Unterrichtsmaterialien zum Thema Judentum

February 2, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Religionswissenschaft, Judentum
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Unterrichtsmaterialien zum Thema Judentum Text: Bettina Reichmann

Es gibt neuere Unterrichtsmaterialien, die Kindern und Jugendlichen das Judentum in Deutschland auf lebendige und lebensnahe Weise vorstellen. Sie eröffnen die Möglichkeit, sich mit dem Judentum auf einer sehr alltagspraktischen Ebene auseinanderzusetzen und es in seinen verschiedenen religiösen Ausprägungen kennenzulernen.

Gorelik, Lena/ Mehring-Fuchs, Margarethe/Weber, Larissa, »Die Judenschublade – Junge Juden in Deutschland«. Dokumentarfilm, Mühlheim/Ruhr 2011, € 34,90

Lena Gorelik, 1981 geboren, ist eine junge deutsche Schriftstellerin und Journalistin und sie ist Jüdin. Gorelik empfindet, dass sie anders behandelt wird, wenn Leute erfahren, dass sie Jüdin ist. Es werden stereotype Bilder auf sie projiziert, die – wie sie erzählt – nicht stimmen. Sie stimmen deshalb nicht, weil junge Juden in Deutschland nicht in eine Schublade passen. Junge Juden in Deutschland sind so unterschiedlich, wie alle Menschen, unterschiedlich. Die einen religiös, die anderen nicht. Sie kommen aus den verschiedensten Ländern und leben in Deutschland. Sie sagen selbst, sie leben ganz normal hier. Der Holocaust sei Geschichte, die man hoffent-

lich kenne, aber das Leben in Deutschland heute geschehe ohne die ständige Vorstellung, im »Land der Täter« zu leben, und ständig darüber zu reflektieren. Viele nicht-jüdische Jugendliche in Deutschland wissen wenig über das heutige jüdische Leben in Deutschland. Zum Beispiel, dass es mittlerweile wieder ca. 100 000 Juden gibt, die hier sehr pluralistisch leben und Teil der deutschen Gesellschaft sind. Judentum ist für viele von ihnen Geschichte, die ausschließlich mit dem Holocaust verbunden wird. Das jüdische Leben in Deutschland davor und danach ist vielen von ihnen nicht bekannt. Aus dieser Beobachtung heraus haben Lena Gorelik, Margarethe Mehring-Fuchs und Larissa Weber den Dokumentarfilm »Die Judenschublade – Junge Juden in Deutschland« und die dazugehörigen Arbeitsmaterialien produziert und erarbeitet. Im Vordergrund der Materialien steht das Leben jüdischer Jugendlicher im modernen Deutschland, das sich vom Leben nichtjüdischer Jugendlicher oft nicht sehr unterscheidet. Der Ansatz des Materials stellt nicht die jüdische Religion in den Vordergrund, sondern arbeitet mit

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den Identitäten der jugendlichen Protagonisten des Films. Die Frage nach der eigenen Identität, die dreizehn junge Juden im Film zu beantworten versuchen, bildet die Schnittstelle und die Identifikationsmöglichkeit zum Leben nicht-jüdischer Jugendlicher. Daneben soll durch das Material vermittelt werden, dass »Juden seit Tausenden von Jahren in Deutschland leben, dass deutsch-jüdische Geschichte mehr beinhaltet als die Verfolgung und Ermordung der Juden durch die Nationalsozialisten«. Die inhaltlichen Schwerpunkte des Films sind: jüdisches Leben in Deutschland, Identität, jüdische Kultur und Religion, Vielfalt im Judentum, Israel, deutsch-jüdische Geschichte, Antisemitismus und Ausgrenzung, Partnerwahl und Familie. Die Zielgruppe sind Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren. Um verschiedenen Lernniveaus gerecht zu werden, arbeitet das Material mit drei Ebenen. Die erste Ebene steht in enger Beziehung zu den Kapiteln des Films und arbeitet v. a. mit Arbeitsblättern. Die zweite Ebene geht tiefer. Die Jugendlichen sollen sich mithilfe dieser Materialien intensiver mit den Themen des Films auseinandersetzen. Die dritte Ebene beinhaltet Übungen, die die Lebenswelt der Jugendlichen mit einbeziehen, v. a. eigene Erfahrungen sollen dabei reflektiert werden. Zusätzlich dazu wurden für jedes Thema Ideen zum Weitermachen entwickelt. Jedes Kapitel des Materialhefts beginnt mit einem Hintergrundtext, der sowohl den Lehrerinnen und Lehrern Unterstützung bieten soll als auch von jugendlichen Lesern verstanden werden kann. Wichtige Begriffe oder Fremdwörter werden in Erklärungsboxen (Begriffe-Check)

ZITAT Erinnerungen sind das Lebenselixier einer Kultur. Sie nähren Hoffnungen und machen den Menschen zum Menschen. Elie Wiesel

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erläutert. Fett gedruckte Begriffe finden sich zusätzlich im Glossar. Darüber hinaus beinhaltet das Material noch Medientipps zu weiterführender Literatur, pädagogischem Material und Internetseiten.

