Wie Neues entsteht! - Deutscher Marken

February 7, 2018 | Author: Anonymous | Category: Kunst & Geisteswissenschaften, Kommunikation, Marketing
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Wie Neues entsteht!

Frischer Wind für Marken und Unternehmen

Magazin zum 7. Deutschen Marken-Summit Frankfurt am Main 2013 eine Sonderpublikation von F.a.Z.-Institut und >kommunikationsmanager

Inhalt

Inhalt KK Immer wieder neu Professor Nikolaus Hirsch über Künstler und Kreative von morgen

5

KK „Neue Markenzeichen schaffen“ Interview mit Gorden Wagener, Vice President Design, Daimler AG

6

KK „Wir leben in einer Multiscreen-Welt“ Interview mit Alastair Bruce, Director, Google Germany GmbH

8

KK Die Büchse der Pandora Der kreative Schöpfungs- und Entwicklungsprozess von Marken

10

KK „Ohne Veränderung kein Vertrauen“ Nachgefragt bei Christofer Habig, Managing Director, Global Head of Brand Communications & Corporate Citizenship, Deutsche Bank AG

12

KK Wie Neues entsteht13 KK Innovation durch Intuition Von Prof. Dr. Gerd Gigerenzer, Direktor, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

14

KK Schwarmintelligenz – mehr als ein Modewort Mythos, Irrglaube oder Erfolgsgeheimnis für die Unternehmens- und Markenführung?

16

KK „Je stärker die Marke, desto größer die Tradition“ Nachgefragt bei Wolfgang Giehl, SVP Corporate Brand Marketing, Deutsche Post AG

18

KK „Immer in Bewegung“ Nachgefragt bei Cassidy Morgan, CEO, Interbrand Central and Eastern Europe

19

KK Neues annehmen, Bewährtes bewahren Flexibilität als Wachstumschance

20

KK „Voraussetzung für Innovation“ Nachgefragt bei Dr. Christoph Holzbach, Partner, FPS Rechtsanwälte & Notare

KK Impressionen des 7. Deutschen Marken-Summits 2013

22 23

Impressum

Herausgeber / verlag

redaktion

druck & verarbeitung

F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH Frankenallee 68–72 60327 Frankfurt am Main E-Mail: [email protected]

S arah Bautz (sah), Jennifer Berz (jb), Cornelia Klaas (verantw.) (ckl), Verena Kutt (vk), Eva Roßner (er), Anne-Sophie Rüther (asr)

Boschen Offsetdruck GmbH, Frankfurt am Main

gestaltung Nina Jochum

Projektleitung Cornelia Klaas

Fotos Dirk Beichert, mit Ausnahme von: Titelbild: © Deutsche Bank AG S. 6/7 © Daimler S. 9, 13, 15, 17 © Antarion J. W. Reinhard

2 ||

7. Deutscher Marken-Summit 2013

editorial

7. Deutscher Marken-Summit: Inspiration durch neue Blickwinkel und Einsichten

Wie Neues entsteht „Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat“, hat Mark Twain einmal gesagt. Pioniere und visionäre Denker haben es nicht immer leicht. Das Neue ist uns oft nicht willkommen, und wenn es unvermeidlich ist, lehnen wir es nicht selten vehement ab. Und das, obwohl Innovation und Kreativität die Grundlage menschlicher wie unternehmerischer Entwicklung sind. Sie bringen uns weiter, wenn wir etablierte Denkstrukturen hinterfragen. Sie fordern uns heraus, wenn wir scheitern und durch kreative Lösungen einen anderen Weg zum Ziel suchen müssen. Auch der Schöpfungs- und Entwicklungsprozess von Marken hängt von mutigen und visionären Leistungen ab. Doch wie gelingt es Marken immer wieder, Spitzenleistungen zu erbringen, die Menschen begeistern, unsere Umwelt prägen

Volker Sach Geschäftsführer F.A.Z.-Institut

und Bedürfnisse verändern? Welche Aspekte hemmen, welche beflügeln die Markenführung, gerade wenn sich Rahmenbedingungen immer schneller ändern und Flexibilität erfordern? In diesem Jahr standen die Keynotes und Diskussionen des Marken-Summits unter dem Leitthema „Wie Neues entsteht! Frischer Wind für Marken und Unternehmen“. Auch neue Orte können Impulsgeber sein: Nach sechs wunderbaren Jahren in Berlin fand der Deutsche Marken-Summit 2013 erstmals in Frankfurt am Main statt. Wir haben uns über den großen Zuspruch sehr gefreut: 170 Gäste trafen sich am 19./20. Juni 2013 auf Einladung des F.A.Z.-Instituts und der Mitveranstalter Deutsche Bank, Deutsche Post DHL, FPS Rechtsanwälte & Notare und Interbrand zum Erfahrungsaustausch. In diesem Magazin stellen wir Ihnen die zentralen Thesen des Summits 2013 vor. Bei unseren Mitveranstaltern, Partnern und Unterstützern, bei allen Referenten und nicht zuletzt bei unseren Gästen möchten wir uns sehr herzlich bedanken – für ihre Mitwirkung, spannende Beiträge und die vielen inspirierenden Gespräche.

Cornelia Klaas Projektleiterin Marken-Summit F.A.Z.-Institut

Wir freuen uns auf das Wiedersehen beim 8. Deutschen Marken-Summit!

Volker Sach

7. Deutscher Marken-Summit 2013

Cornelia Klaas

|| 3

Unterirdisch Wie schafft man Neues in einem Umfeld, in dem bereits alles im wahrsten Sinne des Wortes „zugebaut“ zu sein scheint? Diesem Problem sahen sich die Architekten schneider+schumacher gegenüber, die 2009 mit der Erweiterung des Frankfurter Städel Museums beauftragt wurden. Die einzige verbleibende Fläche zwischen den Gebäudeteilen von Museum und Städelschule war der Städel Garten. Doch statt ihn zuzubauen und dem Museum damit einiges an Ausblicken und Attraktivität zu nehmen, machten die Architekten einen mutigen Schritt: unter die Erde. Die sogenannten Gartenhallen wurden im Februar 2012 eröffnet und beherbergen die Sammlung der Gegenwartskunst.

Immer wieder neu Professor Nikolaus Hirsch über künstler und kreative von morgen

Wer aus den Türen des Metzler-Saals des Städel Museums schaut, sieht zwei Dinge: die grasbewachsene, hügelige Decke des unterirdischen erweiterungsbaus, die wie ein ufo aus dem Boden bricht, und dahinter die Fenster zu den ateliers der Städelschule, wo die künstler von morgen dazu ausgebildet werden, immer neue kunst zu schaffen. Wie kann das künstlern gelingen?

Wenn es nach Nikolaus Hirsch geht, dann ist

Doch nicht nur die Schule – auch und beson-

Schüler auf das leben nach der Städelschule

kunst per se immer etwas Neues. „es gilt,

ders die Schüler sehen sich einem enormen

vorbereitet werden. So versucht Tobias reh-

den Begriff dessen, was kunst ist, immer wie-

Druck ausgesetzt. um diesem standzuhalten

berger, selbst ehemaliger Städelschüler, zu-

der in Frage zu stellen, zu widerlegen und neu

und um sich selbst in diesem umfeld zu plat-

nächst die erwartungen und ansprüche der

zu definieren“, so beschreibt der Direktor der

zieren, so unterstreicht Hirsch, sind künstler

Studierenden zu brechen. Sie sollen lernen,

Frankfurter Städelschule die aufgabe der leh-

dazu gezwungen, eine eigene Position zu be-

dass man es mit der bloßen aufnahme an ei-

rer gegenüber ihren kunststudenten. Doch

ziehen. eine Haltung, eine eigene Idee von

ner der bekanntesten kunstakademien noch

was bedeutet das konkret für die ausbildung

kunst – die selbstverständlich auch gefahr

nicht geschafft hat.

von künstlern in der Städelschule?

läuft, gängigen Meinungen und Strömungen zu widersprechen. es ist eben nicht allein das

Der Dozent Thomas Bayrle vertritt den Stand-

Schule und Museum – zwischen diesen bei-

Talent, welches den künstler ausmacht, be-

punkt, dass kunst nur zur Hälfte gelehrt wer-

den Begriffen sind zunächst kaum gemein-

tont Hirsch.

den kann. Die andere Hälfte, nämlich die Fä-

samkeiten

erkennbar.

higkeit, etwas Neues zu schaffen, muss vom

Heruntergebrochen

aber auf ihre Funktionen – ausbilden und aus-

Der ansatz, wie künstler ausgebildet und auf

Schüler selbst kommen. „Wer nur seine leh-

stellen –, klingt eine gewisse Nähe durch. Seit

die Welt, die sie erwartet, vorbereitet werden,

rer kopiert, ist auf dem Markt nicht vermittel-

seiner gründung 1817 ist das Städelsche

variiert stark – und hängt auch von der Per-

bar“, weiß Nikolaus Hirsch. als drittes Bei-

kunstinstitut sogar als einheit von Schule und

sönlichkeit des lehrers ab. anhand der lehre

spiel dient der Dozent Michael krebber, der

Museum gedacht. Die Sammlung sollte den

von drei Dozenten erklärt Hirsch, wie die

vielleicht den mutigsten Weg wählt und sich

Studierenden als anschauungsobjekt dienen.

in eine art Freundschaftsverhältnis mit den

Zugleich hatte das Museum schon immer den

Studenten begibt. Dieser scheinbar proble-

auftrag, auch die Werke zeitgenössischer

matische ansatz funktioniert jedoch und

künstler zu sammeln – die an der Städelschule

stärkt den Dialog zwischen Studenten und

ausgebildet oder vielmehr gefördert werden.

lehrer.

