Presse_Ezio_Oper_Frankfurt Nov2013

February 21, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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EZIO Oper Frankfurt, November 2013 DER NEUE MERKER, 11_2013 www.der-neue-merker.eu_November_13 http://www.der-neue-merker.eu/frankfurt-ezio-von-chr-w-gluck-premiere

FRANKFURT: EZIO von Chr. W. Gluck. Premiere Frankfurt: Ezio/C.W.Gluck Premiere am 10.11.2013

Max Emanuel Cencic, Sofia Fomina, Foto: Barbara Aumüller Mit ‘Ezio’ von Christoph Willibald Gluck hat an der Frankfurter Oper eine Ausgrabung Premiere, bei der es sich um eine frühe Oper des späteren Reformers und Schöpfers einiger Repertoire-gängiger Werke handelt. Es geht hier um ein auf ein Libretto des großen Barockdichters Pietro Metastasio verfasstes Dramma in musica, das 1750 in Prag seine Uraufführung erlebte. Natürlich war der Ezio (Aethius)-Stoff eine große Barocknummer, und auch Händel schrieb eine Oper auf dieses Sujet. Ezio kehrt nach siegreicher Schlacht gegen die Hunnen Attilas nach Rom zurück, und Kaiser Valentinian eröffnet ihm, daß er sich mit seiner Geliebten Fulvia vermählen will und bietet ihm seine Schwester Onoria als Gattin an. Gleichzeitig plant der Vertraute des Kaisers, Massimo, einen Anschlag auf denselben, da er seine Frau vergewaltigt hatte. Das Attentat auf den Kaiser schlägt aber fehl. Ezio, der zu seiner Liebe steht und Onoria ausgeschlagen hat, gerät in Verdacht und wird verhaftet. Auf Bitten Fulvias und Onorias läßt Valentiniano den Feldherrn wieder frei, ordnet aber seine heimliche Ermordung durch Varo an. Da inzwischen der beauftragte Kaisermörder seinen Mordanschlag gestanden hat, lenkt Onoria den Verdacht auf Massimo, worauf dieser aufsteht, um den Kaiser selber zu erstechen. Da taucht der lebende, von Varo nicht getötete Ezio auf und verhindert die Ermordung des Kaisers, der daraufhin ihn und sogar Massimo begnadigt. Er verzichtet auf Fulvia und bleibt in diesem Lieto fine, wie auch seine Schwester Onoria, die Ezio ebenfalls liebte, allein. Die Oper zeichnet sich durch viele spannende Secco-Rezitative aus, die die Handlung immer kurz vorantreiben. Dazwischen befinden sich meist längere Arien, alle mit Wiederholung des ersten Teils, die oft sehr empfindsam dahinplätschern. Einige Juwelen befinden sich aber auch darunter, besonders wenn sie so erfrischend gespielt werden wie vom stark reduzierten Frankfurter Museumsorchester, das mit kaum Vibrato aber umso größerer Verve unter dem Dirigent Christian Curnyn agiert, der schon einige Preise mit diversen Barockensembles eigeheimst hat. Beim Regieteam mit Vincent Boussard (Inszenierung), Kaspar Glarner (Bühnenbild), Christian Lacroix (Kostüme), Joachim Klein/Licht und Bibi Abel/Video haben sich die Ideen anscheinend gegenseitig etwas neutralisiert, so dass die großen Akzente in der szenischen Umsetzung fehlten. In einem zur Bühne etwas versetzten rechteckigen Raum, der aber meist nach rechts offen war, spielten sich die vielen Szenen ohne Innen-Interieur außer einer kleinen weißen Bank ab. Zu Beginn soll eine Videoprojektion mit vielen Stuka-Fliegern wohl die Hunnenschlacht nach heute holen, danach nur reduzierte Projektionen und Schattenspiele, und zweimal fährt ein ominöses Eisenteil von oben herab, das auch seine Schatten wirft. Durch verschiedene, manchmal abrupte Beleuchtungswechsel soll der Raum Suggestion bekommen. Eine solche wird aber durch die hochpompösen Barockroben der Damen erreicht, die sich in dem minimalistischen Raum spektakulär abheben. Die Hofwache Valentinianos wird durch die Statisterie verkörpert, die in unisex schwarzen heutigen Gewändern, versetzt schreitend, Ezio einmal nach rechts, einmal nach links hinausgeleitet. Der Varo wird fast etwas ironisch (auch vor dem Decker) von Simon Bode mit schlankem Tenor gezeichnet. Den Massimo gibt Beau Gibson mit wunderbar biegsamem feinem Tenor, dem man auch gern noch bei seinen längsten Arien zuhört. Seine Mordintention wird beim eher sanften Charakter nicht evident, da seine Frau auch gar nicht namentlich erwähnt wird. Die Onoria wird vom Frankfurter Neuzugang Sofia Fomina mit süßem, gut prononciertem Soparan gesungen. Leider ist sie aber nur mit kurzen Phrasen vertreten. Den Ezio singt Sonia Prina mit männlich timbriertem sonorem Alt und einige gespickte Koloraturen in den Arien mit ihrem sehr flexiblem Organ. Obwohl von kleiner Statur, bringt sie ihre Ziele mit konstanter Robustheit durch, wobei ihr stilisierter Brustpanzer nochmal die Herkunft ihrer voluminösen Töne betont. Den Valentiniano gibt Max Emanuel Cencic mit zuerst etwas blassem, dann sich stark belebendem hohem Countertenor. Der kleine, verschlagen aber auch schwächlich wirkende Kaiser, fast verhüllt in einem prächtig wallenden roten Mantel beglaubigt das mit manchnmal fast ironisch wirkenden, die phänomenale Bandbreite seines Counters betonenden Gesangsphrasen. Paula Murrihy ist die Fulvia und überzeugt hier wieder einmal mit samt-brokatenem Mezzo, der sich in die Gehörgänge geradezu einwindet. Bei ihrer stückbedingten eher passiven Grundhaltung wirkt ihr Gesang umso einnehmender, was die Figur zusätzlich interessant macht. Friedeon Rosén

DIE-DEUTSCHE-BUEHNE.DE, 11_2013 www.die-deutsche-buehne.de_November_13 http://www.die-deutschebuehne.de/Kritiken/Musiktheater/Christoph+Willibald+Gluck+Ezio/Trag%C3%B6die+purer+Emotione n

Tragödie purer Emotionen Von Wolf-Dieter Peter

Christoph Willibald Gluck: Ezio Premiere: 10.11.2013 Theater: Oper Frankfurt Homepage: http://www.oper-frankfurt.de Regie: Vincent Boussard Musikalische Leitung: Christian Curnyn Als „Kostbarkeit des Randrepertoires“ erlebte Intendant Bernd Loebe eine konzertante Aufführung von Christoph Willibald Glucks „Ezio“ in Wien. Werk wie zwei Protagonisten beeindruckten ihn so, dass er mit eben diesen beiden Solisten die Frankfurter Erstaufführung auch szenisch wagen wollte. Das 1750 für Prag komponierte und dann für Wien überarbeitete Werk zeigt nämlich Gluck an einer spannenden Wegemarke seines Schaffens: noch der barocken Nummern-Oper mit einigen virtuosen Arien verhaftet, doch schon hörbar intensiv bestrebt, die Dramatik der Handlung über alle Gesangsartistik dominieren zu lassen – also hat er den Rezitativen breiteren Raum eingeräumt und dabei aus Metastasios glänzendem Libretto die politischen Winkelzüge, die verbalen Intrigen und berechnenden Emotionen herausgearbeitet. Folglich müssen die sechs Hauptpersonen fast schon wie Figuren im modernen Musiktheater ihre Positionen agierend und reagierend gestalten, schon vom „secco“ zum „accompagnato“ steigern und „dürfen“ dann erst als Höhepunkt der Szene ohne große orchestrale Einleitung in ariosen Gesang ausbrechen. Das gelang nach einer noch etwas steifen „Anwärmphase“ zunehmend überzeugend. Dirigent Christian Curnyn animierte das kleine Barockorchester heftig, das Presto der Rache-Arien machtfixierter Mannsbilder fegte dahin und in herzanrührendem Kontrast klagte dann die Barockoboe über die Verführbarkeit des Menschen wie des Volkes. Denn neben aller Dramatik hat Gluck nicht nur Fiorituren und Koloraturen perfekt genutzt: der neurotisch machteitle, mal unter Verfolgungswahn leidende, mal intrigant berechnende Kaiser Valentiniano von Countertenor Max Emanuel Cencic führte dies atemberaubend vor und so entstand eine vokale Mischung aus Nero und Caligula. Viel mehr noch berühren aber die Arien, in denen Gluck vom Scheitern, von Verzweiflung und vom barocken „menschlichen Elende“ singen lässt, wenn Ezio seine und die ihn liebende Fulvia ihre ruinierte Liebe beklagen – das gelang zum einen Sonia Prina in der Kastratenrolle des Ezio mal heftig, mal eindringlich. Alle überragte aber Mezzosopran Paula Murrihys Fulvia: vom Kaiser begehrt, vom gedemütigten Vater zur Kaiser-Mörderin instrumentalisiert, von Ezio in Frage gestellt, von der eifersüchtigen KaiserSchwester beneidet, ist sie die humane Identifikationsfigur, deren zarte „aura amorosa“ ins Herz trifft – die heimliche Heldin, von einem männerdominierten Politiksystem ausgebeutet und seelisch gebrochen. Zu Recht ein „Brava!“-Sturm inmitten aller hochklassigen Kollegen. Für diese Macht- und Liebesintrigen um den historischen Attila-Bezwinger AetiusEzio hat das Bühnenteam teils faszinierende Lösungen gefunden. In Christian Lacroixs fulminant übersteigerten Traum-Roben zwischen Haute Couture und Barock-Kostüm bekamen die Figuren eine Grandezza, die ihnen exemplarischen Charakter und dramatische Fallhöhe verlieh. Kaspar Glarners puristische Bühne mit zwei, drei gegeneinander verschiebbaren, kahlen Wänden beschwor die Kühle und Verlorenheit von Menschen im Spiel der Macht und in ihren gelungenen Partien erreichte auch Vincent Boussards Regie die strenge Größe der klassischen „Tragédie lyrique“, erinnerte sogar momentweise an die pure Größe der KlassikerInszenierungen des Traum-Duos Chéreau-Peduzzi. Glarners zusätzliches Bühnenraffinement, einen matt spiegelnden Boden, nutzte Bibi Abels dezent dunkles Live-Video zur ergänzenden, multiperspektivischen Projektion der Bühnenaktion auf die Rückwand, was die Personen einmal mehr zu gesichtslosen Schachfiguren im Gerangel degradierte. Daneben erschienen nur genannte, auf- oder abtretende Figuren in Joachim Kleins überlegt ausgeklügelter Lichtregie als überlebensgroßer Schattenriss auf den Wänden – einmal mehr die Dominanz von Machtfiguren visualisierend. Wenn Boussard seine Personen zu einem fast dreistündigen Feuerwerk an klassisch überhöhter Expressionen hätte formen können, etwa mit Hilfe eines der Bühnenaktion nur dienenden Bewegungschoreographen – der wiederholt erzielte gleichsam zeitlose Gleichnischarakter hätte noch stärker gewirkt. So blieb als inszenierter Schlusseindruck die Wandlung in ein surreales Museum, in dem eine Gruppe heutiger Besucher die sechs Hauptfiguren nur noch wie Statuen der Ausstellung sah – doch zuvor war Gluck und Phasen der Inszenierung mehr entlarvender Bezug zum Hier und Heute aller Politik gelungen.

NMZ_DE, 11_2013 www.nmz.de_November_13 http://www.nmz.de/online/tragoedie-purer-emotionen-frankfurts-oper-zeigt-mit-ezio-gluck-aufdem-weg-zur-opernreform

Tragödie purer Emotionen – Frankfurts Oper zeigt mit „Ezio“ Gluck auf dem Weg zur Opernreform

(nmz) Als „Kostbarkeit des Randrepertoires“ erlebte Intendant Bernd Loebe eine konzertante Aufführung von Christoph Willibald Glucks „Ezio“ in Wien. Werk wie zwei Protagonisten beeindruckten ihn so, dass er mit eben diesen beiden Solisten die Frankfurter Erstaufführung auch szenisch wagen wollte. 11.11.2013 - Von Wolf-Dieter Peter Das 1750 für Prag komponierte und dann für Wien überarbeitete Werk zeigt nämlich Gluck an einer spannenden Wegemarke seines Schaffens: noch der barocken Nummern-Oper mit einigen virtuosen Arien verhaftet, doch schon hörbar intensiv bestrebt, die Dramatik der Handlung über alle Gesangsartistik dominieren zu lassen – also hat er den Rezitativen breiteren Raum eingeräumt und dabei aus Metastasios glänzendem Libretto die politischen Winkelzüge, die verbalen Intrigen und berechnenden Emotionen herausgearbeitet. Folglich müssen die sechs Hauptpersonen fast schon wie Figuren im modernen Musiktheater ihre Positionen agierend und reagierend gestalten, schon vom „secco“ zum „accompagnato“ steigern und „dürfen“ dann erst als Höhepunkt der Szene ohne große orchestrale Einleitung in ariosen Gesang ausbrechen. Das gelang nach einer noch etwas steifen „Anwärmphase“ zunehmend überzeugend. Dirigent Christian Curnyn animierte das kleine Barockorchester heftig, das Presto der Rache-Arien machtfixierter Mannsbilder fegte dahin und in herzanrührendem Kontrast klagte dann die Barockoboe über die Verführbarkeit des Menschen wie des Volkes. Denn neben aller Dramatik hat Gluck nicht nur Fiorituren und Koloraturen perfekt genutzt: der neurotisch machteitle, mal unter Verfolgungswahn leidende, mal intrigant berechnende Kaiser Valentiniano von Countertenor Max Emanuel Cencic führte dies atemberaubend vor und so entstand eine vokale Mischung aus Nero und Caligula. Viel mehr noch berühren aber die Arien, in denen Gluck vom Scheitern, von Verzweiflung und vom barocken „menschlichen Elende“ singen lässt, wenn Ezio seine und die ihn liebende Fulvia ihre ruinierte Liebe beklagen – das gelang zum einen Sonia Prina in der Kastratenrolle des Ezio mal heftig, mal eindringlich. Alle überragte aber Mezzosopran Paula Murrihys Fulvia: vom Kaiser begehrt, vom gedemütigten Vater zur Kaiser-Mörderin instrumentalisiert, von Ezio in Frage gestellt, von der eifersüchtigen Kaiser-Schwester beneidet, ist sie die humane Identifikationsfigur, deren zarte „aura amorosa“ ins Herz trifft – die heimliche Heldin, von einem männerdominierten Politiksystem ausgebeutet und seelisch gebrochen. Zu Recht ein „Brava!“-Sturm inmitten aller hochklassigen Kollegen. Für diese Macht- und Liebesintrigen um den historischen Attila-Bezwinger Aetius-Ezio hat das Bühnenteam teils faszinierende Lösungen gefunden. In Christian Lacroixs fulminant übersteigerten Traum-Roben zwischen Haute Couture und Barock-Kostüm bekamen die Figuren eine Grandezza, die ihnen exemplarischen Charakter und dramatische Fallhöhe verlieh. Kaspar Glarners puristische Bühne mit zwei, drei gegeneinander verschiebbaren, kahlen Wänden beschwor die Kühle und Verlorenheit von Menschen im Spiel der Macht und in ihren gelungenen Partien erreichte auch Vincent Boussards Regie die strenge Größe der klassischen „Tragédie lyrique“, erinnerte sogar momentweise an die pure Größe der Klassiker-Inszenierungen des Traum-Duos Chéreau-Peduzzi. Glarners zusätzliches Bühnenraffinement, einen matt spiegelnden Boden nutzte Bibi Abels dezent dunkles Live-Video zur ergänzenden, multiperspektivischen Projektion der Bühnenaktion auf die Rückwand, was die Personen einmal mehr zu gesichtslosen Schachfiguren im Gerangel degradierte. Daneben erschienen nur genannte, auf- oder abtretende Figuren in Joachim Kleins überlegt ausgeklügelter Lichtregie als überlebensgroßer Schattenriss auf den Wänden – einmal mehr die Dominanz von Machtfiguren visualisierend. Wenn Boussard seine Personen zu einem fast dreistündigen Feuerwerk an klassisch überhöhter Expressionen hätte formen können, etwa mit Hilfe eines der Bühnenaktion nur dienenden Bewegungschoreographen - der wiederholt erzielte gleichsam zeitlose Gleichnischarakter hätte noch stärker gewirkt. So blieb als inszenierter Schlusseindruck die Wandlung in ein surreales Museum, in dem eine Gruppe heutiger Besucher die sechs Hauptfiguren nur noch wie Statuen der Ausstellung sah – doch zuvor war Gluck und Phasen der Inszenierung mehr entlarvender Bezug zum Hier und Heute aller Politik gelungen.

