Vertrauen in ausgewählte öffentliche Institutionen und Behörden

January 8, 2018 | Author: Anonymous | Category: Sozialwissenschaften
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Vertrauen in ausgewählte öffentliche Institutionen und Behörden

Die Stabilität einer Gesellschaft kann durch das Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen gemessen werden. Hohes Vertrauen in diese Behörden und Institutionen deutet deshalb auf eine funktionierende Gesellschaft hin. Das Vertrauen in eine staatliche Institution bzw. Behörde kann einerseits die Zufriedenheit bzw. die Unzufriedenheit mit der Leistung ausdrücken, andererseits die Akzeptanz und Legitimation der Institution in der Gesellschaft insgesamt aufzeigen. Kurzfristige Vertrauensschwankungen werden in der Regel mit der Zufriedenheit der Leistungen in Zusammenhang gebracht, längerfristige Veränderungen mit der Legitimation. In diesem Kapitel wird zuerst auf das allgemeine Vertrauen der Schweizer Stimmbevölkerung in ausgewählte staatliche Institutionen und Behörden eingegangen. Anschliessend wird das Verhältnis zwischen Vertrauen und Sicherheitsgefühl bzw. Zukunftsoptimismus analysiert. 5.1

Institutionen-Vertrauensindex

Seit 1995 wird das Vertrauen in ausgewählte Institutionen und Behörden erhoben.1 Es handelt sich bei diesen um die Armee, den Bundesrat, die Gerichte, die Medien, das Schweizer Parlament, die politischen Parteien, die Polizei sowie um die Schweizer Wirtschaft. Die Befragten bekunden ihr Vertrauen auf einer Skala von 1 «überhaupt kein Vertrauen» bis 10 «volles Vertrauen». Den acht regelmässig erfassten Behörden und Institutionen wird auch 2015 besonders viel Vertrauen entgegengebracht (vgl. Tabelle 5.1).2 Bei allen erfragten Institutionen und Behörden liegt das aktuelle Vertrauen über dem langjährigen Mittel. Ebenso zeigt sich im langjährigen Vergleich ein Vertrauensgewinn auf der Aggregatsebene. Das allgemeine mittlere Vertrauen weist aktuell einen signifikant 1

2

In dieser Studie werden die Daten erstmals nur ab 2007 dargestellt. Ebenso werden – im Gegensatz zu früheren Berichten – die politischen Parteien neu in die Berechnung für das mittlere Vertrauen miteinbezogen. Dies hat zur Folge, dass das mittlere Vertrauen andere Werte im Vergleich zur Studie «Sicherheit 2014» aufweist. Für Daten vor 2007 bzw. die Berechnung des mittleren Vertrauens ohne politische Parteien kann die Studie «Sicherheit 2014» konsultiert werden unter: http://www.css.ethz.ch/publications/ DetailansichtPubDB?rec_id=3018 In diesem Jahr wurde zusätzlich nach dem Vertrauen in private Sicherheitsfirmen gefragt. Der Mittelwert liegt bei 5.9 und geniesst im Durchschnitt eher ein tieferes Vertrauen. Nur die politischen Parteien und die Medien erhalten weniger Support.

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Sicherheit 2015

höheren Wert auf als der Durchschnitt 2007 – 2015 (Ø: 6.3, 2015: 6.5, +0.1 im Vergleich zu 2014). Die Polizei, die Gerichte im Allgemeinen und der Bundesrat haben über den Jahresverlauf signifikant an Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen. Nach wie vor weist das Vertrauen in die Polizei den höchsten Wert auf (7.7), gefolgt vom Vertrauen in die Gerichte (7.2). Der Bundesrat geniesst 2015 das drittgrösste Vertrauen (7.0). Die Schweizer Wirtschaft (6.8), die Armee (6.5) und das Parlament (6.4) besetzen die mittleren Plätze. Am wenigsten Vertrauen wird weiterhin den politischen Parteien (5.3) und den Medien (5.3) entgegengebracht.3 Tabelle 5.1 Index des Vertrauens in öffentliche Institutionen 2007 bis 2015 Mittelwerte auf einer Skala von 1 bis 10 (1 = «kein Vertrauen», 10 = «volles Vertrauen» nach Vertrauensmass sortiert) ɣ

