Produktentwicklung und Zielgruppen

February 2, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Kommunikation, Marketing
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MittelstandsWiki Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen

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Produktentwicklung und Zielgruppen Wie ein systematischer Einführungsprozess Risiken mit Innovationen senkt von Dr. Jürgen Kaack Seite 1

BAND 0701

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Inhalt Einleitung

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Hauptteil

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1. Am Anfang stehen die Kundenbedürfnisse

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2. Quantifizierung des Produktnutzens

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3. Bildung von Zielgruppen erleichtert die Planung

7

3.1 Anforderungen an eine Segmentierung

7

3.2 Demographische Segmentierungskriterien

8

3.3 Einstellungen als Segmentierungskriterium

9

3.4 Preissensibilität als Kriterium

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3.5 Individuelle Vorlieben als Segmentierungskriterium

10

3.6 Kaufentscheidungsprozess als Segmentierungsmerkmal

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3.7 Das Nutzungsverhalten als Merkmal

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3.8 Lebens- oder Unternehmenssituation als Merkmal

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3.9 Wettbewerbsprodukte als Segmentierungskriterium

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4. Beschaffung von Zielgruppen-Informationen

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5. Geschäftsmodelle und Wertschöpfung

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6. Mit Kooperationen Erfolgschancen steigern

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7. Produktplanung auf Basis des Geschäftsmodells

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8. Zielgruppen-Gegencheck für zusätzliche Sicherheit

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9. Erst planen, dann entwickeln

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10. Entwicklung und laufender Soll-Ist-Vergleich

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11. Produktionsvorbereitung und Überleitung

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12. Erfolgsfaktor Preisgestaltung

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13. Vertriebsmaterial und Schulungen

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14. Formen der Kommunikation: PR und Werbung

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15. Weitere Entwicklungsphasen eines Produktes

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16. Fazit

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Zum Autor

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Produktentwicklung und Zielgruppen Wie ein systematischer Einführungsprozess Risiken mit Innovationen senkt von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack

Zur nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit brau­ chen die meisten Unternehmen regelmäßig neue Produkte. Neue technische Entwicklungen oder Erfindungen alleine schaffen aber weder Umsätze noch Arbeitsplätze. Hierzu ge­ hört die Umsetzung in vermarktbare Produkte und die er­ folgreiche Markteinführung. Erst dann kann man von wirkli­ chen Innovationen sprechen. Bevor aus einer Produktidee eine Innovation oder zumindest ein vermarktungsfähiges Produkt entsteht, werden Ressour­ cen gebunden und Investitionen erforderlich. Nach der Me­ thode „Versuch und Irrtum“ oder rein technikgetrieben darf ein Unternehmen bei der Umsetzung allerdings nicht vorge­ hen, da die Ressourcen begrenzt und die Risiken bei diesen beiden Verfahren zu hoch sind.

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1. Am Anfang stehen die Kundenbedürfnisse Wenn man im Zusammenhang mit einem Produkt von Kun­ denbedürfnissen spricht, so denkt man meist an Anforderun­ gen, die die physikalische Gestaltung des Produktes betref­ fen. Vernachlässigt wird dabei häufig die Tatsache, dass Kundenbedürfnisse sich nicht nur auf das Produkt selbst be­ ziehen, sondern auf alle Marketing-Mix-Faktoren – also auf Produkt, Preis, Distribution einschließlich Service und Kom­ munikation und auch den gesamten Nutzungsprozess ein­ schließen. Ist ein Produkt erst auf dem Markt, sind nachträg­ liche Produktänderungen meist schwierig und teuer. Daher sollten die kundenorientierten Überlegungen ganz am An­ fang des Produktgestaltungsprozesses stehen. Kundenbedürfnisse werden häufig mit der Beschreibung von angebotenen Produkten verwechselt. Fragt man z.B. einen Kunden nach seinen Anforderungen an einen Farbfernseher, so bekommt man Antworten wie „70cm-Bildschirmdiagona­ le", „Trinitron-Bildröhre", „HD-TV“ oder „Plasmabildschirm“. Diese Aussagen sind jedoch keine Kundenbedürfnisse, son­ dern beschreiben bekannte technische Lösungen. Die tat­ sächlichen Bedürfnisse lauten „scharfe Bildwiedergabe", „Details gut zu erkennen", „großes Bild", „Bildschirm zum an die Wand hängen“ oder „angenehm für die Augen". Es ist für neue Ideen zur Gestaltung von Produkten wichtig, die tatsächlichen Kundenbedürfnisse zu erfassen. Einige Be­ dürfnisse können leichter in Worte gefasst werden als ande­ re, da sie bewusst, bekannt oder selbstverständlich sind. Solche Bedürfnisse werden daher viel häufiger geäußert als andere, weniger offensichtliche, aber vielleicht genauso wichtige Bedürfnisse. Folgende Einteilung hat sich in der Praxis bewährt: •

Basisbedürfnisse sind Bedürfnisse, von denen ein Kun­ de als selbstverständlich voraussetzt, dass ein Produkt sie befriedigt. Von einem Taschenrechner wird erwar­ tet, dass er die Grundrechenarten beherrscht und feh­ lerfrei rechnet, von einem Fernsehgerät, dass es die Programme der Sender in Bild und Ton wiedergibt. Von einer Fluggesellschaft wird die Erfüllung des Basisbe­ dürfnisses eines schnellen Transports von Punkt A nach Punkt B erwartet.



Beschreibbare Bedürfnisse sind Bedürfnisse, die ein­ fach formuliert werden können. Sie werden von zumin­ dest einem bekannten oder bereits beschriebenen An­ gebot erfüllt und die Erfüllbarkeit ist leicht vorstellbar.

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Ein Kunde wünscht sich, dass ein Computer-Monitor nicht flimmert und hat meist bereits nicht flimmernde Monitore gesehen. Beschreibbare Bedürfnisse gibt es natürlich auch im Bereich der Dienstleistungsprodukte. •

Unbewusste Bedürfnisse überraschen einen Kunden angenehm, wenn sie von einem Anbieter erfüllt wer­ den. Sie werden von bekannten Angeboten normaler­ weise nicht erfüllt oder nicht kommuniziert, sie sind in vielen Fällen schwierig zu beschreiben oder werden nicht erwähnt, weil sie die Kaufentscheidung nicht si­ gnifikant beeinflussen. Beispiele hierfür sind Compu­ ter-Nutzer, die froh wären, wenn sich ihre Software au­ tomatisch updaten oder konfigurieren würde.

Im Laufe der Zeit verändern Bedürfnisse ihren Status. Wenn am Markt angebotenen Lösungen unbewusste Bedürfnisse erfüllen, werden diese Bedürfnisse nach einiger Zeit von ei­ ner immer größeren Zahl von Kunden konkret geäußert und gehören dann in die Gruppe der beschreibbaren Bedürfnisse. Erfüllen nahezu alle Lösungen ein bestimmtes Bedürfnis, so gehört dieses Bedürfnis zur Gruppe der Basisbedürfnisse. Das Bedürfnis nach Farbe und eine flache Bauweise sind für Fernsehgeräte heute bereits Basisbedürfnisse. Die Miniaturi­ sierung von Mobiltelefonen und Digitalkameras belegen die Veränderung der Bedürfnisse mit der technologischen Ent­ wicklung und Verbreitung. In der Praxis ist es wichtig, alle Arten von Bedürfnissen zu erfassen, denn: •

Ein Produkt kann am Markt nicht erfolgreich sein, wenn es die Basisbedürfnisse nicht erfüllt.



Die Erfüllung der beschreibbaren Bedürfnisse sichert meist die Wettbewerbsfähigkeit.



Erst die Erfüllung unbewusster Bedürfnisse bietet Chancen, sich positiv vom Wettbewerb abzuheben.

2. Quantifizierung des Produktnutzens Die Analyse des Produktnutzens ist in Verbindung mit der Produktgestaltung ein wichtiges Marketinginstrument. Der Nutzen ist die Messlatte, an der ein Kunde misst, ob ein Pro­ dukt aus seiner Sicht billig oder teuer ist. Ist der Preis höher als der Nutzen, wird das Produkt als teuer eingestuft – und möglicherweise nicht gekauft! Der Kundennutzen eines Pro­ duktes oder einer Dienstleistung ist kein absoluter Wert. Je nach Zielgruppe kann der Nutzen für das gleiche Angebot unterschiedlich hoch sein. Der Nutzen setzt sich aus rationa­ len und emotionalen Faktoren zusammen. Seite 6

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Die rationalen Aspekte des Kundennutzens ergeben sich durch quantitativ errechenbare Effekte, z.B. die Einsparung von Energie, die schnellere Erledigung von Aufgaben, gerin­ geres Verbrauchsmaterial, effizientere Erledigung von Ar­ beitsschritten. Bei einer Maschine kann der erzielbare Nut­ zen im Vergleich zu der bisherigen Lösung und auch im Ver­ gleich zu anderen Maschinen relativ genau ermittelt werden. Neben dem rationalen Nutzen beeinflussen gerade bei priva­ ten Konsumenten, aber auch bei manchen geschäftlichen Nutzern emotionale Aspekte die Kaufentscheidung. Hierzu zählt das Image eines Produktes oder einer Marke, die Freu­ de an der Anwendung, die Anerkennung durch Dritte. Diese Aspekte lassen sich im Vergleich zu den rationalen Aspekten viel schwerer quantifizieren. Das Automobil ist ein gutes Bei­ spiel hierfür. Sicherheit, Ladekapazität, Beschleunigung, Ver­ brauch, Versicherungsklasse, Wiederverkaufswert, Flexibili­ tät etc. sind rationale Aspekte. Sportlichkeit, Höchstge­ schwindigkeit, Aussehen, Farbe, Marke etc. sind emotionale Faktoren. Unter rein rationalen Aspekten betrachtet würden manche Dienstwagenflotten von Unternehmen vermutlich anders bestückt sein, als sie es tatsächlich sind.

3. Bildung von Zielgruppen erleichtert die Planung Zur Analyse von Kundenbedürfnissen und Produktnutzen braucht man in vielen Fällen eine Zielgruppen-Segmentie­ rung und eine Zielgruppenanalyse, nur im Großkunden- und Projektgeschäft ist es meist notwendig, sich mit den indivi­ duellen Kunden zu beschäftigen. Jeder Kunde versucht, das­ jenige Produkt zu finden, das seine individuellen Bedürfnisse in seiner momentanen Situation am besten befriedigt oder zu befriedigen scheint. Für den Anbieter erleichtert es die Vermarktung, wenn Kunden zu Zielgruppen zusammen ge­ fasst betrachtet werden können. 3.1 Anforderungen an eine Segmentierung

Nicht alle potenziellen Kunden des im Vorfeld identifizierten „relevanten Marktes" sind gleich attraktiv für ein Unterneh­ men, bestimmte Kundengruppen werden sich eher zum Kauf entscheiden, weil sie über ein höheres Einkommen verfügen oder für ein defektes Produkt Ersatz benötigen; andere Kun­ dengruppen sind attraktiv, weil sie ein Produkt mehrfach brauchen oder immer wieder nachfragen. Gleiches gilt auch umgekehrt, ein bestimmtes Produkt kann nicht alle potenzi­ ellen Kunden des relevanten Marktes begeistern, weil sie das Design nicht mögen, ein entsprechendes Bedürfnis

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schon auf andere Art befriedigt haben oder das Produkt gar nicht kennen. Aus beiden Perspektiven ist es sinnvoll, den „Gesamtmarkt" aller potenziellen Käufer in kleinere Einhei­ ten oder Teilmengen zu zerlegen, in so genannte Zielgrup­ pen-Segmente. Eine praxisgerechte Zerlegung genügt den folgenden Ansprüchen: ●

Es besteht eine möglichst hohe Ähnlichkeit der Kunden innerhalb der Segmente.



Es bestehen möglichst große Unterschiede zwischen den Kunden unterschiedlicher Segmente.



Die Daten zur Beschreibung eines Segmentes (z.B. Ab­ satzpotential, Nettoeinkommen, Alter) sind einfach zu ermitteln oder aus anderen Informationen ableitbar.