RHEIN-NECKAR-ZEITUNG, 11_2013 Rhein-Neckar-Zeitung_Heidelberg_Autorenversion_November_13 Gelungene Wiederentdeckung Glucks „Ezio“ an der Oper Frankfurt Von Bernd Zegowitz Christoph Willibald Gluck? Bedeutendster Opernkomponist der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Bekannt geworden durch seine Reformopern. Wichtigste Werke: Alkestis, Orpheus und Eurydike und die beiden Iphigenies, die in Aulis und die bei den Taurern. In die Literatur eingegangen durch die Erzählung „Ritter Gluck“ von E.T.A. Hoffmann. Ja, ja und einer der, Reform hin, Reform her, oft staubtrocken und marmorhaft-kühl klingt. Doch es gibt auch noch einen Gluck vor der Reform, der bisher kaum jemanden interessiert hat. Einen, der das starre Modell des opera seria Metastasios getreu in Musik gesetzt hat, der sich einen Teufel um Glaubwürdigkeit und Psychologie schert. Und großartige Musik geschrieben hat. Die Oper Frankfurt hat sich einem dieser frühen Werke angenommen, dem 1750 uraufgeführten dreiaktigen „Ezio“. Sie hat einen soliden Kunsthandwerker als Regisseur verpflichtet (Vincent Boussard), einen exklusiven Modedesigner als Kostümbildner gewonnen (Christian Lacroix) und eine glänzende Sängerbesetzung gecastet, angeführt vom fabelhaften Max Emanuel Cencic. Und mit diesen, also den Sängern, steht und fällt jede Aufführung, gerade weil sie ein Wechselbad der Gefühle durchleben müssen, denn: Der Patrizier Massimo will sich am römischen Kaiser Valentiniano rächen, da dieser einst Massimos Frau vergewaltigt hat. Dessen Tochter Fulvia soll den Kaiser heiraten, um diesen leichter ermorden zu können. Doch Fulvia liebt den siegreichen Feldherren Ezio, der wiederum der Schwester des Kaisers versprochen ist. Zuletzt verzeiht der Kaiser allen und verzicht zugunsten Ezios auf Fulvia, so geht das eben in der opera seria, das happy end muss her, irgendwie. Sonia Prina singt den nicht uneitlen, bisweilen arroganten Titelhelden, der aber auch tapfer, treu und redlich ist, mit wunderbar variabler Stimme in den lyrischen und gestochen scharfen Koloraturattacken in den dramatischen Passagen. Der Countertenor Cencic gibt den paranoiden Kaiser mit einer Mischung aus Brutalität, Narzissmus und Verletzlichkeit, mit feinsten piani und auftrumpfenden Ausbrüchen, mit kalter Hinterhältigkeit und falscher Zuneigung. Die beiden Frauenfiguren sind dagegen die Vertreter echter Menschlichkeit, die zwar zeitweise am menschenunwürdigen Geschacher zugrunde zu gehen scheinen, deren humanistische Ideale sich am Ende jedoch durchsetzen. Paula Murrihy (Fulvia) und Sofia Fomina (Onoria) singen sie mit starker Unbedingtheit und großer Klarheit. Vincent Boussard hat sich von Kaspar Glarner eine schlichte, durch verschiebbare Wände bewegliche Bühne bauen lassen, die nur spärlich mit Requisiten ausgestattet ist. Eine Ausnahme bilden die vielen kleinen, mittleren und großen Imperatorenstandbilder, die das schwankende Selbstbild des Kaisers spiegeln. Die kunstvoll stilisierten Kostüme, die sparsam eingesetzten Lichtveränderungen (Joachim Klein), die dezenten Videoeinspielungen (Bibi Abel) und die reduzierte Personenführung erklären nicht viel, vermitteln Stimmungen, deuten an und lassen vor allem die Musik zu Wort kommen. Der Dirigent Christian Curnyn und das Orchester nutzen den Freiraum, zeigen Gluck als virtuosen Komponisten, der wild und affektgeladen schreibt, mit chromatischen Wendungen und Tempiwechsel irritiert und eine hochkomplexe Seelenlage musikalisch adäquat umsetzt. Einen ungewohnten Gluck lernt man in Frankfurt kennen. Die Bekanntschaft lohnt sich. Oper Frankfurt; Kartentelefon: 069/21249494; nächste Vorstellungen: 14./17./22./24./29.11./7.12.2013 http://www.oper-frankfurt.de

FRANKFURTER RUNDSCHAU, 01_11_2013

BERLINER ZEITUNG, 05_11_2013

FRANKFURTER ALLGEMEINE, 06_11_2013

BILD, 07_11_2013

CONCERTCLASSIC, Dienstag, 12. November 201307_11_2013

Kultur

Verwicklungen mit Tiefgang Frankfurter Erstaufführung von Glucks »Ezio« begeistert Das Publikum war gebannt: Drei Stunden Abtauchen in eine andere Welt, das gelingt der neuen Produktion der Oper Frankfurt mit Christoph Willibald Glucks Oper »Ezio«. Als Komponist von »Orfeo ed Eurydice« ist Gluck (1714 - 1787) auf den Bühnen präsent, doch in seinem zehn Jahre früher entstandenen Dreiakter »Ezio« betrat Frankfurt in der Erstaufführung am Sonntag relativ unbekanntes Land. Umso höher zu bewerten ist die Inszenierung des Franzosen Vincent Boussard, der aus dem Stoff vor dem Hintergrund des römischen Sieges über die Hunnen im 5. Jh. n. Chr. eine rundum bühnentaugliche Präsentation machte. Die Teamarbeit erschien homogen: Das im ersten Teil abstraktästhetische Bühnenbild von Kaspar Glarner erhält poesievolle, durch Beleuchtung, Schattenspiele und Projektion hintergründige Qualität, quasi als Vorbereitung zur dramatischen Klimax im zweiten Teil. Hier – im Inneren des Palastes – geht es zwischen Augustus-Statuen aller Größen konkreter zur Sache: Harte Konfrontationen, Ver- und Entwickungen wechseln sich ab, bis sich letztendlich das Vexierspiel um Liebe, Macht, Intrigen und Verrat im Sieg des Guten auflöst. Die gelungenen Kostüme von Modeschöpfer Christian Lacroix, das ausgeklügelte Licht von Joachim Klein und die Videoarbeit von Bibi Abel unterstreichen die Handlung. Patrizier Massimo will sich an Kaiser Valentiniano rächen, der einst Massimos Frau vergewaltigt hat. Tochter Fulvia soll den Kaiser heiraten, um den Sühnemord zu begehen. Doch Fulvia liebt den Hunnenbesiger Ezio, der aber Onoria, die Schwester des Kaisers, heiraten soll. Als Massimos Mordanschlag auf Valentiniano misslingt, lenkt der Patrizier den Verdacht auf den Feldherrn Ezio. Nun will der

Dramatik vor der Augustus-Statue: Valentiniano (Max Emanuel Cencic, l.) schleudert die edle LacroixGarderobe, während Massimo (Beau Gibson) Fulvia (Paula Murrihy) fest im Griff hat. (Foto: Aumüller) Kaiser den vermeintlichen Widersacher aus dem Weg räumen lassen. Die Nachricht von Ezios gewaltsamem Tod wird verkündet. Massimo hetzt das Volk gegen den Kaiser auf, der schließlich durch den in Wahrheit noch lebenden Ezio gerettet wird. Der Kaiser verzeiht allen und verzichtet zugunsten seines Feldherrn Ezio auf Fulvia. Gezeigt wird »Ezio« in der Fassung von 1750. Da herrscht noch barocker Geist mit ausgedehnten Da-capo-Arien, doch die Nummernabfolge erscheint aufgelockert und den Gefühlsregungen der Agierenden wird in Text und Musik viel Raum gegeben. Die Stärke der Regie ist psychologisch einsichtige, gleichzeitig effektvolle Personenführung. Dass sich der britische Dirigent Chris-

tian Curnyn (er debütierte vor zwei Jahren im Bockenheimer Depot mit »La Calisto« von Cavalli) in den musikalischen Schattierungen des 18. Jahrhunderts traumhaft sicher bewegt, erwies sich in sensibler Klanggebung durch das Opern- und Museumsorchester. Das Kammerensemble gefiel mit weichen barocken Bläsern und durchsichtigem Streicherklang. Es bot kein zackiges Hochbarock, sondern erinnerte eher an das spätere Gluck-Klangbild, vergleichbar dem »Che puro ciel« im 2. Akt von »Orfeo«. Mit zwei Stars ihres Fachs sind Kaiser und Feldherr besetzt: Countertenor Max Emanuel Cencic, vielfach ausgezeichneter Interpret von Kastratenrollen des Barocks, bestach mit spezi-

fisch mezzogetöntem Timbre und spielte den narzisstischen Machtmenschen Valentiniano suggestiv. Den moralisch unbeugsamen Feldherrn Ezio gab Sonia Prina mit unverwechselbarem »Helden-Alt«, den sie zusammen mit ihrem beweglichen Spiel schon einmal in Frankfurt als Vivaldis »Orlando furioso« ins beste Licht gerückt hatte. Bemerkenswert die durchweg hohe Qualität der Ensemblemitglieder: Paula Murrihy (Mezzosopran) als wahrhaft starke Frau Fulvia, die junge Sofia Fomina als Kaiserschwester Onoria mit blitzblank geführtem Sopran, Beau Gibson mit für den Macchiavelli Massimo fast zu schönem Tenor, und Simon Bode (Tenor) als Sympathieträger Varo. Olga Lappo-Danilewski

SWR-2 JOURNAL, Nummer 263 - 07_11_2013 Seite 8

Beitrag SWR2 „Böhmer Max Emanuel Cencic an Oper Ffm“, 7. November 2013 chauspielhaus Hamburg: Anmod.: lle Premieren verspätet

Er zähltdem zu den besten Countertenören derzeit: Max Emanuel Cencic pa). Nach Baustellenunfall am mburger Schauspielhaus muss das Thea(Zentschitsch) hat bereitsim mitGroßen Alte Musik-Experten wie William Christie, seine gesamte Spielplanung s umstellen. Die Eröffnungspremiere René Jacobs, Jean-Christophe Spinosi und Emmanuelle Haim e Rasenden« von Intendantin Karin Beist nunzusammengearbeitet, für den 18. Januar für geplant. »Im CD-Einspielungen Auszeichnungen bekommen rtblock zu stehen und nicht loslegen zu undistsich aufleicht«, den wichtigsten Bühnen nen, das nicht sagte Beier am der Welt einen Namen gemacht. ntag. Ende Oktober war der eiserne VorNun ist Max Emanuel Cencic an der Oper Frankfurt zu Gast: In der g bei Bauarbeiten nach oben geschnellt die Gegengewichte den von Bühselten gespielten hatten Oper „Ezio“ Christoph Willibald Gluck singt er den boden zerschlagen. eshalbbösartigen musste dieKaiser für den 15. November Valentiniano III. Am kommenden Sonntag ist um 18.00 ante Eröffnungspremiere verschoben Uhr für Premiere - Ursula Böhmer hat Max Emanuel Cencic bereits den. Wer den Schaden aufkommen s, werden wohl Gerichte klären müssen. getroffen. r eiserne Vorhang kann repariert wer«, sagte Geschäftsführer Peter Raddatz. Bauschaden liege bei rund 000 Euro, der Vermögensschaden wegen Abmod.: Ausfalls von Vorstellungen und der Antung von Ausweichquartieren betrage Ursula Böhmer hat den Countertenor d 1,5 Millionen Euro. Diese Summe Max Emanuel Cencic getroffen, der sten das Schauspielhaus und die Kulamvorstrecken, Sonntag an bis der geklärt Oper Frankfurt behörde sei, werzu hören ist, in der Neu-Produktion den Schaden zahlen muss. von Christoph Willibald Glucks Oper „Ezio“. Beginn der Vorstellung ist ach der Eröffnungspremiere im großen s folgen neuen umim 18.00 Uhr.Jahr »Der Sturm« am Januar (Regie: Maja Kleczewska) und e Ballade vom Fliegenden Holländer« 8. Februar – inszeniert Sebastian Beitrag SWR2 „Böhmer von Max Emanuel Cencic Oper Ffm“, mgarten. Beiers für den 11. Januar gente zweite Premiere, Musik Artaserse CD1 »Pfeffersäcke no 5, Arie (12 Sek) im kerland und Strahlende Verfolger« von Bewegliche Stimmbänder, metallischer Schimmer im weichen iede Jelinek, wird auf einen späteren punktStimmklang: in der Spielzeit verschoben. Max Emanuel Cencic (Zentschitsch) zählt nicht umsonst zu den gefragtesten Countertenören derzeit. Geboren in Zagreb, wuchs der

Barbara Sukowa Sohn einer Opernsängerin und eines Dirigenten als typisches ausgezeichnet Theaterkind auf.

pa). Die Schauspielerin Barbara SukoCencic ist mit Hauptpreis Braun5’46)dem Das hat mir dann auch des die Kraft gegeben, selber zu malen und mir Inszenierungen weigervorzustellen Filmfestes – undausgezeichnet das war mir als Kindworwichtig, in diese Welt der Fantasie zu Die 63-Jährige wurde vor allem durch verschwinden und nicht nur in eine banale Welt der Kindheit, mit Autos und Puppen etc – 1 Zusammenarbeit mit den Regisseuren das hatte eine andere Form und das hat mich schon sehr angezogen (6’18)(32 Sek) ner Werner Fassbinder und Margarethe Trotta bekannt. Sukowa erhielt den mit Cencic besuchte Proben und Werkstätten - und sang nach, was er so 00 dotierten Preis für herausragende auspielerische und der Verdienshörte. SoLeistungen auch die Partie „Königin der Nacht“, die ihm sein Vater m die europäische Filmkultur. er ebenfalls mitkindgerecht 10 000 Euro dotierte – was den damals gerade mal schließlich umarrangierte likumspreis Der Heinrich ging an den Fünfjährigen offenbar beflügelte: en Dan Hartley für seinen Film »Lad: orkshire story«, deutsch-französiCencic (ab 4’26der bis 5’04) e Jugendfilmpreis »Kinema« an diemeiner Pro-Mutter, bin ich zum Regisseur gegangen und Irgendwann, nach einer Vorstellung tion »Suzanne« Regisseurin Katell Und die haben alle gelacht beim Buffet - da hab gesagt, du,von ich möchte bei dir vorsingen! llévéré. wurde »Der Leo« für hatAußerdem der gesagt, was willst mir vorsingen? Da hab ich gesagt, ich werde dir die „Königin der Zusammenspiel vonHat Bild und Musik Nacht“ vorsingen. er gesagt, das mussin ich mir anhören. (4’42) Und dann sind die alle m Kurzfilm vergeben. Diesen Preis er-ich hab ihm das dann vorgesungen, da hat er auf die Bühne gegangen und (4’45… 4’53) ten Regisseur Cady und Sounddegesagt: DasBen ist ja supertoll, das gefällt mir. Ich mache eigentlich auch ein Kinderprogramm er Joeim Gilder für wo den Fernsehen, ichbritischen moderiere, daBeitrag solltest du unbedingt auftreten! (30 Sek) omalies«.

Und das tat Cencic mit Erfolg – weitere Auftritte, auch an der Oper

omputerkunst im Fokus Zagreb, folgten. Den ersten „richtigen“ Gesangunterricht erteilte ihm die

pa). Kunst Mausklick: Beim Festival Mutterper – was auf Dauer allerdings nicht unproblematisch war: etart in Dresden zeigen vom 14. bis 20. emberCencic im Festspielhaus Hellerau mehr 6’58) Ist immer problematisch natürlich. Die Eltern-Kind-Beziehung – ich kenne kaum 100 Medienkünstler aus dem In- und jemanden, der keine Spannungegn seinen Eltern hätte. (7’07…7’30) Ab einem land ihre Arbeiten. Es werdenmitauch Punkt muss man sich halt emanzipieren – entweder man gewinnt diesen te ausgewissen Kanada, Hongkong unddann Ägypten artet. Kampf oder nicht. Es gibt halt viele Ausgangsvariationen. Bei mir wars halt so, dass ich habe: Abstinenzfür – ich will das jetzt alleine machen und vielen Dank, was bisher ynetartgesagt ist ein Festival »computergepassiert ist, müssen wir mal getrennte zte Kunst« – aber alsojetzt künstlerische Aus- Wege gehen und das war für mich gut so. (7’56)(35 cksformen, dieSek) unter Mithilfe von Rechn und anderer Technik entstehen. Unter Slogan »Metabody« bietet das Festival Bei den Wiener Sängerknaben und später im Studium in Wien und 2 en Performances, Konferenzen und AusungenAmerika auch experimentelle Konzerte, bekam Max Emanuel Cencic weitere Anregungen. Da sich der prächsrunden und Workshops. Veranter istStimmbruch die Dresdner bei Trans-Media-Akaihm nur auf die Sprechstimme, nicht aber auf die ie. Computerkunst sei heute breitenauswirkte, ksamerGesangsstimme als noch in den 1990er konnte Jahren,er noch bis zu seinem 19. Lebensjahr e Festivalchef Thomas Dumke. Sopran singen. Dann machte Cencic erst mal Pause, studierte