Selbstverständlich hat sich die lehre der

„Hier findet sich ein Spannungsfeld aus

kunst, ebenso wie die kunst selbst, gewan-

konkurrenz und gemeinschaft, das den krea-

delt. auf welche Situationen müssen ange-

tiven Schöpfungsprozess fördert“, so unter-

hende künstler in ihrer ausbildung heute

streicht Nikolaus Hirsch die Funktion der

vorbereitet werden? Nikolaus Hirsch nennt

(kunst-)Schule, ausgehend von den drei

gleich drei Stichworte, von denen die heutige

kollegen. alle drei ansätze helfen, eine eige-

kunst geprägt wird: den Markt, das Museum

ne Haltung zu entwickeln und zu festigen.

und die temporären ausstellungen wie die

„Das geheimnis, was es nun heißt, Neues in

Biennalen. „alle drei spiegeln die wachsende

der kunst zu schaffen, kann ich Ihnen nicht verraten“, sagt Nikolaus Hirsch. „Fest steht:

globalisierung und Ökonomisierung der kunstwelt wider, die auf die ausbildenden Institutionen Druck ausüben.“ 7. Deutscher Marken-Summit 2013

Prof. Nikolaus Hirsch ist Architekt und seit 2010 Rektor der Städelschule Frankfurt am Main.

Im bloßen kopieren ist noch niemand glücklich geworden.“ (asr)

K T || 5

„Neue Markenzeichen schaffen“ Gorden Wagener, Vice President Design, Daimler AG, über visionäres Design und Markenphilosophie Das Interview führte Sarah Bautz

Herr Wagener, gerade in der Automo-

Was ist die andere Seite des Marken-

was erreicht hat. Und drei von vier dieser Lu-

bilbranche sind die Themen Marke und

kerns?

xusmarken kommen aus Europa.

Mit Blick auf Ihre Unternehmensge-

Das ist die Emotion. Der Kauf eines Autos ist

Das heißt, das Europäische ist für Sie ein

schichte: Was war zuerst da?

keine rationale Entscheidung. Jedes bringt

klarer Erfolgsfaktor?

Gestaltung eng miteinander verbunden.

mich von A nach B, aber eben auf unterGanz klar die Marke. Der erste Motorwagen

schiedliche Art. Je nach Marke und Modell

Ja, es ist Teil unseres Geschäftsmodells. Aus

hatte eine vor allem technische, sachliche Ge-

drückt man sich selbst darin anders aus. Des-

unserer Geschichte heraus gilt Mercedes als

staltung, wenn auch einen ganz eigenen Aus-

halb sind Emotion, Begeisterung, Begehren

Botschafter eines traditionellen europäischen

druck. Diese Ratio, der Verstand und die Intel-

und Genuss für uns wichtig – denken Sie

Luxus, wie er sich seit dem Rokoko über die

ligenz bilden eine Seite unseres Markenkerns.

etwa an die Ära der frühen Rennwagen in

Belle Epoque und das Art déco entwickelt und

Was wir machen, ist immer mehr als nur ein

Nizza, wo der Mercedes seinen Namen von

weltweit etabliert hat. Dafür steht zum Beispiel

schönes Auto, es muss eine intelligente Lö-

Mercédès Jellinek bekam, oder die Classic

der sogenannte „Adenauer“, die Baureihe

sung sein. Vielleicht ist das ein deutsches

Cars, die bis heute viele Menschen emotional

300. Hinzu kommt das „Perfect Engineering“,

Phänomen: Wir wollen immer den Grund wis-

ansprechen. Auch Gottlieb Wilhelm Daimler

das Kunden weltweit mit deutschen Produkten

sen, weswegen wir etwas tun. Dafür steht

steht für diese Seite der Marke. Durch die Ver-

verbinden. Die Herausforderung für uns ist, uns

symbolisch auch Carl Friedrich Benz.

bindung von Daimler und Benz kam beides

nicht auf dieser Vergangenheit auszuruhen,

1926 zusammen. Diese Bipolarität zeichnet

sondern zugleich auch Botschafter eines mo-

die Marke bis heute aus.

dernen europäischen Luxus zu werden.

Welche Rolle spielt Luxus für Mercedes?

Wie kann dieser Spagat zwischen Alt und Neu gelingen?

Wir verstehen uns als Luxusmarke, auch wenn man in Deutschland vorsichtigerweise

Für unser Design haben wir die Bipolarität

eher Premium sagt. Luxus hat hier schon fast

von Ratio und Emotion übersetzt in Klarheit

etwas Anrüchiges. Dieses Empfinden ist aller-

auf der einen und Sinnlichkeit auf der ande-

dings global sehr unterschiedlich. In Nord-

ren Seite. „Sinnliche Klarheit“ steht für mich

amerika oder Asien zum Beispiel ist es viel

und mein Team im Mittelpunkt unseres

üblicher, von Luxus zu sprechen: Man zeigt

Schaffens. So erzeugen wir klare Formen und

mit dem Kauf von Luxusmarken ganz offen,

glatte Flächen, die Hightech inszenieren und

was man sich leisten kann und dass man et-

zugleich eine emotionale Metaebene haben: Wir wollen etwas sinnlich Begehrenswertes schaffen, das modernen Luxus ausdrückt.

Beim Vorabendprogramm im Städel Museum besuchten die Teilnehmer die 2012 neu eröffnete Sammlung Gegenwartskunst. 6 ||

Wo zeigt sich diese Philosophie? 7. Deutscher Marken-Summit 2013

„Sinnliche Klarheit“ als Markenphilosophie

unser Design inszeniert alle Markenwerte,

Früher stand für uns „appreciation“, also

Wie verbinden Sie Progressivität und

und wir haben diese in 3 kernwerte für unse-

Wertschätzung, im Vordergrund, nicht die

Tradition?

re Designarbeit übersetzt. Das sind Tradition,

Sportlichkeit. Das hat sich inzwischen geän-

emotion und Progression. Nehmen Sie zum

dert. Sportlichkeit steht für Jugendlichkeit,

Schauen Sie sich eine der Frontleuchten – wir

Beispiel den Mercedes 300 Sl: Dieses auto ist

attraktivität und erfolg – das alles sind ei-

nennen das die „augenbraue“ – des Concept

kult, es kennt wirklich jeder, und es ist sogar

genschaften, die man heute mit einem mo-

Style Coupé an: Sie ist ein gutes Beispiel da-

zum Sportwagen des Jahrhunderts gewählt

dernen luxusgut verbindet. Daher haben wir

für, wie Design moderne Technologie insze-

worden. Das ist natürlich ein asset, auf das

„stilvolle Sportlichkeit“ zu einer zentralen

niert. Die leuchten sind ein Fenster in das

wir zurückgreifen können. Die Herausforde-

eigenschaft von Mercedes gemacht, die jedes

auto: Wir schneiden gewissermaßen die Haut

rung ist, diesen Mythos in die Zukunft zu

Fahrzeug aufweist, aber mit unterschiedlicher

auf und zeigen, was darunter ist, die Schein-

bringen – und zwar nicht im Sinne einer Imi-

gewichtung – je nachdem, welche Position

werfer, die leDs, die lichtleiter. gleichzeitig

tation, die nur mit neuer Technik ausgestattet

das Modell auf unserem strategischen

versuchen wir, dieses element zu einem neu-

wird. Das hätte sicher viele liebhaber gefun-

„Schachbrett“ hat. Das gilt für alle grundei-

en Markenzeichen zu machen, zu einer Ikone,

den, aber das bringt uns nicht weiter.

genschaften. Sportlichkeit ist bei einer a-

wie der grill eine ist. Wir wollen, dass die

klasse ganz anders ausgeprägt als bei einer

Menschen sagen: „Der Mercedes, das ist

S-klasse. Beim Cla leisten wir uns dafür weit

doch der mit der augenbraue.“ Das erfordert

mehr Progressivität als bei anderen Model-

aber auch konsequenz und geduld. Sie müs-

Design versteht sich als Treiber von Innovati-

len: Mit ihm haben wir quasi unsere kom-

sen es eine Weile durchziehen und nicht mor-

on: unser anspruch war, eine wirkliche Neuin-

paktwagenklasse neu erfunden.

gen wieder ein neues Signet machen. K T

Was tun Sie stattdessen?

terpretation zu machen, idealerweise den schönsten Sportwagen des nächsten Jahrhunderts. Deswegen haben wir den SlS aMg entwickelt, eine moderne Designikone. Zum Beispiel haben wir den grill des 300 Sl aufgegriffen und für den SlS in die Zukunft transportiert. Solche Innovationen bringen die Marke auch langfristig voran. Mit dem neuen grill haben wir ein neues Markenzeichen geschaffen und im Sinne einer Markenidentität auch auf andere Fahrzeuge übertragen: Mittlerwei-

Gorden Wagener, Vice President Design, Daimler AG, über visionäres Design

le hat der größte Teil unserer limousinen den Sportwagengrill. er ist eine Ikone geworden. Wie wichtig ist der Faktor Sportlichkeit für die Marke Mercedes? 7. Deutscher Marken-Summit 2013

|| 7

„Wir leben in einer Multiscreen-Welt“ Alastair Bruce, Director, Google Germany GmbH, über Markenkommunikation im digitalen Zeitalter Das Interview führte Jennifer Berz

Herr Bruce, jeden Tag werden weltweit

Wenn Sie morgens am Computer das Such-

glauben, dass er zu besserer Kommunikation

mehr neue mobile Android-Geräte

wort „Pizza“ eingeben, suchen Sie vielleicht

und höherem Engagement führt – und zu-

freigeschaltet, als Kinder auf die Welt

einen Supermarkt, wo Sie eine Tiefkühlpizza

gleich zu einer besseren Durchschlagskraft

kommen. Wie müssen Marken sich an

kaufen können. Dieselbe Suche am Mittag

bei den Zielgruppen, wodurch ein Effizienz-

diese rasante Veränderung anpassen?

vom Smartphone aus zielt eher auf ein Res-

schub entsteht.

taurant und abends auf der Couch mit dem Menschen kaufen Marken, weil sie ein Ver-

iPad auf einen Lieferservice ab. Markenver-

Worauf muss man bei der Messung von

sprechen abbilden. Gerade im digitalen

antwortliche müssen verstehen, dass sie

Effizienz in der digitalen Welt achten?

