir gegeben war ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut in der wir untergegangen sind gedenkt wenn ihr von unseren Schwächen sprecht der ihr entronnen seid gingen wir doch, öfter die Schuhe als die Länder wechselnd wenn da nur Unrecht war dabei wissen wir doch [der Haß gegen die Niedrigkeit] verzerrt die Züge [der Zorn über das Unrecht] macht die Stimme heiser [wir] die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit [wir] konnten selber nicht freundlich sein wenn es so weit sein wird daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist gedenkt unsrer -

Auf der Ebene der Verbalphrasen tritt in Zeile 3 eine Verschiebung hervor, die schon an einer anderen Stelle analysiert wurde:

3

Zieltext Mooij Verbalphrasen wijst, lacht

Quelltext Verbalphrasen deutet hin, -

Die betreffende Stelle wurde bereits bei der Übersetzung Smits behandelt; festgestellt wurde, daß es sich hier um eine konstitutive und formelle Verschiebung handelt.

184

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Mooij Präpositionalphrasen in duistere tijden duidt op ongevoeligheid een gesprek over bomen een stilzwijgen over zoveel wandaden over straat loopt niet meer bereikbaar voor zijn vrienden die in nood zijn als ik van de hongerende afpak in de oude boeken je buiten de strijd van de wereld houden zonder vrees het ook zonder geweld redden kwaad met goed vergelden in duistere tijden in de steden kwam ik onder de mensen kwam ik ik werd woedend met hen op aarde tussen de veldslagen te midden van de moordenaars op aarde naar het verderf in mijn tijd verried mij aan de slachter zonder mij op aarde zij het ook voor mij op aarde

Quelltext Präpositionalphrasen in finsteren Zeiten deutet auf Unempfindlichkeit hin ein Gespräch über Bäume ein Schweigen über so viele Untaten über die Straße geht nicht mehr erreichbar für seine Freunde die in Not sind in den alten Büchern sich aus dem Streit der Welt halten ohne Furcht ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten in finsteren Zeiten in die Städte kam ich unter die Menschen ich empörte mich mit ihnen auf Erden zwischen den Schlachten unter die Mörder auf Erden in den Sumpf zu meiner Zeit ohne mich auf Erden in großer Ferne wenn auch für mich auf Erden

185

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

zullen opduiken uit de vloed wanneer jullie over onze zwakheden spreken vaker dan van schoenen van landen wisselend door de oorlogen der klassen haat tegen de laagheid toorn over het onrecht de grond wilden bereiden voor vriendelijkheid de mens voor de mens met mededogen

auftauchen werdet aus der Flut wenn ihr von unseren Schwächen sprecht durch die Kriege der Klassen Haß gegen die Niedrigkeit Zorn über das Unrecht den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit mit Nachsicht

Aus der Liste ist ersichtlich, daß in einigen Fällen der Zieltext eine Präpositionalphrase enthält und der Quelltext nicht oder umgekehrt:

19

Zieltext Mooij Präpositionalphrasen als ik van de hongerende afpak

Quelltext Präpositionalphrasen -

Die Anaylse der betreffenden Stelle wurden bereits im Rahmen Van Istendaels vorgenommen; die Verschiebung wurde den unterschiedlichen linguistischen Systemen zugeschrieben und als konstitutiv und formell eingestuft. Die beiden nächsten Verschiebungen wurden bereits im Rahmen Smits analysiert:

45 62

Zieltext Mooij Präpositionalphrasen verried mij aan de slachter vaker dan van schoenen van landen wisselend

Quelltext Präpositionalphrasen -

In beiden Fällen wurde die Anwesenheit bzw. das Fehlen einer Präposition als formell und konstitutiv bewertet. Dies trifft ebenso zu für Zeile 73:

73

Zieltext Mooij Präpositionalphrasen de mens voor de mens

Quelltext Präpositionalphrasen -

Die entsprechende Stelle wurde schon beim Zieltex von Gielkens c.s. untersucht.