Internationale Wissenschaften – bevor er sich in die Sängerszene zurückmeldete, nunmehr als Countertenor. Nach wie vor ein polarisierendes Stimmfach: Dumme Sprüche kennt Cencic auch aus seinem Bekanntenkreis: Cencic

flosigkeit ha-Kollege von mir hat in Spanien einmal eine Opernproduktion gemacht und da 6’09) Ein r seinschrieb Leben eine Kritikerin, dass er sich schämen solle für die Stimme, die er hat und dass er in gelitten, sagteschmoren wird! (Lacht) Geschmäcker sind unterschiedlich, das muss man halt der Hölle tor Peter Gey- (6’25)(16 Sek) akzeptieren! in Vertrauter Familie Musikvon CD1 no 4, ab 0’37 bis 0’47 Arie (10 Sek) w. »Er konnte Gut,Geist dass Max Emanuel Cencic hörbar nicht in der „Hölle schmort“ – das n hellen einfach ausaber der Figur blühen, die er nun an der Oper Frankfurt en.« Und könnte so nn er,verkörpern in der wird: Als fieser Kaiser Valentiniano bringt er Feldherr Ezio in t zu zeichnen. Vicco von Bülow htschattengeGlucks gleichnamiger Oper in Bredouille. Man darf gespannt sein, was se« hat er die Cencic der entstanden Partie machen e genannt, dieaus dabei undwird. die der Höhepunkt der Münchner Ausstel(Otöne, Musik: 2‘15; Text: 1’30) sind. zeigen einen Loriot, wie man ihn nie gesehen hat. Einen etwas dunkleren,

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 08_11_2013

DEUTSCHLANDFUNK KULTUR HEUTE, RADIO_DE, 11_11_2013 Deutschlandfunk_Kultur_heute_11.11.13_17.36_Uhr http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/2317115/

dradio.de http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/2317115/

KULTUR HEUTE

11.11.2013 · 17:35 Uhr

"Ezio" feierte Premiere an der Oper Frankfurt (Bild: Rui Camilo)

Kostümpracht und Schattenspiele zum Ringen um Macht Christoph Willibald Glucks "Ezio" in einer Inszenierung von Vincent Boussard an der Oper Frankfurt Von Frieder Reininghaus Trotz einzelner guter Leistungen, Kostümen von Christian Lacroix und einer edlen Choreografie bleibt die Premiere der Oper "Ezio" in Frankfurt nicht makellos. Es fehlt der Bruch des schönen Scheins, findet unser Kritiker Frieder Reininghaus. Eine kleine Cäsaren-Figur wartet während der Ouvertüre auf der leeren Bühne. Später sind es viele und große Statuen des Imperators. Am Ende eine ganze Museumslandschaft. Und da Sonia Prina in der Hosenrolle des Feldherrn Ezio im ersten Akt ausgiebig vom besonders nachhaltigen Einsatz im Nordosten des römischen Reichs berichtet und wie man dort Ströme von Hunnenblut vergossen habe, zeigen Video-Zuspielungen einen dunklen Himmel voller moderner Kampfflugzeuge - streng stilisiert und als rein ästhetische Folge von Formen und Bewegungen. Eine edle Choreografie. Edel erscheinen auch die Kostüme, die nun aber keine historische Verortung mehr zulassen. Mancher Protagonist trägt feines Tuch unserer Gegenwart; der sinister auf Rache sinnende Beau Gibson als Massimo z.B., der seine in ein Kleid der viktorianischen Ära gezwängte Tochter Fulvia wie selbstverständlich für seine intriganten Pläne einspannt, oder der dem Kaiser fast bedingungslos dienstbare Varo, der im Anzug eines Museumsbediensteten die Weisungen ausführt. Ezios Ausgehrock scheint aus der Mode des 18. Jahrhunderts abgeleitet, die Robe der Nr. 1 von antiken Abbildungen. "Zum Singen schön" titelte die wirkungsmächtigste Frankfurter Tageszeitung schon vorab: Der Modeschneider Christian Lacroix scheute auch die Nähe zum Sandalenfilm und dessen Parodierung durch Comics nicht. Doch die erborgte Würde war wohl ernst gemeint, ebenso wie das Countern von Max Emanuel Cencic als übel beleumundetem spätrömischem Herrscher. Der Regisseur Vincent Boussard, der den singenden Akteuren viel freie Hand beim outrierten Gestikulieren ließ, arrangierte sehr aparte Licht- und Schattenspiele auf einer Wand von Niemandsland. Zu Beginn des zweiten Teils erwachte die Regie aus ihrer Lethargie und die Protagonisten drängten sich auf dem Bänkchen, das als Kaiserlicher Thron und Richterstuhl dient, aber auch als Tribüne für den Angeklagten und die fulminanten Rachewallungen der besonders umworbenen Fulvia, der die irische Mezzosopranistin Paula Murrihy das überzeugende sängerische Engagement verleiht.

Kein Coup de Théâtre Trotz einzelner guter Leistungen der SängerInnen geriet die von Christian Curnyn geleitete Premiere nicht makellos. Die musikalisch-technischen Details können freilich bei den Folgevorstellungen ausgewetzt werden, kaum aber das umstandslos aufs Fortpflanzen von schönem Schein, das heißt: guter Miene zum üblen Spiel des Dramas, angelegte Bebilderungskonzept. Zwar verweist das Programmheft mit einem Zitat von Peter Sloterdijk darauf, dass "überall, wo sich Adelsherrschaft, Monarchie und Staatlichkeit etablierten, [...] in den Herrschaftsfamilien ein intensives Arroganztraining" einsetzte. Diesen klugen Gedanken hätte man nun gerne auf der Bühne gesehen, also einen heutzutage sinnvollen Umgang mit der Akkumulation von Arroganz - z.B. durch Ironisierung aufgeblasener Machthaber, durch deren Abwahl oder allfällige Aburteilung. Aber dem durch die wahllos schön geschneiderten Klamotten, die bonbonbunte augenschmeichlerische Lichtregie sowie den frühklassizistischen Klangreiz der Musik ohnedies schon eingelullten Frankfurter Publikum wurde kein Bruch des schönen Scheins (und schon gar kein Coup de Théâtre) für das blutig grundierte Stück zugemutet, sondern wieder einmal Kunst über Kunst über Kunst vorgespielt: Am Ende eine von einem modernen Ausstellungskonzept bestimmte Museumshalle, in der Cäsaren-Statuen aufgestellt, auch waagrecht an die Wand und auf den Kopf gestellt wurden. Darunter die schlendernden und (unerlaubt!) fotografierenden Museumsgänger, bei denen sich das SängerEnsemble als Vollzugshelferschaft der Musik einreiht. Warum wurde z.B. statt dessen nicht die Zentrale einer politischen Partei gezeigt bei Bekanntgabe von miserablen Wahlergebnissen und des Willens des Partei- und Staatsführers, dennoch und um jeden Preis weiterzumachen? Oder eine entsprechende Lösung, die das "Glück" des glücklichen Ausgangs dieser Oper ins rechte Licht rückt ...

© 2013 Deutschlandradio

BILD, 12_11_2013

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 12_11_2013

FRANKFURTER NEUE PRESSE, 12_11_2013

FRANKFURTER RUNDSCHAU, 12_11_2013 Frankfurter_Rundschau_12.11.13 http://www.fr-online.de/kultur/oper--ezio--von-christoph-willibald-gluck-zuckerbrot-stattpeitsche,1472786,25008656.html

Kultur - 12 | 11 | 2013

OPER "EZIO" VON CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK

Zuckerbrot statt Peitsche

Leuchtende Modenschau mit herrlichem Gesang: Max Emanuel Cencic als Valentiniano und Paula Murrihy als Fulvia. Foto: Barbara Aumüller Von Stefan Schickhaus Zudem gibt es viel Licht und übergroße Schatten bei Glucks Oper „Ezio“ zu sehen. Inszeniert hat das Stück an der Frankfurter Oper Vincent Broussard. Die Kostüme stammen vom Pariser Modestar Christian Lacroix. Das ist das Los eines jeden Reformers: Er gilt als Befreier ab seinem Befreiungsschlag – doch was war davor? Christoph Willibald Gluck war so ein Erneuerer. Als die strenge, standardisierte Barockoper im Sterben lag, bot er mit seinen Reformopern die befreiende Alternative. Mit „Orfeo ed Euridice“ etwa, wo nicht mehr blutleere Helden singen, sondern echte Menschen. 1762 war das, Gluck war da ein Mann von bereits 48 Jahren. Der natürlich schon jede Menge Opern geschrieben hatte, strenge, standardisierte Barockopern. Die heute weitgehend aus dem Blickfeld verschwunden sind, die allenfalls fieberhaft abgeklopft werden nach frühen Anzeichen erster Reformgedanken. Denn ein Reformer muss doch ein Reformer bleiben. Das Altmodische eines Mannes der neuen Mode wäre sonst nichts als ein Irrtum. „Ezio“ heißt eine dieser Prä-Reformopern Glucks. Eine Opera seria nach einem beliebten Metastasio-Text, nicht weniger als 43 Komponisten hatten sich an diesem Libretto versucht. Ein Text nicht ganz von der Stange, denn der übliche moralisch integre oder zumindest lernfähige Herrscher fehlt ebenso wie der untadelige Held. Es ist ein frühes Libretto, Metastasio war da noch „frei-schaffend“ gewesen, wie es der Frankfurter Operndramaturg Zsolt Horpácsy formulierte, also frei von „absolutistischem Huldigungszwang“. So haben wir es hier mit einem echten Diktator zu tun und einem Helden, dessen Arroganz unerträglich ist. Gluck – Achtung: Reformer! – mochte diese Konstellation, doch 42 andere Komponisten mochten sie auch.

ZUM NIEDERKNIEN SCHÖN An der Oper Frankfurt kann man „Ezio“ jetzt als das erleben, was es ist: Eine lange Oper auf dem Weg vom Barock zum galanten Stil, die allenfalls zarte Ansätze vom Aufbrechen alter Strukturen zeigt (etwa in einigen ariosen Momenten), die aber vor allem überaus hochwertige Musik bietet. Auch der früher Gluck war halt schon ein Guter.

In erster Linie war der Premierenabend ein eleganter Abend. Am Pult des klein besetzten, auf historischen Instrumenten und im Stimmton 415 Hertz musizierenden Frankfurter Opern- und Museumsorchesters stand der Brite Christian Curnyn. Und in britischer Tradition eines Pinnock, Gardiner oder Hogwood nahm er die Musik von ihrer galanten Seite. Englisch edel eben, nicht italienisch pfeffrig, Zuckerbrot statt Peitsche. Das klang enorm gut, beseelt, kernig fein. Dass dieses Orchester Lust auf Barock und das entsprechende Instrumentarium hat, man hört es sofort – so wie man einige Tage zuvor genau das Gegenteil bei einer Händel-Premiere am Mainzer Staatstheater hörte. Was auffällig war: Curnyn waren die Rezitative äußerst wichtig. Da wurde kaum gekürzt, da wurde auch nicht instrumental ausgeschmückt, Oper verwandelte sich so gerne auch für zehn Minuten am Stück in Singtheater, ganz auf den Rezitativtext konzentriert. Hervorragend auf zurückhaltende Art präsentierte sich das Sängerensemble, das mit seinem Frankfurt-Debüt der Countertenor Max Emanuel Cencic anführte. Groß und durchdringend ist sein Alt nicht, dafür zum Niederknien schön und – wie für den Despotenkaiser Valentiniano nötig – dennoch mit böser Note. Diesen bösen Unterton musste man bei Massimo, dem zweiten echten Verbrecher im Rollengefüge, mit der Lupe suchen. Beau Gibson, seit der Spielzeit 2012/13 Tenor im Ensemble der Oper Frankfurt, klang einfach zu lyrisch, zu angenehm – ein schwarzer Tenor zu sein, ist allerdings auch eine schwere Aufgabe. Starke Stimmen boten die beiden Rivalinnen um die Hand Ezios, Fulvia und Onoria, gesungen von der fabelhaft intensiven Paula Murrihy und der dezenteren, aber nicht weniger pointierten Sofia Fomina. Den Titelhelden Ezio, eigentlich eine Kastratenpartie, übernahm in Frankfurt die italienische Altistin Sonia Prina, eine bewährte Barocksängerin. In der Höhe leicht metallisch klingend, bietet sie eine sehr sonore Tiefe und dazu ein erstklassiges Rollenporträt eines allzu selbstgefälligen Helden. Mit Cencic und Prina trafen hier zwei Sänger wieder zusammen, die 2010 bei einer CD-Produktion des „Ezio“ mitwirkten, eine von gleich vier Neuaufnahmen dieser Oper in den letzten fünf Jahren. Dort singt das ehemalige Frankfurter Ensemblemitglied Julian Prégardien den Varo, auf der Bühne jetzt übernimmt der gleichwertig gute Tenor Simon Bode diese Partie. Zum verschwenderisch guten Geschmack dieser Produktionen gehören unbedingt auch die sehenswerten Kostüme des Pariser Mode-Großmeisters Christian Lacroix, der seit 15 Jahren immer wieder Opern ausstattet.

VERSCHWENDERISCHE KOSTÜME Eher wenig verschwenderisch in Sachen Einfälle ging dagegen der Regisseur (und Lacroix’ bevorzugter Theaterpartner) Vincent Boussard mit seinem Stoff um: Die ersten beiden Akte war im Grunde nur ein ästhetisches Spiel mit Licht und Schatten, wobei man die Schatten – oft übergroß, oft wie eigenständige Akteure im Bild – auch sinngebender hätte einsetzen können. Im Finalakt wurde das Bühnenspiel allerdings dichter, die Interaktion dringlicher, die Regie prägnanter. So dass man diesen „Ezio“ als ein starkes Stück in Erinnerung behalten wird, als ein ausladendes, elegantschönes Spiel um Männer, die man nie kennenlernen möchte. "Ezio" Oper Frankfurt 14., 17., 22., 24., 29. November [email protected] Artikel URL: http://www.fr-online.de/kultur/oper--ezio--von-christoph-willibald-gluck-zuckerbrot-stattpeitsche,1472786,25008656.html

GIESSENER ALLGEMEINE ZEITUNG, 12_11_2013 Gießener_Allgemeine_Zeitung_12.11.13 http://www.giessener-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Kultur/Artikel,-FrankfurterErstauffuehrung-von-Glucks-Ezio-begeistert-_arid,458175_regid,1_puid,1_pageid,14.html#null

Artikel vom 11.11.2013 - 18.47 Uhr

Frankfurter Erstaufführung von Glucks »Ezio« begeistert Das Publikum war gebannt: Drei Stunden Abtauchen in eine andere Welt, das gelingt der neuen Produktion der Oper mit Christoph Willibald Glucks »Ezio«.

Dramatik vor der Augustus-Statue: Valentiniano (Max Emanuel Cencic, l.) schleudert die edle Lacroix-Garderobe, während Massimo (Beau Gibson) Fulvia (Paula Murrihy) fest im Griff hat. (Foto: Aumüller)

Als Komponist von »Orfeo ed Eurydice« ist Gluck (1714 - 1787) auf den Bühnen präsent, doch in seinem zehn Jahre früher entstandenen Dreiakter »Ezio« betrat die Oper Frankfurt in der Erstaufführung am Sonntag relativ unbekanntes Land. Umso höher zu bewerten ist die Inszenierung des Franzosen Vincent Boussard, der aus dem Stoff vor dem Hintergrund des römischen Sieges über die Hunnen im 5. Jh. n. Chr. eine rundum bühnentaugliche Präsentation machte. Die Teamarbeit erschien homogen: Das im ersten Teil abstrakt-ästhetische Bühnenbild von Kaspar Glarner erhält poesievolle, durch Beleuchtung, Schattenspiele und Projektion hintergründige Qualität, quasi als Vorbereitung zur dramatischen Klimax im zweiten Teil. Hier – im Inneren des Palastes – geht es zwischen Augustus-Statuen aller Größen konkreter zur Sache: Harte Konfrontationen, Ver- und Entwickungen wechseln sich ab, bis sich letztendlich das Vexierspiel um Liebe, Macht, Intrigen und Verrat im Sieg des Guten auflöst. Die gelungenen Kostüme von Modeschöpfer Christian Lacroix, das ausgeklügelte Licht von Joachim Klein und die Videoarbeit von Bibi Abel unterstreichen die Handlung. Patrizier Massimo will sich an Kaiser Valentiniano rächen, der einst Massimos Frau vergewaltigt hat. Tochter Fulvia soll den Kaiser heiraten, um den Sühnemord zu begehen. Doch Fulvia liebt den Hunnenbesiger Ezio, der aber Onoria, die Schwester des Kaisers, heiraten soll. Als Massimos Mordanschlag auf Valentiniano misslingt, lenkt der Patrizier den Verdacht auf den Feldherrn Ezio. Nun will der Kaiser den vermeintlichen Widersacher aus dem Weg räumen lassen. Die Nachricht von Ezios gewaltsamem Tod wird verkündet. Massimo hetzt das Volk gegen den Kaiser auf, der schließlich durch den in Wahrheit noch lebenden Ezio gerettet wird. Der Kaiser verzeiht allen und verzichtet zugunsten seines Feldherrn Ezio auf Fulvia. Gezeigt wird »Ezio« in der Fassung von 1750. Da herrscht noch barocker Geist mit ausgedehnten Da-capo-Arien, doch die Nummernabfolge erscheint aufgelockert und den Gefühlsregungen der Agierenden wird in Text und Musik viel Raum gegeben. Die Stärke der Regie ist psychologisch einsichtige, gleichzeitig effektvolle Personenführung. Dass sich der britische Dirigent Christian Curnyn (er debütierte vor zwei Jahren im Bockenheimer Depot mit »La Calisto« von Cavalli) in den musikalischen Schattierungen des 18. Jahrhunderts traumhaft sicher bewegt, erwies sich in sensibler Klanggebung durch das Opern- und Museumsorchester. Das Kammerensemble gefiel mit weichen barocken Bläsern und durchsichtigem Streicherklang. Es bot kein zackiges Hochbarock, sondern erinnerte eher an das spätere Gluck-Klangbild, vergleichbar dem »Che puro ciel« im 2. Akt von »Orfeo«. Mit zwei Stars ihres Fachs sind Kaiser und Feldherr besetzt: Countertenor Max Emanuel Cencic, vielfach ausgezeichneter Interpret von Kastratenrollen des Barocks, bestach mit spezifisch mezzogetöntem Timbre und spielte den narzisstischen Machtmenschen Valentiniano suggestiv. Den moralisch unbeugsamen Feldherrn Ezio gab Sonia Prina mit unverwechselbarem »Helden-Alt«, den sie zusammen mit ihrem beweglichen Spiel schon einmal in Frankfurt als Vivaldis »Orlando furioso« ins beste Licht gerückt hatte. Bemerkenswert die durchweg hohe Qualität der Ensemblemitglieder: Paula Murrihy (Mezzosopran) als wahrhaft starke Frau Fulvia, die junge Sofia Fomina als Kaiserschwester Onoria mit blitzblank geführtem Sopran, Beau Gibson mit für den Macchiavelli Massimo fast zu schönem Tenor, und Simon Bode (Tenor) als Sympathieträger Varo. Olga LappoDanilewski © Gießener Allgemeine Zeitung 2013 - www.giessener-allgemeine.de

FRANKFURTER NEUE PRESSE, 08_11_2013 http://www.fnp.de/nachrichten/kultur/Kaiser-Valentiniano-ist-ein-Scheusal;art679,677638

„Kaiser Valentiniano ist ein Scheusal“ Von Birgit Popp

Die Frankfurter Oper bereitet die Premiere von Glucks „Ezio“ vor. Die Handlung entführt ins alte Rom In der Inszenierung von Vincent Boussard singen der Countertenor Max Emanuel Cencic und die Altistin Sonia Prina. Christian Lacroix hat die Kostüme entworfen.