Liss, Hanna/Landthaler, Bruno/Darius, Gilmont (Ill.), Erzähl es deinen Kindern. Die Thora in fünf Bänden, Berlin (Ariella) 2014, Einzelbandpreis € 24,90

Nahe dem Konzept christlicher Kinderbibeln haben Hanna Liss und Bruno Landgraf die fünfbändige Edition der Thora für Kinder ab einem Alter von fünf Jahren bearbeitet und herausgegeben. Ziel ist es, jüdische Kinder in Deutschland mit Übersetzungen, die für Kinder verständlich sind, an der Thora-Lesung in der Synagoge teilnehmen lassen zu können und Eltern eine Thora vorzulegen, die sie ihren Kindern zu Hause vorlesen können. Der Aufbau dieser Thora für Kinder entspricht Leseabschnitt (Parascha) für Leseabschnitt dem Lesezyklus des Synagogengottesdienstes. Die Texte selbst sind zum Vorlesen gedacht, werden aber von Einleitungen und Kommentaren umrahmt, die den vorlesenden Erwachsenen oder interessierten jungen Lesern als Zusatzinformation dienen können. Der Text wird von farbenfrohen, wunderschönen Illustrationen des israelischen Künstlers Darius Gilmont unterbrochen. Die Thora für Kinder ist in deutscher Sprache verfasst und wird von jüdischen Kindern und ihren Familien in Deutschland in der Synagoge und zu Hause gelesen. Somit ist es ein Buch, das Aufschluss über jüdisches Leben in Deutschland heute gibt. Die Adressaten sind im Grundschulalter, genau wie christliche Kinder, wenn ihnen aus einer Kinderbibel vorgelesen wird oder sie selbst beginnen, darin zu stöbern. Figuren wie

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Kain und Abel, Noah, Abraham, Sarah, Josef und seine Brüder … sind sowohl christlichen als auch jüdischen Kindern bekannt. Die Thora für Kinder bietet Lehrerinnen und Lehrern christlichen Religionsunterrichts die Möglichkeit, mit christlichen Kindern zu entdecken, dass jüdische Kinder in Deutschland die gleichen biblischen Geschichten kennen und in ihren Gottesdiensten und zu Hause lesen. Bereits im Grundschulalter kann so eine Identifikationsmöglichkeit mit dem Judentum in Deutschland heute hergestellt und eine der Hauptgemeinsamkeiten der beiden Religionen, das Alte Testament, herausgestellt werden. Judentum in Deutschland, ON! DVD Bildungsmedien für den Unterricht (Reihe Religion und Ethik), Leipzig (medienblau) 2012, Einzelpreis € 38,– (Anschaffung über Medienzentrale)

Die DVD basiert auf einem Modulkonzept. Come ON! – das erste Modul ist ein ReportageFilm (11,26 Min.), der Rabbi Yitshak Ehrenberg bei seinen Aufgaben in der größten jüdischen Gemeinde Deutschlands begleitet. Er erklärt unterwegs in seiner Gemeinde sehr lebensnah das jüdische Leben, wie es heute in Deutschland stattfindet zwischen Thoraschule, koscherem Restaurant und Synagoge. Das zweite Modul der DVD – »Check ON!« – beinhaltet drei grafisch animierte Erklär-Filme (je ca. 3 Min.) zu den Themen: »Judentum  – was ist das?«; »Judentum  – Organisation« und »Judentum in Deutschland«. Die kurzen Erklär-Filme erläutern auf prägnante, informative Weise, wie sich das Judentum in Deutschland heute in seine verschiedenen Richtungen aufgliedert, welchen rechtlichen Status die Religion in Deutschland hat und wie sie sich organisiert. Unabhängig vom Reportage-Film eignen sich die Erklär-Filme hervorragend, um Wissenswertes über die

Organisation der jüdischen Religion im Staat zu erfahren. »Hands ON!« – das dritte Modul der DVD beinhaltet verschiedene Arbeitsmaterialien, v. a. Aufgaben, die sich vor dem Hintergrund des Reportage-Films und der Erklär-Filme von Schülerinnen und Schülern bearbeiten lassen oder Unterrichtsanregungen für die Lehrerinnen und Lehrer liefern. Das vierte Modul – »Be ON!« – ist ein Vorschlag für ein unterrichtsbegleitendes medienpädagogisches Projekt und das fünfte Modul, »ON! Line«, ist ein interaktiver Online-Wissenstest, bei dem die SchülerInnen über einen angegebenen Zugangscode einen Online-Wissenstest zum Thema Judentum in Deutschland absolvieren können. Die Materialien eignen sich für jede Schulart ab der Klassenstufe 7. Die bereitgestellten Medien sind sehr informativ und didaktisch vielschichtig. Die einzelnen Module sind unabhängig voneinander einsetzbar. Was glaubst Du? »Junge Juden«, DVD, Medienprojekt Wuppertal e.V., Wuppertal (Jugendvideoproduktion und -vertrieb) 2011, € 30,–