186

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Zieltext Van den Bremt Adverbialphrasen in duistere tijden alleen nog niet rustig slechts toeval wees blij graag zonder vrees zonder geweld in duistere tijden in de tijd van de chaos toen er honger heerste in de tijd van de opstand tussen de veldslagen te midden van de moordenaars achteloos zonder geduld slechts weinig zaten zonder mij toch zekerder duidelijk zichtbaar nauwelijks te bereiken -

Quelltext Adverbialphrasen in finsteren Zeiten nur noch nicht ruhig nur ein Zufall sei froh gerne ohne Furcht ohne Gewalt in finsteren Zeiten zur Zeit der Unordnung als da Hunger herrschte zur Zeit des Aufruhrs zwischen den Schlachten unter die Mörder achtlos ohne Geduld nur wenig saßen ohne mich sicherer deutlich sichtbar kaum zu erreichen -

187

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

vertwijfeld -

verzweifelt -

Im Rahmen der Adverbialphrasen werden keine Verschiebungen festgestellt.

188

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

Zieltext Mooij Adjektivphrasen in duistere tijden het argeloze woord is dwaas, een glad voorhoofd het vreselijke bericht in de oude boeken, wijs de korte tijd wijs in duistere tijden de krachten waren gering duidelijk zichtbaar -

Quelltext Adjektivphrasen in finsteren Zeiten das arglose Wort ist töricht, eine glatte Stirn die furchtbare Nachricht in den alten Büchern, weise die kurze Zeit weise in finsteren Zeiten die Kräfte waren gering in großer Ferne deutlich sichtbar -

189

55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

de duistere tijd hees vriendelijk -

der finsteren Zeit heiser freundlich -

Im Bereich der Adjektivphrasen kann eine Verschiebung festgestellt werden:

51

Zieltext Mooij Adjektivphrasen -

Quelltext Adjektivphrasen in großer Ferne

Die Verschiebung wurde bereits im bei der Analyse Van den Bremts erläutert; sie wurde einem Unterschied in den linguistischen Systemen der Ziel- und Quellsprache zugeordnet und demnach als formell und konstitutiv gewertet.

190

F.5

Schlußfolgerung Mooij

Der Brecht-Spezialist Mooij, dessen Biographie größtenteils im Zeichen der Lyrik steht, verwendet in seinem Text einige Verschiebungen. So verwendet er eine Metapher an einer Stelle wo im Quelltext keine Metapher vorkommt, "ik kan mij nog bedruipen“ und „ich verdiene noch meinen Unterhalt“. Damit trägt er in der Gestaltung seiner Textwelt zu einem eher lyrischen Sprachgebrauch bei, genauso wie er an einer anderen Stelle einen Bezug zur Bibel hergestellt, der im Quelltext nicht vorhanden ist („de wegen leidden naar het verderf“ vs. „die Straßen führten in den Sumpf“). Er stattet seinen Text mit zusätzlichen literarischen und lyrischen Merkmalen aus.