Der Contertenor Max Emanuel Cencic singt den Valentiniano. Foto: J. Laidig Mit der Frankfurter Erstaufführung von Glucks „Ezio“ am 10. November wird der in Zagreb geborene Countertenor Max Emanuel Cencic als Kaiser Valentiniano sein Debüt an der Frankfurter Oper geben, wo er am 17. Dezember auch einen Liederabend gestalten wird. In der Partie des römischen Feldherrn Ezio kehrt die italienische Altistin Sonia Prina an die Oper Frankfurt zurück, die dort bereits einen großen Erfolg in der Titelpartie von Vivaldis „Orlando furioso“ feiern konnte. Für die musikalische Leitung zeichnet Christian Curnyn verantwortlich. Als Regieteam kehrt nach „Adriana Lecouvreur“ Regisseur Vincent Boussard mit seinem in Frankfurt häufig tätigen Bühnenbildner Kaspar Glarner und Modeschöpfer Christian Lacroix (Kostüme) zurück. In Frankfurt wird die 1750 uraufgeführte Prager Fassung von Glucks „Ezio“ zu hören sein. Die Verwendung von Pietro Metastasios kaiserkritischem Libretto lässt das fortschrittliche, der Aufklärung zugewandte Denken des Opernreformers Christoph Willibald Gluck (17141787) erkennen, wobei Metastasios literarisch hochwertiges Werk mehrfach vertont wurde, so bereits 1732 durch Händel. Ezio, der römische Feldherr, der den Hunnenkönig Attila besiegte, steht anders als in Verdis Oper „Attila“ loyal zu seinem Kaiser. Dieser möchte Ezio seine Schwester Onoria (Sofia Fomina) zur Frau geben und sich selbst mit Ezios Geliebter Fulvia (Paula Murrihy) vermählen, der Tochter Massimos (Beau Gibson), der Valentiniano mit Hilfe seiner Tochter ermorden will, um die einstige Vergewaltigung seiner Frau zu rächen. Am Ende begnadigt Als der Mordanschlag missglückt, lenkt er den Verdacht auf Ezio, der, obwohl ihn der Kaiser in den Tod schicken wollte, diesen rettet. Valentiniano begnadigt am Ende der Oper, den Wünschen des damaligen Publikums entsprechend, alle Personen, während der historische Ezio (Aetius) hingerichtet wurde. Die Rolle des wenig schmeichelhaft dargestellten Valentiniano übernimmt Max Emanuel Cencic, der in dieser Partie ebenfalls mit Sonia Prina als Ezio ebenfalls die Prager Fassung bei „Virgin Classics“ auf CD eingespielt hat, sie aber in Frankfurt erstmals szenisch verkörpern wird. Als Sänger ist Cencic ein „Wunderkind“ gewesen. Sein Vater Maksimilijan Cencic war Dirigent am Zagreber Opernhaus, bis es ihn und seine Familie durch den Jugoslawien-Krieg in den 90er Jahren nach Wien verschlug und er seitdem an der Wiener Staatsoper tätig ist. Seine Mutter Silvia war Opernsängerin und begann ihren Sohn bereits im Alter von drei, vier Jahren im Gesang zu unterrichten. Gedrängt wurde der kleine Max allerdings zu nichts. Er wusste schon sehr genau, was er wollte, und sprach auf einer Premierenfeier mit grade Mal fünf Jahren den Produzenten einer jugoslawischen Kindersendung an, ob er ihm vorsingen dürfe. Das durfte er noch in derselben Nacht. Das Resultat war ein TV-Auftritt, bei dem Cencic die Arie der Königin der Nacht sang. Wiener Sängerknabe Mit neun Jahren wurde er Mitglied bei den Wiener Sängerknaben und blieb dort von 1986 bis 1992. Die Qualität seiner Stimme war auch den Wiener Sängerknaben sofort bewusst, und so sang Cencic dort die Solopartien. Seine Solokarriere startete Cencic 1992 als 16-Jähriger im Sopran-Fach, bevor er 2001 mit überwältigendem Erfolg seine Karriere als Countertenor fortsetzte. „Ich habe keine Spezialtechnik, um in dieser hohen Stimmlage zu singen“, erzählt er. „Ich hatte nie einen Stimmbruch, wobei sich meine Stimme mit zunehmendem Alter natürlich in der Farbe und Ausdruckskraft verändert hat. Das man mit den kleineren Sopran-Partien in den Barockopern beginnt und dann zu den Hauptpartien im Countertenor-Fach wechselt, ist eine natürliche Entwicklung.“ Cencic singt jedoch nicht nur Barockopern. „Ich habe den Grafen Orlowski in der ,Fledermaus‘ ebenso gesungen wie bei der Uraufführung von Reimanns ,Medea‘ an der Wiener Staatsoper den Götterboten, aber ich bevorzuge, in der Welt der Barockoper zu bleiben. Ich bin der Überzeugung, dass es meine Pflicht als Künstler ist, Wegbereiter für die Erschließung von neuem Repertoire zu sein. Alte Opern wiederzuentdecken, ist für mich extrem reizvoll, da komme ich richtig ins Entdeckungsfieber“, so Cencic. Den Valentiniano sieht Cencic als „absolutes Scheusal“. „Es ist der schlimmste Charakter, den ich in 27 Opern porträtiert habe“, erzählt er. „Valentiniano ist ein mächtiger Mann und gleichzeitig ein absoluter Psychopath, ein wahnsinniger Diktator, der selbst wehleidig ist, aber anderen Schmerzen zufügt und dabei keine Reue empfindet - bis zum Schluss. Ein wichtiger Punkt der Oper ist für mich, die Thematisierung der Macht und der Verantwortung des Mächtigen. Der Monarch muss aufgeklärt sein, muss mit der Macht verantwortungsvoll umgehen. Das ist die Botschaft von allen Libretti Metastasios.“ Oper Frankfurt, Willy-Brandt-Platz, Premiere 10. November, 18 Uhr. Weitere Vorstellungen bis 7. Dezember. Karten von 13 bis 165 Euro unter Telefon (069) 21 24 94 94. Internet www.oper-frankfurt.de Artikel vom 08.11.2013, 03:00 Uhr (letzte Änderung 08.11.2013, 09:51 Uhr)

MANNHEIMER MORGEN, 12_11_2013

Mannheimer_Morgen_12.11.13 http://www.morgenweb.de/nachrichten/kultur/kultur-allgemein/invasion-am-buhnenhimmel1.1280272

MUSIKTHEATER: Frankfurt zeigt „Ezio“ von Christoph Willibald Gluck als Erstaufführung

Invasion am Bühnenhimmel Von unserem Mitarbeiter Eckhard Britsch

So ein römischer Kaiser definiert sich über Heldentaten. Doch Valentiniano lebt seine Cäsarenlust lieber im Purpurmantel aus und überlässt das Handwerk seinem Feldherrn Ezio. Der siegt und wird gefährlich. Zumindest im Wahn seines Potentaten. Dummerweise will er Fulvia heiraten; die liebt aber - heimlich - Ezio. Ihr Papa Massimo, Bösewicht, hat noch eine Rechnung mit dem Kaiser offen, dessen Schwester Onoria aus politischen Gründen mit Ezio verkuppelt werden soll. Valentiniano will Ezio meucheln lassen, doch Kumpel Varo rettet ihn. Am Ende wird alles gut, wie es sich in einer anständigen Barockoper gehört. Frankfurt präsentiert "Ezio" von Christoph Willibald Gluck, der das Metastasio-Libretto ebenso wichtig fand wie etwa Händel. Regisseure tun sich schwer, das alberne Intrigenspiel sinnvoll umzusetzen. Vincent Boussard setzt auf eine ästhetische, mit wenigen Stilmitteln auskommende Bühnensprache, die Kaspar Glarner über diskrete Videoeinspielungen von Bibi Abel anrichtet. Anfangs imaginiert ein dezentes Jagdgeschwader die Invasion vom Bühnenhimmel, doch dieser Einstieg wird - erfreulicherweise - nicht weitergeführt. Denn die Personen sollen optisch nicht überlagert werden, auch wenn im Schlussbild Touristen die Szene als Fake entlarven. Psychisches Wrack Boussard lässt sie überwiegend gemessenen Schrittes auftreten und zeichnet sie individuell, etwa Valentiniano als unsicheren Typ, der Herrschaft mit Willkür verwechselt und als Schwächling Einflüsterungen zugänglich ist. Max Emanuel Cencic spielt dieses psychische Wrack ausgezeichnet, bleibt sängerisch aber einiges schuldig: blass in der Tiefe, überzeugt allerdings seine Selbstmitleidsarie durch innigen Schmelz. Star ist die Altistin Sonia Prina in der Hosenrolle des Ezio: Selbstbewusste Aura, ihre Stimme hat in allen Registern Gold und Eleganz. Fein auch der Mezzo von Paula Murrihy als Fulvia und der helle Sopran von Sofia Fomina als Onoria. Gut besetzt sind der intrigante Massimo mit Beau Gibson und Varo mit Simon Bode. Das Opern- und Museumsorchester spielt unter Christian Curnyn ausgezeichnet, hoch differenziert, mit sorgsam gesetzten Affekten und elastischer Linienführung. Attraktiv hat Christian Lacroix vor allem die Frauen kostümiert, und das Publikum ist sehr angetan. © Mannheimer Morgen, Dienstag, 12.11.2013

OFFENBACH-POST, 12_11_2013 http://www.op-online.de/nachrichten/kultur/stimmglanz-designer-roben-3214811.html

x Artikel publiziert am: 12.11.2013 - 03.00 Uhr Artikel gedruckt am: 12.11.2013 - 09.27 Uhr Quelle: http://www.op-online.de/nachrichten/kultur/stimmglanz-designer-roben-3214811.html

Glucks Operndrama „Ezio“ in Frankfurt ein Publikumserfolg

Stimmglanz in Designer-Roben Frankfurt - Ein großer Wurf sind die Kostüme des Modedesigners Christian Lacroix, vielfach lädierte Helden, höllische Schurken und starke Frauen charakterisierend, deren Drama sich in erhabener Langsamkeit vollzieht. Von Klaus Ackermann

© Aumüller Altrömischer Intrigantenstadel Lädierte Helden, starke Frauen: Sonia Prina (Ezio) und Paula Murrihy (Fulvia). Denn Regisseur Vincent Boussard setzt in Christoph Willibald Glucks barockem „Ezio“ auf große Gesten für ebensolche Gefühle, die er zudem spielerisch auf ironische Distanz bringt. Für munter machenden musikalischen Durchzug ist bei dieser Frankfurter Erstaufführung Christian Curnyn zuständig, der im historisch gut informierten Opern- und Museumsorchester und den stimmlich hervorragenden Protagonisten großartige Verbündete hat, Garanten für den Publikumserfolg zur Premiere an der Oper Frankfurt. Allen voran Titelheldin Sonia Prina, ein auch in der Tiefe ungemein präsenter Alt. Im weiten Bühnenraum, den spitzwinklige, angelegentlich in zarte Farben getauchte Wände begrenzen (Bühnenbild: Kaspar Glarner), fällt eine winzige römische Herrscher-Büste auf. Zur Ouvertüre sind Flugzeuge am Bühnenhimmel auszumachen, wie einem Stummfilm entlehnt und offenbar zeitlos einen Sieg feiernd. Denn der römische Feldherr Ezio hat den Hunnenkönig besiegt, kehrt nach Rom zurück - und gerät in ein grandioses Beziehungsschlamassel. Ausgelöst von Massimo (im modernen Dreiteiler), dessen Frau vom amtierenden Kaiser Valentiniano (im noblen Purpur-Mantel) vergewaltigt wurde und der sich mit Hilfe seiner Tochter Fulvia (in schwarzer Tragödinnen-Robe) an ihm rächen will, die den siegreichen Heimkehrer Ezio liebt, aber vom Kaiser zur Heirat gezwungen wird.

Genug Stoff für Seelennot und Konflikte Genug Stoff für Seelennot und tief gehende mörderische Konflikte, die vor allem in den langwierigen, aber immer spannenden, unaufdringlich vom Continuo begleiteten Rezitativen entwickelt werden. Denen dann ein Arienbekenntnis folgt, bei dem der Opernerneuerer Gluck sich andeutet, der das Dacapo-Arien-Ritual aufbricht, mit unruhigen Streicherfiguren unterfüttert oder mit warmen Hornklang anreichert, den jeweiligen emotionalen Status noch verstärkend. Szenisch kaum gefordert, werden die Helden zur einprägsamen Skulptur, verfolgt von ihren überlebensgroßen Schatten. Da ist ein rätselhaftes, über der Bühne schwebendes Flugobjekt schon ein Ereignis. Oder wenn Ezio-Freund und -Retter Vario (Simon Bode mit geschmeidigem Tenor) an die Rampe tritt, um zu verkünden, dass man sich aufs Schicksal nicht verlassen kann – Licht an. Pause. Später mischen sich Museumsbesucher in die Galerie der wie verstreut wirkenden römischen Herrscher-Büsten jedweder Größe. Den marmornen Winzling hat längst der unbotmäßige Massimo kassiert, der seine Tochter sogar ohrfeigen darf. Beau Gibson bezeugt aber auch tenorale Strahlkraft. Als unselige Fulvia wirkt Paula Murrihy angelegentlich wie von Furien gehetzt, deren ausdrucks- und klangschöner Mezzosopran anzurühren versteht. Noch am 14., 17., 22., 24. November. Karten gibt es unter Tel.: 069/21249494. Zu den wenigen Guten in diesem altrömischen Intrigantenstadel zählt die Valentiniano-Schwester Onoria, mit üppig geschnittenem nach vorn offenem Ballkleid. Sofia Fomina gehört zwar zu den Verlierern, jedoch beileibe nicht ihr glockenreiner Sopran. Wie ihr Bruder, ein wahrer Kretin auf dem Kaiserthron, doch als Countertenor Max Emanuel Cencic von so enervierender Stimmkraft, dass man ihm jede Schandtat verzeiht. Dagegen ist Sonia Prina in Rocker-Kluft ein echter Kerl, der auch stimmlich Testosteron bezeugt und in der „Addio“-Arie Herzen erweicht. „Der Mensch verirrt sich leicht auf den zweifelhaften Wegen des Lebens“ singt das Protagonisten-Sextett am erstaunlich glücklichen Ende – und man wundert sich: Trotz sparsamer szenischer Aktion sind drei Opernstunden doch überraschend schnell vergangen. Artikel lizenziert durch © op-online Weitere Lizenzierungen exklusiv über http://www.op-online.de

WIESBADENER KURIER, 12_11_2013 Wiesbadener_Kurier_12.11.13 http://www.wiesbadener-kurier.de/region/kultur/theater/13608753.htm

Dienstag, 12. November 2013 04:09 Uhr URL: http://www.wiesbadener-kurier.de/region/kultur/theater/13608753.htm