ɣ

Ø

ɣ

» » »

» » » » » ’15 SD**

7VSPaLP

7.3 7.2 

7.2 7.1 7.6 7.6 7.5 7.7

1.6



1.2

7.3



.LYPJO[L HSSNLTLPU

  6.7 

6.6  7.1  7.2

1.8









Bundesrat

6.3 6.5 6.5 



Schweizer Wirtschaft

6.7 6.7 6.2  6.6 6.6 6.6 

6.8 6.7 6.7 7.0 6.8

=0 ¶ ¶







6.5



1.7

¶



6.6



6.1  6.3 6.2  6.5

2.2





6.3



5.7 6.2 6.3  6.4

1.8



¶

6.2



5.1 5.3  5.3

1.8

¶

¶

5.1



5.1 5.3 5.2 5.3





¶





1.2

0.1



6.3

0.2*

Armee

6.6 6.5 

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6.1 6.3 6.2 

7VSP[PZJOL7HY[LPLU

5.1 5.2 

Medien

 

4P[[SLYLZ=LY[YH\LU

6.3 6.3  6.1  6.3   6.5

 ** ɣ ø





5.1 

 



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CC

Deutschschweiz

CC

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– –

––

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Armee –

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Sowohl 2015 wie auch im langjährigen Mittel vertrauen Männer und Frauen in die meisten Behörden und Institutionen gleichermassen. Ausnahmen bilden im Jahr 2015 die Gerichte, die Armee und die Wirtschaft. In diese vertrauen Frauen weniger als Männer. Im langjährigen Schnitt ist das Vertrauen in die Gerichte bei Frauen geringer, jedoch in die Wirtschaft höher. Regionale Unterschiede lassen sich dieses Jahr bei der Vertrauensbekundung zum Bundesrat, zum Parlament, zu den politischen Parteien und zu den Medien feststellen. Die DeutschschweizerInnen vertrauen diesen Institutionen weniger stark, hingegen ist das Vertrauen stärker gegenüber politischen Parteien. Ältere Menschen misstrauen 2015 den Gerichten, dem Parlament und den politischen Parteien stärker als Jüngere, dagegen bringen sie der Armee grösseres Vertrauen entgegen. Von 2007 bis 2014 lassen sich nur bei dem Vertrauen in die Gerichte und in die Armee Altersunterschiede feststellen. Sowohl in diesem Jahr wie auch im langjährigen Schnitt zeigt sich in Bezug auf das Bildungsniveau, dass besser Gebildete dem Bundesrat und den Gerichten mehr Vertrauen schenken, während sie der Armee eher weniger vertrauen. Politisch rechts Eingestufte bringen

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Vertrauen in ausgewählte öffentliche Institutionen und Behörden

der Armee sowie der Schweizer Wirtschaft höheres Vertrauen entgegen, besonders die Armee geniesst hier starkes Vertrauen. Dagegen wird dem Bundesrat und den Gerichten weniger vertraut. Diese Resultate sind sowohl 2015 wie auch im Zeitraum von 2007 bis 2014 festzustellen, wobei im langjährigen Vergleich Personen mit selbstdeklarierter rechter politischer Einstellung ebenso noch der Polizei überdurchschnittlich stark vertrauen. Dieses Jahr zeigt sich, dass ökonomisch gut Situierte stärker dem Bundesrat, dem Parlament, den politischen Parteien, den Gerichten und der Schweizer Wirtschaft vertrauen. 5.2

