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January 15, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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Oxidation von Zr-Pd-Gläsern
Zur Erlangung des akademischen Grades eines Dr.-Ing.
vom Fachbereich Bio- und Chemieingenieurwesen der Universität Dortmund genehmigte Dissertation
vorgelegt von
Dipl.-Ing. Lioba Jastrow aus Dortmund
Tag der mündlichen Prüfung: 23.07.2004 1. Gutachter: Prof. Dr. U. Köster 2. Gutachter: Prof. Dr. H.-G. Schecker
Dortmund 2004
Danksagung
Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Werkstoffe & Korrosion des Fachbereichs Bio- und Chemieingenieurwesen der Universität Dortmund unter der Anleitung von Herrn Prof. Dr. Uwe Köster angefertigt.
Dieser Dank gebührt vor allem Prof. Dr. Uwe Köster für die Themenstellung, die intensive Betreuung und die vielen hilfreichen Diskussionen.
Mein besonderer Dank gilt Frau Monika Meuris, die mich bei den experimentellen Durchführungen und insbesondere bei der Elektronenmikroskopie unterstützt hat.
Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Studienarbeiterin Regina Palkovits, die mit wertvollen Ergebnissen zu dieser Arbeit beigetragen hat, und bei meinen studentischen Hilfskräften Fabian Hoffmann, Beate Heisterkamp und Markus Hahn, die mir insbesondere bei der Probenherstellung helfend zur Seite standen.
Meinen Kollegen in der Arbeitsgruppe Werkstoffe & Korrosion sowie am Lehrstuhl Werkstoffkunde, die mir durch ihre stete Diskussionsbereitschaft und die kollegiale Atmosphäre ein Umfeld für produktives wissenschaftliches Arbeiten ermöglicht haben, möchte ich an dieser Stelle ebenfalls meinen Dank aussprechen.
Abschließend möchte ich mich besonders herzlich bei meiner Familie, bei Mirko Kajinowski sowie bei Michael Engemann und Claudia Pieper für ihre Geduld und ihre Unterstützung während dieser Zeit bedanken.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung
1
2 Theoretische Grundlagen
4
2.1 Metallische Gläser
4
2.2 Oxidation von Metallen
8
2.2.1 Allgemeine Grundlagen der Oxidation
8
2.2.2 Oxidation von Legierungen
12
2.2.3 Oxidation kristalliner Zr-Basis-Legierungen
13
2.2.3.1 Sauerstoffdiffusion in kristallinem Zirkonium und in Zirkoniumdioxid
13
2.2.3.2 Oxidation von kristallinem Zirkonium
15
2.2.3.3 Struktur des Zirkoniumdioxids
18
2.2.4 Oxidation von Zr-Basis-Gläsern 2.3 Kristallisation metallischer Gläser 3 Experimentelle Methoden
19 22 25
3.1 Herstellung amorpher Zr-Basis-Legierungen
25
3.2 Einstellung grob- bzw. nano-/mikrokristalliner Gefüge
27
3.3 Oxidation der Zr-Basis-Legierungen
28
3.3.1 Thermogravimetrie
28
3.3.2 Oxidation im Trockenschrank/Ofen
28
3.4 Probencharakterisierung/mikrostrukturelle Analyse
29
3.4.1 Röntgendiffraktometrie (XRD)
29
3.4.2 Mikroskopie
29
3.4.2.1 Auflösungsvermögen verschiedener Mikroskope
29
3.4.2.2 Lichtmikroskopie (LM)
30
3.4.2.3 Rasterelektronenmikroskopie (REM)
31
3.4.2.4 Transmissionselektronenmikroskopie (TEM)
32
3.4.3 Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES)
34
3.4.4 Differential-Scanning-Calorimetry (DSC)
35
3.5 Widerstandsmessung
35
Inhaltsverzeichnis
4 Ergebnisse 4.1 Oxidation von Zr-Pd-Gläsern
38 38
4.1.1 Charakterisierung der Zr-Pd-Gläser
38
4.1.2 Morphologie der Oxidschicht
39
4.1.3 Gusshaut
44
4.1.4 Kinetik
47
4.1.5 Einfluss der Feuchtigkeit
52
4.2 Einfluss der Struktur auf das Oxidationsverhalten von Zr-Pd-Legierungen
55
4.3 Einfluss von Legierungselementen auf die Oxidationskinetik von Zr-Basis-Gläsern
57
4.4 Oxidation von amorphem Zr70Pd15Au15 und Zr70Pd15Ag15
60
4.5 Oxidation von Zr70Pd30-xPtx-Gläsern
63
4.6 Oxidation von amorphem Zr70Au30
66
5 Diskussion
71
5.1 Oxidationskinetik
72
5.2 Modell der Oxidation schnell oxidierender Zr-Basis-Gläser
74
5.3 Spaltung der Bänder
77
5.4 Einfluss von Platin auf die Oxidation von Zr70Pd30-xPtx-Gläsern
78
5.5 Einfluss der späten Übergangsmetalle auf die Oxidationsbeständigkeit
81
5.6 Einfluss der Struktur auf die Oxidation von Zr-Pd-Legierungen
82
6 Zusammenfassung
84
7 Literaturverzeichnis
87
Einleitung
1
1 Einleitung Die Geschichte der Glasherstellung fand vor ca. 5000-6000 Jahren in Ägypten ihren Ursprung. Es wird vermutet, dass Glas zunächst nur als zufälliges Nebenprodukt (als Glasur) beim Brennen von Keramiken entstanden ist. Erst später (~1500 v.Chr.) gelang es, Glas als eigenständigen Werkstoff herzustellen. Über lange Zeit beschränkte sich die Entwicklung amorpher Materialien auf oxidische (meist silikatische) Gläser, da mit damaligen Herstellungsmethoden nur die für oxidische Gläser benötigten, relativ langsamen kritischen Abkühlraten realisiert werden konnten. Erst durch die Entwicklung neuer Verfahren, mit denen deutlich schnellere Abkühlraten erreicht werden konnten, wurde die Herstellung neuer Gruppen von Gläsern, wie z.B. den metallischen Gläsern, möglich. Die ersten metallischen Gläser wurden 1960 von Duwez und Mitarbeitern [1] durch schnelles Abschrecken einer Schmelze aus Au75Si25 hergestellt. Seitdem sind zahlreiche glasbildende Legierungen entdeckt worden. In den ersten Jahren war es nur möglich, metallische Gläser als Splats oder Bänder mit geringen Dicken (bis ~50µm) herzustellen; nur so konnten die erforderlichen hohen Abschreckgeschwindigkeiten realisiert werden. Dickere Gläser konnten zunächst in den Systemen Pd-Si-Au, Pd-Si-Ag und Pd-Si-Cu (>1mm) [2] und Ende der 80er Jahre aus La55Al25Ni20 (Stäbe mit 1,2mm Durchmesser) [3] produziert werden. Aufbauend auf den Legierungsentwicklungen von Inoue (an der Tohoku-Universität, Sendai/Japan) [4,5] und Johnson (am California Institute of Technology, Pasadena/USA) [6,7] konnten in den 90er Jahren metallene Gläser auf Zr-Basis entwickelt werden werden, die sich mit Dicken >10mm als sogenannte „bulk-glasses“ produzieren ließen. Derzeit ist es möglich, Bulk-Gläser mit Dicken bis etwa 100mm herzustellen. Metallische Gläser und daraus herstellbare nanokristalline Legierungen auf Zr-Basis haben aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften (insbesondere der mechanischen Eigenschaften) in den letzten Jahren beträchtliches Interesse geweckt. Um das Anwendungspotential metallischer Gläser genauer einschätzen zu können, ist auch die Kenntnis des Oxidationsverhaltens von zentraler Bedeutung. Es hat sich herausgestellt, dass abhängig von der Zusammensetzung metallene Zr-Basis-Gläser sowohl gute Oxidationsbeständigkeit als auch „katastrophale“ Oxidation bei Raumtemperatur aufweisen können [8-11]. Dieses unterschiedliche Verhalten eröffnet ein vielfältiges Spektrum für die Anwendung metallischer Gläser. Die Bulk-Gläser Zr55Cu30Ni5Al10 [12] und Zr41,2Ti13,8Ni10Cu12,5Be22,5 (Vitreloy1) [13] fanden aufgrund ihrer guten mechanischen Eigenschaften (hohe Zugfestigkeit, hohe Elastizitäts-
Einleitung
2
grenze und ein E-Modul, der um 20-40% kleiner ist als der entsprechender kristalliner Legierungen) Anwendung als Konstruktionsmaterial z.B. für Penetratoren oder Golfschläger. Das hohe elastische Limit dieser Gläser im Vergleich zu kristallinen Legierungen ermöglicht die Speicherung größerer elastischer Energie und damit weitere Schläge als mit herkömmlichen Stahl- oder Titanschlägern. Für einen längerfristigen Einsatz ist jedoch neben den mechanischen Eigenschaften und guter thermischer Stabilität auch eine gute Oxidationsbeständigkeit erforderlich. Es ist bekannt, dass Zr-Ti-Ni-Cu-Be-Gläser ausgesprochen oxidationsbeständig sind; nach einer vierstündigen Auslagerung bei 360°C kann noch keine Oxidschicht nachgewiesen werden. Die Be-freien Zr-Cu-Ni-Al-Gläser sind wesentlich oxidationsempfindlicher; Zulegieren geringer Mengen von z.B. Si oder Sn [10] erhöht ihre Oxidationsbeständigkeit allerdings beträchtlich. Aufgrund ihrer hohen Speicherkapazitäten sind metallene Zr-Basis-Gläser auch als Wasserstoffspeicher von Interesse [14]. Da ZrO2 die Wasserstoffdurchlässigkeit be- bzw. verhindert, ist zur reversiblen Ab- und Desorption die Vermeidung einer Oxidschicht essentiell. Für eine Nutzung metallener Gläser anstelle von kristallinen Legierungen [15] z.B. als Endlager für Deuterium oder Tritium wäre dagegen die Ausbildung einer dichten Oxidschicht nach der Beladung notwendig, um ein Entweichen der gespeicherten Gase zu verhindern. Ebenfalls von Interesse ist eine Nutzung metallischer Gläser in der Katalyse. Anwendung finden hier sowohl die as-quenched Legierungen als auch die oxidierten Gläser. Ziel der Oxidationsreaktion ist in diesem Zusammenhang die Ausbildung eines homogenen Gefüges aus Oxid und darin eingebettetem nanokristallinen Metall (bzw. einem zweiten Oxid) und dadurch die Herstellung eines Katalysators mit einer großen aktiven Oberfläche. Erste Untersuchungen zur Anwendung von metallischen Gläsern in der Katalyse wurden in den frühen 80er Jahren z.B. von Cocke et al. [16] und insbesondere von Kimura et al. [17-18] durchgeführt. Eine 1995 erstellte Übersicht von Baiker [19] zeigt, dass zahlreiche amorphe Legierungen katalytische Eigenschaften besitzen. Eine der Gruppen sind metallene Gläser auf Zr-Basis, z.B. Zr-Fe, Zr-Cu, Zr-Ni, Zr-Au oder Zr-Pd. Heutzutage gibt es eine Reihe amorpher Zr-Basis-Legierungen, die z.B. zur Hydrierung von CO [20-23], von CO2 [24] oder von Kohlenwasserstoffen [25-27] genutzt werden oder die die Oxidation von CO zu CO2 [28-31] oder die Reduktion von NO [32,33] unterstützen. Ziel dieser Arbeit ist die systematische Untersuchung des Oxidationsverhaltens schnell oxidierender Zr-Basis-Legierungen, insbesondere von amorphem Zr70Pd30. Es soll geklärt werden, warum einige Gläser „katastrophale“ Oxidation zeigen, andere, scheinbar sehr
Einleitung
3
ähnliche aber nicht. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung zur sicheren technischen Anwendung dieser Materialgruppe. Besonderes Interesse gilt hierbei der Analyse der Mikrostruktur der entstehenden Oxidschichten und der Klärung des Oxidationsmechanismus. Auf diesem Weg können gegebenenfalls Strategien entwickelt werden, um das Oxidationsverhalten zu verbessern. Weiterhin soll untersucht werden, inwieweit die glasige Struktur im Vergleich zu nano- bzw. grobkristallinen Legierungen gleicher Zusammensetzung einen Einfluss auf das Oxidationsverhalten ausübt.
Theoretische Grundlagen
4
2 Theoretische Grundlagen 2.1 Metallische Gläser Gläser sind röntgen-amorphe Materialien, die einen Glasübergang aufweisen, d.h. eine Umwandlung, bei der ein Sprung in den abgeleiteten thermodynamischen Zustandsgrößen auftritt. Abb.1 zeigt die Volumenänderung einer abkühlenden Schmelze in Abhängigkeit der von Temperatur.
Volumen
Schmelze unterkühlte Schmelze Glas Kristall Tg
Tm
Temperatur
Abb. 1:
Glasbildung: Volumenänderung bei Abkühlung einer Schmelze
Grundsätzlich kann eine Schmelze beim Abkühlen entweder kristallin oder amorph erstarren. Im Allgemeinen kühlt eine Schmelze so langsam ab, dass bei Unterschreiten der Schmelztemperatur Tm sofort Kristallisation einsetzt. Die freiwerdende Kristallisationswärme verhindert weiteres Abkühlen und die Temperatur bleibt solange konstant, bis die Kristallisation vollständig abgeschlossen ist; erst dann kühlt das System weiter ab. Kennzeichnend für die Struktur von Kristallen ist die periodische oder quasiperiodische Anordnung der Atome (Gitteraufbau). Damit aus einer Schmelze ein amorpher Feststoff entstehen kann, muss die Abkühlgeschwindigkeit v der Schmelze so hoch sein, dass die Kristallisationsprozesse unterdrückt werden und die Struktur der unterkühlten Schmelze eingefroren wird (Abb.2). Die Glasübergangstemperatur Tg hängt von der Abkühlgeschwindigkeit ab. Je schneller eine Schmelze abkühlt, desto höher ist Tg und desto geringer ist die Dichte der eingefrorenen Schmelze.