Die ausgewählten Segmente lassen sich für Vertrieb und Kommunikation im Markt auffinden und gezielt adressieren.



Die Gesamtzahl der Segmente bleibt überschaubar.

Die Größen, nach denen eine Segmentierung durchgeführt wird, also die Segmentierungskriterien, entscheiden ganz wesentlich, wie brauchbar die gefundenen Segmente in der Praxis sind. Bei der Auswahl der geeigneten Kriterien ist auch der Aufwand bei der Informationsbeschaffung und Ana­ lyse zu berücksichtigen. Im Sinne einer laufenden Optimie­ rung sind in regelmäßigen Abständen die Annahmen und Analysen zu überprüfen. Eine „lebende“ Zielgruppen-Seg­ mentierung hilft, Änderungen frühzeitig zu erkennen und das eigene Angebot an diese anzupassen. 3.2 Demographische Segmentierungskriterien

Besonders wichtige Segmentierungskriterien sind häufig de­ mographische Merkmale wie z.B. Geschlecht/Alter, Familien­ stand, Einkommen, Grundbesitz, Ausbildung, Wohnort oder Nationalität; dies gilt insbesondere dann, wenn sie mit be­ stimmten Kundenbedürfnissen verbunden sind, der Art der Informationsbeschaffung oder dem Kaufentscheidungspro­ zess. Familien mit kleinen Kindern haben ein besonderes In­ teresse an Autos, die eine große Ladefläche oder einen großen Kofferraum haben und sind dementsprechend eine der Hauptzielgruppen für Kombis. Hersteller von Limonaden sind davon überzeugt, dass jüngere Menschen einen süße­ ren Geschmack bevorzugen und verwenden daher das Alter als ein wesentliches Segmentierungskriterium für besonders süße Getränke. In beiden Beispielen sind die demographi­ schen Merkmale besonders eng an die Vorlieben oder Be­

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dürfnisse von Kunden gekoppelt; in solchen Fällen sollten diese Merkmale als das Haupt-Segmentierungskriterium ver­ wendet werden. Demographische Merkmale haben den großen Vorteil, dass die notwendigen Daten leicht zu erhalten sind, und sich die Kunden in diesen Segmenten leicht finden lassen; darüber hinaus lassen sich Größe und Potenzial einzelner Segmente leicht abschätzen. Zusätzlich kann man mit Hilfe von demo­ graphischen Kriterien Zukunftschancen recht gut identifizie­ ren: z.B. wird in den nächsten 30 Jahren das am schnellsten wachsende Alterssegment die Gruppe der über 55jährigen sein, dem ein Wachstum von mehr als 50% bis zum Jahr 2020 vorausgesagt wird. Die höhere Lebenserwartung der Menschen bei gleichzeitig hoher Vitalität macht dieses Seg­ ment in Zukunft für viele Branchen besonders attraktiv. Bei gewerblichen Kunden sind typische „demographische“ Merkmale Umsatz, Branche, Mitarbeiterzahl oder Anzahl der Betriebsstätten. Auch hier lassen sich enge Kopplungen zwi­ schen Kaufverhalten und demographischen Daten finden: Große Unternehmen mit hohem Umsatz werden im Gegen­ satz zu kleinere Unternehmen durch Key-Account-Manager betreut und zeigen durch zentrale Einkaufsabteilungen ein anderes Kaufverhalten. 3.3 Einstellungen als Segmentierungskriterium

Einstellungen sind dann als Segmentierungskriterien geeig­ net, wenn sich das Angebot an Privatkunden richtet. Einstel­ lungen können sich auf soziale Themen (Religion, Umwelt­ schutz, Politik, Drogen) beziehen oder auf persönliche The­ men (Familie, Freunde, Gesundheit, Einkaufen, Job). Auch bezüglich spezifischer Produkteigenschaften lassen sich Gruppen unterscheiden, z.B. beim Thema Qualität: Die Kon­ sumentenhaltung „Beste Produktqualität ist zwar teurer, macht sich aber langfristig bezahlt" trennt qualitätsbewusste Kunden deutlich von solchen mit der Einstellung „Je preis­ günstiger, desto besser". Umweltbewusste Kunden werden beim Waschmittelkauf auf das „weißeste Weiß" und „die strahlendsten Farben" zugunsten eines umweltfreundlichen Waschmittels verzichten. Einstellungen geben wertvolle Anregungen zur Differenzie­ rung des Produktangebotes. Dies zeigt die erfolgreiche Diffe­ renzierung der „TransFair“-Produkte, z.B. Kaffee bestimmter Erzeuger, die ihr Produkt dadurch zu einem deutlich höheren Preis anbieten können als andere Marken. Die Tatsache, dass Verbraucher bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen,

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zeigt, dass durchaus Möglichkeiten zur Differenzierung in ei­ nem sonst nur über den Preis definierten Markt bestehen. Zwar handelt es sich hierbei meist um Nischenmärkte, aber diese können gerade für mittelständische Unternehmen in­ teressant sein. Die großen Massenvermarkter werden diese Segmente kaum selber besetzen können. 3.4 Preissensibilität als Kriterium

Kunden, die das beste verfügbare Produkt erwerben wollen und dafür entsprechend mehr zu zahlen bereit sind, können ein eigenes Segment bilden. Entsprechendes gilt für mittlere und untere Preissegmente. Bei der Verwendung dieses Seg­ mentierungskriteriums sollte geprüft werden, ob die sich er­ gebenden Segmente durch andere Kriterien so genau be­ schrieben werden können, dass die Zielgruppenvertreter für den Vertrieb auffindbar und ansprechbar sind. 3.5 Individuelle Vorlieben als Segmentierungskriterium

Ein weiteres Kriterium ist die Bevorzugung bestimmter Pro­ dukteigenschaften oder bestimmter Nutzenaspekte. Ältere Menschen, die keine schweren Lasten tragen können, wer­ den ein hochergiebiges Waschmittelkonzentrat in einer klei­ neren Menge bevorzugen. Für sie ist das Gewicht des Waschmittels das bestimmende Kriterium für die Auswahl; alle anderen Produkteigenschaften wie Waschkraft, Preis, Umweltverträglichkeit oder Duft treten dagegen in den Hin­ tergrund. Entsprechende Beispiele lassen sich auch bei gewerblichen Kunden finden. Speditionen, die Porzellan, Kristallglas oder andere zerbrechliche und teure Güter transportieren, müs­ sen besonders auf eine geeignete Verpackung achten und sind bereit, mehr für geeignetes Verpackungsmaterial aus­ zugeben, um Beschädigungen beim Transport zu vermeiden. Andere Speditionen, die weniger empfindliche Güter trans­ portieren, werden versuchen, die Kosten für Verpackung und Material zu minimieren und bei der Auswahl deutlich preis­ sensibler sein. Auch im Lebensmittelmarkt spielen Vorlieben eine wichtige Rolle. So kann der Erfolg italienischer Kaffee-Produkte pri­ mär auf spezielle Vorlieben der Verbraucher zurückgeführt werden. Entsprechende Produkte können daher teurer ver­ marktet werden als vergleichbare Produkte. Im Handelsbe­ reich ist das Unternehmen „Manufactum“ ein Beispiel für den Erfolg eines nach spezifischen Vorlieben ausgerichteten Produktangebotes. Das Unternehmen setzt auf den nostalgi­

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schen Wunsch nach hochwertigen Produkten aus der „guten alten Zeit“ bzw. nach Produkten, die nach traditionellen Ver­ fahren produziert wurden. Die angebotenen Produkte sind oft erheblich teurer sind als vergleichbare „moderne“ Pro­ dukte. Andere Beispiele finden sich im Versandhandel in den Lifestyle-Bereichen. Die Automobilindustrie gestaltet neue Produkte nach den Vorlieben der Zielgruppe. Welche andere Motivation als Vor­ lieben gäbe es z.B. für den steigenden Absatz von Gelände­ wagen in Deutschland? Da das Straßennetz gut ausgebaut, das Fahren auf Waldwegen untersagt ist und nur die wenigs­ ten Käufer von Geländewagen eine eigene Jagd haben, kann nur die Vorliebe für den entsprechenden Wagentyp Kauf­ grund sein. Vorlieben sind im Vergleich zu den anderen Seg­ mentierungskriterien anfällig für schnelle Änderungen. Als Anbieter von entsprechenden Produkten ist es daher un­ ablässig, den Verbraucher sehr gut zu kennen und laufend Trends beobachten, die auf eine Änderung der Vorlieben hin­ deuten. 3.6 Kaufentscheidungsprozess als Segmentierungsmerkmal

Man fasst für dieses Segmentierungsvorgehen alle Kunden in einem Segment zusammen, die ein ähnliches Verhalten bei der Kaufentscheidung besitzen. Dabei wird sowohl der Prozess der Entscheidungsfindung berücksichtigt als auch der Kaufprozess. Ein Hersteller von Laptops und PCs muss seine Verkaufsorganisation anders gestalten, je nachdem ob über die Anschaffung eines neuen Rechners von einem pro­ fessionellen Einkäufer eines Unternehmens eigenständig entschieden wird, für den rationale Argumente (z.B. Kosten je Kopie, Ausfallzeiten, Folgekosten, Kompatibilitäten etc.) im Vordergrund stehen, oder ob Sekretariat, Einkauf, Ge­ schäftsführung, Servicepartner und Händler mit in den Ent­ scheidungsprozess involviert sind. Wieder anders wird der Verkaufsprozess aussehen, wenn die potenziellen Käufer Ge­ werbetreibende und Selbständige sind oder wenn es sich um Privatanwender handelt. Beim Verkaufsprozess gilt es jeweils nicht nur den Einkäufer zu beobachten, sondern auch diejenigen, die eine Kaufent­ scheidung beeinflussen. Dies können Fachabteilungen sein, die eine Freigabe vor dem Kauf erteilen. Es können aber auch Freunde und Kollegen sein, die eine Empfehlung aus­ sprechen. Bei dem eigentlichen Kaufprozess ist zu unter­ scheiden zwischen formalen Ausschreibungen, Angebotsver­ gleichen und Spontankäufen.

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3.7 Das Nutzungsverhalten als Merkmal

Die unterschiedliche Nutzung des betrachteten Produktes ist ein möglicher Indikator für unterschiedliche Kundenbedürf­ nisse und daher ein Kriterium zur Segmentierung. Vielnut­ zer, die in ihrer täglichen Arbeit auf ein bestimmtes Produkt angewiesen sind, kaufen das Produkt besonders häufig oder erwarten verglichen typischen Gelegenheitsnutzern zusätzli­ che Eigenschaften (z.B. besonders gute Serviceleistungen, Zubehörangebote und Produkte mit höherer Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Nachkaufmöglichkeit). Wenn man das Nutzungsverhalten als Haupt-Segmentie­ rungskriterium heranzieht, kann man mit vier unterschiedli­ chen Segmenten arbeiten, die zusätzlich durch Einstellungen und Vorlieben hinsichtlich des Produktes genauer beschrie­ ben werden können. Der größte deutsche Mobilfunk-ServiceProvider debitel beispielsweise hat auf Basis einer solchen Segmentierung neue, erfolgreiche Tarife gestaltet, die dem Verhalten der Kunden in der Nutzung entgegen kommen und jeweils passende Vorteile bieten. 3.8 Lebens- oder Unternehmenssituation als Merkmal