Verhältnis zwischen Vertrauen und Sicherheitsgefühl und Zukunftsoptimismus

In hoch arbeitsteilig organisierten Gesellschaften wie der Schweiz ist Vertrauen eine wichtige sicherheitsstiftende Verhaltensweise. In dem Masse, in dem Abläufe und das Funktionieren lebenswichtiger komplexer Systeme von den einzelnen Gesellschaftsmitgliedern immer weniger oder nicht (mehr) durchschaut werden können, hilft Vertrauen, Komplexität zu reduzieren (vgl. Luhmann 1968). Vertrauen manifestiert sich dabei im Gefühl, dass «Personen oder Instanzen die Dinge schon richtig machen». Es kann angenommen werden, dass ein Zusammenhang zwischen einer optimistischen Zukunftserwartung bzw. dem Sicherheitsgefühl und dem Vertrauen in Institutionen besteht. Somit stellt sich die Frage, wie eng das Vertrauen in Institutionen und das Sicherheitsgefühl bzw. die Zuversicht miteinander verknüpft sind. In Tabelle 5.3 sind die Koeffizienten der signifikanten Zusammenhänge zwischen dem Vertrauen in die erfassten Institutionen und dem allgemeinen Sicherheitsempfinden bzw. dem Zukunftsoptimismus in die Schweiz dargestellt. Ein positiver Wert bedeutet, dass Befragte, die sich sicherer fühlen bzw. optimistischer in die Zukunft blicken, einer Institution ebenfalls stärker vertrauen. Aktuell weisen die Korrelationsmasse aller Institutionen und Behörden auf positive Zusammenhänge hin. Besonders Personen, welche den Gerichten und den politischen Instanzen (Bundesrat und Parlament) vertrauen, fühlen sich sicher. Zwischen dem allgemeinen Sicherheitsgefühl und dem Vertrauen in staatlich-politische Institutionen scheint demzufolge eine starke positive Wechselwirkung zu bestehen. Unter Kontrolle soziodemografischer Merkmale wie dem Alter, der politischen Einstellung, dem Geschlecht, den Sprachregionen und dem Bildungsniveau korreliert das Vertrauen in alle Institutionen und Behörden signifikant mit Ausnahme in die Armee. Wird der Einfluss unter Kontrolle von soziodemografischen Eigenschaften in einer multivariaten Regressionsanalyse untersucht, ist 2015 zwischen dem Vertrauen

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Sicherheit 2015

in eine bestimmte Institution und der Einschätzung der Entwicklung der Schweiz überall ein positiver signifikanter Effekt festzustellen. Tabelle 5.3 Signifikante Korrelationen zwischen Vertrauen in öffentliche Institutionen und Sicherheitsgefühl bzw. Optimismus, 2014 und 2015 Allgemeines Sicherheitsgefühl ˆ

Zukunftsoptimismus bezüglich Schweiz ˆ

2014

2015

2014

2015

Bundesrat









:JO^LPaLY7HYSHTLU[









7VSP[PZJOL7HY[LPLU









.LYPJO[LHSSNLTLPU









7VSPaLP









Armee

n.sig

n.sig

n.sig



Medien









Schweizer Wirtschaft









UZPN$UPJO[ZPNUPÄRHU[

Fazit: Das hohe Sicherheitsempfinden sowie die optimistische Erwartung in die Zukunft der Schweiz finden auch in diesem Jahr Niederschlag im Vertrauen der Schweizer Bevölkerung in die verschiedenen erfassten Institutionen, Behörden, wie auch in die Wirtschaft. Die Polizei, die Gerichte und der Bundesrat dürfen 2015 gegenüber 2014 sowohl eine Steigerung in der Zufriedenheit mit ihrer Leistung wie auch einen Legitimationsgewinn von der Schweizer Bevölkerung entgegennehmen. Die restlichen Behörden und Institutionen haben dieses Jahr gegenüber dem langjährigen Vergleich einen Legitimationsgewinn erhalten. Generell lässt das hohe Vertrauen der Bevölkerung in die Schweizer Institutionen und Behörden auf eine grosse Stabilität der Schweizer Gesellschaft schliessen.

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