191

III

Abschließende Bemerkungen

Der persönliche Kampf Smits Im Falle Smits haben die Persona in sowohl Quelltext als auch Zieltext mit existentiellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Sie ringen mit der schwierigen Beziehung zwischen Innen- und Außenwelt, zwischen Individuum und Geschichte, zwischen persönlicher Lebensform und organisierter Ideologie. Der Übersetzer hat mit seiner Interpretation eine tiefgehende thematische Verwandtschaft, eine „thematic kinship“ (Koster 2000, S. 148) hergestellt. Dabei haben eindeutig mehrere substantielle Verschiebungen stattgefunden, deren Bezug zu Smits Biographie leicht erkennbar ist. Dieser Zieltext und der dazugehörende Kontext stellt unter Beweis wie sinnvoll es ist sich einer Übersetzung zunächst nicht-bewertend anzunähern. Ist es nicht so, daß Smit im Quelltext Merkmale erkannt hat, die ihn fasziniert haben, daß er eine gewisse Schwingung aufgefangen und verstärkt hat, daß sein Lese-Erlebnis zu einer Interpretation geführt hat, die er in seine Übersetzung hat einfließen lassen? So gesehen ist in Smits Augen seine Übersetzung die richtige, die einzige die er herstellen kann. Van den Bremts Austausch mit Smit in Kreatief, der 1976 stattfand, ist logischerweise in der „embryonalen“ Phase stecken geblieben, aus dem einfachen Grund, daß kein Übersetzer gerne auf etwaige Fehler in seinem Text hingewiesen wird. Laut Van den Bremt hat sich das übersetzte Gedicht aufgrund dieser Fehler anstelle eines Testaments zu einem „gesprek onder vier ogen“ und eine „intimistische leesoefening“ verwandelt. Smit aber hat seine Version zweifellos für richtig gehalten; schließlich hat er den Text, trotz der vielen Vorbehalte in seinem beigefügten Nachwort, publiziert und sich damit der Öffentlichkeit preisgegeben. Selbstverständlich sah er seine Übersetzung als richtig, fehlerfrei und in sich schlüssig. Smit hat richtig erkannt, daß Brecht ein gewisser sakraler und pontifikaler lyrischer Ton nicht fremd war. Wenn man da noch die religiösen Verweisen Smits hinzufügt, entsteht ein Text, der in der niederländischen Zielkultur durchaus einen gewissen Stellenwert hat. Außerdem kann man die „avoidance of repetition“ und die Zusammensetzung "duizelende verte" im zweiten Teil der Übersetzung Smits als Hinzufügung eines lyrischen Mehrwerts verstehen. Aus dessen Hintergrund heraus ist es auch klar, daß Van den Bremt gerade diese Verschiebungen (von „ihr“ zu „jij", das religiöses Register) nicht durchgehen läßt.

192

Der engagierte Van den Bremt Zunächst ist er aus der Optik Van den Bremts die Kritik an Smits Text nachvollziehbar. Hier prallen zwei Lebensformen aufeinander: der sozial und politisch stark engagierte, links orientierte Dichter trifft auf den religiösen Dichter, der Revolutionär auf den Vertreter der herrschenden Ordnung. Die Bezüge, die Smit zur christlichen Religion herstellt, und die Verwandlung eines Testaments in eine „intimistische leesoefening“ irritieren Van den Bremt dementsprechend. Van den Bremt kann man anhand seiner Biographie als stark politisierten Autor bezeichnen. Andererseits hat er immer die Notwendigkeit der Autonomie der Kunst betont. So erscheint der Band in der Reihe “Marxisme en kultuur”, wird aber gleichzeitig ein Bezug zur ideologiefreien Kultur hergestellt, indem das Bild Tafel vom Maler Klaas Gubbels, das man beim besten Willen nichts politisch interpretieren kann, den Umschlag schmückt. Dies ist im Kontext des Zieltextes auch der einzige Hinweis, daß Van den Bremt sich mit dem “anderen” Brecht auseinandersetzt. Die Übersetzung widerspiegelt die Wertschätzung und den Respekt, den Van den Bremt Brecht entgegenbringt. Er berücksichtigt in seiner übersetzerischen Interpretation die Vielseitigkeit der Quelltextwelt und zollt dem Vorbild Brecht Tribut. Ein flämischer sprachlicher Einfluß ist nicht leicht aufzuspüren. Die Sammlung ist im niederländischen Verlag SUN erschienen, und die hiesige Verlagspolitik sieht oft ein Lektorat flämischer Autoren vor.7 Somit sind möglicherweise flämische Eigenheiten herausgefiltert worden. Dies gilt wohl aber vor allem für Prosa, in lyrischen Werken kann von Lektoren oder Redakteuren nicht so einfach etwas redigiert oder geändert werden. Andererseits schreibt Van den Bremt in Zeile 14: “[Niets] van wat ik doe, geeft met het recht me zat te eten.” Die Autorität Van Dale versieht die Redewendung „zich zat eten“ van der Qualifikation “volkstaal”, aber meiner Meinung nach ist der Ausdruck in Belgien üblicher als in den Niederlanden. Wie bei Smit sieht man auch hier “avoidance of repetition”, und somit ist ein bestimmter lyrischer Sprachgebrauch auch bei Van den Bremt gegeben. Dies ist möglicherweise auch eine Erklärung für die Verwendung “jullie zult” und “gedenkt” in Strophe 10 und 13. Van den Bremt trifft hiermit die Diktion Brechts, der durch die längere Mehrzahl-Formen der Verben

Siehe dazu Jeroen Brouwers, “Weverbergh en ergher”, in Mijn Vlaamse jaren, Amsterdam: De Arbeiderspers, 1978. 7

193

beeinträchtigt werden könnte. Er möchte die in Brechts Lyrik enthaltene Botschaft, aber auch seine Ausdrucksweise vermitteln. Nebenbei bemerkt ist es auffällig, daß Van den Bremt später nicht von Van Istendael c.s. für die Übersetzung des Gedichts ausgewählt wurde, obwohl er sich damit dermaßen intensiv auseinandergesetzt hat.