Theoretische Grundlagen
5
Schmelze Tm 0,1%
kristallin
Temperatur
100%
teilkristallin
unterkühlte Schmelze Tg
vk
Glas log t
Abb. 2:
Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Diagramm für die Glasbildung bzw. die Kristallisation einer unterkühlten Schmelze
Der amorphe Zustand ist gekennzeichnet ist durch das Fehlen von Translations- und Rotationsfernordnung. Während im Kristall die Abstände und Winkel zwischen den Atomen periodisch gleich sind, weichen sie in amorphen Materialien geringfügig voneinander ab. Zur Beschreibung der Atomabstände in Gläsern definiert man einen mittleren Abstand, den
Freie Enthalpie
sogenannten Nächste-Nachbar-Abstand.
reales Glas ideales Glas (metastabil) Energie-Barriere
GV
Kristall (stabil) Reaktionskoordinate
Abb. 3:
Schematische Darstellung der Freien Enthalpien von Gläsern und ihren Umwandlungsprodukten
Theoretische Grundlagen
6
Thermodynamisch betrachtet befindet sich ein reales Glas nicht im stabilen Gleichgewicht. Thermisch aktivierte Umordnungsprozesse können zu struktureller Relaxation (ideales Glas) oder zur Kristallisation führen. Treibende Kraft für diese Prozesse ist der Gewinn aus der Differenz der Freien Enthalpien (Abb.3).
Wie gut das Glasbildungsvermögen eines Materials ist, lässt sich anhand der kritischen Abkühlgeschwindigkeit vK ermitteln. Die kritische Abkühlgeschwindigkeit ist definiert als die geringste Geschwindigkeit, mit der eine Schmelze abgekühlt werden muss, um gerade noch vollständig amorph zu erstarren; langsameres Abkühlen würde, zumindest teilweise, zur Kristallisation führen. Während die kritische Abkühlrate für silikatische Gläser bis zu 10-4 K/s betragen kann, sind für die Herstellung von metallischen Gläsern je nach Legierung Abkühlgeschwindigkeiten von 100 bis 1010 K/s erforderlich (Abb.4).
kritische Abkühlgeschwindigkeit vK [K/s]
1010
Ni
108 106
Zr-Ni, Au-Si
104 102 Zr-Ti-Ni-Cu-Be
100
Pd-Ni-P
10-2
Oxidische Gläser
10-4 0,3
Abb. 4:
0,4
0,5 0,6 tg = Tg/Tm
0,7
Kritische Abkühlgeschwindigkeiten verschiedener glasbildender Systeme [34]
Zur Herstellung metallischer Gläser wurden verschiedene Verfahren entwickelt, die sich anhand des Arbeitsprinzips entsprechend einteilen lassen: -
Abschrecken aus der Schmelze
-
Abscheidung aus der Gasphase
-
Abscheidung aus wässriger Lösung
Theoretische Grundlagen
7
-
Amorphisierung durch Interdiffusion
-
extreme plastische Verformung (z.B. in einer Kugelmühle, ECAP (Equal Channel Angular Pressing))
Das gebräuchlichste Prinzip ist das Abschrecken aus der Schmelze, wobei die beiden wichtigsten Verfahren hierbei das Klatschprinzip (splat-quenching) [35,36] und das Schmelzspinnen (melt-spinning) [37] sind. Beim Klatschprinzip wird ein Schmelztropfen mit Hilfe zweier Platten zusammengepresst. Dabei wird die Oberfläche sehr schnell vergrößert und so die notwendige Abkühlgeschwindigkeit erreicht. Beim Schmelzspinnen wird die flüssige Schmelze auf ein schnell rotierendes Rad gebracht wird und in Bandform ausgezogen. Die Wärmeabfuhr erfolgt bei beiden Verfahren in Wesentlichen durch Wärmeübergang; Wärmeleitung und Konvektion spielen eine untergeordnete Rolle.
Mit den meisten Herstellungsverfahren lassen sich jedoch nur Werkstücke mit geringer Dicke bzw. geringem Durchmesser z.B. Folien, Bänder oder Drähte realisieren. Für eine technische Anwendung als Strukturmaterial sind Gläser mit größeren Dicken erforderlich. Hierzu sind ein sehr gutes Glasbildungsvermögen und damit kritische Abkühlraten von weniger als 100 K/s notwendig. Diese Kriterien erfüllen die sogenannten Bulk-Gläser, die mit Dicken im Bereich von einigen Zentimetern herstellbar sind. Die Herstellung der ersten Bulk-Gläser auf Pd-Basis gelang Turnbull und Mitarbeitern [2] bereits in den späten 60er Jahren. Aufgrund der hohen Kosten des Palladiums hatten diese Legierungen für technische Anwendungen aber keine Bedeutung. Technisch bedeutsam wurden die Bulk-Gläser erst, als es 1989 Inoue [3] und Mitarbeitern gelang Massivgläser auf La-Basis mit konventionellen Methoden (durch Abschrecken der Schmelze in einer wassergekühlten Kokille) herzustellen. Seitdem wurden zahlreiche ternäre und quaternäre Massivgläser auf der Basis von z.B. Mg, Fe, Ni oder Zr entwickelt. Die Entwicklung neuer metallischer Gläser erfolgt heute nach sogenannten „Design“-Prinzipien. Inoue [38] formuliert drei Kriterien, die Stoffsysteme mit einem guten Glasbildungsvermögen erfüllen: -
die Legierung sollte aus mehr als drei Komponenten bestehen
-
die Hauptelemente der Legierungen sollten einen Atomgrößenunterschied von mehr als 12% aufweisen und
-
die Mischungsenthalpie der Komponenten sollte negativ sein.
Eine andere Methode zur Entwicklung neuer Gläser wurde von Johnson [13] verfolgt, die von Greer [39] als „confusion by design“ bezeichnet wurde. Diese Methode beruht auf folgendem
Theoretische Grundlagen
8
Prinzip: durch Einbringen vieler chemisch unterschiedlicher Atome wird erreicht, dass das System nicht mehr in der Lage ist, diese Atome in einer kristallinen Struktur anzuordnen; seine Neigung zur Kristallisation wird somit deutlich verringert. Meistens handelt sich bei diesen Legierungen um Systeme mit tiefliegenden Eutektika (eutektische Schmelzen haben eine erhöhte Viskosität, was eine stärkere Unterkühlung erleichtert und die Kristallisation erschwert). Zu den bekanntesten Bulk-Gläsern gehören Legierungen auf Zr-Basis, insbesondere Zr-Cu-Ni-Al-Legierungen [5] entwickelt von der Inoue-Gruppe und Zr-Ti-Cu-Ni-Be-Gläser [13] hergestellt von der Johnson-Gruppe.
2.2 Oxidation von Metallen 2.2.1 Allgemeine Grundlagen der Oxidation Unter der Oxidation eines Metalls oder einer Legierung versteht man ihre chemische Reaktion mit oxidierenden Gasen (O2, N2, S, H2, Cl2, ...), bei der ein Elektronenaustausch stattfindet. Bei dieser Reaktion bildet sich eine Deckschicht auf der Metall- bzw. Legierungsoberfläche. Um die Reaktion aufrecht zu erhalten, d.h. ein Weiterwachsen der Schicht zu ermöglichen, müssen die metallischen und/oder die in der Umgebung befindlichen Reaktanten (im Weiteren am Beispiel Sauerstoff) durch die entstehende Schicht diffundieren (Abb. 5). Eine Eindiffusion von Sauerstoff in das Metall soll zunächst ausgeschlossen werden.
O2
O2 -
M
2-
1/2 O2 + 2e = O
2+
-
2e
M2+ + O2- = MO
Metalloxid
Metalloxid O2-
2e-
M = M2+ + 2e-
Abb. 5:
Metall
Metall
(a)
(b)
Phasengrenzreaktionen und Transportvorgänge bei der Oxidbildung am Beispiel eines zweiwertigen Metalls (a) Oxidbildung an der O2/Metalloxid Phasengrenze (Diffusion der Kationen): (b) Oxidbildung an der Metalloxid/Metall Phasengrenze (Diffusion der Anionen): O2-, Elektronenstrom entgegengesetzt
Theoretische Grundlagen
9
Thermodynamik Ob eine chemische Reaktion zwischen Metall und Sauerstoff abläuft, kann mit Hilfe der Thermodynamik ermittelt werden. Die Triebkraft chemischer Reaktionen wird durch die Freie Reaktionsenthalpie GR bestimmt. Es gilt die Gibbs-Helmholtz-Gleichung:
GR = HR - TSR
(GR=FreieReaktionsenthalpie,
HR=Reaktionsenthalpie,
SR=Reaktionsentropie,
T=Temperatur).
Es lassen sich folgende Fälle unterscheiden: (1) GR < 0
Reaktion läuft spontan und freiwillig ab
(2) GR = 0
System ist im Gleichgewicht
(3) GR > 0
Reaktion läuft nicht freiwillig ab.
Für eine beliebige chemische Reaktion wird die Änderung der Freien Enthalpie durch die folgende Beziehung beschrieben: GR = GR° + RT ln K (GR°=FreieStandard-Reaktionsenthalpie [ n O 2 1Mol und p O 2 1 bar ], R=allgemeine Gaskonstante, K = Gleichgewichtskonstante).
Formuliert man folgende allgemeine Oxidationsreaktion: x M + y/2 O2 MxOy
dann ergibt sich für die Freie Reaktionsenthalpie: GR = GR° + RT ln
(a=Aktivität).
a (M x O 2 ) a x (M) a y/2 (O 2 )
Theoretische Grundlagen
10
Da die Aktivitäten von reinen Metallen und Oxiden gleich 1 sind und weiterhin für die
pi gilt, ergibt sich mit p0=1 bar im Gleichgewichtsp0
Aktivität eines idealen Gases ai=
zustand (GR=0) die folgende Gleichung: G R RT y / 2 ln pO 2
Im Standardzustand sind die Freien Enthalpien der Elemente Null. Die Freie StandardReaktionsenthalpie entspricht daher bei der Oxidation reiner Metalle der Freien StandardEnthalpie des Oxids: GR° = G°(MxOy) - x G°(M) – y/2 G°(O2) = G°(MxOy)
Oxidation kann demnach erst bei Sauerstoffdrücken oberhalb des Bildungsdrucks des entsprechenden Oxids erfolgen.
Temperatur [°C] 300
600
900
1200
200 0
4 Ag + O2
2 Ag 2O
GR° [kJ/mol]
2 Pd + O2
-200
2 PdO
2 CuO 4 Cu + O 2 NiO O2 2 2 Ni +
-400 -600 -800
Zr + O 2
-1000 500
Abb. 6:
1000 Temperatur [K]
ZrO 2
1500
Ellingham/Richardson-Diagramm für die Oxidbildung (basierend auf 1 mol Sauerstoff) [40,41]
Theoretische Grundlagen
11
Ob eine Reaktion abläuft oder nicht, kann anhand sogenannter Ellingham/RichardsonDiagramme (Abb. 6), in denen die Freie Enthalpie in Abhängigkeit von der Temperatur für entsprechende Redoxsysteme aufgetragen ist, einfach abgelesen werden. Je negativer die Freie Enthalpie ist, d.h. je tiefer die Linie im Diagramm liegt, desto stabiler ist das Oxid. Kinetik Die Kinetik beschreibt den zeitlichen Verlauf einer chemischen Reaktion. In der Literatur werden verschiedene Zeitgesetze zur Beschreibung des Wachstums von Oxidschichten angegeben [42]. Die Gültigkeit der einzelnen Gesetze hängt von der Beschaffenheit der Schicht, der Temperatur, dem Sauerstoffdruck und der Oxidationszeit ab. Die wichtigsten Gesetze sind das lineare und das parabolische Zeitgesetz, außerdem können unter bestimmten Bedingungen auch kubische, logarithmische oder invers-logarithmische Gesetze auftreten. o lineares Zeitgesetz: Lineare Zeitgesetze werden beobachtet, wenn Phasengrenzreaktionen geschwindigkeitsbestimmend sind. Dies ist bei Ausbildung dünner Oxidschichten, z.B. grundsätzlich zu Beginn einer Reaktion, sowie bei Ausbildung poröser Deckschichten der Fall. Die Oxidationsgeschwindigkeit ist dann im Wesentlichen unabhängig von der Schichtdicke x, sodass gilt: dx = konstant dt
x=kl t
(kl= lineare Geschwindigkeitskonstante).
Die Schichtdicke nimmt somit proportional mit der Zeit t zu. o parabolisches Zeitgesetz: Bei hohen Temperaturen verläuft die Oxidation von Metallen oft nach dem parabolischen Zeitgesetz. Parabolische Zeitgesetze werden beobachtet, wenn die Transportvorgänge durch eine kompakte, porenfreie, fest haftende Oxidschicht geschwindigkeitsbestimmend sind. In diesem Fall besteht zwischen dem Sauerstoff und der Metalloberfläche kein direkter Kontakt mehr, die Reaktanten müssen durch die Oxidschicht diffundieren, damit die Reaktion weiter
Theoretische Grundlagen
12
ablaufen kann. Der Diffusionsweg vergrößert sich dann mit wachsender Schichtdicke und die Wachstumsgeschwindigkeit der Schicht wird dadurch verlangsamt. Es gilt:
d(x ) k p ´ dt x
(x)2=2kp´t = kp t
(kp= parabolische Geschwindigkeitskonstante).
2.2.2 Oxidation von Legierungen Da für die meisten technischen Anwendungen keine reinen Metalle verwendet werden und insbesondere eine Metallglasbildung nur für Legierungen bekannt ist, sollte die Betrachtung der Oxidation auf Legierungen ausgeweitet werden. Um eine Übersicht zu gewinnen, ist eine Beschränkung auf die Diskussion binärerer Legierungen (A,B) sinnvoll. Das Oxidationsverhalten einer Legierung wird durch mehrere Parameter bestimmt, insbesondere [43]: -
die Zusammensetzung der Legierung
-
die Affinität der einzelnen Elemente zum Sauerstoff
-
den Diffusionsgeschwindigkeiten der beteiligten Elemente in der Legierung und im entstehenden Oxid
-
die Zahl und Art der Verbindungen (im ternären Zustandsdiagramm A-B-O) sowie deren Freie Bildungsenthalpien.