Auch nach bestimmten Situationen kann segmentiert wer­ den. Dieses Segmentierungskriterium wird weniger häufig verwendet, kann aber sehr effektiv sein. Man muss hierfür Situationen erkennen, in denen die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das betrachtete Produkt oder die Dienstleistung be­ nötigt wird. So sind z.B. Studienabgänger, die nach dem Be­ rufseinstieg überdurchschnittlich gut verdienen, eine ausge­ zeichnete Zielgruppe für Vermittler privater Krankenversi­ cherungen. Ein äußerst erfolgreiches VersicherungsmaklerUnternehmen hat sich beispielsweise zu Beginn ausschließ­ lich auf junge Ärzte spezialisiert und ihnen kurz vor der Ap­ probation gezielte Unterstützung bei der Bewerbung ange­ boten, aber auch speziell auf sie zugeschnittene Versiche­ rungsleistungen. Es gibt überregional organisierte Schlüsseldienste, die sich auf Notfälle wie das Öffnen einer zugefallenen Haustür kon­ zentrieren. Sie nutzen geschickt die Notsituation der poten­ ziellen Kunden und werben mit auffälligen Anzeigen in Bran­ chen-Verzeichnissen. Als Ausgleich für ihre hohe Verfügbar­ keit auch an Wochenenden oder Feiertagen stellen sie Stun­ densätze in Rechnung, die über den üblichen Preisen liegen. Unternehmen als Kunden können je nach der Entwicklungs­ phase des Unternehmens (Gründung, Wachstum, Reife, Sa­ nierung, Restrukturierung) unterschiedliche Anforderungen Seite 12

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stellen. Maschinenbau-Unternehmen mussten sich schon frühzeitig darauf einstellen, dass ihre Kunden keine Liquidi­ tät zum Kauf der Anlagen hatten. Erst Finanzierungs- und Betreibermodelle, bei denen der Lieferant seine Erlöse aus den Umsätzen seines Kunden deckt, haben das Geschäft wieder belebt. In der Frühphase eines Unternehmens werden Lösungen „aus einer Hand“ mit einer Bündelung der benötigten Pro­ dukte größere Chancen haben als Einzelangebote. Als Liefe­ rant kann man daher gezwungen sein, selber ergänzende Produkte hinzu zukaufen, um ein Gesamtangebot zu realisie­ ren. Unternehmen in Wachstumsphasen kann Outsourcing anstatt eines Kaufs angeboten werden. Junge Unternehmen haben typischerweise einen hohen Liquiditätsbedarf, so dass entsprechende Angebote umsatzproportionalen Kosten an­ stelle einmaliger Investitionen gute Erfolgschancen haben. Werden diese Angebote mit der Möglichkeit einer späteren Umwandlung in einen Kauf gekoppelt, kann man den zukünf­ tigen Bedarf eines Unternehmens in der Reifephase vorweg abschöpfen. Die Beispiele belegen, wie wichtig die Zielgrup­ pensegmentierung für die Produktgestaltung zur Vermark­ tung eines Produktes ist. 3.9 Wettbewerbsprodukte als Segmentierungskriterium

Segmente können anhand von Wettbewerbsprodukten cha­ rakterisiert werden. Dies funktioniert, wenn eine geschlosse­ ne Gruppe von Produkten existiert, die nur untereinander im Wettbewerb stehen, und damit einen „Teilmarkt", ein UnterSegment, bildet. Durch Analyse dieses Segments, des Nut­ zens und der Kunden kann man versuchen, Ansatzpunkte für eine bessere Vermarktung zu finden. Z.B. entsprechen einige Zahnpasten in ihrer Konsistenz einer Creme, andere kommen in Form eines Gels auf den Markt. Einige sind preisgünstig, andere wiederum werden mit ei­ nem hohen Gesundheitswert beworben und entsprechend teuer verkauft. Wenn Kunden Gel-Zahnpasta bevorzugen, werden sie lieber die Gel-Zahnpasta eines anderen Herstel­ lers kaufen als zu einer Creme-Zahnpasta ihrer gewohnten Marke wechseln. In diesem Fall kann man Gel-Zahnpasta und Creme-Zahnpasta als voneinander unabhängige MarktSegmente betrachten. Bei Geschäftskunden kann Büromaterial als ein Segment be­ trachtet werden, das nach den entsprechenden Wettbe­ werbsangeboten segmentiert wird. Der Grundnutzen ist für diese Produktgruppe analog zum Zahnpasta-Beispiel weitge­

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hend identisch, so dass sich aus den bestehenden Angebo­ ten Rückschlüsse zur Segmentierung ableiten lassen.

4. Beschaffung von Zielgruppen-Informationen Kundenbedürfnisse lassen sich können nicht nur durch die Auswertung von Sekundärmaterial (Studien, Veröffentlichun­ gen, Berichte von Verbänden), sondern auch durch Kunden­ befragungen, Focus-Gruppen oder Face-to-Face-Interviews gewinnen. Im Rahmen der Kundenanalyse werden u.a. Be­ dürfnisse und Nutzen möglichst genau ermittelt. Die Ergeb­ nisse gehen dann in die Spezifikation für die Entwicklung neuer Produkte und – vor der Markteinführung – in die Preis­ gestaltung ein. Kundenbefragungen sind ein geeignetes Instrument, Infor­ mationen im Rahmen der Zielgruppenanalyse zu beschaffen, wenn es eine größere Anzahl von Zielgruppenvertreter gibt. Grundsätzlich lassen sich alle Marketing-Mix-Faktoren über Befragungen ermitteln. Dies beginnt beim Faktor Kundenbe­ dürfnis und Produktgestaltung, gilt aber auch für die Fakto­ ren Markenbekanntheit, Produktimage, und USP's (Unique Selling Proposition oder Alleinstellungsmerkmale) bis hin zu den Faktoren Preisgestaltung und Kundenzufriedenheit. Zur Preisgestaltung eignet sich besonders die Conjoint-Anaylse. Bei der Verwendung von Ergebnissen ist zu beachten, dass viele Werte einer dynamischen Entwicklung über die Zeit un­ terliegen. Auch über den Produktlebenszyklus können sich die Ergebnisse deutlich ändern, je nachdem, wie neuartig ein Produkt empfunden wird, wie intensiv der Wettbewerb stattfindet oder wie schnell sich die Technologie weiterent­ wickelt. Um Informationen von Kunden auf dem direkten Weg der Kundenbefragungen zu erhalten, sind die konkreten Zielset­ zungen der Befragung, der Zeitpunkt und die Personen zu bestimmen, die den Kunden ansprechen. Eine Methode ist die direkte Befragung der Kunden in einem zeitlich und in­ haltlich definierten Projekt und anhand eines Fragebogens. Hierbei ist die offene Befragung mit Nennung des auftragge­ benden Unternehmens und die verdeckte Befragung ohne Nennung des Unternehmens zu unterscheiden. Eine offene Befragung hat im Hinblick auf die Bindung von Kunden oft die stärkere Wirkung und die Bereitschaft zur Antwort zur Teilnahme ist generell höher. Die verdeckte Befragung wird z.B. dann eingesetzt, wenn die Akzeptanz neuer Angebote erst noch geprüft werden soll, es aber noch keine definitive Entscheidung über die Einführung gibt oder dies nicht zu früh bekannt werden soll. Neben den Ergebnissen, um die es Seite 14

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in erster Linie geht, gibt es noch einen Kundenbindungsnut­ zen der Befragung: Oft ist der Kunde dankbar, dass das Un­ ternehmen, dessen Produkte oder Leistungen er gekauft hat, Interesse an ihm und seiner Meinung zeigt. Beide Effekte – Umfrage und Kundenbindung können sich so gegenseitig stützen. Focus-Gruppen werden neben Face-to-Face-Interviews häu­ fig für Kundenbefragungen eingesetzt, um Kundenbedürfnis­ se zu ermitteln, z.B. im Rahmen der Produktgestaltung, aber auch zur Festlegung von Marketingmaßnahmen. Unter dem Begriff Focus-Gruppe versteht man Gruppen von sechs bis acht Kunden, die von einem Interviewer nach ihren Bedürf­ nissen befragt werden. Focus-Gruppen haben den Vorteil, dass Aussagen eines der Teilnehmer von den anderen auf­ gegriffen, von mehreren Seiten beleuchtet, kommentiert, er­ gänzt oder in Frage gestellt werden; sie eignen sich daher besonders für komplexere Produkte. Ein Nachteil ist die ge­ ringere verfügbare Redezeit für jeden Teilnehmer: bei einer typischen 2-stündigen Focus-Gruppen-Sitzung entfallen auf jeden Kunden nur etwa 15 bis 20 Minuten Redezeit im Ver­ gleich zu einer Stunde bei einem Face-to-Face-Interview. Dennoch haben sich Focus-Gruppen bei komplexen Produk­ ten als effizienter erwiesen. Es ist üblich, dass Focus-Grup­ pen durch „stille Beobachter" beobachtet werden.

5. Geschäftsmodelle und Wertschöpfung Geschäftsmodelle sind eine Möglichkeit, die Form der Um­ setzung einer Geschäftsidee zu beschreiben. Dabei kann es sich sowohl um eine Geschäftsidee im Rahmen einer Unter­ nehmensgründung handeln als auch um eine bei einem be­ stehenden Unternehmens entstandene. Es ist ferner uner­ heblich, ob es sich um die Idee für ein neuartiges Produkt oder eine Dienstleistung handelt, ob das Produkt selber eine Innovation darstellt oder ein bestehendes Angebot weiter entwickelt bzw. verändert werden soll. Bei dem Konzept für ein innovatives Produkt kann das Ge­ schäftsmodell in dem Verkauf der Konstruktion bestehen, der Abgabe der Idee gegen eine Lizenz, aber auch der Eigen­ entwicklung und –vermarktung. Die Entwicklung kann wie­ derum mit eigenen Ressourcen erfolgen oder als Auftrags­ entwicklung. Das Gleiche gilt für die Produktion bzw. Leis­ tungserbringung. Auch die Vermarktung kann durch einen eigenen Vertrieb, durch Vertriebspartner auf der Basis eines Kooperationsmodells oder durch Abgabe an ein anderes Un­ ternehmen erfolgen.

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Die grundsätzlichen Möglichkeiten sind somit fast immer: ●

Verkauf einer Idee oder eines Konzeptes gegen eine einmalige Kaufsumme



Abschluss von Lizenzvereinbarungen und partizipieren am Produkterfolg



Vereinbarung von Kooperationsverträgen (Partnerma­ nagement)



Zusammenarbeit mit Outsourcing-Partnern für Ent­ wicklung, Produktion und Vertrieb



Eigenrealisierung



Mischmodelle mit teilweise eigener Wertschöpfung

Jede Form der Umsetzung bedeutet für das jeweilige Unter­ nehmen andere Randbedingungen. In der Regel sind die Höhe der Investitionen und die Wertschöpfungstiefe umge­ kehrt proportional zum möglichen Erlös. Wenn die Mittel für Vorlaufkosten nicht vorhanden sind oder der Zugang zur Zielgruppe nicht vorhanden ist, können trotzdem Geschäfts­ modelle mit geringerer Wertschöpfung wirtschaftlich sinnvoll sein. Bei den meisten Geschäftsmodellen ist die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen im Sinne eines Partnermanage­ ments und einer Aufteilung der Aufgaben unumgänglich. Es gehört daher mit zur Ausgestaltung des Geschäftsmodells Wertschöpfungsstufen zu identifizieren, für die ein Partner gebraucht wird, ein Partnermodell mit den Anforderungen an einen Partner zu erstellen und geeignete Partner zu identifi­ zieren. Ein wirtschaftlich attraktives Geschäftsmodell, das Partner zur Verwirklichung braucht, die nicht vorhanden sind oder nicht gefunden werden können, ist sinnlos und nicht umsetzbar. Die sorgfältige Ausgestaltung des Geschäftsmodells unter Beachtung der gesamten Wertschöpfungskette ist somit eine äußerst wichtige Voraussetzung für den späteren unter­ nehmerischen Erfolg. Wenn das Geschäftsmodell ausgestal­ tet ist, muss ein Business Plan die wirtschaftliche Tragfähig­ keit untermauern. Wenn das Ergebnis im ersten Anlauf nicht zufriedenstellend ist, müssen die einzelnen Elemente des Geschäftsmodells so lange variiert werden, bis ein Ergebnis erreicht wird, das zu hohe Risiken vermeidet und trotzdem positive Ergebnisse ermöglicht. Je nach Geschäftsmodell wird auch die Wertschöpfungskette anders aussehen. Mithil­ fe der Wertschöpfungskette können die Kostenbeiträge zur Leistungserbringung zugeordnet bzw. ein Aufbruch der Kos­ ten ermittelt werden. Wenn Teile der Wertschöpfung von Ko­ Seite 16