Die Basisübersetzung von Gielkens und Naaijkens In chronologischem Sinne bilden Jan Gielkens und Ton Naaijkens das erste Übersetzerteam, das An die Nachgeborenen übersetzte. Ton Naaijkens tritt hauptsächlich als Übersetzer und Wissenschaftler und nur einmalig als Dichter in Erscheinung,8 von Jan Gielkens ist keine Primärliteratur bekannt. Hintergrund-Informationen oder eine Poetik herauszufinden ist dementsprechend schwerer als bei den vorliegenden Übersetzern, die öfter als Lyriker in die Öffentlichkeit getreten sind. Ein Bezug zwischen der übersetzerischen Interpretation und besagten Hintergrund-Informationen ist deshalb beschwerlich. Ein weiters Erschwernis zu einer Interpretation zu kommen, ist das geringe Auftreten von Verschiebungen in der Übersetzung. Was die Herausgeber und Übersetzer an diesem spezifischen Gedicht interessiert ist, ist die Wirkung des „anderen“ Brechts, die programmatisch im Gedicht enthalten ist. Eine politisierende übersetzerische Interpretation ist demnach nicht zu erwarten und sie kann auch nicht in der Zieltextwelt festgestellt werden. Die von den Herausgebern angekündigte Variante „Basisübersetzung“ ist dagegen anwesend; sie zeigt eine schlichte Interpretation auf, die sich von großen Tönen distanziert. Es wird zwar etwas Wichtiges mitgeteilt, aber in einer lapidaren Weise. Beispiele für diese übersetzerische Strategie findet man in Zeile 19, wo es heißt: „iemand die van de dorst ontkomt“. An dieser Stelle ein Nomen wie „dorstende“ oder „verdorstende“ zu verwenden wäre eher ein lyrischer Sprachgebrauch gewesen. Die gewählte Lösung bezieht sich rein auf die Bedeutung des Quelltextes. Auch die Wendung „mijn tijd die mij“ im zweiten Teil des Gedichts weist auf die Strategie der Basisübersetzung hin. Die dreimalige Wiederholung des Laute „ij“ wird in den übrigen fünf Versionen vermieden oder abgewandelt, Naaijkens und Gielkens dahingegen stören sich

8

Water van Kamille, Utrecht: Nota Bene, 1985.

194

daran nicht und brauchen deswegen auch keine Strategie der „avoidance of repetition“ anzuwenden. An der Stelle, an der die übrigen fünf Versionen von „gedenkt ons“ oder „gedenk ons“ reden, wird hier in Zeile 57 die Option „denk aan ons“ bevorzugt. Dies kann man ebenfalls der Strategie der Basisübersetzung zurechnen, da die Betonung hier auf ein alltägliches Sprechen statt eines schwergängiges Rezitieren gelegt wird. Die Übersetzung erreicht das selbstgesteckte Ziel: Sie macht das deutsche Gedicht dem niederländischsprachigen Lesepublikum zugänglich, sie bietet eine konkrete Lesehilfe zum Verständnis des nebenan gedruckten Quelltextes, ohne allerdings zu sehr eine bestimmte Interpretation aufzudrängen.