Je nachdem welcher Parameter die Oxidation vorrangig beeinflusst, lassen sich verschiedene Grenzfälle der Oxidation formulieren (Abb. 7), so z.B.: 1. Selektive Oxidation: nur ein Element (A) bildet das Oxid (AO), das zweite Element (B) reichert sich in der Legierung vor der Phasengrenze zum Oxid an. Dies ist häufig der Fall, wenn die Legierung lückenlos mischbar, ein Element (B) aber wesentlich edler als das andere ist. 2. Eine zweiphasige Oxidschicht bildet sich: Die unter 1. beschriebene Anreicherung der Komponente B an der Phasengrenze ist so hoch, dass die Bildung von BO möglich wird. Ist die Nachdiffusion von B aus der Legierung nicht gewährleistet, kommt es in der Umgebung zu einer Verarmung an B. Eine weitere Bildung von BO ist dann nicht mehr möglich und BO wird in das sich bildende AO eingebettet. 3. Es bildet sich eine geschichtete Oxidanordnung aus: Es findet Keimbildung der Oxide AO und BO statt. Ist nun die Diffusion von Komponente A in AO schneller als die der
Theoretische Grundlagen
13
Komponente B in BO, ist ein seitliches Überwachsen von AO möglich. B reduziert anschließend AO an der gemeinsamen Oberfläche, sodass BO lateral auf der Legierungsoberfläche wachsen und eine Sperrschicht ausbilden kann. 4. Es bildet sich ein Mischoxid: Im Oxid sind beide Metalle entsprechend ihrem Verhältnis in der Legierung enthalten. 5. Innere Oxidation: dieses Phänomen tritt auf, wenn die Diffusion des unedleren Partners (A) im Vergleich zur Diffusion des Sauerstoffs in die Legierung langsam ist. Unterstützt wird die Neigung zur inneren Oxidation durch eine hohe Löslichkeit des Sauerstoffs in der Legierung und einen geringen Molanteil der unedleren Komponente. Diese Art der Oxidation verläuft oft bevorzugt entlang von Korngrenzen, da diese die Sauerstoffdiffusion erleichtern.
O2
O2
O2
O2
AO
AO
AO
(A, B)O
BO B A, B (1)
Abb. 7:
B
BO
O2
AO
BO
A, B
A, B A, B
A, B A,
(2)
(3)
(4)
A, B A, B (5)
Beispiele der Legierungsoxidation: 1) Selektive Oxidation: nur ein Element bildet das Oxid, 2) Bildung einer zweiphasigen Oxidschicht, 3) Ausbildung eines geschichteten Oxidwachstums, 4) Mischoxidbildung, 5) innere Oxidation
2.2.3 Oxidation kristalliner Zr-Basis-Legierungen 2.2.3.1 Sauerstoffdiffusion in kristallinem Zirkonium und Zirkoniumdioxid Bevor an einer Metalloberfläche ein Oxid gebildet wird, kann es zum Eindiffundieren des Sauerstoffs in das Metall kommen. Das Ausmaß dieser Reaktion wird durch die Sauerstofflöslichkeit und die Diffusionsgeschwindigkeit des Sauerstoffs im Metall bestimmt. Das Zustandsdiagramm des Zr-O Systems (Abb.8) zeigt, dass schon bei relativ niedrigen Temperaturen ~28,5at.% Sauerstoff im -Zirkonium gelöst werden können.
Theoretische Grundlagen
14
Gew.% Sauerstoff 5
10
15
2800
20
2710°C
30 35 S+G
-ZrO2-x
S
2600 2400
25%, 2130°C
2200 10
2000
Temperatur °C
25
2065°C
1970°C 10,5 19,5
35 40
~2377°C
62
1800 1855°C 1600
r)
(ß-Zr)
~1525°C 31,2
1400
63,6 66,5 ZrO2-x
~1205°C
1200
29,8
~970°C
1000 29,1
800 863°C
("-Zr)
600 400
66,7
(1"-Zr)
("-Zr) ("-Zr)
ZrO2-x
~500°C 25,6 ("-Zr)
66,7
200 10
20
Zr
Abb.8:
30
40
50
60
70
At.% Sauerstoff
Phasendiagramm Zirkonium-Sauerstoff [44]
Die Sauerstoffdiffusion in kristallinem Zirkonium wird in Abb.9 gezeigt. Für die relativ niedrige Temperatur von 360°C (obere Grenze der Oxidationsuntersuchungen an metallenen Zr-Basis-Gläsern) lässt sich aus diesen Daten ein Diffusionskoeffizient von ~10-21m2/s abschätzen. Die Eindringtiefe für Sauerstoff in kristallines Zirkonium lässt sich unter der Annahme dieses Diffusionskoeffizienten ermitteln:
x Dt
( x = Eindringtiefe des Sauerstoffs, D = Diffusionskoeffizient, t = Zeit).
Nach vier Stunden (maximale Oxidationszeit bei 360°C) ergibt somit sich eine maximale Eindringtiefe von etwa 4 nm.
Theoretische Grundlagen
15
Temperatur [°C] 1500
1000
800
600
500
400
10-10 Diffusionskoeffizient [m2/s]
D = D0 exp (-Q / RT) D0 = 5,2 10-4 m2/s
10-12
Q = 212,6 kJ/mol
10-14 10-16 10-18
Pemsler [45] Zircalloy 2 Mallett et al. [46] Zircalloy 3 } Debuigne & Lehr [47] Davies et al. [48]
10-20
6
8
10
12
14
16
4
reziproke Temperatur 10 /T [K]
Abb.9:
Diffusionskoeffizient von Sauerstoff in -Zirkonium [49]
2.2.3.2 Oxidation von kristallinem Zirkonium Die Oxidation von kristallinem Zirkonium ist seit den 40er Jahren von vielen Autoren beschrieben worden u.a. von Gulbransen und Andrew [50], Belle und Mallett [51], Cubicciotti [52], Porte et al. [53], Östhagen und Kofstad [54], Hussey und Smelzer [55,56] und Westermann [57]. Ein Vergleich der Messergebnisse zeigt unterschiedliche Resultate (siehe Tab.1). Zum Beispiel wurden bei der Untersuchung der Oxidationskinetik sowohl parabolische und kubische als auch lineare Gesetze gefunden. Von einigen Autoren wurde während der Oxidation sogar eine Änderung der Kinetik beobachtet [58,59]. Gulbransen und Andrew [50] zeigten, dass sich die Oxidation von Zirkonium bei Temperaturen zwischen 200 und 425°C durch ein parabolisches Gesetz beschreiben lässt. Cubicciotti [52] berichtete, dass auch bei Temperaturen zwischen 593 und 880°C die Kinetik durch ein parabolisches Gesetz dargestellt werden kann. Belle und Mallett [51] hingegen fanden im Temperaturbereich zwischen 575 und 950°C, dass sich ihre Messergebnisse am besten mit einem kubischen Wachstumsgesetz beschreiben ließen. Porte et al. [53] erhielten bei ihren Oxidations-
Theoretische Grundlagen
16
versuchen im Temperaturbereich zwischen 400 und 900°C ebenfalls ein kubisches Wachstumsgesetz. Untersuchungen verschiedener Autoren [52,56] zum Einfluss des Sauerstoffpartialdrucks auf die Oxidation von Zirkonium ergaben, dass die Reaktion nicht oder nur wenig vom Druck beeinflusst wird. Levitan et al. [60] hingegen berichteten über einen beträchtlichen Einfluss des Sauerstoffpartialdruckes auf die Oxidationskinetik bei Temperaturen oberhalb von 500°C und niedrigen Drücken zwischen 0,1333 und 3,3310-7 bar. Beim Vergleich aller vorgestellten Resultate muss jedoch beachtet werden, dass die Untersuchungen jeweils mit unterschiedlichen Materialien (Reinheit und Zusammensetzung des Zirkoniums), Präparationsmethoden, Reinheit des Oxidationsmittels sowie mit verschiedenen Messmethoden durchgeführt wurden. So zeigte z.B. eine weitere Studie von Gulbransen und Andrew [50] den Einfluss der Präparationsmethode auf die Oxidation. Die Oxidation von mechanisch polierten Zirkoniumproben folgt einem kubischen Gesetz und weist eine schnellere Kinetik auf als die chemisch polierter Proben, deren Kinetik einem parabolischen Gesetz folgt. Tab.1 zeigt eine Übersicht der Ergebnisse verschiedener Oxidationsstudien. Alle Untersuchungen zum Mechanismus der Zirkoniumoxidation ergaben, dass die Reaktion an der Grenzfläche Metall/Oxid stattfindet [53,55,56,61]. Die Oxidationsreaktion ist durch die Diffusion des Sauerstoffs durch die entstehende Zirkoniumdioxidschicht kontrolliert. Die Sauerstoffdiffusion erfolgt über Leerstellen im Oxiduntergitter (n-type) [56,62,63] (siehe Abb.10).
Metall Zr Zr Zr Zr Zr Zr
Oxid O-2 2eO-2 e ee- O-2 O-2 e -2 2e- O
Zr
Zr+4 eO-2 O-2 Zr+4 Zr+4 O-2 Zr+4 Zr+4 O-2 O-2 eZr+4 Zr+4 O+2
Gas O-2 O-2
O-2 e-
Zr+4 O O Zr+4 O
O-2
Zr+4 e- O Zr+4
O-2 +2
O
Anionen-Diffusion Elektronen-Diffusion Anionen-Leerstelle
Abb. 10: Mechanismus der Sauerstoffdiffusion durch eine ZrO 2-Schicht [62]
O2 adsorbierter Sauerstoff
O2 O2 O2 O2
Tab. 1:
0,067; 0,267; 1
0,533; 0,933 0,033
850
Smelzer, Akram [58]
800, 850
600-800
800
400-900
Östhagen, Kofstad [54] Porte et al. [53] Wallwork et al. [65] Westermann [57]
1,33*10 -0,267 1,013
593-880
Cubicciotti [52]
1,066
-3
1,013
575-950
Belle, Mallett [51]
0,133; (0,667; (0,133; 0,013; -3 3,33*10 )
0,133
400-850
400-600
1,013
0,101
Suerstoff partialdruck [bar]
350, 400
700
400-600
450-550 600-750
Temperatur [°C]
Hussey, Smelzer [56]
Charles et al. [64] Schmelzer, Hussey [55]
Gulbransen, Andrew [50]
Autoren
Gesetz
1,02 x 3,18 x 3; 1,02 x 3,18 x 1
12,7 x 5,08 x 0,762
10 x 15 x 20 Parallelepipeds 20 x 10 x 2
10 x 20 x 0,5
3 x 15 x ~1,4
Zylinder D ~7 x 40; D ~14 x 50
20 x 10; 15 x 10 x 7,62
15 x 10 x 7,62
parabolisch => linear
kubisch
parabolisch
kubisch
kubisch
parabolisch
kubisch
parabolisch
parabolisch
kubisch sowohl kubisch,als 1200-1300 mm²; auch parabolisch zeigen Abweichungen 650 mm²; 250 mm² parabolisch x 0,128 sowohl kubisch als auch parabolisch zeigen Abweichungen 30 x 20 x 0,12 kubisch
Probengeometrie [mm]; Quader
-
215,2
-
178,7
-
134
197,6
133,5
223,5 (550-850°C)
159,1
76,19 (200-525°C) 119,7 (525-750°C)
Aktivierungsenergie [kJ/mol]
gravimetrisch
-8
Untersuchungsergebnisse verschiedener Autoren zur Oxidation von Zirkonium angelassen (800 bzw. 850°C, 2h, 10 bar)
-9
angelassen (850°C, 1/2 h, 800°C, 1h, Vakuum)
-9
gravimetrisch
volumetrisch gravimetrisch gravimetrisch
volumetrisch
gravimetrisch
O2-Verbrauch
O2-Verbrauch
gravimetrisch -9
angelassen (650°C, 1h, 1,33 bar) (geschliffen und mechanisch poliert), geschliffen und chemisch poliert
gravimetrisch
gravimetrisch
Meßmethode
geschliffen und chemisch poliert
geschliffen
chemisch poliert
geschliffen
Oberflächenbehandlung
Theoretische Grundlagen 17
Theoretische Grundlagen
18
Diffusionskoeffizienten von Sauerstoff durch eine ZrO2-Schicht wurden von mehreren Autoren bestimmt [61,66-71]. Eine detailliertere Zusammenstellung der Sauerstoffdiffusion wurde 1999 von Brossman et al. [72,73] gegeben. Die Sauerstoffdiffusion entlang der Korngrenzen in nanokristallinem monoklinen ZrO2 (Abb.11) ist um vier Zehnerpotenzen schneller als die Diffusion durch das Volumen. Bei einer Temperatur von 360°C (obere Grenze der Oxidationsuntersuchungen an metallischen Zr-Basis-Gläsern) lässt sich ein Diffusionskoeffizient zwischen ~10-20m2/s (Korngrenzen) und ~10-25m2/s (Volumen) abschätzen. Eine Dotierung des Zirkoniumdioxids mit Elementen, deren Wertigkeit von der des Zirkoniums (vierwertig) abweicht, führt zu einer Veränderung der Leerstellenkonzentration im Sauerstoffuntergitter. Dotiert man das Zirkoniumdioxid z.B. mit Yttrium (dreiwertig), so führt das zu einer höheren Anzahl an Leerstellen. Dies wiederum ermöglicht dem Sauerstoff eine schnellere Diffusion. Bei diesem Beispiel mit hochdotiertem Y-stabilisiertem ZrO2 erreicht man einen Sauerstoffdiffusionskoeffizienten (DYSZ~10-16 m²/s), der (bei 360°C) den im reinen Zirkoniumdioxid um mehr als vier Zehnerpotenzen übersteigt.
Temperatur [°C] 1100 900 800 700 600
500
400 1) Sauerstoffdiffusion durch das Volumen; undotiertes nanokristallines m-ZrO2
(3) 10-12
(2)
YSZ (4)
2) Sauerstoffdiffusion entlang der Korngrenzen; undotiertes nanokristallines m-ZrO2
D [m2/s]
;
-15
10
m-ZrO2 (1)
10-18
3) Sauerstoffdiffusion durch das Volumen; Y2O3 stabilisiertes ZrO2 [74]
n-ZrO2 DB
4) Sauerstoffdiffusion durch das Volumen; Y2O3 stabilisiertes ZrO2 [75]
10-21
DV 8
10
12
14
reziproke Temperatur 104 / T [1/K] Abb. 11: Diffusionskoeffizienten für Sauerstoff in ZrO 2 [73]
2.2.3.3 Struktur des Zirkoniumdioxids Zirkoniumdioxid existiert abhängig von der Temperatur unter atmosphärischen Bedingungen in drei unterschiedlichen Modifikationen. Die monokline Struktur ist unterhalb von ~1240°C stabil. Die Phasenumwandlung in die tetragonale Struktur ist mit einer Volumenabnahme von ~4,7% verbunden. Oberhalb von ~2370°C bis zur Schmelztemperatur von ~2680°C liegt ZrO2
Theoretische Grundlagen
19
kubisch vor. Die drei Kristallstrukturen unterscheiden sich geringfügig in den Abständen der Atome und den Winkeln zwischen den Netzebenen (Abb.12). Durch Zulegieren (z.B. von Y2O3 oder MgO) ist eine Stabilisierung der tetragonalen oder der kubischen Phase zu niedrigeren Temperaturen möglich.