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operationspartnern erbracht werden, so sind deren Abgabe­ preise einschließlich des einkalkulierten Gewinns als Kosten in der Wertschöpfungskette anzusetzen. Wenn man diese fremdbezogenen Komponenten herausrechnet, lässt sich die eigene Wertschöpfung und die hieraus erlöste Gewinnmarge berechnen. Um ein vollständiges Bild zu erhalten, müssen auch die Vor­ laufkosten für Entwicklung, Produktionsvorbereitung und Vertriebsmaterialien Einzelstücken zugeschlüsselt werden. Genauso gehören aber auch nachlaufende Kosten wie Inkas­ so, Reklamationen und Garantieleistungen zu den in der Wertschöpfungskette zu berücksichtigenden Elementen. Eine Optimierung der Wertschöpfungskette kann vorgenom­ men werden, indem für die einzelnen Wertschöpfungsstufen Alternativ-Szenarien analysiert werden. Dies kann die Fremdvergabe von Teilen der Entwicklung genauso beinhal­ ten, wie eine Produktionsverlagerung oder alternative Ver­ triebsformen. Dabei muss nicht immer das Outsourcing der beste Weg sein. Es gibt immer wieder Geschäftsmodelle, bei denen ein Insourcing, also die Rückholung von bislang fremdvergebenen oder zugekauften Leistungen in das eige­ ne Unternehmen sinnvoller ist. Die Analyse der Wertschöpfungskette ist somit ein Instru­ ment zur Optimierung eines Geschäftsmodells und liefert wichtigen Input zur Unternehmensplanung bzw. zur Erstel­ lung eines Business Plans. Nicht nur Neuprodukte können mithilfe der Wertschöpfungskette analysiert werden, dies ist auch für bestehende Produkte sinnvoll, z.B. wenn über den Produktlebenszyklus neue Wettbewerber oder ein veränder­ tes Kaufverhalten (Produktnutzen, Substitution) Druck auf den erzielbaren Preis ausüben und die Gewinnmargen sin­ ken.

6. Mit Kooperationen Erfolgschancen steigern Kein Unternehmen kommt in einer arbeitsteiligen Gesell­ schaft ohne Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen bei der Erstellung von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen aus. In den meisten Fällen handelt es sich um klassische Lieferanten-/Abnehmer-Beziehungen, ohne eine engere oder längerfristig angelegte Bindung zwischen den Unternehmen. In der Automobil- und der Elektronikin­ dustrie wurde schon vor längerer Zeit deutlich, dass diese Art der Zusammenarbeit im Wettbewerb nicht ausreicht. Die schnelle Reaktion auf Änderungen im Abnehmermarkt, stei­ gende Qualitätsanforderungen und die Vielfalt neuer Produk­ te machte eine engere Zusammenarbeit mit den Lieferanten Seite 17

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erforderlich. Dies bedingt besondere Sorgfalt im Auswahlund Qualifizierungsprozess und in der Regel auch neue Sys­ teme zur elektronischen Anbindung. Trotzdem schafft dies noch keine Partnerschaft im eigentlichen Sinne! Eine Partnerschaft ist auch bei der Vorbereitung, Einführung und der späteren laufenden Vermarktung neuer Produkte auf eine längerfristige Zusammenarbeit ausgelegt und setzt neben der notwendigen wirtschaftlichen und technischen Geschäftsgrundlage einen offenen Informationsaustausch im Hinblick auf den Kern der Zusammenarbeit und gegenseiti­ ges Vertrauen voraus. Genau wie bei einer Lieferantenbezie­ hung ist eine Partnerschaft nur sinnvoll und längerfristig sta­ bil, wenn alle betroffenen Partner hieraus einen wirtschaftli­ chen Vorteil ziehen, der in der Regel höher ist als derjenige, den die Unternehmen ohne die Partnerschaft erzielen könn­ ten. In diesem Sinne können durchaus auch solche Unter­ nehmen Partnerschaften eingehen, die in anderen Bereichen am Markt als Wettbewerber auftreten. Natürlich zählen ille­ gale Preis- und Wettbewerbsabsprache nicht zu den hier zu diskutierenden Partnerschaftsinhalten. Grundsätzlich können Partnerschaften über alle Stufen der Wertschöpfung hinweg geschlossen werden. Häufig sind Partnerschaften bei der Entwicklung neuer Produkte vorzu­ finden, wenn durch den engen Austausch der Ergebnisse und die Aufteilung der Entwicklungsarbeiten die Kosten ge­ senkt oder die Time-to-market Frist verkürzt werden. Gerade im Entwicklungsbereich kann auf der Basis einer vertrauens­ vollen Partnerschaft schneller ein Ergebnis erreicht werden als bei einem Zukauf von Entwicklungsdienstleistungen im Sinne eines Werkvertrages. Die weitergehende Offenheit in der Zusammenarbeit erlaubt es, frühzeitig Sackgassen und Optimierungsmöglichkeiten zu erkennen und zu nutzen. Nach Abschluss der partnerschaftlichen Entwicklung kann entweder eine gemeinsame Verwertung der Ergebnisse er­ folgen (nach bereits vorher vertraglich festgelegter Auftei­ lung) oder im Wettbewerb zueinander. Andere Bereiche für Partnerschaften können in der gemeinsamen Beschaffung von wichtigen Vorprodukten liegen. Die angestrebten Vortei­ le können dabei durchaus in Bereichen liegen, die vorder­ gründig nichts mit Volumenrabatten zu tun haben. Der durch die Zusammenführung von Bestellvolumina größere Einfluss auf spezielle Anforderungen (Sonderentwicklungen, Anpas­ sungen, Qualität, Flexibilität, Liefertreue, etc.) kann von ho­ her wirtschaftlicher Bedeutung für die Partner sein. Die Erschließung neuer Vertriebswege oder regionaler Ab­ satzmärkte kann ein Ansatz für eine Kooperation sein. Dies Seite 18

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bietet sich natürlich insbesondere bei komplementären Pro­ duktangeboten an, aber auch bei Produkten, die im Wettbe­ werb stehen, können gemeinsame Anstrengungen für eine neue Vertriebsplattform durchaus sinnvoll sein. Dies wird dann der Fall sein, wenn sich der Aufbau einer Vertriebsin­ frastruktur für ein Unternehmen allein nicht rentiert oder zu viele Ressourcen binden würde. Auch der Aufbau und Betrieb einer gemeinsamen Produkti­ onsstätte kann in einem wettbewerbsintensiven Markt renta­ bler sein als zwei getrennte Produktionsanlagen. Daher sind Produktionspartnerschaften genauso oft anzutreffen, wie Partnerschaften im Bereich des Vertriebes oder der Entwick­ lung. Es gibt kaum einen Geschäftsbereich, in dem eine Part­ nerschaft ausgeschlossen ist, bis auf den Bereich der uner­ laubten Absprachen und der Wettbewerbsbeschränkung bzw. zur Bildung von Monopol-ähnlichen Marktstrukturen. Die wesentliche Voraussetzung für eine gut funktionierende Partnerschaft ist der nachhaltige gegenseitige wirtschaftli­ che Vorteil, der aus der engen Zusammenarbeit erwächst. Ob und in welcher Höhe ein solcher Vorteil zu erzielen ist, hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell und den Marktgege­ benheiten ab und kann daher nicht pauschaliert werden. Sind die gegenseitigen Vorteile auf ein zeitlich begrenztes gemeinsames Projekt beschränkt, lohnt sich in aller Regel der Aufwand zur Etablierung einer Partnerschaft nicht. Bevor eine Geschäftsbeziehung zu einer Partnerschaft ausgeweitet wird, sollte ein Kriterienkatalog aufgestellt werden, der durch den Partner erfüllt werden sollte. Vor der Auswahl des Partners sollte eine möglichst gründliche Recherche durch­ geführt werden, damit spätere Überraschungen ausbleiben. Nicht immer ist der nahe liegende Partner auch tatsächliche der Optimale! Bei der Auswahl ist zu berücksichtigen, dass das eigene Unternehmen aus der Sicht des potenziellen Partners ebenfalls eine vorteilhafte Ergänzung darstellen muss. Wenn die Auswahl aus der Sicht der potenziellen Partner ge­ troffen wurde, ist zu prüfen, ob neben den objektiven Vortei­ len auch eine vertrauensvolle Atmosphäre zwischen den handelnden Personen geschaffen werden kann. Im nächsten Schritt sind gemeinsam die Ziele aus der Zusammenarbeit zu erarbeiten und schriftlich fest zu legen. Nur wenn es ein­ deutige Zielfestlegungen gibt, kann in der laufenden Zusam­ menarbeit überprüft werden, ob die Ziele tatsächlich er­ reicht werden. In den meisten Fällen sollten die Vereinbarun­ gen in einem offiziellen Vertrag festgehalten werden, der die Rechte und Pflichten der Partner dokumentiert. Dies wird

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umso wichtiger, je mehr der eigene Geschäftserfolg von den rechtzeitigen und richtigen Beiträgen des Partners abhängt. Sind die Voraussetzungen für die Partnerschaft geschaffen, sollte sichergestellt werden, dass die offene und vertrauens­ volle Zusammenarbeit im eigenen Unternehmen auch wirk­ lich gelebt wird. Stehen die Partner mit einzelnen Produkten oder in ausgewählten Märkten im direkten Wettbewerb, so ist der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit auf den Inhalt der Partnerschaft zu begrenzen. Dies stellt natür­ lich deutlich höhere Anforderungen an die Organisation und die Mitarbeiter. Durch eine offene Information und entspre­ chende Trainings im eigenen Unternehmen ist die Umset­ zung abzusichern. Auch in einer gut funktionierenden Zusammenarbeit ist die laufende Erfolgskontrolle unerlässlich. Nur so kann die Ein­ haltung der definierten Ziele überprüft oder bei Abweichun­ gen die Einleitung von Gegenmaßnahmen vorgenommen werden. Die beste Bestätigung für eine funktionierende Ko­ operation ist und bleibt der laufende Nachweis eines quanti­ fizierbaren Effektes! Sollte sich im Laufe der Zeit allerdings ergeben, dass die ursprünglichen Grundlagen für die Part­ nerschaft nicht erfüllt oder zukünftig nicht mehr gegeben sind, so ist eine rechtzeitige und konsequente Trennung her­ bei zu führen, bevor einer der Partner möglicherweise einen Nachteil oder gar Schaden erfährt. Bei einer rechtzeitigen und geordneten Beendigung einer Partnerschaft spricht nichts gegen eine weitere Zusammenarbeit, z.B. auf der Ba­ sis einer Lieferanten-/Abnehmer-Beziehung. In einem dynamischen und offenen Marktumfeld sind Part­ nerschaften auch für den Mittelständler sinnvoll, um die ei­ genen Leistungen schneller, besser und effizienter auf den Markt zu bringen. Da Partnerschaften nicht nur mehr Trans­ parenz und Informationsaustausch erfordern als Lieferanten­ beziehungen, sollte sorgfältig geprüft und analysiert werden, in welchen Segmenten Partnerschaften Vorteile bringen und welche Anforderungen an einen Partner zu stellen sind. Da­ her ist es oft von Vorteil, wenn sich die potenziellen Partner schon aus anderen gemeinsamen Geschäften kennen und die Synergien nicht nur theoretisch vorhanden sind. Zwei Unternehmen mit vergleichbaren Schwächen werden zusam­ men nicht unbedingt stärker. Wenn Stärken und Schwächen aber komplementär sind, oder besser noch ergänzende Stär­ ken zusammen kommen, dann bestehen gute Chancen auf eine vorteilhafte und stabile Zusammenarbeit. In den Partnerbeziehungen hat es sich bewährt, wenn beide Unternehmen eine ähnliche Unternehmenskultur haben und Seite 20

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die Unternehmensgröße nicht zu sehr abweicht. Die Zusam­ menarbeit zwischen unterschiedlichen Unternehmen will ge­ lernt und geübt sein, da eine Partnerschaft nur bei gegensei­ tigem Geben und Nehmen funktioniert. Aufgrund der Bedeu­ tung von Partnerschaften für die Weiterentwicklung des Un­ ternehmens kann die Einschaltung eines externen Beraters oder Coaches hilfreich sein, um eine objektive und neutrale Bewertung zu ermöglichen. Ein Mediator stellt sicher, dass die Zusammenarbeit in der operativen Umsetzung funktio­ niert. Eine Partnerschaft kann für die Wettbewerbsfähigkeit hohe Bedeutung haben, der Aufwand bei der Auswahl und dem Aufbau der Zusammenarbeit sollte aber auf keinen Fall unterschätzt werden.