Theater

Des Kaisers schöne Kleider 12.11.2013 - FRANKFURT Von Volker Milch PREMIERE Christoph Willibald Glucks „Ezio“ an der Oper Frankfurt gefeiert Man stelle sich vor: Es ist Krieg – und alle tragen Kostüme des Modeschöpfers Christian Lacroix! Das wird dann eine gepflegte Veranstaltung wie jene, die jetzt in Frankfurt zu besichtigen ist. Bomber am Video-Himmel Dort ist am Sonntagabend kein Krieg, sondern Oper. Die erste, durchaus suggestive Videoprojektion im Bühnenbild von Kaspar Glarner führt also ein wenig in die Irre: Bombergeschwader ziehen vorüber und verschwinden in einem schwarzen Loch, das gleichermaßen unheilvolle Zukunft wie düstere Vergangenheit meinen könnte. Spannend. Das Bild verspricht mehr Dramatik, als Vincent Boussards dekorative Inszenierung von Christoph Willibald Glucks „Ezio“ dann hält. Gerade im ersten Teil der Oper, die in Frankfurt in der Prager Uraufführungsfassung von 1750 gegeben wird, hat man phasenweise den Eindruck, es mit exquisit singenden Kleiderständern für Lacroix-Kostüme zu tun zu haben, mit nett arrangierten Kostümpuppen, die gängige Gluck-Klischees von edler Einfalt und gepflegter Langeweile zumindest szenisch bestätigen. Bei dem verdienten Opernreformer denkt man ja ohnehin eher an klassizistische Glätte als an musikdramatischen Funkenflug. Lang ist es her, dass Harry Kupfer in „Orpheus und Eurydike“ den mythischen Sänger als Rockstar für die Gegenwart verpflichtet hat. Da waren die Countertenöre noch Raritäten auf den Opernbühnen, und Jochen Kowalski hat man in der Titelpartie bestaunt, als wäre seine Stimme von einem anderen, bunten Stern ins graue Ostberlin gefallen. Längst gehört es zum guten Ton, in alter Musik diese hohen Männerstimmen mit der femininen Note einzusetzen. Der Oper Frankfurt ist es nun gelungen, für „Ezio“ einen der zur Zeit angesagtesten Stars der Szene zu verpflichten: Max Emanuel Cencic, der bei den letzten Maifestspielen in der Titelpartie von Händels „Alessandro“ geglänzt hat. In Frankfurt ist Cencic als paranoider Kaiser Valentiniano Teil eines hochkarätigen Ensembles, das die Aufführungsdauer von über drei Stunden trotz szenischer Längen recht schnell vergehen lässt. Das Publikum feiert neben dem Counter-Virtuosen die umwerfend expressive Paula Murrihy als Fulvia, Sonia Prina in der Hosenrolle des Feldherrn Ezio, Sofia Fominas Onoria, Beau Gibsons Massimo und den Varo des Nachwuchstalents Simon Bode. Das vielleicht überzeugendste Plädoyer dafür, dass nicht erst der spätere Gluck der Reformoper Beachtung verdient, findet im Orchestergraben statt: Unter dem Dirigat von Christian Curnyn wird Historische Aufführungspraxis wunderbar transparent und kontrastreich vergegenwärtigt, fast ohne Spannungsabfall in der ausführlichen Rezitativ- und Arienfolge. In der Empfindsamkeit auch des instrumentalen Ausdrucks mag sich die zunehmende Distanz zur artifiziellen Prachtentfaltung der barocken Tradition andeuten. In großer Robe Nach der Pause wird es im Bühnenkasten, der von stimmungsvollen Projektionen und des Kaisers schönen Kleidern dominiert wird, etwas lebendiger: In großer Lacroix-Robe kämpft Paula Murrihys Fulvia fulminant für ihre großen Gefühle, und der Kaiser wird der Konvention des glücklichen Endes folgen und Milde auch gegen seine Feinde walten lassen. Die Bühne ist derweil von lauter steinernen Cäsaren bevölkert. Den musealen Eindruck bestätigt die Statisterie, die zum Fotografieren einfällt und die Szene auch mit dem iPad ablichtet. Gluck soll offenbar in der Gegenwart ankommen. Die Kadaver, die als Kunst an der Wand hängen und ein wenig an Francis Bacons gemalte, blutige Fleischlichkeit erinnern, bleiben aber dezent im Hintergrund. Wir sind ja nicht im Krieg.

Berückend: Countertenor Max Emanuel Cencic als Kaiser Valentiniano. Foto: Barbara Aumüller

WORUM GEHT´S? Der römische Feldherr Ezio hat die Hunnen besiegt und kehrt nach Rom zurück. Kaiser Valentiniano möchte dort Fulvia zur Frau nehmen, die jedoch Ezios Geliebte ist. Das passt in den Racheplan von Massimo, Fulvias Vater. Der Kaiser hatte einst seine Gattin vergewaltigt. Nun will Massimo die Tochter als Mörderin funktionalisieren. Das geht schief.

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 13_11_2013

Frankfurter_Allgemeine_Zeitung_RMZ_Aus_der_Opernpremiere_11.11.13

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F.A.Z., Montag, den 11.11.2013 Rhein-Main Zeitung 33 Psychodrama zwischen Barock und Gegenwart Die Kostüme von Christian Lacroix spielen mit barocken Stilzitaten, eine römische Figur auf der Spielfläche lässt an die Antike denken, und die weißen Kulissenwände des kargen Bühnenbilds von Kaspar Glarner werden für Projektionen und Schattenbilder in neuzeitlicher Art genutzt – so kommen in Vincent Boussards Inszenierung von Glucks „Ezio“, die gestern Abend in der Oper Frankfurt Premiere hatte, drei Zeiten auf der Bühne zusammen, und es wird klar, dass hier nicht ein Intrigenspiel verortet, sondern ein Psychodrama entwickelt werden soll. Das gelingt in der etwas statischen Produktion schon bis zur Pause durch die facettenreiche Darstellung der Sänger. Der CounteUWHQRU0D[(PDQXHO&HQþLüHUVFKHLQWDOV Kaiser Valentiniano ängstlich und gefährlich zugleich. In der Titelpartie ist die Italienerin Sonia Prina mit dunklem Timbre und männlicher Körpersprache ein energischer und doch liebesbedürftiger Feldherr. Paula Murrihy ist als Fulvia zwischen ihren Gefühlen hin und her gerissen, und Beau Gibson zeigt als Massimo eine intrigante und eine weiche Seite. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester bringt unter der Leitung des britischen Gastdirigenten Christian Curnyn einen leichten, oft federnden Klang ein. (Ausführliche Besprechung folgt.) (gui.)

FRANKFURTER NEUE PRESSE, 13_11_2013 Frankfurter_Neue_Presse_12.11.13 http://www.fnp.de/nachrichten/kultur/Der-Mensch-auf-Irrwegen;art679,680693

Der Mensch auf Irrwegen Von Andreas Bomba

An der Frankfurter Oper hatte Christoph Willibald Glucks „Ezio“ Premiere Die Aufführung glänzt vor allem durch hervorragende Gesangsleistungen. Die Inszenierung von Vincent Boussard bietet indes wenig Spannung. Ezio kehrt siegreich aus der Schlacht zurück. Nun möchte er, so war es vereinbart, Fulvia heiraten. Massimo hat seine Tochter jedoch dem Kaiser versprochen - sie käme so dem verhassten Tyrannen nahe und könnte ihn töten. Den Feldherren soll hingegen Valentinianos, des Kaisers Schwester Onoria ehelich besänftigen. Es ist nicht so, dass da keine Liebe wäre zwischen den beiden; Grund für Zank und Streit und dunkle Machenschaften im Hintergrund bleibt jedoch allemal. Das geht bis hin zu Komplotten und Mordversuchen - nach drei Stunden aber stehen die insgesamt sechs Personen gemeinsam auf der Bühne und warnen in bester Harmonie vor den Irrwegen, die den Menschen zum Unguten verändern können.

Musikalisches Klein-Klein

Opern mit solchen Handlungen und solcher Moral gab es im 18. Jahrhundert zuhauf. Die besten Verse schmiedete Pietro Metastasio, an dessen Dichtungen kaum ein Komponist vorbeikam. Die Stärken von Christoph Willibald Gluck (1714-1787) kitzelten sie indes nicht hervor. Seine frühe, 1750 in Prag uraufgeführte Oper „Ezio“ verheddert sich im Klein-Klein von Rezitativen und Arien, der große melodische Wurf will nicht recht gelingen. Die musikalische Psychologie der Personen erreicht nicht das Format späterer Werke, etwa „Orpheus und Eurydike“. Wohl ein Grund, warum „Ezio“ die Spielpläne nur selten ziert, sofern man heutigen Hörgewohnheiten durch maßvolle Kürzungen der Rezitative nicht entgegenkommen will. Glänzen können solche Werke allenfalls durch herausragende Gesangsleistungen. Die gibt es an der Oper Frankfurt, die nun einen Versuch mit dem wenig bekannten Frühwerk wagt, reichlich. Allen voran Sonia Prina in der Titelpartie - eine umtriebige, energische Altistin mit dennoch schlank und in allen Lagen ausgeglichen geführter Stimme, der man gerne zuhört. Dazu Max Emanuel Cencic, der Shooting-Star unter den Countertenören, mit sensiblen, nuancenreichen Tönen, ein eher hysterisch-selbstverliebter als wüster Tyrann, als der dieser Valentiniano ja beseitigt werden soll. Paula Murrihy verkörpert die ebenso scheue wie betörende Fulvia; trotz ihrer in einer furiosen Arie gegen Ende gipfelnden Zerrissenheit zwischen zwei Männern behält die Stimme wunderbar eleganten, noblen Charakter. Ebenso dem Hausensemble gehören Sofia Fimina (Onoria), Beau Gibson (Massimo) und Simon Bode (Varo) an - hervorragend spielende und ihre Personen mit Leben erfüllende Sänger, Bode insbesondere in schöner Mittellage, da Gluck die Figur nicht als strahlenden Heldentenor herausheben will.

Gewaltige Schatten

Dennoch hat dieses Kammerspiel auf großer Bühne Probleme, die Spannung zu halten. Das liegt besonders an der behutsamen Inszenierung von Vincent Boussard, der es an dem mangelt, was manche Barockopern-Inszenierungen zu viel haben: deutlichere Korrespondenz mit der Musik vor allem, was bei den langen Rezitativen fast unmöglich scheint. Die Regie vereinzelt die Figuren; sie agieren unnahbar, als hätten sie Angst voreinander, verstecken sich in prächtigen Kostümen (Christian Lacroix), schleichen an hohen Wänden entlang, agieren in (zu) großen Räumen (Bühne: Kaspar Glarner), werfen, dank famoser Lichtwirkungen (Joachim Klein) gewaltige Schatten, um in der Realität doch immer kleiner zu werden. Was kann hier noch Liebe sein - Pflicht oder Neigung? Was ist Macht - Laune, Selbstzweck? Zum Schluss läuft eine Schar Touristen herein: Wir sind im Museum. Es begegnen sich: antike Cäsaren-Statuen, die barocke Musik und ihre Figuren und der die kopfüber aufgehängten Exponate fleißig knipsende Besucher der Gegenwart. Oder besser: Sie ignorieren sich, bemerken sich gar nicht; Theater interessiert hier niemanden - das würde auch das abrupte Happy End erklären. Warum sollen wir weiter streiten, wenn es den Leuten egal ist? Eine Botschaft gar an die Mächtigen der Welt? Das klein besetzte Opernorchester hat mit der Musik mehr Mühe als gewohnt; Christian Curnyn lässt recht diskret, manchmal bis zur Blässe neutral musizieren, rhetorische, der Sprache folgende Gesten bleiben verbindlich, effektfrei und dynamisch eingeebnet, Intonationstrübungen nicht ausgeschlossen. Bleiben eben die überragenden Sänger und der Genuss, ihnen zuzuhören - für eine Oper nicht das Schlechteste! Sie erhalten auch den meisten Beifall. Artikel vom 12.11.2013, 03:00 Uhr (letzte Änderung 12.11.2013, 09:30 Uhr) Artikel: http://www.fnp.de/nachrichten/kultur/Der-Mensch-auf-Irrwegen;art679,680693 © 2013 Frankfurter Neue Presse

HR-ONLINE.DE, HESSENSCHAU, 13_11_2013

OMM.DE, 11_2013 www.omm.de_November_13 http://www.omm.de/veranstaltungen/musiktheater20132014/F-ezio.html

Spannendes Musiktheater mit vielen Rezitativen Von Thomas Molke / Fotos von Barbara Aumüller Bei Christoph Willibald Gluck denkt man meistens an den großen Opernreformer, der im 18. Jahrhundert die Gattung vom steifen Korsett der Opera seria befreit hat. Dass er allerdings, bevor er mit Orfeo ed Euridice seine erste Reformoper präsentierte, bereits 20 Jahre im Geschäft war und in dieser Zeit große Erfolge mit seinen der Opera seria verhafteten Werken feierte, wird heutzutage gern vergessen, da auch ein Teil seines Opernschaffens dieser Zeit leider verloren gegangen ist und noch nicht in irgendwelchen Archiven wieder aufgetaucht ist. Doch auch seine erhaltenen frühen Werke fristen auf den Opernbühnen ein Schattendasein. Die Oper Frankfurt hat sich nun sein Dramma per musica Ezio vorgenommen, das insofern eine besondere Stellung einnimmt, da Gluck dieses für die Karnevalssaison in Prag 1750 komponierte Werk 13 Jahre später in der Wiener Fassung zu einem Zeitpunkt gravierend umarbeitete, als er mit Orfeo ed Euridice bereits neue Wege eingeschlagen hatte. In Frankfurt hat man sich allerdings für die Prager Fassung entschieden, die so sehr von den Rezitativen beherrscht wird, dass sie stellenweise eher einem musikalischen Schauspiel gleichkommt. Dies mag der Grund dafür gewesen sein, dass man bei den Gluck-Opern-Festspielen in Nürnberg 2012 eine adaptierte Fassung für Schauspieler und Sänger präsentiert hat (siehe auch unsere Rezension).

Fulvia (Paula Murrihy) gesteht Valentiniano (Max Emanuel Cencic), dass sie Ezio, und nicht ihn liebt.

Die Geschichte basiert wie bei den meisten Frühwerken von Gluck auf einem Libretto von Pietro Metastasio, welches dieser 1728 verfasste, als er noch nicht als Hofdichter im Dienste der kaiserlichen Familie stand und somit in seiner Charakterisierung des Herrschers frei von etwaiger Huldigung war, wie sie beispielsweise in La Clemenza di Tito zu beobachten ist. Der römische Feldherr Ezio (Aëtius) hat für den Kaiser Valentiniano (Valentinian III.) den Hunnenkönig Attila besiegt und soll als Belohnung Onoria, die Schwester des Kaisers, zur Frau bekommen. Allerdings liebt Ezio Fulvia, die Tochter des Patriziers Massimo (Maximus), womit er sich den Neid des Kaisers zuzieht, da dieser sie als Gemahlin für sich auserkoren hat. Massimo, der selbst noch eine Rechnung mit dem Kaiser offen hat, plant, den Kaiser mit Fulvias Hilfe zu ermorden, und lässt Ezio beim Kaiser in Ungnade fallen. Valentiniano, der durch Massimos Intrige glaubt, dass Ezio ihm nach dem Leben trachte, will seinen treu ergebenen Feldherrn durch Varo heimlich hinrichten lassen. Doch dieser führt den Befehl nur zum Schein aus, und so kann Ezio noch rechtzeitig verhindern, dass Massimo einen Anschlag auf den Kaiser verübt. Aus Dankbarkeit verzichtet Valentiniano nun auf Fulvia und gewährt allen, sogar Massimo, Vergebung. Ezio (Sonia Prina) weist Valentinianos Schwester Onoria (Sofia Fomina) als Braut zurück.

Vincent Boussard misstraut in seiner Inszenierung dem lieto fine, zumal es nicht der Historie entspricht, wonach Ezio 454 bei einer Beratung im Palast des Kaisers von Valentiniano eigenhändig ermordet worden ist, um etwaige potenzielle Gegner des Kaisers einzuschüchtern. Zwar hält er sich in der Personenregie an den gesungenen Text, lässt allerdings den Schluss in einer Art Museum spielen, wo Statisten gewissermaßen als Museumsbesucher die Figuren des Stückes genauso betrachten wie die zahlreichen ausgestellten Augustus-Statuen, die nicht nur in unterschiedlicher Größe überall auf der Bühne stehen, sondern auch kopfüber an den Wänden hängen. Wenn sich Ezio und die anderen zum Schlusschor in friedlicher Harmonie auf einem Podest zum Gruppenbild positionieren, wirken sie selbst wie Relikte einer längst vergangenen Zeit und fangen nur einen Moment ein, der vielleicht vor einem anschließend folgenden Blutvergießen gestanden haben mag. Auch die von Kaspar Glaner entworfenen hohen weißen Bühnenwände wirken wie zwei leere Seiten eines Buches, das erst noch geschrieben werden muss.

Valentiniano (Max Emanuel Cencic) will Fulvia (Paula Murrihy) zwingen, ihn zu heiraten (rechts: Massimo (Beau Gibson)).

Beeindruckend gelingt die Lichtregie von Joachim Klein, der aus den Schatten der Figuren beeindruckende Bilder auf die weißen Rückwände wirft. Vor der Pause werden diese Schatten so geschickt in die Projektion eines grauen Steinbodens auf der Rückwand eingearbeitet, dass die Figuren über die senkrechten Wände zu laufen scheinen. Nach der Pause sind es die zahlreichen Augustus-Statuen, die überall auf den Wänden reflektieren und somit die grenzenlose Macht und Willkür des Kaisers manifestieren. Einige der Video-Projektionen von Bibi Abel bleiben allerdings unklar. Während der Steinboden wunderbar mit den Figuren korrespondiert, werden die schwarzen Schatten zu Beginn der Aufführung, die in der Form an Flugzeuge erinnern, nicht klar. Soll das ein Zeichen der Gegenwart sein, die in Form der Technologie über die Antike hinweg fliegt, oder sind es Vögel, die über den Kaiserpalast fliegen und an deren Flug in der Antike die Zukunft gedeutet wurde? Immerhin lässt Kaspar Glaner auch angedeutete große schwarze Vögel im Flug aus dem Schnürboden herabsinken. Aufwendig gestaltet sind die Kostüme von Christian Lacroix, der Fulvia und Onoria mit ausladenden Rokoko-Kleidern ausstattet, die farblich auf Massimos dunklen Mantel und Valentinianos glänzende Gewänder abgestimmt sind.