S auerstoff Z irk onium
kubisch
tetragonal
monoklin
a = 5,09 Å
a=5,12 Å, c = 5,25 Å
a = 5,1463 Å, b = 5,2135 Å, c = 5,3110 Å
= = = 90°
= = = 90°
= 90°,
= 99,2°,
= 90°
Abb. 12: Modifikationen von ZrO2 [76]
Bei der Oxidation von kristallinem Zirkonium wurden in Abhängigkeit der Reaktionsbedingungen Oxide aller drei Modifikationen gefunden. Östhagen und Kofstad [54], Belle und Mallett [51] sowie Wallwork et al. [65] identifizierten das bei ihren Untersuchungen entstandene Oxid als monoklines Zirkoniumdioxid. Valot et al. [77] fanden monoklines und tetragonales ZrO2 und Korobkov et al. [78] zeigten, dass in Abhängigkeit von der Temperatur alle drei Modifikationen auftreten können.
2.2.4 Oxidation von Zr-Basis-Gläsern Das Oxidationsverhalten metallischer Zr-Basis-Gläser wurde bereits von einigen Autoren an einer Reihe binärer, ternärer und auch komplexeren amorphen Legierungen untersucht. Dabei hat sich herausgestellt, dass einige dieser Gläser sehr gute Oxidationsbeständigkeit aufweisen, wohingegen andere, selbst bei relativ niedrigen Temperaturen, mit nahezu „katastrophaler“ Geschwindigkeit oxidieren. Untersuchungen von Kimura et al. [9] haben gezeigt, dass amorphes Zr70Au30 bereits bei Raumtemperatur eine extrem hohe Oxidationsneigung aufweist. Die Analyse des entstandenen Oxids mittels Röntgenbeugung und Transmissionselektronenmikroskopie zeigte die Bildung einer nanokristallinen Mikrostruktur aus monoklinem ZrO2 und Goldpartikeln. Das Anfangsstadium der Oxidation wurde mittels Licht- und
Theoretische Grundlagen
20
Rasterelektronenmikroskopie untersucht. Dabei beobachteten die Autoren die Bildung von Oxidhügeln, nicht die Ausbildung einer deckenden Oxidschicht. Eine genauere mikrostrukturelle Charakterisierung dieser Oxidhügel erfolgte jedoch nicht. Die thermogravimetrische Analyse verschiedener Zr65M35-Gläser (M=Fe, Co, Ni, Cu, Rh, Pd, Au) bei 300°C an Luft [8] zeigte, dass Gold- oder Palladium-haltige Gläser deutlich schneller oxidieren, als Rhodium-, Kupfer- oder Nickel-haltige. Die Autoren vermuteten, dass die Oxidationsgeschwindigkeit mit der Atomgröße der zulegierten Elemente korreliert ist. Die Röntgenanalyse der oxidierten Zr65Fe35, Zr65Co35 und Zr65Ni35-Gläser (75 h bei 280°C) zeigte neben einer amorphen Restphase monoklines und tetragonales ZrO2. Oxidationsuntersuchungen an Zr-Cu-Gläsern ergaben, dass kupferreiche Legierungen schneller oxidieren als zirkoniumreiche. So wurde z.B. bei der Oxidation von Zr37Cu63 (bei Raumtemperatur) nach sieben Jahren monoklines ZrO2, Cu2O sowie Cu detektiert, wohingegen bei Zr70Cu30 nach neun Jahren nur ein sehr geringer Anteil an monoklinem ZrO2 gefunden wurde. Untersuchungen zum Oxidationsverhalten amorpher Zr-Ni-Legierungen [79] zeigten, dass analog zur Oxidation von Zr-Cu die zirkoniumreichen Legierungen beständiger gegen Oxidation sind als die nickelreichen. Vergleicht man mittels Röntgendiffraktogrammen die Anteile an monoklinem und tetragonalem Zirkoniumdioxid (nach 1 bzw. 5 h bei 527°C), so stellt man fest, dass in der stabileren zirkoniumreichen Legierung (Zr65Ni35) der Anteil der monoklinen gegenüber der tetragonalen Phase deutlich höher ist; auf der nickelreichen Legierung (Zr33Ni67) bildet sich hingegen ein höherer Anteil an tetragonalem ZrO2. Man muss aber wohl davon ausgehen, dass es bei einer Temperatur von 527°C vor der Oxidation zu einer Kristallisation kommt, es sich bei dieser Untersuchung also mehr um die Oxidation einer kristallinen Legierung als um die eines Glases handelt. Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen der oxidierten Oberfläche (nach 5 h bei 527°C) zeigten in beiden Fällen einen lokalen Oxidationsangriff, wobei bei der Zr65Ni35 Probe Oxidation nur an Rissen beobachtet wurde, wohingegen sich bei der schneller oxidierten Zr33Ni67-Legierung eine gleichmäßige Verteilung von „cocoon-like“ Oxidationsprodukten ausbildete; die Mikrostruktur dieser Oxidationsprodukte wurde aber nicht genauer charakterisiert. Mittels thermogravimetrischer Analyse untersuchten die Autoren außerdem den Einfluss der Struktur auf die Oxidationsgeschwindigkeit. Es stellte sich heraus, dass amorphe Zr-Ni-Legierungen deutlich schneller oxidieren als eine bei 627°C kristallisierte Legierung gleicher Zusammensetzung. Sen et al. [80] untersuchten ebenfalls den Einfluss der Struktur auf die Oxidationskinetik und kamen bei ihren Untersuchungen an amorphen und kristallinen Zr-Cu-Legierungen zu analogen Ergebnissen.
Theoretische Grundlagen
21
Yamasaki et al. [81] untersuchten die Oxidation von amorphem Ni40Zr60 und Ni35Zr60Sm5 mittels Thermogravimetrie und Rasterelektronenmikroskopie. Die Autoren stellten bei beiden Gläsern nach fünfstündiger Oxidation bei 500°C einen selektiven Angriff der Oberfläche fest (auch bei 500°C kann davon ausgegangen werden, dass es vor der Oxidation zu Kristallisation gekommen ist), wobei die Samarium-haltige Legierung einen stärkeren Oxidationsangriff aufwies. Die Analyse der Oxidationsprodukte ergab, dass die Oxidation von Zr-Ni zur Bildung von Nickel, NiO, monoklinem und tetragonalem ZrO2 führt, wohingegen nach Zulegieren von Samarium neben Nickel und NiO bevorzugt die tetragonale Phase gebildet wird.
Ein
Vergleich
von
Röntgendiffraktogrammen
oxidierter
Zr-Ni-Gläser
mit
unterschiedlichen Ni-Gehalten ergab, dass der relative Anteil an tetragonaler Phase, im Vergleich zum Gesamtanteil des gebildeten Zirkoniumdioxids, mit steigendem Ni-Gehalt linear ansteigt. Bei der Oxidation von Zr60Al15Ni25-Gläsern bei Temperaturen zwischen 310°C und 410°C an trockener Luft wurde mittels Rutherford-Rückstreu-Spektrometrie (RBS) und Transmissionselektronenmikroskopie (im Querschnitt) von Sun et al. [82] im Anfangsstadium der Oxidation die Bildung eines amorphen Zr-Al-Oxids festgestellt; Nickel ist im Oxid verarmt und reichert sich im Glas in der Nähe der Grenzschicht an. In einem späteren Stadium der Oxidation wurde an der Grenzfläche Glas/amorphes Oxid die Bildung von nanokristallinem ZrO2 beobachtet. Triwikantoro [83] stellte fest, dass die auf amorphem Zr69,5Cu12Ni11Al7,5 und Zr48Cu16Ni19Ti17 entstehenden Oxidschichten nach längeren Oxidationszeiten aus tetragonalem und monoklinem Zirkoniumdioxid bestehen; Aluminium bzw. Titan werden in die Oxide eingebaut, Nickel und Kupfer werden entgegen Beobachtungen anderer Autoren nicht an der Grenzfläche zum Oxid im Glas angereichert, sondern verbleiben in der Oxidschicht. Es wurde ein Modell für die Oxidation vorgeschlagen, in dem zwar eine Anreicherung von Kupfer und Nickel im Glas rund um die einzelnen sich bildenden ZrO2 Körner erfolgt, der Gehalt dieser Elemente in der gesamten Oxidschicht aber dem im Glas entspricht. Untersuchungen zum Einfluss der Struktur auf die Oxidationskinetik bestätigen die Beobachtungen anderer Autoren, dass Gläser im Vergleich zu quasikristallinen, grobkristallinen und nanokristallinen Legierungen gleicher Zusammensetzung weniger oxidationsbeständig sind. Zulegieren geringer Mengen an Silizium oder Zinn führt zu einer erheblichen Verbesserung der Oxidationsbeständigkeit. Thermogravimetrische Untersuchungen an Zr46,75Ti8,25Cu7,5Ni10Be27,5-Gläsern (Vitreloy 4) ergaben, dass diese eine ausgesprochen gute Oxidationsbeständigkeit zeigen.
Theoretische Grundlagen
22
Detailliertere Oxidationsuntersuchungen (bei Raumtemperatur und 300°C) an diesen Beryllium-haltigen Gläsern wurden insbesondere von Faupel et al. [84] mittels AugerSpektroskopie in Kombination mit Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (XPS) durchgeführt. Alle untersuchten Proben wiesen jeweils eine äußere Oxid/Hydroxid-Schicht auf, die Zirkonium und Titan enthielt und mit Beryllium angereichert war; es wurde weiterhin festgestellt, dass diese Schicht an Kupfer und Nickel, welche nicht oxidieren, verarmt war. Unterhalb dieser Schicht wurde eine Oxidschicht bestehend aus mehr Zirkonium und weniger Beryllium sowie möglicher Ti-Suboxide detektiert. Für dickere Oxidschichten (>15nm) wurde auch eine Anreicherung von Nickel und Kupfer im Glas an der Grenzfläche zum Oxid beobachtet.
2.3 Kristallisation metallischer Gläser Metallische Gläser befinden sich nicht im stabilen thermodynamischen Gleichgewicht; sie sind metastabil oder zumindest nahe einem metastabilen Gleichgewicht. Daher sind in einem Temperaturbereich, in dem thermisch aktivierte Prozesse ablaufen können, Relaxations- und Kristallisationsvorgänge zu erwarten. Triebkraft für die Kristallisation ist die Differenz in den Freien Enthalpien zwischen amorpher und kristalliner Phase. Die Kristallisation verläuft im Allgemeinen über Keimbildung und anschießendes Kristallwachstum: Keimbildung Unter Keimbildung versteht man die Bildung überkritischer Cluster (Cluster, die einen Radius aufweisen, der größer ist als der kritische Radius (rc=2/GV)). Zur Bildung eines Keims muss die Keimbildungsbarriere GC überwunden werden. In der klassischen Keimbildungstheorie [43] gilt für einen kugelförmigen Keim:
16 3 2 G C 3 G 2V (GC=kritische
Keimbildungsenthalpie,
=Grenzflächenenergie,
=Molvolumen,
GV=Änderung der Freien Enthalpie pro Volumeneinheit).
Man unterscheidet zwischen zwei Arten von Keimbildung, der homogenen und der heterogenen Keimbildung. Die Keimbildungsraten können stationär oder transient sein. Bei transienter homogener Keimbildung wird angenommen, dass sich die Gleichgewichts-
Theoretische Grundlagen
23
verteilung der Cluster erst während einer Wärmebehandlung bildet; erst dann ist mit stationären Keimbildungsraten zu rechnen. Basierend auf dem Konzept der klassischen Keimbildungstheorie gilt für die homogene Keimbildung:
G C I I 0 exp RT
Q exp R T
(I=stationäre Keimbildungsrate, I0=Konstante, Q=Aktivierungsenergie für Diffusion, R=allg. Gaskonstante, T=Temperatur).
Bei der heterogenen Keimbildung wird die Bildung von Keimen an einer bereits bestehenden Grenzfläche angenommen. Im Gegensatz zur homogenen Keimbildung ist dadurch die Grenzflächenenergie reduziert, was zu einer geringeren Keimbildungsbarriere und somit zu einer deutlich höheren Keimbildungsrate führt. Wachstum Unter der Annahme, dass ein stabiler Keim gebildet wurde und das Wachstum mit konstanter Wachstumsrate u verläuft, ist die Temperaturabhängigkeit der Wachstumsgeschwindigkeit gegeben durch:
QG u u 0 exp RT
GV exp R T
(u=Wachstumsgeschwindigkeit, u0=Konstante, QG=Aktivierungsenergie für das Keimwachstum, R=allg.Gaskonstante, T=Temperatur).
QG entspricht in etwa der Aktivierungsenergie für Diffusion. Für Temperaturen weit unterhalb der Schmelztemperatur gilt: GV>>RT. Damit wird der Term exp(-GV/RT) sehr klein und kann vernachlässigt werden, sodass gilt:
QG u u 0 exp RT
.
Theoretische Grundlagen
24
Kinetik der Kristallisation Nimmt man thermisch aktivierte Keimbildung mit stationärer KeimbildungsrateI und isotropes Wachstum mit der konstanten Wachstumsgeschwindigkeitu an, so kann der umgewandelte Volumenanteil X bei konstanter Temperatur T in Abhängigkeit von der Zeit bestimmt werden. Für kleine kristallisierte Volumenanteile gilt dann:
X( t )
4 I (u t ) 3 dt I u 3 4 3 o 3
(X(t)=kristallisierter Volumenanteil, t=Zeit).
Mit Hilfe dieser Beziehung lassen sich Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Diagramme erstellen, wie z.B. in Abb.2 gezeigt.
Bei der Kristallisation von Zr-Basis-Gläsern [85] werden in der Regel stark transiente Effekte beobachtet, die zu einer deutlich verzögerten Keimbildung führen. Dies ist die Voraussetzung für das gute Glasbildungsvermögen dieser Gläser. Andererseits eröffnet dies für die Oxidationsuntersuchungen auch ein beträchtliches Temperatur-Zeit-Fenster, in dem noch keine Wechselwirkungen mit beginnender Kristallisation zu erwarten sind. Die Temperatur muss für alle Oxidationsuntersuchungen so gewählt werden, dass während der Wärmebehandlung im vorgegebenen Zeitintervall keine Kristallisation einsetzt. Nicht auszuschließen ist, dass während der Wärmebehandlung Relaxationsvorgänge ablaufen. Es ist allerdings nicht zu erwarten, dass diese einen signifikanten Einfluss auf die Oxidationsvorgänge haben.
Experimentelle Methoden
25
3 Experimentelle Methoden 3.1 Herstellung amorpher Zr-Basis-Legierungen Die Herstellung der amorphen Zr-Basis-Legierungen erfolgte mit Hilfe des Schmelzspinnverfahrens. Die Fertigung gliederte sich in zwei Teilschritte: 1. Erschmelzen einer Vorlegierung mit der gewünschten Zusammensetzung 2. Herstellung der Bänder in der Schmelzspinnanlage.