7. Produktplanung auf Basis des Geschäftsmodells Der eigentliche Produkteinführungsprozess beginnt mit der Produktplanung, für die die Ergebnisse der übergreifenden Unternehmensplanung oder einer strategischen MarketingPlanung Vorgaben darstellen. Für die Produktplanung emp­ fiehlt sich eine systematische Vorgehensweise, mit der ge­ prüft wird, ob die Produktidee tragfähig ist, ob es beispiels­ weise Kunden für das geplante Produkt gibt. Verknüpft mit anderen Informationen über die potenziellen Zielgruppen lassen sich nachvollziehbare Aussagen zur relevanten Markt­ größe treffen und bei Berücksichtigung der Wettbewerbssi­ tuation auch erste Annahmen zum erreichbaren Absatzpo­ tenzial. Unrealistische Annahmen zum Markt und damit zu hohe Ab­ satzerwartungen gefährden ein Unternehmen genauso wie unrealistisch hohe Annahmen zu den am Markt durchsetzba­ ren Preisen. Die für den Planungszeitraum angesetzten Ab­ satzwerte müssen nicht nur im Kunden- und Wettbewerbs­ umfeld realistisch, sondern auch mit den vorhandenen Mit­ teln im Unternehmen erreichbar sein. Gerade dieser Ab­ gleich und die frühzeitige Identifikation von zusätzlich erfor­ derlichen Investitionen oder Personaleinstellungen wird auf das Planungsergebnis möglicherweise erhebliche Auswirkun­ gen haben. Der Unternehmer schafft sich hierfür entweder eine eigene Methodik zur Planung und Prüfung des Umset­ zungsprozesses oder er greift auf bewährte Methoden zu­ rück. Unabhängig von der gewählten Methode muss diese die folgenden relevanten Größen berücksichtigen: ●

Absatzpotenzial nach Zielgruppen



Preismodelle für die einzelnen Zielgruppen

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Zielableitung für Produkt, Preis, Vertrieb und Kommunikation



Umsatzaufteilung über den Planungszeitraum nach Vertriebskanälen und Zielgruppen



Vertriebskosten nach Vertriebskanälen



Notwendige Kosten für Marketing-Maßnahmen



Planmäßiger Aufwand für die Zielerreichung



Risiken für die Zielerreichung und Aufwand für die Gegenmaßnahmen

Damit diese Größen auf einer fundierten Basis ermittelt wer­ den können und das Ergebnis auch für die Gesellschafter und Investoren verifizierbar ist, müssen die erreichbaren In­ formationen systematisch gesammelt und für die weitere Bearbeitung aufbereitet werden. Dann erfolgt eine detaillier­ te Analyse der Ist-Situation des Unternehmens und seiner vorhandenen Produkte, damit eine realistische und nachhal­ tig erreichbare Positionierung für das innovative Produkt ab­ geleitet werden kann. Mit Hilfe der übergeordneten Unternehmensziele und der identifizierten Positionierung im Marktumfeld werden die operativen Ziele abgeleitet und auf einzelne operationalisier­ bare Maßnahmen herunter gebrochen, die in ihrem Kostenund Personalaufwand quantifiziert werden. Der Abgleich mit den vorhandenen Ressourcen zeigt mögliche Unstimmigkei­ ten auf, die vor der Festlegung der Planung auszuräumen sind. Entweder müssen Maßnahmen – und damit Ziele für das neue Produkt - zurückgenommen werden, oder es kön­ nen bestehende Ressourcen von den anderen Projekten ab­ gezogen bzw. zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden. Mit der abgeschlossenen Spezifikation des neuen Produktes beginnt die eigentliche Planung. In der Folge sind die weite­ ren Voraussetzungen für eine Beauftragung der (internen oder externen) Entwicklung und eine Entscheidung über die Zuordnung von Mitteln in Form von Personal und Budget zu schaffen. Hierzu gehört ein produktspezifischer Business Plan, für den z.B. die Potenziale und Markteinführungs- und späteren Vertriebskosten ermittelt werden. Außerdem sind die Produktionsvorlaufkosten z.B. für neue Werkzeuge und die zu erwartenden Produktionsstückkosten einschließlich der Fremd- und Materialkosten zu ermitteln. Der sich erge­ bende Business Plan muss mit allen später betroffenen Be­ reichen abgestimmt und von diesen akzeptiert werden, be­ vor eine Entscheidung über den Einsatz der notwendigen Ressourcen erfolgt. Seite 22

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Die Erstellung des Business Plans ist eine komplexe Aufga­ be, da oft keine Erfahrungswerte für innovative Produkte vorliegen. Daher hilft nur ein systematisches Vorgehen. Da­ bei ist sicherzustellen, dass die folgenden Anforderungen er­ füllt werden: ●

Alle vorhandenen und relevanten Informationen werden berücksichtigt



Informationslücken werden durch Plausibilitäts­ annahmen gefüllt



Die Positionierung des neuen Produktes erfolgt analytisch anhand vorhandener Informationen



Übergeordnete Ziele des Unternehmens werden nachvollziehbar in die Produktplanung einbezogen



Der Abgleich der Entwicklungsmaßnahmen mit den vorhandenen Ressourcen stellt sicher, dass die gesetzten Ziele erreichbar sind



Risiken und Unsicherheiten werden deutlich und können in der Folge weiter beobachtet werden



Durch die Einbeziehung der Führungskräfte außerhalb der Entwicklung ist eine höhere Identifikation mit den vereinbarten Zielen gegeben



Das Ergebnis wird in einzelne Maßnahmen und Aktio­ nen dargestellt, damit eine laufende Überwachung des Umsetzungs-Fortschrittes möglich ist



Die Priorisierung der Maßnahmen erfolgt deduktiv und im Rahmen des vorhandenen Budgets



Bei erkennbaren Abweichungen vom Plan können wäh­ rend der Umsetzung Gegenmaßnahmen getroffen werden



Der Planungsprozess wird in den einzelnen Schritten dokumentiert und damit auch für Dritte wie z.B. Banken und Investoren transparent

8. Zielgruppen-Gegencheck für zusätzliche Sicherheit Bevor größere Investitionen in Entwicklungsleistungen getä­ tigt werden, empfiehlt sich ein Abgleich mit der Praxis. Hier­ bei könnte der Stand der Produktplanungen mit den abseh­ baren Features und den wahrscheinlichen Preisen Vertretern der Zielgruppe vorgestellt werden. Focus-Gruppen sind hier­ für wiederum eine gängige Methodik. In diesem Fall werden den Teilnehmern der Focus-Gruppen keine offenen Fragen gestellt, sondern die fertigen Konzepte präsentiert. Dabei Seite 23

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hat es sich bewährt verschiedene Varianten vorzustellen, um die Vorlieben im direkten Vergleich zu ermitteln. Natürlich sind auch klassische Marktforschungsmethoden geeignet, um die Produktspezifikationen zu überprüfen. Al­ lerdings sind die Kosten für Marktforschungs-Projekte in der Regel recht hoch und nur für sehr aufwändige und riskante Entwicklungsvorhaben zu rechtfertigen. Die Automobilindus­ trie nutzt sie vor der Auflage von neuen Modellen regelmä­ ßig. Ein anderer Nachteil der Marktforschung ist der Zeitauf­ wand für die Vorbereitung und Durchführung der Studien.

9. Erst planen, dann entwickeln Der nächste Schritt ist eine detaillierte Entwicklungsplanung, die den Prozess auf Teilschritte mit Meilensteinen und Zeit­ plan herunter bricht. Dabei ist auch anzugeben, welcher Auf­ wand für welchen Schritt notwendig ist und wie das Ergebnis des Teilschrittes auszusehen hat. Gerade bei größeren Ent­ wicklungsvorhaben mit einem hohen Ressourcen-Einsatz sind bei Erreichen eines jeden Meilensteins Soll-/Ist-Verglei­ che durchzuführen. Bei der Beurteilung der Ergebnisse soll­ te auch das Marketing hinzugezogen werden. Gerade für große Entwicklungsprojekte sollten die Meilensteine zudem mit „Sollbruchstellen“ versehen werden, damit sich ein Ent­ wicklungsvorhaben nicht verselbständigt und entweder beim tatsächlichen Aufwand, der benötigten Zeit und/oder den Entwicklungsergebnissen deutlich von den gesetzten Zielen abweicht.

10. Entwicklung und laufender Soll-Ist-Vergleich Nun ist es bei Entwicklungsvorhaben nicht unüblich, dass sich bei der Umsetzung die Dinge anders entwickeln, als ur­ sprünglich geplant war. Daher ist es sinnvoll, von Anfang an Toleranzen festzulegen, die bei den Kosten- und Zeitvorga­ ben, aber auch bei den Entwicklungsergebnissen akzeptabel sind. Wie großzügig solche Grenzen gesetzt werden können, hängt von den spezifischen Anforderungen und der Risikobe­ reitschaft ab, wichtig ist prinzipiell nur, dass Grenzen defi­ niert werden und ein Überschreiten der Grenzen eine Infor­ mation an die Entscheidungsträger auslöst. Wenn dieser Fall eintritt, muss der Entwicklungsprozess überarbeitet werden und es ist eine erneute Entscheidung aller Beteiligten erfor­ derlich, ob die Entwicklung unter den neuen Randbedingun­ gen weiter fortgeführt werden soll. Dabei ist auch kritisch zu prüfen, ob das zu erwartende spätere Produkt in seinen Spe­

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zifikationen und dem Preis noch das ursprünglich erwartete Marktpotenzial trifft. Es kann vernünftiger sein, ein Entwicklungsvorhaben einzu­ stellen, wenn der spätere Markterfolg aufgrund von Ände­ rungen in den Spezifikationen voraussichtlich nicht wie ge­ plant eintreten wird. Dies gilt auch dann, wenn bereits er­ hebliche Kosten in die Entwicklung geflossen sind und auch schon ein erhebliches persönliches Commitment bei den be­ teiligten Mitarbeitern abgegeben wurde. Wird die Entwick­ lung trotz einer erkennbaren Gefährdung des Markterfolges fortgeführt, dann sollte man auch in der Lage sein, die für die Produktionsvorbereitung und die Markteinführung anfal­ lenden Kosten gegebenenfalls ohne einen späteren Return zu verkraften. Meist sind die Kosten, die nach Abschluss der Entwicklung für die Produktionsvorbereitung und die Ver­ marktung anfallen, deutlich höher als die reinen Entwick­ lungskosten. Neben den Kosten sind bei einem Misserfolg auch mögliche Folgeschäden durch Kundenabwanderung oder Image-Einbußen zu berücksichtigen. Die Entscheidung zur Einstellung eines nicht erfolgreichen Vorhabens kann sich somit als unternehmerisch erfolgreich herausstellen, auch wenn es intern vermutlich keine leichte Entscheidung sein dürfte. Da die vorhandenen Ressourcen immer endlich sind, birgt die vorzeitige Einstellung einer Entwicklung allerdings die gleichzeitige Chance, ein anderes Projekt mit höheren Erfolgschancen schneller in Angriff zu nehmen!