Zeitalter sind Marken und Markenverspre-

krea­ tive Kernmarkenbotschaften gestalten

chen immens wichtig. Wir haben es mit ei-

können, die abhängig sind von Devices, Bild-

Grundsätzlich ist es immens wichtig, die

ner Multi-Screen-World zu tun, die sich über

schirmgrößen und Standorten.

Wirkung von Werbung zu messen. Es gibt verschiedene Tools, die man einsetzen

verschiedene Bildschirme erstreckt. Markenverantwortliche müssen verstehen, wie

Verändern diese Möglichkeiten die

kann, darunter zum Beispiel Google Ana-

sie ihre Marke auf vielen Geräten und Bild-

Werbung auch grundsätzlich?

lytics. Wir richten unseren Fokus besonders auf die Wirkung von Werbung über ver-

schirmen adäquat abbilden können. Wenn man zum Beispiel eine Kreuzfahrt buchen

Früher war Werbung eine gesendete Bot-

schiedene Bildschirme hinweg. Man kann

möchte und die Suche über ein Tablet aus-

schaft, der Dialog fand separat davon über

zwar auch einzelne Kanäle bewerten, aber

löst, haben Markenverantwortliche eine

Direktmarketing statt. Über digitale Medien

was den Werbetreibenden wirklich beschäf-

wunderbare dynamische Fläche, die mit Be-

hat man heute spannende Möglichkeiten, In-

tigt, ist die Frage nach der „Customer-Jour-

wegtbild gestaltet werden kann. Hinzu

teraktivität mit dem Kunden zu gestalten. Im

ney“: An welcher Stelle der Kette löse ich

kommt, dass das Mind-Set des Konsumen-

Fernsehen zum Beispiel werden Sendezeiten

den Impuls aus, der letztendlich zum Kauf

ten ein ganz anderes ist, wenn er mobil un-

gebucht, die Geld kosten, egal, ob jemand die

führt?

terwegs ist, als wenn er von zu Hause aus

Spots anschaut oder nicht. Wir haben bei

online agiert.

YouTube ein Format namens TrueView. Nur,

Haben sich die Firmen darauf inzwi-

wenn mindestens 30 Sekunden des Spots tat-

schen eingestellt?

Können Sie uns ein konkretes Beispiel

sächlich angesehen werden, sind Gebühren

nennen?

fällig. Das ist ein mutiger Schritt, aber wir

Zum Teil ja. Ein gutes Beispiel ist die Automobilindustrie, wo früher der Fokus auf den Niederlassungen lag, weil dort der sogenannte

Alastair Bruce, Director, Google Germany GmbH

8 ||

„Das Konsumentenverhalten hat sich geändert. Markenführende stehen vor der Herausforderung, eine nahtlose Markenerfahrung auf allen Bildschirmen zu gewährleisten.“

Moment of Truth der Marken- und Kaufentscheidung stattfand. Mittlerweile haben alle Automobilmarken extrem viel in digitale Medien investiert, weil sie wissen, dass die Kaufentscheidung vorgelagert und digital stattfindet. Es entsteht ein sogenannter ZeroMoment of Truth. Allerdings hat die Markenwelt das noch nicht in aller Ausführlichkeit begriffen. 7. Deutscher Marken-Summit 2013

Google macht immer stärker mit

forderung, mit neuer Technologie an den

innovativen Technologien von sich

Markt zu gehen. Man kann das als Not se-

reden, beispielsweise mit der Datenbril-

hen, man kann aber auch eine Tugend dar-

le oder dem selbständig fahrenden

aus machen. Was Datenschutzfragen betrifft,

Auto. Welche Bedeutung haben solche

ist Deutschland die Benchmark. Deshalb ha-

Projekte für Google?

ben wir unsere weltweite Entwicklung von datenschutzrelevanten Produkten in unser

Für uns sind das sogenannte „Moon-Shots“,

Entwicklungszentrum in München verlegt.

also gewagte große Projekte. Der Gedanke dahinter ist, dass man wirklich neu denken

Apropos Entwicklung: Woher kommt

muss, um große Probleme zu lösen. Insofern

der Pioniergeist, den sich Google auf

helfen Moon-Shots immens, eine Innovati-

die Fahnen schreibt?

Kurzgefasst

Markenkommunikation im digitalen Zeitalter Thomas de Buhr, Director Branding, Google Germany GmbH Traditionelles

onskultur voranzutreiben. Hinter dem selbst-

Marketing allein

fahrenden Auto zum Beispiel steht die Frage,

Ich glaube, es fängt mit der Auswahl der

funktioniert nicht

ob man gesellschaftliche Herausforderungen

Mitarbeiter an: Man braucht Menschen, die

– hier Mobilität – durch Technologie lösen

neugierig sind, neue Wege gehen wollen

länger, sondern

kann. Der Datenbrille Google Glass liegt die

und hungrig sind auf Neues. Zusätzlich muss

Frage zugrunde, ob man Technologie so ge-

man eine Infrastruktur schaffen, die Kreati-

stalten kann, dass sie fast verschwindet.

vität anspornt. Wir glauben daran, dass

Kann man es schaffen, dass Technologie ein-

Menschen zu Unglaublichem fähig sind,

fach da ist, wenn man sie braucht?

wenn man ihnen Freiheit schenkt. Innovati-

es muss um digitale Inhalte ergänzt und bereichert werden. Markenkommunikation in einer digitalen Welt muss sich

on und Kreativität sind fest in der DNA un-

fragen, wo der Einsatz digitaler

Auf solchen Pioniergeist gibt es

seres Unternehmens verankert. Zugleich

Strategien sinnvoll und zielführend ist.

unterschiedliche Reaktionen, gerade in

sind die Entscheidungen, die wir treffen,

Zwei Thesen können dabei als Hand-

einem Land wie Deutschland, wo

sehr datengetrieben. Der Vorteil unseres

lungsempfehlung gelten:

Datenschutz ein großes Thema ist. Wie

Real-Time-Ansatzes ist, dass man relativ zü-

gehen Sie damit um?

gig Feedback aus dem Markt bekommt, bei-

1. Content is liquid: Digitale Inhalte

spielsweise über Google Trends: Es bildet ab,

sind „flüssig“ und passen sich an.

Innovation geht per se neue Wege. Wir ent-

was Menschen in diesem Augenblick den-

Content muss so aufbereitet werden,

wickeln im offenen Verfahren und versuchen

ken und wonach sie suchen. Das machen

dass der Nutzer ihn in der Form

mit der Gemeinschaft, neue Ideen voranzu-

wir uns als Marke natürlich auch selbst zu-

vorfindet, in der er etwas damit

treiben. Natürlich ist es immer eine Heraus-

nutze.

anfangen kann.

  T

2. Communication is always on: Markenbotschaften müssen den Nutzer unabhängig von Kampagnenzeiträumen erreichen, und die Marke muss jederzeit für ihn ansprechbar sein. Statt Markenbotschaften pauschal auf alle Kanäle zu bringen, sollten sie an die Wahrnehmung des Konsumenten angepasst und individuell über die verschiedenen Devices verbreitet werden. Wichtig ist, zu orchestrieren statt zu integrieren.

7. Deutscher Marken-Summit 2013 

|| 9

Die Büchse der Pandora Der kreative Schöpfungs- und entwicklungsprozess von Marken

echte Innovationen sind wunderbar – aber selten. Woher kommt Neues in der Markenwelt? Welche Chancen und Herausforderungen bietet die Beteiligung des kunden am entwicklungsprozess? und was spricht eigentlich gegen ein kluges Plagiat?

„Ich wäre froh, wenn ich im laufe eines Jah-

auf den Markt gebracht hatten. Dennoch

Sharing

res zehn tragfähige Ideen hätte“, sagt ralf

steht gerade Deutschland heute für Innovati-

gemeinsam die entwicklung voranbringen –

Husmann. als Headwriter der Produktionsfir-

onsstärke und erfindergeist.

dass das in der Markenwelt ein zentrales The-

ma Brainpool weiß er, was es bedeutet, regel-

ma ist, weiß auch andreas rotzler, der als

mäßig neue Ideen und Formate zu entwi-

Premiumplayer China?

Chief Creative Officer bei Interbrand Marken

ckeln. Dennoch meidet er den Begriff kreati-

Dass diese Wende auch anderen Volkswirt-

wie aBB und das lucerne Festival berät.

vität. „Was wir machen, ist oft eher Hand-

schaften gelingt, zeigt aktuell das Beispiel

„Sharing ist ein Paradigma, das überall an

werk. Der wirklich kreative anteil liegt

China, das in der Vergangenheit vor allem für

Bedeutung gewinnt“, so der kreativchef von

vielleicht bei 5 Prozent.“ Stattdessen folgen

die umsetzung – und das abkupfern – west-

Interbrand. Innovation könne heute keine

er und seine kollegen einem einfachen Bau-

licher Produkte stand und weniger für Inno-

einbahnstraße mehr sein, sondern brauche

kastenprinzip: Was ist erfolgreich, was be-

vationen. „China entwickelt sich von der

immer die „Co-creation“. „Früher sind Mar-

zahlbar? Was hat schon in anderen ländern

‚Werkbank der Welt‘ immer stärker zu einem

ken an den kunden herangetreten und haben

funktioniert und beim deutschen Publikum

Trading-up- und Premiumplayer“, sagt Detlef

ihm erzählt, wie sie gesehen werden möch-

eine Chance? So habe für die Harald-Schmidt-

Braun, geschäftsführer der Messe Frankfurt,

ten. Mit Sharing sind wir weiter: Die Marke

Show David letterman Pate gestanden und

die zahlreiche leitmessen in China veranstal-

muss eine Story vorgeben, an der jeder wei-

für die erfolgsserie „Stromberg“ das ameri-

tet. „es ist nur noch eine Frage kurzer Zeit, bis

terschreiben kann. Wir sind gewissermaßen

kanische Vorbild „The Office“.