Als Ausgangsmaterialien für die Herstellung der Vorlegierung wurden ausschließlich Elemente hoher Reinheit (Tab.2) verwendet. Da das Verhalten von Zr-Basis-Gläsern sehr empfindlich auf geringste Verunreinigungen reagiert, wurden für die Herstellung stets die
Element Zirkonium Palladium Gold Silber Nickel Kupfer Platin Tab. 2:
Reinheit [%] 99,95 99,90 99,99 99,97 99,99 99,95
Hersteller Missauga Metals (Kanada) Chempur Chempur Chempur Balzers Balzers Balzers
Reinheit und Bezugsquellen der verwendeten Elemente
gleichen Ausgangsmaterialen eingesetzt. Diese wurden entsprechend der gewünschten Zusammensetzung (Tab.3) eingewogen und in einem Lichtbogenofen aufgeschmolzen. Um eine Oxidation der Proben bei der Herstellung zu verhindern, erfolgte das Aufschmelzen der Legierungselemente in einer Argonatmosphäre (Argon 4.8) bei 500 mbar Überdruck. Zusätzlich wurde vor dem Aufschmelzen der Elemente eine Titanprobe aufgeschmolzen, um noch vorhandenen Sauerstoff zu binden. Mehrmaliges Umschmelzen der Proben gewährleistete die Homogenität der Legierungen. Die abgekühlten Vorlegierungen wurden anschließend abgeschliffen, um eventuell gebildete Oxide von der Oberfläche zu entfernen, und für die Weiterverarbeitung in der Schmelzspinnanlage zerkleinert. Die Herstellung der amorphen Legierungen erfolgte anschließend mit Hilfe des Schmelzspinnverfahrens (Abb.13). Die zerkleinerten Vorlegierungen wurden in einer Kieselglasdüse unter Schutzgasatmosphäre (300 mbar Helium 4.9) induktiv aufgeschmolzen und mittels eines
Experimentelle Methoden
26
Argondruckstoßes auf ein rotierendes Kupferrad gebracht. Aufgrund der Fliehkraft hebt die erstarrende Schmelze in Bandform tangential ab und wird in einem Rohr aufgefangen. Die genauen Verfahrensparameter sind Tab.4 zu entnehmen.
Binäre Legierung Zr70Au30
Ternäre Legierungen Zr70Pd15Cu15
Zr70Pd30
Zr70Pd15Ag15 Zr70Pd15Au15 Zr70Pd15Ni15
Zr70Pd30
Zr70Pd15Pt15
Zr80Pt20 Zr70Pd27,5Pt2,5 Zr70Pd25Pt5 Zr70Pd20Pt10 Zr70Pd15Pt15
Tab. 3:
Hergestellte Zr-Basis-Legierungen
PA
Kieselglas-Düse mit Induktionsspule
T PK
a
R
Band
u Cu-Rad
Abb. 13: Schematische Darstellung des Schmelzspinnverfahrens (Parameter siehe Tab. 4)
Experimentelle Methoden
Parameter
27
Größe
Wert
Kammerdruck
pK [mbar]
300
Auspressdruck
pA [mbar]
500
Temperatur
T [°C]
1200 - 1280
Radumfangsgeschwindigkeit
u [m/s]
40-45
Radius des Rades Düsendurchmesser
R [mm] dD [mm]
125 0,7 - 0,8
Düsenabstand
a [mm]
2
ß [°] [°]
12 - 15
Winkel zum oberen Totpunkt Düsenwinkel
Tab. 4:
12 - 15
Herstellungsparameter beim Schmelzspinnverfahren
Mit dem Schmelzspinnverfahren ist es möglich, Abkühlgeschwindigkeiten von bis zu 106 K/s zu erreichen. Die Abfuhr der Wärme erfolgt primär durch den Wärmeübergang zwischen Kupferrad und Schmelze und sekundär durch konvektiven Wärmeübergang zwischen Schmelze und umgebender Heliumatmosphäre. Die resultierenden Bänder wiesen eine Dicke von ca. 30µm und eine Breite von 1,5-3 mm auf.
3.2 Einstellung grob- bzw. nano-/mikrokristalliner Gefüge Zur Klärung des Struktureinflusses auf das Oxidationsverhalten wurden neben amorphen auch grob-kristalline und nano- bzw. mikrokristalline Zr-Pd Legierungen hergestellt. Proben mit grob-kristallinem Gefüge konnten im Lichtbogenofen direkt aus den Elementen erschmolzen werden. Für die Oxidationsuntersuchungen wurden massive Proben mit einer Dicke Silber>Kupfer> Nickel. Zr70Pd15Pt15 erwies sich von den untersuchten Gläsern am stabilsten, allerdings kaum besser als Zr70Pd15Ni15.
(002) t-ZrO2 m-ZrO2 (002) (002)(101) (220) (131) (200) (122) (013) (022) (111)(111) (200) (103) (111) (211) (202) (220) (112) (113) (200) (011) (110) (110) (112) (222)
c-ZrO2
(111)
Au 300°C
(211)(400)
(111)
Zr70Pd30 (311)
(220)
(200)
PdO
(200)
Zr70Pd15Au15 (311)
Intensität
(220)
(400)
Zr70Pd15Ag15
Zr70Pd15Cu15
Zr70Pd15Ni15
Zr70Pd15Pt15
20
30
40
50
60
70
Winkel 2 [°] Abb. 51: Röntgenbeugung oxidierter Zr70Pd30 und Zr70Pd15X15-Gläser (X=Ag, Au, Cu, Ni, Pt) (300°C, 4 h, synthetische Luft)
Ergebnisse
60
Abb. 51 zeigt die Röntgenbeugung dieser Gläser nach vierstündiger Oxidation*. Das Beugungsdiagramm für oxidiertes Zr-Pd lässt sich sehr gut mit monoklinem und tetragonalem ZrO2 sowie tetragonalem PdO indizieren. Die Reflexe des auf Zr-Pd-Ag bzw. Zr-Pd-Cu gebildeten Oxids lassen sich jedoch besser unter Annahme eines kubischen ZrO2 (mit a=5,10Å bzw. a=5,12Å) und monoklinem ZrO2 beschreiben. Bei Zr70Pd15Ni15 und Zr70Pd15Pt15 ist aufgrund der geringen Oxidationsgeschwindigkeit und der damit verbundenen geringen Schichtdicke noch keine Aussage über das Oxid möglich.
4.4 Oxidation von amorphem Zr70Pd15Au15 und Zr70Pd15Ag15 Wie in Kapitel 4.3 erwähnt, oxidieren Zr70Pd15Au15 und Zr70Pd15Ag15-Gläser nur wenig langsamer als Zr70Pd30. Diese Gläser eignen sich daher, um zu verifizieren, ob die bei der Oxidation von Zr70Pd30 gefundenen Charakteristika (z.B. lokaler Angriff der Oberfläche mit Bildung einzelner Oxidhügel, lamellare Mikrostruktur dieser Hügel bzw. Spaltung des Bandes nach vollständiger Oxidation) typisch sind für schnelle Oxidation. Auch auf den freien Oberflächen von Zr70Pd15Au15 und Zr70Pd15Ag15-Gläsern beobachtet man im Anfangsstadium der Oxidation einen lokalen Angriff (siehe Abb.52). Es fällt jedoch auf, dass die auf amorphem Zr-Pd-Au gewachsenen Oxidhügel keine gleichmäßig runde Grundfläche mehr aufweisen. Bei dem auf Zr-Pd-Ag gewachsenen Oxidhügel ist die typische Hügelform einem eher flächigen Wachstum mit einer unregelmäßigen Grundfläche gewichen.
a)
b)
2µ m
2µ m
Abb.52: Oxidhügel auf der freien Oberfläche (synthetische Luft) (REM): a) Zr70Pd15Au15 (300°C, 50 min); b) Zr70Pd15Ag15 (180°C, 8 Tage)
*
Eine Unterscheidung zwischen der tetragonalen und der kubischen Struktur ist sowohl in der Röntgenbeugung als auch in der Elektronenbeugung kaum möglich, da die Gitterkonstanten nahezu gleich sind. Eine hohe Intensität des Röntgenreflexes bei 74,7° wird als Indiz für das Vorliegen der kubischen Phase angesehen.
Ergebnisse
61
Sowohl bei Zr70Pd15Au15 als auch Zr70Pd15Ag15 ist nach vollständiger Oxidation ähnlich wie in Zr70Pd30 eine Spaltung der Bänder zu beobachten. Auf der äußeren Oberfläche, also der ursprünglichen Bandoberfläche (Abb.53a), wurden Goldpartikel mit unterschiedlichen Durchmessern zwischen ~0,1 und 1µm beobachtet. Die neugeschaffene Oberfläche hingegen weist eine sehr gleichmäßige Belegung mit eher flächigen Goldpartikeln auf (Abb.53b) (ähnliche Muster sind z.B. von spinodaler Entmischung bekannt).
a)
b)
2µ m
2µ m
Abb.53: Äußere und innere Oberfläche nach Oxidation von amorphem Zr 70Pd15Au15 (REM): (300°C, 4 h , synthetische Luft)
Die Oxidation von Zr70Pd15Ag15 verläuft im Prinzip ähnlich (siehe Abb.54), allerdings auf einer sehr viel gröberen Skala. Die bei Zr70Pd15Au15 gefundene gleichmäßige Belegung weicht einer Belegung mit Partikeln sehr unterschiedlicher Form und Größe.
a)
b)
2 0µ m
Abb. 54: Äußere und innere Oberfläche von nach Oxidation Zr70Pd15Ag15 (REM): (300°C, 4h, synthetische Luft)
2 0µ m
Ergebnisse
62
a)
b)
Au
2 0n m
5 0n m
c)
Au (220) Au (111) m-ZrO2 (011)
m-ZrO2 (111) Au (200)
t-ZrO2 (220) t-ZrO2 (111)
t-ZrO2 (200) t-ZrO2 (131) t-ZrO2 (400)
Abb.55: Oxidation von Zr70Pd15Au15 (360°C, 20 min, synthetische Luft) (TEM): a), b) Gefügeaufnahme, c) Beugungsaufnahme
a)
b) c-ZrO2 (311) Pd (111) c-ZrO2 (111) m-ZrO2 (111)
m-ZrO2 (011) Ag (111) m-ZrO2 (002) c-ZrO2 (220)
2 0n m
Abb.56: Oxidation von Zr70Pd15Ag15 (360°C, 4 h, synthetische Luft) (TEM): a) Gefügeaufnahme, b) Beugungsaufnahme
Abb.55 und 56 zeigen elektronenmikroskopische Aufnahmen von typischen Querschliffen der beiden ternären Gläser. Die Oxidhügel, die sich auf Zr70Pd15Au15 und Zr70Pd15Ag15 bilden, sind trotz unterschiedlicher Oberflächenmorphologie im Inneren ähnlich lamellar
Ergebnisse
63
aufgebaut (wie bereits für Zr70Pd30 ausführlich beschrieben). Die Auswertung der Feinbereichsbeugung ergab, dass bei der Oxidation von Zr-Pd-Au monoklines und tetragonales ZrO2, auf Zr-Pd-Ag dagegen monoklines und kubisches ZrO2 gebildet wird. Nanokristallines Gold bzw. Silber liegen jeweils eingebettet in der Oxidschicht vor. Auffällig sind bei dem oxidierten Zr70Pd15Au15-Glas die zum Teil mehrere nm großen Gold-Kristalle (Abb.55b).
4.5 Oxidation von Zr70Pd30-xPtx-Gläsern Zr-Pt-Gläser sind deutlich stabiler gegen Oxidation als amorphe Zr-Pd-Legierungen. Während die Oxidhügel auf Zr70Pd30-Gläsern lamellar aufgebaut sind, beobachtet man auf Zr80Pt20 die Bildung einer eher gleichmäßigen Oxidschicht. Um nun zu klären, warum Zr-Pd extrem schnell oxidiert bzw. Zr-Pt eine ausgesprochen gute Oxidationsbeständigkeit aufweist, wurde ausgehend von Zr70Pd30 das Palladium teilweise durch Platin ersetzt. Diese Untersuchung sollte auch klären, wie die offensichtlich verschiedenen Oxidationsmechanismen ineinander übergehen. Zu diesem Zweck wurden thermogravimetrische Analysen, Röntgenbeugung, REM sowie TEM an einer Reihe von Zr70Pd30-xPtx-Gläsern (x=0;2,5;5,10und15)
Gewichtszunahme [mg/mm2]
durchgeführt.
0,030 0,025 0,020
Zr70Pd30 Zr70Pd27,5Pt2,5 Zr70Pd25Pt5 Zr70Pd20Pt10 Zr70Pd15Pt15
300°C
0,015 0,010 0,005 50
100
150 Zeit [min]
200
250
Abb.57: Thermogravimetrische Analyse der Oxidation verschiedener Zr70Pd30-xPtx-Gläser (300°C, synthetische Luft)
Abb.57 zeigt die thermogravimetrische Analyse von amorphem Zr70Pd30, Zr70Pd27,5Pt2,5, Zr70Pd25Pt5, Zr70Pd20Pt10 und Zr70Pd15Pt15 bei 300°C nach vierstündiger Oxidation in synthetischer Luft. Man erkennt, dass je höher der Anteil an Platin ist, desto stabiler ist das Glas
Ergebnisse
64
gegen Oxidation. Bereits der geringe Gehalt von 2,5at.% Platin verlangsamt die Oxidationsreaktion extrem. Die Analyse der Röntgenbeugung (Abb. 58) ergab, dass mit Zunahme des Platinanteils der Anteil an tetragonalem bzw. kubischen ZrO2 anstieg. Bei Zr70Pd15Pt15 konnte nur noch ein sehr geringer Anteil an monoklinem ZrO2 detektiert werden.