Ein Fall für drei – Van Istendael, Stassijns und De Vin Auch hier haben mehrere Übersetzer am Text gearbeitet. Eine vorstellbare Folge der Teamarbeit bei der Übersetzung wäre eine gewisse Neutralisierung, eine Vermeidung von Verschiebungen, die tatsächlich im vorliegenden Fall kaum auftreten. Die Übersetzer distanzieren sich von vorhergegangenen Übersetzungen – Van den Bremt arbeitete zwar am Band mit, er war jedoch nicht Teil des Übersetzerteams dieses Textes. Der Germanist Prof. Daniel de Vin ist für die literaturwissenschaftlichen und historischen Einordnung des Textes zuständig. Auch mit der eigensinnige Gestaltung des Blattspiegel betreten die Herausgeber Neuland. In der Zeile 10, „[Wie daar rustig op straat loopt] is zeker wel niet meer bereikbaar voor zijn vrienden“, könnte das „zeker wel niet" auf eine flämischen Einfluß deuten. Aus der Perspektive eines Nicht-Flamen ist eine derartige Feinheit aber kaum einzuordnen. Auch dieses Übersetzerteam bedient sicher der Strategie der „avoidance of repetition“ in Teil 2; damit ist ein gewisses Maß an lyrischem Sprachgebrauch in der Übersetzung enthalten.

Droogenbroodt – der Einzelfall Sinnvolle Aussagen über Droogenbroodts Übersetzung zu machen, ist kein Leichtes – die Begründung dafür liegt in seiner laienhaften Herangehensweise. Egal wie objektiv man an

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Droogenbroodts Zieltext herangeht, das überwiegende Fazit muß die schlichte Feststellung sein, daß der Text viele Fehler enthält. Man kann bestenfalls von einer sehr eigensinnigen übersetzerischen Interpretation reden. Sein Band Zoals de wolk na de regen – Wie die Wolke nach dem Regen macht den Eindruck einer gesteigerten Freizeitbeschäftigung, die ohne jegliche Rückmeldung oder Kritik von Dritten betrieben wurde. In bestimmten Fällen neigen Übersetzerteams vielleicht zur Neutralisierung, aber typisch für den Einzelübersetzer ist wohl das Fehlen von redaktioneller Unterstützung. Es fehlt dem Autor zunächst an Grundkenntnisse im Bereich der deutschen Sprache, die nicht durch redaktionelle Arbeit ausgeglichen werden. Obwohl drei der sechs vorliegenden Versionen von flämischen Übersetzern angefertigt wurden, ist nur in Droogenbroodts Text ein Einfluß des Flämischen eindeutig erkennbar: die Verwendung von „als“ in den Zeilen 34 und 35, in den dieses Wort die selbe Verwendung wie das deutsche temporale „als“ findet, ist in der niederländischen Standardsprache unbekannt, im Flämischen wird “als“ jedoch in diesem Sinne benutzt. Mittels Nachschlagewerke ist dieses Phänomen nicht zu belegen, es kann nur durch Erfahrungswerte festgestellt werden. Diese Verwendung von „als“ gehört wohl den flämischen Germanismen an, wie z.B. „begeesterd“ und „grootstad“. Möglicherweise sollte man die Textstelle „ook zonder geweld terechtkomen“ in Zeile 27 auch in diesem Licht betrachten. Andererseits ist Droogenbroodt eine gewisse Annäherung an einen lyrischen Sprachgebrauch nicht abzusprechen: wie die Übersetzer der meisten übrigen Versionen verwendet er die Strategie der "avoidance of repetition" im zweiten Teil des Gedichts, indem er ein eventuell störendes dreifaches "ij" auf eine zweimaliges Auftreten dieses Lautes reduziert. Ebenfalls im zweiten Teil, in Zeile 46, zeigen sich die lückenhaften Deutschkenntnisse Droogenbroodts: In der Stelle „de taal verraadde mij de slachter“ ist dadurch nicht die Sprache des Dichters, sondern die der Schlächter verräterisch. So schwankt die Übersetzung zwischen lyrischem Sprachgebrauch, Germanismen und Mißverständnissen, aber auch zwischen dem Politischen und dem Nicht-Politischen. Der Übersetzer fügt dieser Version außerdem als einzige eine eindeutige politisierende Stelle zu, wenn er in Zeile 65 den Begriff “klassestrijd“ benutzt. An der Stelle wurde in den fünf übrigen Versionen „oorlogen der klassen" bevorzugt. Droogenbroodt ist der einzige, der aus Brechts mehrfachen Kriegsschauplätzen den eher abstrakten Klassenkampf herstellt, den man bei der politischen Kultfigur Brecht auch erwarten würde. Was die Gestaltung des Bandes betrifft, ist eine Übereinstimmung mit Van den Bremt und Mooij festzustellen, dessen Werke auf dem Buchumschlag ebenfalls ein Bild zeigen. Des 196