China den Sprung zur Innovation schafft.“

die DJs, aber nach der Musik tanzen kann je-

Damit gehe auch ein ganz neues Selbstbe-

der auf seine eigene art.“ auch in asien sieht

Dass abkupfern auch eine Form des Innovie-

wusstsein einher. „unsere chinesischen an-

rotzler eine große Bereitschaft, Neues auf

rens sein kann, zeigt die geschichte der heu-

sprechpartner sagen uns ganz klar: ‚Die letz-

diese Weise anzugehen.

tigen erfolgsmarke „Made in germany“: Sie

ten 400 Jahre gehörten Ihnen, die nächsten

war ursprünglich ein britisches Schimpf-Sie-

gehören uns‘. Hier müssen wir als Messe das

Für lars Bolle, Bereichsleiter group Brandma-

gel für Produkte, die sich die Deutschen bei

Netzwerk bieten, sonst sind wir raus aus der

nagement beim reisekonzern Der Touristik,

ihren Nachbarn abgeguckt und dann billiger

entwicklung.“

ist Sharing einer der stärksten Trends, die die

Lars Bolle, Vice President Group Brandmanagement DER Touristik (REWE Group)

10 ||

Ralf Husmann, Stellvertretender Geschäftsführer, Executive Producer und Headwriter, Brainpool TV GmbH

Andreas Rotzler, Chief Creative Officer, Interbrand Central and Eastern Europe

7. Deutscher Marken-Summit 2013

Marke derzeit bestimmen. „Der Austausch

„REWE will heute mehr sein als nur eine Ein-

von Informationen und Erfahrungen zeigt

kaufsgelegenheit. Wir verstehen uns als ‚Le-

sich vor allem im persönlichen Empfehlungs-

bensermöglicher‘. Und zum Leben gehört das

verhalten“, erläutert er. „Die Meinungen von

Reisen ebenso wie die Ernährung.“

Kurzgefasst

anderen, zum Teil von wildfremden Men-

Plattform für Innovation

schen, aber auch die Erfahrungen von Freun-

Auch die Messe Frankfurt hat Erfahrung mit

den gehören im Tourismus zu den Treibern

einer großen Markenfamilie, in der die Emotio­

des Geschäfts.“ Mit dieser aktiven Beteili-

nalisierung je nach Branche sehr unterschied-

gung der Kunden müssten die Unternehmen

lich ausgeprägt ist. „Im Bereich Textilien oder

aber auch umzugehen wissen. „Die Büchse

Konsumgüter sind Emotionalisierung und In-

der Pandora ist offen“, so Bolle. „Die Frage

szenierung wichtige Faktoren“, erklärt Messe-

Messen sind

ist: Was machen wir nun damit? Wie fließen

Geschäftsführer Detlef Braun. Noch deutlicher

Plattformen für

die im Austausch gewonnenen Ergebnisse in

wird das bei der Musikmesse. Dort sind nicht

innovative

unsere Arbeit ein?“

nur weltweit alle wichtigen Aussteller vor Ort,

Themen und

es gibt auch große Openings, Preisverleihun-

Marken. Als

Emotionalisierung

gen, Konzerte, Aktionen für Kinder und vieles

eigenständige

Ein weiteres zentrales Thema sieht Bolle in

mehr.“ Allerdings trete das Geschäft nie hinter

der emotionalen Bindung an eine Marke – für

die Inszenierung zurück. „Was zählt, sind die

die DER Touristik als Teil der REWE-Gruppe

Fakten. Wenn es Ihnen bei einer Textilmesse

eine durchaus komplizierte Aufgabe: „Hier

nicht gelingt, dem Angebot die internationale

gibt es nicht die eine Markenerfahrung, son-

Nachfrage zuzuführen, werden Ihnen die Aus-

dern ganz viele verschiedene Produkte und

steller den Rücken kehren.“

Detlef Braun, Geschäftsführer, Messe Frankfurt

Produkte benötigen neue, innovative Messen eine nachhaltige und langfristige Entwicklung. Das Verhältnis von Ideen zu Umsetzung liegt bei etwa 1 zu 1.000: Von 1.000 Ideen werden 950 nach erster

unterschiedliche Emotionen. Das zu kontrollieren ist die große Herausforderung.“ Zudem

Dass umgekehrt auch aus der Mobilisierung

Prüfung verworfen. 50 werden zu einem

sei die Frage, wie man es schafft, die Emotio-

von begeisterten Fans eines Produktes die

kompletten Messekonzept ausgearbeitet,

nalisierung nicht nur an die Reise, sondern

Rahmenbedingungen für ein neues Projekt

fünf überleben weitere intensive

auch an den Veranstalter zu binden. „Für

entstehen können, weiß Brainpool-Headwri-

Kundenbefragungen und gehen an den

Fluggesellschaften oder Hotels ist das einfa-

ter Husmann. „Vor einer Weile haben wir ver-

Markt, eine ist tatsächlich langfristig

cher als für diejenigen, die die Reisepakete

sucht, einen ‚Stromberg‘-Kinofilm vor allem

erfolgreich. Verglichen mit den

schnüren.“ Daher versucht Bolle, mit einer

durch die Hilfe der Community zu finanzie-

Entwicklungszyklen anderer Branchen,

Dachmarke ein klares Gesicht zu schaffen –

ren“, berichtet er – mit Erfolg. „Innerhalb von

als eine Klammer für alle Teile der DER Touris-

fünf Tagen hatten wir das Geld zusammen.

scheint das sehr aufwendig. Aber mit

tik. Dass darin auch der Bezug zum vor allem

Das war toll: Leute, die normalerweise nur

für seine Supermärkte bekannten REWE-

konsumieren, haben dafür gesorgt, dass es

Dach erkennbar ist, gehört zum Prinzip:

den Film wirklich gibt.“ (sah)

  T

Blick auf die 800 Jahre, in denen die Messe Frankfurt am Markt ist, führt der Aufwand zum Erfolg. Wenn Sie die letzten 50 Jahre betrachten, gab es in dieser Zeit auch an der Dachmarke

Interaktives Voting:

Messe Frankfurt grundlegende

Was hat den kreativen Schöpfungs- und Entwicklungsprozess von Marken in den letzten 5 Jahren am stärksten verändert?

Veränderungen. Und eine echte Revolution war die Einführung des „Frankfurter Prinzips“, das aus den

Crowdsourcing und Kollaboration

11,6%

traditionellen Konsumgütermessen

Markenkooperationen und technologische Partnerschaften Sharing und Clouds, online und offline veränderte Dissenskultur

bestimmte Teile, zum Beispiel den

22,1%

Textilbereich, ausgegliedert und zu 25,3%

führenden Leitmessen entwickelt hat.

15,8%

Big Data

25,3%

Die Grafiken zeigen ausgewählte Ergebnisse der interaktiven Teilnehmerumfrage auf dem 7. Deutschen Marken-Summit.

7. Deutscher Marken-Summit 2013 

|| 11

Nachgefragt

Flexibilität oder Kontinuität

„Ohne Veränderung kein Vertrauen“ Nachgefragt bei Christofer Habig, Managing Director, Global Head of Brand Communications & Corporate Citizenship, Deutsche Bank AG Das Interview führte Eva Roßner

Herr Habig, brauchen starke Marken

Der Finanzsektor hat derzeit einige Heraus-

etwas, das mit Ehrlichkeit zu tun hat, mit

Veränderung, und – wenn ja – wie viel

forderungen zu bewältigen. Eine der zentra-

Klarheit, mit Berechenbarkeit, insofern sind

davon tut gut?

len Herausforderungen besteht darin, das

meine Markengeschichte und meine Marken-

Vertrauen der Interessengruppen auszubau-

zukunft immer eine Einheit.

Jede große Marke braucht Veränderung. Und

en. Wer das Vertrauen erhalten und ausbauen

jede große Marke kann Veränderung. Überle-

will, muss sich verändern. Ohne Veränderung

„Die Krise als Chance nutzen“ – halten

gen wir uns einmal, was starke Marken aus-

kein Vertrauen, so einfach ist das. Und wenn

Sie das für einen realistischen Kommuni-

macht: Sie transportieren Emotionen, schüren

wir davon ausgehen, dass Vertrauen und Ver-

kationsansatz?

Erwartungen und generieren Bedürfnisse.

änderung in einer Beziehung zueinander ste-

Manche dieser Marken sind sogar so unwi-

hen, bedeutet das auch, dass es keinen Ver-

Unbedingt. Turbulenzen sollten immer als An-

derstehlich, dass sie selbst in gesättigten

trauenszuwachs geben kann, sofern die Be-

lass für eine Neuordnung betrachtet werden.

Märkten wachsen. Warum ist das so? Weil sie

reitschaft zur Veränderung fehlt.

Eine Krise muss zur Folge haben, dass die Ursachen analysiert und grundlegende Neu-

einen großen Reichtum an Eigenschaften, an Kundennutzen und an Geschichte in sich tra-

Und diese Bereitschaft bedeutet zunächst

ausrichtungen der defizitären Strukturen vor-

gen. Jede große Marke hat also das Potential,

einmal: zuhören, die Wünsche der Kunden

angetrieben werden. Allerdings: Wer sich sei-

sich zu verändern, und wenn sie klug ist,

sowie der Gesellschaft aufnehmen und in die

ner Verantwortung bewusst ist und diese

nutzt sie dieses Potential auch.

Neuausrichtung integrieren. Für uns bedeutet

Rolle ernst nimmt, handelt nicht erst dann,

Veränderung deshalb: eine Kultur der Leis-

wenn es bereits zur Krise gekommen ist. Ver-

Vertrauen ist die Basis für Finanzdienst-

tung mit einer Kultur der Verantwortung ver-

antwortung bedeutet, Herausforderungen als

leistungen. Hat es die Branche beson-

binden. Dabei kann durchaus auf das zurück-

Vorlage zur Veränderung zu sehen und nicht

ders schwer, Neues zu wagen, ohne die

gegriffen werden, was im Bestand einer Mar-

erst auf eine Krise zu warten, sondern perma-

Vertrauensbeziehung zum Kunden und

ke längst enthalten ist. Vor allem dann, wenn

nent den Wachstums- und Veränderungspro-

damit ihren Erfolg zu riskieren?

es sich bewährt hat. Eine Marke ist immer

zess zu suchen.