(002) t-ZrO2 m-ZrO2 c-ZrO2 Pd PdO (002) (002)(101) (220) 300°C (131) (200) (022) (122) (013) (111)(111) (200) (103) (111) (211) (112) (202) (220) (112) (113) (200) (011) (110) (111) (110) (211)(400) (222) (200) (220) (200) (111)
(220)
Zr70Pd30, 4h (400)
(311)
Intensität
Zr70Pd27,5Pt2,5, 4h
Zr70Pd25Pt5, 4h
Zr70Pd20Pt10, 4h
Zr70Pd15Pt15, 4h
Zr70Pd15Pt15, 2 Wochen
20
30
40
50
60
Winkel 2 [°] Abb. 58: Röntgenbeugung nach einer Oxidation von amorphem Zr70Pd30-xPtx (300°C, 4 h, synthetische Luft, bzw. 300°C, 2 Wochen, Laborluft)
70
Ergebnisse
65
a)
b)
2 0n m
2 0n m
Abb. 59: Oxidation von amorphem Zr70Pd25Pt5 (300°C, 4h, synthetische Luft) (TEM): a) Hellfeld, b) Dunkelfeld
a)
b) m-ZrO2 (202, 300) Pd (111) c-ZrO2 (111) m-ZrO2 (111) m-ZrO2 (100)
t-ZrO2 (400) t-ZrO2 (113) Pd (111) t-ZrO2 (111) m-ZrO2 (111) m-ZrO2 (100)
m-ZrO2 (011) m-ZrO2 (002)
m-ZrO2 (011) m-ZrO2 (002)
Pd (111) c-ZrO2 (220) c-ZrO2 (311)
Pd (111) t-ZrO2 (202)
Abb. 60: Oxidation von amorphem Zr70Pd25Pt5 und Zr70Pd20Pt10 (300°C, 4h, synthetische Luft) (TEM): a) Beugung zu Abb. 59, b) Beugung zu Abb. 61
a)
b)
5 0n m
Abb. 61: Oxidation von amorphem Zr70Pd20Pt10 (300°C, 4h, synthetische Luft) (TEM): a) Hellfeld, b) Dunkelfeld
5 0n m
Ergebnisse
66
Die transmissionselektronenmikroskopischen Aufnahmen (Abb.59-62) zeigen, dass ein höherer Platingehalt auch einen Einfluss auf die Mikrostruktur des gebildeten Oxidhügels hat. Je mehr Platin im Glas vorhanden war, desto breiter wurden die vom tetragonalen ZrO2 gebildeten Lamellen und desto schmaler die aus monoklinem ZrO2. Bei Zr70Pd15Pt15 konnten aufgrund des zu geringen Anteils keine monoklinen ZrO2-Lamellen mehr beobachtet werden (Abb. 62); der lamellare Aufbau wird durch eine nahezu globulare Anordnung ersetzt.
a)
b)
2 0n m
2 0n m
c) t-ZrO2 (220) m-ZrO2 (002) t-ZrO (111) 2 m-ZrO2 (011)
m-ZrO2 (111) Pd (111) Pd (200) t-ZrO2 (131)
Abb. 62: Oxidation von amorphem Zr70Pd15Pt15 (300°C, 12 Tage, synthetische Luft) (TEM): a) Hellfeld, b) Dunkelfeld, c) Beugung
4.6 Oxidation von amorphem Zr70Au30 Es hat sich gezeigt, dass von allen untersuchten Gläsern amorphes Zr70Au30 mit Abstand am schnellsten oxidiert; sogar schon bei Raumtemperatur, sodass z.B. bei mikroskopischen Untersuchungen darauf geachtet werden muss, längere Zeiträume oder zusätzliche Erwärmung etwa beim Einbetten (auch beim Kalteinbetten kommt es zu geringfügiger Probenerwärmung) zu vermeiden. In der Anfangsphase der Reaktion kommt es analog zu Zr70Pd30 zu einem lokalen Angriff der Oberfläche. In Abb.63 sind Oxidhügel dargestellt, die in vier
Ergebnisse
67
Tagen an Laborluft bei Raumtemperatur gewachsen sind. Die Oxidhügel weisen ein gleichmäßig laterales Wachstum auf; beginnend von der Keimstelle, stark abfallend nach außen. Dies führt zu der beobachteten konischen Form. Die Oxidhügel sind jedoch im Vergleich zu Zr70Pd30 oder Zr70Pd15Au15 viel glatter. Die Analyse des Verlaufs der Schnittlinien zwischen den beiden Oxidhügeln in Abb.63b deutet darauf hin, dass das laterale Wachstum einem linearen Gesetz folgt.
a)
b)
10 µm
1 0µ m
Abb.63: Oxidhügel auf amorphem Zr70Au30(Raumtemperatur, 4 Tage, Laborluft):
Gewichtszunahme [mg/mm2]
a) REM-Aufsicht, b) Simulation für ein lineares Wachstum
0,030 0,025
300°C, amorph 300°C, kristallin 240°C, amorph
0,020 0,015 0,010 0,005 50
100
150 Zeit [min]
200
250
Abb.64: Thermogravimetrische Analyse der Oxidation von Zr70Au30 (synthetische Luft)
Die thermogravimetrische Analyse (Abb.64) amorpher sowie kristalliner Zr70Au30-Proben (hergestellt aus amorphem Zr70Au30) bei 300°C in synthetischer Luft bestätigt, dass
Ergebnisse
68
kristallines Zr-Au ebenso wie kristallines Zr-Pd beständiger gegen Oxidation ist als amorphe Proben gleicher Zusammensetzung.
t-ZrO2 (111)
m-ZrO2
Au
(220)
(002) (200) (220) (002)(200) (022) (122) (131) (112) (111) (111) (200) (211) (222) (113) (011)(110) (013) (202) (220)
(220)
Intensität
(400) 300°C, amorph
300°C, kristallin
240°C, amorph
20
30
40
50
60
70
Winkel 2 [°] Abb.65: Röntgenbeugung amorpher und kristalliner Zr 70Au30 Proben (4 h, synthetische Luft)
a)
b)
5 0 0n m
Abb.66: Oxidation von amorphem Zr70Au30 (240°C, 4 h, synthetische Luft) (REM): a) Querschliff, b) Aufsicht
5 0 0n m
Ergebnisse
69
Die Auswertung der Röntgenbeugung (Abb. 65) identifiziert bei allen Proben monoklines und tetragonales ZrO2 etwa in gleichem Verhältnis sowie kristallines Gold. Abb.66a zeigt den Querschliff einer bei 240°C vollständig oxidierten Probe. Das entstandene Oxid ist gleichmäßig von Goldpartikeln durchzogen. Auf der geschliffenen Oberfläche (Abb.66a&b) findet man Goldpartikel mit Durchmessern zwischen ~50 und 500 nm. Die Oxidationskinetik der Zr70Au30-Gläser sollte sich auch über eine Messung des elektrischen Widerstandes (Abb.67) verfolgen lassen. Man beobachtet zunächst einen sehr langsamen Anstieg des Widerstandes; nach ca. 85 Tagen kommt es zu einem exponentiellen Anstieg, nach 105 Tagen dann zum Versagen des Bandes. Der Widerstandsverlauf lässt sich zunächst unter der Annahme eines linearen Zeitgesetzes gut anpassen. Dies entspricht aber nicht unbedingt der Wachstumskinetik einer Oxidschicht, denn sowohl die Dickenzunahme einzelner Oxidhügel, laterales Wachstum und die Bildung neuer Oxidhügel werden zum Widerstandsverlauf beitragen.
140
Widerstand []
120 100 80 60 40 20 20
40 60 Zeit [Tagen]
80
Abb.67: Widerstandsmessung von amorphem Zr70Au30 bei 18,9°C (± 0,8°C)
Die rasterelektronenmikroskopische Analyse des Endstadiums (Abb.68) ermöglicht die Erklärung des extrem schnellen Anstiegs des Widerstandes nach längeren Zeiten. Man erkennt, dass die Oxidation zunehmend zur Bildung von Rissen, später auch zur Spaltung des Bandes und zum Zerbrechen in 20-100µm große Bruchstücke führt. Auf der äußeren Oberfläche erkennt man noch die ursprünglich gebildeten Oxidhügel. Die Auswertung der Röntgenbeugung des Zr70Au30-Bandes nach der Widerstandsmessung identifiziert Gold sowie
Ergebnisse
70
a)
b)
2 0µ m
5µ m
Abb.68: Oxidation von amorphem Zr70Au30 (Raumtemperatur, 105 Tage, Laborluft) (REM): a) Querschnitt, b) äußere Oberfläche
a)
b) Au (200) t-ZrO2 (111) m-ZrO2 (111)
5 0n m
m-ZrO2 (011) Au (111) m-ZrO2 (002) t-ZrO2 (202) t-ZrO2 (131)
Abb.69: Oxidation von amorphem Zr70Au30 (Raumtemperatur, 105 Tage, Laborluft) (TEM-Pulverprobe): a) Hellfeld, b) Beugung
monoklines und tetragonales ZrO2, wobei bei Raumtemperatur jedoch ein deutlich höherer Anteil an monokliner Phase festgestellt wurde als bei höheren Temperaturen. Die transmissionselektronenmikroskopische Analyse (Abb.69) an aufgeschwemmten Pulverpartikeln des zerfallenen Bandes bestätigt dieses Ergebnis.
Diskussion
71
5 Diskussion Metallische Gläser und daraus hergestellte nanokristalline Legierungen auf Zr-Basis haben in den letzten Jahren aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften beträchtliches Interesse hervorgerufen. Um das Anwendungspotential dieser Materialien für einen Einsatz z.B. als Konstruktionsmaterial oder auch als Katalysator einschätzen zu können, ist die Kenntnis des Oxidationsverhaltens von zentraler Bedeutung. Es hat sich herausgestellt, dass abhängig von dem späten Übergangselement metallische Zr-Basis-Gläser sowohl gute Oxidationsbeständigkeit als auch „katastrophale“ Oxidation bereits bei Raumtemperatur aufweisen können. Ziel dieser Arbeit war es, die schnelle Oxidation in einigen metallenen Gläsern zu charakterisieren und Gründe für dieses Oxidationsverhalten zu ermitteln.
Pd
ZrPd + Zr2Pd + ZrPd +
ZrPd
Zr2Pd + ZrPd
PdO
Zr2Pd +
Zr2Pd
ZrO2 + PdO
Zr6Pd3O (big cube, -Phase Zr + Zr2Pd
Zr
-Zr +
-Zr + Zr2Pd
ZrO2 + -Zr + ZrO2 +
-Zr Zr2Pd + ZrO2 +
-Zr + ZrO2
O m-ZrO2
t-ZrO2
Abb. 70: Hypothetisches Phasendiagramm Zr-Pd-O (schematisch)
Ausgangsmaterial für die Oxidationsuntersuchungen ist dabei amorphes Zr70Pd30, da dieses Glas bei Temperaturen um 300°C sehr schnell oxidiert, andererseits aber bei Raumtemperatur noch keine nennenswerten Reaktionen auftreten. Dies ist von Vorteil, weil
Diskussion
72
dadurch gewährleistet ist, dass es während der Analyse der oxidierten Probe zu keiner weiteren Veränderung kommt. Für die Charakterisierung der Oxidation von Zr-Pd-Gläsern ist es hilfreich, das ternäre Zustandsdiagramm Zr-Pd-O zu verwenden; ein derartiges Diagramm liegt jedoch nicht vor. Abb.70 zeigt ein hypothetisches Diagramm, dass allen Informationen aus den binären Phasendiagrammen [44] sowie den experimentellen Ergebnissen dieser Arbeit Rechnung trägt. Die Existenz der Zr6Pd3O-Phase (-Phase, kfz: a=12,458Å) ist ebenfalls bekannt [90]. Der entsprechende Teil des Zustandsdiagramms wurde analog zu dem bereits bekannten Ausschnitt des Zr-Rh-O Diagramms [90] konstruiert. Dies erscheint plausibel, da Zr-Rh ähnliche Phasen wie Zr-Pd bildet.
5.1 Oxidationskinetik Zr-Pd-Gläser, und in noch höherem Maße Zr-Au-Gläser, zeigen eine bemerkenswert schnelle Oxidation. Die Oxidation von Zr-Basis-Legierungen ist üblicherweise durch die Sauerstoffdiffusion durch die entstehende ZrO2 Oxidschicht zur Grenzfläche Glas/Oxidschicht kontrolliert. Eine Abschätzung der Geschwindigkeit und somit ein Vergleich mit anderen Materialien ist anhand von Diffusionskoeffizienten für die Sauerstoffdiffusion möglich. Eine Abschätzung der Diffusionskoeffizienten kann mit Hilfe mikroskopischer Aufnahmen aus der Geometrie der Oxidschicht bzw. der Oxidhügel erfolgen. Nimmt man diffusionsgesteuertes Wachstum an, so kann der Diffusionskoeffizient aus der folgenden Beziehung ermittelt werden: x2 D t
( x = Dicke der Oxidschicht, D = Diffusionskoeffizient, t = Zeit).
Dies ist eine untere Grenze für den Diffusionskoeffizienten, auch wenn das Wachstum, etwa durch die Reaktion an der Grenzfläche bestimmt, einer anderen Gesetzmäßigkeit folgt. Der in Abb. 22b gezeigte Oxidhügel, gewachsen auf der freien Oberfläche von amorphem Zr70Pd30 mit einer Dicke von ~5,2µm, wurde nach 10-minütiger Oxidationsbehandlung bei 360°C gefunden. Daraus ergibt sich ein Diffusionskoeffizient von D~4,710-14m2/s. Da dieser Oxidhügel (:6,8µm) jedoch wesentlich kleiner ist als der in Abb.22a dargestellte und im selben Zeitraum gewachsene Hügel (:17,5µm), muss wohl davon ausgegangen werden, dass dieser erheblich später gebildet wurde. Die wahre Wachstumszeit ist daher entsprechend kürzer. Der daraus resultierende Diffusionskoeffizient dürfte bei etwa 10-13m2/s liegen. Für
Diskussion
73
geschliffene Bänder (siehe Abb.27) ergibt sich bei 300°C ein Diffusionskoeffizient von ~4,910-14m2/s, bei 240°C (siehe Abb.30b) erhält man einen Wert von ~3,010-15m2/s. Führt man diese Berechnungen analog für Zr70Au30 (siehe Abb.68) durch, kann für die Oxidation bei Raumtemperatur ein Diffusionskoeffizient von 9,210-17m2/s abgeschätzt werden. Vergleicht man diese Daten mit den Diffusionskoeffizienten für Sauerstoff in nanokristallinem ZrO2 (Abb.11), zeigt sich, dass die ermittelten Werte für die auf Zr-Pd- und Zr-Au-Gläsern entstehenden Oxidschichten um mehrere Zehnerpotenzen größer sind; ein Vergleich mit den Werten für hochdotiertes nanokristallines ZrO2 (ZrO26,9mol%Y2O3) (siehe Abb.71) ergibt durchaus vergleichbare Werte für den Diffusionskoeffizienten in Oxidschichten auf Zr70Pd30, aber immer noch deutlich kleinere Werte verglichen mit denen in Oxidschichten auf Zr70Au30.