11. Produktionsvorbereitung und Überleitung Der Prozess der Entwicklung sollte bei einer ordnungsgemä­ ßen Durchführung zum richtigen Zeitpunkt und mit den ge­ planten Eigenschaften abgeschlossen werden können, ohne dass unerwartete Probleme auftreten. Je nach Produkt endet die Entwicklung mit einem Musterbau oder Laboraufbau des neuen Produktes, anhand dessen die späteren Eigenschaften des neuen Produkts zum ersten Mal getestet werden kön­ nen. Das Ergebnis der Entwicklungsarbeiten ist einer Prü­ fung durch die beteiligten Bereiche zu unterziehen. Der Pro­ dukteinführungsprozess ist damit allerdings noch nicht abge­ schlossen. Genau wie der eigentliche Entwicklungsprozess ist auch die Produktionsvorbereitung mit Zwischenschritten und einem Zeitplan vorzubereiten. Nach dem Abschluss der Produktionsvorbereitung sind Pro­ duktionstests durchzuführen und die Ergebnisse zunächst in­ tern einem Praxistest zu unterziehen. Dabei sollte vorher ein

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Testplan aufgestellt und ein Protokoll-Formular entwickelt werden, damit die Beurteilung des neuen Produktes nach vergleichbaren Kriterien stattfindet. Auch dieser Schritt soll­ te einen definierten Zeitplan haben und durch die Auswer­ tung der Beurteilungen abgeschlossen werden. Hierbei kann ein Ergebnis lauten, dass Nacharbeiten erforderlich sind, die Qualität verbessert wird o.ä.. Wenn alle internen Bereiche mit dem Ergebnis zufrieden sind, sollte sich ein externer Test mit ausgewählten Testkunden anschließen, um für die anschließende Vermarktungsphase Sicherheit zu gewinnen. Die Anzahl der Testkunden sollte nicht zu groß gewählt wer­ den, da diese Kunden vermutlich am Anfang mehr Unterstüt­ zung brauchen bzw. mehr Fragen haben, als der spätere Verbraucher.

12. Erfolgsfaktor Preisgestaltung Die Preisgestaltung ist in wettbewerbsintensiven Märkten eine Möglichkeit zur Differenzierung und Schaffung „neuer" Produkte. Beispiele hierfür sind u.a.: ●

Mobilfunkdienste, die sich nur in Preisen und Marke­ tingstrategie von den Basisprodukten unterscheiden (z.B. Base)



Call-by-Call-Dienste



Yello-Strom



All-inclusive-Angebote von Hotels

Preisgestaltung ist eine unternehmerische Aufgabe. Dies kann zur Folge haben, dass gleiche Produkte bei unter­ schiedlichen Unternehmensstrategien erfolgreich mit unter­ schiedlichen Preisen vermarktet werden können (Beispiel: Designerprodukte). Bei Betrachtung des Preises ist zu be­ rücksichtigen, dass es sich in der Regel nicht nur um einen einzelnen Preis handelt, sondern um Preisstrukturen und Konditionsmodelle. Je nach Produkt oder Dienstleistung ge­ hören hierzu: ●

Einmalpreise



Installations- und Einrichtungskonditionen



Wiederkehrende Preise (Monats-, Quartals-, Jahreszahlungen)



Nutzungsabhängige Komponenten (Event-, Dauer-, Mengen-, Zeit- und Entfernungsberechnungen)



Bündelung von Produkt- und Leistungskomponenten



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Vertriebsprovisionen



Rabattstrukturen

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Dienstleistungen werden grundsätzlich nach den gleichen Regeln berechnet wie Produkte. Gerade im Dienstleistungs­ bereich können diese Strukturen aber recht kompliziert sein. Flatrates erfreuen sich in vielen Märkten wie z.B. in der Tele­ kommunikation für das Surfen im Internet, für die Telefonie, aber auch in der Versicherungsbranche und im Touristikbe­ reich zunehmender Beliebtheit. Sowohl für Anbieter wie für den Nutzer haben Paketpreise einige offensichtliche Vorteile. Sie sind übersichtlich, geben Sicherheit und Planbarkeit bei den Kosten, sind in der Werbung leicht zu kommunizieren und unkompliziert in der Abrechnung. Eintrittsbarrieren kön­ ne so abgebaut werden. Die Gestaltung und Festlegung der Paketpreise setzt für Dienstleistungen grundsätzlich eine genaue Kenntnis der Zielgruppe voraus. Bei volumenabhängigen Dienstleistun­ gen, die variable Kosten beim Anbieter zur Folge haben, birgt eine Fehleinschätzung in der Nutzung das Risiko von Verlusten des Anbieters. Je weiter die Preisgestaltung sich von der reinen Kostenstruktur entfernt, desto sorgfältiger muss die Planung erfolgen. Ein anderes Risiko – und gleich­ zeitig ein Vorteil der Paketpreise – liegt in der leichten Ver­ gleichbarkeit mit Wettbewerbsangeboten. Insbesondere bei Flatrates besteht die Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs mit gegenseitigem Unterbieten. Eine Differenzierung mit ande­ ren Leistungen und anderen Paketinhalten kann hier hilf­ reich sein, funktioniert aber nur, wenn die Zielgruppe die an­ dere Gestaltung als USP wahrnimmt. Die „moderne“ Form der Preisfindung ist ein Marktorientier­ tes „Zielgruppen-Pricing“, bei dem Markt, Kaufverhalten, Be­ darfsentwicklung, Nutzung, Wettbewerb genauso berück­ sichtigt werden, wie die Strategie und die finanzielle Situati­ on des Unternehmens. Um zu einer systematischen Preisge­ staltung zu kommen, führt der Weg von der Unternehmens­ strategie über die Marketingstrategie bis zum operativen Pri­ cing. Aus der grundlegenden Preisstrategie werden Leitlinien für die Preisgestaltung abgeleitet und festgeschrieben, die bei der Umsetzung im Pricing-Prozess beachtet werden müs­ sen. Je nach Heterogenität des Leistungsangebotes sollten darüber hinaus produktspezifische Leitlinien aufgestellt wer­ den. Bei einer Änderung der Unternehmens- oder Preisstra­ tegie müssen auch die Leitlinien für die Preisgestaltung überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Beim ope­ rativen Pricing werden die Preisstruktur festgelegt, die kon­

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krete Preishöhe für ein Produkt ermittelt und auch das Kon­ ditionsmodell aufgestellt. Die Preissetzung wird nach den je­ weiligen Erfordernissen des Geschäftes regelmäßig über­ prüft oder neu durchgeführt. Da der Prozess der Preisfindung und die Anzahl der einwir­ kenden Faktoren recht umfangreich ist, hilft eine Systemati­ sierung bei der Durchführung der operativen Preisgestal­ tung. Zunächst besteht die erste Aufgabe in der Beschaffung und Aufbereitung aller relevanten Informationen über inter­ ne und externe Einflussgrößen. Die einzelnen Daten sind in Gruppen zu strukturieren, hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit zu beurteilen und schließlich entsprechend ihrer Bedeutung für die Preissetzung zu gewichten. Der gesamte Prozess der Preisgestaltung lässt sich in vier Hauptschritte unterteilen, deren Ergebnisse sich aus mehre­ ren Teilschritten ergeben. Der vorgestellte Pricing-Prozess bietet den Vorteil, dass alle relevanten Stellgrößen und Ein­ flussparameter bewusst berücksichtigt werden. Die Bewer­ tung der einzelnen Parameter und die Schlussfolgerungen hieraus kann der Prozess natürlich nicht liefern. Dies obliegt weiterhin dem zuständigen Marketing-Manager oder dem Geschäftsführer. 1. Schritt: Analyse des Zielgruppenverhaltens Bevor das eigentliche Pricing beginnt, sind alle erforder­ lichen Informationen über die Zielgruppe und den typi­ schen Zielgruppenvertreter zu beschaffen oder abzu­ schätzen. Wichtig ist dabei insbesondere die Art der Nutzung des angebotenen Produktes oder der Dienst­ leistung nach Häufigkeit, Dauer, verknüpften Handlun­ gen, Abhängigkeiten und der Wichtigkeit der Nutzung. 2. Schritt: Ermittlung der marktseitigen Anforderungen Die Elemente, die zur Leistungserbringung bzw. zur Pro­ duktion und Bereitstellung des Produktes beim Anbieter benötigt werden, sind vollständig zu erfassen und zu beschreiben. Alle Kosten der Leistungserbringung sind auf der Basis einer Vollkostenbetrachtung vollständig zu ermitteln. Zu den Leistungselementen gehören alle Funktionen im Unternehmen. Gemeinkosten werden entsprechend umgelegt. Um Szenarien im Hinblick auf Änderungen bei Stückzahlen (z.B. durch Ausweitung auf neue Zielgruppen oder neue Vertriebskanäle) rechnen Seite 28

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zu können, müssen auch die Skaleneffekte auf Einkaufs­ preise für Zulieferteile und Produktionskosten ermittelt werden. Bei Erreichen einer Vollauslastung der Produkti­ onseinrichtung entstehen Kostensprünge bei den Fix­ kosten durch eine dann eventuell nötige Produktions­ ausweitung. Für Dienstleistungsprodukte ist eine analo­ ge Betrachtung über den gesamten zu erwartenden zeitlichen Verlauf der Kundenbeziehung anzustellen. Hierbei ist gegebenenfalls auch die Art der Nutzung durch den Kunden zu berücksichtigen. Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen und Ausstattungen werden die Kostenbetrachtungen für identische Produkte bei unterschiedlichen Unternehmen in der Regel zu abweichenden Kosten führen. Das Er­ gebnis der Betrachtung ist daher keineswegs ein ein­ deutiges Indiz auf den tatsächlichen Preis, da andere Unternehmen möglicherweise wesentlich bessere Vor­ aussetzungen und damit niedrigere Vollkosten haben. Daher kann sich im späteren Prozess ergeben, dass das betrachtete Produkt nur bei grundlegenden Änderungen im Herstellungsprozess vermarktet oder alternativ ganz eingestellt werden sollte.  Analyse der Ausgabenbereitschaft der Zielgruppen

Neben den internen Kosten spielt bei der Preisfin­ dung die Ausgabenbereitschaft der angestrebten Zielgruppen eine entscheidende Rolle. Wenn auch nach entsprechenden Optimierungen die Vollkosten über der Ausgabenbereitschaft liegen, wird das Un­ ternehmen sein Produkt oder seine Dienstleistung vermutlich niemals erfolgreich vermarkten können oder alternativ Verluste erwirtschaften. Unterschiedliche Zielgruppen haben möglicherweise je nach Höhe des tatsächlichen oder empfundenen Nutzens für dieselben Produkte eine unterschiedli­ che Ausgabebereitschaft. Neben dem tatsächlichen quantifizierbaren Nutzen gehen dabei auch qualitati­ ve Aspekte wie z.B. Markenbezug oder Image und die Substituierbarkeit des Produktes in die Bewer­ tung mit ein. Für die einzelnen Aspekte, die die Aus­ gabenhöhe beeinflussen, werden spezifische Indika­ toren gebildet, die je nach Produkt und Zielgruppe neu zu bestimmen sind. Viele der erforderlichen In­ formationen zur Ermittlung der Indikatoren können aus Business-Intelligence-Analysen oder – falls diese

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fehlen – aus Best-Guess-Abschätzungen gewonnen werden.  Einfluss der Wettbewerbsangebote

Die Wettbewerbsangebote beeinflussen das Kauf­ verhalten der Zielgruppe und sind daher ebenfalls wichtige Parameter. Neben den direkten sind auch indirekte Wettbewerber zu betrachten, da diese von den potenziellen Käufern als Alternative zum eige­ nen Produkt angesehen werden können. Bei Dienst­ leistungsprodukten ist das angenommene Nutzungs­ verhalten und die Preisgestaltung der Wettbewerber für die Ermittlung des Wettbewerbspreises heranzu­ ziehen. Die Analyse der Wettbewerbspreise führt in der Regel nicht zu einem eindeutigen Wert sondern zu einer Bandbreite von Angebotspreisen, die als derzeitige Marktsituation zu betrachten sind. Die Analysen der Preisbandbreiten aus der internen Kostensicht, der Betrachtung der Wettbewerbsangebote und der Ausgabebereitschaft stimmen nur in seltenen Fällen tatsächlich überein, sondern ergeben Bandbrei­ ten. Für den Erfolg am Markt sind besonders jene rele­ vant, die sich aus der Ausgabebereitschaft der Zielgrup­ pe und den Wettbewerbsangeboten ergeben. Der Ver­ gleich der eigenen Kostenposition mit den beiden ande­ ren Parametern ist ein Indikator für die eigene Stärke im Markt. Liegen die Kostenergebnisse unter Ausgabebe­ reitschaft und Wettbewerbsangeboten, so ist die eigene Position sehr stark und erlaubt eine Marktausweitung oder Abschöpfung. Liegt der Kostenpreis unter den anderen Preisbandbrei­ ten, ist zu prüfen, ob Skaleneffekte eine Änderung brin­ gen. Die Analyse einer Ausweitung in neue Zielgruppen und die Gewinnung neuer Zielgruppen ist natürlich nur dann sinnvoll, wenn das Marktvolumen dies überhaupt hergibt. Ein unter dem Kostenpreis angebotenes Pro­ dukt muss aus anderer Sicht besondere Bedeutung für das Unternehmen haben (Einstieg für andere Produkte, Imageträger), oder es sollte eingestellt werden. Eine an­ dere Möglichkeit zur Beseitigung von ungünstigen Kos­ tenpositionen ist eine Neudefinition des Produkts (z.B. durch Bündelung mit anderen Produkten, Veredelung). Das Ergebnis von Schritt 2 ist eine konsolidierte und un­ ter den verschiedenen Parameter abgeglichene Preishö­ he für das Produkt und eine Zielgruppe.