  T

Das Interview als Video auf unserem YouTube-Channel

12 ||

7. Deutscher Marken-Summit 2013

Wie Neues entsteht Wie entsteht Innovation, wie entsteht Neues? 170 Teilnehmer des Deutschen Marken-Summits diskutierten über Kreativität und Pioniergeist und wurden selbst Teil eines kreativen Prozesses. Mit Hilfe eines interaktiven Votingsystems wurden Trends in drei Sessions – über ein Blitz-Brainstorming, das anschließende Clustern der entstandenen Ideen und die abschließende Prämierung der Top-Ideen – identifiziert.

Kurzgefasst

Erfolgsfaktoren für die kommunikative Aktivierung von Marken Dr. Jan Dirk Kemming, Chief Creative Officer Europe, Weber Shandwick Klassische Markenführungsmodelle liefern in unserer

Input

komplexen

Geburtsstunde der Ideen. Die Teilnehmer sammelten Ideen zu kommenden Trends in Gesellschaft, Politik, Marketing und Wirtschaft.

Wirklichkeit kaum noch Erklärungen, denn Likes, Interaktivität oder Viralität können in linearen Modellen nicht verortet werden. Besser eignet sich das neue Schlüsselkonzept Brand-Engagement, bei dem nicht die

Inkubation

Frage nach der Nutzung von Kommuni-

Ideen zusammenfügen und gären lassen. In einer ersten Verdichtung wurden die gesammelten Ideen und Trendhinweise zu Trendaussagen verdichtet. Dazu arbeiteten die Teilnehmer in Zweier- oder Dreiergruppen und nutzten einen iPod touch als „Lesegerät“, auf dem alle gesammelten Ideen zur Verfügung standen. Ein zweites Gerät diente dazu, die aus den Einzelaussagen abgeleiteten Trendaussagen für die Digitale Moderation zu erfassen.

kationskanälen im Vordergrund steht. Unsere Studie zu Brand-Engagement zeigt Treiber auf, die erklären, welche kognitiven und emotionalen Prozesse im Gehirn des Konsumenten ablaufen. Über eine explorative Untersuchung konnten wir 19 Treiber identifizieren, die Engagement bei Menschen erzeugen. Darunter sind Treiber, die neurowissenschaftlich relevant sind, wie Ästhetik und Empathie, oder soziologisch, wie Herdenverhalten oder Eskapismus. Diese einzelnen Dimensionen zu messen hilft, den Engagement-Footprint von Marken

7. Deutscher Marken-Summit 2013 

Inspiration

oder Personen zu erfassen, und liefert

Aus allen eingegangenen Trendaussagen wurden zuletzt die wichtigsten ausgewählt. Die Teilnehmer empfanden Humanisierung und Nachhaltigkeit trotz technologischen Fortschritts, die Rückbesinnung auf Werte und Authentizität sowie das Übernehmen von Verantwortung und einen reifen Umgang mit der Digitalisierung als besonders wichtig.

wertvolle, auch länderspezifische Hinweise, welche Aspekte in der künftigen Markenkommunikation betont werden sollten.

|| 13

Innovation durch Intuition Wie entsteht Neues? – Forschungsergebnisse aus der Psychologie Von Prof. Dr. gerd gigerenzer, Direktor, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

Wie entscheiden wir richtig? In welchen Situationen sollte man auf sein Bauchgefühl hören? kann das zu besseren entscheidungen führen? Wie entstehen Neues und Innovation?

Intuitiv gefällte entscheidungen werden

abhängig von dem Bereich, in dem eine ent-

häufig als nicht besonders intelligent be-

scheidung getroffen werden soll.

trachtet. Intelligenz, so die verbreitete Meinung, drücke sich in logisch begründeten

ein weiteres Merkmal der Intuition ist, dass

entscheidungen aus. Intuition dagegen wird

vieles in unserem Verhalten diesem gefühl

oft nur in bestimmten Bereichen als ent-

folgt. aktuellen umfragen zufolge werden

scheidungsgrundlage akzeptiert, etwa wenn

rund 50% aller professionellen entscheidun-

es um Freundschaften, kunst oder Sport

gen „aus dem Bauch heraus“ getroffen. es

geht.

ist jedoch zu vermuten, dass der anteil der Bauchentscheidungen tatsächlich noch grö-

Entschlüsseln kann man Intuitionen durch Faustregeln, z.B. das Ignorieren von Informationen – Weniger ist mehr!

Zugleich ist klar, dass mathematische For-

ßer ist, dass sie von den entscheidern aber

meln, logische Berechnungen und rational

nicht als solche ausgewiesen werden aus

begründete entscheidungen in kritischen

angst davor, später im Zweifelsfall dafür be-

entscheidungssituationen für uns oft nicht

langt zu werden. Zudem gibt es verschiede-

hilfreich sind. Die sogenannte „Truthahnillu-

ne Techniken, um intuitive entscheidungen

sion“ zeigt anschaulich, wie wenig wir in der

zu „verdecken“. Dazu gehört etwa die Mög-

lage sind, zukünftige entwicklungen oder

lichkeit, im Nachhinein aufwendig nach

risiken auf der Basis bisheriger erfahrungen

gründen zu suchen, um die getroffene

zu berechnen: ein Truthahn, der Tag für Tag

Bauchentscheidung dann als faktische ent-

von seinem Halter gefüttert wird, hat keinen

scheidung zu präsentieren. Die Folge davon

grund zu der annahme, dass derselbe

ist oft eine Verschwendung von Zeit und

Mensch ihm ein leid zufügen könnte: rech-

geld, da die entscheidung selbst ja bereits

nerisch sinkt dafür mit jedem Tag die Wahr-

getroffen ist.

scheinlichkeit. Wie hinfällig diese Berechnung ist, wird erst klar, wenn Thanksgiving vor der

Die zweite Möglichkeit ist, Bauchentschei-

Tür steht.

dungen vor allem durch sogenannte „defensive entscheidungen“ zu ersetzen. Das be-

14 ||

Intuition ist gefühltes Wissen, das schnell ins

deutet: Man hat zwar schon eine Bauchent-

Bewusstsein kommt und nicht erklärbar ist.

scheidung getroffen, die eine klare richtung

es ist jedoch nicht mit Willkür, einem sechsten

vorgibt; dennoch empfiehlt man den kolle-

Sinn oder göttlicher eingebung gleichzuset-

gen eine zweit- oder drittklassige alternative,

zen. grundsätzlich ist Intuition keine eigen-

weil man glaubt, diese leichter im unterneh-

schaft an sich: Sie ist begründet auf erfahrun-

men verteidigen und durchsetzen zu können.

gen mit einem bestimmten gegenstand und

Diese Strategie dient dem Selbstschutz des 7. Deutscher Marken-Summit 2013

Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, die besten Ideen des BlitzBrainstormings auszuwählen.

Während der Panels konnten Teilnehmer Fragen an Moderator und Referenten schicken.

Die beim Blitz-Brainstorming entstandenen Ideen wurden in der nächsten Session in Teams geclustert.

entscheiders, kann jedoch dem unternehmen

und ignorieren die restlichen gründe, kurz

die ergebnisse der Faustregel im Vergleich zu

langfristig Schaden zufügen.

gesagt: „Weniger ist mehr!“.

rechnerischen Optimierungsmodellen besser

laut aktuellen untersuchungen und Befra-

allerdings: Das funktioniert nur, wenn die ri-

sche Modelle sind für eine Welt von bekann-

gungen im professionellen umfeld wird im

siken in der Situation weitgehend unbekannt

ten risiken gemacht. In der realität schnei-

Mittel etwa ein Drittel der entscheidungen

sind. Sind die risiken bekannt und berechen-

den jedoch einfache Investitionsregeln –

defensiv getroffen. Diese „absicherungskul-

bar wie zum Beispiel beim glücksspiel im

etwa das gleichmäßige Verteilen von geld

tur“ ist nicht im Sinne des unternehmens und

kasino, wo selbstverständlich immer die

auf die zur Verfügung stehenden anlagefor-

kostet viel geld. Zudem ist sie innovations-

Bank gewinnt, sind Faustregeln weniger ge-

men – oft besser ab als komplexe Methoden,

schädlich. Defensives entscheiden, Selbst-

eignet. Sind die risiken jedoch unbekannt,

die nur eine Illusion von Sicherheit schaffen.

schutz- und absicherungskulturen können in

kann die „Weniger ist mehr“-Faustregel bei

Dieses „Weniger ist mehr“-Prinzip kann in

vielen gesellschaftlichen Bereichen beobach-

der entscheidungsfindung helfen. ein Bei-

verschiedenen

tet werden, etwa in der Medizin oder in der

spiel: Man möchte an 100.000 kunden einen

werden. es gibt zahlreiche Beispiele für Situ-

Politik. Defensive entscheidungen tragen zu

katalog schicken. es gibt viele gründe, wes-

ationen, in denen Halbwissen Innovationen

einer kultur der Bürokratie und Verrechtli-

halb die kunden womöglich nichts daraus

hervorgebracht hat: Der erfinder hatte das

chung bei und sind somit ein kernproblem

kaufen könnten. Somit ist ein Teil der risiken

System nicht komplett verstanden und ge-

unserer gesellschaft. Die lösung dieses Prob-

nicht bekannt. Nach der Faustregel wäre das

wisse aspekte ignoriert.

lems auf unternehmensebene liegt in der

beste kriterium für eine Selektion, die kun-

kultur des unternehmens: um defensive ent-

den auszuwählen, die bereits in den letzten

scheidungen zu vermeiden, muss eine offene

neun Monaten etwas beim entsprechen-

kultur herrschen, die Fehler nicht bestraft.

den unternehmen gekauft ha-

ab, etwa in der Finanzwelt. Viele mathemati-

lebenslagen

angewendet

K T

ben. Diese art der reduktiangenommen, diese kultur sei vorhanden:

on auf nur ein kriterium

Wie funktioniert dann Intuition konkret? ein

ergibt

einfaches Beispiel sind sogenannte Faustre-

bessere resultate als

geln, auch „Heuristiken“ genannt. eine

komplexe mathema-

Faustregel ist zum Beispiel das bewusste Ig-

tische Modelle.

nachweislich

norieren von Informationen. Das bedeutet: In einer entscheidungssituation suchen wir nur

auch in anderen Bereichen, die von

nach dem aus unserer Sicht besten argument

unsicherheit geprägt sind, schneiden

7. Deutscher Marken-Summit 2013

|| 15

Schwarmintelligenz – mehr als ein Modewort Mythos, Irrglaube oder Erfolgsgeheimnis für die Unternehmens- und Markenführung?