Ezio (Sonia Prina) ist verzweifelt.

Für die Produktion sind mit Sonia Prina und Max Emanuel Cencic zwei hochkarätige Gäste engagiert worden. Prina stattet die Titelpartie mit einer satten Mittellage aus und taucht mit großem Volumen in unglaubliche Tiefen ab. Einen Höhepunkt stellt ihre große Arie "Se fedele mi brama il regnante" dar, in der Ezio zwischen seinen Gefühlen für Fulvia und der Treue zum Kaiser hin- und hergerissen wird. Hier begeistert Prina mit beweglichen Koloraturen und Ausbrüchen in dramatische Höhen, die den inneren Kampf der Titelfigur regelrecht spürbar machen. Auch die tragische Arie "Ecco alle mie catene", wenn sich Ezio von der Geliebten verabschiedet, um in den Kerker zu gehen, wird von Prina mit großer Wärme und Innigkeit gestaltet. Darstellerisch wirkt Prina in der Hosenrolle mit virilem Spiel absolut überzeugend. Cencic spielt den paranoiden Charakter des Kaisers mit einem wandlungsfähigen Countertenor aus, der einerseits in weichen Passagen belegt, dass er schwach und kein Held wie Ezio ist, andererseits zu dramatischen Ausbrüchen fähig ist, was die Unberechenbarkeit dieses Kaisers deutlich macht. Neben diesen beiden Gästen sind die anderen Partien mit Ensemble-Mitgliedern ebenfalls hochkarätig besetzt. Paula Murrihy begeistert als Fulvia mit dramatischem Mezzo, der die innere Zerrissenheit zwischen ihrer Liebe zu Ezio, der Furcht vor dem Kaiser und dem Gehorsam ihrem Vater gegenüber glaubhaft zum Ausdruck bringt. Auch darstellerisch weiß Murrihy als leidende junge Frau zu überzeugen. Großartig gelingt ihre Szene "Misera, dove son?", die in die Wahnsinns-Arie "Ah! Non son io che parla" übergeht, in der sie ihrem Schmerz nach dem scheinbaren Verlust des Geliebten freien Lauf lässt. Sofia Fomina stattet Valentinianos Schwester Onoria mit leuchtendem Sopran aus und präsentiert sich als glaubhafte Rivalin zu Fulvia, die aber im Gegensatz zu den männlichen Charakteren wie Fulvia ebenfalls humanistische Züge trägt und daher bereit ist, auf den geliebten Ezio zu verzichten. Beau Gibson stattet den intriganten Massimo mit einem kräftigen Tenor aus und wirkt auch optisch durch seine große Statur gefährlich. Simon Bode gefällt als Varo mit lyrischem Tenor. Christian Curnyn lotet mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester Glucks Partitur differenziert aus und lässt aus dem Orchestergraben einen gelungenen Barock-Sound erklingen. So gibt es am Ende begeisterten Applaus für alle Beteiligten, in den sich auch das Regie-Team einreiht. FAZIT Glucks Frühwerk ist trotz (oder wegen?) der zahlreichen Rezitative ein spannendes Stück Musiktheater, das auf den Bühnen einen festen Platz neben anderen Barockopern verdient.

KALENDER

SA E I T E 2 2 LEO, 07_11_2013 OPER: GLUCKS »EZIO« IN FRANKFURT

Römer groß in Mode

KINDER & JUGEND

MONTAG 11.11. DARMSTADT

Zwinger 3, 10 Uhr, Herr Sturm und sein Wurm Theaterstück von Barbro Lind und Cecilia Torudd für Kinder 4 Jahren

FRANKFURT

Kinderparadies im Friedenspa 17 Uhr, St. Martins-Umzug, Laternenumzug

SCHAUSPIEL Staatstheater, Kammerspiele, 20 Uhr, Antigone, Tragödie von Sophokles

Schauspiel Frankfurt, Bockenheimer Depot, 20 Uhr, Die Geierwally, Schauspiel von Wilhelmine von Hillern 20 Uhr, Familie: Schroffenstein, Schauspiel frei nach Heinrich von Kleist

Man trägt Lacroix in Frankfurt: Countertenor Max Emanuel Cencic (li.) als Valentiniano, Sonia Prina als Ezio. | Foto: Barbara Aumüller/frei Als Reformer, der hohles Gesangsvirtuosentum bekämpfte und die starre Gliederung der Barockoper in Da-capo-Arie und Rezitativ durch große, musikdramatisch durchgearbeitete Szenen ersetzte, ging Christoph Willibald Gluck (1714-1787) in die Musikgeschichte ein. Ehe er jedoch 1762 mit dem „Orfeo“ seine erste Reformoper schuf, komponierte Gluck durchaus noch im konventionellen Idiom der Opera seria. Eine Oper aus Glucks vorreformerischer Phase ist auch der 1750 in Prag uraufgeführte „Ezio“, der in den vergangenen Jahren gleich durch mehrere Einspielungen discografisch der Vergessenheit entrissen wurde und nun von der INFO

Gluck: »Ezio«, Premiere: So 10.11., 18 Uhr, Frankfurt, Opernhaus, weitere Termine: 14., 17., 22., 24. und 29.11., 7.12.; Karten: 069 21249494 LEO-METER

Luxuriös ausgestattet und besetzt

Oper Frankfurt auf die Bühne gebracht wird: unter der musikalischen Leitung des britischen Barock-Spezialisten Christian Curnyn, in der Regie Vincent Boussards und in Kostümen des bekannten französischen Modeschöpfers Christian Lacroix. Das Libretto, das aus Metastasios Feder stammt und zum Beispiel auch von Händel und Hasse vertont wurde, erzählt von Liebe und Intrigen im spätantiken Rom. Siegreich aus der Schlacht gegen die Hunnen heimkehrend muss der römische Feldherr Ezio (Aetius) erfahren, dass seine geliebte Fulvia mittlerweile von seinem Dienstherrn, Kaiser Valentiniano, zur Frau erkoren wurde. Dass Fulvia dabei nur ein Rachewerkzeug ihres Vaters Massimo sein soll, ahnen weder Ezio noch der Kaiser: Massimo, dessen Frau einst von Valentiniano entehrt wurde, will nämlich nur deshalb, dass seine Tochter den Kaiser heirate, damit sie ihn hernach leichter töten kann. | kai

HEIDELBERG

Bockenheim, Titania, 19.30 Uhr, Candide oder der Optimismus!, Schauspiel von Alexander Brill und Torsten Knoll nach Voltaire HEIDELBERG

Zimmertheater, 20 Uhr, Wir lieben und wissen nichts, Schauspiel von Moritz Rinke

KARLSRUHE

LUDWIGSHAFEN

MANNHEIM

Schnawwl Kinder- und Jugendtheater, Foyer, 11 Uhr, Spatz Fritz, Theaterstück von Rudolf Herfurtner für Kinder ab 4 Jah SCHWETZINGEN

Stadtbibliothek, 15 Uhr, Drei kleine Monster, Figurentheater für Kinder ab 3 Jahren mit der Compania t WALDMOHR

TV-Halle, 15 Uhr, Tanz — Musik — Spiel, für Kinder von 4 bis 6 Jahren

PARTY-TIME

Badisches Staatstheater, Studio, 19 Uhr, Der Vorname, Komödie von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patelliere

Pflaumenbaum, 20 Uhr, Crazy Monday, Black, House, Fetenhits, Rock

LUDWIGSHAFEN

KARLSRUHE

Prinzregententheater, Großes Haus, 20 Uhr, Familie Günter Kippdibbel, Komödie von Bernhard F. Dropmann

KLASSIK FRANKFURT

Alte Oper, Großer Saal, 20 Uhr, Württembergisches Kammerochester Heilbronn und Sharon Kam (Klarinette), Werke von Rossini, Verdi und Puccini Oper, Holzfoyer, 20 Uhr, Jonas Vitaud (Klavier), Werke u.a. von David, Liszt und Wagner MANNHEIM

Rosengarten, 20 Uhr, Nationaltheaterorchester Mannheim und Alexander Gilman (Violine), Werke von Mozart und Mahler

POP, ROCK, JAZZ, WELTMUSIK...

KAISERSLAUTERN

Club Le Carambolage, 21 Uhr Der kleine Tanzladen, Pop, Indie, Rock, Disco, Wave MANNHEIM

Neuostheim, Lindbergh, 21 U The Spirit of the 90's, Musik der 90er Jahre

LESUNGEN & VORTRÄ FRANKENTHAL

Congressforum, 19.30 Uhr, Rheinpfalz Impuls: Thorst Havener — 90 Minuten, di Leben verändern!, Vortrag HASSLOCH

Gemeindebücherei, 20 Uhr, Schmökern mit den Xanth pen, Buchvorstellungen MANNHEIM

Alte Feuerwache, 20 Uhr, Axel Hacke: Oberst von H und andere Geschichten, Autorenlesung T. REMCHINGEN

DER OPERNFREUND.DE, 10_11_2013 www.deropernfreund.de_November_13 http://www.deropernfreund.de/opernhaus-np.html

EZIO

(Christoph Willibald Gluck)

Premierenbericht vom 10. November 2013 Ausstellungsstück aus der Musikgeschichte Eine historische Begebenheit aus der Spätantike lieferte einen in der Barockzeit häufig vertonten Opernstoff: Der Feldherr Flavius Aetius (Ezio) hat den Hunnenansturm unter Attila erfolgreich abgewehrt. Er fällt jedoch einem Attentat zum Opfer, welches der römische Kaiser Valentinianus (Valentiniano) höchstselbst verübt, um sich des zu mächtig werdenden Heerführers zu entledigen. Der Dichter Metastasio hat daraus in seinem Opernlibretto in freier Abwandlung eine verwickelte Beziehungsgeschichte gemacht. Auch bei ihm kehrt Ezio siegreich aus der Schlacht gegen Attila an den Hof des Kaisers zurück. Dort gerät er in eine Intrige von Massimo, eines Vertrauten des Kaisers. Der Kaiser hatte nämlich die Frau des Massimo vergewaltigt, wofür dieser sich rächen will. Dazu will Massimo seine Tochter Fulvia mit dem Kaiser verheiraten. Der so geschaffene Zugang zu den Gemächern des Kaisers soll die Gelegenheit zur Rachetat bieten. Fulvia jedoch liebt Ezio, welchen Valentiniano aber mit seiner Schwester Onoria verheiraten will. Der Mordanschlag gegen den Kaiser mißlingt. Massimo lenkt den Verdacht auf Ezio. Valentiniano erteilt schließlich den Befehl zur Ermordung des Heerführers. Als der angebliche Vollzug des Befehls gemeldet wird, wiegelt Massimo das Volk gegen den Kaiser auf. Da erscheint plötzlich der unversehrte Ezio und verhindert den Tyrannenmord. Es kommt zur allgemeinen Versöhnung, der Kaiser verzichtet zugunsten von Ezio auf Fulvia, Massimo ist geläutert, gemeinsam singt man die Moral von der Geschicht‘. Lieto fine. Vorhang.

Ein Prachtexemplar von einem Macho: Sonia Prina als Ezio Christoph Willibald Gluck hat dieses Libretto noch ganz im Stile einer barocken Opera seria vertont. Auf lange Rezitative folgen virtuose Arien. Dies ist genau jenes starre Korsett, welches Gluck in späteren Jahren mit seiner Opernreform aufsprengen sollte. Moderne Regisseure versuchen bei Barockopern gerne, die nach heutigem Geschmack etwas länglichen Da-capo-Arien mit szenischen Mätzchen und allerlei Ausstattungsplunder ein wenig abwechslungsreicher zu machen und obendrein allzu ausführliche Rezitative auf das unbedingt Notwendige zurechtzustutzen. Das Frankfurter Produktionsteam mit Regisseur Vincent Boussard und dem Alte-Musik-Shootingstar Christian Curnyn am Pult hat den anspruchsvolleren Weg gewählt, auf die Qualität des Textes von Metastasio zu vertrauen. So stehen in der aktuellen Aufführung die Rezitative im Vordergrund, alleine schon weil sie einen Großteil der Gesamtspieldauer beanspruchen. Das weitgehend kahle Bühnenbild von Kaspar Glarner bietet wenig Ablenkung. Sehr dezent werden abstrahierte Projektionen eingesetzt, so zu Beginn ein ruhig über den Himmel ziehendes Flugzeuggeschwader als Sinnbild für die siegreich heimkehrende römische Armee oder Wasserspiegelreflexe, wenn in einer Arie Wassermetaphern gebraucht werden. Eine wichtige Rolle kommt der Beleuchtung zu (gestaltet von Joachim Klein). Die Bühne ist von Szene zu Szene in ein anderes farbiges Licht getaucht. Sehr theaterwirksam und variantenreich wird beinahe durchgängig der Schattenwurf der Darsteller auf der Rückwand eingesetzt. Immer wieder werden schlagartig die Lichtstimmungen gewechselt, um Gefühlsumschwünge oder Wendepunkte zu unterstreichen.

Schattenspiele: Paula Murrihy als Fulvia In dieser beinahe schon bis zur Kälte stilisierten Umgebung wirken die phantasievoll-üppigen Kostüme von Christian Lacroix umso spektakulärer. Gleichwohl ist der Rausch aus Stoff und Farben kein Selbstzweck. Vielmehr sind die Kostüme äußerer Ausdruck von Charakter und Stellung der einzelnen Figuren. Die Beamten Massimo und Varo sind dunkel und schlicht gewandet in uniformartige Anzüge. Dagegen wird der Held Ezio mit einem aufgemalten Brustpanzer versehen, der ihn fast schon als ein wenig eitlen Kraftprotz denunziert. Fulvia erscheint zunächst in hochgeschlossenem schwarzen Kleid, später dann in bräutlichem Weiß mit überdimensionierter Schleife um die Hüften wie ein kostbares Geschenk, verpackt für den Kaiser. Dieser darf als einziger Mann Extrovertiertheit mit farbig leuchtenden Mänteln zeigen. Die ausdrucksvollen Kostüme in karger Umgebung saugen die Blicke des Publikums an und lenken sie ganz auf die Figuren. Mit ihnen arrangiert Regisseur Boussard ein intensives Kammerspiel, das mit wenigen Requisiten auskommt und ganz auf Gesten, Blicken und Posen beruht. Ja, der Regisseur läßt seine Darsteller immer wieder auch posieren, Haltungen und Körperstellungen einnehmen, die dem Manierismus abgeschaut scheinen. Hier agieren eben keine Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts in Straßenanzügen mit „natürlicher“ Allerweltsgestik, sondern Figuren der ausgehenden Barockzeit. Ein solches Konzept hätte mit minderbegabten Darstellern rasch scheitern können. In Frankfurt aber verhilft ein spielfreudiges Ensemble der Regie zur Entfaltung.

Spielfreudiges Ensemble: Max Emanuel Cencic (Valentiniano), Paula Murrihy (Fulvia) und Beau Gibson (Massimo) Dies liegt auch daran, daß die Sänger offenkundig sehr intensiv an der Textgestaltung der Rezitative gearbeitet haben. Sie finden eine staunenswerte Bandbreite an Ausdrucksmitteln, die eben nur im Gesang zu realisieren ist. Eindrucksvoll wird dadurch die Berechtigung des Rezitativs gegenüber dem reinen Sprechen aufgezeigt. Ausnahmslos alle Rollen sind vom Stimmtyp her ideal besetzt. Jede Stimme hat ihre eigene, unverwechselbare Farbe. Sonia Prina gibt mit ihrem satten, kernigen Alt den Ezio als Prachtexemplar von einem selbstgefälligen Macho. In den Arien zeigt sie ihr sängerisches Format und präsentiert selbst halsbrecherische Koloraturen mit beinahe beiläufiger Selbstverständlichkeit. Im zweiten Teil bekommt sie einen Anflug von Belag auf den Stimmbändern rasch in den Griff und führt die davon kaum eingetrübte Arie souverän zu Ende. Der Countertenor Max Emanuel Cencic wirkt als Kaiser Valentiniano dagegen exaltierter, angespannter, auch zerbrechlicher – sehr passend zu einem nervösen Psychopathen. Mit Prina und Cencic als Gästen bietet die Oper Frankfurt eine internationale Spitzenbesetzung für zwei der Hauptfiguren an, hinten der aber die hauseigenen Kräfte in keiner Weise zurückstehen. Paula Murrihy macht mit ihrem in allen Registerlagen ausgeglichenen, runden und ausdruckstarken Mezzosopran die Fulvia zur zentralen Figur des Stückes. Stimmlich und darstellerisch setzt sie nach ihrer ergreifenden Dido einen neuen Glanzpunkt in ihrer noch jungen Karriere. Ganz ausgezeichnet paßt der baritonal geerdete und mit einer gesunden Höhe ausgestattete Tenor von Beau Gibson zur Figur des Massimo. Seine Gestaltung der Rezitative überzeugt restlos. In den Arien kommt seine warme und lyrische Stimme gut zur Geltung. Lediglich in den Auszierungen bleiben gelegentlich letzte Wünsche offen. Womöglich machte sich hier ein Hauch von Premierennervosität bemerkbar. Heller, kopfresonanzlastiger klingt der Tenor von Simon Bode in der Rolle des Varo. Das Ensemble wird abgerundet von Sofia Fomina, die als Kaiserschwester Onoria mit süßem, koloratursicherem Sopran zu überzeugen weiß.