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3. Schritt: Ausloten des Differenzierungs­ potenzials Nur bei einem „einfachen“ Produkt (z.B. ohne ergänzen­ de Dienstleistungen wie Service- und Wartungsverträ­ ge) ist die Preisgestaltung nach Schritt 2 bereits abge­ schlossen (Ausnahme wären Produktbündel). Wenn das Nutzungsverhalten des Kunden nahelegt, Mengenab­ nahmen oder zusätzliche Dienstleistungen (z.B. Service­ verträge) anzubieten, ist die Preisstruktur gemäß der oben dargestellten unterschiedlichen Möglichkeiten auszugestalten. Hierbei sind zunächst die möglichen Preiselemente zu identifizieren und im Hinblick auf Präferenzen der Ziel­ gruppe zu prüfen (z.B. Flatrates im Vergleich zu Einzel­ preisen, Einrichtungs- oder Servicepauschalen). Bei Dienstleistungsprodukten kann die Struktur recht kom­ plex ausfallen. Als Indikator für die richtige Preisstruktur werden neben den Wettbewerbsangeboten die Vorlie­ ben der potenziellen Kunden berücksichtigt. Das Ergeb­ nis von Schritt 3 ist die Preisstruktur und die Auswahl der Preiskomponente, deren absolute Höhe im folgen­ den Schritt 4 festgelegt wird. 4. Schritt: Modulation der einzelnen Preiskomponenten Auf der Basis der ermittelten Preishöhe eines Produkts für eine Zielgruppe mit einem definierten Nutzungs- und Kaufverhalten und der Auswahl der differenzierenden Preiselemente erfolgt im 4. Schritt die Festlegung der einzelnen Werte. Die sich aus dem unterstellten Nut­ zungsverhalten ergebenden Umsätze sind mit dem Preismodell zu berechnen und mit der Kostenposition und der internen Planung abzugleichen, um Unverträg­ lichkeiten zu ermitteln und schon im Vorfeld Risiken zu erkennen. Wenn das Ergebnis nicht mit der Planung überein­ stimmt oder nicht zur Kostenposition passt, wird der Ab­ gleich in aufeinander folgenden iterativen Schritten ver­ feinert. Für Dienstleistungsprodukte bieten sich zusätzli­ che Sensitivitätsanalysen an, um zu prüfen, wie sich der Umsatz bei einer Änderung des Nutzungsverhaltens än­ dert. Gerade bei Paketpreisen und Flatrates, die unab­ hängig vom Nutzungsverhalten angeboten werden, kön­ nen ansonsten Ertragsprobleme oder gar Verluste die Folge sein.

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 Preisfindung mit Hilfe von Conjoint-Analysen

Die Festlegung der Preiskomponenten kann durch Marktforschungsinstrumente, wie z.B. Conjoint-Ana­ lysen abgesichert werden, wenn Bedenken bzgl. der Qualität der zugrunde liegenden Annahmen beste­ hen oder zu wenig belastbare externe Informationen vorliegen. Hierzu werden nach dem Zufalls-Prinzip Vertreter aus der Grundgesamtheit der definierten Zielgruppe ausgewählt und zu den relevanten Preiselementen befragt. Dieses Vorgehen kann na­ türlich auch zur Erhärtung der Annahmen aus Schritt 3 gewählt werden und gibt dann eine höhere Ent­ scheidungssicherheit. Bei der Conjoint-Analyse wird von den Zielgruppen­ vertretern für jedes Preiselement ein als zu hoch bzw. zu niedrig empfundener Wert abgefragt. Die Auswertung liefert bei ausreichendem Stichproben­ umfang ein gutes Ergebnis zum Verlauf der Preis­ elastizitätskurve und erlaubt Aussagen über mögli­ che Mengenverteilungen und Preisschwellen. Damit stellt sie eine hervorragende Ergänzung zum Preis­ findungsprozess dar. Der Abgleich des Ergebnisses mit der wirtschaftlichen Planung und der Kostenposi­ tion muss genauso vorgenommen werden, wie in Schritt 4 beschrieben. Der Stellenwert der Preisgestaltung ist für den Erfolg des Un­ ternehmens vergleichbar hoch wie jener der Gestaltung der Vertriebsstruktur oder der Werbemaßnahmen. Erfolgt die Preisgestaltung gemäß dem beschriebenen Prozess, ist si­ chergestellt, dass wesentliche Einflussfaktoren wie Erstel­ lungskosten, Ausgabebereitschaft der Kunden und die vor­ handenen Wettbewerbsangebote berücksichtigt werden. Da­ bei können die vorhandenen Möglichkeiten zur Differenzie­ rung gezielt ausgewählt und eingesetzt werden, um einen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen. Über die Modulation der Preiselemente lässt sich die wirt­ schaftliche Auswirkung und das erzielbare Absatzpotenzial besser absichern, als dies bei herkömmlicher Preisfestlegung insbesondere nach dem Cost-plus-Verfahren möglich ist. Die Analyse des Kauf- und Nutzungsverhaltens für das analy­ sierte Produkt schafft die Grundlage zur eigentlichen Preis­ festsetzung. Eine marktorientierte Preisfestlegung unter­ stützt die Erfüllung der unternehmerischen Ziele des Unter­ nehmens und ist ein wichtiges Element der marktorientier­ ten Unternehmensführung.

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13. Vertriebsmaterial und Schulungen Nach Abschluss dieser entscheidenden Testphase ist die Markteinführung vorzubereiten. Je nach Produkt sind hierfür folgende Aufgaben zu erledigen: ●

Produktbeschreibung erstellen



Inhalte für Bedienungsanleitungen schreiben



Produkt-Verpackung gestalten und bereit stellen



Preisgestaltung und Festlegung von Konditionen für Großkunden und Vertriebspartnern



Produktschulungen für Vertrieb, Service etc. durchführen



Evtl. Schulungsprogramme für externe Vertriebs­ partner (Fachhändler, Handelsvertreter, Kooperationspartner) ausarbeiten



Werbemaßnahmen und Produkteinführungskampagne gestalten



Gegebenenfalls Produkt-PR erstellen



Vorführgeräte für den Vertrieb bereitstellen

Werden die neuen Produkte über eine verteilte Vertriebsor­ ganisation vertrieben, so braucht der Vertrieb hierfür ver­ kaufsfördernde Materialien, kurz „VKF-Material“. Das VKFMaterial enthält alle Materialien, die der unmittelbaren Ver­ kaufsförderung dienen. Je nach Geschäftsmodell und Pro­ dukt können die folgenden Elemente enthalten sein: ●

Werbeprospekte und Broschüren



Handzettel



Prospektspender



Preislisten



AGB’s



Auftragsformulare



Poster



Deckenhänger



Fenster- und Türkleber



Anzeigenmatern



Promotion-Aktionen



Vitrinen, Regale und Shop-in-Shop Systeme



Give-aways, Werbegeschenke



usw. Seite 33

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VKF-Material wird in der Regel den Vertriebs-Outlets bzw. POS (Points of Sale) zur Verfügung gestellt. Teilweise werden die Kosten anteilig verrechnet – je nach Provisionsvereinba­ rung in Verbindung mit einem Werbekostenzuschuss. Die Geltendmachung von externen Werbekosten (z.B. für Print­ werbung) setzt im Regelfall die Verwendung der bereitge­ stellten Anzeigenmatern voraus. Da ein Teil der VKF-Materialien als Verbrauchsmaterialien anzusehen sind, entstehen durch die Produktion und den Versand der Materialien teilweise recht erhebliche Kosten. Damit diese Kosten in einem wirtschaftlich vertretbaren Rah­ men bleiben, sind Kennzahlen zu ermitteln und zu überwa­ chen, z.B. Anzahl Prospekte pro Auftrag. Große Vertriebspartner im indirekten Vertrieb erwarten nicht nur die regelmäßige Bereitstellung von VKF-Materialien, son­ dern darüber hinaus auch ein Merchandising und einen De­ korations-Service. Die Erbringung von Dekorationsservices bedeutet zwar zusätzliche Kosten für das Unternehmen, auf der anderen Seite wird aber nur so sichergestellt, dass die Materialien entsprechend dem CI und mit optimaler Wirkung zum Einsatz kommen. In anderen Fällen hat es sich bewährt, VKF-Material durch Außendienst-Betreuer überbringen und einordnen zu lassen, damit das Material tatsächlich in der gewünschten Form ge­ nutzt wird. Von den VKF-Materialien zu unterscheiden sind die Maßnah­ men zur übergreifenden Imagebildung: ●

Unternehmenspräsentationen



Sponsoring-Maßnahmen



Image-Werbung



PR-Maßnahmen



usw.

Erst nach Abschluss dieser Aufgaben sind die Vorbereitun­ gen für die Produkteinführung abgeschlossen.

14. Formen der Kommunikation: PR und Werbung Der erste Schritt der Produkteinführung sind Kommunikati­ onsmaßnahmen, mit denen der potenzielle Kunde, aber auch Absatzmittler und Multiplikatoren auf das neue Produkt aufmerksam gemacht werden sollen. PR kann Werbung auch bei der Markteinführung neuer Produkte ergänzen, aber nicht unmittelbar ersetzen. So können durch PR-Maßnahmen

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schon vor der Verfügbarkeit des Produktes im Handel Be­ dürfnisse und Kaufmotivationen aufgebaut werden. Werbung soll oft den unmittelbaren Kaufanreiz stimulieren und kon­ zentriert sich daher auf das zu vermarktende Produkt, Sie enthält meist eine Preisangabe. PR arbeitet eher mit indirekten Kaufsignalen und konzen­ triert sich in der Regel auf eher sachliche und allgemein in­ teressierende Informationen. Daher eignen sich PR-Maßnah­ men besonders für die Einführung innovativer Produkte. Zwar erfolgt der Einsatz von PR auch nicht als Selbstzweck, aber die Wirkung ist eine andere. So dient PR dem Aufbau von Bekanntheit und Image, aber nicht der unmittelbaren Weckung eines Kaufimpulses, wie die klassische Werbung dies bezweckt. Welche Botschaften lassen sich mit Hilfe von PR transportie­ ren? In erster Linie Informationen zum Unternehmen und seiner Entwicklung, Informationen über innovative Produkte und Leistungen, Produktionstechnologie, Kooperationen usw. – dies allerdings in einer Form, die auf einem allgemeinen Interesse aufbaut. Anstatt also auf einzelne Produkteigenschaften und Preise einzugehen, kann über den Nutzen aus der Anwendung am Beispiel eines realen Kunden berichtet werden. Wie bei jeder Kommunikation muss man sich auch beim Einsatz von PR ein klares Ziel setzen: Welche Botschaft soll wen erreichen und was auslösen? Voraussetzung für die Umsetzung ist eine definierte Strategie des Unternehmens, eine nachvollziehba­ re Positionierung im Wettbewerbsumfeld und ein gutes Ver­ ständnis für die Zielgruppen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, müssen die Ziele festgelegt werden. Dabei kann über PR-Maßnahmen z.B. ●

das Image transportiert werden (etwa bei neuen For­ schungsprojekten, verbesserten Maßnahmen zur Qua­ litätssicherung, Förderung junger Unternehmen),



die Bekanntheit von Unternehmen und möglichen Mar­ ken verbessert werden (z.B. durch Sponsoringmaßnah­ men und Promotion),



die Kundenbindung verbessert werden,



eine neue Zielgruppe auf das Produkt und seine Leis­ tungen aufmerksam gemacht werden (z.B. durch An­ wendungsbeispiele und Nutzendarstellung) oder auch



ein Kontakt zu neuen Geschäftspartnern gesucht wer­ den.