Wie wichtig sind kollektive Intelligenz, vernetztes Arbeiten und Crowdsourcing für Markenunternehmen? Ist die vielgerühmte Schwarmintelligenz nur ein Mythos, oder bringt kollaboratives Arbeiten innovative, kreative und vor allem bessere Ergebnisse?

Die Intelligenz eines Kollektivs zu nutzen ist

für eine Marke zu kreieren oder Hip-Hop-

dukten ab als bei einzelnen Experten. Eine

ein Erfolgsrezept für Innovation und die Ent-

Beats für jede Generation von Air-Jordan-

Chance, aber auch ein Risiko, betont Broj,

wicklung neuer Ideen. SoundCloud sei ein

Schuhen weiterzuentwickeln. Wir schaffen

denn die immer wertvoller werdende digitale

typisches Beispiel für Schwarmintelligenz,

neue Dialogflächen: Sharing und Interaktion

Reputation sei schnell gefährdet.

erklärt Brand-Revenue-Spezialist Christian

formen das Bild der Marke“, erklärt der Bera-

Lea. Die Onlineplattform startete als Angebot

ter, der Marken und Nutzer interaktiv zusam-

Wie Mitarbeiter erfolgreich im Markenarti-

für Musiker, die orts- und zeitversetzt kreativ

menbringt.

kelbusiness zusammenarbeiten, erlebt Peter Hadasch, Personalvorstand bei Nestlé, täg-

zusammenarbeiten wollten. Mit großem Erfolg, denn heute ist die Venture-Capital-fi-

Innovation durch Interaktion

lich. Dennoch, der Begriff Schwarmintelli-

nanzierte Musikplattform eine der zehn am

Auch Alexander Broj, Partner Social Business

genz sei nicht passend, denn er suggeriere,

schnellsten wachsenden Internetseiten in

bei IBM, weiß, wie durch Vernetzung Neues

dass der Ursprung einer Idee nicht mehr

den USA. Unlängst wurde sie vom Weltwirt-

entsteht: „Obwohl wir 4 bis 6 Milliarden US-

feststellbar und ein Schwarm in seiner Ge-

schaftsforum unter die Technology Pioneers

Dollar in Forschung und Entwicklung inves-

samtheit intelligenter als der Einzelne sei.

2013 gewählt.

tieren, stammt ein Großteil der Innovationen

„Für mich ist der Begriff Kollaboration –

von unseren Kunden.“ Warum ist das so?

nach innen wie außen – treffender“, sagt

„Als wichtigster Knotenpunkt für Musiksha-

Fragt man große Gruppen unterschiedlichster

Hadasch. Nach innen, das heiße bei Nestlé

ring im Netz“, so Lea, „können wir heute den

Menschen, so ruft man deutlich mehr Wissen

die Zusammenarbeit von mehr als 340.000

Schwarm, die Nutzer, bitten, ein Soundlogo

für die Weiterentwicklung von Ideen und Pro-

Mitarbeitern. Hier stelle sich die Frage, wie die guten Ideen einer Gruppe mit neuen Technologien herausgefiltert werden könn-

Interaktives Voting:

ten. Nach außen, das bedeute vor allem, zu

Mythos Schwarmintelligenz: Ist kollaboratives Arbeiten erfolgreicher?

begreifen, wie in sozialen Netzwerken ein emotionales Bild von Nestlé entstehe. Die

17,6%

Nein, stimme eher nicht zu.

7,4%

Die Grafiken zeigen ausgewählte Ergebnisse der interaktiven Teilnehmerumfrage auf dem 7. Deutschen Marken-Summit.

16 ||

Social-Media-Beiträgen macht den Nestlé51,5%

Ja, stimme eher zu.

Nein, stimme überhaupt nicht zu.

offene Diskussion über das Unternehmen in

23,5%

Ja, stimme voll und ganz zu.

Managern keine Sorge, erläutert Hadasch: „Oft beobachten wir in Blogs einen Selbstreinigungsprozess. Selbst wenn zunächst heftige Kritik geäußert wird, erleben wir, dass sich im Diskussionsverlauf andere Blogger einbringen und mit ihren Argumenten schlussendlich zu einem ausgewogenen Gesamtbild beitragen.“ 7. Deutscher Marken-Summit 2013

kurzgefasst

Sharing und Interaktion in der Markenführung alexander Broj, Partner und executive Social Business, IBM Deutschland gmbH Consulting Sharing und Interaktion sind aus der

Der Schwarm als Katalysator

andere wäre fahrlässig“, sagt Peter Hadasch.

Markenführung

„Schwarmintelligenz führt nicht zu kreativi-

klug gemacht, sehe das dann so aus, als ob

nicht mehr

tät, sie ist lediglich eine spezielle Organisati-

die Marke dem kunden gehöre. „es ist eine

onsform und nicht per se innovativ“, erläu-

zutiefst

wegzudenken.

tert Jan landwehr, Professor für Produktmar-

welche Marke ich aufbauen und welche Ziel-

keting und kommunikation an der Frankfur-

gruppe ich dafür begeistern will. Wenn ich

ter goethe-universität. Dennoch kann man

das richtig gut mache, haben die kunden das

Schwärme für unternehmen nutzbar machen:

gefühl, die Marke gehöre ihnen. Bei Nespres-

• emergenz: Marken existieren nicht für

„Die kreative Idee entsteht im Individuum,

so ist es eine völlig andere Zielgruppe, die

der Schwarm ist der Filter oder katalysator

engagiert neue Sorten und Mischungen vor-

sich allein. Sie leben davon, wie sie in

der Innovation.“ Dem pflichtet alexander

schlägt, als bei Dolce gusto. eine so enge

Broj bei, denn „nicht die Masse produziert

kundenbindung ist das ergebnis von syste-

die guten Ideen, sondern sie entwickelt sie

matischer, langer professioneller arbeit und

weiter. allerdings funktioniert das nur, wenn

vieler Fehlversuche“, so Hadasch.

unternehmerische

entscheidung,

gruppenprozesse gesteuert werden: Ohne eine Moderation verwässern gruppenergeb-

Onlinemarkenexperte lea bestätigt das. ge-

nisse, außer es handelt sich um die ‚Jahrhun-

rade bei Marken, die so starke Begehrlichkei-

dertidee‘.“

ten wecken, müsse die auseinandersetzung mit dem kunden ganz anders stattfinden:

Dabei sollte auf folgende Dimensionen besonderer Wert gelegt werden:

den Markt transportiert werden. Hier gilt es, genau zu steuern, wie die Mitarbeiter als Markenbotschafter die Marke vermitteln. • Markenversprechen halten: IBM als Marke steht für Begriffe wie Openness und Transparenz. Solche leistungsversprechen müssen wir konsequent einlösen, innerhalb des

Wem die Marke heute gehört

„Insbesondere bei onlineaffinen Marken gilt

Heute werden durch kollaboration und Netz-

es, mündige und vernetzte konsumenten ein-

unternehmens genauso wie im

werke zwar neue Ideen gesammelt, aber

zubeziehen und entscheidungen transparent

außenkontakt. Das bedeutet hohen

letztlich muss die unternehmerische ent-

zu machen. Der konsument heute lässt sich

aufwand, beispielsweise wenn bei

scheidung durch das Management und nicht

den umgang mit der Marke nicht mehr vor-

IBM 4 Millionen entwickler auf einer

durch den Schwarm getroffen werden. „alles

schreiben.“ (ckl)

Plattform zusammenarbeiten und

K T

austausch und stetige Neuentwicklung erwarten. • relevanz: Nur unternehmen, die eine kundenindividuelle ansprache auf Basis eines 360-grad-Profils umsetzen können, werden im rennen der Marken die Nase vorn haben. Dr. Rainer Hank, Alexander Broj, Peter Hadasch, Prof. Dr. Jan Landwehr und Christian Jonas Lea

7. Deutscher Marken-Summit 2013

|| 17

Nachgefragt

Tradition

„Je stärker die Marke, desto größer die Tradition“ Nachgefragt bei Wolfgang Giehl, SVP Corporate Brand Marketing, Deutsche Post AG Das Interview führte Eva Roßner

Herr Giehl, was macht starke

einer langen Tradition gerade durch ihre lan-

Markenleistungen heraus angeboten wer-

Marken aus?

ge Existenz einen Vertrauensbeweis ablie-

den.

fern: Je länger die Marke existiert, umso siStarke Marken haben einen emotionalen Zu-

cherer und umso besser steht sie im Markt.

Muss Tradition nicht manchmal weichen,

gang zu ihrer Zielgruppe gefunden. Sie ver-

Sie bietet gerade durch ihre nachhaltige

um Freiraum für Neues zu schaffen?

sprechen also nicht nur eine bestimmte Pro-

Wertschöpfung Vertrauen – und Vertrauen ist

duktqualität, sondern haben ihren Konsu-

die Grundfunktion einer Marke. Kurzum: Je

Genau das ist der falsche Weg. Eine Marke ist

menten auch bewiesen, dass diese auf die

stärker die Marke, desto größer die Tradition,

das Unternehmenskapital. Wenn man dieses

Einlösung des Versprechens auch vertrauen

und umgekehrt.