Starke Stammsänger: Beau Gibson (Massimo) und Paula Murrihy (Fulvia) Das Opernorchester spielt in kleiner Besetzung ganz nach dem heutigen Standard historischer Aufführungspraxis. Die Streicher benutzen Barockbögen und vermeiden das Dauervibrato, was gelegentliche Intonationstrübungen in den Violinen mit einschließt. Wunderbar geraten die Solopassagen auf der Barockoboe. Insgesamt gelingt es Christian Curnyn, die Partitur in den Arien lebendig und kontrastreich zu gestalten, die Begleitung der Rezitative jedoch in Rhythmus und Tempo ganz dem Sprachduktus unterzuordnen. Besonders hervorzuheben ist, daß sich die auf dem Besetzungszettel namentlich aufgeführten Instrumentalisten mit Ausnahme der Holzbläser alle aus dem Stammorchester der Oper rekrutieren. Die Flexibilität der Musiker geht also so weit, daß sie gestern Wagner und morgen Aribert Reimann spielen, heute aber Gluck in einem Klanggewand präsentieren, welches man ansonsten nur von Spezialensembles für Alte Musik geboten bekommt. Die Komposition hat stärkere und schwächere Momente. Brillante Einfälle stehen neben konventionellen Passagen. Es ist eine jener Ausgrabungen vergessener Opern, die es lohnen, entdeckt zu werden, die jedoch zu Recht nicht den Eingang in den Kanon des geläufigen Repertoires gefunden haben. Man betrachtet diese Raritäten wie besonders ansprechend arrangierte historische Ausstellungsstücke: weniger emotional berührt als unterhaltsam belehrt. Den Schluß der Oper scheint Regisseur Boussard auch genau in dieser Haltung inszeniert zu haben: In dem Moment, wenn das bis dahin kammerspielartige Beziehungs- und Verschwörungsdrama auf das wie üblich an den Haaren herbeigezogene Lieto fine zusteuert, in dem sich alle Widersacher in einem Anfall spontanen Großmuts urplötzlich verzeihen, weitet sich die Bühne zu einem Ausstellungssaal mit haufenweise Auguststatuen in allen Größen. Modern gekleidete Museumsbesucher betrachten die Exponate interessiert und schießen Photos mit ihren Smartphones, während die Sängerriege unbeirrt zum moralisierenden Schlußgesang ansetzt. Großen, warmen Applaus spendet das Premierenpublikum verdientermaßen Sängern, Orchester und Dirigent, wohlwollende, ungeteilte Zustimmung erhalten Regie und Ausstattung. Michael Demel (11.11.2013) (Copyright der Bilder: Barbara Aumüller)

OPERNNETZ.DE, 10_11_2013 www.opernnetz.de_November_13 http://www.opernnetz.de/seiten/rezensionen/fra_ezi_roe_131110.htm Auf tönenden Adlerschwingen Sein zärtlicher Genius versteht alles fernzuhalten, was seinem Hörer nur das leiseste Leid verursacht. Er schont seine Empfindungen und Gefühle“, so Stendhal 1814 über den berühmten Musikdichter Pietro Metastasio. Metastasio war jener, der bestimmte, was wie auf den Bühnen im achtzehnten Jahrhundert sängerisch formuliert wurde. Ein Komponist galt, gemessen an seinem Genie, recht wenig. Wenn dieser Megastar-Librettist den Federkiel gezückt hatte, zählte das geschriebene Wort. Das traf auch für sein Ezio-Gedicht, das in den Salons der Zeit rezitiert wurde zu. Immerhin, es gab über vierzig musikalische Fassungen dieses Ezio. Eine davon auch von Maestro Händel in London. Auch Christoph Willibald Gluck, der als Opernreformer in die Musikgeschichte einging, war sich bewusst, welch genialer Wortkünstler Metastasio ist. Als Gluck seine frühe opera seria Ezio 1750 zur Karnevalszeit im Prager Teatro Nuovo herausbrachte, lagen 20 Jahre musikalischer Wanderschaft und ein reiches Opernschaffen hinter ihm. Als dann die zweite Fassung des Ezio 1763 in Wien gespielt wird, ist er bereits eine musikalische Kultfigur und wird „Ritter Gluck“ genannt. An der Frankfurter Oper kommt Glucks erste Fassung des Ezio von 1750 auf die Bretter. Eine mit etlichen Secco- und Accompaniato-Rezitativen gespickte Partitur, in der sich sanfte gefühlvolle Arien mit den damals üblichen, emotional überschäumenden Bravourarien abwechseln. Der Zuschauer wird, wie von magischer Hand geführt, in den großen Guckkasten geworfen, den Kaspar Glarner entworfen hat. Auf große weiße Trennwände, die viel Platz für das Licht- und Schattenspektakel von Joachim Klein zulassen, werden antike Steine projiziert, auf denen die Figuren, die sich im Vorderraum befinden, Schatten werfen. Mal übergroß, mal eins zu eins. Das erinnert an einen Spaziergang auf dem Forum Romanum oder der Via Appia Antica. Versetzt gleichsam in jene vergangene Epoche. Zu Beginn fliegen Kampfgeschwader durch die Lüfte. Eine kleine, winzige Cäsarfigur aus Gips liegt auf der leeren Bühne. Große schwarze Schwingen eines Adlers werden herabgelassen. Aëtius, also der Adler, landet in Rom und bestimmt nun das Geschehen. Schwingen, die zwischen Raum und Zeit schweben und unsere Fantasie in die Epochen Ezios oder Glucks hinübertragen. Im zweiten Akt tummeln sich Cäsarfiguren jeglicher Größe auf der Bühne und werfen imposante Schattenmalereien, die das Auge faszinieren.Der französische Modeschöpfer Christian Lacroix schuf die bildgewaltigen, ausladenden Roben. Eine Reminiszenz an Glucks Epoche und die vergessene Cäsarenzeit: schwarzes Rokoko-Taftkleid trifft auf Brustpanzer mit Skelettabbild. Der Kaiser trägt einen roten Samtmantel, der an die chinesischen Kaiser erinnert. Kunstfiguren, die, in Spiel und Musik getaucht, Lebendigkeit erfahren. Metastasios Ezio nimmt den Sieg der Römer über Attilas Hunnen 451 als inspirierendes Ereignis zur Vorlage. Ezio kehrt nach erfolgreicher Schlacht heim und wird in allerhand Intrigen und Verwirrungen gestürzt. Kaiser Valentiniano, überempfindlich, psychopathisch, machthungrig und lüstern möchte Ezios Geliebte Fulvia zur Frau. Diese schwankt zwischen Vaterliebe und der Liebe zu Ezio, dem Helden von Rom. Ihr Vater Massimo, dessen Frau einst vom Kaiser geschändet wurde, verfolgt nur einen Gedanken: Der Kaiser muss sterben. Die Schwester des Kaisers Onoria liebt ebenfalls Ezio. In einem dreistündigen musikalischen Ränkespiel aus Intrige, Misstrauen, Liebesbeschwörungen und Treuebekundungen treffen jene sechs Personen unterschiedlicher Wesensart aufeinander. Regisseur Vincent Boussard legt großen Wert auf die lang wirkenden Rezitative, denen er musikdramaturgische Spannkraft einhauchen will. Das gelingt aber nur zum Teil. Denn nicht alle seiner sechs Schauspielsänger füllen die übergroß wirkende Spielfläche mit überschäumender Gestik, Präsenz und Fulminanz. Das mag am Stück, an der auf Rezitativ setzenden Regie Bussards liegen. Zum einen ist das Max Emanuel Cencic. Er gestaltet seinen Kaiser Valentiniano, der Ezios Macht und Beliebtheit beim Volk fürchtet, raffiniert unheimlich. Er zeichnet einen verdeckt agierenden Psychopathen, der wie ein drohendes Untier jederzeit zubeißen kann. Ein bisschen Hannibal Lecter, ein bisschen Beau mit nervösen Zuckungen. Diese Gesten sind aus dem Geist der Psychoanalyse kreiert. Sonia Prina singt ihre Nummern schön, mit leichter Rauigkeit in der Stimme. Der gewichtige, gestalterische Gegenpart zum „Herrschermonster“ oder zur liebend süßen Fulvia gelingt ihr selten. Fulvia, die zerbrechlich aufbegehrende Tochter Massimos, wird von der grandios aufspielenden Paula Murrihy gegeben. Ihr glaubt man jegliche Gefühlsregung, innere Zweifel und große Empathie zur Musik Glucks. Ihre Arie Ah, non son lo che parlo“ gerät zum Höhepunkt des Abends. Wie schön, dass Bernd Loebe sie als Ensemblemitglied der Oper Frankfurt gewinnen konnte. Massimo, Berater des Kaisers und der eigentliche Bösewicht, wird mit geschmeidigem, tenoralem Tonfall von Beau Gibson gegeben. Die bezaubernde Sofia Fomina, Onoria, bringt in ihrem zu kurzen Auftritt die innige Seelenlage einer wahrhaft Liebenden zum Ausdruck. Tonschön auch der wahre Freund Ezios, der treue Diener Vario von Simon Bode. Die Maximen der opera seria besagen, dass „nur edle Zartheit der Leidenschaft, keine Alltagsschmerzen und keine unglücklichen Lösungen an das Ohr des Zuhörers dringen dürfen“. Der Alte-Musik-erfahrene Christian Curnyn dirigiert mit kluger Hand und entlockt dem sehr tief gestimmten Barockensemble der Oper Frankfurt Klangwelten vergangener Welten, die es zu entdecken gilt. Ein Opernabend, der eine wahre Rarität aus der Schatztruhe der opera seria hervorzaubert und so manche sanfte, milde musikalische Geste, betörend schöne Arie in Erinnerung verweilen lässt. Lang anhaltender Applaus vom einem, in eine ferne Zeit entrückten Publikum. Barbara Röder Fakten zur Aufführung EZIO (Christop Willibald Gluck) 10. November 2013 (Premiere) Oper Frankfurt

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Fotos: Barbara Aumüller

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FEUILLETONFRANKFURT.DE, 13_11_2013 www.feuilletonfrankfurt.de_November_13 http://www.feuilletonfrankfurt.de/

Bibi Abel. Vor allem aber belebt durch die Kostümpracht von Christian Lacroix, die bereits in “Adriana Lecouvreur” bewundert werden konnte. Schon lange entwirft der Modeschöpfer Kostüme für Oper-, Ballett- und Schauspielaufführungen. Jetzt in Frankfurt ist eine opulente, barocke Kleiderpacht zu erleben: der Kaiser in blutrotem Mantel, aber auch schlüpfrig mit hautfarbenen Dessous, seine Schwester in blutrotem Umhang und Fulvia in grosser schwarzer Robe. Die Inszenierung wurde, wie gesagt, vom Publikum begeistert aufgenommen.

“Ezio” – Oper von Christoph Willibald Gluck. Frankfurter Erstaufführung 13. November 2013

Überlebensangst – Machtspiel – Pracht – Intrige – Tugendhaftigkeit Von Renate Feyerbacher

Fotos: Barbara Aumüller /Oper Frankfurt und Renate Feyerbacher Am 10. November 2013 hatte Christoph Willibald Glucks Dramma per musica “Ezio” Premiere an der Oper Frankfurt. Ein vom Publikum begeistert gefeierter Abend. Rezitative über Rezitative, aber sie lassen die komplizierte Handlung verstehen und sind musikalisch einprägsam schön. “Das Wort wird zum Treffpunkt und zur Waffe”, so beschreibt der Regisseur der Frankfurter Erstaufführung, Vincent Boussard, gebürtiger Franzose, das Libretto. Es schrieb 1728 Pietro Metastasio (1698 – 1782). Wortgefechte auf der Bühne, Gefechte mit dem Schwert nur hinter der Bühne. Rezitative seien der Schlüssel zu den Charakteren. Ein Theaterstück mit Musik, das zunächst manchmal sehr statisch daherkommt, aber später Fahrt aufnimmt. Intrige und Mordabsicht treiben die dramaturgische Spannung voran. Zwei tugendhafte Menschen, das Liebespaar Feldherr Ezio und Fulvia, die Tochter Massimos, stehen dem machtgeilen, angstbesessenen, intriganten Kaiser Valentiniano und seinem intriganten, seine Tochter opfern wollenden Vertrauten Massimo gegenüber. Onoria, die Schwester des Kaisers, weise vermittelnd, wie Fulvia dem humanistischen Gedanken verpflichtet, und Vario, der nicht zum Mörder am Freund wird, sind wichtige Figuren in den verbalen Schlachten.

Sonia Prina (Ezio) und Paula Murrihy (Fulvia); Foto © Barbara Aumüller

Christian Lacroix mit der Autorin Renate Feyerbacher Und was für Sängerinnen und Sänger stehen da auf der Bühne: Kein Geringerer als der Countertenor Max Emanuel Cencic. Er – 1976 in Zagreb geboren – verkörpert den Kaiser. Wie er diese Angstzustände singt, dann die ins Hysterische überschlagenden Machtausbrüche gestaltet, das macht sprachlos, lässt einen den Atem anhalten. Cencic gibt sein Debüt an der Frankfurter Oper. Was für ein Gewinn! Er erhielt den Opera Award 2013, den ECHO Klassik 2013 zusammen mit Philippe Jaroussky für die Einspielung der Oper “Artaserse” von Leonardo Vinci (1690 – 1730). Die beiden sangen die Hauptpartien.

Sonia Prina; Foto: Renate Feyerbacher Sonia Prina, die Barockspezialistin, die auf der ausgezeichneten CD “Ezio” die Titelpartie singt (Cencic den Kaiser), ist Ezio. Ein eingespieltes Duo. Das Frankurter Publikum feierte Prina bereits in Vivaldis “Orlando”. Die Altistin ist eine der führenden Sängerinnen ihres Fach und international gefragt. Ihre Diskografie, zu der “Ezio” gehört, ist beachtlich. Geradezu herb, sehr männlich wirkt sie auf der Bühne, und man ist später erstaunt, einer spritzigen Italienerin zu begegnen. Was für eine Stimme, was für ein schauspielerisches Talent!

Metastasio war der führende Literat für die damalige Bühne und auch vom Publikum geschätzt. Die längste Zeit, ab 1729, war der Italiener Hofdichter beim Kaiser in Wien. Vermutlich 1731 vertonte Georg Friedrich Händel (1685 – 1759) Metastasios Text für seine gleichnamige Oper (Uraufführung London Februar 1732). Allerdings hat Händel diesen Text sehr verändert. Christoph Willibald Gluck (1714 – 1787) schuf sein Werk knapp 20 Jahre später. Die Uraufführung seiner 1. Fassung fand in Prag statt, der Komponist war damals 36 Jahre alt. Mehr als in der 2. Fassung, die drei Jahre später in Wien uraufgeführt wurde, wird dem sehr klugen, äusserst dramatischen Text Metastasios Gleichwertigkeit zugestanden. Diese erste Fassung des Dramma per musica in drei Akten – der Prager Fassung also – wird nun in Frankfurt gespielt. Das frühe Werk Glucks mit schönen musikalischen Einfällen ist allerdings nicht mit den musikalischen Ideen Händels vergleichbar.

Paula Murrihy (am 5. 12. 2010 in der Oper Frankfurt); Foto: Renate Feyerbacher Paula Murrihy, die junge irische Mezzosopranistin, gibt ihr Rollendebüt als Fulvia, die junge russische Sopranistin Sofia Fomina als Onoria. Beide Frauen, Ensemblemitglieder, überzeugen in ihren Rollen. Sehr stark und klar ihre Stimmen. Paula Murrihy wird ab 16. November wieder in der Wiederaufnahme von “Dido und Aeneas” brillieren. Auch Beau Gibson als Massimo und Simon Bode als Varo gefallen. Ihre tenoralen Stimmen sind ungetrübt, klar umrissen. Und die Musik?

Max Emanuel Cencic (Valentiniano), Paula Murrihy (Fulvia) und Beau Gibson (Massimo); Foto © Barbara Aumüller Ezio alias Flavius Aëtius, der im 5. Jahrhundert lebte, ist eine historische Figur. Er war ein bedeutender, erfolgreicher Heerführer unter Kaiser Valentinian III. Dieser liess Aëtius jedoch später während seiner Rede auf dem Palatin in Rom ermorden. Neid ist ein starker Charakterzug des Kaisers, der von wahnsinnigen Überlebensängsten geschüttelt wird.

Ein kleines Ensemble von vorzüglich musizierenden Mitgliedern des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters: elf Geigen, vier Violen, drei Violoncelli, zwei Kontrabässe, zwei Barockoboen, zwei Barockfagotte, zwei Hörner, Cembalo und Continuocello – eigentlich eine Besetzung für ein kleines Barocktheater wie in Schwetzingen. Dennoch war das grosse Frankfurter Opernhaus vom Klang erfüllt – ausgefüllt.