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Nach der Festlegung der Ziele für die PR-Maßnahmen sind die Inhalte auszuwählen. Dabei ist zu beachten, dass eine wirkungsvolle PR-Strategie nicht auf einer einmaligen Aktion aufbaut, sondern über einen längeren Zeitraum angelegt sein sollte. Daher sind auch die Inhalte entsprechend zu pla­ nen. Anders als bei der Werbung ist PR in aller Regel nicht mit Wiederholung identischer Aussagen möglich (zumindest nicht in gleichen Medien und in zeitlicher Nähe). Ebenso wichtig für einen Erfolg ist dann die Auswahl der richtigen Medien. Nur wenn die angestrebte Zielgruppe die Medien auch wahrnimmt, kann die Aussage eine Wirkung er­ reichen. Dies gilt im übrigen auch für die klassische Wer­ bung, ist hier aber wesentlich leichter steuerbar, da der An­ zeigenplatz in dem ausgewählten Medium gebucht werden kann. Bei PR ist dies nur bei der Sonderform der bezahlten PR möglich, die nur von wenigen Medien angeboten wird und eher als Sonderform der Werbung anzusehen ist. Auch für mittelständische Unternehmen gibt es eine Palette unterschiedlicher PR-Maßnahmen, aus der eine oder mehre­ re ausgewählt werden können: ●

Informationsseiten im Internet für das neue Produkt



Unternehmensbroschüre



Kundenzeitschrift



Sponsoringkooperationen



Artikel über aktuelle Inhalte



Tag der offenen Tür



Veranstaltungen



Bezahlte PR (Werbung in Artikelform)



usw.

Die Auswahl der richtigen Maßnahmen sollte auf jeden Fall erst am Ende der Überlegungen zu Zielen, Zielgruppen, In­ halten und zeitlichem Ablauf stehen, damit nicht vorschnell teure Fehlentscheidungen getroffen werden. Damit PR nicht nur mit „Scheuklappen“ und der Gefahr der Betriebsblindheit eingesetzt wird, empfiehlt sich die Ein­ schaltung eines externen Beraters bei der Vorbereitung und der Erarbeitung einer PR-Strategie, gegebenenfalls auch als Teil einer umfassenderen Kommunikationsstrategie. Bei der Umsetzung kann und sollte durchaus der wesentliche Teil aus dem Unternehmen selber kommen (z.B. in der Pflege und Aktualisierung der Homepage oder als Beiträge zu ei­ nem Kundenmagazin). Für Artikel, die verschiedenen Medien Seite 36

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angeboten werden sollen, empfiehlt sich die neutrale Sicht und Unvoreingenommenheit eines externen Beraters. PR bietet für den mittelständischen Unternehmer eine heute noch zu wenig genutzte Chance, die Bekanntheit des Unter­ nehmens zu steigern. Auch wenn PR und Werbung nicht in unmittelbarem Wettbewerb miteinander zu sehen sind, die hierfür erforderlichen Budgets sind es auf jeden Fall! Je nach Geschäftsmodell und Unternehmen sollte PR eine mindes­ tens ebenso wichtige Rolle einnehmen, wie die Werbung. PR wirkt über längere Zeiträume und kann komplexere Aussa­ gen transportieren als die eher plakative Werbung.

15. Weitere Entwicklungsphasen eines Produktes Nach der Übergabe eines neuen Produktes an den Vertrieb übernimmt das Produktmanagement die weitere Pflege und die später vielleicht notwendigen Anpassungen. Auch Pro­ dukte unterliegen einer zeitlichen Entwicklung, von der "Ge­ burt", dem Product Launch über die Wachstums- und Reife­ phase bis zum Ende des Lebenszyklus, an dem das Produkt ausgelistet wird. Entsprechend der aktuellen Entwicklungsphase des Produkts sind unterschiedliche Maßnahmen im Rahmen des Marke­ ting-Mix erforderlich. Dabei ist die Preissenkung als singuläre Maßnahme zur Steigerung des Absatzes nur selten ausrei­ chend. Zusätzliche Produkteigenschaften oder die Bündelung mit anderen Produkten können Erfolg versprechende Maßnah­ men sein. Gerade zum Ende des Lebenszyklus empfiehlt es sich allerdings, gründlich zu analysieren, ob und in welchem Ausmaß weitere Investitionen sinnvoll sind. In vielen Fällen ist es aus Unternehmenssicht sinnvoller, das auslaufende Produkt ohne weitere Investitionen als Cash-Cow zu nutzen und die noch erzielbaren Erlöse in die Entwicklung junger Produkte zu stecken.

16. Fazit Der beschriebene Produkteinführungsprozess ist sicher auf­ wändiger als der schnelle Weg in die Entwicklung. Dafür bringt dieser Weg mehr Sicherheit für den späteren wirt­ schaftlichen Erfolg, da die Umsetzungsplanung schon vor den ersten Investitionen erfolgt. Außerdem ist das Marktrisi­ ko deutlich geringer, da die späteren Zielgruppen schon frühzeitig analysiert und einbezogen werden. Auch ein zwi­ schenzeitlicher Gegencheck mit Zielgruppen-Vertretern

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bringt zusätzliche Sicherheit. So können spätere Anpas­ sungsentwicklungen zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber deren Wahrscheinlichkeit deutlich gesenkt werden. Natürlich ist „Time-to-Market“, d.h. die Zeit von der Konkretisierung der Geschäftsidee bis zur Markteinführung ein kritischer Er­ folgsfaktor und in dieser Zeit kann es unerwartete Entwick­ lungen von Seiten des Wettbewerbs geben, aber die zusätz­ liche Sicherheit bei der Markteinführung sollte dies wert sein. Dr. rer. nat. Jürgen Kaack STZ-Consulting Group

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Der Autor Dr. Jürgen Kaack Tel.: 0 22 35 – 9 88 77 6 Mobil: 0 17 1 – 4 07 00 00 w w w .stz-consulting.de eMail: [email protected] STZ-Consulting Group (w w w .stz-consulting.de): STZ Strategie Transfer-Zentrum (w w w .stz-consulting.de) IBRM Institut für Business- und Riskmanagement (w w w .ibrm.baytech.de) GATG German Arabic Technology Group GmbH (w w w .gatg.biz) mit Standorte in Erftstadt bei Köln, München, Stockach und Stuttgart Partner der BayTech (w w w .baytech.de) und Steinbeis-Stiftung zur Wirtschaftsförderung (w w w .stw .de)

Dr. rer. nat. Jürgen Kaack studierte in Köln Physik und promovierte auf dem Gebiet der Festkörperphysik. In seiner Berufslaufbahn nahm er in operativer Verantwortung sowohl bei international tätigen Unternehmen als auch bei Mittelständlern Managementfunktionen wahr, Er wirkte aus­ serdem erfolgreich am Aufbau mehrerer unternehmen mit. Als Manage­ mentberater besitzt er langjährige Erfahrung in der Unterstützung von Unternehmen beim Auf- und Ausbau, sowie bei Restrukturierungen. Seit 1995 ist Dr. Kaack selbständig tätig. Er begann seine Karriere 1983 in der Systemplanung für neue Produkte bei SEL/ITT. Von 1985 bis 1988 führte er bei BMW Diversifikationsprojek­ te im europäischen und amerikanischen High-Tech- und Telekommunika­ tionsmarkt durch. Von dort wechselte er in den DaimlerChrysler Konzern, wo er die Unternehmensentwicklung der AEG leitete. Ein SchwerpunktThema war die Sanierung der AEG-Olympia. Nach 1990 gestaltete er als späterer Marketing- und Vertriebsleiter maß­ geblich die Konzeption und den Aufbau von Europas erfolgreichstem Mo­ bilfunk Service Provider debitel. Neben dem Aufbau der Vertriebsorgani­ sation als wichtigstem Erfolgsfaktor verantwortete er die Produktgestal­ tung und den Marketingauftritt. Die Marktführerschaft, die langfristige Bindung wichtiger Vertriebsorganisationen, die Einführung einer dreistu­ fige Tarifstruktur und die sekundengenaue Abrechnung im deutschen Markt waren einige Ergebnisse seiner Tätigkeit für debitel. Von 1995 bis 2000 verantwortete Dr. Kaack als Mitgesellschafter und Ge­ schäftsführer der MCN Management Consulting Group GmbH den Ausbau des Competence Centers Telekommunikation. Das Konzept und die Gründung des auf Mehrwertdienste spezialisierten Netzbetreibers mcn tele.com AG geht wesentlich auf seine Initiative und Vorarbeit zurück. In der mcn tele.com AG hatte Dr. Kaack den Vorstandsvorsitz von der Grün­ dung im Jahr 1999 bis Ende Juli 2002 inne. Heute unterstützt er als Gründer und Leiter der STZ-Consulting Group Unternehmen bei der Bewältigung von intern oder extern bedingten Än­ derungen und Restrukturierungen bis hin zu Nachfolge-Vorhaben. Ein Schwerpunkt liegt in der Ausgestaltung und Umsetzung innovativer Ge­ schäftsmodelle sowie im Aufbau von Kooperationen und Allianzen zwi­ schen Unternehmen. Die Änderungsprozesse begleitet er u.a. als Coach des Unternehmers.

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»Beratung vom Unternehmer für Unternehmer« STZ-Consulting Group ... ... verbindet als Managementberatung konzeptionelle Stärken mit unternehmerischem Know-How bei der Umsetzung. Die Partner verfügen über langjährige Berufserfahrung in leitenden Funktionen. ... setzt Schwerpunkte bei Risikomanagement, Unternehmensnach­ folge, dem Aufbau von Geschäftskooperationen, in Marketing und Vertrieb. Zu den Leistungen gehören Coaching, Umsetzung neuer Geschäftsmodelle, Restrukturierungsvorhaben und der Einstieg in neue Märkte. ... folgt dem Grundsatz "vom Unternehmer für Unternehmer". Projektergebnisse sind konkrete Problemlösungen und innovative Konzepte.

Tätigkeitfelder der STZ-Consulting Group Telekommunikation Spezialist für Telekommunikationsthemen und innovative Geschäfts­ modelle (MVNO-Geschäftsmodelle, WiMAX-Lizenzen, Konvergenzdienste, VoIP, Breitbandanwendungen) sowie bei Dienstegestaltung, Vertriebsaufbau, Preismodellen Mittelstand Unterstützung bei der Einführung von Risikomanagement im Mittelstand mit dem Fokus auf Markt- und Geschäftsrisiken, Durchführung von Un­ ternehmensnachfolge-Projekten, Marketing und Vertrieb, Coaching (http://www.ibrm.baytech.de) Nationale und internationale Kooperationen Zusammenarbeit zwischen nordafrikanischen, rumänischen, bulgarischen und deutschen Unternehmen, Unterstützung bei Markteintritt und Kooperation (http://www.gatg.biz) STZ-Consulting Group (http://www.stz-consulting.de) Kolibristr. 37 D-50374 Erftstadt Tel.: 02235 - 988 776 [email protected]

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