Wertschöpfungssystem verlässt und versucht, ein komplett neues aufzubauen, igno-

dürfen. Ein guter Ruf entwickelt sich erst aus guten Erfahrungen. Was starke Marken also

Wie schaffen es Marken, ihrem

riert man diejenigen Aspekte, für die eine

gemeinsam haben, ist Kontinuität und Quali-

Markenkern treu und trotzdem am Puls

Marke steht. Und letztendlich findet der Mar-

tät. Denn letztendlich sind sie ein Verspre-

der Zeit zu bleiben?

kenprozess rational und emotional bei meinen Zielgruppen statt. Dazu brauche ich Zeit,

chen an den Kunden, das immer wieder aufs Neue erfüllt werden muss. Die Leute vertrau-

Keine Frage: Die Kombination aus Tradition

Geld und die richtigen Ideen – und das ist

en auf die Produkte und haben gelernt, dass

und Innovation ist immer die große Heraus-

eher ein mittelfristiger denn ein kurzfristiger

sie – egal wann und egal wo – die gleiche

forderung an das Markenmanagement. Wo-

Prozess. Lassen Sie mich also nochmals eine

Leistung erhalten: Sie wissen, welche Quali-

für steht meine Marke, was ist traditionell

Lanze brechen für das Grundkapital einer

tät dahintersteht.

die Stärke meines Markenkerns? Wenn man

Marke: Es ist und bleibt das Vertrauen. Wenn

das analysiert und sich dazu bekennt, kann

man sich dessen bewusst ist und weiß, wie

die Marke zeitgemäß weiterentwickelt wer-

dieses Kapital entstanden ist, sollten alle da-

den. Nur sollten innovative Produkte nicht

rauffolgenden Leistungen genau an diesem

Tradition ist nicht nur ein Segen für Marken,

isoliert von, sondern aus den traditionellen

Vertrauen gemessen werden. Ansonsten

sondern vor allem auch eine besondere Stär-

Markenleistungen heraus angeboten wer-

schaffe ich womöglich Irritation bei meinen

ke. Tradition hilft, die Marke in der Vorstel-

den. Innovation muss auf dem Fundament

Zielgruppen und verspiele mein Kapital.  T

lungswelt der Konsumenten sicher zu veran-

der Tradition wachsen, und innovative Pro-

kern. Ich würde sogar sagen, dass Marken mit

dukte können nur aus den traditionellen

Marke und Tradition: Segen oder Fluch?

Das Interview als Video auf unserem YouTube-Channel

18 ||

7. Deutscher Marken-Summit 2013

Nachgefragt

Veränderung

„Immer in Bewegung“ Nachgefragt bei Cassidy Morgan, CEO, Interbrand Central and Eastern Europe Das Interview führte Eva Roßner

Herr Morgan, wie gewichten Sie den

kann eine Marke heutzutage gar nicht länger

werden muss. „Am Puls der Zeit sein“ heißt

Wert von Tradition einerseits und

als ein oder zwei Jahre stillstehen – ansons-

vielmehr, seinen Markenkern genau zu ken-

Innovation andererseits für die

ten wird sie rasch von anderen überholt. Es

nen, ihn an den veränderten Bedürfnissen

Markenführung?

geht um die Beziehung zwischen Marke und

des Umfelds auszurichten und weiterzuent-

Umwelt: Wie entwickelt sich das Umfeld, und

wickeln.

Tradition und Innovation sind für Marken

wie muss sich die Marke in diesem Zusam-

gleichermaßen wichtig. Eine Marke sollte

menhang entwickeln, um immer wieder rele-

Welche Rolle spielt dabei die Digitalisie-

das, was sie hinter sich gebracht hat, auch

vant und differenzierend zu sein?

rung unseres Umfelds?

Marken besitzen Strahlkraft und Identität,

Wie bleiben starke Marken „am Puls der

Alle sprechen über Social Media und das digi-

beide wurden nicht erst gestern erfunden,

Zeit“ und erhalten gleichzeitig ihren

tale Zeitalter. Nur profitieren wenige von dem

sondern sind im Zuge einer langen Historie

unverwechselbaren Markenkern?

Potential, das die neuen Kommunikationsfor-

mit nach vorne in die Zukunft tragen. Starke

men mitbringen. Nutzen Marken die digitalen

gewachsen. Die heutige Markenidentität ist immer von der Geschichte und der Tradition

Ein Balanceakt, den nicht alle beherrschen:

Tools, um die Beziehung zum Kunden nicht

des Unternehmens geprägt, egal ob es 15

das

nur kommunikativ zu gestalten, sondern auch

Jahre sind wie bei Google oder über 100 Jah-

gleichzeitig im Blick zu haben, was um einen

tatsächlich

re wie bei IBM. Deshalb ist Tradition auch ein

herum geschieht und was sich damit auch im

Denn genau an diesem Punkt sollten die

wichtiger Bestandteil, um die Marke in die

Markenkern tun muss. Die meisten Marken

Hausaufgaben gemacht werden: Mit den Ziel-

Zukunft zu führen. Man könnte sogar sagen:

tun sich schwer damit. Womöglich hat das

gruppen und den Kunden muss eine Unter-

Sie ist ein Teil der Zukunft des Unternehmens.

etwas mit dem Irrglauben zu tun, dass sich

haltung geführt werden. Heutzutage werden

Tagesgeschäft

weiterzuentwickeln,

dialogorientiert

aufzubauen?

eine Marke grundlegend verändern müsse,

Marken nicht allein vom Markenmanagement

Wie viel Veränderung braucht eine

um relevant und „up to date“ zu sein. Das

geleitet, sondern auch vom Kunden. Deshalb

Marke, und wie viel darf sie sich

muss sie nicht. Die Marke sollte sich vielmehr

ist es die Chance des digitalen Zeitalters, auf

erlauben?

bewusst darüber sein, warum sie für ihre Ziel-

die Kunden einzugehen und mit ihnen ge-

gruppen relevant ist. „Am Puls der Zeit sein“

meinsam die Marke voranzutreiben.

Marken sind Teil ihres Umfelds, und das be-

heißt also nicht, dass die Markenstrategie

findet sich im stetigen Wandel. Allein deshalb

immer wieder über den Haufen geworfen

  T

Das Interview als Video auf unserem YouTube-Channel

7. Deutscher Marken-Summit 2013 

|| 19

Neues annehmen, Bewährtes bewahren Flexibilität als Wachstumschance

Je stärker die Veränderungsprozesse im umfeld sind, umso intensiver muss eine Marke gepflegt werden. Doch wie flexibel können und dürfen wir im umgang mit Marken sein? und ist in einer Welt, in der verlässliche grundlagen in Frage gestellt werden oder sogar ganz fehlen, Flexibilität die stärkste Wachstumschance?

Wechselnde umfelder, die starke Verände-

Nahtstelle zu anderen Industrien bewegt, mit

gen, darunter den Transfer innerdeutscher

rungsprozesse mit sich bringen – diese Situa-

immer neuen Wettbewerbern konfrontiert“,

Strecken auf die Marke germanwings, der die

tion ist vielen Finanzdienstleistern gut be-

sagt Schmidt. „Vor diesem Hintergrund müs-

Marke potentiell gefährdet. „Wir stehen vor

kannt. Das weiß auch Christofer Habig, global

sen wir die Marke kontinuierlich weiterentwi-

der Herausforderung, auch den Vertrauens-

Head of Brand Communications & Corporate

ckeln, indem wir zum Beispiel auch in Berei-

vorsprung der Marke lufthansa auf german-

Citizenship bei der Deutsche Bank ag. „Wir

che wie energie, automobilität, gesundheit

wings zu transferieren“, so Schlaubitz. „Zum

arbeiten intensiv an der Pflege unserer Marke

oder Bildung vorstoßen.“ auf diese Weise

anderen beendet der Transfer auf german-

– und das nicht erst seit der Finanzkrise.“ Viel-

öffne die Telekom den Markenauftritt und er-

wings auch die bisherige Spreizung der Mar-

mehr sei die geschichte der Marke Deutsche

öffne sich Chancen, ein positives Bild beim

ke und ermöglicht eine bessere Fokussierung

Bank eine kette von Veränderungsprozessen,

kunden zu schaffen.

auf das Premiumsegment“.

forderlich, auch wenn der aktuelle Prozess

Neue Perspektiven in umbruchsituationen

Die konzentration auf das Wesentliche ist

mehr begrüßt wird als manch anderer zuvor.“

bringt auch alexander Schlaubitz mit in seine

auch für Dr. Jesko Perrey entscheidend. er lei-

aktuelle Position: Der ehemalige Director

tet die deutsche Marketing & Sales Practice

Tobias Schmidt, Vice President Brand Ma-

kundenmarketing bei Facebook ist seit Janu-

von Mckinsey & Company, ist experte in Sa-

nagement der Deutsche Telekom ag, kennt

ar 2013 leiter Marketing bei der lufthansa

chen Branding und Markenstrategie und

das gefühl, mit einer Marke in eine grundle-

Passage airline. Sie ist mit einer kritischen

kennt die Herausforderungen des Transfers

gende umbruchsituation zu geraten: „Die

Wettbewerbssituation konfrontiert und hat

auf eine neue Marke. In solchen Situationen

Telekom wird dadurch, dass sie sich an der

zugleich interne Veränderungen zu bewälti-

rät er, die Interaktion zwischen der neuen

so Habig. „und jeder einzelne davon war er-

Christofer Habig, Managing Director, Global Head of Brand Communications & Corporate Citizenship, Deutsche Bank AG

20 ||

Dr. Christoph Holzbach, Partner, FPS Rechtsanwälte & Notare

Alexander Schlaubitz, Leiter Marketing, Lufthansa Passage Airline

7. Deutscher Marken-Summit 2013

Marke und dem Premiumgeschäft zu sehen

gerischen Perfektion, gerüttelt wird. Im Be-

und auch zu steuern. „eine Marke definiert

reich Marketing vertritt er allerdings einen

sich durch Stärke, Historie und ein einprägsa-

anderen ansatz: Hier geht es Schlaubitz um

mes Bild beim Verbraucher, etwa unterstützt

eine lernkultur, die den Menschen ins Zent-

durch den lufthansa-kranich.“ Perrey warnt

rum stellt. gerade weil sie häufig intuitiv und

ausdrücklich vor Flexibilität in den Botschaf-

bauchgetrieben agierten, sei es wichtig, ite-

ten und in der Marke an sich: „Das kann Mar-

ratives Handeln voranzutreiben: „es geht

ken zugrunde richten.“ Dagegen begrüßt er

nicht um genauigkeit, sondern um annähe-

Flexibilität in der Interaktion mit kunden. er

rung; Hypothesen werden aufgestellt, getes-

empfiehlt, die kunden zu Handelnden zu ma-

tet und angepasst oder verworfen.“ auf diese

chen und neue kommunikationskanäle aus-

Weise versucht der Bereich Marketing, ein

zuprobieren: „eine Marke muss sich immer

Innovationszentrum für die gesamtkultur zu

Starke Marken

wieder neu erfinden, aber die inhaltlichen

werden.