Regisseur Vincent Boussard zeichnet diese Figur geradezu grandios. Eindrücklich, wie er diesen machtlüsternen Schwächling wimmernd an der Brust eines Untergebenen Zuflucht suchen lässt. Christian Curnyn; Foto: Renate Feyerbacher Geleitet wurde das Ensemble von Christian Curnyn. Was ihm gelang. Eine eindrucksvolle, musikalische Dynamik. Schon einmal begeisterte er mit “La Calisto” in der Spielstätte Bockenheimer Depot der Oper Frankfurt. Vincent Boussard; Foto: Renate Feyerbacher Auch Fulvia, die, obwohl sie Ezio liebt und ihm versprochen ist, aber aus politischintriganten Gründen von ihrem Vater mit Kaiser Valentiniano verheiratet werden soll, ist psychologisch grossartig geführt. Mal leidet sie still, mal verzweifelt. Ebenso Ezio, der um seine Liebe kämpft, sich dem Kaiser widersetzt und dafür ins Gefängnis geht, eine Hosenrolle, unglaublich männlich umgesetzt. Vater Massimo, dessen Frau vom Kaiser einst vergewaltigt wurde, will Rache: den Tod des Kaisers; er ist bereit, seine Tochter zu opfern, die zwischen Gehorsam gegenüber dem Vater, Furcht vor dem Kaiser und ihrer Liebe zu Ezio hin- und hergerissen ist. Massimo drückt sich an der Wand entlang, während andere reden, von Überlebensangst getrieben schleimt er um den Kaiser herum, ist gewalttätig der Tochter gegenüber.

(vorne v.l.n.r.:) Beau Gibson (Massimo; liegend), Paula Murrihy (Fulvia; sitzend), Sonia Prina (Ezio), Max Emanuel Cencic (Valentiniano; sitzend) und Sofia Fomina (Onoria) sowie im Hintergrund die Statisterie der Oper Frankfurt; Foto © Barbara Aumüller

Psychologisch überzeugend: fein, grob, gewalttätig, zwiespältig sind die Figuren geführt und verleihen dem dramaturgischen Spannungsbogen der komplizierten Handlung eine grosse Wirkung.

Weitere Aufführungen am 14.,17., 22. (danach Oper lieben), am 24. November und 7. Dezember 2013, jeweils um 19.30 Uhr

Das Bühnenbild von Kaspar Glarner ist karg, aber fulminant belebt durch das Licht von Joachim Klein, das einfallsreiche Schattenspiele ermöglicht, und den Videos von Bibi Abel. Vor allem aber belebt durch die Kostümpracht von Christian Lacroix, die bereits in “Adriana Lecouvreur” bewundert werden konnte. Schon lange entwirft der Modeschöpfer Kostüme für Oper-, Ballett- und Schauspielaufführungen. Jetzt in Frankfurt ist eine opulente, barocke Kleiderpacht zu erleben: der Kaiser in blutrotem Mantel, aber auch schlüpfrig mit hautfarbenen Dessous, seine Schwester in blutrotem Umhang und Fulvia in grosser schwarzer Robe. Die Inszenierung wurde, wie gesagt, vom Publikum begeistert aufgenommen.

(Wieder gibt es eine Lobeshymne von mir auf eine Premiere an der Oper Frankfurt, dieses Mal auf “Ezio”, ein selten gespieltes Werk. Es muss sein, sonst würde ich lügen.)

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, 14_11_2013

ECHO · Freitag, 15. November 201

Ohne Bart https://epaper.sueddeutsche.de/digiPaper/servlet/articlepageservlet?page=260283&text=1652407 singt es sich be Sueddeutsche_Zeitung_14.11.13

ROCK Nick Cave und seine

sich in Offenbach in exzelle

Feuilleton

Uns ist die Liebe ein Feind

VON CHRISTIAN CHUR

OFFENBACH. Er macht sich rar, aber wenn er auf der Bühne Nichts zu sehen, aber packend erzählt: Christoph Willibald Glucks 'Ezio' an der Oper steht, ist er eine Klasse für sich: Frankfurt Nick Cave legte am Mittwoch auf seiner Europatour einen Stopp in der Offenbacher StadtEs ist ein fruchtbares Wechselspiel: Die Countertenöre brauchen brillante Darstellungsmöglichkeiten, die Oper halleein.Gemeinsammitseiner braucht einen erweiterten historischen Aufführungsrahmen. Die meisten Häuser haben diesen inzwischen soweit Band, den „Bad Seeds“, gelang aufgespreizt, dass die Barockoper einen gebührenden Platz darin findet. Einer der engagiertesten Falsett- ihm der Spagat zwischen EnVirtuosen ist der Wiener Max Emanuel Cencic, der schon in jungen Jahren als Solist bei den Wiener tertainment und Melancholie. Sängerknaben glänzte, nach dem Stimmbruch als jugendlicher Sopranist ebenso brillant agierte und nach ein paar Jahren Pause fast bruchlos daran anknüpfen konnte. Er ist bis heute einer der besten Techniker, sodass Die erfreulichste Nachricht vorseine Stimme auch nach vielen Jahren Bühnenaktivität noch wunderbar trägt, manchmal fast geschmeidigerneweg: wirkt Nick Cave trägt seinen als in jungen Jahren. grauenhaften Schnauzbart nicht mehr. Der 56 Jahre alte Australier gibt sich wieder gepflegt und geAbgeschlossen ist sein Cencic ist einer der Hauptakteure dieses Repertoire-Wechselspiels. Immer wieder taucht er in neuen Rollendiegen. oft künstlerischer Abstecher hin in vergessener Meisterwerke auf. An der Oper Frankfurt war er nun als Kaiser Valentiniano in Christoph Willibald Glucks vierzehnter Oper 'Ezio' zu erleben. Den sang er schon 2008 in Paris, der Live-Mitschnitt erschien 2011 bei Richtung Schweinerock, den er Virgin Classics, und 2009 in derselben Rolle bei Coviello Classics. In allen Fällen geht es um die erste, die Prager mit seiner Zweitband „GrinderFassung von 1750, die Gluck im Zuge seiner Reformbestrebungen 13 Jahre später revidierte. Aber, dies zeigte man“ in den vergangenen Jahren die Frankfurter Produktion überdeutlich, auch der vorrevolutionäre Gluck hat seine Berechtigung, auch hier schuf unternommen hat. ein energiegeladenes Genie Meisterwerke, auch wenn er sich vom durch die barocke höfische Konvention Dennoch hat ihm der Ausflug geprägten Stil dann aufs Schärfste distanzierte. Er empfand ihn als allzu starr und klischeehaft, wollte wieder ins Rüpel-Lager sichtbar gut geunmittelbare Wirkung durch den Ausdruck echter Gefühle und packender Geschichten an Stelle von tan: Nick Cave erfreut sich bester vorgestanzten Plots und marionettenhaften Protagonisten. Laune und sieht richtig gut aus. Damit soll nicht gemeint sein, dass der groß gewachsene, hagere Mann eine Schönheit im Sinne Heute, nach 200 Jahren komplex sich entwickelnder Operntradition, wirkt das erhaben Barocke und verschnörkelt Höfische keineswegs so verstaubt, wie es Gluck und den Zeitgenossen erscheinen musste. Nicht zuletzt dieder gängigen Mode ist. Aber er versprüht Charisma, Kraft und Riege hervorragender Countertenöre - von Franco Fagioli bis Bejun Mehta - erfüllen die schon damals historischen Figuren mit einer Lebendigkeit, die man kaum für möglich hielt. Dabei vergessen sie das Vitalität, wie man es in der Form Wesentliche nicht. Und das ist für alle Opern dann doch ein Fixum: der Gesang. Die Farbigkeit des Gesangs, die nur selten von ihm kennt. Vielfältigkeit, die Virtuosität, letztlich aber der Stimmcharakter, der einerseits für sich genommen betört, Für viele seiner Fans ist er vor andererseits übergangslos in die Glaubwürdigkeit des Bühnencharakter fließt. allem ein Meister der Melancholie, der damit kokettiert, mit seiner „Traurigkeit glücklich zu Bei der Frankfurter Aufführung muss man fairerweise sofort ergänzen: Nicht nur Cencic, sondern auch die sein.“ Alben wie „The Boatman’s Call“, „The Good Son“ oder „No italienische Altistin Sonia Prina als Ezio, die irische Mezzosopranistin Paula Murrihy und die russische Sopranistin Sofia Fomina als Onoria fanden sich hochkarätig zu einem so stimmigen Eindruck zusammen, dass man aufMore jedeShall We Part“ sind in dem Sinne glanzvolle Beispiele seines bildliche Ablenkung durch ein aufwändiges Bühnenbild verzichten konnte. Der französische Regisseur Vincent Boussard sah dies offenbar genauso. Außer einer Videoprojektion zu Beginn, drei Lichtfarben auf derselbenausgefeilten Songwritings. Seine weißen Rückwand und ein paar Augustus-Statuen nach der Pause gab es nichts zu sehen. Was für einen aktuelle Platte, das im Februar erschienene „Push the Sky dreistündigen Opernabend normalerweise entschieden zu wenig ist. Away“, knüpft daran an. Auf der anderen Seite gibt er denwarhumorvollen Entertainer, Aber erstens gab es die aufwendigen Kostüme des Modedesigners Christian Lacroix zu bestaunen, und dann der das Publikum in der nahezu die Geschichte so packend erzählt, und zwar hauptsächlich durch lange Da-Capo-Arien, die üblicherweise auch ausverkauften Offenbacher nicht für Handlungsspannung sorgen, dass man eigentlich nur noch darauf achtete, wie sich die Protagonisten begegneten, wie Schauspielgestus und stimmliche Modulation ineinander übergingen, sich verschränkten zuStadthalle mit seiner markanten einer Bühnengestalt. Es waren die Sängerinnen und Sänger, die auch Dirigent Christian Curnyn aus seinemStimme in den Bann zieht – und anfänglichen Halbschlaf rissen. Nach der müden Ouvertüre des Opernorchesters wurde eine Königstragödie von beinahe Shakespeareschem Format aufgerissen - das Libretto schrieb immerhin Pietro Metastasio.

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FEUILLETON – Redaktion Kultur und Gesell Holzhofallee 25 – 31, 64295 Darmstadt, Tel Fax: 06151 387-533, E-Mail: Feuilleton@darm

Der Kaiser Valentiniano begehrt Fulvia, die Geliebte seines obersten Feldherrn Ezio, der gerade Rom vor feindlicher Übernahme bewahrt hat. Fulvias Vater Massimo (erst spät am Abend zu gesanglicher Blüte findend: Beau Gibson) will dagegen seine Tochter durchaus an den Kaiser verheiraten. Seine mörderischen Intrigen Johannes Breckner (job) inklusive Kaiser-Attentat klären sich erst ganz am Ende auf. Selten hat man so sehnsüchtig auf ein lieto fineStefan Benz (sb) gewartet, denn soviel Unrecht und Bösartigkeit, wie hier in drei Stunden ausgebreitet wird, hätte für drei bis fünf Barockopern ausgereicht. Der Kaiser überlebt und vergibt. Aber die schlaue, dabei herzensgute Fulvia muss ihn erst davon überzeugen, dass die Gnade des Souveräns manchmal sinnvoller ist als das Recht des Starken.

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Dies ist, bei allen formalen und musikalisch-stilistischen Differenzen, wohl der größte Unterschied zur nachreformerischen Zeit, insbesondere zu Mozart. Der hat die Gnade des Herrschers gleichsam zum zentralen Thema seiner Opern erhoben und dabei eben nicht nur rational argumentiert, sondern den Beweggrund reiner Menschlichkeit erfunden, der zweckfrei ausgeübten Empathie, kulminierend in hinreißenden Ensembleszenen. Die sind bei Gluck rar und schematisch. Sein dramatisches Metier ist die große Gefühlsarie, die musikalische Erhabenheit des Gescheiterten, Frustierten, Betrogenen. Manchmal kommt ihm Metastasios kunstvollliterarisches, dabei so lebenskluges Textbuch in die Quere. 'Uns ist die Liebe ein Feind', sagt Fulvia zu Valentiniano. Es ist die einzig klar formulierbare Konsequenz aus dem unerfüllten Beziehungschaos. Die ginge bei Mozart niemals durch, aber vor die Anbetung von Liebe und Barmherzigkeit hat die Operngeschichte erst einmal die aufklärerische Härte der sauberen Gefühlsbilanz gestellt. Und Gluck hat auch die hinreißend komponiert. Helmut Mauró

Quelle Verlag

Süddeutsche Zeitung

Datum

Donnerstag, den 14. November 2013

Seite

13

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Politik und Liebe in großer Dramatik bietet Glucks Oper „Ezio“ in Frankfurt – Szene mit (von links) Max Emanuel Cenčić als Valentiniano, Paula Murrihy als Fulvia und Beau Gibson als Massimo. FOTO: BARBARA AUMÜLLER

Frauen machen Krieger sanft MUSIKTHEATER Konventionelle Musik, großes Opernvergnügen: Glucks „Ezio“ in Frankfurt VON SUSANNE DÖRING

FRANKFURT. Wie aus eher konventioneller Musik und puristischer Ausstattung eine gelungene Aufführung wird, zeigt die Frankfurter Oper mit Glucks „Ezio“. Was für ein Glück! Wenn die vier Männer in Christoph Willibald Glucks 1750 uraufgeführter Oper „Ezio“ unter sich geblieben wären, hätten sie sich in ihrer Rachsucht, ihrem Neid, ihrem Narzissmus und ihrem Kriegerdasein wahrscheinlich innerhalb von zehn Minuten umgebracht. Aber Kaiser Valentian, Feldherr Ezio, Intrigant Massimo und Soldat Varo sind, jeder auf seine Weise, auch liebende Männer, die letztlich von Frauen zur Räson gebracht werden. Operndichter Pietro Metastasio hat eine klassische Vorlage für eine „Opera seria“ gegeben, die moderat moralisch die Politik mit der Liebe vermischt. Gluck vertonte diesen Text in fast ebenso konventioneller Weise, die nur andeutungsweise den späteren

Opern-Reformer erkennen lässt. Da folgt ein Rezitativ aufs andere, und jede Szene wird regelgemäß mit einer Arie beendet, deren Anzahl und Zuordnung zu den Personen jeweils dem gebräuchlichen Schema der Zeit entspricht. In der Frankfurter Oper passt die gemäßigt moderne Inszenierung von Vincent Boussard gut zu diesem kompositorisch nicht eben überraschendem Werk. Der Regisseur und sein Kostümbildner Christian Lacroix, die schon 2012 „Adriana Lecouvreur“ in Frankfurt einrichteten, sowie Bühnenbildner Kaspar Glarner (Bühne) setzen auf durch Videos (Bibi Abel) unterstützten Purismus. Die Bühne ist am Anfang, bei Ezios Rückkehr aus dem gewonnenen Krieg, durch schwarz-weiße Videoprojektion von Kriegsflugzeugen markiert. Im weiteren Verlauf schweben weiße, an Möwen erinnernde Gebilde über die Leinwand, die ihre Entsprechung in einer im Raum schwebenden Skulptur finden. Farbe erhält das Spiel durch die opulenten Kostüme der kaiserlichen Familie.

Valerian tritt in königlichem Rot auf, das aber durch dunklere Einfärbungen wie mit Blut besudelt erscheint. Prächtig auch das Kleid von Onoria mit schwarzem Oberteil und grün changierender Seide als Rock. Dagegen treten die Untertanen in modernen Anzügen auf, nur Ezio unterscheidet sich noch durch ein an ein Skelett erinnerndes Oberteil. Schlüssig wirkt am Ende das mit lauter Kaiserskulpturen versehene Kabinett Valentians, das sich in der Schlussszene als Museum entpuppt. Auf einmal bevölkern mit Mobiltelefonen, Tablet-Computern und Reiseführern versehene Menschen in moderner Kleidung den Raum. Das gute Ende lässt nun auch die Öffentlichkeit zu. Sängerisch überzeugt vor allem Altistin Sonia Prina in der darstellerisch glaubwürdigen Hosenrolle des Ezio. Ihre Koloraturen kommen locker und präzise daher, ohne maschinell zu wirken. Ein Höhepunkt des Abends ist ihre leidenschaftlich interpretierte Arie „Se fedele mi brama“. Aber auch Paula Murrihy (Mez-

zosopran) löst Begeisterung aus, so vor allem in der Traumszene des dritten Aktes, deren Musik mit ihrem begleiteten Rezitativ einen Hinweis auf die Entwicklung des Komponisten in seinen späteren Jahren gibt. Max Emanuel Cencic, einer der bekanntesten Countertenöre in der BarockSzene,gibteineninseinemWahn weniger rasenden als anrührenden Valentian, dessen Stimme in ihren Differenzierungen bewegend wirkt. Zu diesen stimmlichen Größen gesellten sich Beau Gibson (Massimo), Sofia Fomina (Onoria) und als einziger mit verhalten komischer Aufgabe, die er aber schön ausspielt, Simon Bode als Varo. Das Frankfurter Opernhausund Museumsorchester unter Christian Vurnyn und mit Ingo de Haas als Konzertmeister beweist Gespür in der Begleitung der Sänger. Termine Weitere Aufführungen gibt es am Sonntag (17.), 22., 24. und 29. Oper sowie am 7. Dezember. Kartentelefon: 069 21249494.

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