Weiteren handelt es sich in den drei Fällen um ein Bild, das man als „unpolitisch“ bezeichnen könnte. Droogenbroodts Band enthält das Bild Pescado grande II vom Maler Siegfried Reich an der Stolpe (1912-2001), Droogenbroodts Nachbar in der spanischen Wahlheimat Altea. Somit rückt er den Dichter Brecht in ein eher unpolitisches und künstlerisch orientiertes Licht. So wie die oben erwähnte Politisierung auch nicht Teil einer grundlegenden Strategie oder Vorgehensweise ist, so ist auch die Verwendung des Bildes nicht auf eine bewußte Strategie zurückzuführen – die direkte Verfügbarkeit des Malers spielte hier wohl eher eine Rolle. Der Band, in dem es nebenbei bemerkt vor Rechtschreib-, Tipp- und Satzfehler wimmelt, enthält eine Mischung aus den politschen und erotischen Gedichten Brechts, wobei die Auswahl nicht weiter motiviert wird. Mit dem Titel Zoals de wolk na de regen – Wie die Wolke nach dem Regen verweist Droogenbroodt jedoch auf das Poetische Brechts und nicht auf das Politische. Martin Mooijs Sammlung enthält eine ähnliche Mischung, und genau wie Mooij ist Droogenbroodt als internationaler Lyrik-Vermittler tätig, jedoch auf einer völlig unterschiedlichen Ebene, die man als laienhaft bezeichnen könnte.

Freund der Dichter und der Dichtung – Martin Mooij Da Martin Mooij auch nicht als Dichter, sondern als Literaturvermittler in Erscheinung getreten ist, sind nicht viele Hintergrund-Informationen vorhanden. Außerdem enthält sein Text wenig Verschiebungen; eine Interpretation seitens des Forschers ist aus diesen Gründen beschwerlich. Mooij, der als langjähriger Organisator von Poetry International bekannt ist, kennt die Dichter, ihr Werk und die Schwierigkeiten ihrer Lebensform. Vielleicht zeigt er deswegen Interesse an Brechts Gedicht, das man als poetisches und sozial-politisches Testament lesen kann. Man kann jedoch feststellen, daß Mooij in seiner übersetzerischen Interpretation zum lyrischen Sprachgebrauch tendiert. Im zweiten Teil des Gedichts verwendet er zwar die drei ij-Laute in „mijn“, „tijd“ und „mij“, aber mit einer leichter Verdrehung der Syntax, damit Zwischenraum im Lesefluß entsteht. Mooij schließt sich hiermit der Diktion Brechts an, wovon ein wesentliches Merkmal der leicht verrutschte Satzbau ist. In Zeile 44 („de wegen leidden naar het verderf in mijn tijd“) stellt Mooij zwar einen Bezug zur biblischen Sprache, aber auf einer Weise die man mit Smits Verschiebungen ins religiöse Register nicht vergleichen kann, die sich vollständig aus dessen Hintergrund-Informationen

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erklären lassen. Mooij verstärkt die Sumpf-Metapher Brechts und intensiviert somit die poetische Aussage der Textstelle. Wie bei Droogenbroodt und Van den Bremt schmückt Mooijs Anthologie ein Bild, das im Impressum als nicht näher identifiziertes Werk des surrealistischen Malers Mac Zimmermann (1912-1995) vermerkt wird. Wie bei den beiden anderen Übersetzern, verweist das Bild auf die unpolitische oder künstlerische Seite des Dichters Brecht. Auch der Titel des Bandes, Over de aardse liefde en meer – uit een leven vol gedichten en verzen, deutet auf den „anderen“ Brecht, wobei dahingestellt sei, ob Mooij hiermit auch nicht zum Teil sein eigenes Leben meint. Auch die Auswahl der Gedichte, die erotische und politische Gedichte umfaßt, betont die Vielschichtigkeit des Brechts.

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IV

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