Das Medienprojekt Wuppertal realisiert seit 1992 erfolgreich Modellprojekte aktiver Jugendvideoarbeit. Dabei werden junge Leute im Alter von 14–28 Jahren (im Rahmen von pädagogischen Institutionen oder privat organisiert) produktorientiert bei ihren eigenen Videoproduktionen unterstützt, ihre Videos im Kino, in Schulen, Jugendeinrichtungen etc. in Wuppertal präsentiert und als Bildungsmittel bundesweit vertrieben. Alle Projekte dienen der aktiven Medienerziehung und dem kreativen Ausdruck jugendlicher Ästhetiken, Meinungen und Lebensinhalte. Die Formen der Filme sind Reportagen, Spiel- und Trickfilme, Computeranimationen, Experimentalfilme und Musikclips.

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Die Doppel-DVD »Junge Juden« ist Teil einer Filmreihe über junge Christen, Muslime, Juden, Hindus, Buddhisten und Nichtreligiöse in Deutschland. Auf der DVD A (58 Min.) erzählen vier junge Juden, wie sie ihre Religion in Deutschland leben, welcher Strömung im Judentum sie sich zuordnen, welche Traditionen und Gesetze ihnen persönlich wichtig sind und wie sie ihr Jüdischsein in das Alltagsleben in Deutschland einbetten. Die Jugendlichen gehören unterschiedlichen jüdischen Gemeinden in Deutschland an. Aufschlussreich ist, dass kein homogenes Bild des Judentums in Deutschland gezeigt wird, sondern verschiedene Facetten der Religion und die individuellen Zugänge der Jugendlichen dargestellt sind. Die Basis des Films sind Interviews, die Jugendliche mit den jüdischen Jugendlichen geführt haben. Diese Methode ermöglicht eine identifikatorische Nähe junger Zuschauer zu den Themen und Sichtweisen der jüdischen Jugendlichen im Film. Die DVD B beinhaltet zusätzliche Interviews von fünf jüdischen Jugendlichen und dem Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf (je ca. 20–30 Min.). Die Filme eignen sich für jede Schulart ab der Klassenstufe 7. Typisch Jude, Eine Dokumentation über aktuellen Antisemitismus, DVD, Medienprojekt Wuppertal e.V., Wuppertal (Jugendvideoproduktion und -vertrieb) 2014, € 30,–

Das Filmprojekt zum Thema »Antisemitismus« beschäftigt sich mit dem immer noch und immer wieder anschwellenden Antisemitismus in Deutschland. Dabei geht es nicht nur um extreme Meinungen, sondern vor allem auch um Vorurteile, die erst auf den zweiten Blick als (alltags-) rassistisch zu erkennen sind. Die Aspekte des Films sind: Wie nehmen junge Jüdinnen und Juden Antisemitismus wahr?; Welche Diskriminie| 124

rungserfahrungen haben sie gemacht und wie gehen sie mit diesen und den Ängsten davor um?; Welche Bedeutung hat der Holocaust für junge Menschen heute?; Welche Bilder haben Nichtjuden von Jüdinnen und Juden in Deutschland?; Was bedeutet es für junge Jüdinnen und Juden, im Lebensalltag religiös oder kulturell »jüdisch« zu sein?; Wie stehen in Deutschland lebende junge Muslime zu Jüdinnen und Juden?; Wo ist die Grenze zwischen möglicherweise berechtigter Kritik an der Politik des Staates Israel und Antisemitismus?; Welche Rolle spielt rechtsextreme Bedrohung für Jüdinnen und Juden?; Wie können rassistische Vorurteile abgebaut werden?. Der Film zeigt auf eindrückliche und nachdenklich machende Weise, wie die Frage »Jüdisch sein in Deutschland heute« mit dem Thema Antisemitismus verbunden ist und scheinbar trotz aller Bildung nur schwer aus den Köpfen und Haltungen vieler Menschen in Deutschland herauszubringen ist. Der Film eignet sich für jede Schulart ab der Klassenstufe 7.  ❙ Dr. Bettina Reichmann ist Akademische Mitarbeiterin am Institut für Katholische Theologie der Universität KoblenzLandau.

ZURÜCKGEBLÄTTERT Claudia Gärtner schreibt in ihrem Beitrag »Kunst als ›Möglichkeitsraum‹ interreligiösen Lernens«, dass in der Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst kein Dialog mit »dem« Islam oder »der« jüdisch-christlichen Glaubenstradition stattfinde, sondern vielmehr eine herausfordernde Begegnung mit vielschichtigen, religiös oder kulturell entfalteten Positionen zu Religion und Glaube. Damit werden SchülerInnen motiviert, auch ihre eigene Religiosität zur thematisieren und zu reflektieren. in: KatBl 139 (2014) H. 3, 216–222.

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