1000
10-09
T [°C] 700 600 500 400
200
300
10-10 10-11
D [m2/s]
10-12 DB
10-13 10-14 10-15
DV
10-16 10-17
DV, Einkristall, 9,5 mol% Y2O3 DB, n-ZrO2, 6,9 mol% Y2O3
10-18 6
8
10 12 14 16 18 20 reziproke Temperatur 104/ T [1/K]
22
Abb. 71: Sauerstoffdiffusion in hochdotiertem nanokristallinen ZrO2 [91]
Die mikroskopische Analyse der Oxidschicht auf amorphem Zr70Pd30 ergab nanokristallines monoklines und tetragonales (bzw. kubisches) ZrO2; es konnten jedoch keine Angaben über den Gehalt an Palladium bzw. dessen Verteilung im ZrO2 gemacht werden. Die schnelle
Diskussion
74
Sauerstoffdiffusion könnte Folge eines Einbaus von Palladium auf Zirkonium-Plätze im ZrO2 und einer damit verbundenen erhöhten Konzentration struktureller Sauerstoffleerstellen sein (4-wertiges Zr wird gegen 2-wertiges Pd ausgetauscht). Für Zr-Pt und Zr-Ni wurde eine erheblich langsamere Oxidation beobachtet; demnach sollte auch die Sauerstoffdiffusion langsamer sein. Platin ist in der Regel 4-wertig; ein Einbau in das ZrO2-Gitter würde die Leerstellenkonzentration kaum erhöhen und somit auch die Diffusionsgeschwindigkeit nicht sonderlich beeinflussen. Dies gilt aber nicht für das 2-wertige Nickel. In diesem Fall sollte die Sauerstoffleerstellenkonzentration und damit auch die Diffusion erhöht und die Oxidation beschleunigt sein. Dies ist allerdings nicht der Fall. Die langsamere Oxidation könnte in einem solchen Modell nur auf eine deutlich geringere Löslichkeit dieses Metalls im ZrO2 zurückzuführen sein. Andererseits wurde beobachtet, dass die schnelle Oxidation mit der Bildung einer lamellaren Anordnung von monoklinem und tetragonalem (bzw. kubischem) ZrO2 verbunden ist. Entlang dieser auf die Reaktionsfront ausgerichteten Phasengrenzflächen könnte der Sauerstofftransport besonders schnell erfolgen. Dass Oxidgrenzflächen besonders günstige Diffusionspfade sind und dadurch eine bemerkenswert schnelle Oxidation ermöglicht, ist seit langem aus einem früher oft gezeigten Demonstrationsversuch zur Bildung von Al2O3 bekannt [92,93]. Bereits bei Raumtemperatur werden auf hochreinem Aluminium bei der Berührung mit Quecksilber spontan und mit hoher Geschwindigkeit mehrere Zentimeter lange Al2O3Fasern gebildet [93]. Um letztendlich zu klären, wie der schnelle Sauerstofftransport durch die Oxidschicht erfolgt, sind zumindest Informationen über die Löslichkeit der Metalle in ZrO2 sowie eine genaue mikroskopische Analyse der Grenzfläche zwischen den ZrO2-Lamellen erforderlich.
5.2 Modell der Oxidation schnell oxidierender Zr-Basis-Gläser In theoretischen Ansätzen zur Beschreibung von Oxidationsvorgängen werden planare Oxidationsfronten angenommen; Keimbildungsvorgänge werden dabei in der Regel nicht berücksichtigt. Für die Oxidation von amorphem Zr60Al15Ni25 wurde von Sun et al. [82] in einem frühen Stadium eine Anreicherung von Ni unterhalb der sich bildenden Oxidschicht beobachtet. Eine solche Anreicherung wurde auch von Faupel et al. [84] für amorphes Zr46,75Ti8,25Cu7,5Ni10Be27,5 beschrieben. Triwikantoro [83] hat bei seinen Untersuchungen späterer Oxidationsstadien in Zr69,5Cu12Ni11Al7,5, Zr48Cu16Ni19Ti17 und einigen anderen Zr-Basis-Gläsern dies nicht bestätigen können. Die dicken Oxidschichten enthielten alle
Diskussion
75
Metalle - eingebaut im Oxid oder als zusätzliche Mischkristalle - in gleichem Verhältnis wie im Glas. Im Verlauf seiner Unersuchungen hat Triwikantoro ein Modell vorgeschlagen (Abb.72), dass beide Beobachtungen berücksichtigt. Demnach werden zunächst einzelne globulare ZrO2-Kristalle auf oder in der Nähe der Grenzfläche Oxid/metallischesGlas gebildet. Bei fortschreitender Oxidation wachsen diese Kristalle und gleichzeitig reichern sich Kupfer und Nickel lokal im umgebenden Glas an. Dies entspricht durchaus den oben erwähnten Beobachtungen anderer Gruppen. Ist eine hinreichend hohe Metallübersättigung erreicht, kommt es zwischen den Oxidpartikeln zur Nanokristallisation von (Cu,Ni)-Mischkristallen. So wird in der entstehenden Oxidschicht der Legierungsgehalt aufrecht erhalten.
(Cu, Ni) ZrO2
ZrO2
ZrO2 ZrO2
ZrO2
ZrO2 ZrO2 ZrO2
ZrO2
ZrO2 ZrO2 mit Cu & Ni angereichertes Glas
Abb. 72: Triwikantoro-Modell der Oxidation von Zr69,5Cu12Ni11Al7,5 und Zr48Cu16Ni19Ti17-Gläsern [83]
Vergleicht man das im Rahmen dieser Arbeit beobachtete Oxidationsverhalten schnell oxidierender Zr-Basis-Gläser mit den vorhandenen Modellen, stellt man fest, dass diese die auftretenden Phänomene nicht beschreiben können. Die gewonnenen Ergebnisse müssen daher in einem entsprechenden neuen Modell berücksichtigt werden. Folgende Punkte scheinen charakteristisch für die Oxidation der untersuchten schnell oxidierenden Gläser zu sein und werden im Folgenden am Beispiel von Zr70Pd30 dargestellt: -
Die Oxidation erfolgt nicht als gleichmäßig flächiger Angriff, vielmehr wird lokal die Keimbildung von Oxidhügeln beobachtet; dieser Angriff erfolgt primär an Stellen, an denen die schützende Gusshaut Defekte aufweist.
Diskussion
-
76
Die Oxidhügel sind weitgehend lamellar aufgebaut, und zwar aus monoklinem und tetragonalem ZrO2; die Lamellen verlaufen senkrecht zur Reaktionsfront. Ein ähnlicher Aufbau einer Reaktionszone wird bei der Oxidation von Zircaloy-4 [94] beobachtet. Die Autoren berichten über die Bildung einer ZrO2-Oxidschicht, die sie mit „phase gradient“ bezeichnen. Darunter wird eine Variation der beiden Oxidphasen über der Dicke der Reaktionszone verstanden und angenommen, dass das tetragonale ZrO2 durch Spannungsfelder stabilisiert wird.
-
Der unterschiedliche Kontrast deutet auf einen unterschiedlichen Palladium-Gehalt in monoklinem und tetragonalem ZrO2 hin.
-
Palladium wird, soweit es nicht im ZrO2 gelöst vorliegt, in Form von Nanokristallen in das Oxid eingebaut; später oxidieren diese Kristalle ebenfalls.
-
Zwischen amorpher Matrix und dem lamellaren Gefüge existiert eine mehrlagige Reaktionsfront mit komplexem Aufbau; man findet beide Modifikationen von ZrO2, ohne dass jedoch eine eindeutige Lokalisierung gelingt.
Abb.73 zeigt die schematische Darstellung eines entsprechend aufgebauten Oxidhügels.
Lamellen: m-ZrO2 + t-ZrO2 Oxidhügel
Gusshaut Reaktionszone amorphe Matrix Matrix
Abb. 73: Schematische Darstellung der Oxidation schnell oxidierender Zr-Basis-Gläser
Ein auf den ersten Blick ähnlicher mikrostruktureller Aufbau ist von der Oxidation von kristallinem NiAl bekannt [95,96]. Auch dieser Oxidationsvorgang wurde als sehr schnell eingestuft. In der Anfangsphase beobachteten die Autoren das Wachstum von „doppelten Kegeln“. Die Keimbildung erfolgte an Stellen, an denen die Al2O3 Schutzschicht lokal aufgrund von Verunreinigungen und einer damit verbundener Al-Verarmung nicht gebildet werden konnte. Die Verarmung muss so stark sein, dass die Bildung von elementarem Nickel
Diskussion
77
ermöglicht wird. Nickel hat eine relativ hohe Sauerstofflöslichkeit, sodass der Sauerstoff in die Metallphase eindringen kann, und durch innere Oxidation Al2O3 gebildet wird. Die dadurch gebildeten „Doppel-Kegel“ wiesen eine lamellare Mikrostruktur aus Nickel und Al2O3 auf. Unterhalb des lamellaren Gefüges wurde ein Saum aus Al3Ni detektiert (Abb.74). Die Grenzfläche Ni/Al2O3 sorgt für schnelles Eindiffundieren von Sauerstoff in den „DoppelKegel“. Der Aufbau erscheint ähnlich, jedoch kommt es bei der Oxidation von amorphem Zr70Pd30 nicht zur Ausbildung einer Metall/Oxidgrenzfläche. Des weiteren handelt es sich in der Reaktionszone nicht wie bei NiAl um eine an einer Komponente verarmte kristalline Phase.
Abb. 74: Schematische Darstellung des „Doppel-Kegel“-Wachstums bei der Oxidation von NiAl [96]
5.3 Spaltung der Bänder Die vollständige Oxidation von schnell oxidierenden Gläsern wie z.B. Zr70Pd30, Zr70Pd15Au15, Zr70Pd15Ag15 (bei 300°C) sowie von Zr70Au30 (bei RT) führt an den Stellen, an denen die Reaktionsfronten zusammentreffen, zunächst zu einer Bildung von Löchern und anschließend zur Spaltung der Bänder. In Abb.27 erkennt man, dass diese Löcher an Stellen entstehen, an denen die Oxidation schon vollständig abgelaufen ist, wohingegen an anderen Stellen, an denen noch Matrix vorhanden ist, die beiden Bandhälften noch miteinander verbunden bleiben. Da die Oxidation mit einer Volumenzunahme einhergeht, deutet die Spaltung der Bänder daraufhin, dass es zu einer Ansammlung von Leerstellen ähnlich der Lochbildung
Diskussion
78
beim Kirkendall-Effekt gekommen ist. Eigentlich ist bei den niedrigen Temperaturen, insbesondere bei der Oxidation von amorphem Zr70Au30, keine Diffusion von Au oder Zr zu erwarten. Die Diffusionskoeffizienten bei 300°C für die Diffusion in amorphem Zr50Ni50 liegen z.B. für Nickel bei 31810-22m2/s, für Kupfer bei 29,810-22m2/s und für Gold bei 0,04410-22m2/s [97]. Für die Diffusion von Zirkonium in amorphem Zr76Fe24 ist bei 300°C ein Diffusionskoeffizient von ~10-21m2/s ermittelt worden [98]. Vermutlich kommt es aber auf Grund der durch den Oxidationsprozess entstandenen Spannungen zur Diffusion von Gold weit in das Glas hinein, kompensiert durch einen entsprechenden Leerstellenfluss. Abb.53b zeigt die innere Oberfläche eines gespaltenen Zr70Au30-Bandes, wo man deutlich den hohen Anteil an Goldpartikeln (helle Flächen) erkennen kann.
5.4 Einfluss von Platin auf die Oxidation von Zr70Pd30-xPtx-Gläsern Ziel dieser Arbeit ist es auch, die wesentlichen Unterschiede im Oxidationsverhalten verschiedener Zr-Basis-Gläser zu ermitteln und den/die jeweils verantwortlichen Mechanismus/Mechanismen der Oxidationsreaktion aufzudecken. Besonders geeignet schien in diesem Fall eine Untersuchung von Zr-Pd-Pt-Gläsern, da Palladium und Platin in vielen Parametern wie etwa dem Atomradius oder dem Redoxpotential sehr ähnlich sind, sich das Oxidationsverhalten der entsprechenden binären Gläser jedoch grundlegend unterscheidet. Während Zr-Pd-Gläser entsprechend dem vorgeschlagenen Modell schnell oxidierender Zr-BasisGläser oxidieren, erfolgt die Oxidation von Zr-Pt-Gläsern relativ langsam entsprechend dem Triwikantoro-Modell. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen haben gezeigt, dass schon geringe Mengen Platin (2,5 at.% anstelle von Palladium) die Oxidationsgeschwindigkeit deutlich senken; je mehr Platin das Glas enthält, desto langsamer wird auch die Kinetik. Aus der Analyse der Röntgenbeugung (Abb.58) der oxidierten Proben ergab sich, dass mit steigendem Platin-Gehalt der Anteil an tetragonalem gegenüber dem monoklinen ZrO2 zunimmt. Die Röntgenbeugung des oxidierten Zr70Pd15Pt15-Glases zeigte nur noch einen sehr geringen Anteil monoklinen Zirkoniumdioxids. Zulegieren von Platin führte auch zu einer Veränderung des Gefüges der Oxidschicht. Während die Oxidschicht auf Zr70Pd30 aus gleichmäßig großen Lamellen, abwechselnd monoklines und tetragonales ZrO2, mit einer Breite von etwa 20-30µm besteht, nimmt mit steigendem Platin-Gehalt die Breite der tetragonalen OxidLamellen zu und insgesamt wird eine Vergröberung des Gefüges beobachtet. Die sich auf amorphem Zr70Pd25Pt5 bildenden tetragonalen Lamellen haben eine Breite von 60-80µm, die
Diskussion
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monoklinen Lamellen eine Breite von etwa 30-50µm. Auf Zr70Pd20Pt10 bilden sich bereits 100-150µm breite tetragonale Oxid-Lamellen und ca. 50-90µm breite monokline. In der Oxidschicht auf amorphem Zr70Pd15Pt15-Glases fehlt der lamellare Aufbau ganz. Es wird angenommen, dass der Sauerstofftransport entlang der Lamellen erfolgt (siehe Abb.75). Das bedeutet, dass je weniger Grenzflächen aufgrund der Vergröberung des Gefüges für den Transport zur Verfügung stehen, desto langsamer ist die Oxidationskinetik. Da tetragonales ZrO2 eine um etwa 4,7% geringere Dichte besitzt, könnte auch mit einer schnelleren Diffusion im Volumen zu rechnen sein.