werden über

kurzgefasst

Das macht starke Marken aus Dr. Jesko Perrey, Senior Partner, Mckinsey & Company

Botschaften brauchen konsistenz und kontinuität.“

Jahre hinweg Die Telekom erhofft sich Innovationspotenti-

kontinuierlich

al, indem die linie für den Markenauftritt

aufgebaut und

Dem stimmt auch Dr. Christoph Holzbach,

nicht mehr durch guidelines und regelwerke

Partner FPS rechtsanwälte & Notare, zu. er

„von oben“ vorgegeben wird. „Die Verant-

glaubt, dass es Marken gibt, die sich überholt

wortung soll in die Hände derer gelegt wer-

und auch „abgewirtschaftet“ haben. „Das

den, die gestalten“, sagt Tobias Schmidt. als

geschieht aber vor allem in der Markenkom-

internes Markenführungstool dienen neue

munikation, also unterhalb der Markenfüh-

soziale Netzwerke, die einen kontinuierlichen

Bild. kontinuität und Innovation stehen

rung“, so Holzbach. In solchen Situationen, in

austausch ermöglichen. Dadurch entsteht ein

dabei nicht im Widerspruch zueinander:

denen das Vertrauen der Verbraucher in die

kreativer und flexibler Dialog von Markenge-

eine Marke muss sich immer wieder neu

Marke durch zu starke Veränderungen nach-

staltern.

erfinden und nicht nur den Zeitgeist

haltig zerstört sei, helfe auch kein juristischer

haben eine einprägsame Historie. Diese Stärke und die Historie hinterlassen beim Verbraucher ein klares

immer wieder neu aufgreifen, sondern

Beistand mehr. Vielmehr müsse man vorher

auch bei der Deutschen Bank steht das The-

auch den Mut haben, selbst Trends zu

eingreifen. „Die juristische Sicht kann bei der

ma Teilhabe im Fokus. „eine Marke wird von

setzen.

einschätzung helfen, wie viel Flexibilität eine

vielen Mitarbeitern unterschiedlicher levels

Marke verträgt“, so Holzbach. Der juristische

in einem offenen, partizipativen umfeld ge-

es ist wichtig, klar zu unterscheiden:

Schutz, den eine Marke genießt, gibt dabei

macht, also von Vorstand, Fachkräften im

Flexibilität in der umsetzung der Marke

den rahmen vor. „Wir können dabei beraten,

mittleren Management und in den Filialen“,

kann sehr nützlich sein. Bei Flexibilität in

wie weit man bei der flexiblen gestaltung

so Christofer Habig. grundsätzlich arbeitet

den kernbotschaften ist jedoch höchste

einer Marke gehen kann.“

die Deutsche Bank zur Pflege ihrer Marke un-

Vorsicht geboten. Dies kann im

ter anderem mit der sogenannten graswur-

Zweifelsfall einer Marke starken Schaden

Mit Blick auf den Markenkern ist für lufthan-

zel-Beobachtung. Dabei wurde beobachtet,

sa-Mann alexander Schlaubitz klar, dass

dass in der Deutschen Bank zwar 140 ver-

nicht an den grundwerten, nämlich der flie-

schiedene kulturen vertreten sind, die Mitarbeiter jedoch in einer Sache auf einem gemeinsamen Nenner sind, dem Satz: „I work for Deutsche“. Für Habig bringt dieser Satz

zufügen. Flexibilität in der umsetzung der Marke kann zum Beispiel bedeuten, dass man auf neuen Wegen mit kunden interagiert, neue kommunikationskanäle ausprobiert oder dass man die kunden

auf den Punkt, dass ein wichtiger Teil der

stärker zu Handelnden macht. Beim

Marke zwar die deutsche Wurzel ist und

Inhalt der Markenbotschaft sollten aber

bleibt, die Marke jedoch flexibel ist.

konsistenz und kontinuität nicht verletzt werden.

„Wichtig sind klarheit und Berechenbarkeit“, so Habig. „um einen glaubwürdigen kulturwandel zu erreichen, muss die Markenführung unmittelbar das reflektieren, was das unternehmen tatsächlich tut, und darf nicht Tobias Schmidt, Vice President Brand Management, Deutsche Telekom AG

7. Deutscher Marken-Summit 2013

davon getrennt sein. es darf also kein bloßes ‚Verpackungsprogramm‘ sein.“ (vk)

K T || 21

Nachgefragt

Markenschutz

„Voraussetzung für Innovation“ Nachgefragt bei Dr. Christoph Holzbach, Partner, FPS Rechtsanwälte & Notare Das Interview führte Eva Roßner

Herr Dr. Holzbach, kann das Marken-

­diesem Punkt sehe ich die große Relevanz

Schwächt ein hohes Maß an rechtlichen

recht mit der Geschwindigkeit, in der

rechtlicher Rahmenbedingungen für den

Regulierungen innovative Entwicklun-

sich Marken und Bedürfnisse wandeln,

Wert einer Marke.

gen?

mithalten? Sind rechtliche Regulierungen in

Wenn man den Bogen überspannt, könnte

Recht ist keine Frage von Geschwindigkeit.

Deutschland nicht viel zu sehr „Schran-

das durchaus der Fall sein. Das scheint aber

Recht hat die Aufgabe, Grenzen zu setzen –

ken“ und zu wenig „Gestalter“ von

bislang nicht zuzutreffen. Betrachtet man die

und dadurch für Sicherheit zu sorgen. Das

Freiheit?

diversen und wirklich erfolgreichen Innovationen, die täglich in Deutschland auf den

Markenrecht funktioniert genau so: Es schützt Marken und schafft so Freiräume. Si-

Um es in den Worten Kants zu sagen: „Die

Markt gebracht werden, scheint eine gute

cherlich, die Abstände, in denen sich Marken

Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Frei-

rechtliche Absicherung sogar eher ein Inno-

neu erschaffen, werden immer kürzer. Gerade

heit des Anderen beginnt.“ In einer sich stän-

vationstreiber zu sein. Ich denke hier nicht

vor diesem Hintergrund sind rechtliche Rah-

dig verändernden und auf eine hohe Flexibili-

nur an Marken, sondern auch an Designs

menbedingungen aber umso wichtiger. Und

tät ausgerichteten Welt braucht es Rahmen-

und Patente. Viele Staaten beneiden uns um

das Markenrecht in Deutschland ist sehr gut

bedingungen, die Marken schützen. So wer-

diese Errungenschaft, und zahlreiche auslän-

in der Lage, diese Bedingungen zu gewähr-

den die nötigen Freiräume geschaffen, um in

dische Unternehmen wissen das zu schätzen.

leisten – unabhängig davon, um welche Mar-

die Marke und damit verbundene Markenent-

So hat sich beispielsweise die IP-Gerichts-

kenform es geht.

wicklungen zu investieren. Richtig entwickelt

barkeit zu einem der schnellsten, effektivs-

und geschützt, hat die Marke dann bessere

ten und auch kostengünstigsten Streitent-

Grenzen bieten Sicherheit – und was

Chancen am Markt und im Wettbewerb. Auf

scheidungssysteme weltweit entwickelt. Ich

noch?

der einen Seite bedeutet Schutz also, Grenzen

würde sogar so weit gehen, dass Unterneh-

zu setzen. Auf der anderen Seite bieten die so

men verstärkt nach Deutschland kommen,

Der rechtliche Rahmen soll berechenbar sein.

geschaffenen Freiräume erst die Vorausset-

um Prozesse um den Schutz ihres geistigen

Erst dann kann ich einen Return on Invest-

zung für Innovation. Kurz gesagt: Ein strin-

Eigentums zu führen. Das deutsche System

ment erwarten: Wenn eine Innovation

gentes Markenrecht ermöglicht die hohe

– wenn ich es einmal so nennen darf – funk-

­schutzbedürftig und -fähig ist, investiere ich

Wertschöpfung aus der Marke und damit die

tioniert also und fördert innovative Entwick-

auch in ihre Entwicklung. Und genau an

Investitionsentscheidung.

lungen.

  T

Das Interview als Video auf unserem YouTube-Channel

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7. Deutscher Marken-Summit 2013

Impressionen des 7. Deutschen Marken-Summits 2013

Get-together und Networking beim Vorabendprogramm im Städel Museum

Im Anschluss an das Tagesprogramm konnten die Teilnehmer an Führungen durch die Deutsche BankTürme teilnehmen.

Prof. Dr. Jürgen Häusler, Chairman, Interbrand Central and Eastern Europe (r.), beim Networking

Christofer Habig, Managing Director, Global Head of Brand Communications & Corporate Citizenship, Deutsche Bank AG (l.), Tobias Schmidt, Deutsche Telekom AG, und Michael Pietig, Interbrand (r.), im Gespräch

Teilnehmer während des Vorabendprogramms im Städel Museum

Thomas de Buhr, Director Branding, Google Germany GmbH, spricht über Markenkommunikation im digitalen Zeitalter

Impressionen vom Tagesprogramm

7. Deutscher Marken-Summit 2013

Teilnehmer während des Tagesprogramms bei der Deutsche Bank AG

Gäste während des Business-Brunch

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Initiator

Mitveranstalter

Partner

Partner für das interaktive Voting / Graphic Recording

Knowledge-Partner

Mit freundlicher Unterstützung von

Wir danken unseren Fachbeiräten

Medienpartner

Professor Dr. Christian Belz

Gabriele Eick

Universität St. Gallen, Geschäftsführender Direktor, Institut für Marketing

Vorsitzende des Kuratoriums, MC Frankfurt Inhaberin, Executive Communications

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