m-ZrO2 + t-ZrO2
O2
O2
Reaktionszone
Matrix Abb.75:
Schematische Darstellung des angenommenen Sauerstofftransports entlang der Lamellen
Abb. 76 zeigt ein hypothetisches Phasendiagramm für ZrO2-(Pd,Pt)O. Im thermodynamischen Gleichgewicht wird bei einer Oxidationstemperatur von 360°C oder weniger nur noch monoklines ZrO2 neben PdO vorliegen (siehe Abb.70); tetragonales ZrO2 wird zwar durch viele Oxide wie z.B. Y2O3 oder CaO und vermutlich auch durch PdO stabilisiert, aber wahrscheinlich nicht bis auf die relativ niedrigen Oxidationstemperaturen. In das hypothetische Diagramm in Abb.76 sind gestrichelt Löslichkeitslinien für eine metastabile Ausweitung des Existenzbereiches der tetragonalen Phase zu tieferen Temperaturen eingetragen. Ein solches metastabiles Gleichgewicht könnte sich z.B. für eine Legierung mit der Konzentration c1 einstellen, wenn die Keimbildung für die zweite Gleichgewichtsphase schwierig ist. Die Bildung des beobachteten Gefüges der entstehenden Oxidhügel auf Zr70Pd30 könnte wie folgt ablaufen: Man kann annehmen, dass sich in der Reaktionszone zunächst tetragonales ZrO2 bildet. Dieses tetragonale ZrO2 ist bei der Oxidationstemperatur TOx nicht stabil und könnte entsprechend dem metastabilen Zustandsdiagramm (im roten Diagramm) in ein lamellares Gefüge aus monoklinem und tetragonalem ZrO2 entmischen. Eine solche sequentielle Reaktion beginnend mit der Bildung des tetragonalen Hochtemperaturoxids
Diskussion
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entspricht der Oswald´schen Stufenregel, die z.B. bei Kristallisationsvorgängen metallischer Gläser oft beobachtet wird. Der anschließende Zerfall des stark übersättigten tetragonalen ZrO2 in ein lamellares Gefüge aus monoklinem und tetragonalem ZrO2 kann als diskontinuierliche Ausscheidung betrachtet werden. Der unterschiedliche Einfluss von Palladium und Platin auf die Oxidationskinetik könnte möglicherweise aus einer unterschiedlichen Löslichkeit der beiden Elemente im ZrO2 resultieren. Geht man davon aus, dass Platin eine geringere Löslichkeit sowohl im monoklinen, als auch im tetragonalen ZrO2 besitzt, dann führt die Entmischung entsprechend Abb.76 (blaues Diagramm) zu einem höheren Anteil an tetragonaler Phase. Genauere Einzelheiten eines solchen Reaktionsablaufs ließen sich vielleicht durch Hoch-
Temperatur
auflösungs-TEM bzw. analytische TEM mit sehr hoher Auflösung verifizieren.
tetragonales ZrO2
m- + t-ZrO2 monoklines ZrO2
TOx
1
ZrO2
Abb. 76: Hypothetisches Phasendiagramm für das System ZrO 2-(Pd, Pt)O
(Pd, Pt)O
Diskussion
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5.5 Einfluss der späten Übergangsmetalle auf die Oxidationsbeständigkeit In der Literatur ist bereits von mehreren Autoren erwähnt worden, dass metallene Zr-BasisGläser abhängig von dem späten Übergangselement sowohl gute Oxidationsbeständigkeit als auch „katastrophale“ Oxidation bei Raumtemperatur aufweisen können [8-11]. Kimura et al. [8] nehmen an, dass bei der Oxidation binärer Zr-Basis-Gläser (Zr-Au, Zr-Pd, Zr-Rh, Zr-Cu und Zr-Ni) die Oxidationsgeschwindigkeit vom Atomradius des Übergangsmetalls abhängt. Je größer der Atomradius des zulegierten Elementes, desto größer ist das freie Volumen des metallenen Glases und desto schneller die Oxidation. Die Autoren nehmen ebenfalls an, dass die Oxidation durch die Sauerstoffdiffusion in dem jeweiligen Glas bestimmt wird. Die Ergebnisse der Untersuchungen, die im Rahmen dieser Arbeit gefunden wurden, konnten diese These jedoch nicht unterstützen. Zr-Pd-Gläser oxidieren extrem schnell, wohingegen bei Zr-Pt noch keine nennenswerte Oxidation festzustellen war. Vergleicht man die Atomradien miteinander, muss man feststellen, dass diese nahezu gleich (Tab. 7) sind.
Einflussgröße
Pd
Au
Ag
Cu
Ni
Pt
Atomradius [pm]
137,6
144,2
144,5
127,8
124,6
137,3
Ionenradius [pm]
64
68
79
57
55
63
Wertigkeit
2 (4)
3 (1)
1
2 (1)
2 (3)
4 (2)
Schmelzpunkt [°C]
1554
1064
962
1083
1453
1772
Schmelzpunkt Zr2TM [°C]
1085
1100
1191
1000
1120
(1727)
Redoxpotential [V]
0,951
1,498
0,800
0,342
- 0,257
1,118
Dichte (Zr70Pd15TM15) [g/cm3]
7,82
-
7,77
7,47
7,36
8,90
?
?
?
?
?
?
Löslichkeit in ZrO2 [wt%]
Tab. 7:
Einflussgrößen verschiedener Übergangselemente
Zur Klärung der Frage, warum einige Zr-Basis-Gläser extrem schnell oxidieren, andere hingegen sehr beständig sind, wurde eine systematische Untersuchung des Einflusses von Übergangselenenten auf die Oxidationskinetik durchgeführt. Ausgehend von Zr70Pd30 wurde jeweils die Hälfte des Palladiums durch Ag, Au, Cu, Ni bzw. Pt ersetzt. Es zeigte sich, dass bei 300°C Zr70Pd30 die schnellste Oxidation aufwies. Zulegieren der anderen Elemente führte zur Verringerung der Oxidationskinetik, wobei für die Abnahme der Oxidationsgeschwindigkeit folgende Sequenz ermittelt wurde: Gold>Silber>Kupfer> Nickel > Platin.
Diskussion
82
Ein Vergleich weiterer möglicher Einflussgrößen wie z.B. der Ionenradius der Elemente, die Wertigkeit oder das Redoxpotential lieferten ebenso wie der Vergleich der Atomradien keinen Hinweis zur Klärung dieser Frage. Gleiches gilt für die Schmelzpunkte der Elemente bzw. der Verbindung Zr2TM, die als Maß für die Bindungsstärke dienen können. Die in der Literatur angegebenen spezifischen Dichten müssen für einen Vergleich zunächst auf die jeweiligen Atomgewichte umgerechnet werden, um als Maß für Packungsdichten dienen zu können. Aber auch dies führt zu keiner Korrelation mit den beobachteten Oxidationsgeschwindigkeiten. Eine mögliche Erklärung für die unterschiedliche Oxidationskinetik, insbesondere im Vergleich von Zr-Pd und Zr-Pt, könnte aus unterschiedlichen Löslichkeiten der beiden Übergangselemente im ZrO2 resultieren; dies wurde bereits beim Vergleich zwischen Zr-Pd- und Zr-Pt-Gläsern diskutiert wurde.
5.6 Einfluss der Struktur auf die Oxidation von Zr-Pd-Legierungen Die Oxidationsuntersuchungen an amorphem und mikrokristallinem Zr70Pd30 sowie grobkristallinem Zr2Pd haben ergeben, dass die Oxidationsgeschwindigkeit in der Reihenfolge: amorph – mikrokristallin – grobkristallin abnimmt. Diese Reihenfolge wird auch für amorphes und nanokristallines Zr70Au30 beobachtet. Dieses Ergebnis entspricht genau dem bereits für eine Reihe anderer Zr-Basis Gläser beschriebenen Oxidationsverhalten [10,83] und kann mit der geringeren Triebkraft kristalliner Legierungen für die Oxidation begründet werden. Die kristalline Phase besitzt eine deutlich niedrigere Freie Enthalpien als die amorphe Precursor-Phase; die Oxidationsprodukte und damit die Freie Enthalpie der oxidierten Proben sind die gleichen. Die mit Abstand größte Oxidationsbeständigkeit wurde entsprechend für das grobkristalline Zr2Pd gefunden. Große Körner sind relativ stabil gegen Oxidation, wie auch die rasterelektronenmikroskopische Aufnahme in Abb.47a zeigt; es tritt aber entlang bestimmter Korngrenzen bis sehr tief in die Probe hinein ein Oxidationsprozess auf, der zunächst zur Bildung der relativ sauerstoffarmen Zr6Pd3O-Phase führt. Das hypothetische ternäre Zustandsdiagramm in Abb.70 zeigt, dass dies die sauerstoffärmste Phase entlang der Linie Zr2Pd – Sauerstoff ist. Die Bildung dieser Phase wird allerdings weder im amorphen noch im mikrokristallinen Material beobachtet. Damit stellt sich die Frage, warum Zr6Pd3O im grobkristallinen gebildet wird, nicht aber im mikrokristallinen Material. Heterogene Keimbildung an Grenzflächen ist besonders leicht, da durch lokale Einsparung der Korngrenzenenergie die Keimbildungsbarriere erniedrigt wird. Korngrenzen sind aber im grobkristallinen und mit deutlich höherem Anteil im mikrokristallinen Material zu finden.
Diskussion
83
Vermutlich können aber entlang bestimmter Korngrenzen kohärente Phasengrenzflächen mit besonders niedriger Grenzflächenenergie aufgebaut werden. Eine genaue Analyse der Korngrenzen in Abb.77 deutet darauf hin, dass es sich um Zwillingsgrenzen handelt. Die
1 0 0µ m
Abb. 77: Oxidation von grobkristallinem Zr2Pd (300°C, 4h, synthetische Luft) (LM)
Möglichkeit zur Bildung besonders günstiger Phasengrenzen wird bekräftigt durch die Beobachtung der parallel orientierten sägezahnartigen Auswüchse entlang der Phasengrenzfläche. Derartige Zwillingsgrenzen als heterogene Keimstellen stehen in dem mikrokristallinen Material offensichtlich nicht zur Verfügung. Eine vertiefte Analyse und Bestimmung der günstigsten Orientierungsbeziehungen für solche Grenzflächen soll aber nicht Inhalt dieser Arbeit sein.
Zusammenfassung
84
6 Zusammenfassung Metallene Zr-Basis-Gläser sind eine relativ neue Materialgruppe mit interessanten Eigenschaften. Um eine sichere technische Anwendung dieser Gläser gewährleisten zu können, ist die Kenntnis des Oxidationsverhaltens von zentraler Bedeutung. In dieser Arbeit wurde die systematische Untersuchung des Oxidationsverhaltens schnell oxidierender Zr-Basis-Gläser, insbesondere von amorphem Zr70Pd30 vorgestellt. Ziel war die Analyse der Mikrostruktur der entstehenden Oxidschichten und die Klärung des Oxidationsmechanismus. Die Untersuchungen führten zu folgenden Ergebnissen: -
Die mit dem Schmelzspinnverfahren hergestellten Zr-Basis-Gläser weisen hinsichtlich der Oxidation zwei unterschiedlich aktive Oberflächen auf; die glatte Oberfläche zeigt im Vergleich zur Kontaktseite eine deutlich geringere Oxidationsneigung, da sich beim Herstellungsprozess eine schützende Gusshaut ausbildet. Die Gusshaut auf Zr70Pd30 besteht aus drei Schichten, die äußerste Schicht ist eine reine t-ZrO2-Schicht mit einer Dicke von 10-20nm; die mittlere Schicht besteht aus t-ZrO2 und darin eingebettetem nanokristallinen Palladium; eine eindeutige Analyse der dritten Schicht gelang noch nicht. Für die Untersuchung der Oxidationskinetik wurden meist angeschliffene Oberflächen eingesetzt.
-
Zr-Basis-Gläser können sowohl ausgesprochen beständig gegen Oxidation sein, aber auch „katastrophale“ Oxidation bereits bei Raumtemperatur zeigen; Zr70Pd30 oxidiert deutlich schneller als die meisten anderen Zr-Basis-Gläser.
-
Die Oxidation auf amorphem Zr70Pd30 erfolgt nicht mit einem gleichmäßigen flächigen Angriff, stattdessen wird eine lokale Keimbildung von Oxidhügeln beobachtet. Diese Oxidhügel sind weitgehend lamellar aufgebaut, und zwar aus monoklinem und tetragonalem ZrO2; der Unterschied im Kontrast weist darauf hin, dass in den beiden ZrO2Modifikationen unterschiedlich viel Palladium gelöst ist. Palladium wird, soweit es nicht im ZrO2 gelöst ist, nanokristallin, zunächst in metallischer Form, später als PdO in das Oxid eingebaut. Zwischen amorpher Matrix und lamellarem Oxid existiert eine mehrlagige Reaktionsfront mit komplexem Aufbau; man findet darin beide Modifikationen des ZrO2 sowie Palladium.
-
Die Bildung der Oxidhügel auf amorphem Zr70Pd30 erfolgt über transiente Keimbildung. Während für das laterale Wachstum der Oxidhügel bei 360°C ein t0,6-Gesetz erhalten wurde, lässt sich die Oxidationskinetik im Temperaturbereich von 180°C bis 300°C über
Zusammenfassung
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ein lineares Gesetz beschreiben; hierbei wurde eine Aktivierungsenergie von 88 kJ/mol ermittelt. Die vollständige Oxidation führt zu einer Spaltung der Bänder; vermutlich werden Diffusionsvorgänge des Metalls in das Glas durch einen entsprechenden Leerstellenfluss kompensiert. Dieser bei so niedrigen Temperaturen unerwartete Vorgang ist vermutlich auf entstehende Spannungsfelder zurückzuführen. -
Untersuchungen zum Einfluss der Struktur auf die Oxidationskinetik von Zr-PdLegierungen haben gezeigt, dass die Oxidation amorpher Legierungen am schnellsten abläuft. Kristalline Legierungen gleicher Zusammensetzung erweisen sich als deutlich stabiler, was vermutlich auf die geringere Triebkraft zurückzuführen ist. Am stabilsten gegen Oxidation hat sich grobkristallines Zr2Pd erwiesen; allerdings verläuft die Oxidation bevorzugt entlang der Korngrenzen unter Bildung von Zr6Pd3O, was dazu führt, dass bereits in einem relativ frühen Oxidationsstadium Schädigungen tief im Inneren des Materials auftreten können. Es wird angenommen, dass im grobkristallinen Zr2Pd die Bildung von Zr6Pd3O bevorzugt an Zwillingskorngrenzen auftritt; solche Grenzen stehen im mikrokristallinen Material als heterogene Keimstellen offensichtlich nicht zur Verfügung.
-
Systematische Untersuchungen zum Einfluss von späten Übergangselementen auf die Oxidationsgeschwindigkeit von Zr70Pd15M15-Gläsern ergaben, dass die Oxidationsbeständigkeit in der Sequenz M=Gold
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